Makro Research Volkswirtschaft Spezial

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Makro Research
Volkswirtschaft Spezial

Ausgabe 8/2020 – Montag, 26. Oktober 2020

US-Wahlen – hoffentlich ist es bald vorbei

‡ Mit den sich aufhellenden Wahlaussichten von Herausforderer Joe Biden steigt auch die Hoffnung, dass rascher als
  befürchtet ein valides Wahlergebnis vorliegt. Allerdings bedeutet dies auch, dass die Wahrscheinlichkeit gestiegen
  ist, dass die Demokraten beide Kammern des Kongresses gewinnen.
‡ Hatten wir dieses Szenario zwischenzeitlich als zweites Risikoszenario (neben einer politischen Hängepartie) aus
  Kapitalmarktsicht beschrieben, scheinen sich nun insbesondere die Aktienmärkte hiermit anfreunden zu können.
  Die Märkte für US-Staatsanleihen hingegen reagieren in der Tendenz eher mit steigenden Renditen, weil ein neues
  Corona-Hilfspaket nur noch eine Frage der Zeit zu sein scheint. Sein Volumen könnte indes entscheidend vom
  Wahlausgang abhängen.

Präsidentschaftswahl: Basisszenario                         den Schluss zu, dass die Demokraten ihre Mehrheit im
Es sind nur noch acht Tage bis zum Wahltag in den USA       Repräsentantenhaus verteidigen werden. Über den ge-
am 3. November. Wir wollen daher in dieser Analyse          samten Wahlkampf haben sich hier die Vorzeichen nie
den aktuellen Stand dazu vorstellen. Bereits in den ver-    bedeutend verändert. Wir gehen daher davon aus, dass
gangenen Monaten haben wir zu diesem Thema meh-             dieser Wahlausgang verhältnismäßig sicher ist: Donald
rere Publikationen veröffentlicht, unter anderem eine       Trump (Republikaner) würde im Falle einer Wiederwahl
ausführliche Version mit einem Kapitalmarkttrends im        mindestens für zwei weitere Jahre keine Kongressmehr-
August. 1 Seither ist einiges passiert: Corona-Infektion    heit hinter sich haben, während die Wahl von Joe Biden
des US-Präsidenten, Notwendigkeit einer Neubesetzung        (Demokrat) bedeuten könnte, dass dieser in beiden
eines Sitzes im Obersten Gerichtshof, TV-Duelle, ein        Kongresskammern eine demokratische Mehrheit hinter
ausgefallenes TV-Duell, Berechnung der Kosten der           sich hat.
Wahlprogramme, aussagekräftigere Umfragewerte auf
Bundesstaatenebene. Insgesamt mündeten die Entwick-         Derzeit fehlt in keiner Wahlanalyse der Hinweis auf
lungen in eine Neueinschätzung der Siegwahrscheinlich-      2016: Damals führte Hillary Clinton vor Donald Trump
keiten der Kandidaten. Billigten wir bislang Joe Biden      in den nationalen Umfragen und es schien relativ sicher,
eine Siegwahrscheinlichkeit von 55 % zu, so haben wir       dass sie, wenn auch knapp, die Wahl gewinnen würde
diese jüngst auf 60 % angehoben. Damit hat das Risiko       (siehe Abb. 1). Die Überraschung war am Wahltag ent-
eines knappen, umstrittenen Wahlausgangs etwas ab-          sprechend groß: Trump hatte zwar nur 46,1 % der
genommen. Zudem ist die Wahrscheinlichkeit einer            Stimmen gewinnen können, während Clinton auf
„blauen Welle“ angestiegen. Dieses Szenario beinhaltet,     48,2 % kam. Aber in den USA wird der Präsident nicht
dass Joe Biden Präsident wird und die Demokraten            direkt gewählt, sondern mittels der Wahlmänner im
beide Kammern des Kongresses (das Repräsentanten-           Wahlkollegium. Je nach Bevölkerungsgröße haben die
haus und den Senat) gewinnen. 2 Aus Kapitalmarktsicht       Bundesstaaten eine unterschiedliche Anzahl an Wahl-
war dies ursprünglich ein Risikoszenario, weil in diesem    männern. Zudem gilt (in nahezu allen Bundesstaaten)
Fall die Wahrscheinlichkeit steigen würde, dass im Kon-     das „Winner Takes It All“-Prinzip, d.h. eine einfache
gress Mehrheiten für höhere Unternehmenssteuern so-         Mehrheit in einem Bundesstaat ist ausreichend, um alle
wie mehr Regulierungen insbesondere im Tech-Sektor          Wahlmänner dieses Bundesstaates zu erhalten. Hierbei
gefunden werden.                                            gibt es sowohl Bundesstaaten, die nahezu immer von
                                                            den Demokraten bzw. immer von den Republikanern
US-Wahlumfragen: Update                                     gewonnen werden. Im Fokus von Wahlanalysen stehen
Sowohl die Umfragewerte als auch die bei Predict It ge-     daher stets die restlichen Bundesstaaten, die als Battle
handelten Wahrscheinlichkeiten lassen aus unserer Sicht     States oder als Swing States bezeichnet werden. Von

1                                                           2
 Siehe hierzu: https://www.deka.de/site/dekade_deka-         Die Parteifarbe der Demokraten ist blau und die der
gruppe_site/get/documents/dekade/Publikatio-                Republikaner ist rot.
nen/2020/Volkswirtschaft/Spezial/US-
Wahl_2020_08.pdf

                                                                                                                   1
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dieser Staatengruppe konnte Trump 2016 überraschend                   Wahl bereits entschieden ist. Denn die Umfrageergeb-
viele gewinnen und hierdurch in das Weiße Haus einzie-                nisse auf Bundesstaatenebene, die in den vergangenen
hen.                                                                  Wochen valider wurden und daher nun stärker zu be-
                                                                      achten sind als die nationalen Umfragen, deuten nach
Abb. 1 Präsidentschaft: Wahlumfragen im Ver-                          der Zusammenfassung von RealClearPolitics (RCP) an,
gleich                                                                dass in 13 Bundesstaaten keiner der beiden Kandidaten
                                                                      eindeutig vorn liegt. Diese 13 Bundesstaaten stehen ins-
 12                                                                   gesamt für 181 Wahlmänner (siehe Abb. 2). Sofern
 10                                                                   Trump die Bundesstaaten gewinnt, in denen er zurzeit
                                                                      laut Umfragen vorne liegt (125 Stimmen), müsste er bei-
  8
                                                                      spielsweise noch die bevölkerungsstarken Bundesstaa-
  6                                                                   ten Texas (38 Wahlmänner) und Florida (29) sowie einen
  4                                                                   kleineren Bundesstaat (bspw. Nevada oder Iowa mit je-
  2                                                                   weils 6 Wahlmänner) gewinnen, um eine knappe Mehr-
                                                                      heit im Wahlkollegium zu erzielen (notwendige Stim-
  0
                                                                      menanzahl: 270 Stimmen). Umgekehrt gilt allerdings
  -2                                                                  auch, dass ein Verlust von Texas für Trump nicht zu
   Mrz 20        Mai 20           Jul 20       Sep 20
                                                                      kompensieren wäre.
                       2020: Biden vs. Trump
                       2016: Clinton vs. Trump                        Trump 40 % vs. Biden 60 %
Quellen: RealClearPolitics, DekaBank                                  Unserer Einschätzung nach hat Joe Biden eine Sieg-
                                                                      wahrscheinlichkeit von 60 % vs. Donald Trump von
Auch 2020 liegt Trump bei den Wahlumfragen gegen-
                                                                      40 %. Hierbei berücksichtigten wir nicht nur die aktuel-
über seinem Herausforderer hinten. Allerdings gibt es
                                                                      len Wahlumfragen (und deren bisherigen Verlauf) und
zwei Unterschiede zu 2016: Der Abstand ist größer und
                                                                      die gehandelten Wahrscheinlichkeiten, sondern auch
die Umfragewerte sind 2020 deutlich schwankungsär-
                                                                      die besonderen Umstände dieses Wahljahres. Bereits im
mer als 2016. Zudem haben die Meinungsforschungsin-
                                                                      August vergangenen Jahres wiesen wir auf den Wahl-
stitute aus ihren Fehlern von 2016 gelernt und ihre Aus-
                                                                      zyklus hin (siehe Rententrends vom 30. August 2019:
wertungsmethoden an verschiedenen Stellen angepasst
                                                                      „USA: Wahlzyklus spricht gegen zeitnahe Rezession“):
und es gibt mehr Umfragen von renommierten Institu-
                                                                      US-Rezessionen sind in Wahljahren selten, weil dies übli-
ten in den Swing States. Daher kann Trump nicht als Fa-
                                                                      cherweise zur Abwahl des Amtsinhabers führt. Nur vier
vorit gelten. Dies bedeutet allerdings nicht, dass die
                                                                      Präsidenten haben seit Mitte des 19. Jahrhunderts trotz
                                                                      einer Rezession im Wahljahr überhaupt eine Wieder-
                                                                      wahl geschafft. Die Corona-Rezession ist sicherlich ein
Abb. 2 Anzahl der Wahlmänner*
                                                                      besonderer Fall, denn für diese kann man den Amtsin-
  250                                                                 haber nicht verantwortlich machen. Gleichwohl hat sich
                                                                      Präsident Trump denkbar ungeschickt in dieser Krise
  200
                                                                      verhalten. Das Kleinreden der Folgen des Virus bzw. das
                                                                      Ignorieren von wissenschaftlich fundierten Erkenntnis-
                    "unsicher"
                                                                      sen (bspw. das Tragen von Masken) dürfte entscheidend
  150
                                                                      dazu beigetragen haben, dass seine Wiederwahlwahr-
                    "wahr-                                            scheinlichkeit nun so gering ist. Auch das jüngste und
  100
                    scheinlich"                                       letzte TV-Duell wird hieran kaum etwas geändert ha-
                                                                      ben.
   50
                      "sicher"
                                                                      Wahlprogramme im Vergleich
      0                                                               Die jeweiligen Wahlprogramme von Trump und Biden
          Republikaner      Demokraten       unentschieden
                                                                      wurden im Oktober vom Committee for a Responsible
.*nach Berechnungen von RealClearPolitics; Mehrheit liegt bei 270     Federal Budget (CRFB), einer politisch unabhängigen
Stimmen, bei Stimmengleichheit wird die Wahl des Präsidenten im Re-
präsentantenhaus entschieden.                                         Denkschmiede, zusammengefasst und verglichen (siehe
Quellen: RealClearPolitics, DekaBank

                                                                                                                              2
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Tab. 1). In den Details der gewünschten Maßnahmen                      Abb. 3 Senat: Gehandelte Wahlwahrscheinlich-
gibt es deutliche Unterschiede.                                           keiten

Tab.1 Wirkungen der Wahlprogramme auf den                                40
Bundeshaushalt*                                                          30
                                                                         20
Ausgabenbereiche                           Trump              Biden
Kindergeld und Bildung                      -0,15               -2,7     10
Gesundheitsausgaben                          0,15             -2,05           0
Soziale Sicherheit                              na            -1,15
                                                                         -10
Infrastruktur u. weitere Ausgaben             -2,7            -4,45
Nationale Sicherheit / Immigranten            -0,3             0,75      -20
Steuerpolitik                                 -1,7               4,3     -30
Zinszahlungen                               -0,25               -0,3
                                                                         -40
Netto Effekt                                  -4,95            -5,60     -50
*Billionen. US-Dollar                                                      Mrz 19      Jul 19     Nov 19      Mrz 20      Jul 20
Quellen: Committee f or a Responsible Federal Budget, DekaBank
Während Biden die Steuersätze für Unternehmen bzw.                                     Differenz: Demokraten vs. Republikaner
für Bezieher sehr hoher Einkommen anheben will, plant
                                                                       Quellen: Predict It , DekaBank
Trump eher weitere steuerliche Entlastungen. Die Mehr-
                                                                       Somit ist auch dieses Rennen sicherlich nicht entschie-
einnahmen benötigt Biden zur Finanzierung mehrerer
                                                                       den. Derzeit unterstellen wir hier eine Wahrscheinlich-
sozialer Programme sowie für ein noch größeres Infra-
                                                                       keitsverteilung von 55 % zu 45 % zu Gunsten der De-
strukturprogramm als es Trump vorschwebt. Insbeson-
                                                                       mokraten.
dere aus Sicht der US-Rentenmärkte ist von Interesse,
dass nach den Berechnungen von CRFB beide Pro-
                                                                       Risikoszenarien: Hängepartie vs. blaue Welle
gramme nahezu ähnliche Auswirkungen auf die Defizit-
                                                                       Zwei Risikoszenarien haben in den vergangenen Mona-
entwicklung hätten.
                                                                       ten Finanzmarktteilnehmer interessiert: eine politische
                                                                       Hängepartie sowie eine blaue Welle. Beide Szenarien
Dabei ist zu beachten, dass die Wirtschaftspolitik nicht
                                                                       haben wir in der vorherigen Publikation (siehe Fußnote
zu der Kernaufgabe des Präsidenten gehört, sondern
                                                                       1) bereits beschrieben, sodass wir an dieser Stelle nur
dem Kongress zufällt. Der Präsident hat im politischen
                                                                       auf die jüngsten Entwicklungen hinweisen:
Diskurs eher die Rolle eines Moderators. Daher ist es aus
Sicht des weiteren fiskalischen Ausblicks bedeutend, wie
                                                                       Szenario politische Hängepartie: Hiermit wurde vor
die Wahlen zu den beiden Kongresskammern ausfallen.
                                                                       allem die Erwartung eines Corona-bedingt hohen Brief-
Auch wenn derzeit eine „blaue Welle“ (demokratische
                                                                       wahlanteils verbunden. Somit dürfte sich die Auszäh-
Mehrheit in beiden Kongresskammern) möglich er-
                                                                       lung nach der Wahl um einige Tage verzögern. Bereits
scheint, könnte Biden längst nicht alle Vorschläge seines
                                                                       bei der Wahl 2016 erreichte der Anteil der Frühwähler
Wahlprogramms im Kongress durchsetzen, weil für ei-
nige davon eine Supermehrheit im Senat (60 von 100
Senatssitzen) notwendig wäre.
                                                                       Abb. 4 Anzahl der Senatssitze*
Senat: Wahlwahrscheinlichkeiten                                         50
Während die gehandelten Wahrscheinlichkeiten im Ren-                    45                                            "unsicher"
nen um die Präsidentschaft stets die Demokraten vorne                   40                                           "wahrscheinlich"
sahen, gab es bei den Wahrscheinlichkeiten für den Se-                                                                 "sicher"
                                                                        35
nat einen deutlichen Schwenk im Frühjahr: Seither hat                   30
die Wahrscheinlichkeit eines demokratisch geführten                     25
Senats deutlich die Oberhand gewonnen (Abb. 3). Aller-                  20                                           stehen nicht zur
                                                                        15                                           Wahl
dings ist auch hier die Situation nicht eindeutig. Denn
                                                                        10
die von RCP zusammengefassten Umfragewerte deuten
                                                                          5
ein Kopf-an-Kopf-Rennen an (Abb. 4). So können die
                                                                          0
Demokraten mit 45 sowie die Republikaner mit 46 Sit-                              Republikaner          Demokraten       unentschieden
zen rechnen und für neun Sitze sehen die Umfragen                      *nach Berechnungen von Real Clear Politics; bei Stimmengleichheit er-
keinen eindeutigen Sieger voraus.                                      hält der Vizepräsident ebenfalls eine Stimme.
                                                                       Quellen: RealClearPolitics, DekaBank

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(hierzu zählen nicht nur Briefwähler) einen Rekordwert      Insgesamt hat aus unserer Sicht das Szenario einer
von 40 %. Dies entsprach etwa 58 Millionen Wählern.         mehrtägigen Hängepartie eine relativ hohe Eintritts-
                                                            wahrscheinlichkeit. Zudem besteht auch das Risiko einer
Gute eine Woche vor der Wahl wurde dieser Rekord-           mehrwöchigen Verzögerung.
wert mit aktuell 60 Millionen Frühwähler bereits gebro-
chen. In Relation zu der Anzahl der Wähler von 2016         Szenario „blaue Welle“: Zur Berechnung der Wahr-
sind dies gut 43 %. Die Erwartungen eines sehr hohen        scheinlichkeit dieses Szenarios könnte man zunächst die
Anteils der Brief- bzw. Frühwähler haben sich bislang er-   jeweiligen Wahrscheinlichkeiten für den Ausgang der
füllt, zumal die Zahlen derzeit stark ansteigend sind. 3    Präsidentenwahl und der Senatswahl heranziehen. Hier-
                                                            durch käme man auf 33 % (60 % mal 55 %). Allerdings
In einzelnen Bundesstaaten werden Parteiregistrierun-       unterschlägt man hierbei die, wenn auch relativ un-
gen vorgenommen. Aus diesen ist ersichtlich, dass auf       wahrscheinliche, Möglichkeit des Verlustes des Reprä-
die Demokraten mehr als doppelt so viele Stimmen ent-       sentantenhauses sowie eine Abhängigkeit der Wahler-
fallen wie auf die Republikaner. Allerdings liefern die     gebnisse für Präsidentschaft und Senat. Denn nicht sel-
Daten keinen hinreichenden Hinweis, wie die Endergeb-       ten gewinnt bei einer Präsidentschaftswahl die Partei
nisse insbesondere in den umkämpften Bundesstaaten          des Präsidenten auch die Mehrheit im Senat. In Summe
ausfallen werden. Denn Trump hat in den vergangenen         liegt die Wahrscheinlichkeit für das blaue-Welle-Szena-
Monaten Stimmung gegen die Briefwahl gemacht und            rio unserer Einschätzung nach bei 35 %.
damit dafür gesorgt, dass dieser große Stimmenunter-
schied zwischen den Demokraten und den Republika-           Die Auswirkungen dieses Szenarios für die Kapital-
nern entstehen konnte. Im Falle eines nur knappen           märkte haben wir bereits im oben erwähnten Kapital-
Wahlsiegs von Trump am Wahlabend wäre dieser wohl           markttrends beschrieben. Sie hängen vor allem von des-
gleichbedeutend mit seiner Wahlniederlage nach Aus-         sen weiteren Ausgestaltung ab: Je größer die Mehrheit
zählung aller Stimmen.                                      im Senat, desto einfacher könnten demokratische Mehr-
                                                            heiten gefunden werden. Dies betrifft vor allem die The-
Darüber hinaus ist allerdings zu befürchten, dass lokale    menbereiche Regulierung, Steuern und Infrastruktur, die
Wahlergebnisse von den Parteien angezweifelt werden         jeweils unterschiedliche Marktwirkungen haben kön-
und schließlich vom Obersten Gerichtshof entschieden        nen.
werden müssen. In diesem Zusammenhang ist nicht
auszuschließen, dass von der Trump-Administration po-       Insgesamt scheinen sich insbesondere die Aktienmärkte
litischer Druck ausgeübt werden könnte, noch laufende       mit dem Szenario einer blauen Welle angefreundet zu
Zählungen zu ihren Gunsten zu stoppen.                      haben. Denn es wird mit diesem die Hoffnung auf eine
                                                            kurzfristig expansivere Fiskalpolitik verknüpft. Hierbei
Zu einer Verfassungskrise käme es, wenn sich nicht alle     spielen auch die wieder begonnenen Verhandlungen
Wahlmänner im Wahlkollegium an ihren Wählerauftrag          über ein weiteres Corona-Hilfspaket eine Rolle. Selbst
halten würden und den anderen Kandidaten wählen.            im Falle einer politischen Einigung noch vor der Wahl
                                                            besteht die Möglichkeit, dass die Demokraten Anfang
Und zu guter Letzt ist im Wahlkollegium rechnerisch         kommenden Jahres (nach Neubildung des Senats) noch
auch ein Patt möglich. In diesem Fall würde dann die        eine weitere Schippe drauflegen. Allerdings gilt weiter-
Entscheidung im Repräsentantenhaus getroffen werden.        hin unser Hinweis vom erwähnten Kapitalmarkttrends:
Laut Verfassung muss am 20. Januar um 12 Uhr, am            Der fiskalpolitische Spielraum ist begrenzt und die Ge-
Tag der Vereidigung, ein neuer Präsident gewählt sein.      genfinanzierung mittels Steuererhöhungen steht auf po-
Dieser Termin würde allerdings dann ins Wanken kom-         litisch sehr wackeligen Beinen.
men, wenn in den Wochen zuvor bereits eine Verfas-
sungskrise eingetreten wäre und das Reißen des Ter-         Ausblick für den US-Rentenmarkt
mins diese Krise nur noch vertiefen würde.                  Die US-Rentenmärkte haben zuletzt das Szenario einer
                                                            blauen Welle zunehmend eingepreist. Hierbei spielt der

3
 Siehe hierzu: https://electproject.github.io/Early-Vote-
2020G/index.html.

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Ausblick von mehr fiskalpolitischen Unterstützungsmaß-       Fazit
nahmen eine entscheidende Rolle. Allerdings dürfte die-      Dieser Wahlkampf war extrem facettenreich und bein-
ses Szenario sich noch nicht vollständig in den Rendi-       haltete einige Überraschungen. Für Biden spricht, dass
teniveaus widerspiegeln, sodass bei dessen Eintreten die     sein Vorsprung in den Umfragen relativ stabil ist. Zudem
Renditeniveaus für Staatsanleihen noch weiter ansteigen      läuft für Trump die Zeit davon. Aber die Historie von US-
würden (Abb. 5). Hingegen wäre ein Szenario „Biden           Wahlen lehrt, dass selbst erdrutschartige Siege im Vor-
ohne Kongressmehrheit in beiden Kammern“ mit Rendi-          feld der Wahl noch Spannung versprachen. Diese Span-
terückgängen verbunden. Ein mittleres Szenario wäre          nung besteht auch für die 59. Präsidentschaftswahl.
hingegen die Wiederwahl von Trump. In diesem Fall wä-
ren die Reaktionen an den US-Rentenmärkten voraus-
sichtlich begrenzt.

Abb. 5 Mögliche Wahlausgänge und erwartete Marktreaktionen

                     Mit republikanischer      Aktien positiv in Erwartung von mind. zwei weiteren Jahren
                     Mehrheit im Kongress      marktfreundlicher Politik. Positiv für Credits. Neutral bis leicht negativ
  Wahlsieg           (5 %)                     für US-Treasuries.
  Donald Trump
  (40 %)             Ohne republikanische      Status quo. Aktienmärkte kurzfristig enttäuscht -> neues Hilfspaket
                     Mehrheit im Kongress      dürfte kleiner ausfallen; dann Fokus auf langfristig gutes Umfeld;
                     (35 %)                    Steuern bleiben unverändert tief. Wenig Reaktion bei US-Treasuries.

                     Mit demokratischer        Vor allem die Aktienmärkte sollten kurzfristig profitieren, großes
                     Mehrheit im Kongress      Corona-Hilfspaket zu erwarten. Negativ für US-Treasuries.
  Wahlsieg           (35 %)                    Kabinett und Programm entscheidend für mittelfristige Entwicklung.
  Joe Biden
  (60 %)             Ohne demokratische        Aktien kurzfristig etwas schwächer, nur kleines Hilfspaket zu erwarten.
                     Mehrheit im Kongress      Mittel- und längerfristig konstruktives Szenario für Aktien und Credits.
                     (25 %)                    US-Treasuries sollten positiv reagieren.

Quelle: DekaBank

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Autor:

Rudolf Besch
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