Stiftungswelt - Stiften bleibt anders Hier entsteht das nächste Geben - Stiftungen.org
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Stiftungswelt WINTER 2019 SPURENSUCHE: Wohin NEUE VIELFALT: Infografik zu WOLFGANG TILLMANS: Der entwickelt sich das Stiften? den heutigen Formen des Stiftens Fotograf und Stifter im Interview Stiften bleibt anders Hier entsteht das nächste Geben
Stiftungsmanagement auf Augenhöhe. Anspruch verbindet. Für meine gemeinnützige Stiftung hat eine stabile Vermögens- entwicklung erheblichen Einfluss auf die Finanzierung unserer Projekte. Die speziell ausgebildeten Berater der Weberbank berücksichtigen bei der Verwaltung des Stiftungsvermögens selbstverständlich die in unserer Satzung festgehaltenen ethischen Investmentvorgaben. Mein Berater bei der Weberbank Actiengesellschaft: Robby Pietschmann, Leiter Institutionelle Kunden, Tel. 030 89798-588, robby.pietschmann@weberbank.de Die Privatbank der Hauptstadt.
Intro Liebe Kolleginnen und Kollegen, vielleicht geht es Ihnen wie mir: Ihre Gremien möchten wissen, wie sich das Stiften jenseits der eigenen Organisation, jenseits der eige- nen Netzwerke, vielleicht sogar über Grenzen hinweg verändert. Aus diesem Interesse meiner Stiftung und einem Gespräch mit Generalsekretär Felix Oldenburg entstand Anfang 2018 die Initia- tive #NextPhilanthropy des Bundesverbandes Deutscher Stiftun- gen. Seitdem haben wir Interessantes aus aller Welt über aktuel- 1 le Trends und Transformationen des Stiftens gesammelt und dis- kutiert. Eine Aktivität hat mich besonders beeindruckt: In seinen STIFTUNGSWELT Winter 2019 Intro sozialen Medien informiert der Bundesverband dreimal in der Woche über wissenswerte Entwicklungen in diesem Bereich. Diese „Stiftungswelt“ richtet den Blick auf ein Stiften, das sich immer wieder neu erfunden hat – und spannt einen Bogen vom Frankfurter Stifter Johann Friedrich Städel über aktuelle Strategie- prozesse in Stiftungen bis hin zu den Rückfragen jüngerer Generatio- nen, für die wir das Stiften vielleicht neu beschreiben müssen. Foto: Peter Gwiazda/Stiftung Mercator Ich freue mich auf die Gespräche mit Ihnen! Ihr Michael Schwarz Geschäftsführer der Stiftung Mercator und Mitglied im Beirat des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen
56 60 Fotos: Jörg Faber (diese Seite oben), Körber-Stiftung/Claudia Höhne (diese Seite links), David Ausserhofer (diese Seite rechts), Detlef Eden (Coverfoto und Seite 3) 2 STIFTUNGSWELT Winter 2019 Inhalt Stiftungsinfo Stiftungsinfo Winter 2019 Servicebeilage exklusiv für unsere Mitglieder 24 2 Was Sie über die erweiterten Grundsätze guter Stiftungspraxis wissen sollten 10 Wie das Erbrecht den digitalen Nachlass regelt 12 Warum sich Impact Investing Die Fotos auf dem Cover und im Schwerpunkt doppelt lohnen kann haben die Berliner Fotografen David Ausserhofer und Detlef Eden für uns aufgenommen. www.ausserhofer.de · www.detlef-eden.de STIFTUNGSINFO Unsere Mitglieder erhalten zu jeder Stiftungswelt diese hilfreiche Servicebeilage.
Inhalt Stiftungswelt Winter 2019 6 – 51 Titel Stiften bleibt anders 1 Intro 35 Geht nicht? Geht doch! Diese rechtlichen 4 Panorama Aspekte gilt es beim internationalen Engagement von Stiftungen zu beachten 38 Der Wert des Kreises „Giving Circles“ sind Titel eines der letzten philanthropischen Instrumente in repressiven Regimen 8 Der Club der nächsten Stifter Wohin entwickelt sich das Stiften? Eine Spurensuche 40 Es wird heißer Kommt die Debatte um die Legi- timität von Stiftungen auch nach Deutschland? 3 14 Stiften wird bunter Neue Formen des Gebens treten auf den Plan. Eine Übersicht 44 Die Philanthropie auf dem Weg in die STIFTUNGSWELT Winter 2019 Inhalt Zukunft Beispiele aus aller Welt 16 Vielfalt im Geben, Einheit im Ziel Die Stärke der nächsten Philanthropie liegt in ihrer Vielfalt 46 Philanthropen unter Palmen Können Digital- nomaden auch geben? 18 Democracy Dies in Darkness Warum Stiftungen Journalismus fördern sollten 48 Kunst für alle Wie Johann Friedrich Städel das Stiften seiner Zeit revolutionierte 19 Justus von Daniels über datengetriebene Recherchen im Lokalen 50 Literatur zum Thema Next Philanthropy 19 Cornelia Gerlach über die Medienlandschaft im Einwanderungsland Deutschland 52 Zwischen den Brücken Fotograf und Stifter 21 Zweispurig unterwegs Das Start-Up Social-Bee Wolfgang Tillmans im Gespräch vermittelt Geflüchtete an Unternehmen 56 „Die rechtlichen Rahmenbedingungen für Stiftungen verbessern“ Interview mit Marie-Alix Ebner von Eschenbach 28 Wenn Vertrauen Wirkung macht Auftakt der 60 Kleine Schritte, große Wirkung Stiftungen, Initiative #VertrauenMachtWirkung die neue Themen anfassen, bewegen mehr 29 9 Thesen zur Zukunft des Stiftens von der 68 Personalia Initiative #VertrauenMachtWirkung 72 Meldungen 30 Stiften wird politisch Warum gerade jetzt wieder Haltung gefragt ist 76 Medien 32 Treffen sich zwei Stiftungen … Wie durch Ko- 79 Outro/Impressum operationen verschiedener Partner alle profitieren 80 Abgestaubt
Panorama Anstifter Gemeinsam Ressourcen sparen Dass es in einer „Wegwerfgesellschaft“ auch gegenläufige Tenden- zen gibt, bewies der weltweite „International Repair Day“, der am 19. Oktober 2019 stattfand. Er soll Bewusstsein für die Qualität und Herstellungsbedingungen von Produkten schaffen und uns da- zu anregen, unser Konsumverhalten zu überdenken. Auch Stiftun- gen unterstützen das gemeinsame Reparieren: Die „anstiftung“ et- wa fördert Open-Source-Projekte, Offene Werkstätten und Repara- tur-Initiativen. Ziel dieser ehrenamtlichen Projekte ist es, die Nut- zungsdauer von Gebrauchsgütern zu verlängern und Ressourcen zu sparen. Seit 2014 erlebt die Reparatur-Bewegung – auch DIY (Do It Yourself ) genannt – immer mehr Zulauf. Bis heute haben sich deutschlandweit rund 1.000 Initiativen gegründet – und ihre Zahl wächst weiter. 4 »Zur Stärkung des zivilgesellschaftlichen STIFTUNGSWELT Winter 2019 Panorama Engagements und Ehrenamts planen wir unter anderem eine Verbesserung des Gemeinnützigkeits- und Stiftungsrechts.« Auszug aus der Bestandsaufnahme über die Umsetzung des Koalitionsvertrages durch die Bundesregierung Richtigstellung: In der letzten Ausgabe haben wir das Zitat fälschlicherweise dem Komedian Dr. Eckart von Hirsch- hausen zugeschrieben. Dieser hatte allerdings seinerseits den damaligen US-Präsidenten Barack Obama zitiert.
Meistgelesen auf stiftungen.org Drei Fragen an Dr. Volkhard Wille OroVerde – Die Tropenwaldstiftung Herr Dr. Wille, seit wann ist Gold grün? Dr. Volkhard Wille: Seitdem Artenviel- falt Reichtum ist. Der unermessliche Schatz der Biodiversität in den Tropen- Das neue Leben des toten Geldes wäldern war Anlass, die Tropenwaldstif- tung „OroVerde“ (spanisch: grünes Gold) Bis zu neun Milliarden Euro liegen auf deutschen Konten, deren Ei- zu taufen. gentümer unbekannt sind. Bisher fließt das Geld den Banken zu. Ein Verein schlägt nun vor, dieses Geld für das Gemeinwohl auszugeben. Wenn Sie sich entscheiden müssten: www.stiftungen.org/totes-geld Amazonien oder das Rheinland, wo Ihre Stiftung sitzt? Vor 30 Millionen Jahren lag Amazonien im Rheinland – zumindest herrschte damals in Mitteleu- ropa tropisches Klima mit einer entspre- chend reichhaltigen Tier- und Pflanzen- welt, wie wir aus fossilen Ablagerungen wissen. Wenn zurzeit die Tropenwälder in Amazonien brennen, hat das leider auch mit dem Rheinland zu tun: Das So- Fotos: Johannes Arlt (Anstifter), PhotographyByMK – stock.adobe.com (Totes Geld), Jan Patrick Margraf (Vielfalt in Stiftungen), OroVerde (Porträt Wille) Wo Stiftungen nicht gern hingucken: die ja, das dort angebaut wird, wird auch in blinden Flecken in der Stiftungslandschaft unserer Massentierhaltung verwendet, die anders gar nicht möglich wäre. Blinde Flecken sind Herausforderung und Chance zugleich. Sie zei- 5 gen auf, was man nicht sehen wollte, und geben Hinweise, wo es sich Ein paar Tipps zum Regenwaldschutz STIFTUNGSWELT Winter 2019 Panorama lohnt, genauer hinzuschauen. Der Bundesverband Deutscher Stif- im Alltag? Weniger Fleisch essen – und tungen hat bei fünf Personen aus verschiedensten Arbeitsumfeldern wenn, dann aus regionaler Herkunft nachgefragt, wo die blinden Flecken des Stiftungswesens liegen. und Bioproduktion, bei der kein fremdes www.stiftungen.org/blinde-flecken Futtermittel aus anderen Ländern einge- setzt wird. Jede und jeder kann über sein Konsumverhalten sehr viel für die Tro- penwälder tun. Und Holz aus regionaler Herkunft kaufen, bei uns in Deutschland vor allem Eiche oder Buche. ← Vielfalt in Stiftungen Unbewusste Stereotype können unsere tagtäglichen Entscheidungen beeinflussen. Wer solche Vorurteile in der Personalauswahl über- windet, fördert nicht nur Vielfalt, sondern stärkt auch die eigene Or- ganisation. Die Stiftung Prout at Work gibt Tipps, wie man sich die besten Kompetenzen ins eigene Haus holt. Dr. Volkhard Wille ist Vorstand von www.stiftungen.org/vielfalt-in-stiftungen OroVerde – Die Tropenwaldstiftung
Zukunft des Stiftens Bühne frei! Für die Fotostrecke zu diesem Schwerpunkt haben wir ganz un- terschiedliche Menschen – potenzielle wie langjährige Stiften- de, Mitarbeiter in Stiftungen und Vertreterinnen anderer For- men philanthropischen Engagements – an einem Ort ihrer Wahl in Berlin getroffen und sie gebeten, uns ihre Sicht auf das Stiften zu erzählen: Welche Hoffnungen und Erwartungen verbinden sie mit ihrem Einsatz fürs Gemeinwohl? Welche Trends und Tenden- zen der Philanthropie nehmen sie wahr? Und wie sieht ihre Vision vom Stiften der Zukunft aus? So sind diese Begegnungen unversehens zu einer kleinen Rei- se durch die deutsche Hauptstadt geworden, die in den letz- ten Jahren immer mehr internationale Stiftungen als Stand- und so manches Mal als Zufluchtsort entdeckt haben. Einen Ort, der mit seinen unzähligen Baukränen, Holzpaletten und Umlei- tungsschildern die perfekte Kulisse abgibt für Gespräche über das Heute und Ideen für das Morgen. Denn zur DNA von Berlin scheint zu gehören, dass es sich im ewigen Umbruch befindet – genau wie das Stiften selbst. Fotos: David Ausserhofer
Der Club der nächsten Stifter Wohin entwickelt sich das Stiften? Eine Spurensuche Von Felix Oldenburg 8 →→ In einer schönen Berliner Altbau- in ihren Unternehmen hinterfragen STIFTUNGSWELT Winter 2019 Zukunft des Stiftens wohnung treffen sich ein Dutzend sie alles, suchen auch in ihrem ge- gute Bekannte überwiegend aus der sellschaftlichen Engagement nach der Start-up-Szene zum Dinner. Wir spre- Disruption, den Nischen, der Skalie- chen über Finanzierungsrunden, über „Wie die meisten rung. Sie sind überrascht, als ich ih- Familie, die aktuellen politischen Ge- nen erzähle, wie viele Gestaltungs- meiner Freunde schehnisse – und bald auch über Geld. möglichkeiten ihnen die Rechtsform Jede und jeder am Tisch hat Vermö- erwarte auch ich der Stiftung bietet. Einige aus der gen, das deutlich über den eigenen Runde sehen wir wenige Wochen spä- Bedarf oder auch den einer Familie hi- von meinem ter bei uns im Haus Deutscher Stiftun- nausgeht – und interessiert sich weni- gen wieder, wo sie sich über die recht- ger für teure Uhren oder Segelyachten philanthropischen lichen Voraussetzungen einer Stif- als vielmehr für die Frage: Wie kön- Engagement, dass es tungsgründung beraten lassen. nen wir die Welt verbessern? Als die Rede auf Stiftungen unternehmerisch kommt, sind aber auch die sonst in Finanzfragen überaus ausgebufften funktioniert“ Gründerinnen und Investoren am Tisch unsicher. Sie haben die Stiftun- Verena Pausder (40), Digitalunternehmerin gen der Eltern- und Großelterngene- ration vor Augen, die sie eher als sta- tisch und unflexibel empfinden. Wie
Diese Trends sind freilich kei- ne Domäne der Jüngeren. Die Kreuz- berger Kinderstiftung hat schon eine längere Geschichte hinter sich, als sie sich als gemeinnützige Stiftungs-Ak- Reise durch Stiftungsdeutschland tiengesellschaft sozusagen ein zweites Es sind Orte wie diese, an denen ich in Mal gründet. Der Stifter Peter Acker- den letzten Jahren erleben durfte, wie mann erzählt bei einem Spaziergang das nächste Stiften Form annimmt. In im Garten des Stiftungshauses am diesem Artikel möchte ich Sie auf ei- Berliner Landwehrkanal, wie ihn die ne Reise mitnehmen, die man wie al- Vision einer Übergabe in viele Hän- le Reisen am besten mit großer Offen- de inspiriert hat. Die Stiftung versteht „Klar ist das ein heit für das Neue und mit dem Hin- er nicht als sein eigenes Instrument, Thema für mich, aber terfragen des eigenen Standpunktes sondern als Plattform für viele, die beginnt. Sie wird uns von den Arbeits- Ideen, Engagement oder Geld beitra- ich habe noch große und Esstischen der Berliner Gründer- gen. Diese Öffnung für Mitstiftende szene über Amtszimmer der Bundes- ist natürlich auch eine Antwort auf die Rückfragen an das ministerien und fluchtartig verlassene Niedrigzinsphase, die er wie fast alle Büros in Budapest bis in den äußersten anderen Gesprächspartner für diesen Modell Stiftung, bevor Südwesten der Republik, ins badische Artikel als prägende Herausforderung ich mich festlegen will“ Lörrach, führen und von dort aus über für die eigene Stiftung empfindet. einen Landgasthof in Wipperfürth im Die oftmals engen Grenzen Rubin Ritter (37), Vorstand, Zalando Bergischen Land, das Fußballstadion für die Bewirtschaftung eines Grund- in Duisburg und die niedersächsische stockvermögens sind auch ein Thema Landeshauptstadt Hannover zurück am anderen Ende Deutschlands, im nach Berlin ins Schloss Bellevue. badischen Lörrach. Dort beschreibt Der Bundesverband erfasst der Stifter Hans Schöpflin eine ande- bei seinen Mitgliedern das Alter der re Lösung. Er verwaltet sein philan- Stiftenden nicht systematisch. Den- thropisches Vermögen in einem Fa- noch wissen wir, dass sich unter den mily Office, und die Stiftung arbeitet 9 über 500 Neumitgliedern der vergan- aus Erträgen, die ihr jährlich über- STIFTUNGSWELT Winter 2019 Zukunft des Stiftens genen drei Jahre ungewöhnlich viele wiesen werden. Gründerinnen und Gründer finden, Family Offices verwalten das die schon zu Beginn und nicht erst Vermögen einer Eigentümerfamilie „Mein Vermögen am Ende ihrer Laufbahn stiften. Und in eigener Hand, und ihr Aufstieg in das ist nur eine der Gemeinsamkei- den vergangenen zwei Jahrzehnten wird im Family Office ten zwischen Organisationen wie der hat zunehmend dazu geführt, dass sie für viele Familien auch im stifteri- verwaltet. So bin Guerrilla Foundation, der nebenan. de-Stiftung oder der Purpose Stiftung. schen Engagement eine zentrale Rolle ich flexibel, was die Sie stören sich nicht daran, Anliegen spielen. Eine Konsequenz: Die Bud- auch offensiv in den politischen Raum gets der Stiftungen sind immer häufi- Zuwendungen an meine zu tragen, sie verbinden eine gemein- ger deutlich größer, als sich aus dem nützige mit einer unternehmerischen Vermögensstock und seinen Erträgen Stiftungen angeht“ Vision, sie binden viele Interessier- allein erklären ließe. Ist die Zeit neu- Hans Schöpflin (78), Investor und te in verantwortlichen Rollen ein, er großer Stiftungsvermögen vielleicht Stifter, Schöpflin Stiftung und sie denken und handeln entlang von vorbei? Panta Rhea Foundation Ideen, die nicht an Landesgrenzen en- den. Und sie werden seltener gegrün- det als Stiftungen bürgerlichen Rechts und häufiger als Stiftungen in Form eingetragener Vereine oder gemein- nütziger GmbHs.
Lieblingslösung der Politik Die Suche nach den finanzstärksten Stiftungsgründungen unserer Zeit Die neueste politische Stif- führt uns auch deshalb aus den Pri- tungsidee ist nur einige Wochen alt: vathäusern hinaus und ausgerechnet Bundeswirtschaftsminister Peter Alt- in die Amtsstuben der Ministerien hi- maier schlug damals sogar eine bis zu nein. Die Stiftung ist inzwischen zu „Für die meisten 50 Milliarden Euro schwere Klima- einer Art Lieblingslösung der Politik stiftung vor, an der sich auch Bürge- Stiftungsgründer geworden und die öffentliche Hand rinnen und Bürger über Spenden so- zur größten Stifterin Deutschlands. bedeutet die wie eine Art verzinste Anleihe hätten Die RAG-Stiftung, die vor zwölf Jah- beteiligen können. Die Stiftung ist als ren zur Abwicklung des Steinkohle- Niedrigzinsphase, Instrument für Ewigkeitslasten und bergbaus gegründet wurde und in- vom Politikalltag unabhängige För- zwischen 17 Milliarden Euro schwer dass der Traum deraufgaben kaum noch aus der Poli- ist, wurde vor zwei Jahren noch durch vom einfachen tik wegzudenken. den Atomfonds übertroffen. In der Stiftung des öffentlichen Rechts sol- Stiften kaputt ist" Welche Umfelder brauchen len 24 Milliarden Euro so angelegt Stiftungen? werden, dass alle zukünftigen Kosten Dr. Daniel Terberger (52), Unternehmer Dass internationale Stiftungen zuneh- der kerntechnischen Entsorgung ge- mend Deutschland als (zusätzlichen) deckt sind. Standort wählen, ist eine weitere Auf- Weil aber selbst große Ver- fälligkeit der aktuellen Entwicklung mögen inzwischen innerhalb der Ri- im philanthropischen Engagement. sikoparameter von Stiftungen kaum Mit dem britischen Wellcome Trust, noch ertragsstark anzulegen sind, ist der Bill & Melinda Gates Stiftung und ein anderes Modell häufiger anzu- den Open Society Foundations (OSF) treffen: Wie bei der Deutschen Stif- sind drei der fünf größten Stiftungen tung für Engagement und Ehrenamt, seit Kurzem in Berlin präsent. Beson- deren Gründung im mecklenburgi- ders der durch politische Repressa- 10 schen Neustrelitz nach einem richti- lien erzwungene Umzug der OSF aus gen Politikkrimi über konkurrierende Budapest könnte einen Trend auslö- STIFTUNGSWELT Winter 2019 Zukunft des Stiftens Bundesministerien jetzt doch zustan- sen. Denn ihre verlassenen Büros in de kommt, sind die meisten Stiftungs- „Wir möchten das der ungarischen Hauptstadt sind für gründungen der Politik von jährlichen die Zivilgesellschaft ein Symbol da- Haushaltszuweisungen abhängig. Unternehmen dauerhaft für, dass Stiftungen zur Not umzie- Fast wären in dieser Legislatur- hen und jenseits der Landesgrenzen periode noch zwei weitere prominen- an den guten Zweck tätig sein können, wenn der politische te Stiftungen entstanden: Das briti- Druck zu groß wird. binden. Eine Stiftung sche National Endowment for Science, Eine eigene Meinung zu ver- Technology and the Arts (NESTA) hat- könnte ein Teil der treten, grenzüberschreitend zu ar- te der Bundesregierung vorgeschlagen, beiten oder seinen Sitz zu verlegen, eine deutsche Innovationsstiftung zu Lösung sein, aber nicht das sind Freiheiten, die in Europa ei- gründen. Auch weil kein Vermögen gentlich für alle Personen und Un- zusammenkam, das einen nennens- gerade der, der den ternehmen garantiert sind. Stiftun- werten Ertrag hätte generieren kön- meisten gleich einfällt“ gen können von einer entsprechen- nen, gibt es jetzt in einem ersten Schritt den Rechtssicherheit nur träumen. eine laufend finanzierte Agentur für Jonna Meyer-Spasche (40), Familienmitglied Auch wegen der „Causa OSF“ gibt es Sprunginnovationen. und Stakeholdermanagement, Bohlsener Mühle in Brüssel erstmals ernsthafte Diskus- sionen über eine aktive Stiftungspoli- Fotos: Detlef Eden tik. Denn auch Stiftungen benötigen mehr als das Geld und den Willen ei- ner Einzelperson.
Jonna Meyer-Spasche Anderes Modell „Mein Onkel Volker Krause, Inhaber der Bohl- sener Mühle, ist ein Bio-Pionier. In den nächs- ten Jahren will er sich aus dem aktiven Geschäft zurückziehen. Die klassische Familiennachfolge kommt bei uns nicht in Frage, einfach verkaufen aber auch nicht. Wir suchen also nach einem an- deren Modell. Das Unternehmen soll sich weit- gehend selbst gehören, es soll sich weiterentwi- ckeln können, aber auch an bestimmte Leitlinien gebunden sein. Eine Familienstiftung oder Dop- pelstiftung könnte als Rahmen geeignet sein.“ Jonna Meyer-Spasche auf dem Wochenmarkt am Kollwitzplatz in Berlin-Prenzlauer Berg. Gemeinsam mit ihren Angehörigen er- wägt die 40-Jährige, das Familienunternehmen Bohlsener Mühle, einen ökologisch wirtschaftenden Naturkosthersteller, in eine Stiftung zu überführen.
Dass Stiftungen sozusagen ein Ökosystem brauchen, um zu wach- sen, ist an wenigen Orten so gut zu beobachten wie drei Autostunden von „Wenn Stiftungen mit Brüssel entfernt im nordrhein-westfä- lischen Wipperfürth, wo unter ande- nen. Der Profifußball ist eine Art Petri- ihren jährlichen Erträgen rem die Hans Hermann Voss-Stiftung schale für Stiftungen geworden. Ob auf koordiniert wichtige, ihren Sitz hat. Der Namensgeber hat Vorschlag ihrer Berater oder inspiriert sein Maschinenbauunternehmen, die durch prominente Kollegen, inzwi- gesellschaftliche heutige VOSS-Gruppe, ins Eigentum schen gründen viele Profis eigene Stif- seiner Stiftung überführt und damit tungen. Eine Frage wird hier genauso Impulse setzten, auch ehemalige Mitarbeitende wie wie an anderen Orten der Stiftungssze- könnten wir Deutschland die Eheleute Friedrich zu einer eige- ne heiß diskutiert: Könnten die großen nen Stiftungsgründung inspiriert. Stiftungen nicht das Vermögen klei- schneller wirkungsvoll Und Voss ist auch das Vorbild für die nerer Stiftungen poolen oder gar zu Jochen, Lore-Marie und Astrid Keyser Stiftungsverwaltungen werden? Viel- voranbringen“ Stiftung, deren Stifterfamilie Keyser leicht könnten sie auch im Vorfeld ei- Nischenweltmarktführer für Raum- ner Gründung helfen zu entscheiden, Alexandra Heraeus (30), Erbin und fahrttextilien ist. ob Stiftende nicht besser beraten wä- Mitarbeiterin bei der Finanzierungsagentur für Social Entrepreneurship FASE Bei meiner Reise durch Stif- ren, mit ihren Mitteln zu einer beste- tungsdeutschland mache ich in der henden Stiftung beizutragen. kleinen Stadt im Bergischen Land halt, Eine andere Entwicklungs- um mich in einem urigen Landgasthof richtung für das Stiften begegnet mir mit Vertreterinnen und Vertretern der in Hannover, von wo aus der Stifter überaus lebendigen Stiftungsszene vor Armin Steuernagel mittlerweile ei- Ort zu unterhalten. Auch eine Treu- ne kleine Bewegung antreibt, die sich handstifterin sitzt am Tisch. Sie för- der Frage widmet: Wem soll unter- dert weltweit Projekte aus den Erträ- nehmerisches Vermögen in Deutsch- gen ihres Unternehmens für Kranken- land gehören? Der Jungunternehmer 12 haus-Rufsysteme. Viele der Stiftenden ist keine 30 Jahre alt, hat aber bereits unterstützen auch die Bürgerstiftung Unternehmen gegründet, die in über STIFTUNGSWELT Winter 2019 Zukunft des Stiftens „Immer mehr „Wir Wipperfürther“, die unter ande- einem Dutzend Ländern erfolgreich rem eine alte Drahtzieherei in ein Kul- sind. Er wollte, dass seine Mitarbei- Unternehmer möchten turzentrum umgewandelt hat. Und so tenden die gleiche Identifikation mit wie es an vielen Orten eine Person aus dem Unternehmen entwickeln wie er die Werte des einer Volksbank oder Sparkasse gibt, selbst – und entdeckte das Modell von Unternehmens die bei den praktischen Fragen hilft, Carl Zeiss und den vielen Unterneh- ist auch in Wipperfürth ein engagier- men, die seinem Vorbild gefolgt sind, langfristig erhalten, ter Vermögensberater unterwegs. Er indem sie ihr Eigentum in Stiftungs- erzählt von der Eugen-Wolfrich-Kers- hand überführt haben oder, wie Steu- auch unabhängig von ting-Stiftung, die gerade eine Erweite- ernagel es nennt, „in Verantwortungs- rung für ihre Altenheime baut. eigentum“. Inzwischen ist Steuernagel der Familie. Dafür ist Motivationsredner, Berater und Inves- die Stiftung eine Neue alte Aufgaben tor in einem – und kann sich vor Nach- Wie Stiftungen besser zusammenwir- fragen kaum retten. unterschätzte Lösung, ken können, diese Frage beschäftigt al- Man muss nicht weit reisen, le, mit denen ich mich auf meinen Rei- um die mögliche Wirkung zu erken- die heute neu erklärt sen unterhalte. Im Stadion des MSV nen: Wären hierzulande so viele Un- werden muss“ Duisburg treffen sich die Entscheider ternehmen in Stiftungseigentum wie einiger Fußballstiftungen. Bei Stadi- im Nachbarland Dänemark, hätten Armin Steuernagel (29), onbier und Cola geht es darum, wie wir zehnmal so viele Fördermittel wie Unternehmer und Stifter sie gemeinsam mehr bewirken kön- aktuell.
Die Fragen der nächsten Stifter bekommt, den es im Sinne des Ge- Ob in Berlin, Lörrach, Wipperfürth, meinwohls verdient. Duisburg oder Hannover, das Stif- Eine möglicherweise visionäre ten steht nicht still. Es entwickelt sich Antwort auf all diese Fragen begeg- ständig weiter, wie schon immer in „Stiftungen brauchen net uns am letzten Ort unserer Reise: seiner jahrhundertealten Geschichte. Ende Oktober hat Bundespräsident Umfelder, in denen So unterschiedlich die Protagonisten Frank-Walter Steinmeier eine kleine für das nächste Stiften auch sind, so sie gedeihen können: Runde von Vermögenden zu einem gleichen sich doch ihre Fragen: Wie Abendessen ins Schloss Bellevue ge- kann ich aus Vermögen heute noch Vorbilder, Ermutigung laden. Ausgangspunkt ist ein Befund, Erträge oder Wirkung herausholen? der Sorgen machen muss: Vergleicht Muss ich mir Sorgen wegen meiner und konkrete man die dynamische Entwicklung der Haftung machen, wenn ich Risiken Unterstützung“ Privatvermögen in Deutschland mit eingehe? Kann sich meine Stiftung mit der eher stagnierenden Entwicklung anderen zusammentun? Wie gelingt Johanna Holst (41), der Vermögen bestehender und neu- es mir, Zustiftungen oder Verbrauchs- Hans Hermann Voss-Stiftung er Stiftungen, ist eine Lücke von über vermögen anzuziehen? Wie kann ich 20 Milliarden Euro aufgegangen. Sind zuverlässig wissen, ob meine Mittel die Reichen weniger großzügig gewor- auch wirklich ankommen und meine den? Oder glauben sie, bei der Bewäl- Projekte Wirkung entfalten? Und wie tigung der großen Herausforderungen und wo sollen wir in einer veränder- keine Rolle spielen zu müssen? Im Ge- ten Engagementkultur die nächsten spräch mit Menschen, die bereits Stif- Mitmacher und Gremienmitglieder ter sind oder die es werden könnten, finden? wird klar: Daran liegt es nicht. Aber Einen Teil der Antwort wird es gibt viele Hürden. Wir diskutie- wohl die überfällige Reform des Stif- ren, was Vermögende erleben, wenn tungsrechts geben, die nun endlich sie ihren Reichtum zeigen, welche für das Jahr 2020 versprochen ist. Die Fragen sie an die Wirksamkeit tradi- „Das Thema Novelle soll Haftungsfragen klären, tioneller Spenden haben, aber auch, das Recht bündeln, die Aufsicht ver- Digitalisierung braucht wie bereit sie sind, für neue Antwor- 13 einheitlichen, Zusammenlegungen er- ten auf ökologische und gesellschaft- in Deutschland STIFTUNGSWELT Winter 2019 Zukunft des Stiftens möglichen und endlich ein Stiftungsre- liche Herausforderungen große Mittel gister schaffen. Es geht um nichts weni- bereitzustellen. Der Abend endet mit ger als einen zeitgemäßen rechtlichen mehr Wumms. Eine einem Auftrag für eine Arbeitsgruppe, Rahmen, ohne den das Stiften sich Stiftung wäre für die ein Jahr später Empfehlungen vor- kaum weiterentwickeln kann. legen soll – für eine aktive Stiftungs- Im Oktober sind über 1.000 Deutschland gut“ politik, für ein nächstes Stiften. Stiftungen dem Aufruf des Bundes- Die Zukunft des Stiftens ist wie verbandes Deutscher Stiftungen ge- Valerie Mocker (28), Stiftungsinitiatorin, NESTA immer wieder am Anfang. ← folgt und haben Briefe an ihre Wahl- kreis-Abgeordneten geschrieben, da- mit das Vorhaben endlich den Platz auf der Agenda der Großen Koalition Foto: David Ausserhofer Über den Autor Felix Oldenburg ist Generalsekretär des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen und Vorsitzender des Donors and Foundations Networks in Europe (DAFNE).
Stiften wird bunter Neue Formen des Gebens treten auf den Plan. Ein Überblick Zusammengestellt von Michael Alberg-Seberich, Anne-Sophie Oehrlein und Lisa Steinke Spendeninitiative Family-Office-Philanthropie Dy erm Crowdfunding/Giving V n a ög m en is ch Crowdfunding/Giving es „Crowdfunding“ bezeichnet die niedrig- Bu dg schwellige Finanzierung eines festgelegten et Zwecks durch eine große Zahl an einzelnen Stiftungsverein / Individuen („Crowd“), die über einen oft vergleichsweise kurzen oder befristeten Zeitraum mit teils sehr kleinen Spenden- beträgen realisiert wird. Häufig wird dieses Verbrauchsstiftung Instrument für die Realisierung kleinerer Verbrauchsstiftung Die Verbrauchsstiftung ermöglicht es Stif- bis mittelfristiger Projekte sowie zur tenden, ihr Vermögen direkt für Stiftungs- Sammlung von Startkapital für Start-ups zwecke einzusetzen. Sie stellt somit eine oder personengebundene philanthropische unmittelbarere Form des Gebens dar, da das Zwecke genutzt. Stiftungsvermögen über einen Mindestzeit- Stiftung des öffentlichen Rechts raum von zehn Jahren meist einem zeitlich Family-Office-Philanthropie begrenzten oder einem aufwendigeren Family Offices verwalten das Vermögen Zweck gewidmet wird. Oft wird ein zu von (Unternehmer-)Familien, das auch die 14 verbrauchender Vermögensstock strategisch familieneigenen Stiftungen umfasst. Neben ergänzend zu dauerhaften Stiftungsformen privaten Dienstleistern werden Family STIFTUNGSWELT Winter 2019 Zukunft des Stiftens eingerichtet. Offices immer öfter von den Familien selbst aufgebaut, um ihren persönlichen philan Zustiftung Stiftung des öffentlichen Rechts thropischen Zielen nachzugehen. Stiftungen öffentlichen Rechts werden grundsätzlich vom Bund, den Ländern, Ge- Stiftung bürgerlichen Rechts meinden und öffentlichen Gremien gegrün- Stiftungen bürgerlichen Rechts können det und bezeichnen eine dritte Organisa- privatnützig oder gemeinnützig sein. Mit tionsform öffentlich-rechtlicher juristischer ca. 95 Prozent umfasst das Gros der in Personen. Diese Stiftungsform zeichnet aus, Deutschland ansässigen Stiftungen gemein- dass sie auf Grundlage rein staatlicher Ent- nützige Stiftungen, die laut §§ 51 ff. Ab- scheidungen mit öffentlichem Vermögen gabenordnung (AO) gemeinnützige, mild- Stiftung bürgerlichen hinsichtlich eines gemeinnützigen Zwecks tätige oder kirchliche Zwecke verfolgen. Rechts errichtet wird und somit öffentliche Institu- Zentrales Merkmal ist die Zweckgebunden- tionen philanthropisch agieren. heit sowie der Ewigkeitsgedanke hinsicht- Fe lich der Verwendung der Zinserträge, die st es Zustiftung aus dem zu erhaltenden Stiftungsvermögen Ve Eine Zustiftung ist eine freiwillige Zu- gewonnen werden. Die selbstständige Stif- rm ög wendung in den Vermögensstock einer tung bürgerlichen Rechts wird als „Urform“ en bestehenden oder neu zu gründenden der Stiftungslandschaft wahrgenommen ,B ud Stiftung, die dadurch langfristig die Ertrags- und zählt zu den beliebtesten Typen bei den ge situation der Stiftung erhöht. Sie eignet sich Stiftungsneugründungen. ta us als Alternative zum Gründungsaufwand Er einer eigenen Stiftung. tr äg en
For-Profit-Philanthropie Stiftungsverein For-Profit-Philanthropie fokussiert sich Der Stiftungsverein zählt zu den Stif- meist auf die Förderung gemeinnütziger tungsersatzformen. Für ihn gelten die Zwecke und sozial transformativer Lösungs- definitorischen Rahmenbedingungen ansätze mittels unternehmerischen Han- des Vereinsrechts, die bei der Gründung delns in Abgrenzung zu als rein gemeinnüt- stiftungsähnlich interpretiert und angepasst zig eingestuften, steuerbefreiten Formen des werden (siehe Vermögensausstattung, Stiftens. For-Profit-Philanthropen können Pledges Mitgliederzahl und Satzung). In der Praxis ihre Ziele sowohl durch Förderungen und Pledges werden gemeinhin als Kampagnen hat diese hybride Form einer Stiftung mit operative Arbeit verstanden, bei der sich Unternehmerinnen Vermögensausstattung und einer mit- For-Profit-Philanthropie als auch durch bzw. private Stifter dazu verpflichten, einen gliederbasierten Struktur den Vorteil, dass kommerzielle In- gewissen Anteil ihres Privatvermögens für der Begriff Stiftung als „Aushängeschild“ vestitionen und Akquisitionen umsetzen. einen gemeinnützigen Zweck zu spenden für das Fundraising dienen kann sowie Instrumente des wirkungsorientierten oder in ihn zu investieren, bzw. sich mit Mitgliedsbeiträge für die Mittelgewinnung Investierens („Impact Investing“) sowie anderen Gebern zu diesem Zweck zusam- verwendet werden können. „Venture Philanthropy“-Ansätze sind hier menschließen. anzusiedeln. Stiftungs-GmbH ke Giving Circle Gegründet durch einen Gesellschafter- ec „Giving Circles“ stellen eine moderne Form Zw vertrag bildet die Stiftungs-GmbH des kollektiven, längerfristigen philanthro- e Pledges eine Stiftungsersatz- oder An- bl i pischen Engagements dar, bei dem ex näherungsform, bei welcher Fl Giving Circle eine „Community“ von Individuen der Satzungszweck durch die Zeit- und Geldspenden beiträgt Verwendung eines meist größeren bzw. „poolt“, um gemeinsam über die Ver- Volumens an Gesellschaftsmitteln ver- wendung/Investition ihres Vermögensfonds folgt wird. Diese Form wird insbesondere zu entscheiden. von Unternehmen oft gewählt, um ihr unternehmerisches Engagement mit der För- gGmbH Spendeninitiative derung des Gemeinwohls zu verknüpfen. Als dynamischere und weniger institutiona- lisierte Art des Stiftens weichen Spenden- Bürgerstiftung initiativen von der klassischen Stiftung ab. Als Katalysatoren bürgerschaftlichen Spendeninitiativen sind ein vergleichsweise Engagements werden Bürgerstiftungen Stiftungs-GmbH neues Phänomen der strategischen Phil- von einer Stiftungsgemeinschaft kollektiv anthropie und zielen darauf ab, mit hoher gegründet sowie verwaltet und verfolgen Kapitalausstattung und breitem, überre- regional begrenzt einen möglichst breit gionalen Fokus nach festgelegten Kriterien gefächerten, das Gemeinwesen stärkenden sozial wirksame Organisationen zu fördern. Stiftungszweck. Sie bauen langfristig einen 15 Bürgerstiftung Kapitalstock auf und sind darauf bedacht, gGmbH STIFTUNGSWELT Winter 2019 Zukunft des Stiftens diesen durch Zustiftungen und Spenden Die gGmbH ist im Bereich des Sozialunter- auszuweiten, um die Förderung ihrer ge- nehmertums eine zunehmend verbreitete meinnützigen Ziele für eine breite lokale Form des Gebens. Sie verknüpft die Ver- Bevölkerung zu erhalten. folgung von gemeinnützigen Zwecken mit Treuhandstiftung der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft, Treuhandstiftung die mit mindestens 25.000 Euro Grund- Eine Treuhandstiftung ist eine unselbststän- kapital ausgestattet wird. Erwirtschaftete dige (nicht rechtsfähige) Stiftung, die durch Erträge werden nicht als Dividende für die die Übereignung des Stiftervermögens an Gesellschafter ausgeschüttet, sondern in eine versierte bestehende Rechtsperson soziale Zwecke reinvestiert. (Treuhänder/Träger) begründet und wegen Stiftung kirchlichen ihrer geringeren Auflagenpflicht als eine Rechts Stiftung kirchlichen Rechts flexiblere Stiftungsform betrachtet wird. Kirchliche Stiftungen existieren sowohl als selbstständige Rechtspersonen als auch in Form kirchlicher Trägerschaften. Sie werden Auch wenn in der Grafik teils sehr von Personen verwaltet, die im Einverneh- unterschiedliche Rechtsformen men mit der Kirche stehen, und verfolgen miteinander verglichen werden, k hauptsächlich kirchliche Zwecke wie die ec kann sie als grobe Orientierung Zw Unterstützung der kirchlichen Verkündi- über die organisierten Formen der er gung, die U nterhaltung von kirchlichen Philanthropie dienen. Oft ist die ch Gebäuden sowie Wohlfahrtspflege, Bildung rli Datenlage jedoch spärlich und de 123_Bildnachweise und Jugendarbeit. wissen wir über viele Arten des n rä Stiftens noch zu wenig. ve Un
Vielfalt im Geben, Einheit im Ziel Sind Sie ein wenig verwirrt von der Übersichtsgrafik auf der vorherigen Seite? Es wäre nicht verwunderlich, denn die Formen des Gebens und Stiftens scheinen vielfältiger zu werden. Doch gerade in dieser Vielfalt könnte die Stärke der nächsten Philanthropie liegen Von Michael Alberg-Seberich →→ Viele Museen, Krankenhäuser oder Zoos wären in damit vielleicht auch ein Weg, die Legitimität des philan Deutschland im 19. Jahrhundert nicht entstanden, wenn thropischen Handelns zu unterstreichen. In den USA hat sich Menschen nicht in Geberkreisen oder in gemeinnützi- vor einigen Monaten die Denkfabrik „Bridgespan“ eine Stu- gen Aktiengesellschaften zusammengetan hätten. Spende- die zu den „Big Bets“, den „Großen Wetten“, vorgelegt. Da- rinnen und Stifter gründeten „Giving Circles“ und nutzten mit sind Spenden über 10 Millionen US-Dollar gemeint. Die Prinzipien der heute sogenannten Venture Philanthropie – insgesamt 42,4 Milliarden US-Dollar, die zwischen 2000 ohne je von diesen Begriffen gehört zu haben. und 2016 in dieser Form gespendet wurden, haben sich sehr Die heutige Vielfalt des Spendens und Stiftens kann ungleichmäßig auf die 17 SDGs verteilt. Die Hälfte aller verwirren, weil sie auf zunehmende Volatilität, Unsicher- Spenden gingen an das Nachhaltigkeitsziel „Gesundheit & heit, Komplexität und Ambiguität – ja, auf die VUKA-Welt Wohlbefinden“. Die Macher der Studie sahen dies als Indi- – trifft. In diesem Kontext scheinen alte Gewissheiten im kator für eine fehlende Vielfalt des Spendens und Stiftens. Fluss. Selbst traditionelle Leitplanken des Sektors, wie klas- Die Vielfalt der Vehikel des Stiftens ist für die Arbeit sische Rechtsformen des Stiftens, sind nicht mehr eindeu- an den SDGs eine Chance. Ein Family Office kann flexibel tig und verschwimmen mit anderen Organisationsformen entscheiden, in welchem Feld eine Spende oder ein Invest- des Gebens. In solchen Zeiten scheint die Agenda 2030 ment getätigt werden soll. Crowdfunding kann bei einer 16 der Vereinten Nationen mit ihren 17 Sustainable Develop- Vielzahl von Menschen Legitimität für ein Thema schaffen. ments Goals (SDGs) ein wichtiger inhaltlicher Kompass zu Die Stiftung kann Partnerschaften mit internationalen Or- STIFTUNGSWELT Winter 2019 Zukunft des Stiftens sein. Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass sich auf der ganisationen oder Ministerien eingehen. Klug eingesetzt „SDG Philanthropy Platform“ Stiftungen global vernetzen, können die Eigenschaften jedes Vehikels die der anderen dass die Rockefeller Foundation und die MacArthur Foun- ergänzen und sollten deshalb verstärkt als strategische Ver- dation eine Investment-Initiative mit Blick auf die SDGs bünde gesehen werden. initiiert haben und dass auch viele deutsche Stiftungen mit Wir wissen empirisch noch immer zu wenig über die Blick auf deren Wirkung die SDGs als Indikatoren nutzen. neuen Organisationsformen des Stiftens. Mehr verlässliche Giving Circles, Bürgerstiftungen oder Versprechen des Daten wären für den Sektor hilfreich. Dann wäre die Viel- Gebens („Pledges“) sind Ausdruck des 17. SDGs, das auf falt der Vehikel etwas weniger komplex in einer Zeit, in der Fotos: Silke Mayer (Porträt Alberg-Seberich), Detlef Eden (Porträt Schöpflin) Partnerschaft und Kollaboration abzielt. Das gemeinsame wir uns anhand von 17 globalen Zielen gemeinsam für eine Spenden und Stiften hat heute eine wachsende Bedeutung. Sache engagieren können. ← Dass Partnerschaften wichtig für die Philanthropie sind, hat der Präsident des „Center for Effective Philanthropy“, Phil Buchanan, mit seltener Deutlichkeit in seinem jüngs- ten Buch „Giving Done Right“ zum Ausdruck gebracht: „In der Philanthropie wird Ihre Strategie mit ziemlicher Sicher- heit scheitern, wenn Sie sie allein verfolgen.“ Die SDGs 1 bis 16 sind jedoch vor allem ein inhaltli- cher Kompass für die Welt des Spendens und Stiftens – und Über den Autor Michael Alberg-Seberich ist Geschäftsführer der Beratungsagentur Wider Sense.
Hans Schöpflin Mehr Mut „Eine starke Demokratie ist ohne star- ken Journalismus undenkbar. Deshalb bauen wir als Stiftung in Berlin-Neu- kölln das ‚Haus des gemeinnützigen Journalismus‘ als Plattform für innova- tive journalistische Akteure wie Cor- rectiv und viele andere. Hier gibt es Raum für Redaktionen, für Video- und Audioproduktionen, für Events, für journalistische Gäste aus aller Welt und vor allem für Kollaboration. Mehr Mut, mehr Experimente, mehr Part- nerschaftlichkeit – das ist für mich die Zukunft des Stiftens.“ Hans Schöpflin auf der Baustelle des „Hauses des gemeinnützigen Journalismus“ in Berlin-Neukölln. Seine Schöpflin Stiftung treibt die Idee des ge- meinnützigen Journalismus und damit eine Erweite- rung der staatlich anerkannten gemeinnützigen Stif- tungszwecke voran.
Democracy Dies in Darkness Journalismus unter Druck: Mit der Digitalisierung verschärft sich die Finanzierungskrise, die besonders rechercheintensiven Journalismus betrifft. Innovationsförderung ist ebenso gefragt wie Engagement auf politischer Ebene. Zeit für Stiftungen, sich einzubringen Von Stephanie Reuter →→ Welche journalistische Enthül- ten überdies Orientierung, ermögli- Entwicklung, die in den Vereinigten lung hat Sie in letzter Zeit besonders chen Teilhabe im gesellschaftlichen Staaten bereits fortgeschritten ist. Seit beeindruckt? War es die Ibiza-Affäre, und politischen Raum und tragen zur 2004 mussten dort mehr als 1.800 Lo- die die österreichische Regierungsko- Identitätsbildung bei. So verwundert kalzeitungen schließen. Die Medien- alition zum Platzen brachte? Oder wa- es kaum, dass mit dem Verschwinden märkte in Deutschland und den USA ren es die Panama Papers, die giganti- von Lokaljournalismus die Wahlbe- sind nicht direkt vergleichbar. Und sche Steuerschlupflöcher aufdeckten? teiligung, der soziale Zusammenhalt doch sollten wir uns fragen: Wie kön- Diese Beispiele sind Glanzlichter des und das zivilgesellschaftliche Engage- nen wir „news deserts“, also Nachrich- investigativen Journalismus. Aufge- ment sinken. Wo Journalismus Miss- tenwüsten, vorbeugen? deckt von großen Redaktionen und stände nicht sichtbar machen kann, Diese Frage geht Stiftungen 18 Rechercheverbünden. Doch eine le- geht die Demokratie ein. „Democracy unmittelbar an. Denn Stiftungen kön- bendige Demokratie benötigt eben- dies in Darkness“ mahnt deshalb der nen ihre eigenen Ziele nur erfolgreich STIFTUNGSWELT Winter 2019 Zukunft des Stiftens so einen engagierten Journalismus im Slogan der „Washington Post“ seit der verfolgen und bürgerschaftliches En- Lokalen, der mutig über Machtmiss- Trump-Wahl. gagement fördern, wenn Bürgerin- brauch und Korruption in seiner di- nen und Bürger Handlungsoptionen rekten Umgebung berichtet. Denn: Gegen Nachrichtenwüsten kennen. Dafür braucht es Qualitäts Demokratie entwickelt sich von un- Doch trotz dieser Befunde werden im- journalismus. ten. Ihre Wurzeln liegen in den Ge- mer mehr Stellen im lokalen Journa- Wie also lassen sich Vielfalt meinderäten und Stadtparlamenten lismus gestrichen, Redaktionen zu- und Berichterstattung im Lokalen in – und in der Kontrolle dieser. Jour- sammengelegt oder gar aufgelöst. Die Zeiten wegbrechender Erlöse stär- nalistinnen und Journalisten bie- lokale Medienvielfalt ist bedroht. Eine ken? Wie können Fördermodelle aus- sehen, die präzise auf Schwachstellen und Innovationshilfe in Zeiten der di- gitalen Transformation fokussieren – ohne neue Abhängigkeiten zu schaf- fen? Aber auch: Wofür sollten sich Stiftungsakteure auf der Policy-Ebene engagieren? Diese Fragen werden im Expertenkreis Stiftungen und Quali- Foto: Anne-Hélène Lebrun tätsjournalismus diskutiert. Über die Autorin Stephanie Reuter ist Geschäftsführerin der Rudolf Augstein Stiftung, Sprecherin des Forums Gemeinnütziger Journalismus und Steering-Committee-Mitglied des Expertenkreises Stiftungen und Qualitätsjournalismus. Twitter: @steph_reuter
„Investigativ „Amal heißt und lokal“ Hoffnung“ Justus von Daniels, Leiter von Cornelia Gerlach, Projektleiterin Correctiv.Lokal, über die Not- von Amal, über die Medienland- wendigkeit datengetriebener schaft im Einwanderungsland Recherchen im Lokalen Deutschland Für einen zeitgemäßen Wodurch zeichnet sich Correctiv. Wodurch zeichnet sich Amal aus? rechtlichen Rahmen Lokal aus? Cornelia Gerlach:Amal informiert Trotz seiner demokratierelevan- Justus von Daniels:Wir zeigen mit täglich auf Arabisch und Farsi/Dari ten Rolle zählt der Journalismus unserem kollaborativen Ansatz, dass über das, was in Berlin und Hamburg bis heute nicht zu den gemeinnüt- datengetriebene oder investigative los ist. Der Samen der Pusteblume in zigen Zwecken der Abgabenord- Recherchen keine Fremdkörper für unserem Logo – das sind die Nach- nung. Zeit, das zu ändern. Die Auf- Lokalzeitungen sein müssen. Und wir richten, die sich von Amal aus in die nahme ins Gemeinnützigkeitsrecht können durch koordinierte Veröffent- arabischen, afghanischen und irani- würde für gemeinwohlorientier- lichungen mit mehreren Redaktionen schen Communities in Deutschland te, nicht kommerzielle Angebote deutlich machen, dass lokale Themen verbreiten. Sie binden sie in das öf- neue Finanzierungsmöglichkeiten bundesweit relevant sind. fentliche Leben ein. erschließen. Die Medienvielfalt lie- ße sich stärken, vor allem in Berei- Weshalb brauchen wir ein solches Warum ist lokale Berichterstattung chen, die kostenintensiv und nicht Angebot? Die Bürger wollen wissen, für Ihre Zielgruppe wichtig? Die hie- skalierbar sind – wie Investigativ- was sie konkret betrifft. Wir sind über- sige Medienlandschaft trägt der Tat- oder Lokaljournalismus. Spenden zeugt, dass die besten Recherchen und sache keine Rechnung, dass Deutsch- wären steuerlich absetzbar. Und innovative Formate deshalb auf loka- land ein Einwanderungsland ist. Neu- gemeinnützige Stiftungen könnten len Seiten stattfinden müssen. Aber ankömmlinge haben kaum Zugang zu sich leichter zugunsten einer infor- das ist gerade für kleinere Redaktio- lokalen Nachrichten, solange sie nicht 19 mierten Öffentlichkeit einbringen. nen oft zu aufwendig. Daher bieten Deutsch können. Gerüchte und Pro- STIFTUNGSWELT Winter 2019 Zukunft des Stiftens Um den Prozess zu befördern, set- wir unsere kostenlose Zusammenar- paganda machen über Social Media zen sich die Rudolf Augstein Stif- beit, bei der jeder Partner seine Stär- schnell die Runde. Der Bedarf an so- tung und die Schöpflin Stiftung mit ken einbringt. lide recherchierten und verlässlichen einer Allianz journalistischer und Nachrichten ist deshalb groß. zivilgesellschaftlicher Akteure im Wie finanziert sich Correctiv.Lo- neu gegründeten Forum Gemein- kal? Seit dem Start werden wir zu Wie finanziert sich Amal? Den nütziger Journalismus für die An- großen Teilen von der Rudolf Aug- Start hat die Evangelische Kirche in erkennung ein . stein Stiftung finanziert. Die Förde- Deutschland ermöglicht. Jetzt unter- Dass stiftungs- und spen- rung stellt den Aufbau eines Teams stützen auch die Körber-Stiftung, die denfinanzierte Angebote wichtige sicher, das in der Aufgabenverteilung Stiftung Mercator und die Schöpflin Impulse setzen können, zeigen Pro- zwischen Reporter, Datenjournalist Stiftung und ermöglichen mit ihren jekte wie Correctiv.Lokal und Amal und Community-Manager eine neue Netzwerken neue Kollaborationen. (s. Interviews rechts) eindrücklich. Form der redaktionellen Zusammen- Sie stehen für partizipativen, diver- arbeit entwickelt. Das Recherchezen- Vor welcher Herausforderung ste- sen und innovativen Journalismus trum Correctiv finanziert ebenfalls hen Sie aktuell? Gerne würden wir und weisen Wege in die Zukunft. ← mit. Perspektivisch sollen sich weitere auch in anderen Städten Amal-Lokal- Förderer daran beteiligen, Correctiv. redaktionen gründen und ein Netz Lokal auszubauen. ← dezentraler Redaktionen unter einer Alle Infos zum Forum Gemeinnütziger Interview Stephanie Reuter gemeinsamen Marke schaffen. ← Journalismus unter www.forum- Interview Lukas Harlan gemeinnuetziger-journalismus.de. (Schöpflin Stiftung)
Zahra Bruhn Ähnlich aufgestellt „Wenn man will, dass gesellschaftliche Lö- sungen aus sich heraus wachsen können statt dauerhaft von Förderungen abhängig zu sein, dann stoßen Sozialunternehmer wie auch Stif- tungen an ganz ähnliche Grenzen. Social-Bee ist eine gemeinnützige GmbH, also ein Social Business, das mit unternehmerischen Mitteln die Integration Geflüchteter mit Hilfe der Zeit- arbeit strukturell verbessern möchte. Stiftun- gen sind doch eigentlich ähnlich aufgestellt: Sie fördern mit der einen Hand, investieren mit der anderen – und widmen dabei alles ei- nem übergreifenden Zweck.“ Zahra Bruhn an der Ecke Unter den Linden/Wilhelmstraße in Berlin-Mitte. Die 28-Jährige hat 2016 das Social Start-up Social-Bee gegründet, das Geflüchtete an Unternehmen vermittelt.
Zweispurig unterwegs Das Münchner Start-up Social-Bee vermittelt Geflüchtete an Unternehmen. Damit bewegt es sich zwischen Gemeinnützigkeit und Ertragsorientierung – genau wie Stiftungen auch →→ Yohans Hamid gehört zu denen, die es geschafft haben. Mit wirtschaftlichen Mitteln einen gesellschaftli- Der 30-Jährige aus Eritrea kam 2014 nach Deutschland. chen Mehrwert schaffen – das ist der Grundgedanke soge- Sein Ziel: eine feste Arbeit finden. Er stieß auf das Start- nannter Social Start-ups wie Social-Bee. Sie setzen sich für up Social-Bee, das Geflüchtete an Unternehmen vermittelt. gleiche Chancen am Arbeitsmarkt für alle Bevölkerungs- Social-Bee nahm sich seiner an und verschaffte ihm eine gruppen ein, machen sich für fairen Konsum stark oder ent- vorübergehende Stelle beim Hersteller Zeppelin Bauma- werfen ökologisch nachhaltige Produkte. In Deutschland schinen. Hamid hatte keinerlei Vorqualifikationen und be- gibt es mehr als 1.700 Sozialunternehmer, heißt es in ei- gann erst einmal, in der Lagerlogistik zu arbeiten. Er mach- ner aktuellen Studie der NGO Ashoka und der Unterneh- te den Staplerschein, schlug sich gut – und wurde nach ei- mensberatung McKinsey. Sie arbeiten mal mehr, mal we- nem Jahr übernommen. Nachdem er zwischenzeitig sein niger gewinnorientiert, verfolgen aber in jedem Fall – ganz Können an der Lackierstation bewiesen hatte, arbeitet er ähnlich wie Stiftungen – einen sozialen Zweck. 21 dort mittlerweile zu 80 Prozent und hat damit einen deut- Social-Bee-Gründerin Bruhn brennt seit ihrem Studi- STIFTUNGSWELT Winter 2019 Zukunft des Stiftens lich anspruchsvolleren Job übernommen. „Yohans hat sich um für das Thema Social Entrepreneurship. Die 28-Jährige vom einfachen Lagerhelfer hin zur Fachkraft entwickelt“, hat Betriebswirtschaftslehre studiert und arbeitete nebenbei sagt Zarah Bruhn, Gründerin von Social-Bee. „Das ist ein in einem Venture Capital Fonds, in dem es um erneuerbare toller Erfolg.“ Technologien ging. Schon damals beschäftigte sie sich gern Social-Bee unterstützt Geflüchtete bei ihrer Integ- mit der Frage, wie sich mit unternehmerischen Mitteln sozi- ration in den Arbeitsmarkt seit 2016. Dabei fungiert das ale Verantwortung übernehmen lässt. Ein Auslandssemes- Münchner Start-up als Puffer zwischen Unternehmen und ter in Stockholm im Jahr 2015 gab den Anstoß: Bruhn lernte Geflüchteten. Ähnlich wie eine Zeitarbeitsfirma stellt es die eine Syrerin kennen, die nach Schweden geflüchtet war, und Arbeitssuchenden bei sich an und verleiht sie dann für ein engagierte sich mit ihr in der Flüchtlingsersthilfe. Jahr an Unternehmen. Das Ziel: die endgültige Übernah- Dabei kam sie mit vielen Geflüchteten in Kontakt me in eine Ausbildung oder eine feste Stelle. Zwar erhal- und erkannte schnell das zentrale Problem: Sie alle wollten ten alle Social-Bee-Mitarbeitenden ein Gehalt, um Profit eine langfristige Arbeitsstelle – doch nur wenige wurden im herkömmlichen Sinne geht es dem Unternehmen aber fündig. „Viele Unternehmen versprachen zwar, Geflüchtete nicht: Alle zusätzlichen Einnahmen fließen in Sprachkur- se, Unterstützung bei Behördengängen, Weiterbildungen und die allgemeine Stabilisierung der Geflüchteten. Da- bei geht es oft um Notfälle – etwa bei der Wohnungssuche, Fotos: David Ausserhofer Versicherungsfragen, rechtlichen oder persönlichen Pro- blemen. „Wir übernehmen quasi eine Lebensbetreuung“, sagt Bruhn.
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