Mit Wirkung anlegen Ein Leitfaden für Stiftungen - Leitfaden - Center for ...

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Mit Wirkung anlegen Ein Leitfaden für Stiftungen - Leitfaden - Center for ...
Leitfaden

Mit Wirkung
anlegen
Ein Leitfaden
für Stiftungen
Mit Wirkung anlegen Ein Leitfaden für Stiftungen - Leitfaden - Center for ...
Vorwort
   Die Welt besteht aus und funktioniert in sehr komplexen Zusammenhängen. Im-
   mer wieder erleben wir aufgrund aktueller Einflüsse, dass Wirtschaft, Gesell-
   schaft und Umwelt eng miteinander vernetzt sind und eine extreme Entwicklung
   in einem Bereich alle Systeme aus den Fugen geraten lässt.
       Bei Stiftungen ist solchen Zusammenhängen gerade in Bezug auf Mittelbe-
   schaffung und Mittelverwendung in der Vergangenheit zu wenig Beachtung ge-
   schenkt worden. Als Grundsatz galt, mit der Investition des Stiftungsvermögens
   eine möglichst hohe Rendite zu erwirtschaften, um dann den Ertrag für den ge-
   meinnützigen Zweck auszuschütten. Diese rein monetäre Betrachtung der Ver-
   mögensbewirtschaftung lässt wichtige Aspekte völlig ausser Acht.
       Mit dem Swiss Foundation Code 2015 wurde das Verständnis der Stiftung als
   Wirkungseinheit geprägt. Eine Stiftung kann ihre volle Wirksamkeit nur entfalten,
   wenn bereits in der Vermögensbewirtschaftung der gemeinnützige Stiftungs-
   zweck berücksichtigt wird. Im Minimum sollte nach dem Prinzip «Keinen Schaden
   anrichten» verhindert werden, dass die eigenen Investitionen dem gemeinnützi-
   gen Zweck entgegenlaufen.
       Dies kann aber nur der erste Schritt sein. Vielmehr müssen Stiftungen prü-
   fen, wie sie in ihrer Vermögensbewirtschaftung den gemeinnützigen Zweck aktiv
   einbinden können. Dies ist heute wesentlich einfacher als noch vor wenigen Jah-
   ren, denn die Finanzmärkte bieten eine wachsende Vielfalt an Wirkungsanlagen.
   Schliesslich sind nicht nur Stiftungen an solchen Anlagen interessiert, sondern
   auch weitere institutionelle und private Anleger.
       Der vorliegende Leitfaden soll Stiftungen den Einstieg in das Thema Wir-
   kungsanlagen vereinfachen. Es werden zentrale Begriffe erklärt, Grundlagen
   beschrieben und anhand von Beispielen aus der Praxis aufgezeigt, wie Wirkung
   und Investition gemeinsam umgesetzt werden können. Darüber hinaus wird ein
   Augenmerk auf die Wahl einer passenden Anlageberatung gelegt. Der Leitfaden
   setzt keine Vorkenntnisse voraus und ist an Stifterpersonen, Stiftungsratsmit-
   glieder, Geschäftsführende oder Stiftungen beratende Personen gerichtet, die
   die gesellschaftliche Wirkung ihrer Stiftung erhöhen wollen.
       Konkret und praktisch soll der Leitfaden helfen, die Eignung der eigenen Stif-
   tung für Wirkungsanlagen zu prüfen und die wesentlichen Schritte auf dem Weg
   der konkreten Umsetzung zu definieren.
       Ein besonderer Dank gilt Sara Stühlinger vom Center for Philanthropy Studies
   der Universität Basel und Michael Diaz von der Alternativen Bank Schweiz, die
   den Leitfaden federführend entwickelt haben. Weiterhin danken wir Lukas von
   Orelli, Beat von Wartburg und Markus Schwingruber für ihre Expertise und die
   Bereitstellung von Praxisbeispielen.
       Wir wünschen Ihnen wertvolle Impulse für Ihre Stiftungsarbeit – und eine er-
   folgreiche Umsetzung!

   Anita Wymann                              Georg von Schnurbein
   Präsidentin des                           Direktor des
   Verwaltungsrates der ABS                  Center for Philanthropy Studies
Über das Center for Philanthropy Studies
Das Center for Philanthropy Studies (CEPS) der Universität Basel ist ein interdisziplinäres
Forschungs- und Weiterbildungsinstitut für Philanthropie und das Schweizer Stiftungswesen.
Das CEPS wurde 2008 auf Initiative von S ­ wissFoundations, dem Verband der Schweizer
Förderstiftungen, gegründet und ist ein universitärer Thinktank zum vielfältigen Themenbereich
Philanthropie. Das Zentrum ist interdisziplinär ausgerichtet und arbeitet mit verschiedenen
Fakultäten der Universität Basel und Forschungseinrichtungen anderer Hochschulen sowie
Institutionen der Gesellschaft und der Wirtschaft zusammen.

Über die Alternative Bank Schweiz
Die Alternative Bank Schweiz AG (ABS), gegründet 1990, wird von über 7’600 Aktionärinnen
und Aktionären getragen. Sie weist eine Bilanzsumme von rund 1,9 Milliarden Franken aus und
betreut mehr als 38’000 Kundinnen und Kunden, darunter viele gemeinnützige Organisationen.
Das Geld der Kundinnen und Kunden investiert sie langfristig in soziale und ökologische
Projekte und Unternehmen. So konsequent ist die ABS auch im Anlagegeschäft und bei den
Arbeitsbedingungen. Auf diesem ethischen Fundament bietet die ABS in der ganzen Schweiz
die üblichen Dienstleistungen einer Anlage-, Spar- und Kreditbank an. Gemeinnützige
Organisationen unterstützt sie dabei, zweckbezogen zu investieren und dabei eine positive
Wirkung für Gesellschaft und Umwelt zu erzielen.
5   | Inhaltsverzeichnis

                Kurzversion → 6

                Einleitung → 8

                Gegenstand:
                Was ist eine Wirkungsanlage? → 9

                Möglichkeiten:
                Welche ­Möglichkeiten hat eine
                ­gemeinnützige Stiftung bei der
                 Vermögensanlage? → 14

                Eignung:
                In welcher Form ­passen Wirkungs­
                anlagen zu ­unserer Stiftung? → 18

                Vorgehen:
                Was sind die Schritte zum Anlegen
                mit Wirkung? → 22

                Endnoten → 26
6   | Mit Wirkung anlegen

Kurzversion
Das Stiftungsvermögen kann und soll                                Wirkungsanlagen und Stiftungen
Gutes bewirken. Der Swiss Foundation                               Im Stiftungssektor ist auch der Begriff «Mission
Code 2015 besagt in der Empfehlung 25:                             Investing» verbreitet, was übersetzt zweckbe-
«Die Vermögensbewirtschaftung sollte                               zogenes Investieren bedeutet. Zweckbezoge-
den Stiftungszweck unterstützen oder                               nes Investieren setzt sich aus zweckkonformen
darf ihm in keinem Fall zuwiderlaufen.»                            und zweckfördernden Anlagen zusammen.
Im Januar 2016 traten die Ziele für eine                           Zweckkonforme Anlagen stehen im Einklang
nachhaltige Entwicklung der Vereinten                              mit den auf dem Stiftungszweck basierenden
Nationen (Sustainable Development Goals,                           Wertvorstellungen. Das heisst, eine Organisa-
SDGs) mit einer Laufzeit bis 2030 in Kraft.                        tion, die sich für Rauchprävention einsetzt, in-
Zur Erreichung dieser Ziele tragen auch                            vestiert nicht in Tabakunternehmen. Zweckför-
Impact Investments oder zu Deutsch Wir­                            dernde Anlagen leisten dazu nachweislich noch
kungsanlagen bei. Seit der P­ ublikation der                       einen positiven Beitrag zum Stiftungszweck
SDGs haben Wirkungsanlagen an Fahrt                                und können folglich durch Wirkungsanlagen
aufgenommen und der Begriff ist unter­                             umgesetzt werden.
dessen auch bei den gemeinnützigen Stif­
tungen angekommen.                                                 Welche Möglichkeiten hat eine
                                                                   ­gemeinnützige Stiftung bei der
                                                                   Vermögensanlage?
                                                                   Welche Möglichkeiten Stiftungen haben, um
                                                                   Wirkungsanlagen umzusetzen, hängt von ei-
                                                                   ner Reihe von Faktoren ab. Der Spielraum wird
               Was ist eine Wirkungsanlage?                        einerseits durch die rechtlichen Rahmenbe-
               Anlegen mit Wirkung beabsichtigt, neben einer
                                                                   dingungen und Good Governance-Empfehlun-
               finanziellen auch eine positive soziale respekti-
                                                                   gen eingegrenzt. Andererseits haben auch die
               ve ökologische Rendite zu erreichen. Der engli-
                                                                   eigenen Anlagerichtlinien und der Stiftungs-
               sche Begriff für Wirkungsanlage «Impact Inves-
                                                                   zweck einen Einfluss, welche Finanzinstrumen-
               ting» (Impact = Wirkung, Investing = anlegen)
                                                                   te und Themenfelder in Frage kommen. Auf der
               hat in den letzten Jahren auch in der Schweiz
                                                                   rechtlichen Ebene gilt es bei Wirkungsanlagen
               starke Verbreitung gefunden, so dass ihn viele
                                                                   vor allem zwei Aspekte zu berücksichtigen: die
               Publikationen und Angebote von Vermögens-
                                                                   Zweckerfüllung und die Steuerbefreiung basie-
               verwaltern verwenden.
                                                                   rend auf der Gemeinnützigkeit. Die Zweckerfül-
                   Wirkungsanlagen lassen sich durch die
                                                                   lung wird von der Stiftungsaufsicht, die Steuer-
               Absicht charakterisieren, mit einer Investition
                                                                   befreiung von der Steuerbehörde geprüft.
               gleichzeitig eine finanzielle sowie eine sozial-
                                                                       Anlagerichtlinien beziehungsweise -regle­
               ökologische Rendite zu erzielen. Häufig wird
                                                                   mente haben eine wichtige Funktion, wenn es
               diese Beschreibung durch zwei weitere Kriteri-
                                                                   darum geht, Ziele und Struktur der Vermögens-
               en ergänzt: Die sozial-ökologische Rendite soll
                                                                   anlage verbindlich zu regeln. Ein Anlageregle-
               erstens bewusst angestrebt und zweitens ge-
                                                                   ment steht im Einklang mit dem Stiftungsstatut.
               messen werden. Wirkungsanlagen beruhen in
                                                                   Stiftungen können sich dabei an den Vorgaben
               erster Linie auf traditionellen Finanzinstrumen-
                                                                   der Anlagevorschriften für Vorsorgeeinrich-
               ten wie Aktien, Darlehen etc. und werden durch
                                                                   tungen in der Verordnung über die berufliche
               innovative Finanzinstrumente wie Social Impact
                                                                   Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsor-
               Bonds ergänzt.
                                                                   ge (BVV 2) orientieren. Unter Umständen er-
                                                                   schweren die Vorgaben der BVV 2 den Einsatz
                                                                   von Finanzinstrumenten mit hoher Wirkung, da
                                                                   mit Ausnahme von Klimaanleihen, Hypothekar-
                                                                   forderungen und Immobilien sowie Wandelan-
                                                                   leihen viele Wirkungsanlagen meist unter die
                                                                   Kategorie der alternativen Anlagen fallen. Die
7   | Kurzversion

               Ausarbeitung von Anlagerichtlinien sollte daher     Sieben Schritte
               zum Anlass genommen werden, Anlageziele und         zur Wirkungsanlage
               mögliche Konflikte derselben zu adressieren.
               Ziel sollte es sein, ein möglichst widerspruchs-
               freies Regelwerk zu erstellen. Der Bezug zum
               Stiftungszweck muss bei der Auswahl von Wir-             1. Kompetenzen
               kungsanlagen berücksichtigt werden, um sich                → intern
                                                                          → extern
               als Stiftungsrat möglichst schadlos zu halten.
               Die SDGs können als verbindendes Element
               zwischen Wirkungsanlagen und den Tätigkeits-
               bereichen der Stiftungen genutzt werden. Es
               zeigt sich, dass es zwischen den Zwecken von
               Nonprofit-Organisationen und den SDGs eine               2. Ziele
                                                                              → Motivation
               grosse Schnittmenge gibt. Über Wirkungsan-
                                                                              → Formulierung von
               lagen kann somit ein Beitrag zu diversen SDGs                   Wirkungszielen und
               geleistet werden.                                                finanziellen Zielen

               In welcher Form passen Wirkungs­
               anlagen zu unserer Stiftung?                            3. Art der Investition
               Anhand der im Kapitel Eignung formulierten                 → Anlageinstrument
                                                                          → Themenfelder
               Fragen kann eruiert werden, in welchen Berei-
               chen eine Umsetzung von Wirkungsanlagen mit
               mehr oder weniger Herausforderungen verbun-
               den ist.                                                 4. Anlagereglement
               → Besteht in unserer Stiftung bereits                         → erstellen
                 ­Vorwissen?                                                  → anpassen
               → Gibt es zu unserem Stiftungszweck
                   ­passende Anlagemöglichkeiten?
               → Kann unsere Stiftung finanziell grosse
                  ­Risiken verkraften?                                  5. Rechtliche Abklärungen
               → Möchte und darf unsere Stiftung langfristig              → Stiftungsaufsicht
                                                                           → Steuerbehörde
                  zugunsten von Wirkungsanlagen weniger
                    ausschütten oder das Grundstockvermögen
                  verkleinern?
               → Ist unsere Stiftung ein qualifizierter Anleger
                                                                        6. Umsetzung
                    im Sinne des Gesetzes?                                    → Vermögensverwaltung
                                                                              → intern
               Was sind die Schritte zum Anlegen
               mit Wirkung?
               Zusammenfassend werden die Ausführungen
               als Prozess dargestellt. Die sieben Schritte die-        7. Überprüfung
               nen als Orientierungshilfe, wenn Wirkungsanla-              → finanzielle Rendite
               gen ins Anlageportfolio aufgenommen werden                  → Wirkung
               sollen.                                                     → Exit
                                                                           → Risiko

                                                                   Wirkungsanlage
8   | Mit Wirkung anlegen

Einleitung
Das Stiftungsvermögen kann und soll
Gutes bewirken. Der Swiss Foundation
Code 2015 besagt in der Empfehlung 25:
«Die Vermögensbewirtschaftung sollte
den Stiftungszweck unterstützen oder
darf ihm in keinem Fall zuwiderlaufen.»1
Im Januar 2016 traten die Ziele für eine
nachhaltige Entwicklung der Vereinten
Nationen (Sustainable Development Goals,                     Seit der Publikation der SDGs haben Wirkungs-
SDGs) mit einer Laufzeit bis 2030 in Kraft.                  anlagen an Fahrt aufgenommen. Der Begriff
Zur Erreichung dieser Ziele tragen auch                      ist unterdessen auch bei den gemeinnützigen
Impact Investments oder zu Deutsch Wir­                      Stiftungen angekommen2 und es werden spezi-
kungsanlagen bei.                                            fische Veranstaltungen zum Thema angeboten
                                                             wie die Workshopserie «Heading for Impact»
                                                             im Jahr 2019 von SwissFoundations und Swiss
                                                             Sustainable Finance.
                                                                 Wie können Wirkungsanlagen Stiftungen
                                                             dabei unterstützen, ihre Vermögen zweckbezo-
       Aufbau des Leitfadens                                 gen zu bewirtschaften? Worum handelt es sich
                                                             bei Wirkungsanlagen und unter welchen Bedin-
                                                             gungen sind sie geeignet? Um diese und weite-
                                                             re Fragen geht es in diesem Leitfaden.
                                                                 Der Leitfaden gliedert sich in vier Kapitel
                                                             wie links in der Abbildung dargestellt. Worum
                                                             es sich bei Wirkungsanlagen handelt, wird im
                            Was ist eine
         Gegenstand         Wirkungsanlage?
                                                             Kapitel Gegenstand behandelt. Welchen Spiel-
                                                             raum Stiftungen heute haben, um in Wirkungs-
                            Seite 9
                                                             anlagen zu investieren, vermittelt das Kapitel
                                                             Möglichkeiten. Das Kapitel Eignung zeigt auf,
                                                             in welcher Form Wirkungsanlagen zur Stiftung
                            Welche Möglichkeiten hat eine    passen. Wie eine Stiftung konkret vorgeht,
        Möglichkeiten       gemeinnützige Stiftung bei der   wenn sie mit Wirkung anlegen will, darüber in-
                            Vermögensanlage?
                                                             formiert das Kapitel Vorgehen. Diese vier Kapi-
                            Seite 14
                                                             tel bilden den roten Faden der Publikation, die
                                                             modular aufgebaut ist: Man kann bei einem be-
                                                             liebigen Kapitel einsteigen, entsprechend dem
                            In welcher Form passen
           Eignung          Wirkungsanlagen zu unserer       jeweiligen Kenntnisstand.
                            Stiftung?                            Der vorliegende Leitfaden soll helfen, die
                            Seite 18                         Rolle von Wirkungsanlagen bei der Verwirkli-
                                                             chung des Stiftungszwecks zu erkennen und
                                                             passend umzusetzen. Verfasst wurde er vom
                            Was sind die Schritte zum
                                                             Center for Philanthropy Studies (CEPS) der
          Vorgehen          Anlegen mit Wirkung?             Universität Basel und der Alternativen Bank
                            Seite 22                         Schweiz AG (ABS).
9   | Mit Wirkung anlegen

Gegenstand: Was ist eine
Wirkungsanlage?
Als Einstieg in den Leitfaden klärt das folgende Kapitel Begrifflichkeiten im Zusammenhang
mit Wirkungsanlagen und Stiftungen. Es wird erläutert, was unter einer Wirkungsanlage
verstanden wird und wie sich diese von anderen Anlagen abgrenzen lässt. Wie in der Praxis
Wirkungsanlagen umgesetzt werden, wird anhand von zwei realen Beispielen aufgezeigt.

                Charakteristika von
               ­Wirkungs­anlagen
               Anlegen mit Wirkung beabsichtigt neben einer
               finanziellen auch eine positive soziale respekti-
               ve ökologische Rendite zu erreichen. Der engli-     Nachhaltige Anlagen, ESG-Kriterien und
               sche Begriff für Wirkungsanlage «Impact Inves-      Wirkungsanlagen:
                                                                   Was ist der Unterschied?
               ting» (Impact = Wirkung, Investing = anlegen)
                                                                   Nachhaltige Anlagen sind Investitionen, bei
               hat in den letzten Jahren auch in der Schweiz       denen mehr berücksichtigt wird als rein fi-
               starke Verbreitung gefunden, so dass ihn viele      nanzielle Aspekte. Sie werden anhand von
               Publikationen und Angebote von Vermögens-           ESG-Kriterien bewertet. ESG steht dabei für
               verwaltern verwenden.                               E = Environment (Umwelt), S = Social und
                                                                   G = Governance. Zur Auswahl der Anlagen
                   Wirkungsanlagen lassen sich durch die
                                                                   gibt es verschiedene Methoden. Es werden
               Absicht charakterisieren, mit einer Investition     beispielsweise Sektoren wie die Rüstungs-
               gleichzeitig eine finanzielle sowie eine sozial-    industrie oder die Tabakbranche ausge-
               ökologische Rendite zu erzielen. Häufig wird        schlossen oder die besten Unternehmen ei-
               diese Beschreibung durch zwei weitere Krite-        nes Sektors nach dem Best in Class-Prinzip
               rien ergänzt: Die sozial-ökologische Rendite        herausgefiltert. Wirkungsanlagen können
                                                                   als eine Unterkategorie von nachhaltigen
               soll erstens bewusst angestrebt und zweitens
                                                                   Anlagen betrachtet werden.6 Um Anlagen
               gemessen werden.3 Diese Prinzipien sind auch        zweckkonform auszurichten, kommen Aus-
               in der Arbeitsdefinition der Arbeitsgruppe Im-      schlusskriterien eine zentrale Bedeutung zu,
               pact Investing von Swiss Sustainable Finance        da sie ein Zuwiderlaufen von Stiftungszweck
               enthalten und werden unter den Begriffen «In-       und Vermögensbewirtschaftung vermeiden
                                                                   helfen (mehr zum Thema Ausschlusskrite-
               tentionality», «Management» und «Measurabi-
                                                                   rien findet sich beispielsweise im Praxis-
               lity» zusammengefasst.4 Bei Wirkungsanlagen         handbuch «Impact Investing», welches vom
               handelt es sich eher um Direktinvestitionen.5       Bundesverband Deutscher Stiftungen e.V.
               Dass diese jedoch sehr unterschiedliche For-        veröffentlicht wurde).7 Gemeinsam ist den
               men annehmen können, zeigt die Übersicht der        nachhaltigen Anlagen und den Wirkungsan-
               verschiedenen Finanzinstrumente am Ende der         lagen, dass die sozial-ökologischen Konse-
                                                                   quenzen der Anlage berücksichtigt werden.
               Publikation. Anlegen mit Wirkung liegt somit
                                                                   Bei Wirkungsanlagen spielt darüber hinaus
               zwischen klassischer Philanthropie und reiner       die Messbarkeit der Wirkung eine wichtige
               Profitmaximierung. Die Abbildung Anlagespek-        Rolle.8
               trum auf der nächsten Seite zeigt eine Darstel-         Die Differenzierung zwischen anderen
               lung der finanziellen und sozial-ökologischen       Formen von nachhaltigen Anlagen und Wir-
                                                                   kungsanlagen ist in der Praxis allerdings
               Renditen. Das rechte obere Feld umfasst die
                                                                   nicht immer einfach, da beispielsweise auch
               Wirkungsanlagen und vereint die zwei Rendi-         börsenkotierte Wirkungsanlagen existieren9
               tearten. Dabei werden für beide Renditearten        und es keine rechtliche Definition von Wir-
               Mindestrenditen definiert. Im Gegensatz zur         kungsanlagen gibt.10 Börsenkotierte Wir-
               klassischen Philanthropie beabsichtigt die Wir-     kungsanlagen haben den Vorteil, dass sie
               kungsanlage nicht nur eine sozial-ökologische,      liquid sind. Solche Anlagen bedürfen jedoch
                                                                   ebenfalls einer sorgfältigen Prüfung hin-
               sondern auch eine finanzielle Rendite. Erläute-
                                                                   sichtlich ihrer positiven und negativen Wir-
               rungen zur Abgrenzung gegenüber nachhalti-          kung.
               gen Anlagen befinden sich im Kasten rechts.
10    | Gegenstand

     Anlagespektrum

Finanzielle                            Messbare sozial-ökologische
  Rendite                                   Mindestrendite

           Reine Profit-             Nachhaltige
           maximierung              Anlagen                       Wirkungsanlagen

                                                                                                         Kapitalerhalt

                 Suboptimaler Bereich                                         Philanthropie

                                                                                                          Sozial-ökologische Rendite
     Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Freireich und Fulton 200911

                      Wirkungsanlagen und Stiftungen                                      zum Organisationszweck aufweisen (­siehe Ab-
                      Ursprünglich war im Stiftungssektor der Be-                         schnitt Rechtliche Rahmenbedingungen auf
                      griff «Mission Investing» stärker verbreitet als                    Seite 14). Die finanzielle Minderrendite wird in
                      der Begriff «Impact Investing». «Mission In-                        diesem Fall durch die zeitgleiche Zweckverfol-
                      vesting» bedeutet übersetzt zweckbezogenes                          gung gerechtfertigt: der Erzielung einer sozial-
                      Investieren.12 Zweckbezogenes Investieren                           ökologischen Rendite.
                      setzt sich aus zweckkonformen und zweckför-
                      dernden Anlagen zusammen (siehe Abbildung
                      Arten des Zweckbezugs).13 Zweckkonforme
                      Anlagen stehen im Einklang mit den auf dem
                      Stiftungszweck basierenden Wertvorstellun-
                      gen. Das heisst, eine Organisation, die sich
                      für Rauchprävention einsetzt, investiert nicht
                      in Tabakunternehmen. In der Praxis werden
                      zweckkonforme Anlagen vor allem mit der An-
                      wendung von Ausschlusskriterien in Verbin-
                      dung gebracht.14 Zweckfördernde Anlagen
                      leisten dazu nachweislich noch einen positiven
                      Beitrag zum Stiftungszweck und können folg-
                      lich durch Wirkungsanlagen umgesetzt werden.
                      Wie dies geschehen kann, zeigen die Beispie-
                      le des WWF und der ­Christoph M ­ erian Stiftung
                      auf den Seiten 12 und 13. Wird bei einer Wir-
                      kungsanlage von einem nicht kompetitiven
                      Rendite-Risiko-Profil ausgegangen (siehe Kas-
                      ten nächste Seite), sollte der Wirkungsbereich
                      der sozial-ökologischen Rendite einen Bezug
11    | Gegenstand

     Arten des Zweckbezugs

                           Zweckkonform                                  Zweckfördernd

Investition 1

Investition 2

Investition 3

Investition 4

Investition 5

Investition 6

Investition 7

Investition 8

Investition 9

Investition 10

Investition 11

Investition 12

Investition 13

Investition 14

Investition 15

Quelle: eigene Darstellung, basierend auf Schneeweiss und Weber 201215

                       Kompetitive Renditen und Wirkungsanteil              Finanzinstrumente zur Umsetzung
                       Ob mit einer Wirkungsanlage ein kompeti-             von Wirkungsanlagen
                       tives Rendite-Risiko-Profil erreicht werden          Unter Finanzinstrumenten werden beispiels-
                       kann, ist Gegenstand aktueller Debatten.             weise Aktien, Darlehen oder Fonds verstanden.
                       Nach Ansicht der Autoren dieses Leitfadens
                                                                            Wirkungsanlagen beruhen in erster Linie auf be-
                       kann es solche Investments geben und wer-
                       den sich solche in Zukunft noch mehr ent-            reits bestehenden Finanzinstrumenten.17 Diese
                       wickeln. Häufig unterliegen Wirkungsanla-            werden durch innovative Finanzinstrumente wie
                       gen jedoch dem Zielkonflikt zwischen einer           Social Impact Bonds ergänzt. Eine Tabelle am
                       finanziellen und einer sozial-ökologischen           Ende des Leitfadens gibt einen Überblick über
                       Rendite. Wenn bei Wirkungsanlagen auf ein
                                                                            Finanzinstrumente im Bereich Wirkungsanlagen.
                       kompetitives Rendite-Risiko-Profil fokus-
                       siert wird, steigt häufig das Risiko, dass der
                       Wirkungsteil an Gewicht verliert. Es emp-
                       fiehlt sich deshalb, sich bewusst mit diesem
                       Zielkonflikt auseinanderzusetzen. Die Abwä-
                       gung hat zudem auch rechtliche Auswirkun-
                       gen (siehe Abschnitt Rechtliche Rahmenbe-
                       dingungen auf Seite 14).
                           Übrigens: Es gibt auch die Abwägung
                       zwischen einer philanthropischen Förderung
                       und einer Wirkungsanlage. Für diese Abwä-
                       gung spielt es eine Rolle, ob ein sozial-ökolo-
                       gisches Problem auf unternehmerische Wei-
                       se gelöst werden kann, denn «Nicht jedes
                       soziale oder ökologische Problem ist mit den
                       Werkzeugen des Marktes zu lösen.» 16
12   | Gegenstand

              Beispiel World Wildlife Fund –
              fördern mittels Klimaanleihen

                                                                                               © Florian Haenggeli / WWF
              Der WWF verfolgt mit seinen Projekten auf in-      Fördern der Organisationsziele mit Wirkungs­
              ternationaler, nationaler und regionaler Ebene     anlagen: Das globale WWF-Ziel im Bereich Kli-
              immer dasselbe grosse Ziel: Gemeinsam schüt-       ma und Energie lautet: Eine Gesellschaft, in der
              zen wir die Umwelt und gestalten eine lebens-      Menschen und Biodiversität geschützt sind und
              werte Zukunft für nachkommende Generatio-          welche die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius
              nen. Um dieses Ziel zu erreichen, setzt sich der   begrenzt. Dieses Ziel wird auch mit dem in-
              WWF für den Erhalt der Biodiversität auf der       vestierten Vermögen unterstützt: Einerseits
              ganzen Welt ein und hilft, den Ressourcenver-      werden Unternehmen, die diesem Ziel entge-
              brauch in nachhaltige Bahnen zu lenken.            genwirken, ausgeschlossen. Dies gilt beispiels-
                                                                 weise für Förderer fossiler Energieträger oder
              Zielkonflikte in der Anlagenpolitik: Der WWF       die Flugindustrie. Andererseits werden Anlagen
              hat in seiner Reservepolitik definiert, wie hoch   im Bereich erneuerbarer Energien bevorzugt.
              seine Reserven sein sollen, um Marktrisiken wie        Über die Wirkungsanlagen entfaltet das
              Spendeneinbrüche abfedern und seine mehr-          Anlagevermögen des WWF beispielsweise bei
              jährigen Projekte finanzieren zu können. Diese     Wind- und Solarparks eine positive Wirkung.
              Reserven will der WWF im Einklang mit seiner       Zudem finden Klimaanleihen Eingang ins Port-
              Mission investieren und hat darum ein eige-        folio. Diese Anleihen werden zur Finanzierung
              nes Anlagereglement errichtet. Die nachhalti-      von zweckgebundenen Projekten ausgegeben,
              ge, zweckkonforme Anlage der Gelder steht im       welche die Folgen des Klimawandels entweder
              Vordergrund und gleichzeitig sollen die Finanz-    abmildern oder helfen, sich an sie anzupassen.
              anlagen einen möglichst grossen Beitrag zur        Hierzu zählen unter anderem Transport- und
              Finanzierung der eigenen Tätigkeit leisten. Da-    Infrastrukturprojekte, die den Bau von städti-
              bei gilt es die Renditen und Risiken in ein mög-   schen Nahverkehrssystemen, Schulen, Kran-
              lichst gutes Verhältnis zu stellen. Weiter soll    kenhäusern sowie die Energieversorgung unter-
              die Vermögensbewirtschaftung kostengünstig         versorgter Regionen finanzieren. Klimaanleihen
              sein. Abschliessend werden Anforderungen zur       sind ein wichtiges Finanzierungsinstrument,
              Berichterstattung (Einhaltung der Nachhaltig-      um die internationalen Verpflichtungen zur Be-
              keitskriterien) festgelegt. Die Herausforderung    grenzung des Klimawandels erfüllen zu können.
              in der Vermögensanlage ist es, Zielkonflikte,
              die zwischen Rendite, Risiko, Liquidität und
              Nachhaltigkeit bestehen, bestmöglich gegen-
              einander abzuwägen.
13   | Gegenstand

              Beispiel Christoph Merian Stiftung –
              Wirkungsanlagen mit Tradition

                                                                                               © Kathrin Schulthess / Christoph Merian Stiftung
              Die Christoph Merian Stiftung wurde 1886 ge-       derkehrenden Kosten (Betrieb, Instandhaltung
              gründet. Sie fördert Projekte in den Bereichen     und Instandsetzung) sowie die Verzinsung
              Soziales, Kultur, Natur und Lebensraum Stadt in    deckt. Wurde der Kauf von zweckbestimmten
              Basel. Neben der Förderung hat die Stiftung mit    Liegenschaften früher aus Fördermitteln finan-
              dem Christoph Merian Verlag, dem Cartoonmu-        ziert, so geht heute der Erwerb von zweckbe-
              seum und den Merian Gärten drei eigene ope-        zogenen Investitionen zulasten des Vermögens.
              rative Engagements. Wichtige Förderprojekte        Die Kostenmiete wird hingegen in der Regel
              sind das Atelier Mondial oder das Basler Stadt-    aus CMS-Fördermitteln finanziert. Die für das
              buch.                                              zweckbestimmte Portfolio der CMS errechnete
                                                                 Kostenmiete beträgt zurzeit rund 4,5 Millionen
              Tradition: Genau genommen praktiziert die          Franken.
              Christoph Merian Stiftung (CMS) Impact In-
              vesting avant la lettre, also seit sie 1886 ihre   Beispiele: Zwei ehemalige Lagerhäuser im
              Aktivitäten aufgenommen hat. So investierte        Dreispitz-Areal in Münchenstein gehören zu
              sie in den 1950er-Jahren in den Bau von Alters-    den jüngsten Beispielen für die Umsetzung
              siedlungen, gab Baurechtsland zu günstigen         von Wirkungsanlagen mittels Immobilien. Die-
              Konditionen an Wohnbaugenossenschaften ab          se wurden von der Stiftung umgebaut und um-
              und stellt bis heute Land und Gebäude für die      genutzt. Heute befinden sich dort das Haus der
              botanischen Merian Gärten sowie für fünf land-     elektronischen Künste, zahlreiche Ateliers und
              wirtschaftliche Pachtbetriebe zur Verfügung.       Wohnateliers für regionale Künstlerinnen und
              In den 1970er- bis 1990er-Jahren erwarb oder       Künstler sowie internationale Gastkunstschaf-
              baute sie Liegenschaften für Museen (Basler        fende und kleinere Gewerbebetriebe. Ein weite-
              Papiermühle, Kunstmuseum Basel Gegenwart,          res Beispiel ist ein ehemaliges Logistikverwal-
              Cartoonmuseum) oder ermöglichte durch den          tungsgebäude, das mit einer Kostenmiete an
              Kauf und Umbau von Liegenschaften Quartier-        den Impact Hub Basel vermietet worden ist.
              zentren, Gassenküchen und Tagesstätten für
              Obdachlose. Da der Anteil der zweckbestimm-
              ten Liegenschaften im Stiftungsportfolio und
              damit auch der Umfang der Mindererträge im-
              mer grösser wurden, führte die Stiftung 2018
              eine Kostenmiete ein. Unter der Kostenmiete
              versteht die CMS einen Mietpreis, der die wie-
14   | Mit Wirkung anlegen

Möglichkeiten: Welche
Möglichkeiten hat eine
gemeinnützige Stiftung bei
der Vermögens­anlage?
Welche Möglichkeiten Stiftungen haben,
um Wirkungsanlagen umzusetzen, hängt
von einer Reihe von Faktoren ab. Der Spiel­
raum wird einerseits durch die rechtlichen
                                                                     die Wirkungsanlagen jedoch mehrheitlich in
Rahmenbedingungen und Good Governan­
                                                                     einen noch nicht etablierten Markt investieren,
ce-Empfehlungen eingegrenzt. Anderer­
                                                                     stellt sich dem Argument der Wettbewerbsver-
seits haben auch die eigenen Anlage­
                                                                     zerrung entgegen.19
richtlinien und der Stiftungszweck einen
                                                                         Es empfiehlt sich, die oben beschriebe-
Einfluss, welche Finanzinstrumente und
                                                                     nen Punkte bei den entsprechenden Behörden
Themenfelder in Frage kommen.
                                                                     prüfen zu lassen, wenn eine Stiftung sich zum
                                                                     ersten Mal mit Wirkungsanlagen auseinander-
                                                                     setzt, wenn der Anteil der Wirkungsanlagen am
               Rechtliche Rahmenbedingungen                          Gesamtportfolio erhöht werden soll oder wenn
               Auf der rechtlichen Ebene gilt es bei Wirkungs-       das zweckbezogene Investieren zu einer Art
               anlagen vor allem zwei Aspekte zu berücksich-         von Erwerbstätigkeit führt.
               tigen: die Zweckerfüllung und die Steuerbefrei-           Bei innovativen oder komplexen Wirkungs-
               ung basierend auf der Gemeinnützigkeit. Die           anlagen (z. B. Anlagen, die konvertiert werden
               Zweckerfüllung wird von der Stiftungsaufsicht,        können) sollte zudem beachtet werden, dass
               die Steuerbefreiung von der Steuerbehörde ge-         es beispielsweise zur Ausarbeitung der Verträ-
               prüft. Mehr zur Relevanz der Anlagevorschrif-         ge sowie zur Risikoeinschätzung spezifischen
               ten für Personalvorsorgeeinrichtungen für ge-         Fachwissens bedarf.20
               meinnützige Stiftungen ist im Kasten rechts zu
               den BVV 2-Vorschriften erläutert.
                    Bei marktüblichen Rendite-Risiko-Profilen
               unterscheiden sich die rechtlichen Rahmenbe-                  Anlagevorschriften für Vorsorge­
               dingungen für Wirkungsanlagen nicht von an-                   einrichtungen: Müssen sich Stiftungen
                                                                             an sie halten?
               deren Anlagen. Wird jedoch auf ein kompetiti-
                                                                             Die Anlagevorschriften für Vorsorgeeinrich-
               ves Rendite-Risiko-Profil verzichtet, führt dies              tungen (Art. 49 ff. BVV 2) können Stiftungen
               zu erhöhten Anforderungen an die sozial-öko-                  als Orientierungshilfe dienen. Sie müssen
               logische Wirkung. Die BVG- und Stiftungsauf-                  von Stiftungen aber nicht zwingend einge-
               sicht des Kantons Zürich (folgend Stiftungs-                  halten werden. 21 Inwiefern Stiftungen grös-
                                                                             sere Risiken eingehen können, hängt von der
               aufsicht Zürich) prüft gemäss ihrem Merkblatt
                                                                             eigenen Risikofähigkeit ab, die unter ande-
               «Vermögensanlage bei klassischen Stiftungen»                  rem durch langfristige Förderverpflichtun-
               beispielsweise bei zweckbezogenen Anlagen,                    gen bedingt ist. 22 Gibt es keine oder kaum
               ob die daraus erzielte Wirkung die Nachteile der              solche Verpflichtungen, können folglich
               Anlage (z. B. bzgl. Liquidität) legitimiert, mögli-           höhere Risiken eingegangen werden. Die
               chen Vorgaben aus der Urkunde entspricht und                  Stiftungsaufsicht Zürich prüft bei Finanzan-
                                                                             lagen neben der Risikofähigkeit (mehr zum
               mit der Risikofähigkeit der Stiftung vereinbar
                                                                             Thema Risikofähigkeit im Kapital Eignung)
               ist.18 Bezüglich der Steuerbefreiung steht die                auch, ob die gewählte Anlagestruktur in der
               Frage im Zentrum, ob das zweckbezogene In-                    Jahresberichterstattung oder im Anlagereg-
               vestieren zu einer Erwerbstätigkeit und Wett-                 lement schlüssig begründet wird. 23
               bewerbsverzerrung führt. Dass Stiftungen über
15    | Möglichkeiten

                 Anlagerichtlinien und ihre                          samtvermögen. Dabei gelten Obergrenzen für
                 ­Bedeutung                                          schweizerische Grundpfandtitel auf Immobilien,
                 Während bei grossen Stiftungen eine schrift-        Bauten im Baurecht sowie Bauland (50 Prozent),
                 lich fixierte Anlagestrategie die Norm darstellt,   für Anlagen in Aktien (50 Prozent), Anlagen in
                 ist sie bei kleinen und mittleren Stiftungen bis-   Immobilien (30 Prozent) und für alternative An-
                 lang wenig verbreitet.24 Anlagerichtlinien be-      lagen (15 Prozent). Diese Anlagen dürfen nur
                 ziehungsweise -reglemente haben eine wich-          mittels diversifizierter Anlagen, diversifizierter
                 tige Funktion, wenn es darum geht, Ziele und        Zertifikate oder diversifizierter strukturierter
                 Struktur der Vermögensanlage verbindlich zu         Produkte vorgenommen werden. Anlagen in
                 regeln. Das Anlagereglement steht im Einklang       Fremdwährungen ohne Währungsabsicherung
                 mit dem Stiftungsstatut und muss überdies der       sind bis 30 Prozent zulässig.
                 Stiftungsaufsicht zur Kenntnis gebracht wer-             Die BVV 2-Vorgaben sowie das genannte
                 den.25 Teilweise ist ein Anlagereglement obli-      Musterreglement der Stiftung Zewo können
                 gatorisch. Die Stiftungsaufsicht Zürich verlangt    unter Umständen den Einsatz von Finanzinst-
                 ein solches ab einem Finanzanlagevermögen           rumenten mit hoher Wirkung erschweren, fallen
                 von fünf Millionen Franken,26 die Stiftung Zewo     diese mit Ausnahme von Klimaanleihen, Hypo-
                 bei mehr als zwei Millionen Franken in Finanz-      thekarforderungen und Immobilien sowie Wan-
                 anlagen und Renditeliegenschaften.27 Die            delanleihen doch meist unter die Kategorie der
                 Stiftung Zewo stellt als Orientierungshilfe ein     alternativen Anlagen. Die Ausarbeitung von An-
                 Musterreglement auf ihrer Webseite zur Verfü-       lagerichtlinien sollte daher zum Anlass genom-
                 gung.28 Die Dachverbände proFonds und Swiss-        men werden, Anlageziele und mögliche Konflik-
                 Foundations sind für Mitglieder kompetente          te derselben zu adressieren. Ziel sollte es sein,
                 Ansprechpartner in diesem Bereich; sie stellen      ein möglichst widerspruchsfreies Regelwerk
                 Mitgliedern beispielsweise Merkblätter zur Ver-     zu erstellen. Zu den Anlagezielen zählen nebst
                 fügung. Gemeinnützige Stiftungen können sich        Liquidität, Sicherheit und Rendite der Anlagen
                 bei der Erstellung eines Anlagereglements auch      weitere Ziele in Bezug auf die Förderung des
                 an den Vorgaben der BVV 2 orientieren (siehe        Stiftungszwecks, die Kosten sowie die Bericht-
                 auch Kasten vorherige Seite). Art. 55 der Ver-      erstattung (siehe Abbildung Anlageziele). Mög-
                 ordnung regelt die Begrenzungen für die ein-        liche Konflikte können sich zwischen folgenden
                 zelnen Anlagekategorien bezogen auf das Ge-         Zielen ergeben:
                                                                     → Liquidität vs. Förderung Stiftungszweck: An-
                                                                        lagen, die eine unmittelbare Wirkung erzielen,
                                                                        sind in der Regel nicht liquide
     Anlageziele                                                     → Kosten vs. Förderung Stiftungszweck: An-
                                                                        lagen, die den Stiftungszweck unmittelbar
                                                                        fördern, sind in der Regel mit höheren admi-
                                                                        nistrativen Kosten verbunden (z. B. durch ein
                                                                        Wirkungsmonitoring)
                                                                     → Kosten vs. Berichterstattung: Je umfangrei-
                        Rendite
                                                                        cher der Wunsch nach Berichterstattung zur
                                                                        Wirkung von Anlagen ist, umso höher sind die
       Bericht-                                                         administrativen Kosten
                                     Sicherheit
       erstattung
                                                                     Nebst dem Anlagereglement ist der Weg der
                                                                     Erstellung und die Beantwortung grundlegen-
                                                                     der Fragen zur Anlagestrategie somit zentral.
                                                                     CRIC, der Verein zur Förderung von Ethik und
        Kosten                          Liquidität                   Nachhaltigkeit bei der Geldanlage, stellt online
                                                                     eine Orientierungshilfe zu Anlagerichtlinien zur
                                                                     Verfügung.29 Die Orientierungshilfe ist eine Zu-
                        Stiftungs-
                                                                     sammenstellung der wesentlichen Fragen, die
                        zweck                                        es bei der Erstellung eines Anlagereglements
                                                                     zu beantworten gilt.
16   | Möglichkeiten

               Good Governance                                      Geeignete Themenfelder für
               Die rechtlichen Rahmenbedingungen für Stif-         ­Wirkungsanlagen
               tungen und gemeinnützige Organisationen all-        Der Bezug zum Stiftungszweck muss bei der
               gemein sind in der Schweiz vergleichsweise li-      Auswahl von Wirkungsanlagen berücksichtigt
               beral. In den letzten Jahren hat sich deshalb der   werden, um sich als Organ möglichst schadlos
               Swiss Foundation Code als selbstregulatorische      zu halten. Ein verbindendes Element zwischen
               Orientierungshilfe etabliert. Der Code äussert      Wirkungsanlagen und dem eigenen Stiftungs-
               sich bis anhin nicht explizit zu Wirkungsanla-      zweck können die Sustainable Development
               gen, geht jedoch auf die Gesamtheit der zweck-      Goals (SDGs) darstellen, da sie sowohl bei
               bezogenen Anlagen (d. h. zweckkonforme und          Wirkungsanlagen als auch bei Organisations-
               zweckfördernde Anlagen) ein. Stiftungen sollen      zwecken als Rahmen genutzt werden, um den
               gemäss dem Code als Wirkungseinheit von För-        positiven Beitrag aufzuzeigen. PRI (Principles
               dertätigkeit und Vermögensbewirtschaftung           for Responsible Investments) präsentiert bei-
               verstanden werden.30 Die Entscheidung über          spielsweise eine Übersicht von Themengebie-
               die Vermögensanlage liegt beim Stiftungsrat,        ten für Wirkungsanlagen und zeigt auf, zu wel-
               wobei er sich bei dieser Entscheidung letztlich     chen SDGs die Themenfelder beitragen.33 Die
               stets an die Vorgaben des Stifters beziehungs-      Abbildung Berührungspunkte zwischen Non-
               weise des Stiftungsstatuts (Stiftungsurkunde        profit-Organisationen und Wirkungsanlagen
               bzw. Anlagereglement, Richtlinien etc.) halten      auf der nächsten Seite ergänzt diese Übersicht
               muss und dabei eine sorgfältige Kapitalan-          durch eine Verknüpfung der SDGs mit den elf
               lage beachtet werden muss. Der Stiftungsrat         Kategorien der internationalen Klassifikation
               entscheidet folglich auch, ob das Vermögen          von Nonprofit-Organisationen.34 Die grosse
               zweckbezogen angelegt werden soll. Eine Ver-        Schnittmenge zwischen den Tätigkeiten von ge-
               pflichtung für eine zweckbezogene Anlage gibt       meinnützigen Organisationen und den SDGs ist
               es dabei nicht. Hingegen sollten basierend auf      offensichtlich. Die Abbildung kann als Grundla-
               der Idee der Wirkungseinheit keine dem Stif-        ge verstanden werden, um für die eigene Orga-
               tungszweck widersprechende Anlagen getätigt         nisation relevante Themenfelder zu eruieren.
               werden.31 Werden Investitionen getätigt, bei
               denen die finanzielle Rendite unter einer markt-
               üblichen Rendite liegt, muss der Stiftungsrat
               erläutern, wie die Investition zur Zweckerfül-
               lung beiträgt.32 Zusammenfassend kann fest-
               gehalten werden, dass der Code eine aktive
               Auseinandersetzung mit dem zweckbezogenen
               Anlegen fordert. Ob und wie Wirkungsanlagen
               umgesetzt werden sollen, wird jedoch offenge-
               lassen.
17       | Möglichkeiten

     Berührungspunkte zwischen Nonprofit-Organisationen und Wirkungsanlagen

                                        Klassifikation von Nonprofit-Organisationen
 Kultur             Bildung      Gesund-          Soziale     Umwelt-       Wohn-            Advocacy    Philanthro-   Inter-          Religion     Wirtschaft
 und Freizeit       und          heitswesen       Dienste     und Natur-    und Ent-         und         pische        nationale
                    Forschung                                 schutz        wicklungs-       Politik     Inter-        Aktivitäten
                                                                            förderung                    mediäre

     1          2         3       4           5        6       7        8          9         10     11      12         13       14       15        16       17

                                                                                                                                                                 Quelle: eigene Darstellung basierend auf einer Darstellung von Morriesen 2018 35

 Ökologisches        Energie-       Erneuerbare       Bezahlbarer   Inklusiver         Bildung      Gesundheit    Nachhaltige        Nachhaltige   Wasser
 Bauen               effizienz      Energie           Wohnraum      Finanzsektor                                  Forstwirt-         Landwirt-
                                                                                                                  schaft             schaft

                                                       Themenfelder von Wirkungsanlagen
1 Keine Armut 2 Kein Hunger 3 Gesundheit und Wohlergehen 4 Hochwertige Bildung 5 Geschlechtergleichheit 6 Sauberes Wasser und Sanitär­
einrichtungen 7 Bezahlbare und saubere Energie 8 Menschwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum 9 Industrie, Innovation und Infrastruktur
10 Weniger Ungleichheiten 11 Nachhaltige Städte und Gemeinden 12 Verantwortungsvoller Konsum und Produktion 13 Massnahmen zum Klimaschutz
14 Leben unter Wasser 15 Leben an Land 16 Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen 17 Partnerschaften zur Erreichung der Ziele
18   | Mit Wirkung anlegen

Eignung: In welcher Form
passen Wirkungsanlagen zu
unserer Stiftung?
Anhand folgender Fragen kann eruiert
                                                                     Die Wahl der Anlageberatung:
werden, in welchen Bereichen eine Umset­                             Worauf zu achten ist
zung von Wirkungsanlagen mit mehr oder                               Kleinen und mittleren Stiftungen fehlen oft-
weniger Herausforderungen verbunden ist.                             mals Wissen und Erfahrung im Anlagebe-
Je mehr Fragen mit einem Ja beantwortet                              reich, weshalb sie auf eine Anlageberatung
werden können, desto einfacher wird es,                              angewiesen sind. CRIC, der Verein zur För-
                                                                     derung von Ethik und Nachhaltigkeit bei der
Wirkungsanlagen umzusetzen. Ein Nein
                                                                     Geldanlage, hat 2017 folgende Kriterien für
hingegen weist auf Herausforderungen                                 die Auswahl definiert:36
hin und zeigt Möglichkeiten auf, wie Wir­                            • Das jeweilige Geschäftsmodell: Dieses sagt
kungsanlagen dennoch umgesetzt werden                                   viel über Motive und Absichten eines Fi-
können.                                                                 nanzdienstleisters aus. Während einige Fi-
                                                                        nanzdienstleister Ethik und Nachhaltigkeit
                                                                        als Marketinginstrument verwenden, gibt
                                                                        es Unternehmen in der Finanzbranche, die
                                                                        eigens zum Zweck gegründet worden sind,
                                                                        verantwortliche und nachhaltige Alternati-
                Besteht in unserer Stiftung                             ven zum konventionellen Finanzsystem an-
               ­bereits Vorwissen?                                      zubieten.
               → Ja!    ann kann auf Grundlage des Anlage-
                        D                                            • Die Kompetenz im Haus und in der Beratung:
                         reglements die konkrete Umsetzung              Im persönlichen Gespräch fällt schnell auf,
                         angegangen werden. Das Reglement               wer kompetent ist. Schöne Prospekte und
                                                                        Webauftritte alleine sagen wenig aus. Es
                         kann nötigenfalls um Vorgaben für die
                                                                        lohnt sich auch die Frage zu stellen, ob Mit-
                         Umsetzung von Wirkungsanlagen wie              arbeitende mit Bonussystemen motiviert
                        Art der Investition, Risikoniveau etc. er-      werden und was damit gefördert werden
                         gänzt werden. Wird für die Umsetzung           soll. Audits oder beratende Gremien wie
                         eine externe Anlageberatung herange-           Ethik- oder Anlagebeiräte können ein Be-
                                                                        leg dafür sein, dass man das Thema ernst
                        zogen, sollten deren Fachleute sowohl
                                                                        nimmt.
                         über Finanzkompetenzen als auch über        • Qualität und Transparenz der Produkte:
                         Qualifikationen im Wirkungsbereich             Die Geldanlage erfolgt in der Regel über
                        verfügen. Fehlt es jedoch an ausrei-            konkrete Anlageprodukte. Da keine allge-
                         chendem Fachwissen, sollte auf jeden           meingültigen Standards gelten, empfiehlt
                         Fall eine rechtliche Abklärung vorge-          es sich darauf zu achten, dass die Abläufe,
                                                                        Prozesse und Verfahren offen kommuni-
                         nommen werden.
                                                                        ziert werden. Als Kundin/Kunde sollte man
               → Nein. Wenn genügend Kapazitäten und Zeit             genau verstehen, wie der Anbieter ethische
                        vorhanden sind, kann man sich das not-          und nachhaltige Anlagen definiert und um-
                        wendige Wissen aneignen, beispiels-             setzt. So kann ein Themenfonds zu Gender
                        weise durch die Wahl von Stiftungs-             Equality auch diesbezüglich vorbildliche
                                                                        Unternehmen aus der klimaschädigenden
                         räten mit entsprechendem Vorwissen,
                                                                        Erdölindustrie enthalten. Abschliessend
                         den Besuch von Veranstaltungen, das            müssen auch die Kosten transparent dar-
                         Studium geeigneter Literatur. Erste An-        gestellt werden.
                         haltspunkte bieten Stiftungsverbände        Diese Kriterien zeigen also auf, wie sehr die
                        wie proFonds, SwissFoundations oder          Unabhängigkeit der Beratung und der Um-
                         Swiss Sustainable Finance, der Bran-        gang mit Interessenskonflikten für die Wahl
                                                                     einer Anlageberatung wesentlich sind. Un-
                         chenverband von Anbietern im Bereich
                                                                     abhängige Investmentberatungen können
                         der nachhaltigen Anlagen. Auf was bei       bei der Auswahl von Finanzdienstleistern
                         der Wahl einer Beratung geachtet wer-       und Produkten helfen, allerdings fallen da-
                         den sollte, wird im folgenden Kasten        durch zusätzliche Kosten an.
                         erläutert:
19   | Eignung

 Gibt es zu unserem Stiftungszweck passende
­Anlagemöglichkeiten?
→ Ja!    ann steht der Auswahl von zweckbezogenen Anlagen diesbezüglich
         D
          nichts im Weg (mehr zum Thema Zweckbezug im Abschnitt Wirkungs-
          anlagen und Stiftungen auf Seite 10).
→ Nein. In diesem Fall gibt es häufig dennoch Möglichkeiten, Wirkungsanlagen
          in einer ihrer vielfältigen Formen umzusetzen. Vergessen geht teilweise
          die Möglichkeit der Zurverfügungstellung von Immobilien für Destinatäre.
          Es gilt zudem zu überlegen, ob es Zweckbereiche gibt, die für Wirkungs-
          anlagen bis anhin wenig berücksichtigt worden sind, sich aber eignen
         würden. Letzteres ist besonders relevant, wenn der Stiftungszweck breit
          gefasst ist. Ist all dies aufgrund des Zwecks nicht möglich, so kann zu-
          mindest eine Überprüfung des Anlageportfolios hinsichtlich der ESG-Kri-
         terien vorgenommen werden (siehe Kasten auf Seite 9).

                 Kann unsere Stiftung finanziell
                 grosse Risiken verkraften?37                              Risikofähigkeit
                                                                           Wie viel Risiko kann unsere Stiftung mit ihren
                 → Ja!     ie Stiftung verfügt über eine hohe Risi-
                           D
                                                                           Anlagen eingehen? Antwort auf diese Frage
                           kofähigkeit (siehe Kasten rechts). Dann         gibt das Risikoprofil. Dieses besteht aus der
                           sind Wirkungsanlagen entlang des                Risikofähigkeit und -bereitschaft. Die Risiko-
                           ganzen Spektrums möglich: Es kann               fähigkeit der Stiftung bestimmt sich durch
                           beispielsweise sowohl in etablierte als         objektive Kriterien wie:
                                                                           • die vorhandene Liquidität (je mehr unge-
                           auch in junge Unternehmen investiert
                                                                              bundene flüssige Mittel vorhanden sind,
                          werden. Falls der Gründungsprozess                  umso risikofähiger ist eine Stiftung)
                           der Stiftung noch nicht abgeschlossen           • den Anlagehorizont (je länger der Horizont,
                           ist, kann zudem darüber nachgedacht                umso höher die Fähigkeit, Schwankungen
                          werden, in der Stiftungsurkunde die Be-             auszugleichen)
                           rücksichtigung von nachhaltigen und             Die Risikobereitschaft handelt von der Frage,
                                                                           mit welchen Kursschwankungen sich eine
                          wirkungsorientierten ­Anlageformen für
                                                                           Stiftung noch wohlfühlt. S    ­pendenbasierte
                           die Vermögensanlage festzuhalten.               Stiftungen reagieren meist sensibler auf
                 → Nein. In diesem Fall gibt es auch Investitions-       Wertschwankungen als Stiftungen mit fes-
                           möglichkeiten, die ein geringeres Risi-         tem Vermögen.
                           ko beinhalten. Dies können retailfähige              Risikofähigkeit und -bereitschaft führen
                                                                           zu einer Einteilung in ein werterhaltendes,
                           Mikrofinanzanlagefonds oder Obliga-
                                                                           ausgewogenes oder dynamisches Risiko-
                          tionen mit guter Bonität in Franken sein         profil. Im Grundsatz gilt: Je höher die Risiko-
                          wie Klimaanleihen Schweizer Kantone              fähigkeit und -bereitschaft ist, desto höher
                           und Städte mit einem AAA-Rating.                darf die Renditevorstellung sein. Renditevor-
                                                                           stellungen und Risikoprofil müssen somit im
                                                                           Einklang zueinanderstehen. Eine sorgfälti-
                                                                           ge Abklärung lohnt sich. Entscheide sollten
                                                                           zudem nur nach dokumentierter Aufklärung
                                                                           durch eine Anlageberatung getroffen wer-
                                                                           den, um Pflichtverletzungen des Stiftungs-
                                                                           rats weitestgehend zu vermeiden.
20   | Eignung

Möchte und darf unsere Stiftung langfristig
zugunsten von Wirkungsanlagen weniger aus­
schütten oder das Grundstockvermögen ver­
kleinern?
→ Ja!    as bedeutet, dass in der Stiftungsurkunde keine Vorga-
         D
          ben vorhanden sind, die Wirkungsanlagen ausschlies-
          sen. Auch wenn in der Stiftungsurkunde nichts dazu
          steht, sollte die Möglichkeit niedriger Ausschüttungen
          respektive die Verkleinerung des Grundstockvermögens
          rechtlich abgeklärt werden.
→ Nein. In diesem Fall wird es schwierig, Anlagen ohne kompeti-
         tives Rendite-Risiko-Profil in das eigene Anlageportfo-
                                                                       Qualifizierte Anleger
          lio zu integrieren. Etablierte Wirkungsanlagen, die einen
                                                                       Der Anlegerschutz sieht vor, dass risiko-
          Fokus auf die finanzielle Rendite legen, können aber als     reichere Anlagemöglichkeiten diesbezügli-
          Option geprüft werden.                                       ches Wissen und Erfahrung der Stiftung er-
                                                                       fordern. Die Qualifizierung bestimmt somit
                                                                       die Anlagemöglichkeit. Viele Anlagen mit
                                                                       unmittelbarer Wirkung setzen eine höhere
                                                                       Qualifizierung voraus. Die Qualifizierung ist
                 Ist unsere Stiftung ein                               für die Entfaltung des Wirkpotenzials somit
                 qualifizierter Anleger im Sinne                       zentral. Gemeinnützige Stiftungen können
                                                                       gemäss Art. 4 des Finanzdienstleistungs-
                 des Gesetzes?                                         gesetzes (FIDLEG) den Status als quali-
                 → Ja!	 Die Stiftung verfügt über eine profes-       fizierter Anleger erreichen, wenn sie über
                          sionelle Tresorerie, erfüllt gewisse Grös-   eine professionelle Tresorerie verfügen oder
                          senkriterien (siehe Kasten rechts) oder      zwei von drei Grössenkriterien überschrei-
                          verfügt über genügend Vermögen, um           ten (Bilanzsumme von 20 Millionen Fran-
                                                                       ken, Umsatzerlös von 40 Millionen Franken,
                          einen schriftlichen Vermögensverwal-
                                                                       Eigenkapital von 2 Millionen Franken).
                          tungsauftrag abzuschliessen. Ab wel-              Eine professionelle Tresorerie liegt vor,
                          chem Vermögen ein solcher Vertrag mit        wenn mindestens eine fachlich ausgewiese-
                          einem Vermögensverwalter abgeschlos-         ne und im Finanzbereich erfahrene Person
                          sen werden kann, ist je nach Vermö-          damit betraut ist, die Finanzmittel dauernd
                          gensverwalter unterschiedlich. Häufig        zu bewirtschaften. Die Beauftragung einer
                                                                       unabhängigen Vermögensverwaltung gilt
                          liegt das Mindestvolumen bei 200’000
                                                                       nicht als professionelle Tresorerie. Übt hin-
                          bis 500’000 Franken. Es kann aber auch       gegen ein beruflich hinreichend qualifizier-
                          höher liegen.                                tes unabhängiges Organ der Stiftung die
                 → Nein. 
                          Die Stiftung verfügt weder über die          Funktion der Vermögensverwaltung aus, darf
                          Kompetenzen in der Organisation noch         von einer professionellen Tresorerie ausge-
                                                                       gangen werden.
                          über das notwendige Vermögen für
                                                                            Stiftungen, die einen schriftlichen Ver-
                          einen schriftlichen Vermögensverwal-         mögensverwaltungsvertrag abgeschlossen
                          tungsauftrag. Der Stiftung stehen die        haben, gelten für das vergebene Mandat als
                          in der Schweiz für unqualifizierte An-       qualifizierte Anleger, sofern sie nicht schrift-
                          leger zugelassenen Anlagen zur Verfü-        lich erklärt haben, dass sie nicht als solche
                          gung. Zudem gibt es wie in der Tabelle       gelten wollen (Opting-out). Gilt eine Stiftung
                                                                       weder als qualifizierter Anleger aufgrund von
                          am Ende auch weitere Formen zur Wir-
                                                                       Art. 4 FIDLEG noch wurde ein Vermögensver-
                          kungserzielung, wie Immobilienbesitz         waltungsvertrag abgeschlossen, dann redu-
                          oder die Vergabe von Darlehen, für wel-      ziert sich das Spektrum an Anlageinstrumen-
                          che eine Stiftung ebenfalls kein quali-      ten auf Retailprodukte. Bei Retailprodukten
                          fizierter Anleger sein muss.                 handelt es sich um Anlagen, die gemäss Ge-
                                                                       setzgeber für Kleinkundinnen und -kunden
                                                                       zugelassen sind.
21   | Eignung

                  Es kann festgehalten werden, dass je nach            Die Stiftung Wasser (türkis) fördert die
                 ­Stiftung die Umsetzung von Wirkungsanlagen           ­Restauration von Brunnen in der Schweiz.
                  mehr oder weniger einfach ist. Ihre Vielfalt lässt    Mit einem Anlagevolumen von 35 Millionen
                  aber für sehr viele Stiftungen eine oder mehrere      Franken hat sie eine gewisse Grösse und kann
                  Formen zu. Risikoarme, liquide Wirkungsanla-         finanzielle Risiken abfedern. Da sich eine Per-
                  gen sind dabei häufig einfacher umsetzbar. Wie        son dauerhaft um die Finanzen kümmert, ist
                  im ersten Kapitel Gegenstand erläutert, sollte        entsprechendes Vorwissen vorhanden. Der
                  bewusst entschieden werden, welche Ausrich-          Zweckbereich dieser Stiftung ist sehr spezi-
                 tung hinsichtlich der finanziellen und sozial-        fisch. Deshalb gibt es kaum Wirkungsanlagen.
                  ökologischen Rendite gewählt wird. Wurden            Auf eine finanzielle Rendite möchte die Stiftung
                  eine oder mehrere Fragen mit einem «Nein» be-         aber nicht verzichten und sucht nun nach An-
                  antwortet und sind auch die darin enthaltenen         lagemöglichkeiten, die in ihrem Sinne sind. Eine
                 Alternativen nicht möglich, obschon das Be-           Überprüfung hinsichtlich Ausschlusskriterien
                  dürfnis nach Wirkungsanlagen besteht? Dann            hat die Stiftung bereits vorgenommen. Obwohl
                  empfiehlt es sich, falls nicht sowieso schon          die Stiftung auf Anhieb keine passenden An-
                  geschehen, den Einsatz anderer Formen von             lagemöglichkeiten gefunden hat, möchte sie in
                  nachhaltigen Anlagen zu prüfen.                      Zukunft nochmals überprüfen, ob es im Bereich
                                                                        Immobilien möglich wäre, Wirkung zu erzielen.
                Zusammenfassend sind die fünf Fragen in der
                Tabelle unten aufgeführt. Die Tabelle wurde bei- Die Stiftung biologische Landwirtschaft (vio-
                spielhaft für zwei fiktive Stiftungen ausgefüllt. lett) beschäftigt sich erst seit kurzem mit dem
                                                                  Thema. Aktuell beläuft sich ihr Vermögen auf
                                                                  rund 5 Millionen Franken. Die Stiftung hat noch
                                                                  keinen professionellen Partner für Finanzie-
                                                                  rungs- und Vermögensfragen. Sie möchte sich
                                                                  in einem nächsten Schritt von einer kleinen
                                                                  Auswahl an Vermögensverwaltern zu Anlage-
                                               Ja     Nein        möglichkeiten beraten lassen. Die Stiftung hat
                                                                  bereits in Erfahrung gebracht, dass es in ihrem
Besteht in unserer Stiftung                                       Zweckbereich «biologische Landwirtschaft»
bereits Vorwissen?                                                Wirkungsanlagen gibt. Da im Stiftungsstatut
                                                                  explizit vorgesehen ist, dass das Grundstock-
Gibt es zu unserem Stiftungszweck                                 vermögen verkleinert oder sogar aufgebraucht
passende Anlagemöglichkeiten?                                     werden darf, kann die Stiftung mit denjenigen
                                                                  Mitteln, welche noch nicht als Fördermittel ge-
Kann unsere Stiftung finanziell                                   sprochen wurden, grössere Risiken eingehen.
grosse Risiken verkraften?

Möchte und darf unsere Stiftung
langfristig zugunsten von Wirkungs-
anlagen weniger ausschütten oder
das Grundstockvermögen verkleinern?

Ist unsere Stiftung ein qualifizierter
Anleger im Sinne des Gesetzes?
22   | Mit Wirkung anlegen

Vorgehen: Was sind die
Schritte zum Anlegen mit
Wirkung?                                                           Sieben Schritte
                                                                   zur Wirkungsanlage
In den vorherigen Kapiteln wurde erklärt,
was Wirkungsanlagen sind, welche Mög­
lichkeiten es zu deren Umsetzung gibt und
inwiefern sie sich für die eigene Organi­                               1. Kompetenzen
sation eignen. Abschliessend werden die                                   → intern
                                                                          → extern
Inhalte in sieben Schritten zusammenge­
fasst (siehe Abbildung rechts). Die sieben
Schritte dienen als Orientierungshilfe,
wenn Wirkungsanlagen ins Anlageportfolio
aufgenommen werden sollen.
                                                                        2. Ziele
                                                                              → Motivation
                                                                              → Formulierung von
                                                                               Wirkungszielen und
                                                                                finanziellen Zielen

               1. Kompetenzen                                          3. Art der Investition
               Zunächst ist abzuklären, welche und wie vie-               → Anlageinstrument
                                                                          → Themenfelder
               le Kompetenzen bereits intern vorhanden sind
               und ob weitere benötigt werden. Fachwissen ist
               beispielsweise zur Erstellung des Anlageregle-
               ments nötig, wenn dieses im Hinblick auf Wir-            4. Anlagereglement
               kungsanlagen überarbeitet werden soll. Falls                   → erstellen
               das Fachwissen in der Organisation selbst nicht                → anpassen
               vorhanden ist, kann dieses auch extern einge-
               holt werden (siehe auch Kapitel Eignung).

               2. Ziele                                                 5. Rechtliche Abklärungen
               Die Festlegung von Zielen bildet den Grund-                 → Stiftungsaufsicht
                                                                           → Steuerbehörde
               stein für die Ausrichtung der Wirkungsanlagen.
               Wichtige Fragen, die es zu klären gilt, sind:
               • Warum sollen Wirkungsanlagen ins Portfolio
                  aufgenommen werden?
                                                                        6. Umsetzung
               •W  elche Ziele werden damit verfolgt?                        → Vermögensverwaltung
               Dabei ist zu überlegen, wie respektive welche                  → intern
               der Wirkungsziele durch Wirkungsanlagen und
               welche mit rein philanthropischen Instrumen-
               ten umgesetzt werden sollen. Die Wirkungszie-
               le sind schriftlich festzuhalten, unter anderem          7. Überprüfung
               als Grundlage für die Wirkungsüberprüfung.                  → finanzielle Rendite
               Dasselbe gilt auch für die finanziellen Ziele der           → Wirkung
               Wirkungsanlagen und weitere Aspekte wie das                 → Exit
                                                                           → Risiko
               gewählte Risiko oder die Liquidität der Anlage.

                                                                   Wirkungsanlage
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