Mit Mikrofabriken den Online-Verkauf stemmen
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
18 Mit Mikrofabriken den Online-Verkauf stemmen Texprocess und Techtextil warten im Mai nicht nur mit den allerneuesten technischen Textilien und Technologien auf, sondern bieten den Besuchern auch einen Ausblick auf die Zukunft textiler Produktionsprozesse. Fünf Linien zeigen die Vorteile eines durchgängig digitalen Workflows auf. Auf dem Frankfurter Messe-Doppel können Standort Deutschland sichern gegenüber der Redaktion überzeugt: „Mit der Besucher aus der Einrichtungsindustrie pra- Ein Stockwerk darüber, in Halle 4.1, erwartet Digital Textile Micro Factory, die wir im Auftrag xisnah die Verarbeitung textiler Materialien im die Besucher die Sonderfläche „Digital Textile der Techtextil und Texprocess umsetzen, zei- digitalen Zeitalter erleben. Insgesamt fünf Micro Factory“. Sie ist bereits seit der letzten gen wir sowohl die Zukunft der Bekleidungs- Microfactories führen vor, wie sich textile Pro- Ausgabe Bestandteil der beiden Fachmessen produktion als auch die Herstellung eines 3D- dukte mit Hilfe von vernetzten Maschinen und wartet dieses Mal mit einem Novum auf: Strickstoffes für die Schuhindustrie als auch wirtschaftlich herstellen lassen. Im Übergang In Zusammenarbeit mit dem DITF (Deutschen die einer digital bedruckten Tasche aus Kunst- zwischen Halle 4.1. und 5.1 produziert die Institute für Textil- und Faserforschung) in leder“. Insbesondere die beiden letzten Pro- RWTH Aachen zusammen mit Partnern bei- Denkendorf sowie Industriepartnern hat die zesse ließen sich nach Ansicht des Experten spielsweise ein smartes Kissen. Die Fach Messeleitung insgesamt drei Produktionslini- auf die Produktion von Autositzen oder Pols- besucher können im Rahmen dieser „Smart en auf die Beine gestellt – eine zur Herstellung termöbelbezüge übertragen. Artschwager: Textile Micro Factory“ somit den gesamten von Bekleidung, eine zur Herstellung eines „Polstermöbelproduzenten sind dazu eingela- Prozess vom Design bis zum fertigen Produkt 3D-gestrickten Schuhs sowie eine komplette den, sich auf unserer Sonderfläche ebenfalls konkret erleben. Produktionslinie zur Verarbeitung von techni- darüber zu informieren, wie sich künftig indivi- Die Herstellung eines Autositzes aus Leder schen Textilien. dualisierte Produkte schneller und dennoch führt Ring Maschinenbau in der Halle 4.0. vor. Auf der Texprocess im Jahr 2017 konnten sich wirtschaftlich produzieren lassen.“ Das Pirmasenser Unternehmen zeigt mit den die Messebesucher bereits von dem Zu- Wie Artschwager weiter informiert, seien von Industriepartnern KSL, Veith sowie ZSK im kunftspotenzial überzeugen, das solche den beteiligten Technologieunternehmen ge- Rahmen einer Minifabrik die Entstehung ei- Mikrofabriken besitzen. Damals hatte das rade in den vergangenen Jahren enorme For- nes modernen Sitzdesigns. Angefangen bei DITF in der Sonderschau ein individualisierba- schungs- und Entwicklungsanstrengungen der Perforation über das Kaschieren bis hin zur res Shirt produziert. unternommen worden, um ihre Produkte ins Rautensteppung können die Messebesucher digitale Zeitalter zu überführen. Der Textil bei der kompletten Fertigung eines Autositzes Standort Deutschland wird experte aus Denkendorf zeigt sich davon live dabei sein. wettbewerbsfähig überzeugt, dass ein Teil der in Deutschland Seit dieser Präsentation konnten auf diesem verkauften Polstermöbel nicht aus Niedrig- Gebiet rasante Fortschritte gemacht werden: lohnländern stammen müsste. Statt Produkti- Der gesamte Produktions-, Verarbeitungs- on in entsprechende Länder zu verlagern, hät- und Logistikprozess wurde noch flüssiger te die deutsche Polstermöbelindustrie durch und automatisierter gestaltet. Alexander Investitionen in digitale Prozesse ihre Artschwager (Management Research bei Produktionsstandorte in Deutschland halten DITF), verantwortlich für die Präsentation der und die Endverbraucher heute mit individuali- drei Mikrofabriken auf der Messe, zeigt sich sierten Produkten „made in Germany“ besser bedienen können. Polstermöbelindustrie schrumpft Laut aktuellen Statistiken hat sich seit der letz- ten Texprocess/Techtextil die Polstermöbel- produktion weiter ins Ausland verlagert. Die Zahl der Betriebe und der Beschäftigten ist er- neut geschrumpft. Ende 2018 waren in 26 Betrieben (mit mind. 50 Mitarbeitern) rund 4.000 Mitarbeiter beschäftigt, ein Rückgang gegenüber 2017 um 5 bzw. 12 Prozent. Das ganze Ausmaß zeigt ein Zehn-Jahres-Ver- gleich: 2008 waren noch rund 12.000 Perso- nen in 49 Polstermöbelbetrieben tätig. Und Mit „Qondac“ von Dürkopp Adler lassen sich komplette Fabriken länderübergreifend vernetzen. With “Quondac” from Dürkopp Adler, entire production plants can be networked transnationally. Photos: Quondac
Auf der Texprocess können die Besucher fünf automatisierte Produktionsstraßen live in Aktion erleben. Visitors will be able to see five automated production lines in action at theTexprocess. Photo: Messe Frankfurt die Verlagerung ins Ausland hält weiter an, wie jüngst der Verband der Deutschen Möbel- industrie (VDM) bekanntgab. 2018 schrumpf- te der Umsatz der in Deutschland produzier- ten Polstermöbel um 5,7 Prozent, während der Umsatz der im Ausland produzierenden Unternehmen nicht im selben Maße zurück- ging. Einer internen Erhebung des Verbandes zufolge gab es bis Ende November 2018 ledig- lich einen Rückgang des Auftragseingangs von 1,7 Prozent. Auch wenn die Polstermöbel importe 2018 leicht um 1,8 Prozent gesunken sind, haben im Ausland produzierte Sofas Modernste Industrienähmaschinen sind neuer Bestandteil digitalisierter Produktionsketten. nach wie vor den größten Marktanteil. The most modern industrial sewing machines are new components of digitised production chains. Inzwischen werden vier von fünf Polstermö- Photo: Messe Frankfurt beln nicht mehr im Inland gefertigt. Laut Anga- ben des VdDP (Verband der Deutschen Pols- Umfrage wünscht sich jeder vierte Deutsche linie zu verdanken, bei der erstmals das Hand- termöbelindustrie) entfallen allerdings rund eine neue Couch. ling mit einbezogen werden konnte. Die 70 Prozent des Verkaufsumsatzes auf Polster- Dass diese nicht als Massenware aus dem Arbeitslöhne sollten bei einer derart automati- möbel, die in ausgelagerten Betrieben deut- Ausland kommen müsste und schneller und sierten Fertigung kein Grund mehr für die Ver- scher Anbieter produziert wurden. vor allem viel individueller auch in Deutsch- lagerung der Produktion in Niedriglohnländer land produziert werden könnte, will darstellen, findet der DITF-Experte. Nachfrage vorhanden Artschwager in Frankfurt vorführen. Wer 2017 Dass Polstermöbel keineswegs Ladenhüter die „Micro Factory“ bestaunt hat, wird im Mai Vollvernetzte Produktionsstraße sind oder sein müssen, beweist eine aktuelle gewaltige Fortschritte feststellen. Wenn am Genauso wie in Frankfurt Kunstleder für die Studie des Instituts für Demoskopie Allens- Ende des Herstellungsprozesses bei der drit- Taschenindustrie bedruckt wird, könne dies bach. Sie ergab, dass Polstermöbel auf der ten Fertigungslinie etwa individuell bedruckte auf einer breiteren Linie auch in einzelnen Wunschliste der Deutschen ganz oben ste- Taschen herauskommen, dann ist dies der Segmenten für die Polstermöbelindustrie hen. Laut der im Auftrag des VDM erstellten vollständigen Vernetzung dieser Produktions- passieren, zeigt sich Artschwager überzeugt:
20 „Bei uns wird das Kunstleder auf einem groß- Im weiteren Workflow der Produktionslinie er- Beim Zuschnitt des Kunstleders kommt ein formatigen Inkjet-Drucker der Firma HP mit folgt eine intelligente Schnittoptimierung so- „S3 L-1200“-Cutter von Zünd zum Einsatz, Latextinte bedruckt. Bei diesem Prozess ent- wie der Zuschnitt auf dem jüngsten Zuschnitt- welcher das Material ab Rolle verarbeitet. Die steht eine fertige Oberfläche, die kein weite- system der Firma Zünd. Bilderkennungssys Auftragsdaten erfasst die Maschine über das res Finish mehr benötigt“. Latexdruck eigne teme, die unter anderem auch beim Einlesen des mitgedruckten QR-Codes. Der sich auch für die Herstellung von in Lederzuschnitt zum Einsatz kommen, sorgen Roboterarm „UR10“ der Firma Universal dividualisierten Textilbezügen, wo das Verfah- bei gemusterten Bezugsmaterialen für den Robots entnimmt die fertigen Kunstlederteile ren durch Farbbrillanz und -echtheit punkten geringsten Verschnitt. Laut Angaben von Zünd vom Cutter und legt sie in einer Box ab. Mit könne. Ein weiterer Vorteil der wasserbasie- wird in einer der drei Produktionslinien auf der seinen sechs Bewegungsachsen wurde der renden HP-Latextinten liege im Umwelt- und Texprocess der Cutter mit einer „Over Cutter „UR10“ für kollaborative Prozesse konzipiert. Gesundheitsschutz, da sie geruchlos sind, oh- Camera OCC“ ausgerüstet sein, die in Sekun- Der Roboterarm verfügt über einen Arbeitsra- ne Lösemittel auskommen und somit prob- denschnelle die Registermarken einliest, den dius von bis zu 1.300 mm. lemlos in Innenräumen eingesetzt werden Job erkennt sowie die bedruckten Elemente Ein frei fahrendes Open Shuttle bringt die können. auf der Arbeitsfläche positioniert. Nähaufträge nach der Sortierung automati- siert zu den Nähstationen. Auch wenn das Nä- Für einen durchgängigen Workflow in der hen noch nicht zu hundert Prozent von Auto- Microfactory sorgt ein kollaborativer maten erledigt werden kann und vielmehr das Roboterarm, der mit dem Zünd-Cutter Know-how von Näherinnen und Nähern ge- verbunden ist. fragt ist, so wartet die jüngste Generation von A collaborative robot arm, connected to the Nähmaschinen mit einer Reihe von innovati- cutter manufactured by Zünd, ensures a ven Neuentwicklungen auf, die eine Teilauto- consistent workflow in the micro factory. matisierung möglich machen. Photo: Zünd Dass Druck, Schneid- und Nählösungen sich nahtlos in einen Workflow einbauen lassen, verdankt die technische Mikrofabrik nicht zu- letzt dem „Qondac“-System von Dürkopp Adler. Bei diesem Tracing- und Tracking- System werden alle Prozesschritte digital ge- steuert und überwacht, so dass der Auftrags- fortschritt erkennbar ist. Verschiedenste Maschinen sowie Handarbeitsplätze lassen sich laut Anbieter mit dem System vernetzen und digitalisieren. Arbeitsprozesse ließen sich so vollständig digitalisieren (wie Arbeitspläne) sowie Engpässe im Materialfluss erkennen. Durch entsprechende Softwaretools könne der Anwender jederzeit selbstständig KPIs definie- ren und die gesamte Produktion visualisieren. Auch wenn die auf der Texprocess gezeigten Microfactories wie die Fashion oder die Stem online retailing with micro factories At the Texprocess, visitors from the interior Factory” awaits the visitors. Three produc- integration of digital printing, cutting and design industry will be able to see how tex- tion lines, which have been developed in col- sewing solutions into the workflow possible. tile materials can be processed in the digital laboration with the DITF (German Institutes With this tracing and tracking system, all pro- age. A total of five production lines will show for Textile and Fibre Research), will be exhi cess steps are controlled and monitored how textile products can be manufactured bited: one for the manufacturing of clothes, digitally so that the order progress can be economically with the help of networked one for the production of a 3D knitted shoe seen. Various machines can be connected to machines. For example, in the passage and a complete production line for the pro- the system and manual workstations and between Halls 4.1 and 5.1, RWTH Aachen cessing of technical textiles. The individually digitised. In view of increasing online marke and their partners will produce a smart printed bags that are produced at the end of ting, there will be more opportunities for vir- cushion. The industry visitors will be able to the manufacturing process are made thanks tual representation and integration in the see the entire production process from the to the total networking of these production micro factory. As such, the DITF will also design to the finished product, in real-time as lines, which could now include handling for show how consumers will be able to see part of this “Smart Textile Micro Factory”. the very first time. After the finished parts what a sofa looks like in their apartment and Ring Maschinenbau will manufacture a have been cut, a robot arm takes the part if it matches the rest of their furniture through leather car seat in Hall 4.0. From the perfora- from the cutter and places it in a box. A free- an app on their tablets or mobile phones. tion and the laminating through to the moving open shuttle then automatically The decision to purchase can then first be diamond quilting, the fair visitors will be able brings the items that need to be sewn to the done after checking that the product is the to experience the production of a car seat at sewing station. The micro factories can oper- right one for them, thus avoiding mistake close quarters. One floor above that, in Hall ate thanks to the “Qondac” system from purchases and potentially expensive returns 4.1, the special area “Digital Textile Micro Dürkopp Adler, which makes the seamless and exchanges.
Bestandteil der drei Microfactories des DITF werden Digitaldrucker sein, die eine Individualisierung der Produkte ermöglichen. Digital printers are key components of the three DITF micro factories and they are used to customise the products. Photo: Messe Frankfurt Modernste Software- und Visualisierungs lösungen sind die Basis für die Konstruktion und die Vermarktung moderner Polster möbel. The most modern software and visualisation solutions are the basis for the construction and marketing of modern upholstered furniture. Photo: Messe Frankfurt teuren Rücksendungen und Umtausch vor- beugt. Jüngsten Erhebungen zufolge gewinnt der Online-Handel im Einrichtungsbereich weiter an Bedeutung. In den vergangenen Jahren wurden durchschnittliche Wachstumsraten von 30 Prozent erzielt. Einer Prognose der Un- ternehmensberatung PwC (Pricewaterhouse- Coopers) zufolge soll sich der Online-Handel mit Möbeln und Hausrat bis 2022 gegenüber 2017 nahezu verdoppeln und rund 8,8 Mrd. Euro erreichen. Als entscheidenden Schlüssel zum Online- Erfolg bezeichnen die Marktforscher die schnelle Belieferung der Kunden, der beim echnical Line umsetzbare digitale Lösungen T lity sowie Virtual Reality (AR und VR) nutzt. Da- Online-Kauf deutlich kürzere Lieferzeiten als präsentieren, räumt Artschwager hinsichtlich mit können Konsumenten mit ihrem Tablet im stationären Möbelhandel erwartet, wo die der Übertragung auf die Polstermöbelproduk- testen, wie ein Sofa in der Wohnung aussieht Lieferzeiten oftmals vier bis acht Wochen be- tion ein: “Die Umsetzung eines 3D-Modells und ob es überhaupt hineinpasst. Der Vorteil tragen. Mit der Microfactory will das Messe- bzw. dessen Konstruktionsdaten in die 2D- dabei: Die Kaufentscheidung fällt erst nach Duo der Einrichtungsindustrie hierfür Schnittbilddaten, die für den Zuschnitt benö- der Prüfung, was Fehlkäufen und eventuell Lösungsansätze aufzeigen. Richard Barth tigt werde, erweist sich aktuell noch als schwierig“. So seien für die Herstellung eines Polstermöbels mit organischer Linienführung etwa Naht zugaben erforderlich, um eine Überdehnung oder einen Faltenwurf zu ver- meiden. Fit für den Online-Handel Mit Blick auf die wachsende Online-Vermark- tung auch im Einrichtungsbereich sieht Artschwager in der virtuellen Darstellung und deren Einbindung in die Microfactory weitere Chancen. Hierfür konnte das DITF die Firma Vuframe aus Regensburg als Partner gewin- nen. Das Start-up macht 3D-Daten erlebbar, indem die gleichnamige App Augmented Rea- Mit drei Microfactories wird das DITF die Zukunft der Verarbeitung textiler Materialien im digitalen Zeitalter vorstellen. With three micro factories, the DITF will present the future of processing textile materials in the digital age. Photo: Messe Frankfurt
Sie können auch lesen