Masterarbeit Weiterentwicklung der Unterrichtsgestaltung an der Ski-Handelsakademie Schladming unter Berücksichtigung der schulspezifischen ...

 
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Masterarbeit Weiterentwicklung der Unterrichtsgestaltung an der Ski-Handelsakademie Schladming unter Berücksichtigung der schulspezifischen ...
Jasmin Fischer, BSc

        Weiterentwicklung der Unterrichtsgestaltung
      an der Ski-Handelsakademie Schladming unter
Berücksichtigung der schulspezifischen Besonderheiten

                              Masterarbeit

                    zur Erlangung des akademischen Grades
                               Master of Science
                   der Studienrichtung Wirtschaftspädagogik
                     an der Karl-Franzens-Universität Graz

Betreuerin: Univ.-Prof. Mag. Dr. Michaela Stock

Institut für Wirtschaftspädagogik

                                                        Graz, September 2020
Masterarbeit Weiterentwicklung der Unterrichtsgestaltung an der Ski-Handelsakademie Schladming unter Berücksichtigung der schulspezifischen ...
Inhaltsverzeichnis

1         Einleitung ......................................................................................................................... 1
2         Berufliche höhere Bildung in Österreich ...................................................................... 5
    2.1       Berufsbildende höhere Schulen in Österreich .............................................................. 6
      2.1.1          Spezifika berufsbildender höherer Schulen .......................................................... 6
      2.1.2          Formen von berufsbildenden höheren Schulen .................................................... 8
      2.1.3          Rechtliche Rahmenbedingungen ........................................................................ 10
    2.2       Die Ski-Handelsakademie Schladming als Spezialform der Handelsakademie ........ 12
      2.2.1          Allgemeines zur Ski-Handelsakademie Schladming ......................................... 12
      2.2.2          Lehrplan ............................................................................................................. 13
      2.2.3          Zeitliche Rahmenbedingungen ........................................................................... 14
      2.2.4          Leistungssport .................................................................................................... 15
3         Unterrichtsgestaltung ................................................................................................... 18
    3.1       Was ist guter Unterricht? ........................................................................................... 18
      3.1.1          Merkmale guten Unterrichts nach Meyer ........................................................... 20
      3.1.2          Angebots-Nutzungs-Modell nach Helmke ......................................................... 23
    3.2       Rolle der Lehrperson .................................................................................................. 26
      3.2.1          Planung, Organisation und Reflexion des Unterrichts ....................................... 27
      3.2.2          Erziehung ........................................................................................................... 29
      3.2.3          Diagnose, Beurteilung und Beratung ................................................................. 30
      3.2.4          Weiterbildung ..................................................................................................... 32
      3.2.5          Mitwirkung an der Schulentwicklung ................................................................ 33
    3.3       Lehren und Lernen ..................................................................................................... 34
      3.3.1          Ziele und Inhalte ................................................................................................. 35
      3.3.2          Sozialformen ...................................................................................................... 36
      3.3.3          Methoden und Medien ....................................................................................... 38
      3.3.4          Lehren und Lernen im digitalen Zeitalter .......................................................... 41
4         Unterrichtsgestaltung an der Ski-Handelsakademie Schladming............................ 45
    4.1       Herausforderungen, die die Unterrichtsgestaltung beeinflussen ................................ 45
      4.1.1          Herausforderungen für die Lernenden ............................................................... 45
      4.1.2          Herausforderungen für die Schule ...................................................................... 47

                                                                                                                                              I
4.2       Empfehlungen für die Unterrichtsgestaltung an der Ski-Handelsakademie
              Schladming................................................................................................................. 48
       4.2.1         Individualisierung im Unterricht ........................................................................ 49
       4.2.2         Förderung des selbstgesteuerten Lernens ........................................................... 52
       4.2.3         Förderung der Lernmotivation ........................................................................... 54
       4.2.4         Einsatz digitaler Lehr- und Lernformen ............................................................. 57
    4.3       Blick in die Zukunft ................................................................................................... 71
5         Zusammenfassung ........................................................................................................ 73
Literaturverzeichnis ............................................................................................................... 77

                                                                                                                                         II
Abkürzungsverzeichnis

BAG            Berufsausbildungsgesetz
BHS            berufsbildende höhere Schule
BMB            Bundesministerium für Bildung
BMBF           Bundesministerium für Bildung und Frauen
BMBWF          Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung
COOL           COoperatives Offenes Lernen
FHStG          Fachhochschul-Studiengesetz
GewO           Gewerbeordnung
HAK            Handelsakademie
IngG           Ingenieurgesetz
LBVO           Leistungsbeurteilungsverordnung
SchOG          Schulorganisationsgesetz
SchUG          Schulunterrichtsgesetz
UG             Universitätsgesetz

                                                                           III
Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Ausschnitt aus dem Bildungssystem in Österreich .............................................. 5
Abbildung 2: Angebots-Nutzungs-Modell nach Helmke......................................................... 25
Abbildung 3: Weingartener Unterrichtsplanungsmodell ......................................................... 34
Abbildung 4: Intrinsische und extrinsische Motivation ........................................................... 55
Abbildung 5: Aufbau des Lehr-Lern-Arrangements Flipped Classroom................................. 68

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1 Einleitung

Marco Schwarz, Dominic Thiem, Anna Gasser – sie alle sind bekannte Persönlichkeiten, die
im Spitzensport aktiv und dabei sehr erfolgreich sind. Trotz intensiver Trainingseinheiten und
Wettbewerbsvorbereitungen ist jedoch nicht allen Sportlerinnen und Sportlern ein Aufstieg in
diese Weltklasse und somit die Sicherung ihres Lebensunterhalts allein durch die Ausübung
ihrer Disziplinen möglich. Daher ist ein Schul- bzw. Hochschulabschluss oder das Erlernen
eines Berufs für junge Nachwuchstalente unabdingbar.1 Um Kinder und Jugendliche zu fördern
und diese Kombination aus Spitzensport und Ausbildungsabschluss realisieren zu können, wur-
den in Österreich Schulen mit sportlichem Schwerpunkt eingerichtet. Ein Beispiel für jene
Schwerpunktschulen ist die Ski-Akademie Schladming.2

Die Ski-Akademie Schladming3 ist eine Spezialform der Handelsakademie (HAK), die unter
anderem die sechsjährige Ski-Handelsakademie für jene SchülerInnen anbietet, die die Reife-
und Diplomprüfung absolvieren sowie im Spitzensport aktiv sein möchten.4 Um sportliche Er-
folge zu erzielen, ist ein umfangreiches Training erforderlich, das ebenfalls von der Ski-Aka-
demie ermöglicht wird. Die Trainingseinheiten finden teils an schulfreien Tagen statt, teils aber
auch an Schultagen, an denen die Lernenden vom Unterricht freigestellt werden.5 Da die Schü-
lerInnen unterschiedlichen sportlichen Disziplinen nachgehen, sind die Wettbewerbsvorberei-
tungen zu verschiedenen Zeiten angesetzt. Dies bedeutet, dass die Biathletinnen und Biathleten
an gewissen Tagen vom Unterricht fernbleiben, die SkifahrerInnen wiederum an anderen.

Hiermit zeigt sich das Problem, das dieser Masterarbeit zugrunde liegt. Das Ziel der Lernenden
ist es, die Reife- und Diplomprüfung zu absolvieren. Das bedeutet, dass alle SchülerInnen die
Lernziele jedes Semesters erreichen sowie die nötigen Kompetenzen für einen erfolgreichen
Schulabschluss entwickeln müssen. Doch in den Wintermonaten ist dies aufgrund der häufigen
Fehlzeiten beinahe unmöglich. Den Schülerinnen und Schülern werden bereits E-Learning-
Möglichkeiten geboten, welche jedoch kaum genutzt werden. Hinzu kommt die teils fehlende
Motivation der Lernenden. Da die Trainingseinheiten anstrengend und kräfteraubend sind, ist

1
  Vgl. Borggrefe/Cachay (2014), 196.
2
  Vgl. Sportliche Schwerpunktschulen (o.J.).
3
  Anmerkung: In der Ski-Akademie Schladming werden sowohl eine sechsjährige Handelsakademie für Leistungs-
  sportlerInnen als auch eine reguläre fünfjährige Handelsakademie mit Sportschwerpunkt angeboten. In dieser
  Arbeit wird ausschließlich die sechsjährige Ski-Handelsakademie thematisiert, die im Folgenden durch die Be-
  zeichnungen ‚Ski-Handelsakademie Schladming‘ bzw. ‚Ski-HAK Schladming‘ zu erkennen ist. Wird von der
  gesamten Schule geschrieben, wird der Begriff ‚Ski-Akademie Schladming‘ verwendet.
4
  Vgl. Handelsakademie (2018).
5
  Vgl. Ski-Akademie Schladming (2018a).

                                                                                                    Seite | 1
es für die SchülerInnen oftmals sehr schwierig, sich während des Unterrichts zu konzentrieren
oder zuhause die angebotenen E-Learning-Möglichkeiten zu nutzen. Die Herausforderung des
Schulleiters sowie der Lehrkräfte der Ski-HAK Schladming besteht also darin, den Unterricht
so zu gestalten, dass alle SchülerInnen in jedem Semester trotz häufiger Absenzen die gefor-
derten Kompetenzen entwickeln und durch eine abwechslungsreiche und individualisierte Un-
terrichtsgestaltung die Motivation der Lernenden aufrechterhalten bleibt bzw. gesteigert wird.
Aus dieser Problemstellung leitet sich folgende Forschungsfrage ab:

           Wie kann der Unterricht an der Ski-Handelsakademie Schladming
                  unter Berücksichtigung der Doppelbelastung durch
                   Schulbildung und Spitzensport gestaltet werden?

Da die SchülerInnen der Ski-Handelsakademie Schladming der Belastung durch Schulbildung
und Spitzensport unterliegen, ist das Ziel dieser Arbeit das Verfassen von Handlungsempfeh-
lungen für eine für diese Schulform passende Weiterentwicklung der Unterrichtsgestaltung.
Dabei soll vor allem auf diese Doppelbelastung Rücksicht genommen werden. Das Ergebnis
der vorliegenden Masterarbeit soll ersichtlich machen, welche Aspekte bei der Gestaltung des
Präsenzunterrichts als auch bei der Ergänzung dessen durch Lernprozesse außerhalb der Schule
besondere Beachtung finden sollten, damit es allen Schülerinnen und Schülern möglich ist, vor-
gegebene Lernziele zu erreichen sowie die nötigen Kompetenzen zu entwickeln.

Die Erarbeitung der Handlungsempfehlungen soll auf Basis einer umfassenden Literaturrecher-
che erfolgen. Zusätzlich zur Literaturrecherche soll ein Experteninterview mit dem Schulleiter
der Ski-Akademie Schladming geführt werden, um mögliche Ansatzpunkte für die Erarbeitung
der Empfehlungen bezüglich der Unterrichtsgestaltung an der Ski-Handelsakademie Schlad-
ming zu diskutieren.

Im Anschluss an die Einleitung wird im zweiten Kapitel ein Überblick über das berufsbildende
höhere Schulwesen in Österreich gegeben. Es werden die Charakteristika dieser Schulart sowie
die unterschiedlichen Schulformen erläutert. In diesem Zusammenhang werden ebenfalls die
rechtlichen Rahmenbedingungen, die von berufsbildenden höheren Schulen (BHS) zu berück-
sichtigen sind, thematisiert. In diesem Abschnitt wird weiters auf die Ski-Handelsakademie
Schladming eingegangen, die eine Spezialform der Handelsakademie ist. Da die SchülerInnen
dieser Schule einer Doppelbelastung durch Ausbildung und Spitzensport unterliegen, werden
in diesem Abschnitt sowohl die Besonderheiten der Ski-Handelsakademie Schladming in Be-
zug auf die Schulbildung als auch auf den Leistungssport thematisiert. Dabei werden der
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Lehrplan und die zeitlichen Rahmenbedingungen, die für die Ski-Handelsakademie Schlad-
ming gelten, näher erläutert, da diese Aspekte Unterscheidungsmerkmale von anderen Schul-
formen darstellen. Zudem wird auf die Möglichkeiten, die sich den Schülerinnen und Schülern
beim Besuch dieser Schule in Bezug auf den Leistungssport auftun, sowie auf die sportlichen
Zusatzqualifikationen, die die Lernenden erlangen können, eingegangen.

Der Fokus der vorliegenden Masterarbeit liegt auf der Schulbildung in der Ski-Handelsakade-
mie Schladming, weshalb das Thema des dritten Kapitels die Unterrichtsgestaltung ist. In einem
ersten Schritt wird erläutert, was guten Unterricht ausmacht. Für diese Definition werden unter
anderem die Merkmale guten Unterrichts nach Meyer sowie das Angebots-Nutzungs-Modell
nach Helmke herangezogen. Weiters wird auf die Rolle der Lehrperson, inklusive der Aufga-
ben, die der Lehrberuf mit sich bringt, eingegangen. Als Grundlage für diese Erarbeitung wer-
den die Anforderungen, die im Beschluss der Kultusministerkonferenz in Deutschland festge-
legt wurden, herangezogen. Abschließend wird die Gestaltung eines Lehr-Lern-Settings im
schulischen Kontext thematisiert. Dabei werden zusätzlich zur Relevanz der Lehr- und Lern-
ziele sowie der Lerninhalte insbesondere verschiedene Sozialformen, Methoden und Medien
erläutert, deren Einsatz und Variation eine abwechslungsreiche Unterrichtsgestaltung gewähr-
leisten. Zudem wird ein kurzer Überblick gegeben, welche Bedeutung die Entwicklung von
Medienkompetenzen hat, wie das Lehren und Lernen durch den Einsatz von digitalen Medien
ergänzt bzw. bereichert werden kann und welche Aspekte dabei zu beachten sind.

Das vierte Kapitel beinhaltet die Handlungsempfehlungen bezüglich der Unterrichtsgestaltung
an der Ski-Handelsakademie Schladming, die von der Autorin erarbeitet werden. Die Ausar-
beitung erfolgt auf Basis der Ausführungen in den vorherigen Kapiteln. Im ersten Abschnitt
wird die Individualisierung im Unterricht thematisiert, da diese aufgrund der unterschiedlichen
Lerngeschwindigkeiten und -gelegenheiten der einzelnen SchülerInnen ein wichtiger Faktor in
dieser Schulform ist. Ebenfalls wird gezeigt, wie das selbstgesteuerte Lernen der SchülerInnen
gefördert werden kann, damit auch beim Lernen außerhalb der Schule Erfolge erzielt werden
können. Da die SchülerInnen dieser Doppelbelastung durch Schule und Sport unterliegen und
somit auch außerhalb der Unterrichtszeiten lernen müssen, beispielsweise in den Trainingsla-
gern, ist es wichtig, ihre Lernmotivation aufrechtzuerhalten bzw. zu steigern. Daher wird zu-
nächst auf die Förderung der Motivation eingegangen. Zudem wird der Einsatz von unter-
schiedlichen Lernplattformen, wie beispielsweise Moodle, thematisiert. Da Lernen mit System
(LMS) bereits von einigen Lehrkräften verwendet wird und der zukünftige Einsatz von Micro-
soft Teams vom Schulleiter der Ski-HAK Schladming fokussiert wird, werden auch die

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Möglichkeiten, die eine derartige Plattform bietet, erläutert. Weiters wird auf die Leistungen
und Angebote der Websites bekannter Schulbuchverlage hingewiesen. Im Anschluss wird auf-
gezeigt, wie Podcasts, Lernvideos sowie das Flipped Classroom-Konzept in den Unterricht der
Ski-Handelsakademie Schladming eingebettet werden können. In die Ausführungen in diesem
Kapitel werden zusätzlich die Ansätze der Montessori-Pädagogik integriert, um neue Sichtwei-
sen auf die Unterrichtsauslegung zu eröffnen. Abschließend wird von der Autorin ein Blick in
die Zukunft der Ski-Handelsakademie Schladming dargestellt. Inhalt dieses letzten Unterkapi-
tels ist es, Vorschläge für die weitere Vorgehensweise der am Bildungsprozess beteiligten Per-
sonen an der Schule zu machen, damit die Empfehlungen dieser Arbeit in das Unterrichtsge-
schehen Einzug halten können.

Im letzten Abschnitt werden die Erkenntnisse aus dieser Arbeit zusammengefasst und es wird
dargelegt, wie die Forschungsfrage beantwortet werden kann. Zusätzlich werden mögliche For-
schungsdesiderate aufgezeigt.

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2 Berufliche höhere Bildung in Österreich

Das österreichische Bildungssystem bietet eine Vielzahl an Ausbildungsmöglichkeiten. Wie in
Abbildung 1 ersichtlich wird, beginnt mit dem sechsten Lebensjahr die allgemeine Schulpflicht,
welche sich über neun Jahre erstreckt. Die Schullaufbahn startet in der Primarstufe mit dem
Besuch der Volksschule oder, wenn erforderlich, der Vorschulstufe bzw. der Sonderschule. Im
Anschluss steigen die Lernenden in die Sekundarstufe I auf, in der zwischen der Mittelschule6
oder der Unterstufe einer allgemeinbildenden höheren Schule gewählt werden kann. Das neunte
Schuljahr stellt das letzte Pflichtschuljahr dar und ist bereits in der Sekundarstufe II angesiedelt.
In diesem Stadium kann zwischen allgemeinbildenden, berufsvorbildenden oder berufsbilden-
den Programmen gewählt werden, wobei in letzteren die berufsbildenden mittleren und höheren
Schulen verankert sind.7

                    Abbildung 1: Ausschnitt aus dem Bildungssystem in Österreich8

6
  Anmerkung: Die Neue Mittelschule wurde mit Beginn des Schuljahrs 2020/2021 durch die Mittelschule ersetzt.
7
  Vgl. Institut für Bildungsforschung der Wirtschaft (2019), 2.
8
  Institut für Bildungsforschung der Wirtschaft (2019), 1.

                                                                                                   Seite | 5
Da in dieser Arbeit die Unterrichtsgestaltung in der Ski-Handelsakademie Schladming als einer
Sonderform einer berufsbildenden höheren Schule thematisiert wird, werden im Folgenden die
Charakteristika von BHS erläutert. Im Anschluss daran folgt eine Darstellung der Ski-Handels-
akademie Schladming unter Einbeziehung ihrer Besonderheiten.

2.1    Berufsbildende höhere Schulen in Österreich
In Österreich nimmt die Berufsbildung einen hohen Stellenwert ein. 9 So haben sich im Schul-
jahr 2018/2019 beinahe drei Viertel der SchülerInnen in der neunten Schulstufe für eine berufs-
vorbildende bzw. berufsbildende Schule inskribiert, wobei mehr als die Hälfte dieser Personen
eine berufsbildende höhere Schule besucht hat.10 Das begründet sich unter anderem darin, dass
die Lernenden durch den Besuch einer BHS sowohl von einer fundierten Allgemeinbildung als
auch von einer hochwertigen beruflichen Ausbildung in unterschiedlichen Bereichen profitie-
ren. Dies führt dazu, dass ein positiver Abschluss dieser Schulart einerseits einen allgemeinen
Hochschulzugang ermöglicht, andererseits aber auch die Möglichkeit bietet, direkt ins Berufs-
leben einzusteigen.11 Um die weiteren Besonderheiten von BHS hervorzuheben, werden in den
folgenden Unterkapiteln deren Charakteristika und Herausforderungen, die verschiedenen For-
men von BHS sowie die rechtlichen Rahmenbedingungen, denen sie unterliegen, erläutert.

2.1.1 Spezifika berufsbildender höherer Schulen
Berufsbildende höhere Schulen sind Vollzeitschulen, die ab der neunten Schulstufe besucht
werden können.12 Die Ausbildung an einer BHS erstreckt sich über fünf Jahre und wird mit
einer Reife- und Diplomprüfung abgeschlossen.13 Der Vorteil dieser Schulart liegt darin, dass
die SchülerInnen eine Doppelqualifikation im Sinne einer vertiefenden Allgemeinbildung, aber
auch höherer beruflicher Qualifikationen und Kompetenzen in einem bestimmten Fachgebiet,
wie z.B. im kaufmännischen oder in einem technischen Bereich, erlangen.14 Die Ausbildung
findet dabei mit starkem Bezug zur Praxis statt.15

Berufsbildende höhere Schulen zeichnen sich dadurch aus, dass die SchülerInnen auch inner-
halb der gewählten Schulform zwischen zahlreichen Ausbildungsschwerpunkten und

9
  Vgl. Archan/Mayr (2006), 14.
10
   Vgl. Statistik Austria (2019), 4.
11
   Vgl. Archan/Mayr (2006), 28.
12
   Vgl. Berufsbildende höhere Schulen (o.J.).
13
   Vgl. Institut für Bildungsforschung der Wirtschaft (2019), 3.
14
   Vgl. Archan/Mayr (2006), 28 und Institut für Bildungsforschung der Wirtschaft (2019), 3.
15
   Vgl. BMBWF (2020).

                                                                                              Seite | 6
Fachrichtungen entscheiden können. Die Ausbildung erfolgt nicht nur in der Theorie, sondern
auch praktisch im Rahmen von handlungsorientiertem Unterricht, z.B. in einer Werkstätte oder
einer Übungsfirma. Die Lehrkräfte müssen dabei in zahlreichen Unterrichtsgegenständen über
Erfahrungen in der Praxis verfügen. Weiters wird die Entwicklung unternehmerischer Kompe-
tenzen, genauso wie das Erlernen von Fremdsprachen, forciert. Zudem werden Projekte und
Diplomarbeiten meist mit Aufgabenstellungen zu Themenfeldern aus der Praxis versehen, da-
mit die Lernenden fachliche Erfahrungen erlangen sowie Kontakte für ihr zukünftiges Berufs-
leben knüpfen können.16

Um eine BHS besuchen zu dürfen, ist ein positiver Abschluss der achten Schulstufe notwendig,
unabhängig davon, ob eine Mittelschule oder eine allgemeinbildende höhere Schule absolviert
wurde. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass eine Aufnahme in eine BHS auch möglich ist, wenn
bestimmte Fächer, die für diesen Schultyp nicht relevant sind, wie beispielsweise Latein, nicht
positiv beurteilt wurden. Für den Besuch von BHS mit sportlichem oder künstlerischem
Schwerpunkt sowie von Bildungsanstalten für Sozial- oder Elementarpädagogik sind Aufnah-
meprüfungen in jedem Fall notwendig. Um auch bereits Berufstätigen die Möglichkeit zu er-
öffnen, sich fortzubilden, werden ebenfalls BHS in Form von Abendschulen angeboten.17

Nach Abschluss der BHS stehen den Absolventinnen und Absolventen zahlreiche Möglichkei-
ten offen. Aufgrund der Ausbildung in einem bestimmten Fachbereich kann in diesem ein so-
fortiger Berufseinstieg erfolgen. Zudem besteht die Option, sich weiterzubilden, beispielsweise
in Form eines Studiums an einer Universität, Fachhochschule, Pädagogischen Hochschule oder
an einer anderen Hochschule. Aber auch der Besuch eines Kollegs in einer anderen Fachrich-
tung oder das Absolvieren einer Lehrabschlussprüfung kann angestrebt werden, wobei bei einer
Lehre in einem verwandten Fachgebiet die Lehrzeiten durch den Abschluss einer BHS ersetzt
oder verkürzt werden können. Zusätzlich besteht für die Absolventinnen und Absolventen noch
die Möglichkeit zur selbständigen Berufsausübung in einem freien oder, unter bestimmten wei-
teren Voraussetzungen, in einem reglementierten Gewerbe.18

Berufsbildende höhere Schulen stehen vor der Herausforderung, die Lernenden vor ihrem
Schulabschluss mit Qualifikationen und Kompetenzen auszustatten, die sie für ihr zukünftiges
Handeln benötigen.19 Um die zu erwerbenden Kompetenzen transparent darstellen zu können,

16
   Vgl. Archan/Mayr (2006), 30.
17
   Vgl. BMBWF (2020).
18
   Vgl. Anerkennung und Qualifikationen (2018).
19
   Vgl. Bildungsstandards (2019).

                                                                                       Seite | 7
wurden Bildungsstandards für die Berufsbildung als Teilprojekt der QualitätsInitiative Berufs-
Bildung erarbeitet. Diese sollen die Qualität des Schulsystems sichern,20 eine Vergleichbarkeit
von Bildungsabschlüssen ermöglichen sowie die Lehrkräfte dabei unterstützen, ihren Unter-
richt stärker auf die Kompetenzen der Lernenden auszurichten.21 Die Bildungsstandards be-
schreiben dabei sowohl allgemeinbildende als auch berufsbezogene sowie personale und sozi-
ale Kompetenzen.22

2.1.2 Formen von berufsbildenden höheren Schulen
Um den Jugendlichen bzw. jungen Erwachsenen die Möglichkeit zu geben, den individuellen
Stärken nachzugehen, wird in Österreich eine große Vielfalt an unterschiedlichen Formen von
berufsbildenden höheren Schulen angeboten.23 Diese Formen umfassen:

     •   „Höhere technische und gewerbliche Lehranstalt
     •   Handelsakademie
     •   Höhere Lehranstalt für Mode
     •   Höhere Lehranstalt für künstlerische Gestaltung
     •   Höhere Lehranstalt für Tourismus
     •   Höhere Lehranstalt für Produktmanagement und Präsentation
     •   Höhere Lehranstalt für wirtschaftliche Berufe
     •   Höhere land- und forstwirtschaftliche Schulen
     •   Bildungsanstalt für Elementarpädagogik
     •   Bildungsanstalt für Sozialpädagogik“24

Die Ausbildung an höheren technischen und gewerblichen Lehranstalten zielt darauf ab, die
Lernenden zur Ausübung eines höheren technischen oder gewerblichen Berufs zu befähigen
sowie auf ein Studium oder eine andere Art der Weiterbildung vorzubereiten. Die SchülerInnen
können sich dabei auf einen von zahlreichen Fachbereichen spezialisieren. Diese decken ver-
schiedenste Technologiefelder ab wie Elektrotechnik oder Maschinenbau. Eine praktische Aus-
bildung wird unter anderem durch die Arbeit in Werkstätten oder durch etwaige Pflichtpraktika
garantiert. Jedoch werden in dieser Schulform auch betriebswirtschaftliche und rechtliche
Kenntnisse weitergegeben, um die Lernenden auf die eigenständige Führung eines

20
   Vgl. Bildungsstandards (2019).
21
   Vgl. BMBF (2015), 9.
22
   Vgl. Bildungsstandards (2019).
23
   Vgl. Archan/Mayr (2006), 1.
24
   Berufsbildende höhere Schulen (o.J.).

                                                                                      Seite | 8
Unternehmens vorzubereiten. Nach Abschluss einer höheren technischen und gewerblichen
Lehranstalt besteht die Möglichkeit, eine Zertifizierung als IngenieurIn zu erlangen.25

In einer Handelsakademie werden vertiefte Kompetenzen in den Bereichen Wirtschaft und Fi-
nanzen entwickelt, wobei ein besonderes Augenmerk auf Entrepreneurship Education gelegt
wird, wodurch die SchülerInnen dazu befähigt werden, verantwortungsbewusst als zukünftige
UnternehmerInnen, ArbeitnehmerInnen oder als Konsumentinnen bzw. Konsumenten zu agie-
ren. Die Lernenden können zwischen verschiedenen Ausbildungsschwerpunkten wählen und
weiters werden unterschiedliche Fremdsprachen angeboten. Um die theoretisch erworbenen
Kenntnisse weiterentwickeln zu können, muss ein Pflichtpraktikum absolviert werden.26

Eine höhere Lehranstalt für Mode bietet den Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit, Kom-
petenzen für die Ausübung eines wirtschaftlichen Berufs, vor allem im Bereich der Mode- und
Textilwirtschaft, zu entwickeln. Dabei kann zwischen verschiedenen Spezialisierungen gewählt
werden. Ziele sind unter anderem, die Lernenden zu kreativem und kritischem Denken anzure-
gen, ihre Kommunikationsfähigkeit zu stärken und sie zu nachhaltigem Handeln zu motivieren.
Zudem ist ebenfalls ein Pflichtpraktikum vorgesehen.27

Höhere Lehranstalten für künstlerische Gestaltung befähigen die Absolventinnen und Absol-
venten dazu, einen Beruf vor allem im Kulturbereich und in gestalterisch sowie künstlerisch
geprägten Berufsfeldern auszuüben. Die Ausbildung erfolgt sowohl in der Theorie als auch
durch praktische Ergänzungen, beispielweise durch Arbeiten in einem Atelier. Dabei wird der
Fokus auf den Umgang mit unterschiedlichen Materialen, wie z.B. Holz oder Metall gelegt.28

In höheren Lehranstalten für Tourismus liegt der Fokus auf der Entwicklung der Kompetenzen,
die es den Lernenden ermöglichen, in einen Beruf insbesondere in der Tourismus- und Freizeit-
wirtschaft einzusteigen. Ein Theorie-Praxis-Transfer sowie die Förderung der Selbständigkeit
der SchülerInnen sollen durch ein Pflichtpraktikum gewährleistet werden.29

Schulen für Produktmanagement und Präsentation befähigen die Lernenden zur Ausübung ei-
nes gehobenen Berufs in diesen Bereichen. Der Bezug zur Praxis wird durch unterschiedliche

25
   Vgl. Höhere technische und gewerbliche Lehranstalt (2018).
26
   Vgl. Handelsakademie (2018).
27
   Vgl. Höhere Lehranstalt für Mode (2018).
28
   Vgl. Höhere Lehranstalt für künstlerische Gestaltung (2018).
29
   Vgl. Höhere Lehranstalt für Tourismus (2018).

                                                                                          Seite | 9
Unterrichtsgegenstände, z.B. Produktdesign oder Projektatelier, gewährleistet. Zusätzlich ist
auch in dieser Schulform ein Praktikum verpflichtend.30

Durch den Besuch von höheren Lehranstalten für wirtschaftliche Berufe können die Absolven-
tinnen und Absolventen einen Arbeitsplatz in den Bereichen Wirtschaft, Verwaltung, Ernäh-
rung, Tourismus und Kultur annehmen. Während der Ausbildung können zahlreiche Zu-
satzqualifikationen erlangt werden und ein Pflichtpraktikum ist vorgesehen, um Einblicke in
die Praxis zu erhalten.31

Nach dem Besuch höherer land- und forstwirtschaftlicher Schulen können Berufe in der Land-
und Forstwirtschaft sowie in der Verwaltung ausgeübt werden. Die SchülerInnen können sich
im Zuge ihrer Ausbildung für eine Fachrichtung entscheiden, sie entwickeln Kompetenzen im
betriebs- und volkswirtschaftlichen Bereich und das unternehmerische Denken wird gefördert.
Zudem stehen die Aufgeschlossenheit für Angelegenheiten im ländlichen Raum, Anforderun-
gen der Wirtschaft, der Natur und des technischen Fortschritts sowie ein ausgeprägtes Quali-
tätsbewusstsein im Vordergrund. Zur Ergänzung und Vertiefung der vorhandenen Kompeten-
zen muss ein Pflichtpraktikum absolviert werden.32

Nach Abschluss einer Bildungsanstalt für Elementarpädagogik besteht die Möglichkeit, einen
Beruf in elementarpädagogischen Bildungseinrichtungen wie Kindergärten aufzunehmen. Die
Bildungs- und Erziehungsaufgaben in Tagesstätten, Heimen und Horten sowie in der außer-
schulischen Jugendarbeit können nach erfolgreicher Beendigung einer Bildungsanstalt für So-
zialpädagogik ausgeführt werden.33

2.1.3 Rechtliche Rahmenbedingungen
Berufsbildende höhere Schulen, wie auch alle anderen Schultypen, unterliegen zahlreichen Ge-
setzen und Verordnungen, die unter anderem die Organisation des Schulwesens, die Schulauf-
sicht oder die Schulverwaltung regeln.34 So sind beispielsweise im Schulorganisationsgesetz
(SchOG) Bestimmungen zur Organisation von BHS zu finden wie die Aufgaben, der Aufbau,
die Arten oder der Lehrplan dieses Schultyps.35 Das Schulunterrichtsgesetz (SchUG) bezieht
sich auf „die innere Ordnung des Schulwesens als Grundlage des Zusammenwirkens von

30
   Vgl. Höhere Lehranstalt für Produktmanagement und Präsentation (2018).
31
   Vgl. Höhere Lehranstalt für wirtschaftliche Berufe (2018).
32
   Vgl. Höhere land- und forstwirtschaftliche Schulen (2018).
33
   Vgl. Bildungsanstalt für Elementarpädagogik und Bildungsanstalt für Sozialpädagogik (o.J.).
34
   Vgl. Schulrecht (o.J.).
35
   Vgl. SchOG (1962), §§ 65–67 und 68a.

                                                                                                 Seite | 10
Lehrern, Schülern und Erziehungsberechtigten als Schulgemeinschaft“36 und beinhaltet unter
anderem die Aufnahme sowie den Übertritt in eine berufsbildende höhere Schule.37 Weiters
sind BHS an die Bestimmungen der Leistungsbeurteilungsverordnung (LBVO) gebunden, die
sich auf die Feststellung und Beurteilung von Leistungen der SchülerInnen bezieht.38

Zusätzlich zu dieser Auswahl an Gesetzen und Verordnungen, denen beinahe alle Schultypen
unterliegen, gelten für berufsbildende höhere Schulen aufgrund ihrer Besonderheiten noch wei-
tere Regelungen. Laut dem Universitätsgesetz (UG) bzw. dem Fachhochschul-Studiengesetz
(FHStG) können beispielsweise facheinschlägige Kenntnisse, die Absolventinnen und Absol-
venten von BHS erworben haben, für ein anschließendes Studium anerkannt werden.39 Dies
beschränkt sich nicht nur auf inländische Universitäten und Hochschulen, sondern trifft ebenso
auf jene in anderen Ländern der Europäischen Union zu.40

Weiters gelten einige Bestimmungen des Berufsausbildungsgesetzes (BAG) auch für ehemalige
SchülerInnen von berufsbildenden höheren Schulen. So führt der erfolgreiche Abschluss einer
BHS unter anderem dazu, dass die Absolventinnen und Absolventen berufliche Tätigkeiten
ausführen dürfen, die ansonsten eine Lehrabschlussprüfung in einem einschlägigen Lehrberuf
voraussetzen. Zudem erfolgt eine Einstufung in eine angemessene Lohn- bzw. Gehaltsstufe.41

Den Absolventinnen und Absolventen von höheren technischen Lehranstalten sowie höheren
land- und forstwirtschaftlichen Schulen kann unter bestimmten Voraussetzungen der Titel In-
genieurin bzw. Ingenieur verliehen werden. Geregelt ist dies im Ingenieurgesetz (IngG). 42 Da
nach dem positiven Abschluss einer berufsbildenden höheren Schule die selbständige Berufs-
ausübung in einem Gewerbe möglich ist, kommen ebenfalls Bestimmungen der Gewerbeord-
nung (GewO) zur Anwendung.43

36
   SchUG (1986), § 2.
37
   Vgl. SchUG (1986), §§ 28 und 31.
38
   Vgl. LBVO (1974).
39
   Vgl. UG (2002), § 78 und FHStG (1993), § 12.
40
   Vgl. Anerkennung und Qualifikationen (2018).
41
   Vgl. BAG (1969), § 34a Abs. 1.
42
   Vgl. IngG (2017), § 2.
43
   Vgl. GewO (1994), § 18.

                                                                                       Seite | 11
2.2   Die Ski-Handelsakademie Schladming als Spezialform der
      Handelsakademie
Um ein breit gefächertes Bildungsangebot zu schaffen und um die individuellen Interessen der
Lernenden zu fördern, werden Spezialformen der Handelsakademie mit unterschiedlichen Ver-
tiefungsmöglichkeiten angeboten. Die Ski-Handelsakademie Schladming gilt als eine dieser
Spezialformen.44 Der Besuch dieser Schule ermöglicht den Schülerinnen und Schülern eine du-
ale Karriere, indem zusätzlich zu einer Schulbildung ein Grundstein dafür gelegt wird, im Leis-
tungssport ein möglichst hohes Niveau erreichen zu können. Die Ski-Handelsakademie Schlad-
ming gilt dabei als höhere Schule mit skisportlichem Schwerpunkt.45

Um die Besonderheiten der Ski-Handelsakademie Schladming hervorzuheben, wird im Folgen-
den auf die Spezifika dieser eingegangen. Dabei werden insbesondere der Lehrplan und die
zeitlichen Rahmenbedingungen, die für diese Schulform gelten, erläutert. Weiters wird thema-
tisiert, wie der Leistungssport in der Ski-Handelsakademie Schladming verankert ist.

2.2.1 Allgemeines zur Ski-Handelsakademie Schladming
Der Schulstandort der heutigen Ski-Akademie Schladming wurde bereits im Jahr 1973 errich-
tet46 und befindet sich in der Region Schladming Dachstein, welche in der nordwestlichen
Obersteiermark liegt. Dieser Standort bringt den Vorteil mit sich, dass die Trainingseinheiten
der verschiedenen Disziplinen in unmittelbarer Nähe zur Schule durchgeführt werden können,
beispielsweise auf der Planai, am Dachstein oder in Ramsau am Dachstein.47

Den Abschluss der Ski-Handelsakademie Schladming bildet, wie in allen Handelsakademien,
die Absolvierung einer Reife- und Diplomprüfung. Dies impliziert, dass die SchülerInnen die-
ser Schulform ebenfalls Zugang zu einem höheren wirtschaftlichen Beruf sowie zu einem Stu-
dium haben. Hinzu kommt, dass durch die umfassende Betreuung im Leistungssport ein
Sprungbrett für eine zukünftige sportliche Karriere geschaffen wird.48 Die Ausbildungsdauer
erstreckt sich, im Gegensatz zu der an anderen Handelsakademien, über sechs Jahre. Zudem
wird die Ski-HAK Schladming ab der zehnten Schulstufe bereits als Neue Oberstufe geführt.
Um auch in dieser Spezialform der HAK vertiefte Einblicke in die Praxis zu bieten und um die

44
   Vgl. Handelsakademie (2018).
45
   Vgl. Sportliche Schwerpunktschulen (o.J.).
46
   Vgl. Ski-Akademie Schladming – Schulinfo (o.J.).
47
   Vgl. Ski-Akademie Schladming (2018a).
48
   Vgl. Ski-Akademie Schladming (o.J.).

                                                                                       Seite | 12
Kompetenzen der Lernenden weiterzuentwickeln, sind ebenso der Übungsfirmenunterricht so-
wie ein Pflichtpraktikum im Ausmaß von 300 Stunden vorgesehen.49

In einer HAK kann, üblicherweise ab dem dritten Jahrgang, ein vertiefender Ausbildungs-
schwerpunkt ausgewählt werden, wobei die Schulen diese Spezialisierungsmöglichkeiten auf
Basis regionaler Erfordernisse selbst bestimmen.50 In diesem Sinne wird den Schülerinnen und
Schülern der Ski-HAK Schladming ab dem vierten Jahrgang eine Vertiefung im Sportbereich
geboten.51 Um die Lernenden noch weiter auf das zukünftige Berufsleben vorzubereiten, erhal-
ten sie zudem die Chance, sich zu Lehrwartinnen bzw. Lehrwarten, Skilehrerinnen bzw. Ski-
lehrern sowie zu Trainerinnen bzw. Trainern ausbilden zu lassen. Diese Ausbildungen werden
von der Schule in Kooperation mit anderen Verbänden organisiert und abgehalten.52

Eine weitere Besonderheit besteht darin, dass jene SchülerInnen, die lange Anfahrtszeiten zur
Schule haben, die Möglichkeit erhalten, in einem Internat, das sich direkt neben dem Schulge-
bäude befindet, unterzukommen. In den Räumlichkeiten sind Gelegenheiten zum Lernen, zum
sozialen Austausch und zum Ausüben verschiedener Sportarten gegeben.53

2.2.2 Lehrplan
Der Lehrplan der Handelsakademie kann nicht zur Gänze auf die Ski-HAK Schladming ange-
wendet werden. Daher wurde im Jahr 2012 ein Entwurf eines Lehrplans für diese Spezialform
angefertigt. Da im Jahr 2014 ein neuer Lehrplan für die HAK in Kraft getreten ist, unterscheidet
sich dessen Struktur in einigen Punkten von der des Lehrplans der Ski-Handelsakademie
Schladming, die Grundausrichtung ist jedoch die gleiche. So sind z.B. die Kompetenzen, die
die SchülerInnen im Rahmen der berufsbildenden höheren Ausbildung (weiter-)entwickeln sol-
len, sowie die Unterrichtsprinzipien dieselben wie in anderen Handelsakademien.54 Auch die
allgemeinen didaktischen Grundsätze sind zum Großteil gleich ausgestaltet55 und ein Pflicht-
praktikum ist zu absolvieren, um den Lernenden Einblicke in betriebliche Abläufe und Zusam-
menhänge zu gewähren und sie auf die Arbeitswelt vorzubereiten.56 Bei einem Blick auf die

49
   Vgl. Ski-Akademie Schladming (2018b) und Lehrplan der Handelsakademie für Skisportler (2012), 4.
50
   Vgl. Handelsakademie (2018).
51
   Vgl. Ski-Akademie Schladming (2018b).
52
   Vgl. Ski-Akademie Schladming – Zusatzausbildungen (o.J.).
53
   Vgl. Land Steiermark (o.J.).
54
   Vgl. Lehrplan der Ski-Handelsakademie für Skisportler (2012), 3 und 6 und Lehrplan der Handelsakademie
    (2014), 1.
55
   Vgl. Lehrplan der Ski-Handelsakademie für Skisportler (2012), 4–6 und Lehrplan der Handelsakademie
    (2014), 4–6.
56
   Vgl. Lehrplan der Ski-Handelsakademie für Skisportler (2012), 125–126.

                                                                                                 Seite | 13
Stundentafel ist des Weiteren ersichtlich, dass im Stammbereich dieselben Unterrichtsgegen-
stände aufgelistet sind und auch ein Ausbildungsschwerpunkt sowie ein Seminar, welche im
schulautonomen Erweiterungsbereich liegen, ausgewählt werden müssen.57

Aufgrund der schulautonomen Lehrplanbestimmungen ist es erlaubt, die Wochenstunden der
Unterrichtsgegenstände in einem gewissen Ausmaß zu variieren,58 was in der Ski-HAK Schlad-
ming auch in Anspruch genommen wird. So weichen diese oftmals vom ursprünglichen Lehr-
plan der Handelsakademien ab.59 Zu berücksichtigen ist dabei ebenso die Dauer der Ausbildung
an dieser Schulform, da sich diese über sechs Jahre erstreckt. So werden auch der Lehrstoff und
die zu erwerbenden Kompetenzen in den einzelnen Unterrichtsgegenständen auf sechs Jahre
verteilt. Der schulautonome Erweiterungsbereich wurde an die Besonderheiten der Ski-HAK
Schladming angepasst. Somit wird als Ausbildungsschwerpunkt der Gegenstand Sport- und
Eventmanagement angeboten. Zudem werden in den ersten drei Jahrgängen in Form eines Se-
minars die Kenntnisse im Bereich der Sporttheorie vertieft. Hinzu kommt für die Leistungs-
sportlerInnen eine umfangreiche sportliche Ausbildung in Form von Hochleistungstraining so-
wie einer verbindlichen Übung in Bezug auf die praktische Skiausbildung.60

2.2.3 Zeitliche Rahmenbedingungen
Da die häufigen Trainingseinheiten viel Zeit in Anspruch nehmen, ist darauf zu achten, dass
auch die Schulbildung nicht zu kurz kommt. Daher ist es speziell in dieser Schulform notwen-
dig, die Unterrichtszeiten anders als in den übrigen Schulen zu verteilen. So beginnt das Schul-
jahr bereits zwei Wochen früher als üblich, da in diesem Zeitraum die Trainingsmöglichkeiten
für die jungen SportlerInnen begrenzt sind und somit der Fokus allein auf die Schulbildung
gelegt werden kann. Im Gegenzug haben die SchülerInnen drei Wochen Semesterferien, damit
sie sich in dieser Zeit ausschließlich auf ihre sportlichen Leistungen konzentrieren können. Zu-
dem sind die NachwuchssportlerInnen dazu verpflichtet, in den Sommerferien an ein bis zwei
individuellen Trainingskursen teilzunehmen.61

Das Schuljahr ist so organisiert, dass in den Monaten außerhalb der Skisaison der Unterricht
regulär vormittags, wie in anderen Schulen, abgehalten wird. Ab Oktober gibt es einige Wo-
chen, die für die Trainings freigehalten werden und in denen somit kein Unterricht stattfindet.

57
   Vgl. Ski-Akademie Schladming (2018b) und Lehrplan der Handelsakademie (2014), 8–9.
58
   Vgl. Lehrplan der Handelsakademie (2014), 10.
59
   Vgl. Ski-Akademie Schladming (2018b) und Lehrplan der Handelsakademie (2014), 8–9.
60
   Vgl. Ski-Akademie Schladming (2018b).
61
   Vgl. Ski-Akademie Schladming (2019).

                                                                                        Seite | 14
Die ausgefallenen Unterrichtseinheiten werden zum Teil an Samstagen nachgeholt. In den Win-
termonaten kommt hinzu, dass die Trainingseinheiten teilweise vormittags geplant sind, wes-
halb der Unterricht auf den Nachmittag verlegt wird. Dies bedeutet, dass die SchülerInnen des
Öfteren noch nach den Sporteinheiten bis spät am Nachmittag in der Schule sind.62 Auf spon-
tane Trainingseinheiten, z.B. aufgrund schönen Wetters, wird flexibel eingegangen und die Ler-
nenden werden für diesen Zeitraum vom Unterricht freigestellt.63

Diese besonderen Rahmenbedingungen bringen einige Herausforderungen mit sich. Für die
Lehrenden gilt es, die Lehr-Lern-Settings so zu gestalten, dass die SchülerInnen trotz häufiger
Abwesenheiten die Lernziele erreichen und die geforderten Kompetenzen erwerben können.64
Schularbeiten sind dabei ab dem dritten Jahrgang so zu planen, dass sie nicht in die Zeit fallen,
in der die Trainingseinheiten im Mittelpunkt stehen. Diese müssen im Wintersemester also be-
reits vor Mitte November angesetzt werden. Die Tests werden zum Teil derart erstellt, dass sie
online durchgeführt werden können. Zudem werden zahlreiche Möglichkeiten geboten, ver-
säumte Tests nachzuholen. Da die SchülerInnen unterschiedliche Trainingszeiten haben und
um eine individuelle Förderung zu garantieren, werden im Jänner Betreuungsstunden von den
jeweiligen Fachlehrkräften abgehalten, an denen die Lernenden freiwillig teilnehmen und Fra-
gen zu behandelten Themengebieten sowie zu den Hausübungen stellen können.65

2.2.4 Leistungssport
Um ein bestimmtes Leistungsniveau der SchülerInnen der Ski-HAK Schladming zu garantie-
ren, erfolgt eine Aufnahme an der Schule ausschließlich nach positiver Absolvierung einer
sportlichen Aufnahmeprüfung. Dabei finden unter anderem ein sportmotorischer, ein skitech-
nischer und ein konditioneller Test sowie eine sportmedizinische Untersuchung statt. Die Schü-
lerInnen können zwischen unterschiedlichen skisportlichen Richtungen wählen.66 Das Angebot
umfasst dabei folgende Schwerpunkte:67

     •   Alpin/SX
     •   Nordisch
     •   Snowboard und Freestyle

62
   Vgl. Ski-Akademie Schladming (2019).
63
   Vgl. Schaffer, E-Mail vom 6. März 2020.
64
   Vgl. Sportliche Schwerpunktschulen (o.J.).
65
   Vgl. Ski-Akademie Schladming (2019).
66
   Vgl. Ski-Akademie Schladming – Leistungssport (o.J.).
67
   Vgl. Ski-Akademie Schladming – Leistungssport (o.J.).

                                                                                       Seite | 15
Für die alpine Skiausbildung stehen den Sportlerinnen und Sportlern auf ihr Leistungsniveau
angepasste Trainingspisten zur Verfügung, auf denen sie ihre ski- und renntechnischen Fähig-
keiten weiterentwickeln können. Aufgrund der Lage der Ski-HAK Schladming sind kurze An-
fahrtszeiten zu den Pisten garantiert. Um möglichst reibungslose Abläufe im Training sowie
bei Rennen zu gewährleisten, erfolgt eine enge Zusammenarbeit mit dem Österreichischen Ski-
verband und den Landesskiverbänden. Zur Ergänzung des Schneetrainings erfolgt ein Konditi-
onstraining in Kleingruppen, da so eine Abstimmung auf die individuellen Leistungsniveaus
möglich ist. Die NachwuchssportlerInnen werden ständig betreut, sei es in Form einer zielge-
richteten Vorbereitung auf die Rennen oder einer Wettkampfbetreuung in der Rennsaison.68

Im nordischen Bereich werden die Schwerpunkte Biathlon und Langlauf angeboten. Auch in
diesem Ausbildungszweig werden den Schülerinnen und Schülern optimale Trainingsbedin-
gungen gewährleistet. Neben der Erstellung individueller Trainingspläne unter Berücksichti-
gung sportwissenschaftlicher und sportmedizinischer Erkenntnisse werden von der Schule di-
verse leistungsdiagnostische Verfahren zur Verfügung gestellt. Zudem liegt das internationale
Trainingszentrum in Ramsau am Dachstein in unmittelbarer Schulnähe.69

Die Ski-HAK Schladming bietet ebenfalls in den Disziplinen Snowboard, Ski-Freestyle, Snow-
board Cross sowie Alpinboard eine umfassende Ausbildung. Die Wegzeiten zu verschiedenen
Wintersportgebieten und Parks, die sich beispielsweise am Dachstein, auf der Planai oder in
Flachauwinkel befinden, sind kurz und auch in diesem Schwerpunkt werden, wie in den ande-
ren Disziplinen, moderne Trainingsmethoden garantiert.70

In allen angebotenen Disziplinen werden die Übungseinheiten von staatlich geprüften Traine-
rinnen und Trainern begleitet.71 Auch verletzte SportlerInnen werden in der Ski-HAK Schlad-
ming betreut, indem ihnen eine schnelle Versorgung sowie eine reibungslose Reha-Phase und
ein auf sie zugeschnittenes Training ermöglicht werden. Dies erfolgt unter anderem durch eine
enge Kooperation mit einer Klinik sowie mit Physiotherapeutinnen und -therapeuten.72

68
   Vgl. Ski-Akademie Schladming – Alpin (o.J.).
69
   Vgl. Ski-Akademie Schladming – Nordisch (o.J.).
70
   Vgl. Ski-Akademie Schladming – Snowboard & Freestyle (o.J.).
71
   Vgl. Sportliche Schwerpunktschulen (o.J.).
72
   Vgl. Ski-Akademie Schladming – Alpin (o.J.).

                                                                                   Seite | 16
Da Erfolge im Spitzensport nicht allein aus einem umfassenden Training resultieren, werden in
der Ski-HAK Schladming noch weitere Maßnahmen umgesetzt, die die SportlerInnen dabei
unterstützen sollen, diese zu erreichen. So wird das Ernährungsverhalten durch die Erstellung
von Ernährungsplänen gesteuert. Zudem ist der Unterrichtsgegenstand Ernährungs- und Ge-
sundheitslehre in den Schulalltag verankert. Auch die Speisen im Internat werden unter diesen
Gesichtspunkten zubereitet, um die SchülerInnen noch zusätzlich zu fördern.73

73
     Vgl. Ski-Akademie Schladming – Ernährung (o.J.).

                                                                                   Seite | 17
3 Unterrichtsgestaltung

Um über die Gestaltungsmöglichkeiten eines Lehr-Lern-Settings sprechen zu können, ist vorab
eine Definition des Unterrichtsbegriffs notwendig. Arnold beschreibt diesen wie folgt:

      „Als Unterricht werden didaktisch geplante und deshalb sowohl thematisch ab-
      grenzbare als auch zeitlich hinreichend umfassende Sequenzen des Lehrens und
      Lernens im Kontext pädagogischer Institutionen bezeichnet.“74

Unterricht beschränkt sich nicht nur auf die Schule, sondern kann auch in einer Hochschule, im
Rahmen einer beruflichen Weiterbildung oder im Privaten, z.B. beim Erlernen eines Instru-
ments, stattfinden. In dieser Arbeit liegt der Fokus auf dem Unterrichtsgeschehen im schuli-
schen Kontext. In der Regel wird hierbei der Unterricht von einer Lehrperson ausgeführt und
ist an eine Gruppe von Lernenden gerichtet.75 Diese nehmen jedoch keine passive Rolle ein,
sondern bestimmen durch ihre Lernaktivitäten das Unterrichtgeschehen sowie das Erreichen
der persönlichen Lernziele selbst mit.76

Damit der Unterricht aber zu Erfolgen sowohl auf Seite der Lehrenden als auch auf Seite der
Lernenden führt, müssen einige Aspekte beachtet werden. Daher wird im Folgenden zunächst
definiert, was guten Unterricht ausmacht. Da die Lehrkraft für die Gestaltung eines guten Lehr-
Lern-Settings verantwortlich ist, wird auch die Rolle dieser thematisiert. Neben dem Vermitteln
von Inhalten und der Unterstützung bei der Entwicklung der Kompetenzen auf Seiten der Schü-
lerInnen kommen der Lehrperson noch weitere Aufgaben zu, auf die ebenso eingegangen wird.
Außerdem werden die Relevanz der Lehr-Lern-Ziele und Inhalte sowie verschiedene Sozial-
formen, Handlungsmuster und Medien, deren Einsatz zu einer abwechslungsreichen Unter-
richtsgestaltung beiträgt, thematisiert. Da die Verwendung digitaler Medien im Unterricht nicht
mehr wegzudenken ist, erfolgen zudem Ausführungen in Bezug auf diese.

3.1 Was ist guter Unterricht?
Die Qualität von Unterricht kann aus zwei Perspektiven betrachtet werden. Zum einen kann die
Prozessebene herangezogen werden, welche sich auf die Interaktionen zwischen Lehrenden und
Lernenden sowie das Unterrichtsgeschehen an sich bezieht. Dabei rücken sachliche Kriterien
wie eine klare Strukturierung oder die Motivation der SchülerInnen in den Vordergrund. Zum
anderen kann die Produktebene analysiert werden, indem gemessen wird, wie erfolgreich das

74
   Arnold (2009), 15.
75
   Vgl. Arnold (2009), 15.
76
   Vgl. Helmke (2012), 71.

                                                                                     Seite | 18
Lehr-Lern-Setting ist und inwieweit Lernziele erreicht werden. Im Fokus steht hierbei die Ver-
änderung der Leistung und der Motivation der Lernenden. Entwickeln sich die Kompetenzen
der Lernenden nicht weiter, wird demnach der Unterricht als schlecht angesehen.77

Georg Hans Neuweg betrachtet bei der Definition guten Unterrichts beide Dimensionen. Einer-
seits ist die Lehrperson dafür verantwortlich, unter Berücksichtigung der Merkmale guten Un-
terrichts Lernumgebungen zu schaffen, in denen eigenständiges Lernen und eine Weiterent-
wicklung der Kompetenzen möglich sind. Dabei ist es nicht ausreichend, Wissen weiterzuge-
ben, die Lernenden müssen dieses auch anwenden können und wollen. Andererseits wird auch
die Produktebene betrachtet. Das Ziel eines Lehr-Lern-Settings sollte es sein, die SchülerInnen
auf ihr zukünftiges Leben außerhalb der Schule vorzubereiten, sodass sie auftretende Probleme
selbständig lösen und sich weiterentwickeln können.78

Bereits seit Jahrzehnten werden Versuche getätigt, fachübergreifende Gütekriterien für den Un-
terricht bzw. Merkmale für die Unterrichtsqualität zu definieren.79 Unter diesen Merkmalen der
Unterrichtsqualität sind Aspekte zu verstehen, mithilfe derer sich das Unterrichtsgeschehen so-
wie die Interaktionen zwischen Lehrkräften und Schülerinnen bzw. Schülern beschreiben las-
sen.80 Auf Basis zahlreicher Forschungsergebnisse wurden unter anderem von Hermann Ast-
leitner die 13 Prinzipien guten Unterrichts entwickelt, die sich sowohl auf die kognitive Ebene
als auch auf die Motivation sowie die Emotionen der Lernenden auswirken. Diese umfassen
unter anderem die Berücksichtigung aller Lernniveaus bei der Erstellung von Aufgaben, die
Ermöglichung selbstregulierenden Lernens und die Förderung positiver Gefühle während des
Unterrichts.81 Um den Erfolg des Unterrichts zu gewährleisten, müssen die Prinzipien bei der
Planung, Durchführung, Evaluation und Anpassung dessen berücksichtigt sowie auf die Eigen-
schaften der Lernenden, der Lehrperson sowie des Unterrichtsfachs abgestimmt werden. Dabei
wird aber festgehalten, dass ein Lehr-Lern-Setting auch dann gut sein kann, wenn nicht alle
Prinzipien eingehalten werden. Wichtig ist jedoch, sich als Lehrperson in regelmäßigen Ab-
ständen Gedanken über diese zu machen und den Unterricht gegebenenfalls anzupassen.82 Auch
viele weitere Autorinnen und Autoren wie Hilbert Meyer, Andreas Helmke, John Hattie oder
Jere Brophy haben Merkmale für guten Unterricht ausformuliert. Im Folgenden werden dies-
bezügliche Ausführungen von Meyer und Helmke näher erläutert.

77
   Vgl. Helmke (2007), 3.
78
   Vgl. Neuweg (2011/2012), 6–7.
79
   Vgl. Helmke/Schrader (2008), 18.
80
   Vgl. Helmke/Schrader (2008), 27.
81
   Vgl. Astleitner (2002), 3–11.
82
   Vgl. Astleitner (2002), 2–3.

                                                                                     Seite | 19
3.1.1 Merkmale guten Unterrichts nach Meyer
Im deutschen Sprachraum sind die zehn Merkmale guten Unterrichts des Pädagogen Hilbert
Meyer weit verbreitet,83 wobei deren positive Wirksamkeit auf die Qualität des Unterrichts em-
pirisch abgesichert ist.84 Diese Gütekriterien gelten nicht als Rezepte, sie sind vielmehr dazu
gedacht, Forschungsergebnisse sowie den eigenen Unterricht zu reflektieren und diesen weiter-
zuentwickeln.85 Folgende Merkmale werden von Meyer beschrieben:86

     •   Klare Strukturierung des Unterrichts
     •   Hoher Anteil echter Lernzeit
     •   Lernförderliches Klima
     •   Inhaltliche Klarheit
     •   Sinnstiftendes Kommunizieren
     •   Methodenvielfalt
     •   Individuelles Fördern
     •   Intelligentes Üben
     •   Transparente Leistungserwartungen
     •   Vorbereitete Umgebung

Unterricht ist dann gut, wenn er klar strukturiert ist.87 Dabei müssen die Strukturen aller sechs
grundlegenden Dimensionen des Unterrichts, die Ziele, Inhalte, Prozesse, Handlungen und so-
ziale sowie räumliche Aspekte beinhalten, sowohl für die Lehrkraft als auch für die SchülerIn-
nen eindeutig sein. So gilt es beispielsweise, die Methoden auf die einzelnen Lernziele und
Inhalte abzustimmen, aber auch, die Rollen der Lernenden sowie etwaige Regeln klar zu kom-
munizieren.88 Zudem sind eine Zusammenfassung am Ende einer Unterrichtseinheit bzw. eines
Themengebiets sowie lernförderliche Hinweise von Bedeutung, um die Aufrechterhaltung der
Aufmerksamkeit, vor allem von leistungsschwächeren Lernenden, zu unterstützen.89

Die verschiedenen Aktivitäten im Rahmen des Unterrichts wie das Erarbeiten von Lerninhalten
sowie die Vertiefung durch Übungen oder die Feststellung der Leistungen der Lernenden neh-
men viel Zeit in Anspruch. Dies führt dazu, dass diese oftmals nicht ausreichend ist, um alle
SchülerInnen zu erreichen. Daher ist eine intensive Nutzung der Lernzeit unabdingbar. Durch

83
   Vgl. Helmke/Schrader (2008), 18.
84
   Vgl. Meyer (2016), 7.
85
   Vgl. Meyer (2016), 7.
86
   Vgl. Meyer (2016), 18–19.
87
   Vgl. Meyer (2016), 25 und Helmke (2007), 9.
88
   Vgl. Meyer (2016), 25.
89
   Vgl. Helmke (2007), 9 und Brophy (2002), 7.

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