Mit Kindern im Wald Möglichkeiten und Bedingungen, um in einem natürlichen Spiel- und Lebensraum sicher und gesund aufzuwachsen
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202-074 DGUV Information 202-074 Mit Kindern im Wald Möglichkeiten und Bedingungen, um in einem natürlichen Spiel- und Lebensraum sicher und gesund aufzuwachsen März 2020
kommmitmensch ist die bundesweite Kampagne der gesetzlichen Unfallversicherung in Deutschland. Sie will Unternehmen und Bildungseinrichtungen dabei unterstützen eine Präventionskultur zu entwickeln, in der Sicherheit und Gesundheit Grundlage allen Handelns sind. Weitere Informationen unter www.kommmitmensch.de Impressum Herausgegeben von: Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e.V. (DGUV) Glinkastraße 40 10117 Berlin Telefon: 030 13001-0 (Zentrale) Fax: 030 13001-9876 E-Mail: info@dguv.de Internet: www.dguv.de Sachgebiet „Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege“ des Fachbereichs „Bildungseinrichtungen“ der DGUV Ausgabe: März 2020 DGUV Information 202-074 zu beziehen bei Ihrem zuständigen Unfallversicherungsträger oder unter www.dguv.de/publikationen Webcode: p202074 Bildnachweis Matthias Lange (Unfallkasse Hessen) Mit freundlicher Unterstützung durch den Waldkindergarten „Haselmäuse“ in Kirchhasel
Mit Kindern im Wald Möglichkeiten und Bedingungen, um in einem natürlichen Spiel- und Lebensraum sicher und gesund aufzuwachsen DGUV Information 202-074 März 2020
Inhaltsverzeichnis Seite Seite Einleitung........................................................ 6 4.5 Forstarbeiten.................................... 25 4.6 Jagdliche Einrichtungen............. 26 1 Der Waldkindergarten................. 8 1.1 Verschiedene Organisations- 5 Besondere Rahmen- formen des Aufenthalts im bedingungen im Wald................. 27 Wald...................................................... 8 5.1 Bauwagen, Hütten und Not- 1.2 Pädagogische Konzeption unterkünfte........................................ 27 des Waldkindergartens............... 9 5.2 Hygiene............................................... 30 1.3 Tagesablauf in einem Wald kindergarten..................................... 10 6 Verhaltensregeln und Vorsichtsmaßnahmen................. 31 2 Grundlagen der kindlichen 6.1 Umgang mit Stöcken.................... 31 Entwicklung...................................... 12 6.2 Verhalten bei Insektenstichen 2.1 Lebensbedingungen von oder -bissen...................................... 31 Kindern................................................ 12 6.3 Vermeidung von Infektionen... 33 2.2 Wahrnehmung................................. 13 6.4 Vergiftungen..................................... 34 2.3 Bewegung.......................................... 15 Anhang 1......................................................... 36 3 Rechtliche Rahmenbeding- Beispielhafte Gefährdungs- ungen von Waldkindergärten. 18 beurteilung für einen Waldkinder- 3.1 Nutzungs- und Betretungs- garten................................................................ 36 recht...................................................... 18 Checkliste Ausrüstung.............................. 39 3.2 Betriebserlaubnis und Verhaltensregeln im Wald....................... 39 Aufsichtspflicht............................... 19 Anhang 2......................................................... 41 4 Ein Wald birgt auch Gefahren. 20 Literatur............................................................ 41 4.1 Schutz vor Witterungs- Vorschriften, Regeln und einflüssen.......................................... 20 Informationen der Deutschen 4.2 Gelände............................................... 22 Gesetzlichen Unfallversicherung........ 41 4.3 Kletterbäume.................................... 22 Normen............................................................. 42 4.4 Totholz................................................. 24 Weitere Regelungen und Gesetze....... 42
„Stellen wir uns vor, wir müssten einige Kilometer über eine schnurgerade, ebene, hindernisfreie Betonbahn gehen. Am Ende der Strecke werden wir ermattet sein. Wie anders wird es uns bei einer Wanderung durch einen Wald ergehen! Da sind verschlungene Pfade. Es geht über Stock und Stein. Wurzeln, Moos, dichtes Gebüsch, Rinnsale. Das Licht ist dämmrig. Du musst ganz Auge, ganz Ohr sein. Ganz Nase. Es duftet nach Waldkräutern und Waldboden. Seltsame Geräusche von überall her. Vogelstimmen. Am Ende des Weges sind wir erfrischt, fast wie neugeboren. Was war geschehen? Im Walde war ich mit Körper, Seele und allen Sinnen voll beansprucht, überall kleine, mit Hindernissen verbundene Wagnisse. Auf der risikolosen Betonbahn forderte mich nichts heraus. Ich hatte nichts zu bestehen. Ich war sozusagen überflüssig. Das ist es, was uns kaputt macht: Die Unterschlagung unserer Fähigkeiten. Wo kein Wagnis, da kein Gewinn, wo kein Spiel, da kein Leben.“ Hugo Kükelhaus 5
Einleitung Wenn Eltern sich nach einer geeigneten Gleichzeitig muss den besonderen Um- Kindertageseinrichtung für ihr Kind um- gebungsbedingungen in einem Wald sehen, spielen viele verschiedene Ge- Rechnung getragen werden. Bei ihrem sichtspunkte eine Rolle. Waldkindergär- täglichen Aufenthalt sollen Kinder unter ten sind hierbei in den letzten Jahren Berücksichtigung ihrer Fähigkeiten und zunehmend in den Mittelpunkt des Inte- Fertigkeiten auch in die Lage versetzt resses vieler Eltern gerückt. Ein Grund werden, verantwortungsvoll mit risiko- ist sicherlich darin zu sehen, dass es behafteten Situationen umzugehen, Kindern in der heutigen Zeit nicht mehr denn das Eingehen von Risiken ist Be- ohne weiteres möglich ist, ihre Zeit in standteil der kindlichen Entwicklung der freien Natur zu verbringen. Der Le- und somit auch Teil der pädagogischen bensraum von Kindern wird durch eine Arbeit. Pädagogische Fachkräfte sollten hoch technisierte und motorisierte Ge- in der Lage sein, die ihnen anvertrauten sellschaft mehr und mehr verändert und Kinder beobachten und einschätzen zu die Bedürfnisse von Kindern werden können und sie mit Aufgaben zu betrau- immer weniger berücksichtigt. en, die auch die Möglichkeit des Schei- terns beinhalten, ohne dass dies zu Der Waldkindergarten bietet vielfältige schweren Verletzungen führt. Hinsicht- Möglichkeiten, die negativen Zivilisati- lich der Bewegungsmöglichkeiten be- onserscheinungen für Kinder zu kom- deutet dies, dass Bewegungssicherheit pensieren. Durch ein breites Angebot auch nur durch Bewegung und das Be- und Erfahrungsmöglichkeiten können wältigen von Risikosituationen erlernt Naturverständnis und Umweltbewusst- werden kann. Nicht Risikominimierung, sein geweckt, Grundwissen über den sondern Risikodosierung trägt zu einer eigenen Körper vermittelt sowie soziale aktiven Sicherheitsförderung und der Kompetenz und kognitive Fähigkeiten Ausbildung von Risikokompetenz bei. der Kinder entfaltet werden. Darüber hinaus hält der Wald eine Fülle von An- In diesem Zusammenhang können Kin- geboten im Bereich der Wahrnehmungs- der im Wald Chancen und Grenzen ihrer schulung und Bewegungsförderung körperlichen Fähigkeiten und Fertigkei- bereit, die den Erfordernissen der kindli- ten auf unterschiedlichste Art erleben. chen Entwicklung entsprechen. 6
Einleitung Die DGUV Information 202-074 „Mit Kin- dern im Wald“ richtet sich an pädagogi- sche Fachkräfte und interessierte Eltern, die den Kindern ihrer Kindertagesein- richtung den Lern- und Erfahrungsraum Wald näherbringen möchten. Mit den hier zusammengestellten Hinweisen möchten wir sowohl die konzeptionell ausgerichteten Waldkindergärten infor- mieren, als auch jene Einrichtungen, die ein Waldgebiet im Rahmen von Wochen- angeboten oder Projekttagen besuchen. 7
1 Der Waldkindergarten Die Idee des Waldkindergartens stammt in einem nahe dem Wald gelegenen aus Dänemark. Dort ist der Aufenthalt in Gebäude, ein Bauwagen oder Ähnliches der Natur ein selbstverständliches Ange- sein. Diese Notunterkunft wird auch zum bot in der Vorschulerziehung. Auch in Aufbewahren der erforderlichen Materi- Deutschland ist das Konzept, mit Kin- alien, Kleidung usw. genutzt. dern eine bestimmte Zeit in der Natur zu verbringen, inzwischen in vielen Formen Die Gruppengröße liegt häufig bei 15 bis von Tageseinrichtungen auf unter- 20 Kindern, welche in der Regel von schiedliche Art und Weise vertreten. mindestens zwei pädagogischen Fach- kräften betreut werden. 1.1 Verschiedene Organisations Bei einem integrierten Waldkindergar- formen des Aufenthalts im ten handelt es sich um einen Ganztags- Wald kindergarten, in dem die Kinder die Möglichkeit haben, den Vormittag in der In einem klassischen Waldkindergarten Natur und den Nachmittag in festen verbringen die Kinder und die pädagogi- Räumen zu verbringen. Die Waldgruppe schen Fachkräfte den Vormittag unter kann sich entweder täglich neu formie- freiem Himmel. Nur bei extremen Witte- ren oder besteht als feste Gruppe mit rungsbedingungen steht eine Notunter- einem wöchentlichen oder monatlichen kunft zur Verfügung. Dies kann ein Raum Wechsel. 8
Der Waldkindergarten In vielen Kindertageseinrichtungen sind regelmäßig durchgeführte Waldtage fester Bestandteil des Einrichtungskon- zeptes. Meist verbringen die einzelnen Gruppen an einem Tag oder mehreren Tagen im Monat die Vormittagsstunden im Wald. Abb. 1 Der Waldkindergarten Eine weitere Möglichkeit, mit Kindern „Die Haselmäuse“ Aktivitäten im Wald durchzuführen, be- steht in der Planung und Durchführung 1.2 Pädagogische Konzeption von Projektwochen. Diese finden meist des Waldkindergartens über einen Zeitraum von ein bis drei Wochen statt. Der Waldkindergarten hat genauso wie jeder Regelkindergarten den durch die Die Konzeption eines Naturkindergar- jeweiligen Ländergesetze vorgegebenen tens hat nicht wie die des Waldkinder- Erziehungs- und Bildungsauftrag als gartens das Ziel, mit den Kindern in die Elementarbereich des Bildungssystems Natur zu gehen, sondern die Natur in die zu erfüllen. Viele Ländergesetze für Einrichtung zu holen. Dies kann sich Kindertageseinrichtungen beschreiben zum Beispiel in einer naturnahen Ge- diesen Auftrag wie folgt oder ähnlich: staltung des Außengeländes, im Anle- • die Lebenssituation jedes Kindes gen von Biotopen oder der Haltung von berücksichtigen, Kleintieren widerspiegeln. Aber auch • dem Kind zur größtmöglichen Selbst- Einrichtungen mit einer schwerpunkt ständigkeit und Eigenaktivität ver mäßig ökologischen Konzeption ver helfen, seine Lernfreude anregen und stehen sich als Naturkindergärten. stärken, • dem Kind ermöglichen, seine emo Naturverbundene Früherziehung findet, tionalen Kräfte aufzubauen, je nach Region, auch in anderen Einrich- • die schöpferischen Kräfte des Kindes tungsformen wie in Strand- oder Bauern- unter Berücksichtigung seiner indivi- hofkindergärten statt. duellen Neigungen und Begabungen fördern, 9
Der Waldkindergarten • dem Kind Grundwissen über seinen örper alle Ebenen der Wahrnehmung K Körper vermitteln und seine körper ansprechend, liche Entwicklung fördern, • Erleben der Pflanzen und Tiere in ih- • die Entfaltung der geistigen Fähigkei- ren originären Lebensräumen, ten und der Interessen des Kindes • Möglichkeit, die Grenzen eigener Kör- unterstützen und ihm dabei durch ein perlichkeit zu erfahren, breites Angebot von Erfahrungsmög- • Erfahren von Stille und Sensibilisie- lichkeiten elementare Kenntnisse von rung für das gesprochene Wort, der Umwelt vermitteln. • Sensibilisierung für ökologische Zu- sammenhänge und Vernetzungen, Der Waldkindergarten zielt darauf ab, • Wertschätzung der Lebensgemein- Kinder (wieder) mit der Natur vertraut zu schaft Wald und des Lebens machen. Dies bedeutet natürlich auch, überhaupt.“ sich nicht nur bei schönem Wetter in die Natur zu begeben. Nach dem Motto „es gibt kein schlechtes Wetter, sondern nur 1.3 Tagesablauf in einem schlechte Kleidung“ sollen Naturver- Waldkindergarten ständnis und Umweltbewusstsein der Kinder geweckt und gefördert werden. Da sich Waldkindergärten trotz ihrer glei- chen Zielsetzung voneinander abgren- Die meisten Waldkindergärten sehen zen, gibt es unterschiedliche Möglichkei- die folgenden Aspekte als Grundlage ten, den Kindergartentag zu gestalten ihrer Arbeit (zitiert aus Miklitz 2001): und mit Inhalten zu füllen. Dennoch ist • „Förderung der Motorik durch natür allen Einrichtungen gemeinsam, dass liche, differenzierte, lustvolle Bewe- den Kindern durch einen gleichbleiben- gungsanlässe und -möglichkeiten, den Tagesablauf vor allem in der An- • Erleben der jahreszeitlichen Rhyth- fangsphase Orientierung gegeben wird. men und Naturerscheinungen, • Förderung der Sinneswahrnehmung Morgens finden sich die Kinder inner- durch Primärerfahrungen, halb einer gewissen Zeitspanne an ei- • ganzheitliches Lernen, das heißt nem Treffpunkt ein. Dieser Treffpunkt ist Lernen mit den Sinnen, mit dem gut zugänglich und bietet den Eltern Parkmöglichkeiten. Unter Umständen 10
Der Waldkindergarten befindet sich hier auch die Notunter- Bedürfnissen nachzugehen. Dies kann kunft. Nach der Begrüßung im Morgen- sowohl die untersuchende Entdeckungs- kreis, zum Beispiel durch ein Lied, reise, das Ausleben des Bewegungsdran- wird das Frühstück eingenommen ges oder das Ausruhen unter dem Blätter- (Abbildung 2). dach sein. Im angeleiteten Spiel werden die Entdeckungen der Kinder durch Sing-, Dies geschieht entweder in der Unter- Kreis- und Regelspiele aufgegriffen, es kunft oder es wird erst noch ein Stück werden Mal- und Bastelangebote unter- des (Wald-) Weges zurückgelegt, um den breitet, Geschichten erzählt, Bücher an- Frühstücksplatz aufzusuchen. In einigen geschaut und vieles mehr. Den Abschluss Waldkindergärten findet das Frühstück des Kindergartentages bildet der Ab- auch erst nach den ersten Aktivitäten schiedskreis am Treffpunkt, welcher gegen zehn Uhr statt. meist durch ein Lied bestimmt ist. Hier haben die Eltern Gelegenheit, sich mit Im freien Spiel haben die Kinder Gelegen- anderen Eltern oder den pädagogischen heit, in einem festgelegten Bereich ihren Fachkräften auszutauschen. Abb. 2 Frühstück in einem Waldkindergarten 11
2 Grundlagen der kindlichen Entwicklung Viele Faktoren der kindlichen Entwick- 2.1 Lebensbedingungen von lung sind genetisch bedingt. Dazu ge- Kindern hört das kindliche Entwicklungsbedürf- nis nach Wahrnehmung und Bewegung. Das soziale und ökologische Umfeld von Die Ausprägung der dazugehörigen Fä- Kindern hat sich in den letzten Jahren higkeiten und Fertigkeiten hingegen und Jahrzehnten drastisch verändert. wird in hohem Maße von Einflüssen des Dies äußert sich zum Beispiel darin, Umfeldes bestimmt. Bei der Einschät- dass Kindern immer weniger Freiräume zung des Entwicklungsstandes von Kin- zur Verfügung stehen, in denen sie ih- dern ist neben dem Alter auch die unter- rem Spiel- und Bewegungsbedürfnis schiedliche Entwicklung von Kindern nachkommen können. Die sogenannte innerhalb einer bestimmten Zeitspanne „Straßenspielkultur“, also die Möglich- zu berücksichtigen. Das heißt zum Bei- keit, sich mit anderen Kindern auf der spiel, dass dreijährige Kinder im Hin- Straße zum Spielen zu treffen, ist wenn blick auf ihre feinmotorischen Bewegun- überhaupt, nur noch in ländlichen Ge- gen unterschiedlich sicher agieren bieten gegeben. Zunehmende Bebau- können. ung von Freiräumen und auch die Zu- nahme des Straßenverkehrs sorgen dafür, dass Kinder nicht mehr ungehin- dert und ohne Erwachsenenbegleitung selbst gewählte Plätze zum Spielen 12
Grundlagen der kindlichen Entwicklung aufsuchen können. An die Stelle primä- 2.2 Wahrnehmung rer Spiel- und Sinneserfahrungen sind die Erfahrungen aus zweiter Hand durch Wahrnehmung ist ein zentraler Bestand- den zunehmenden Medienkonsum ge- teil der Kindesentwicklung. Kinder müs- treten. Übermäßige Beschäftigung mit sen ihre Umwelt im wahrsten Sinne des Medien, wie Videospiele, Tablets oder Wortes be„greifen“, um eine Vorstellung Fernsehen, ist auch immer gleichbedeu- von den Dingen, ihrem eigenen Körper tend mit einer einseitigen Beanspru- und den Beziehungen untereinander zu chung der Sinne. Abgesehen von der bekommen. möglichen Überforderung durch Reiz überflutung geht den Kindern durch das Wahrnehmung bezeichnet die Fähigkeit, passive Konsumverhalten aktive Bewe- Informationen aus der Umwelt und des gungszeit verloren. eigenen Körpers aufzunehmen und zu verarbeiten. Die Informationsaufnahme Die genannten Bedingungen schränken erfolgt über verschiedene Sinnessys die Qualität und auch die Quantität kind- teme. Entscheidend ist, aus der Fülle licher Bewegungserfahrungen in erhebli- von Informationen diejenigen heraus zu chem Maße ein und haben als logische filtern, die für die jeweilige Situation von Konsequenz auch Auswirkungen auf den Bedeutung sind. Gesundheitszustand und die körperliche Leistungsfähigkeit von Kindern. Es muss Ziel einer jeden Konzeption für Tageseinrichtungen sein, diese grund legenden Aspekte der kindlichen Ent- wicklung in der täglichen Arbeit zu berücksichtigen. Dies scheint in einem Waldkindergarten leichter realisierbar zu Abb. 3 Auch jüngere Kinder können im Wald wichtige Erfahrungen sammeln 13
Grundlagen der kindlichen Entwicklung sein als in einem Regelkindergarten, denn beschrieben. Das fördert gleichzeitig die der Aufenthalt im Wald bietet den Kindern ausdauernde Beschäftigung und Konzen- Sinnesreize der unterschiedlichsten Art. trationsfähigkeit. Entsprechend der Vielfalt in der natürli- Im Hinblick auf die akustische Wahrneh- chen Umgebung werden die Sinne der mung können Kinder unterschiedliche Kinder sehr differenziert angesprochen. Tierlaute, das Rauschen der Blätter im „Allein über die Haut nimmt das Kind im Wind oder unbekannte Geräusche, die Laufe eines Vormittags die verschie- erst identifiziert werden müssen, ebenso densten Reize auf: kalt, warm, nass, wahrnehmen wie zum Beispiel den Wech- trocken, weich, hart, sandig, glitschig sel von Geräuschen bzw. Lärm und Stille. und vieles mehr.“ (Bickel 2001) In der heutigen Zeit einen Ort der Ruhe Auch der Umgang mit den unterschied- zu finden, ist besonders für Kinder oft- lichsten Materialien (Holz, Erde, Blätter, mals sehr schwierig. Im Wald besteht Tannenzapfen, Moos, Rinde usw.) diese Rückzugsmöglichkeit und Kinder fördert die taktile Wahrnehmung und können die dort herrschende Stille unmit- gleichzeitig die Geschicklichkeit. Im telbar erleben. Den Geräuschen des Wal- Wechsel der Jahreszeiten nehmen Kin- des zu lauschen, sich mit Muße einer der die vielfältigsten Gerüche wie Blu- Sache zu widmen oder auch einfach im mendüfte, feuchten Waldboden, Pilze, Gras zu liegen und die Wolken zu beob- modriges Holz, Tannennadeln und achten bedeutet auch gleichzeitig größe- vielen mehr wahr. Die visuelle Wahrneh- res Wohlbefinden und kann der Verbesse- mung wird ebenfalls auf vielseitige Art rung der Konzentrationsfähigkeit dienen. und Weise angesprochen. Pädagogische Fachkräfte und Eltern Kinder im Waldkindergarten haben zahl- erleben „Kinder, die den Waldkindergar- reiche Möglichkeiten, ihre Umgebung ten besuchen, als ausgeglichener, zu beobachten, zu betrachten und zu stressfreier und weniger aggressiv als untersuchen. Entsprechend dem natürli- andere Kinder.“ (Schede 2000) chen Neugierverhalten werden Dinge beispielsweise gesucht, gesammelt, in Die Vielfalt an Bewegungsanlässen und Beziehung gesetzt, verglichen oder -möglichkeiten trägt zur Schulung der 14
Grundlagen der kindlichen Entwicklung vestibulären und kinästhetischen Wahr- nehmung bei. So müssen Kinder sich beim Gehen, Laufen und Spielen zum Beispiel immer wieder auf unterschied liche Bodenbeschaffenheiten einstel- len. Das Gehen auf asphaltierten Wegen stellt andere Anforderungen und vermit- telt andere Eindrücke als das Gehen auf weichem Waldboden, das Aufwirbeln von Laub oder das Bewältigen von Hin- dernissen wie Steine, Hölzer, Baumwur- zeln oder Ähnliches. Das vielfältige Ge- Abb. 4 F örderung von Entwicklungsreizen lände bietet Möglichkeiten zum durch Bewegung im Freien Balancieren, Klettern, Rutschen, Han- geln, Aufsteigen, Rollen, Springen usw. entscheidende Bedeutung. Kinder, Der Körper wird immer wieder neu erfah- esonders im Kindergarten- und Grund- b ren, permanent müssen Herausforderun- schulalter, besitzen einen stark ausge- gen bewältigt werden. prägten Bewegungsdrang und eignen sich ihre Umwelterfahrungen über die Lediglich die gustatorische Wahrneh- Bewegung an. Dabei bilden Wahrneh- mung tritt im Wald in den Hintergrund, mung und Bewegung eine unzertrenn da gegebenenfalls selbst gesammelte liche Einheit, denn ohne Wahrnehmung Waldfrüchte wie Beeren, Pilze und Kräu- ist keine willkürliche Bewegung möglich. ter aufgrund der Infektionsgefahr nicht gegessen werden dürfen. Bewegung bietet außerdem die notwen- digen Entwicklungsreize für das Organ-, Knochen- und Muskelwachstum. 2.3 Bewegung Es gilt also, den Kindern ausreichende Bewegung ist grundlegend für die Möglichkeiten und Bedingungen zu kindliche Entwicklung und hat für das bieten, damit sie die für ihre Entwick- Wohlbefinden sowie die Sicherheit lung wichtigen sensorischen und moto- und Gesundheit von Kindern eine rischen Erfahrungen sammeln können. 15
Grundlagen der kindlichen Entwicklung Bewegungsverhalten und die damit akustische, taktile) schnell und ange- einhergehende Bewegungssicherheit, messen zu reagieren. sind geprägt von einzelnen Fähigkeiten, die unter dem Begriff „Koordination“ Gleichgewichtsfähigkeit zusammengefasst werden. Unter Be bezeichnet die Fähigkeit, den Körper im wegungskoordination wird die zeitliche, Gleichgewicht zu halten bzw. das räumliche und kraftmäßige Steuerung Gleichgewicht wiederherzustellen von Bewegungen in einer harmonischen (Abbildung 5). Bewegungskette verstanden. Im Einzel- nen handelt es sich um folgende Antizipationsfähigkeit Fähigkeiten: bezeichnet die Fähigkeit, den Verlauf und das Ergebnis einer Handlung auf Orientierungsfähigkeit der Grundlage von Erfahrungen bereits bezeichnet die Fähigkeit, sich bei Bewe- vor Beginn dieser Handlung vorweg- gungen im Raum zurechtzufinden. zunehmen. Reaktionsfähigkeit Differenzierungsfähigkeit bezeichnet die Fähigkeit, auf verschie bezeichnet die Fähigkeit, die motori- dene Reize (zum Beispiel optische, schen Aktionen in zeitlicher, räumlicher und kräftemäßiger Hinsicht mit großer Bewegungspräzision durchzuführen. Abb. 5 Förderung motorischer Fähigkeiten und der Gleichgewichtsfähigkeit durch das Spiel im Wald und Klettern auf Bäumen 16
Grundlagen der kindlichen Entwicklung Gerade jüngere Kinder haben oft Schwie- Im Wald werden durch die natürlichen rigkeiten, Entfernungen und Geschwin- Umgebungsbedingungen vielfältige digkeiten richtig einzuschätzen, ihre Anforderungen an die motorischen Fä- Bewegungen zu koordinieren, einmal higkeiten der Kinder gestellt. Trotz der begonnene Bewegungen abzustoppen festgelegten Aufenthaltsbereiche haben oder die Bewegungsrichtung abrupt zu Kinder eine nahezu uneingeschränkte ändern, um Hindernissen auszuweichen. Bewegungsfreiheit, die zum Spielen, Dies macht sich auch im Unfallgesche- Toben, Rennen animiert. Mit der Ausein- hen bemerkbar. Eine der Präventions- andersetzung der natürlichen Umge- maßnahmen in Kindertageseinrichtun- bungsbedingungen im Wald, finden gen stellt also die möglichst spielerische gleichzeitig traditionelle Inhalte des Kin- und abwechslungsreiche Schulung der dergartenalltags ihre Berücksichtigung. koordinativen Fähigkeiten dar. 17
3 Rechtliche Rahmenbedingungen von Waldkindergärten 3.1 Nutzungs- und Hierbei sind in erster Linie das Bundes- Betretungsrecht waldgesetz sowie bundeslandspezifi- sche Regelungen und Rechtsverordnun- Das Betreten von Wäldern zum Zweck gen zu berücksichtigen. der Erholung ist grundsätzlich gestattet und geschieht insbesondere in Bezug Die regelmäßige Nutzung von Staats-, auf waldtypische Gefahren unter Aus- Körperschafts- oder Privatwald durch ei- schluss der Haftung des Waldbesitzers nen Waldkindergarten bedarf jedoch der (§ 14 Bundeswaldgesetz). Waldtypische Genehmigung durch die Forstverwaltung Gefahren können beispielsweise lose bzw. den Waldbesitzer. Nutzungsbedin- Äste, unebene Untergründe, Wasser gungen wie zum Beispiel das Betreten des gräben oder Giftpflanzen sein. Waldes, Betretungsverbote, Aussagen zur Abfallbeseitigung, Waldgefährdung durch Bestimmte Flächen (zum Beispiel Ver Feuer, Verhalten zum Schutz wildlebender jüngungsflächen, forstbetriebliche und Tiere, Pflanzen und bestimmter Biotope jagdliche Einrichtungen, Flächen und sind hier festgelegt. In der Regel schlie- Wege, auf denen forstbetriebliche Maß- ßen die Träger der Waldkindergärten mit nahmen stattfinden) sind davon jedoch dem zuständigen örtlichen Forstamt bzw. ausgenommen und können der öffentli- dem Waldbesitzer einen Vertrag, in wel- chen Nutzung entzogen werden. chem die Auflagen und Nutzungsbedin- 18
Rechtliche Rahmenbedingungen von Waldkindergärten gungen vereinbart werden. Inhalte dieses Kontinuierliche Aufsicht bedeutet Vertrages können zum Beispiel die Zuwei- grundsätzlich ununterbrochene Auf- sung bestimmter Aufenthaltsbereiche im sicht. Da jedoch nicht immer alle Kinder Wald, die Nutzungsfestlegung auf eine gleichzeitig im Auge behalten werden bestimmte Personenzahl, die Nutzungs- können, ist es wichtig, dass sich die begrenzung für eine bestimmte Zeitdauer, Kinder durch die Anwesenheit des päda- das Festlegen bestimmter Verhaltensre- gogischen Personals beaufsichtigt füh- geln und die eindeutige Zuordnung der len, zum Beispiel durch regelmäßige Verkehrssicherungspflicht sein. Beobachtung von Spielsituationen durch die pädagogischen Fachkräfte. Kinder sollten daher gerade im Wald 3.2 Betriebserlaubnis und nicht außer Sichtweite gelassen werden. Aufsichtspflicht Eine aktive Aufsichtsführung beinhaltet Tageseinrichtungen für Kinder und somit die Überprüfung von aufgestellten Re- auch Waldkindergärten unterliegen der geln. Den Kindern muss klar sein, dass Aufsicht der Landesjugendämter bzw. das Nichteinhalten von vereinbarten der kommunalen Jugendämter. Durch Regeln Konsequenzen nach sich zieht. das Erteilen einer Betriebserlaubnis nach § 45 SGB VIII soll gewährleistet sein, dass Präventiv ist die Aufsicht, wenn sie vor- der Träger die notwendigen Anforderun- ausschauend unter Berücksichtigung gen für die Förderung und den Schutz der vorhandenen Gefahren wahrgenom- der Kinder erfüllt. Mit der Betriebserlaub- men wird. Gerade im Wald setzt dies ein nis geht für die Kinder der Schutz durch umfangreiches Wissen aller Beteiligten die gesetzliche Unfallversicherung ein- voraus. her. Um den besonderen Bedingungen in einem Waldkindergarten hinsichtlich Umfang und Intensität der Aufsicht wer- der Aufsichtspflicht zu genügen, müssen den neben der Berücksichtigung von die länderspezifischen Auflagen der Ju- Gefährdungen auch immer durch das gendämter beachtet werden. Das erfor- pädagogische Ziel, die Kinder zur Selbst- derliche Maß der Aufsicht sollte sich an ständigkeit zu erziehen bestimmt. den drei Merkmalen „kontinuierlich“, „aktiv“ und „präventiv“ orientieren. 19
4 Ein Wald birgt auch Gefahren 4.1 Schutz vor Reißverschlüsse verhindern das Eindrin- Witterungseinflüssen gen von Nässe. Sowohl Jacke als auch Hose sollten so groß sein, dass auch Da sich die Kinder in einem Waldkinder- dicke Winterkleidung darunter getragen garten bei nahezu jedem Wetter draußen werden kann. Die Kinder sollten über befinden, ist es notwendig, sie vor den festes Schuhwerk, Gummistiefel mit Pro- unterschiedlichen Witterungsbedingun- filsohle und im Winter eventuell gefütter- gen zu schützen. Es ist zu beachten, dass te Gummistiefel verfügen. Als Kopfbede- die Temperaturen im Wald häufig niedriger ckung bietet sich bei Regenwetter das sind als in der umliegenden Umgebung. Tragen von einem „Südwester“ an. Hier- bei handelt es sich um eine wasserfeste Sinnvoll ist, dass die Kinder ihre Kleidung Kappe, die rundum einen breiten Rand entsprechend der „Zwiebelmethode“, aufweist. Außerdem ist das Mitführen das heißt in mehreren Schichten, tragen. einer isolierenden Sitzunterlage sinnvoll. Dies dient als Kältepuffer und ermöglicht zudem ein situatives An- bzw. Ablegen Bei Aufziehen eines Gewitters besteht der Kleidung. Im Winter bietet sich das die Gefahr des Blitzeinschlages. Obwohl Tragen von langer, atmungsaktiver Un- Gewitter in den Vormittagsstunden eher terwäsche an. Bei Regenwetter emp- selten sind, sollte jede Erzieherin und fiehlt sich wasserdichte, atmungsaktive jeder Erzieher in einem Waldkinder Regenkleidung. Doppelt abgedeckte garten darauf vorbereitet sein. 20
Ein Wald birgt auch Gefahren Falls noch rechtzeitig möglich, sollte Gebiete mit jungem Baumbestand auf- bei Aufziehen eines Gewitters eine Not- gesucht werden, da dort die Gefahr von unterkunft aufgesucht werden, die über herunterfallenden Ästen wesentlich eine Blitzschutzanlage verfügt und geringer ist. Zudem sammeln sich in Schutz vor umstürzenden Bäumen bie- diesen lichten Gebieten im Winter gege- tet. Da alle Erhebungen wie einzeln ste- benenfalls weniger Schneemassen an. hende, hohe Bäume oder auch Felsen Blitze anziehen, sind diese zu meiden. In jedem Fall sollten auch nach einem Das Gleiche gilt für Waldränder und ge- Sturm erneute Absprachen mit dem wässernahe Gebiete. Besseren Schutz zuständigen Forstamt bzw. dem Waldbe- findet man im freien Gelände, zum Bei- sitzer getroffen werden, welche Waldge- spiel in einer Bodenvertiefung oder biete genutzt werden können. auch in der Mitte des Waldes. Die Emp- fehlung, bei Gewitter Körperkontakt zu Auch wenn sich Kinder im Wald in der anderen Personen zu meiden, wird Regel an schattigen Plätzen aufhalten, bei verängstigten Kindern nicht umzu- ist auf einen ausreichenden Schutz setzen sein. vor zu intensiver Sonneneinstrahlung zu achten. Dies gilt vor allem für die Der Aufenthalt im Wald bei Sturm birgt Mittagszeit. Die Haut sollte bevorzugt die Gefahr, dass Kinder von umstürzen- durch sonnengerechte Kleidung (Kopf- den Bäumen oder herunterfallenden bedeckung, langärmelige Hemden oder Ästen getroffen werden können. Dies ist T-Shirts, lange Hosen) geschützt werden vor allem auch im Winter der Fall, da (Abbildung 6). An unbedeckten Körper- gefrorene Äste leichter brechen. Zudem stellen wird die Verwendung von Son- muss beachtet werden, dass auch in der nenschutzmittel empfohlen. Kindge- Zeit nach einem Sturm sich noch Zweige rechte Sonnenschutzmittel sind in der aus den Baumkronen lösen können. Regel Cremes oder Lotionen, welche die Haut nicht austrocknen. Je nach Intensität des Wetterereignisses kann es sinnvoll sein, ein Alternativpro- gramm anzubieten bzw. die Notunter- kunft aufzusuchen. Bei Aufenthalt im Wald sollten große Lichtungen oder 21
Ein Wald birgt auch Gefahren sind Kinder zudem mit ständig wechseln- den Bodenbelägen konfrontiert, die nicht nur uneben, sondern je nach Witterung glatt, rutschig oder schlammig sein kön- nen. Unzureichende Kraft und verzögerte Reaktionsfähigkeit erschweren es den Kindern häufig, angemessen auf diese Bodenunebenheiten zu reagieren, so dass es zu Stürzen kommen kann. Eine bewusste Auseinandersetzung mit dem Gelände kann durch eine gezielte Bewe- Abb. 6 Kopfbedeckung als Schutz vor gungsförderung erreicht werden. Durch Sonneneinstrahlung Lauf-, Hüpf- und Reaktionsspiele oder Spielen mit Änderung der Bewegungs- An Tagen mit erhöhten Ozonwerten soll- richtung werden die körperlichen Fähig- ten die Kinder extreme Anstrengungen keiten der Kinder geschult. Darüber hin- vermeiden. Eine erhöhte Ozonkonzent- aus sollten altersbezogene Hinweise auf ration kann zu Hustenreiz, Reizung von besondere Gefahrenstellen erfolgen. Hals und Rachen und Kopfschmerzen Festes Schuhwerk mit Profilsohle trägt führen. Generell reagieren Kinder emp- zudem zu einem besseren Halt bei. findlicher auf erhöhte Ozonkonzentrati- onen als Erwachsene. Befinden sich besonders empfindliche Kinder in der 4.3 Kletterbäume Gruppe, sollte ein Alternativprogramm angeboten werden. Klettern entspricht einem Grundbedürf- nis von Kindern. Sie suchen und finden jede Möglichkeit dazu. Es macht ihnen 4.2 Gelände großen Spaß, stellt jedoch ein mögli- ches Unfallrisiko dar. Stolperunfälle sind in Kindertagesein- richtungen vor allem aufgrund des moto- Hier kann ein gezieltes Angebot von rischen Entwicklungsstandes von Kin- Bewegungsspielen dazu dienen, Bewe- dern ein Unfallschwerpunkt. Im Wald gungsdefizite abzubauen und Sicherheit 22
Ein Wald birgt auch Gefahren DIN EN 1176 zum Beispiel durch eine Kennzeichnung zu beschränken. Die höchste Auftrittsmöglichkeit darf dem- nach bei maximal 3,0 m liegen, woraus sich eine Greifhöhe von ca. 4,0 m ergibt. V-förmige Öffnungen von Astgabelungen mit einem Winkel von weniger als 60° können zu Strangulationen des Halses oder Einklemmen von Gliedmaßen füh- ren. Sie sollten daher an zum Klettern ausgewiesenen Bäumen entfernt oder geschlossen werden. Für einen ausreichenden Fallschutz empfiehlt sich im Wald zum Beispiel das Aufbringen von Rindenmulch oder Holz- schnitzel unter den jeweiligen Kletter- Abb. 7 Beispiel eines Kletterbaumes bäumen. Außerdem ist auf einen ausrei- chenden Sicherheitsabstand zu achten. beim Klettern zu gewinnen. Außerdem Dieser beträgt mindestens 1,5 m, ab sollte eine geeignete Auswahl der Klet- 1,5 m freie Fallhöhe ist er anhand folgen- terbäume, auch in Absprache mit dem der Formel bestimmbar: zuständigen Forstamt bzw. dem Waldbe- sitzer, erfolgen. Hierbei ist unter ande- 2/3 der freien Fallhöhe + 0,5 m = rem der Gesundheitszustand der Bäume Länge der Aufprallfläche. ein wichtiges Kriterium. Ein niedriger Astansatz erleichtert den Einstieg und Es dürfen keine Personen, Gegenstände vor allem auch wieder das Herunterklet- oder herausstehende Wurzeln im Fallbe- tern. Die Kletterhöhe ist nach den Umge- reich vorhanden sein. Unter Umständen bungsbedingungen sowie den Fertigkei- müssen Sträucher oder dornenreiche ten der Kinder auszurichten. Darüber und giftige Pflanzen entfernt werden. hinaus ist sie entsprechend der Rege- Das Tragen von festem Schuhwerk bietet lung für Spielplatzgeräte nach auch hier sicheren Halt. 23
Ein Wald birgt auch Gefahren 4.4 Totholz Mit Totholz werden tote Baumstümpfe und abgestorbene Äste und Zweige be- zeichnet (Abbildung 8). Da sie die Le- bensgrundlage für viele Tier- und Pflan- zenarten bilden, werden sie bewusst im Wald belassen, stellen aber besonders nach Stürmen eine Gefahr für die Wald- benutzer dar. Die pädagogischen Fach- kräfte sollten Absprachen mit dem zu- ständigen Forstamt oder Waldbesitzer treffen und Aufenthaltsbereiche mei- den, in denen sich bekannterweise viel Totholz befindet. Besonders nach Stür- men sollte auf Feld- und Wiesengebiete ausgewichen werden. Abb. 8 Totholz Trockenheit erhöht die waldtypischen Gefahren: Der Wald hat unter der Hitze und Tro- Besonders gefährlich sind absterbende ckenheit der letzten Sommer stark gelit- Buchen, da als Folge der Erkrankungen ten, hinzu kommen Schädlinge wie der Äste und Kronenteile plötzlich abbre- Borkenkäfer und Pilze. In vielen Wald- chen und zu Boden fallen können. beständen zeigen sich trockene und absterbende Bäume. An vielen Stand- Wenn Sie in betroffenen Beständen orten treten Schäden in großem Aus- unterwegs sind, nehmen Sie Kontakt maß und hoher Geschwindigkeit auf. mit Ihrem zuständigen Forstamt oder Erhöhen Sie daher die Achtsamkeit bei Förster auf und informieren Sie sich Waldbesuchen, denn die waldtypi- über die Situation Ihrer regelmäßig schen Gefährdungen durch abbrechen- aufgesuchten Standorte und gegebe- de Baumteile und Totholz haben nenfalls über Ausweichstandorte. zugenommen. 24
Ein Wald birgt auch Gefahren 4.5 Forstarbeiten Im Rahmen von Forstarbeiten werden Waldflächen dem öffentlichen Zugang entzogen. Es ist erforderlich, sich beim zuständigen Forstamt oder Waldbesitzer über anstehende Forstarbeiten und die sich daraus ergebende Zuweisung von Aufenthaltsbereichen zu informieren. Den Kindern sollten die Warnschilder bekannt sein, die das Forstarbeitsgebiet eingrenzen (Abbildung 9). Es ist sicher zustellen, dass sich keine Personen in diesen Gebieten aufhalten. Abb. 9 Warnschild für Holzfällungen Nach Forstarbeiten werden in Wäldern häufig Holzstapel, sogenannte Holz polter, angelegt. Diese dienen aus- schließlich der Lagerung von Schnitt- holz und sind nicht als Spielgeräte geeignet, da die Holzstämme u.U. nicht ausreichend gegen ein Abrollen gesi- chert sind. Holzstapel dürfen daher von Kindern keinesfalls betreten werden (Abbildung 10). Freiliegende Einzelstämme, die sicher und fest im Erdreich liegen, können je- Abb. 10 Holzstapel dürfen nicht betreten doch zum Balancieren oder Sitzen ge- werden nutzt werden. 25
Ein Wald birgt auch Gefahren 4.6 Jagdliche Einrichtungen Von Jagdpächtern werden in Wäldern oft Hochsitze oder Unterstände errichtet (Abbildung 11). Diese sind nicht als Spiel- geräte konstruiert und bergen daher eine Reihe von Gefahrenstellen. Darüber hinaus sind sie oft nicht standsicher und dürfen daher von der Waldkita nicht genutzt werden. Ebenso können im Wald Munitionsreste von Jagden oder von militärischen Übun- gen vorgefunden werden. Diese dürfen nicht berührt oder gesammelt werden Abb. 11 Hochsitze dürfen von der Waldkita und die Kinder sind auf diese Gefahren nicht genutzt werden hinzuweisen. 26
5 Besondere Rahmenbedingungen im Wald 5.1 Bauwagen, Hütten und Ein Bauwagen muss aber ebenso die For- Notunterkünfte derung nach Sicherheit und Gesundheit der Kinder und des pädagogischen Perso- Die Erteilung einer Betriebserlaubnis nals erfüllen. Es ist zu gewährleisten, dass durch die Jugendämter ist in einem die Einrichtungsgegenstände in dem Bau- Waldkindergarten in der Regel an einen wagen keine scharfen Kanten und Ecken festen Ort im Sinne einer Notunterkunft aufweisen und abgerundet sind, eventuell gebunden. vorhandene Glasflächen bis in eine Höhe von 2,0 m aus Sicherheitsglas oder Falls keine Möglichkeit besteht, Räum- Material mit gleichwertigen Eigenschaften lichkeiten in einem an den Wald gren- bestehen, und dass ein Zugang zum Bau- zenden Gebäude zu nutzen, entschei- wagen mit Handläufen für Kinder und den sich die meisten Waldkindergärten Erwachsene ausgerüstet ist. für das Aufstellen eines Bauwagens, da dieser in einigen Bundesländern im Bauwagen verfügen in der Regel über Gegensatz zu einer Schutzhütte nicht keinen Stromanschluss, so dass elek durch das Bauamt und die Forstbehörde trische Gefährdungen ausgeschlossen genehmigungspflichtig ist. Es ist in je- werden können. Sind elektrische An dem Fall erforderlich, die länderspezifi- lagen vorhanden werden diese häufig sche Regelung zu beachten. mit Kleinspannung betrieben, die durch Solaranlagen erzeugt wird. 27
Besondere Rahmenbedingungen im Wald Sollte der Bauwagen mit Gas beheizt Heiße Oberflächen sind abgeschirmt werden, sind in jedem Fall bei der Instal- • Brennstoffe (Flüssigkeiten, Gase) sind lation der Heizung die Herstellerangaben für Kinder nicht zugänglich (vor allem auch in Bezug auf die Lüftung) • Bedieneinrichtung für Kinder sind sowie die Vorgaben des Deutschen Ver- nicht zu erreichen eins des Gas- und Wasserfaches (DVGW) • Herstellerangaben und DVGW-Vorga- zu beachten. Zudem sind die Gasanla- ben (bei Gasheizung) werden einge- gen in regelmäßigen Abständen von halten (Errichtung, Instandhaltung einer fachkundigen Person zu prüfen. und Prüfung) • Sauerstoffmangel bei Verbrennungs- Wenn zur Heizung des Bauwagens Holz prozessen wird vorgebeugt öfen genutzt werden (Abbildung 12), • Feuerlöscher sind vorhanden sollten diese eine Abdeckung der hei- ßen Flächen beispielsweise durch ein Schutzgitter besitzen. Weiterhin muss ein Feuerlöscher vorhanden und gut erreichbar sein. Der Ofen muss in regel- mäßigen Abständen vom Schornsteinfe- ger überprüft werden. Weiterhin sollte er nicht so aufgestellt werden, dass er den Ausgang im Brandfall versperrt, andern- falls ist eine zweite Fluchtmöglichkeit aus dem Bauwagen erforderlich. Der Bereich unter dem Bauwagen ist aufgrund scharfer Kanten und vorhande- nem Gestänge abzuschirmen, damit sich Kinder nicht darunter aufhalten können. Wenn eine Heizung vorhanden ist, ergeben sich folgende zusätzliche Anforderungen: Abb. 12 Holzofen mit Schutzgitter 28
Besondere Rahmenbedingungen im Wald Bauliche Erfordernisse an Bauwagen: • Keine spitzen/scharfen/rauen Gegen- • Handläufe an Treppen, die den stände oder Oberflächen bis 2,0 m Kindern und Beschäftigten sicheren Höhe ab Standfläche der Kinder Halt bieten • Abgerundete/gefaste Kantenradien • Deichsel gesichert (unbeweglich (≥ 2 mm) bzw. abgeschirmt) • Lichtdurchlässige Flächen sind • Standsicherheit gewährleistet bruchsicher (waagerecht und arretiert) • Elektrische Anlagen und Betriebs • Abschirmung des Unterbodenbe- mittel sowie Gasanlagen und Öfen reichs (wegen häufig vorhandener werden regelmäßig geprüft scharfer Kanten und Fangstellen) 29
Besondere Rahmenbedingungen im Wald 5.2 Hygiene großem Aufwand oder gar nicht möglich ist, müssen alternative Maßnahmen Aus Sicht des Gesundheitsamtes müs- ergriffen werden. sen bestimmte Voraussetzungen bei der Einrichtung eines Waldkindergartens Um das Reinigen der Hände zu ermög erfüllt sein. Die Auflagen betreffen zu- lichen, führen viele Waldkindergarten- sätzlich zu den vom Landesjugendamt gruppen auf ihrem Bollerwagen einen festgelegten Bedingungen in erster Linie Wasserkanister sowie Seife und eine die hygienischen Verhältnisse. Grund- Nagelbürste mit (Abbildung 13). Des sätzlich ist in einem Waldkindergarten Weiteren fordern die Gesundheitsämter der gleiche Hygienestandard zu gewähr- in der Regel die Benutzung von täglich leisten wie in einem Regelkinder- zu wechselnde Stoffhandtüchern oder garten. Da das Benutzen eines Wasch- Papierhandtüchern. beckens oder einer Toilette aufgrund der räumlichen Bedingungen oft nur mit Der Toilettengang wird in den einzelnen Waldkindergärten unterschiedlich geregelt. Die Benutzung einer Camping- toilette ist dabei eine von mehreren Möglichkeiten. Abb. 13 Händewaschen mithilfe eines Wasser kanisters im Waldkindergarten 30
6 Verhaltensregeln und Vorsichtsmaßnahmen 6.1 Umgang mit Stöcken 6.2 Verhalten bei Insekten stichen oder -bissen Der Aufenthalt im Wald lädt Kinder in besonderem Maße dazu ein, mit Stö- Den Kindern sollte bekannt sein, dass sie cken und Ästen zu spielen und diese nicht nach Insekten schlagen oder in zum Beispiel zu Schwertern umzufunkti- Insektennestern im Erdreich stochern onieren. Hierbei besteht die Gefahr, sollten. Weiterhin ist vor allem in den dass Kinder getroffen werden. Sommermonaten auf den Verzehr von süßen Nahrungsmitteln zu verzichten. Bei Das pädagogische Personal sollte mit Trinkflaschen ist darauf zu achten, dass den Kindern in Abhängigkeit vom Alter diese verschlossen zu halten sind bzw. und den individuellen Voraussetzungen mit einem Strohhalm getrunken wird. Regeln über das Spiel mit Stöcken ver- einbaren, zum Beispiel dass Stöcke Bei vorhandener allergischer Dispositi- nicht in die Gesichtshöhe anderer Kin- on können Insektengifte bei Kindern der gehalten werden dürfen und nicht unter Umständen zu lebensbedroh mit einem Stock in der Hand gerannt lichen allergischen Reaktionen führen. werden darf. Vereinbarungen über die eventuell erfor- derliche Gabe von Medikamenten soll- ten zwischen den Eltern der betroffenen 31
Verhaltensregeln und Vorsichtsmaßnahmen Kinder und Kita-Leitung bzw. dem Träger Verbreitung der infizierten Zecken der Einrichtung schriftlich festgelegt hauptsächlich auf den Süden und die werden. Für solche Fälle muss ein Not- Mitte Deutschlands beschränkt. Aktuel- fall-Set mitgeführt werden. Weitere Infor- le Informationen zu FSME-Risikogebie- mationen können aus der DGUV Infor- ten gibt es unter anderem auf der Home- mation 202-092 „Medikamentengabe in page des Robert-Koch-Instituts unter: Kindertageseinrichtungen“ entnommen www.rki.de. Eine spezifische Behand- werden. lung gibt es im Falle einer Erkrankung nicht. Daher sollte sich eine Impfindika- Zeckenstiche tion bei Kindern ähnlich wie bei Impfun- Zecken werden vorwiegend in den Mo- gen für Erwachsene nach dem Expositi- naten März bis Oktober aktiv. Sie halten onsrisiko richten, dies gilt auch für sich bevorzugt in niedrigen Sträuchern, Kinder unter drei Jahren. Gräsern oder Farnen auf und werden von dort abgestreift. Da der Speichel einer Lyme-Borreliose Zecke eine betäubende Substanz ent- Die Borreliose ist eine durch Bakterien hält, bleibt ein Zeckenstich beim Men- übertragene Infektionskrankheit, die schen häufig unbemerkt. vornehmlich die Haut, das Nervensys- tem, das Herz und die Gelenke betrifft. Zecken können vorwiegend zwei Infekti- Die Erkrankung verläuft in der Regel in onskrankheiten übertragen, nämlich die drei Stadien, wobei typische Symptome, Frühsommer-Meningo-Enzephalitis wie zum Beispiel die Rötung um die Ein- (FSME) und die Lyme-Borreliose. stichstelle herum, nicht immer auftre- ten. Die Krankheitserreger befinden sich Frühsommer-Meningo-Enzephalitis überwiegend im Darm der Zecke und Die Frühsommer-Meningo-Enzephalitis wandern erst beim Stich und dem damit ist eine Viruserkrankung des zentralen verbundenen Saugvorgang in den Spei- Nervensystems, die bei einem schweren chel. Da dieser Vorgang unter Umstän- Krankheitsverlauf eine Hirnhautentzün- den Stunden dauern kann, ist die Inku- dung (Meningitis) oder Gehirnentzün- bationszeit entsprechend lang. Durch dung (Enzephalitis) mit unter Umstän- eine rechtzeitige Behandlung der Krank- den bleibenden Schäden zur Folge heit mit Antibiotika können Spätfolgen haben kann. In Deutschland ist die wie chronische Gelenk- und 32
Verhaltensregeln und Vorsichtsmaßnahmen Herzmuskelentzündungen vermieden schädigen, ist zu beachten, dass sie werden. Einen Impfschutz gegen Borre- lediglich einen zeitlich begrenzten liose gibt es derzeit noch nicht. Schutz (ca. 2 Stunden) bieten. Außer- dem sollten die Kinder über die mögli- Die Kinder sollten daher Kleidung tra- chen Gefahren durch Zeckenstiche infor- gen, die den Körper vollständig bedeckt. miert werden. Nach dem Waldaufenthalt sind die Kin- der sorgfältig nach Zecken abzusuchen (helle Kleidung erleichtert das Auffinden 6.3 Vermeidung von von Zecken). Infektionen Zecken sollten nach ihrer Entdeckung Tollwut zügig und fachgerecht entfernt werden. Die Tollwut ist eine lebensbedrohliche, Hierzu stehen verschiedene Hilfsmittel, durch Viren ausgelöste Infektionser- wie Zeckenkarte, Zeckenzange oder krankung, die in der Regel durch den spezieller Zeckenentferner zur Biss oder den Speichel eines erkrankten Verfügung. Tieres übertragen wird. Es wird empfoh- len, dass sich das pädagogische Perso- Das pädagogische Personal der Kinder- nal bei den örtlichen Veterinär- und tageseinrichtung darf Zecken entfernen, Forstbehörden über das Vorkommen von allerdings nur unter der Voraussetzung, Tollwut und eventuell ausgelegte Impf- dass eine Einwilligung der Erziehungs- köder informiert. berechtigten vorliegt. Die Kinder sollten wissen, dass die Zu- Die Anwendung von Öl, Nagellack oder traulichkeit von Wildtieren ein Zeichen Klebstoff zum Entfernen der Zecke ist von Tollwutinfektion sein kann. Im Wald nicht geeignet, da sich durch die ver- gilt grundsätzlich, dass Wildtiere und mehrte Speichelbildung bei den Zecken auch deren Kadaver nicht berührt wer- als Folge der Anwendung das Infektions- den dürfen. Da Impfköder Tollwutviren risiko erhöht. Dies gilt auch für das in abgeschwächter Form enthalten, dür- Quetschen des Zeckenkörpers. Bei der fen auch diese nicht angefasst werden. Benutzung von Repellents, das heißt Sollte es zu einem Biss durch ein mögli- Stoffen, die abstoßend wirken, ohne zu cherweise erkranktes Tier kommen, ist 33
Verhaltensregeln und Vorsichtsmaßnahmen sofort eine Ärztin oder ein Arzt zwecks Der wirksamste Schutz gegen Wund- passiver Immunisierung aufzusuchen. starrkrampf ist, vor allem auch wegen der fehlenden Therapiemöglichkeiten, Wundstarrkrampf (Tetanus) eine aktive Immunisierung. Die meisten Beim Wundstarrkrampf handelt es sich Waldkindergärten haben diesen Impf- um eine durch Bakterien ausgelöste schutz zur Auflage gemacht. Erkrankung, die mit Krämpfen und Läh- mungserscheinungen verbunden ist. Hervorgerufen wird die Erkrankung 6.4 Vergiftungen durch einen Erreger, der überall in der Erde, in morschem Holz, an rostigen Die Gefahr, durch den Verzehr von Gegenständen oder in menschlichen Waldfrüchten (wie Beeren oder Pilzen) und tierischen Fäkalien vorkommen eine Vergiftung zu erleiden, hängt von kann. Besonders gefährlich sind tiefe den individuellen Voraussetzungen des Wunden, zum Beispiel Stiche, Bisse betroffenen Kindes und der Art der oder Splitterverletzungen. Unter Luftab- Pflanze bzw. des Pflanzenteils ab. Ent- schluss produzieren die Erreger einen scheidend ist auch die Wirkstoffmenge, Giftstoff, der die Erkrankung verursacht. die beim Verzehr oder Kontakt aufge- nommen wird. Symptome einer Vergif- tung können unter anderem Benom- menheit, Übelkeit, Brechreiz, Schweiß- ausbrüche oder Durchfall sein. Dem pädagogischen Personal wird emp- fohlen, sich vor der Auswahl von Aufent- haltsbereichen im Wald in Absprache mit dem Forstamt bzw. dem Waldbe- Abb. 14 Der Fingerhut (Digitalis) – eine häufig im Wald vorzufindende Giftpflanze 34
Verhaltensregeln und Vorsichtsmaßnahmen sitzer über den Bewuchs mit Giftpflan- Informationen über Giftpflanzen liefert zen zu informieren (Abbildung 14). Im unter anderem auch das Giftinformat Einzelfall kann es ratsam sein, bestimm- ionszentrum-Nord in Göttingen, das te Pflanzen (zum Beispiel Bärenklau auf seiner Homepage eine Liste von oder den extrem giftigen Knollenblätter- giftigen Pflanzen aufgeführt hat pilz) zu entfernen. Die Kinder sollten (www.giz-nord.de). neben der Regel, dass keine Waldfrüch- te gegessen werden dürfen, auch die von Giftpflanzen ausgehenden Gefahren kennen. Ein Bestimmungsbuch kann dafür nützlich sein. Die Telefonnummer der nächsten Gift- notrufzentrale sollte mitgeführt werden. Besteht der Verdacht einer Vergiftung, ist sofort eine Ärztin oder ein Arzt aufzu- suchen. Pflanzen, die möglicherweise eine Vergiftung verursacht haben, soll- ten zur eindeutigen Bestimmung mitge- nommen werden. 35
Anhang 1 Beispielhafte Gefährdungsbeurtei- Tageseinrichtungen durchgeführt wer- lung für einen Waldkindergarten den. Für Waldkindergärten können die folgenden Hinweise als Vorlage dienen, Auf Grundlage des Arbeitsschutzgeset- sollten aber auf die jeweilige Situation zes und der DGUV Vorschrift 1 muss eine angepasst und ergänzt werden. Gefährdungsbeurteilung sowohl für die Beschäftigten wie auch für die Kinder in Gefährdung Maßnahmen zur Abhilfe Extreme 1. Gut zu erreichende Schutzhütte oder Bauwagen als Unterschlupf Wetterereignisse oder feste Ausweichräume (z. B. Gemeinde, Verein, Kirche, Kita gebäude) sind vorhanden 2. Wechselkleidung für alle ist vorhanden Natürliche 1. Ausreichend Schattenplätze vorzugsweise unter Bäumen und UV-Strahlung Sträuchern sind vorhanden 2. Die Kleidung ist körperbedeckend (Sonnenhut, lange Ärmel und Hosen, möglichst UV-Strahlen undurchlässig) 3. Nicht bedeckte Körperstellen werden mit geeigneter Sonnen- creme eingekremt (mind. Lichtschutzfaktor 30, Sonnencreme ist jeweils für die Kinder geeignet) Kälte 1. Geeignete Kleidung der Versicherten nach dem ‚Zwiebelprinzip‘ in mehreren Lagen (Mütze, Handschuhe, lange Unterwäsche, wasserabweisend, schnell-trocknend, winddicht, wärmend) wird getragen 2. Decken und Sitzkissen sind vorhanden 3. Heizmöglichkeit im Unterschlupf ist vorhanden 4. Feste Ausweichräume (z. B. Gemeinde, Verein, andere Kita) sind vorhanden Hitze 1. Ausreichend Schattenplätze vorzugsweise unter Bäumen und Sträuchern sind vorhanden 2. Ausreichendes Trinkwasser wird mitgenommen 3. Geeignete Kleidung (luftdurchlässig, schnelltrocknend da kühlend, helle Farben) wird getragen 36
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