Nachbarn - Solidarität in unsicheren Zeiten - Caritas Bern

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Nachbarn - Solidarität in unsicheren Zeiten - Caritas Bern
Bern                                          Nr. 2 / 2020

Nachbarn

        Solidaritätin
        unsicherenZeiten
        DieCorona-KrisetrifftauchMenschen
        diebislangaufdersicherenSeitelebten
        Wirallesindgefordert
Nachbarn - Solidarität in unsicheren Zeiten - Caritas Bern
Inhalt

                                                                                 Inhalt
                                                                                 3     Editorial

                                                                                       Kurz & bündig

                                                                                 4     News aus dem Caritas-Netz

                                                                                       Schwerpunkt
                                                             BildZoeTempest
                                                                                 6     Solidarität in unsicheren Zeiten

                                                                                       Schwerpunkt

JacquelineKüntiistselbstständigeWochenbebegleiterin                       10    Prekäre Arbeit: Leben mit der
ImLockdownkonntesieihrerArbeitnichtmehrnachgehen                              Unsicherheit
undgerietwiesovieleinfinanzielleSchwierigkeiten

                                                                                       Persönlich

Schwerpunkt                                                                      12	«Wann hast du zum letzten Mal
                                                                                     jemandem geholfen? Wobei?» 	
Solidarität in                                                                        Sechs Antworten von Passantinnen und
                                                                                       Passanten

unsicheren Zeiten                                                                      Regional

Die Corona-Krise trifft diejenigen am heftig-
                                                                                 14–16 Wenn die allgemeine Krise
sten, die bereits vor der Krise wenig hatten.                                          zur eigenen wird
Besonders betroffen sind Menschen in prekä-
ren Arbeitsverhältnissen: Arbeitnehmende im                                      17    Entschleunigen – mit Kochen,
Stundenlohn, auf Abruf, schlecht bezahlt. De-                                          Fotografieren und Reisen
ren ohnehin unsichere Lage verschärfte sich
oft dramatisch. Die Massnahmen zur Eindäm-
mung der Pandemie treffen aber auch Bevölke-                                           Ich will helfen
rungsgruppen, die scheinbar sicher unterwegs                                     18    Junge Freiwillige verhindern
waren, beispielsweise Selbstständigerwerben-
de. Jacqueline Künti, Wochenbettbegleiterin
                                                                                       die Schliessung der Caritas-Märkte
aus dem Kanton Bern, konnte nicht mehr zu
den jungen Müttern nach Hause. Von einem                                               Kolumne
Tag auf den anderen brachen ihr die Aufträge
weg. Die Caritas konnte ihr mit einer Über-                                      19    Das wunderliche Gefühl
brückungszahlung durch die ärgste Phase von                                            der Gemeinschaft
Unsicherheit helfen. Lesen Sie in dieser Num-
mer, wie die Caritas dank ihrer Erfahrung und
der grossen Solidarität der Bevölkerung hilft,
und was Unsicherheit mit uns allen macht.

Spannende Lektüre wünschen wir!

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2                                                                                                                  Nachbarn 2 / 20
Nachbarn - Solidarität in unsicheren Zeiten - Caritas Bern
Editorial

Liebe Leserin,
lieber Leser
Die Folgen der Corona-Krise sind für viele Menschen noch im-
mer schwerwiegend. Auch bei uns im Kanton Bern. Besonders
stark betroffen sind armutsbetroffene Familien, alleinerziehen-
de Mütter und Väter sowie Alleinstehende, die bereits vorher am
Existenzminimum lebten. Sie befinden sich in einer existenziel-
len Notlage – offene Rechnungen, kaum genügend Lebensmittel
und Artikel des täglichen Bedarfs prägen ihren Alltag. Viele von
ihnen arbeiten zudem in Tieflohnbranchen – etwa im Detail-
handel oder Gastgewerbe, in der Reinigung oder in Privathaus-
halten in prekären Arbeitsverhältnissen. Nicht wenige davon

                                                                                                           Bild: zvg
haben von einem Tag auf den anderen ihre Arbeit verloren oder
müssen aufgrund von Kurzarbeit mit einschneidenden Lohn-
                                                                   Matthias Jungo
einbussen auskommen.
                                                                   Co-Direktor
                                                                   Caritas Bern
Täglich erreichen uns Anrufe und E-Mails von armutsbetroffe-
nen Menschen, die wegen der Corona-Krise in Not geraten sind.
Wir unterstützen sie rasch und unkompliziert mit Einkaufsgut-
scheinen für die Caritas-Märkte und finanzieller Soforthilfe.      «Nachbarn», das Magazin
Dank der Unterstützung der Caritas Schweiz, der Glückskette,       der regionalen Caritas-Stellen,
                                                                   erscheint zweimal jährlich.
von namhaften Stiftungen sowie grosszügigen Einzelspenden
konnte die Caritas Bern diese Unterstützungsaktion realisieren.    Gesamtauflage:
Der Bedarf an finanzieller Unterstützung und Beratung ist nach     34 200 Ex.

wie vor ungebrochen hoch. Die Überbrückungshilfe wird je nach      Auflage BE:
den finanziellen Möglichkeiten verlängert.                         4100 Ex.
Das Coronavirus ist noch immer da und wird noch über längere
                                                                   Redaktion:
Zeit unseren Alltag weiter bestimmen. Und wir werden weiter-       Hana Kubecek (regional)
hin alles tun, um für diese Menschen in Not da zu sein.            Roland Schuler (national)

Mehr über Schicksale, die betroffen machen, erfahren Sie in die-   Gestaltung, Produktion und Druck:
ser «Nachbarn»-Ausgabe.                                            Stämpfli AG, Bern

                                                                   Caritas Bern
                                                                   Zähringerstrasse 25
                                                                   3012 Bern
                                                                   Tel. 031 378 60 00
                                                                   www.caritas-bern.ch
Matthias Jungo                                                     PC 30-24794-2

PS: Mit Ihrer Spende unterstützen Sie armutsbetroffene Fami­
lien und Alleinstehende im Kanton Bern, die sich in einer aku-
ten Notlage befinden. Herzlichen Dank für Ihre Solidarität.

Nachbarn 2 / 20                                                                                       3
Nachbarn - Solidarität in unsicheren Zeiten - Caritas Bern
Kurz&bündig

Solidaritätsaktion «Eine Million Sterne»                                     Corona-Hilfe

Dieses Jahr ganz                                                             Caritas unterstützt –
besonders nötig                                                              in der Krise erst recht
Die Caritas-Solidaritätsaktion «Eine                                         Für viele Menschen an oder unter der
Million Sterne» findet dieses Jahr am                                        Armutsgrenze ist die Caritas in der
12. Dezember statt. Die Caritas macht                                        Corona-Krise eine wichtige Stütze. Mithilfe
dann besonders auf die wachsende                                             der Glückskee und vieler grosszügiger
Armut in der Schweiz aufmerksam und                                          Unterstützerinnen und Unterstützer hält
wirbt für Solidarität mit Betroffenen.                                       Caritas in der Krise die Stellung.

                                                                             Die finanzielle Not von vielen Menschen an der Armuts-
                                                                             grenze wurde mit der Corona-Krise und dem Lockdown
                                                                             noch akuter. Schon früh war klar: Caritas muss trotz
                                                                             unklarer Lage und unter Schutzvorkehrungen für Mit-
                                                                             arbeitende und Freiwillige ihre Angebote für Armuts-
                                                                             betroffene möglichst aufrechterhalten – jetzt erst recht.
                                                                             Das gelingt der Caritas dank motivierten Mitarbeiten-
                                                                             den und Freiwilligen, der Glückskette und der grossen
                                                        BildThomasPlain

In der Schweiz leben rund 1,2 Millionen Menschen
unter oder knapp über dem Existenzminimum. Die
Folgen der Corona-Massnahmen treffen diese Men-

                                                                                                                                         BildDominicWenger
schen besonders hart. Working Poor, Menschen in
unsicheren Anstellungsverhältnissen oder in Bran-
chen, die vom Lockdown besonders hart getroffen
wurden, müssen noch mehr kämpfen, als dies vor
«Corona» ohnehin schon der Fall war.                                         Solidarität in der Bevölkerung. Aufgrund der Erfahrung
Zurzeit sind die sozialen Folgen noch nicht absehbar.                        der Caritas als Hilfswerk und der starken regionalen
Sicher ist: Menschen in schwierigen Lagen brauchen                           Verankerung konnte rasch und auf die Bedürfnisse in
unsere Unterstützung. Sie brauchen unsere Solidari-                          den Regionen abgestimmt reagiert werden.
tät. Als Zeichen dieser Solidarität wird am Samstag,
12. Dezember 2020, in der ganzen Schweiz die Aktion                          Die Caritas-Regionalorganisationen bieten Unterstüt-
«Eine Million Sterne» Kerzen zum Leuchten bringen.                           zung mit ihren bewährten Angeboten wie den Caritas-
                                                                             Märkten und den Sozial- und Schuldenberatungen. Hier
Save the date!                                                               wurden zum Teil neue Stellen geschaffen, um die hohe
Machen auch Sie Ihre Solidarität mit benachteilig-                           Anzahl Anfragen zu bewältigen. Direkt geholfen wird
ten Menschen sichtbar, und reservieren Sie sich den                          mit Einkaufsgutscheinen für die Caritas-Märkte, Aldi
12. Dezember für ein Zeichen für eine faire Schweiz!                         und Lidl im Wert von über 300 000 Franken sowie mit
Auf wwweinemillionsternech finden Sie ab November                          finanzieller Soforthilfe bei offenen Mietzins- oder Kran-
alle relevanten Informationen. Ebenfalls ab Novem-                           kenkassenrechnungen im Wert von 2,6 Millionen Fran-
ber können Sie Ihre Solidarität wieder mit einer der                         ken (Zahlen: Stand Ende August). Auch neue Angebote
beliebten Wunschkerzen bekunden:                                             wurden ins Leben gerufen.
wwwwunschkerzeeinemillionsternech                                         wwwcaritasch/corona

4                                                                                                                      Nachbarn 2 / 20
Nachbarn - Solidarität in unsicheren Zeiten - Caritas Bern
Kurz&bündig

Caritas Schweiz

Peter Marbet wird
                                                                    NEWS
neuer Direktor                                                      DankefürdievielenMeinungen!
                                                                    InderletztenAusgabedes«Nachbarn»erfragtenwirdie
                                                                    Meinung unserer Leserscha zu unserem Magazin Er-
                                                                    freulichvieleLeserinnenundLesernahmenanderUm-
                                                                    frageteilGanzherzlichenDankdafür!Aktuellläudie
                                                                    Auswertung Eine Schlussfolgerung lässt sich heute be-
                                                                    reits ziehen Einer grossen Mehrheit gefällt das «Nach-
                                                                    barn»sehrDasfreutunsnatürlichundsporntunsanfür
                                                                    SieweiterhineininformativesundansprechendesMaga-
                                                                    zinzuproduzieren

                                                                    Caritas-LieferdienstinBaselland
                                                                    «Bleiben Sie zu Hause» lautete das Gebot der Stunde
                                                                    während des Corona-Lockdowns in der ersten Jahres-
                                                                    hälevorallemfürPersonenabodermitVorerkran-
                                                                    kungenFürdieArmutsbetroffenenund-gefährdetenin
                                                        Bildzvg

                                                                    ländlichenGebietenweitwegvomCaritas-Marktinder
                                                                    StadtmussteeineLösungherDieCaritasbeiderBasel
                                                                    startete in enger Zusammenarbeit mit Pfarreien einen
Der neue Direktor von Caritas Schweiz                               LieferdienstDieserläubismindestensEnde
heisst Peter Marbet. Er tritt am 1. Novem-
ber 2020 die Nachfolge von Hugo Fasel                               CaritasAargaueröffneteineweitereSozialberatung
an. Dieser geht nach zwölf Jahren an der
                                                                    Im Juni  eröffnete die Caritas Aargau eine neue
Spitze der Organisation in Pension.                                 Sozialberatungsstelle im Pfarreizentrum Kleindöingen
                                                                    Der Kirchliche Regionale Sozialdienst KRSD Zurzibiet
Peter Marbet (Jahrgang 1967) stammt aus Bern und                    wird die Seelsorge der Kirchgemeinden ergänzen und
studierte neuere Geschichte und Politologie. Später                 ermöglichtesderCaritasnahebeidenMenschenHilfe
absolvierte er die Ausbildung zum Executive Master                  anzubieten Mit dem KRSD Zurzibiet startet bereits die
of Business Administration in NPO-Management                        achteSozialberatungsstellederCaritasAargau
der Universität Freiburg. Der neue Caritas-Direktor                 wwwcaritas-aargauch/sozialberatung
bringt viel Management- und Führungserfahrung
sowie breite Kompetenzen in gesundheits-, bildungs-
und sozialpolitischen Fragestellungen mit. Diese                    CaritasLuzernWechselinderGeschäsleitung
erwarb er sich an verschiedenen beruflichen Statio-
                                                                    DanielFurrertriamOktoberdieNachfolge
nen: als Informationsbeauftragter bei einer grossen
                                                                    vonThomasThalialsGeschäsleiterderCaritasLuzern
Krankenversicherung, als Mitglied der Direktion
                                                                    an Der politisch engagierte und gut vernetzte -Jäh-
bei santésuisse und Leiter der Abteilung Politik und
                                                                    rige wirkte vorher als stellvertretender Geschäsleiter
Kommunikation sowie in seiner letzten Funktion als
                                                                    und Leiter Dienstleistungen und Kommunikation beim
Direktor des Berner Bildungszentrums Pflege. Als
                                                                    SAHZentralschweizundistMitglieddesGrossenStadt-
Stadtrat der Stadt Bern (Legislative) und Mitglied
                                                                    rats Luzern Auch neu in der Geschäsleitung ist seit
verschiedener parlamentarischer Kommissionen ist
                                                                    Anfang September Karin Hunziker Leiterin Berufliche
er auch mit einer Vielzahl von sozialpolitischen The-
                                                                    Integration
men vertraut. Peter Marbet übernimmt die Leitung
von Caritas Schweiz per 1. November von Hugo Fasel,                 wwwcaritas-luzernch/geschaesleitung
der nach zwölf Jahren als Caritas-Direktor in Pension
geht.

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Nachbarn - Solidarität in unsicheren Zeiten - Caritas Bern
Rubrik

                                                                        DerLockdownverunmöglichteesJacquelineKünti
                                                                        alsWochenbebegleiterinjungeMüerzubesuchen
                                                                        undsiezuunterstützenSiegerietinfinanzielle
         EinLebeninArmutbringtElternandenRandderVerzweiflung SchwierigkeitenCaritaskonnteihrundvielen
         undlässtKinderträumeplatzen                               anderenhelfen
Nachbarn - Solidarität in unsicheren Zeiten - Caritas Bern
Schwerpunkt

AlsdasArbeitsleben
plötzlichstillstand
Junge Mütter und ihre Neugeborenen zu begleiten, ist mit viel Nähe verbunden. Als
Corona kam, fielen bei der freiberuflichen Wochenbettbegleiterin Jacqueline Künti die
Aufträge weg. Entsprechend dankbar ist sie für die Unterstützung durch die Caritas.
TextUrsulaBinggeliBilderZoeTempest

W
               enn Jacqueline Künti im Garten des           des Beziehungs- und Bindungsaufbaus zwischen Mut-
               Bauernhauses sitzt, in dem sie als Al-       ter, Kind und der Familie steht im Zentrum ihres Tuns.
               leinerziehende mit ihren beiden Teen-        «Sie sollen gemeinsam wachsen können.» Achtsamkeit
               ager-Töchtern lebt, umgeben von viel         und Urvertrauen sind wichtige Stichworte für sie.
Grün und Blumen, wirkt sie ganz in ihrem Element,
ein bisschen elfenhaft und doch geerdet. Der Eindruck       Ein harter Frühling
täuscht nicht. Jacqueline Künti fühlt sich der Natur        2020 – das fünfte Jahr ihrer Selbstständigkeit – fing gut
und den in ihr waltenden Kräften tief verbunden, ohne       an für Jacqueline Künti: Die Mund-zu-Mund-Propagan-
sich deswegen von den Menschen abzuwenden, im Ge-           da schien zum Laufen zu kommen. Ihr Einkommen
genteil. Auf ihrer Website schreibt sie: «Begegnung er-     reichte zusammen mit den Alimenten und Kinderzula-
lebe ich in der freien Natur, im lebendigen Austausch       gen zum Leben.
mit offenen Menschen, durch Reisen, Ehren und Feiern
verschiedener Kulturen und deren Ritualen.» Unter           Aber dann kamen Corona und der Lockdown. «Mein
anderem gestaltet sie freie Willkommens- und Seg-           Arbeitsleben stand von einem Tag auf den anderen
nungszeremonien für Kinder. Der weite Horizont der          praktisch still.» Laufende Aufträge wurden gestoppt,
früheren Kleinkindererzieherin schlägt sich aber auch       und neue Anfragen gab es keine. Sehr unsicher sei sie
in ihrer hauptberuflichen Tätigkeit nieder.

Sorgsame Arbeit in Familien
Jacqueline Künti hat in Deutschland die Ausbildung zur           «Corona hat mich schier zum
Familienlotsin absolviert und unterstützt nun als frei-
berufliche Fachfrau für Wochenbettbegleitung Familien
                                                                   Verzweifeln gebracht.»
mit einem Neugeborenen in der intensiven ersten Zeit
zu Hause. «Wichtigste Ansprechperson für die Mütter
ist stets die Hebamme, ich arbeite ergänzend.» Jacque-      gewesen in jenen Wochen, erinnert sich Jacqueline
line Künti bereitet vollwertige, stillgerechte Mahlzeiten   Künti. Hätte sie überhaupt Familien aufsuchen dür-
zu, sie wirft bei Bedarf eine Ladung Wäsche in die Ma-      fen? «Der Rahmen, in dem ich arbeite, ist doch sehr
schine, sie betreut die grösseren Kinder – und sie wid-     intim.» Auch als die Lockerungen kamen, blieben die
met sich dem Baby und der Wöchnerin. Die Begleitung         Fragen. Ab wann waren Besuche am Wochenbett wie-

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Nachbarn - Solidarität in unsicheren Zeiten - Caritas Bern
Schwerpunkt

der vertretbar? Sollte sie mit einem Inserat Werbung                  die derzeit in einer Kita ein Praktikum macht und ihr
für sich machen? Aber das schien ihr in der Zeit des                  anbot, die Krankenkassenprämien bis auf Weiteres
grossen Abstandhaltens zu provokant.                                  von ihrem kleinen Lohn selbst zu bezahlen, berührte
                                                                      sie tief.
Jacqueline Künti und ihre Töchter mussten im März
mit 1800 Franken auskommen, auch im April war dem                     Keine Hilfe vom Bund
so. «Wir sind es gewohnt, uns einzuschränken – in der                 Wie Jacqueline Künti standen diesen Frühling viele
Zeit meiner Ausbildung zur Familienlotsin wohnten                     freiberuflich Tätige wegen Corona vor einschneiden-
                                                                      den finanziellen Einbussen. Viele sind der Unsicher-
                                                                      heit weiterhin ausgeliefert. Während diejenigen, die
                                                                      von den Massnahmen des Bundes direkt betroffen wa-
        Viele sind der Unsicherheit                                   ren und ihre Tätigkeit nicht mehr ausüben konnten,
                                                                      schon bald wussten, dass sie finanzielle Unterstüt-
          weiterhin ausgeliefert.                                     zung erhalten würden, blieben Freiberufler, die indi-
                                                                      rekt betroffen waren, bis Mitte April im Ungewissen.

wir zu dritt in einer 2,5-Zimmer-Wohnung.» Aber Co-                   Als der Bund beschloss, auch ihnen finanziell unter
rona habe sie nun wirklich schier zum Verzweifeln ge-                 die Arme zu greifen, war Jacqueline Küntis Freude nur
bracht. Mit Zuwendungen von Verwandten konnte sie                     von kurzer Dauer. Ihr Gesuch wurde abgelehnt – der
nicht rechnen. Die Solidarität der älteren ihrer Töchter,             von ihr als Wochenbettbegleiterin erzielte Gewinn lag

EsbrauchtdieNäheJacquelineKüntiunterstütztjungeMüerindererstenZeitnachderNiederkun

8                                                                                                            Nachbarn 2 / 20
Nachbarn - Solidarität in unsicheren Zeiten - Caritas Bern
Schwerpunkt

leicht unter dem unteren Limit für den Anspruch auf
Unterstützung. «Meine Einnahmen aus den Ritualbe-
gleitungen wurden nicht mitgerechnet, ja, nicht ein-       UNSICHERHEIT
mal erwähnt, und auch das Ausfallen der von mir für
das Jahr 2020 neu aufgegleisten Kurse für Schwangere
wurde nicht berücksichtigt.» Der negative Bescheid
                                                           BELASTET
schmerzte. «Für mich ist er unverständlich. Er hat
mich wütend gemacht.»                                                                            ProfDrChristophFlückiger
                                                                                                 istLeiterAllgemeine
Grosse Solidarität                                                                               Interventionspsychologie
Zum Glück hatte Jacqueline Künti schon früh auch                                                 und Psychotherapie
nach nicht staatlicher Hilfe Ausschau gehalten. Sie                                              anderUniversitätZürich
wandte sich an die Caritas. Dort war man auf Anfragen
wie die ihre vorbereitet. Dank einem Spendenaufruf

                                                                                     Bildzvg
       «Ich denke an die jungen                            VieleerlebtenunderlebenUnsicherheitaufgrund
     Familien, die in der Krise erst                       vonCoronaWaslöstdieseUnsicherheitinunsaus?
                                                           Es ist emotional belastend wenn wir aus der Routine
          recht allein waren.»                             unddenGewohnheitengeworfenwerdenunddieDinge
                                                           nichtmehrsowiegewohnteinigermassenvorhersagbar
                                                           sindDiesreduziertdasGefühldieDingeunterKontrol-
zusammen mit der Glückskette stehen Gelder zur Ver-        le zu haben Grundsätzlich sind Menschen ganz allge-
fügung, die für Menschen eingesetzt werden können,         mein relativ intolerant gegenüber Unsicherheit auch
die ohnehin in bescheidenen Verhältnissen leben und        wennwirdaskalkulierbareAbenteuerbiszueinemge-
wegen Corona in akute finanzielle Bedrängnis gerie-        wissenPunktauchgernesuchen
ten. Brigitte Raviele von der Caritas Bern: «Neben frei-
beruflich Tätigen sind es auch von Kurzarbeit Betrof-      AufgesellschaftlicherEbeneFührtkollektive
fene mit niederen Einkommen, die an uns gelangen.          UnsicherheitzumehrSolidarität?
Bis heute bearbeiteten wir im Kanton Bern mehrere          JasicherjedochnurbiszueinemgewissenPunktSoli-
hundert Anfragen.»                                         darität ist immer mit der Frage verbunden gegenüber
                                                           wem wir uns solidarisch zeigen Interessanterweise
Die Caritas konnte Jacqueline Künti mit Beratung und       übertragen wir die unangenehmen Dinge gerne nach
einer Überbrückungszahlung direkt helfen. Die Unter-       aussenSowardieGrippe«spanisch»Coronaist«chi-
stützung durch die Caritas trug wesentlich dazu bei,       nesisch» Was Solidarität zu echter Solidarität macht
dass Jacqueline Künti den Boden unter den Füssen           istwennwirunsinanderehineinversetzenunddieWelt
nicht verlor. Dass in der ländlich geprägten Ortschaft,    ausderSichtderanderninunsereeigeneSichtweisein-
in der sie wohnt, viel nachbarschaftliche Solidarität      tegrieren Sich in Unsicherheit in andere zu versetzen
spürbar ist, tat zusätzlich gut. Auch in der grossen,      machtunsMenschenmenschlich
selbst verwalteten Hausgemeinschaft, in der ihre
Töchter und sie seit drei Jahren leben, fühlt sie sich     KönnenwiretwaslernenausdererlebtenUnsicherheit?
aufgehoben. «Ich schöpfte neuen Mut.»                      MirkommtspontanWolfBiermannsLied«Ermutigung»
                                                           indenSinn«Dulassdichnichtverhärtenindieserhar-
Eine neue Klarheit                                         tenZeitDieallzuhartsindbrechenDieallzuspitzsind
Die Angst vor einer neuen Corona-Welle stellt Jacque-      stechen Und brechen ab sogleich» Sich Unsicherheit
line Künti bewusst auf die Seite, sie fokussiert den       einzugestehenhatwohlimmerauchmitMutzutunsich
Neustart. Der Weg zu einer Form von Normalzustand          seinereigenenUnzulänglichkeitWeichheitundVerletz-
sei sicher noch lang, sagt sie, aber langsam gehe es mit   lichkeit gewahr zu werden und diese sich selbst und
Aufträgen wieder aufwärts. «Ich denke an die vielen        auch andern offenzulegen Unsicherheit stellt immer
jungen Familien, die in der Krise erst recht allein ge-    auch die Frage was mir wichtig ist und von welchen
wesen sind, und spüre eine neue Klarheit in mir. Für       Wertenichmichleitenlasse
sie will ich da sein. Ich bin bereit.»

wwwfamilienlotsinnch

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Nachbarn - Solidarität in unsicheren Zeiten - Caritas Bern
Schwerpunkt

PrekäreArbeitLebenmit
der Unsicherheit
In der Corona-Krise zeigt sich: Menschen in prekären Arbeitsverhältnissen sind stark
betroffen von den Pandemiemassnahmen. Prekäre Arbeit gibt es in der Schweiz
in verschiedenen Formen. Neben finanzieller Unsicherheit bringt sie oftmals eine
mangelhafte Absicherung und eingeschränkte Zukunftsperspektiven mit sich.
TextAnna-KatharinaThürerGrundlagenCaritasZürichIllustrationCorinneBromundt

D
      ie Schweiz verdankt einen Teil ihres wirtschaft-                 fall: Gerade in diesen Sektoren finden sich viele prekäre
      lichen Erfolgs einer vergleichsweise liberalen                   Arbeitsverhältnisse. Solche sind auch in Arbeitsformen
      Arbeitsgesetzgebung, die nur einen schwachen                     weitverbreitet, die über Online-Plattformen organisiert
Kündigungsschutz bietet und keine obligatorische                       werden (z.B. Reinigungs- oder Kurierarbeit). Diese wirt-
Krankentaggeldversicherung beinhaltet. Ausserdem                       schaften arbeitsrechtlich in einem Graubereich. Man
sind ganze Sektoren wie die Landwirtschaft oder Haus-                  kann also sagen: Prekäre Arbeitsverhältnisse werden
wirtschaft nicht dem Arbeitsgesetz unterstellt. Kein Zu-               oft gerade durch fehlende Regulierung begünstigt.

10                                                                                                               Nachbarn 2 / 20
Schwerpunkt

Arm trotz Erwerbsarbeit                                     Kommentar
Prekäre Arbeit bedeutet für die Betroffenen einen hohen
Grad an Unsicherheit und damit verbundene Zwänge.           Arbeit muss existenz-
Die Unsicherheit bezieht sich auf Arbeitszeiten (z.B.
auf Abruf zu arbeiten oder befristet angestellt zu sein),   sichernd sein
aber auch auf finanzielle Unsicherheit oder mangelhaf-
te Absicherung gewisser Risiken wie Arbeitslosigkeit,
Krankheit oder Altersarmut. Die Zahlen des Bundes           Die Corona-Krise hat deutlich ge-
weisen aus, dass sich prekäre Arbeit mehrheitlich in        macht, dass viele Menschen in der
den klassischen Tieflohnbranchen findet, beispielswei-      Schweiz in prekären Situationen
se im Gastgewerbe, in der Reinigung, aber auch in der       leben. Das trifft besonders auf Ar-
Dienstleistungsbranche und im Kunstbetrieb. Nicht           beitnehmende in Tieflohnstellen
alle Erwerbstätigen tragen ein gleich grosses Risiko        und ungeregelten Arbeitsverhält-
für prekäre Arbeit: Betroffen sind besonders häufig         nissen zu. Tieflohnbranchen wie
                                                            die Gastronomie, das Reinigungs-
                                                            gewerbe und der Detailhandel
                                                            sind infolge der Krise stark von
      Prekäre Arbeitsverhältnisse                           Kurzarbeit betroffen. 80 Prozent
      wirken sich auf viele andere                          Lohnersatz ist für die meisten An-
                                                            gestellten nicht existenzsichernd.
          Lebensbereiche aus.                               Kurzarbeit hat Entlassungen auch
                                                            nicht verhindert. Viele haben ihre
                                                            Einkommensquelle ganz verloren.
Frauen, jüngere Arbeitnehmende, Personen mit tiefem
Bildungsstand und Menschen ohne Schweizer Pass, vor         In Tieflohnbranchen sind befristete
allem solche mit unsicherem Aufenthaltsstatus. Prekä-       Arbeitsverträge oder Arbeit auf Ab-
re Arbeitsverhältnisse wirken sich auf viele andere Le-     ruf im Stundenlohn weitverbreitet.
bensbereiche aus und erhöhen das Armutsrisiko.              Solche Arbeitsverhältnisse bieten
                                                            keinerlei Sicherheit. Das Gros der
Wenig Forschung                                             auf Abruf Angestellten hat kein
Stellt man jedoch Fragen zu prekärer Arbeit, so zeigt       garantiertes Minimum an Arbeits-
sich schnell, dass es hierzulande nur wenig Forschung       stunden und muss trotzdem jeder-
zum Thema gibt. Gemäss Zahlen des Bundes sind rund          zeit verfügbar sein. Braucht der
2,5 Prozent der Erwerbstätigen in prekären Arbeits-         Arbeitgeber sie nicht, bietet er sie
verhältnissen tätig. Diese Quote basiert allerdings auf     nicht auf. Kündigen muss er ihnen
einer sehr eng gefassten Definition von prekärer Ar-        nicht. Die Betroffenen haben ohne
beit, die einige Betroffenengruppen wie Sans-Papiers        Kündigung aber keinen Anspruch
und gewisse Arbeitsformen (z. B. gut bezahlte, aber         auf Arbeitslosengelder.
auf kurze Zeit befristete Arbeit) ausschliesst. Eine Er-
weiterung der Definition wäre wichtig, um das wahre         Die Caritas fordert, dass die Kurz-
Ausmass unsicherer Arbeit in der Schweiz zu erfassen        arbeitsentschädigung bei tiefen
und die Betroffenen besser zu schützen – und Armut          Einkommen 100 Prozent des Loh-
vorzubeugen.                                                nes entspricht. Zudem müssen Ar-
                                                            beitgebende verpflichtet werden,
Keine Absicherung in der Krise                              Arbeitsmodelle zur Verfügung zu
Die Corona-Krise hat uns einerseits vor Augen geführt,      stellen, die existenzsichernd sind.
wie stark wir als Gesellschaft von prekärer Arbeit ab-      Dazu muss insbesondere Arbeit
hängig sind. Andererseits wurde ersichtlich, wer be-        auf Abruf gesetzlich besser gere-
sonders schlecht vor Risiken geschützt ist. Deutlich        gelt werden. Und es braucht einen
wurde, wie das Schweizer System der arbeits- und so-        schweizweiten Mindestlohn.
zialversicherungsrechtlichen Sicherung, das sich stark
an einer unbefristeten Vollzeitstelle orientiert, an sei-
ne Grenzen stösst. Denn gerade für prekär Arbeitende        AlineMasé
steigt durch die Corona-Krise das Risiko für Verschul-      LeiterinFachstelleSozialpolitik
dung und Altersarmut.                                       CaritasSchweiz

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Persönlich

ChloéJahregehtindie Klasseundwohntin
BülachSiefindetesschöndassKinderanandere
MenschendenkenUndsichdarumkümmerndass
dieseauchinschwerenZeitenFreudehaben
                                                       Nachbarn 2 / 20
Persönlich

«Wann hast du zum letzten Mal jemandem
geholfen? Wobei?»
Bei allem Unbill, den das Coronavirus und die Massnahmen zum Schutz der Bevölke-
rung für Betroffene bedeutet: In der Krise gab und gibt es viel Solidarität. Mit kleinen
und grossen Gesten der Solidarität wird der Alltag für viele leichter. Oft braucht es
nicht viel, um Erleichterung zu verschaffen und Freude zu bereiten.

                    Ismail Mahmoud, Student,                                   Ingrid Breuss, Sekretärin,
                    Basel                                                      Freidorf
                    Kürzlich bei einer Schnitzeljagd                           Vor Kurzem hielt vor unserem
                    rannte ich auf der Suche nach dem                          Haus ein Auto. Die Lenkerin stieg
                    nächsten Posten durch den Bahn-                            aus. Ich vermutete, dass sie eine
                    hof Basel. Plötzlich sah ich, wie                          Autopanne hatte. Im Wagen sas-
eine Frau beim Einsteigen in einen Zug ausrutschte          sen eine ältere Frau und ein kleines Kind. Ich ging
und zu Boden fiel. Ich half ihr auf, unterhielt mich kurz   hin und fragte, ob ich helfen könne. Das verneinte
mit ihr, holte ihren Koffer unter der Eisenbahn hervor      die Fahrerin. Da es sehr heiss war, brachte ich ihnen
und begleitete sie in den Zug hinein. Danach schnapp-       etwas zu trinken und führte sie zu einem schattigen
te ich mir den dritten Rang bei der Schnitzeljagd.          Platz, wo sie auf den Pannendienst warten konnten.

                    Patrick Lang, Tramführer,                                  Lena Rodriguez, Schülerin,
                    Zürich                                                     Luzern
                    Eine Bekannte musste zwei defek-                           Wir gestalten im Handarbeitsun-
                    te Tagesdecken ersetzen. Da sie                            terricht gerade ein Kissen. Gestern
                    zur Covid-19-Risikogruppe gehört,                          habe ich einer Klassenkameradin
                    zögerte sie, in ein grosses Geschäft                       beim Bedrucken geholfen. Sonst
zu fahren, um neue Decken zu kaufen. Im Alltag geht         wäre sie nicht rechtzeitig fertig geworden und hätte
sie in ein lokales Geschäft einkaufen, bei dem sie          nachsitzen müssen. Dank meiner Hilfe konnten wir
weiss, wann es wenig Leute hat. Als sie mir dies er-        beide die Arbeit zum Schluss der Stunde abschlies-
zählte, bot ich ihr spontan an, die Decken für sie zu       sen. Ich finde es wichtig, dass wir in der Schule zu-
besorgen. Das war eine grosse Erleichterung für sie.        sammenhalten und uns gegenseitig unterstützen.

                     Seraina Brem, Praktikantin,                              Sophie Rutishauser,
                     Berikon                                                  Schülerin, Münsingen
                     Zuletzt geholfen habe ich in den                         Im Flussbad «Schwäbis» habe ich
                     Sommerferien. Als Leiterin war ich                       letzthin ein paar Kindern einen
                     zwei Wochen in einem Lager für                           Pneuschlauch gegeben. Eigent-
                     Kinder und Jugendliche. Dort fallen                      lich wollte ich ihn selbst benutzen.
verschiedene Aufgaben an: Kinder wecken, Programme          Doch ich merkte, dass die Kinder ebenso gerne auf
durch den Tag leiten, Rucksäcke packen, Lagertagebuch       ihm den Fluss hinuntertreiben wollten. Ich bin ihnen
schreiben und vieles mehr. Jedes Jahr freue ich mich auf    dann mitsamt dem Pneu flussaufwärts entgegenge-
das Lager, da es für mich schon als Kind immer ein tolles   schwommen, um ihn zu übergeben. Sie freuten sich
Erlebnis war. Nun konnte ich selbst im Team mitwirken.      sehr über das «Geschenk».

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Caritas Bern

                   zu wenig Geld
                   zum Leben

                                                    CHF 250 000
                                                    Überbrückungs­
                                                    hilfe geleistet

                                   4500 Einkaufs­
                                   gutscheine
                                   verteilt

620 Anfragen
für Unter­
stützung

    14                                                  Nachbarn 2 / 20
Caritas Bern

Wenn die allgemeine Krise
zur eigenen wird
Corona hat den Alltag von uns allen auf den Kopf gestellt – ganz besonders von den­
jenigen Familien, die von Armut betroffen sind, von alleinerziehenden Eltern sowie
alleinstehenden Menschen. Die Massnahmen, die zur Eindämmung der Corona-Pandemie
getroffen wurden, bestimmen nach wie vor unser Leben. Damit umzugehen, ist nicht
immer einfach. Für armutsbetroffene Personen ist es jedoch besonders einschneidend.

Text: Hana Kubecek

B
      ereits unter normalen Gegebenheiten ist es für     schutzgründen sind die Personen anonymisiert, die
      armutsbetroffene Menschen schwierig, den Le-       Personen auf dem Foto Symbolbilder.
      bensunterhat zu bestreiten. Dies insbesondere
auch für Familien, die schon bisher an oder nur knapp    Die Fahrende
über der Armuts­grenze lebten. Durch die Corona-Krise    Sara B. (42) ist eine Fahrende und alleinerziehende
verschlimmert sich ihre Not umso mehr. Erwerbstäti-      Mutter von drei Kindern. Ihr Mann ist 2015 verstorben.
ge, die in Teilzeit, im Stundenlohn, in ungesicherten    Mit Hausieren von Tür zu Tür bietet sie ihre Ware an.
Arbeitsverhältnissen, mit atypischen Arbeitszeiten       Doch seit dem Corona-Lockdown geht die Kundschaft
oder sonst wie unter prekären Arbeitsverhältnissen       auf Distanz. Dadurch ist Sara B. ohne jegliches Ein-
arbeiten, trifft es besonders hart. Dies gilt auch für   kommen. Die finanzielle Not ist gross. Es geht um ihre
Kleinstunternehmen, die oft mit knappen oder gar         Existenz. Das Geld reicht nicht mehr aus, um Lebens-
keinen Reserven haushalten. Überdurchschnittlich be-     mittel einzukaufen. Sie macht sich ernsthaft Sorgen
troffen sind Frauen und Männer in Tieflohnbranchen       um ihre Zukunft. Noch sind Sara B. und ihre Kinder
wie Detailhandel, Gastgewerbe, Privathaushalte oder      gesund – sie hofft, dass es auch so bleibt.
Landwirtschaft.
                                                         Der Koch
Aufgrund der Corona-Krise erreichen uns täglich zahl-    Antonio D. (55) arbeitet als Koch in einem Restaurant.
reiche Unterstützungsanfragen von Menschen, die          Neben seinem Arbeitspensum von rund 70 Prozent
in existenzielle Schwierigkeiten geraten sind. Zu den    pflegt er seine kranke Frau. Als der Betrieb aufgrund
Betroffenen zählen plötzlich aber auch Menschen, die     des Corona-Lockdowns schliessen musste, hatte er
sich nie hätten vorstellen können, jemals die Hilfe      trotz Kurzarbeitsentschädigung eine Gehaltseinbusse
der Caritas in Anspruch nehmen zu müssen. Darun-         von 20 Prozent. Das gekürzte Einkommen reicht gera-
ter sind beispielsweise Selbstständige wie Taxifahrer,   de mal für die Miete und die Lebensmittel. Doch damit
Kosmetikerinnen, Haushaltshilfen oder Personen, die      nicht genug: Wegen einer hohen Arztrechnung gerät
Heilberufe ausüben. Viele haben zuerst versucht, sich    das Ehepaar vollends in grosse finanzielle Bedrängnis.
aus eigener Kraft über die Runden zu bringen und da-
für ihre letzten Reserven eingesetzt. Die finanziellen   Die Haushaltshilfe
Ausfälle infolge fehlender Kundschaft, Kurzarbeit,       Letícia P. (27) hat bisher ihr Geld als Haushaltshilfe
wegfallender Stundenlöhne oder reduzierte Einsatz-       und mit stundenweisem Aushelfen im Gastrobereich
möglichkeiten bei Arbeiten auf Abruf sind für viele      verdient. Trotz ihrem spärlichen Lohn konnte sie sogar
sehr einschneidend. Nicht wenige sind durch die Krise    etwas Geld zur Seite legen. Damit wollte sie eine Aus-
in eine existenzielle Notsituation geraten.              bildung beginnen, um eines Tages in der Pflege arbei-
                                                         ten zu können. Doch dann kam die Corona-Krise. Mit
Die in diesem Artikel erwähnten Schicksale stehen        dem Lockdown wurden die Arbeitsverhältnisse von ei-
stellvertretend für die zahlreichen Anfragen von Hil-    nem Tag auf den anderen aufgelöst. Nach drei Monaten
fesuchenden, die uns tagtäglich erreichen. Aus Daten-    waren auch die Ersparnisse aufgebraucht. Und gleich-

Nachbarn 2 / 20                                                                                               15
Caritas Bern

zeitig war auch der Traum von einem Pflegeberuf aus-                  Die Selbstständigerwerbende
geträumt. Verzweifelt wendet sie sich an die Caritas                  Andrea H. (54) hat ein kleines Reisebüro. Bereits vor
Bern, weil sie ihre monatliche Miete von 500 Franken                  dem Corona-Lockdown reichte der Verdienst nur
nicht mehr bezahlen kann. Ohne die relativ günstige                   knapp zum Leben aus. Dies war der Grund, weshalb sie
Wohnung würde sie all das verlieren, was sie sich wäh-                zusätzlich am Abend noch als Kellnerin ausgeholfen
rend Jahren mit anstrengender Arbeit aufgebaut hat.                   hat. Doch just in diesen beiden Branchen hat die Coro-
                                                                      na-Pandemie zu einem massiven Einbruch geführt.
Der Reinigungsmann                                                    Drei Monate ohne Einkommen sind sehr einschnei-
Bernhard F. (44), Vater von zwei Kindern, arbeitet bei                dend. Die Ersparnisse sind aufgebraucht. Andrea H.
einem Bahnunternehmen. Dort sorgt er für Sauberkeit                   hat sich beim Sozialdienst angemeldet. Bis klar ist, ob
in den Zügen. Sein Einkommen ist tief, sodass seine                   sie Unterstützung erhält, ist sie auf finanzielle Unter-
Frau dazuverdienen muss. Die zweifache Mutter ist im                  stützung angewiesen.
fünften Monat schwanger. Sie reinigt in privaten Haus-
halten. Wegen der Corona-Krise darf sie nicht mehr                    Der Naturheiltherapeut
putzen gehen, da die Arbeitgeber zur Risikogruppe ge-                 Simon V. (48), Naturheiltherapeut mit eigener Praxis,
hören. Seit März verdient sie also rein gar nichts mehr.              ist alleinerziehender Vater von vier Kindern. Die El-
Das ohnehin schon schmale Haushaltsbudget drängt                      ternpflichten wahrnehmen, für den Lebensunterhalt
die bald fünfköpfige Familie an den Rand ihrer Exis-                  der Familie sorgen und das Wohl der Kinder gewähr-
tenz. Das Ehepaar sorgt sich ernsthaft um die Zukunft                 leisten, sind mehrfach belastend. Zudem hat der jüngs-
der Familie.                                                          te Sohn das Asperger-Syndrom und benötigt dadurch
                                                                      wesentlich mehr Betreuungszeit. Aufgrund dieser be-
Der Taxifahrer                                                        lastenden Situation kann Simon V. nur reduziert arbei-
Oliver S. (38) ist Vater von zwei Kindern. Sein Beruf:                ten. Die Corona-Krise hatte nun zusätzlich zur Folge,
selbstständiger Taxifahrer. In der Corona-Krise durfte                dass er viele Termine mit Klienten absagen musste.
er zwar fahren, hatte aber kaum noch Kundschaft. Die                  Demzufolge ist das Einkommen stark zurückgegan-
Auswirkungen sind katastrophal. Bereits vor der Krise                 gen, die existenzielle Lebenssituation bedrohlich.
war die Familie finanziell stets sehr knapp dran. Über-
all, wo dies möglich war – etwa bei der Wohnungsmiete
und der Krankenkasse –, hat der Familienvater Raten-
zahlungen und Zahlungsaufschub beantragt.

     Unterstützungsaktion Corona der Caritas Bern
     Die Caritas Bern unterstützt Menschen und Familien im Kan-       kette, von namhaften Stiftungen sowie grosszügigen Einzel-
     ton Bern, die aufgrund der Corona-Krise in Not geraten sind.     spenden konnte die Caritas Bern diese Unterstützungsakti-
     Dies mit Einkaufsgutscheinen für die Caritas-Märkte sowie        on realisieren. Der Bedarf an finanzieller Unterstützung und
     einmaliger finanzieller Unterstützungshilfe. Dies bereits seit   Beratung ist nach wie vor ungebrochen hoch. Die Überbrü-
     Anfang April 2020. Armutsbetroffene erhalten so die drin-        ckungshilfe wird nach Möglichkeit verlängert.
     gend benötigte finanzielle Hilfeleistung: So können sie zum
     Beispiel offene Rechnungen begleichen und mit den Ein-           Mit Ihrer Spende unterstützen Sie armutsbetroffene Familien
     kaufsgutscheinen Artikel des täglichen Bedarfs einkaufen.        und Alleinstehende im Kanton Bern, die sich in einer akuten
     Dank der Unterstützung der Caritas Schweiz, der Glücks-          Notlage befinden. Herzlichen Dank für Ihre Solidarität.

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Gesichter hinter Caritas Bern

                 Entschleunigen – mit Kochen,
                 Fotografieren und Reisen
                 Angelika Louis leitet den Dolmetschdienst Comprendi der Caritas Bern seit mehr
                 als drei Jahren. Dieser vermittelt professionelle interkulturell Dolmetschende
                 im Kanton Bern. Seit Anfang Jahr ist diese Dienstleistung auch via Telefon möglich.
                 Text: Hana Kubecek

                                                               A
                                                                      ngelika Louis hat einen dynamischen Spirit und kann mit ihren
                                                                      Managementfähigkeiten vieles bewirken. Über zehn Jahre hat sie
                                                                      das Ambulatorium für Folter- und Kriegsopfer des Schweizeri-
                                                               schen Roten Kreuzes geleitet und dessen Organisationsentwicklung mit-
                                                               geprägt. Auch beim Dolmetschdienst Comprendi konnte sie von Anfang
                                                               an ihr fundiertes Know-how in die Gestaltung und Weiterentwicklung
                                                               dieser Dienstleistung einbringen. Wichtige Meilensteine dabei sind etwa
                                                               die Einführung der neuen Online-Vermittlungsplattform sowie der Auf-
                                                               bau des Telefondolmetschangebotes, die beide seit Anfang dieses Jahres
                                                               in Betrieb sind.

                                                               Verstehen und verstanden werden
                                                               «Ein Elterngespräch in der Schule, ein Arztbesuch oder ein Beratungsge-
                                                               spräch bei einer Behörde. Solche Situationen kann die Mehrheit der aus-
Bild: Angelika

                                                               ländischen Bevölkerung problemlos meistern. Doch unter uns leben auch
                                                               Menschen, die aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse nicht in der Lage
                                                               sind, sich in solchen Gesprächssituationen ausreichend zu verständigen»,
                                                               erklärt Angelika Louis. Um eine optimale Verständigung zu ermöglichen,
                 «Mit dem Fotografieren öffnen sich für mich   vermittelt der Dolmetschdienst Comprendi interkulturell Dolmetschen-
                 unzählige neue Blickwinkel und Horizonte.»    de für Gespräche zwischen fremdsprachigen Personen und öffentlichen
                                                               Stellen des Gesundheits-, Sozial- oder Bildungsbereichs im Kanton Bern.
                                                               Insgesamt beschäftigt die Caritas Bern 240 interkulturell Dolmetschende.
                                                               Das Sprachangebot ist über die Jahre hinweg stetig gewachsen und liegt
                                                               aktuell bei 62 Sprachen. «Die interkulturelle Verständigung leistet einen
                                                               wesentlichen Beitrag zur Chancengleichheit und ist ein wichtiger Schlüs-
                                                               sel für Integration in unsere Gesellschaft», ist Angelika Louis überzeugt.

                                                               Die Kreative
                                                               In der Freizeit liebt es Angelika Louis, zu kochen, zu fotografieren, etwas
                                                               mit den Händen zu gestalten und zu reisen. Das bringt ihr Ruhe und Aus-
                                                               gleich zum oft hektischen Berufsalltag. Neue Welten und andere Perspek-
                                                               tiven sind für sie zugleich anregend wie bereichernd. Das Fotografieren
                                                               ist seit vielen  Jahren ihre Leidenschaft. «Ich finde es faszinierend, (Licht)
                                                               Stimmungen mit meiner Kamera einzufangen. Dabei ist es für mich wich-
                                                               tig, dass beim Betrachten eines Fotos etwas ausgelöst wird – eine Emotion
                                                               oder eine Berührung. Auf Reisen habe ich die Kamera immer mit dabei. Es
                                                               gibt nichts Schöneres, hin und wieder die Bilder zu betrachten und sich an
                                                               all die erlebten Momente zu erinnern.»

                                                               Unter www.caritas-bern.ch erfahren Sie mehr über den Dolmetsch-
                                                               dienst Comprendi und andere Angebote der Caritas Bern.

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Ichwillhelfen

JungeFreiwilligeverhindern
dieSchliessungderCaritas-Märkte
Ein einziger Aufruf genügte: Dank dem spontanen Einsatz von vielen jungen
Freiwilligen konnten die Caritas-Märkte in St. Gallen und Wil auch während
des Lockdowns geöffnet bleiben.
TextSusannaHeckendornBildGregorScherzinger

W
          er holt das Brot bei den
          Bäckereien in der Um-
          gebung, kontrolliert die
Waren, füllt Gestelle auf und steht
an der Kasse, wenn die Freiwilli-
gen von einem Tag auf den andern
zu Hause bleiben müssen, weil sie
aufgrund ihres Alters zur Risiko-
gruppe gehören? «Uns war klar,
dass der Lockdown unsere Kundin-
nen und Kunden besonders hart
treffen würde», erinnert sich Phi-
lipp Holderegger, Geschäftsleiter
der Caritas St. Gallen-Appenzell.
«Es stand deshalb ausser Frage,
die Caritas-Märkte zu schliessen.
Aber wer, das war die grosse He-              ZahlreichejungeFreiwilligehieltendenCaritas-MarktwährendderCorona-KriseamLaufen
rausforderung, sollte die Läden
betreiben?» Mit einem Aufruf auf
Facebook fanden sich innert weni-             in die Hand drücken durfte, was                schenkt.» Desirée wollte sich so-
ger Tage viele junge Freiwillige, die,        nicht gestattet ist, fiel ihm sehr             lidarisch zeigen und war beein-
anstatt im Lockdown zu Hause he-              schwer.                                        druckt, wie viele Menschen mit
rumzusitzen, etwas Sinnvolles tun                                                            sehr wenig zufrieden sind. «Es war
wollten.                                      Jael Dahinden und Desirée Stuck                schön, die grosse Dankbarkeit der
                                              studieren beide Soziale Arbeit.                Kundschaft zu spüren und mit den
Für Verena Keller, die sonst als              Die Mutter von Jael arbeitet jeden             Freiwilligen Solidarität zu leben.»
Hotelfachfrau arbeitet, war es eine           Mittwoch im Caritas-Markt und
völlig neue Erfahrung, dass jemand            gehört zur Risikogruppe. Spon-                 Sich zu engagieren und miteinan-
so froh ist, sie dabei zu haben und           tan entschied sich Jael, ihre Stell-           der etwas zu bewirken, so die ein-
ihr das auch zeigt. «Diese unerwar-           vertretung zu übernehmen. «Die                 hellige Meinung der temporären
tete Wertschätzung war enorm mo-              Arbeit im Caritas-Markt hat mir                Freiwilligen, ist eine tolle Erfah-
tivierend.» Ein paar ernüchternde             viele wertvolle Begegnungen ge-                rung, die sie nicht missen möchten.
Erkenntnisse gewann Fabian Bal-
mer. Nie hätte er gedacht, dass es
                                                 WOLLENSIESICHAUCHFREIWILLIGENGAGIEREN?
so viele armutsbetroffene Schwei-
zerinnen und Schweizer gibt. «Es                 AlsFreiwilligeoderFreiwilligerlernenSieMenschenmitanderenPerspektiven
war sehr hart mitzuerleben, wie                  kennen Sie helfen im Alltag und machen Integration möglich Sie können Ihr
jemand etwas zurücklegen muss,                   Wissen weitergeben und Neues dazulernen Die Freiwilligenangebote unter-
weil ihm an der Kasse 40 Rappen                  scheidensichvonRegionzuRegionBieinformierenSiesichaufderWebsite
fehlen.» Dass er der Person nicht                derCaritas-OrganisationinIhrerRegion
einfach zwei Zwanzigrappenstücke

18                                                                                                                       Nachbarn 2 / 20
Kolumne

            DaswunderlicheGefühl
            derGemeinscha
            TextChristophSimonIllustrationCorinneBromundt

      U
                  nsichere Zeiten haben auch ihre reizvollen Sei-         Fensterscheiben. Ich hätte vom Specksteinschmirgeln
                  ten. Es lebe die Improvisation! Fahren wir die          was an der Schulter und so. War ein lieber Kerl, der Stu-
                  Tage freihändig und gegen den Wind! Winnetou            dent. Vermutlich studiert er jetzt wohl wieder sinnlos
            hat schliesslich auch keinen Sattel gebraucht! Wenn           und vermisst die Zeit, wo er einem Menschen in Not
            uns der Frühling 2020 etwas gelehrt hat, dann dies:           beistehen konnte.
            Wie man das Beste draus macht.
                                                                          Und dann die Erleichterung, als (fast) alles wieder
            Kommende Generationen werden von unseren Er-                  aufging! Die alten Paare sind ohne Streit zusammen
            fahrungen profitieren, denn in der Beschränkung auf           Gartenstühle einkaufen gegangen. Die Affen im Zoo
            Heim und Zoom sind wir keine Amateure. Im Lock-               konnten wieder Menschen beobachten. Das Autokino
            down haben wir den Leis-                                                              wurde wiedererfunden: Die
            tungsdruck auf 110 Prozent                                                            Leute reisten mit dem Zug
            runtergefahren, den Lohn                                                              an und nahmen am Bahnhof
            auf 80 Prozent gesenkt und                                                            ein Mobility, um dabei sein
            den Alkohol auf 40 Prozent                                                            zu können.
            hochgefahren. Wir haben vie-
            le neue Fähigkeiten erlernt:                                                            Eines Morgens werden wir
            Wie man in der Badewanne                                                                aufwachen und feststellen,
            mit einem Didgeridoo das                                                                dass es Masken und Ab-
            Jacuzzi-Feeling herbei bläst.                                                           standsregeln nicht mehr
            Meine Kulturkollegen hau-                                                               braucht. Für die einen werden
            ten Podcasts raus und Insta-                                                            die letzten Monate nur noch
            gram-Livesessions, sie twit-                                                            eine Erinnerung sein, ein fer-
            terten Romane und erfanden                                                              ner Klang. Für andere wer-
            alle möglichen digitalen For-                                                           den die Folgen der Krise zur
            mate, alles vom Liegestuhl                                                              Dauerkrise. Manche werden
            aus, in der Frühlingssonne                                                              behaupten, dass dies alles gar
            auf dem Balkon. Ich schmir-                                                             nie stattgefunden hat. Und
            gelte Speckstein (was gut für                                                           nur eine Minderheit wird sich
            die Seele sei) und liess mir                                                            an dieses Gefühl erinnern,
            von einem Studenten die Lebensmittel bringen. Ich sei         dieses wunderliche und erhebende Gefühl der Gemein-
            Risikogruppe und so. Der Student putzte sogar meine           schaft, das uns für kurze Zeit geeint und getragen hat.

                                ChristophSimon* lebtalsfreier
                                SchristellerundKabareistinBern
Bildzvg

            Nachbarn 2 / 20                                                                                                      19
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