STARKE SÄULE DER INDUSTRIE - Masterplan für das Cluster Kunststoffe und Chemie Brandenburg

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STARKE SÄULE DER INDUSTRIE - Masterplan für das Cluster Kunststoffe und Chemie Brandenburg
STARKE SÄULE
            DER INDUSTRIE
           Masterplan für das Cluster
Kunststoffe und Chemie Brandenburg

        THE GERMAN CAPITAL REGION
              excellence in plastics & chemistry
STARKE SÄULE DER INDUSTRIE - Masterplan für das Cluster Kunststoffe und Chemie Brandenburg
IMPRESSUM

Herausgeber:    Clustermanagement Cluster Kunststoffe und Chemie
                Brandenburg
                c/o ZAB ZukunftsAgentur Brandenburg GmbH
Redaktion:      i-vector Innovationsmanagement GmbH
Bildnachweis:   Titel: ZAB
Gestaltung:     Umschlag sowie Abbildung 2 Bergmann & Partner Agen-
                tur für Werbung und Verkaufsförderung GmbH, Abbildung
                5 BASF Schwarzheide, ZAB
Stand:          Juni 2014
STARKE SÄULE DER INDUSTRIE - Masterplan für das Cluster Kunststoffe und Chemie Brandenburg
INHALTSVERZEICHNIS

EINLEITUNG ................................................................................................. 3
1       BESCHREIBUNG DES CLUSTERS KUNSTSTOFFE UND CHEMIE .................. 5
    1.1 Ist-Situation im Cluster ....................................................................... 5
        1.1.1 Branchenstruktur ...................................................................... 5
        1.1.2 Forschungslandschaft............................................................... 8
        1.1.3 Netzwerke .............................................................................. 11
    1.2 Perspektiven und Vorgehensweise .................................................. 15
        1.2.1 Chancen und Potenziale ......................................................... 15
        1.2.2 Clusterunterstützung und Masterplanprozess ......................... 18
2       STRATEGIE DER HANDLUNGSFELDAUSRICHTUNG .................................. 19
3       Handlungsfelder .............................................................................. 22
    3.1 Handlungsfelder zur fachspezifischen Fokussierung ....................... 22
        3.1.1 Biobasierte Spezialitätenchemie ............................................. 22
        3.1.2 Biopolymere ........................................................................... 29
        3.1.3 Leichtbau/Verbundwerkstoffe ................................................. 36
    3.2 Handlungsfelder branchenorientierter Querschnittsthemen ............. 43
        3.2.1     Standorte für Kunststoffe und Chemie .................................... 43
        3.2.2      Logistik für Kunststoffe und Chemie ...................................... 48
        3.2.3      Fachkräftesicherung für Kunststoffe und Chemie .................. 54
4       Integrativthemen .............................................................................. 62
    4.1 Internationalisierung ........................................................................ 62
    4.2 Cross-Cluster-Schnittstellen mit Brandenburger und Berlin-
        Brandenburger Clustern................................................................... 65
    4.3 Weitere Themen .............................................................................. 70
5       Zusammenfassung .......................................................................... 73
6       Anlagen ............................................................................................ 74

                                                                                                             2
STARKE SÄULE DER INDUSTRIE - Masterplan für das Cluster Kunststoffe und Chemie Brandenburg
EINLEITUNG

Das Cluster Kunststoffe und Chemie bildet eine starke Säule der Industrie
in Brandenburg. Es ist geprägt von der fachlichen Breite seiner Wirtschafts-
und Wissenschaftsakteure. Mit einigen großen Unternehmen, vorrangig der
chemischen und petrochemischen Industrie, und vielen kleinen und mittle-
ren Unternehmen, die überwiegend der Kunststoffbranche angehören, ver-
fügt das Cluster über eine vielfältige industrielle Struktur, die eine stabile
Basis für die zukünftige Entwicklung darstellt. Verstärkt durch eine ausge-
prägte Forschungslandschaft mit exzellenten Hochschulen und außeruni-
versitären Forschungsreinrichtungen, die sich auf die verschiedensten As-
pekte der Kunststoffe und Chemie spezialisiert haben, wird ein kontinuierli-
cher Transfer von Wissen in innovative Technologien und Produkte voran-
getrieben. Gleichwohl stehen die Akteure des Clusters sowohl vor spezifi-
schen Herausforderungen als auch vor denselben Zukunftsaufgaben wie
sie auch von anderen Branchen wahrgenommen werden. Es sind dies un-
ter anderem gesellschaftliche Herausforderungen, wie sie auch die aktuelle
Wachstumsstrategie der EU „Europa 2020“ mit ihren Zielen in den fünf Be-
reichen „Beschäftigung“, „Bildung“, „soziale Integration“ sowie „Kli-
ma/Energie“ und „Innovation“ adressiert. Zum Teil wurden diese Themen
auch im Koalitionsvertrag der 18. Legislaturperiode „Deutschlands Zukunft
gestalten“ (z. B. Themen des Leichtbaus) berücksichtigt.

Mit den spezifischen Maßnahmen in den sechs Handlungsfeldern des Mas-
terplans soll die Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit der Akteure des Clus-
ters nachhaltig sichergestellt und ausgebaut, Wachstum generiert und Be-
schäftigung in der Region gesichert werden. Unter Berücksichtigung der
regionalen Voraussetzungen setzt die wirtschaftspolitische Strategie der
Landesregierung Brandenburgs „Stark für die Zukunft – Kräfte bündeln“ auf
der europäischen Strategie und der daran angelehnten Hightech-Strategie
der Bundesregierung auf, um die wirtschaftliche Entwicklung im Land si-
cherzustellen. Der Masterplan gibt dabei als Instrument der Regionalen
Innovationsstrategie des Landes Brandenburg innoBB plus die Handlungs-
schwerpunkte der verschiedenen Clusterakteursgruppen wieder. Aufbau-
end auf den spezifischen Kompetenzen der Clusterakteure wird eine intelli-
gente Spezialisierung anvisiert, um die Wirkung der vorhandenen Kräfte
zielgerichtet nutzen zu können. Dabei werden die Leitlinien des Europäi-
schen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) 1 und des Europäischen
Sozialfonds (ESF)2 ebenso berücksichtigt wie auch die Ziele des europäi-
schen Förderprogramms „Horizon 2020“.

1
    Europäischer Fonds für regionale Entwicklung, online unter
    URL: http://www.efre.brandenburg.de
2
    Europäischer Sozialfonds, online unter URL: http://www.esf.brandenburg.de

3
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Durch Ausbau der Schnittstellen und die interdisziplinäre Zusammenarbeit
mit den Brandenburger und Berlin-Brandenburger Clustern „Energietech-
nik“, „Ernährungswirtschaft“, „Gesundheitswirtschaft“, „IKT, Medien und
Kreativwirtschaft“, „Metall“, „Optik“ und „Verkehr, Mobilität und Logistik“,
sollen zusätzliche Wachstumsimpulse für die Clusterakteure geschaffen
und die Kräfte zum Erreichen der gesteckten Ziele gebündelt werden.

Der Masterplan des Clusters Kunststoffe und Chemie Brandenburg umfasst
die drei Handlungsfelder zur fachspezifischen Fokussierung „Biobasierte
Spezialitätenchemie“, „Biopolymere“ und „Leichtbau/Verbundwerkstoffe“
sowie die drei Handlungsfelder branchenrelevanter Querschnittsthemen
„Standorte für Kunststoffe und Chemie“, „Logistik für Kunststoffe und Che-
mie“ und „Fachkräftesicherung für Kunststoffe und Chemie“. Das für die
Akteure wichtige Integrativthema der Internationalisierung wird mit einer
dreiteiligen Ausrichtung zur Sensibilisierung und Information der Clusterak-
teure, der Erleichterung des Zugangs zu internationalen Märkten und der
Initiierung von Kooperationsprojekten mit internationalen Partnern adres-
siert. Flankiert durch engagierte Partner aus Wirtschaftsförderung, Kam-
mern, Bildungsträger, Verbänden sowie der Politik und Verwaltung, werden
die Maßnahmen der Handlungsfelder in die Umsetzung geführt.

                                                                          4
STARKE SÄULE DER INDUSTRIE - Masterplan für das Cluster Kunststoffe und Chemie Brandenburg
1 BESCHREIBUNG DES CLUSTERS
  KUNSTSTOFFE UND CHEMIE

1.1     Ist-Situation im Cluster
1.1.1 Branchenstruktur
Mit 649 statistisch erfassten Unternehmen und 12.120 sozialversiche-
rungspflichtig Beschäftigten3 ist das Cluster Kunststoffe und Chemie eine
starke Säule der Industrie im Land Brandenburg. Der Anteil der Beschäftig-
ten der brandenburgischen Kunststoff- und Chemie-Industrie an der Ge-
samtbeschäftigtenzahl der gewerblichen Wirtschaft des Landes betrug
2012 gut 11%. Sie ist somit der drittgrößte Wirtschaftsbereich in Branden-
burg. Jeder achte Beschäftigte ist in diesen Branchen tätig, jeder siebte
Euro wird in der Chemie- und Kunststoffindustrie erwirtschaftet. Kaum ein
anderer Industriezweig in Brandenburg ist so eng mit anderen Wirtschafts-
zweigen verflochten. Insbesondere als Zulieferer für viele Ausgangsproduk-
te kommt der Chemie- und Kunststoffindustrie eine Schlüsselrolle in der
innovativen     Entwicklung     solcher   Branchen      wie    Medizintech-
nik/Pharmaindustrie, Energietechnik, Informations- und Kommunikations-
technik, Optik, Fahr- und Flugzeugbau und weiteren mehr zu. Brandenbur-
gische Produkte wie Fasern, Faserverstärkten Kunststoffen, Folien, Reifen,
Komponenten für Haushaltsgeräte und Windräder sowie Polyurethan-
Grundprodukte, Pflanzenschutzmittel, wasserbasierte Lacke und techni-
sche Kunststoffe machen die Hauptstadtregion weit über die Landesgren-
zen hinaus bekannt.

Chemieparks in Schwedt/Oder, Premnitz, Neuruppin, Guben und Schwarz-
heide prägen mit strukturbestimmenden mittelständischen und Großunter-
nehmen insbesondere das Profil des Bereichs Chemie des Clusters. Die
Chemiebetriebe in der Region gehören zu den führenden Unternehmen
ihrer Branchenbereiche in Europa, zum Beispiel PCK in Schwedt, BASF in
Schwarzheide oder Atotech in Neuruppin sowie die großen Kunstfaserher-
steller Trevira in Guben und die Märkische Faser in Premnitz. Die Herstel-
lung von Gummi- und Kunststoffwaren sowie faserverstärkten Kunststoff-
bauteilen findet überwiegend in mittelständischen und kleinen Unterneh-
men statt und deckt eine breite Palette der Kunststoffverarbeitung ab. Die-
se Unternehmen beliefern international agierende Unternehmen und wei-
sen ein großes Wachstumspotenzial auf. In 71 Unternehmen (mit über 20
Mitarbeitern) arbeiten etwa 6.300 Beschäftigte. Zum Clusterkern werden

3
 Siehe Ministerium für Wirtschaft und Europaangelegenheiten des Landes Brandenburg
[Mai 2014, Entwurf]: Entwicklung und Bedeutung der Cluster in Brandenburg 2008-2012.
 Monitoringbericht, S. 11. Die Statistiken beziehen sich auf die WZ in der Anlage 1.

5
STARKE SÄULE DER INDUSTRIE - Masterplan für das Cluster Kunststoffe und Chemie Brandenburg
acht Großbetriebe gezählt, die mehr als 300 Mitarbeiter pro Unternehmen
beschäftigen.4

Zu den Unternehmen der Chemiebranche5 im Cluster gehören insbesonde-
re Hersteller von

            Chemiefasern,
            Körperpflegemitteln und Duftstoffen,
            Seife, Wasch-, Reinigungs- und Poliermitteln,
            Anstrichmitteln, Druckfarben und Kitten,
            Schädlingsbekämpfungs-, Pflanzenschutz- und Desinfektionsmit-
             teln,
            Kunststoffen in Primärformen,
            sonstigen chemischen Erzeugnissen,
            sonstigen anorganischen Grundstoffen und Chemikalien,

Darüber hinaus bestehen Kompetenzen in der petrochemischen Industrie.
                                                      6
Zu den Unternehmen der Kunststoffbranche                  im Cluster gehören insbe-
sondere Hersteller von
           Baubedarfsartikeln aus Kunststoffen,
           Verpackungsmitteln aus Kunststoffen,
           Platten, Folien usw. aus Kunststoffen,
           Reifen sowie Runderneuerung von Reifen,
           sonstigen Kunststoffwaren.
Darüber hinaus bestehen Kompetenzen auch in weiteren Bereichen der
Elastomere.
In nachfolgender Abbildung wird die prozentuale Verteilung der Beschäftig-
ten von Unternehmen dargestellt, die dem Cluster Kunststoffe und Chemie
anhand ihrer Zuordnung zu Wirtschaftszweigen7 angehören. Aufgrund der
zugrunde liegenden Erhebungsmethodik sind Unternehmen mit weniger als
20 Mitarbeitern nicht statistisch ausgewiesen. Auch stehen nicht für jedes
einzelne Unternehmen dieses Clusters statistisch ausgewiesene Beschäfti-
gungsdaten zur Verfügung.

4
 Siehe ZAB ZukunftsAgentur Brandenburg GmbH, Amt für Statistik Berlin-Brandenburg
[2012]: Statistik des Verarbeitenden Gewerbes.
5
    Vgl. WZ-Zuordnung zum Cluster in Anlage 1
6
    WZ-Zuordnung zum Cluster in Anlage 1
7
 Nach der Klassifikation der Wirtschaftszweige NACE Revision 2 von 2008, online unter
URL: http://epp.eurostat.ec.europa.eu/portal/page/portal/nace_rev2/introduction

                                                                                        6
STARKE SÄULE DER INDUSTRIE - Masterplan für das Cluster Kunststoffe und Chemie Brandenburg
Abbildung 1: Beschäftigte (> 20 Mitarbeiter) im Cluster Kunststoffe und Chemie
                        8
nach Wirtschaftszweigen

8
 Angaben entnommen aus: Amt für Statistik Berlin-Brandenburg [2013]: Statistischer
Bericht E I 1 – j/12. Verarbeitendes Gewerbe im Land Brandenburg Jahr 2012. und Amt für
Statistik Berlin-Brandenburg [2013]: Statistischer Bericht J I 2 – j/11. Dienstleistungen im
Land Brandenburg.

7
STARKE SÄULE DER INDUSTRIE - Masterplan für das Cluster Kunststoffe und Chemie Brandenburg
1.1.2 Forschungslandschaft
Die Hauptstadtregion verzeichnet im Bereich Kunststoffe und Chemie eine
beachtliche Dichte von wissenschaftlichen Einrichtungen. Zahlreiche kleine
und mittelständische Unternehmen nutzen dieses Potenzial. Neben den
Hochschulen und Universitäten gibt es eine ganze Reihe von außeruniver-
sitären Forschungseinrichtungen. Dazu gehören Institute der Fraunhofer-
Gesellschaft, der Helmholtz-Gesellschaft, der Leibniz-Gemeinschaft und
der Max-Planck-Gesellschaft. Diese Einrichtungen sind von der Grundla-
genforschung bis zur anwendungsorientierten Entwicklung aktiv.

Abbildung 2: Hochschulen und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen in
                                                                   9
Brandenburg und Berlin mit Bezug zum Cluster Kunststoffe und Chemie (Auszug)

9
 Informationen des Clusters Kunststoffe und Chemie Brandenburg, online unter URL:
http://www.kunststoffe-chemie-brandenburg.de/de/Das-Cluster/Wissenschaft

                                                                                    8
STARKE SÄULE DER INDUSTRIE - Masterplan für das Cluster Kunststoffe und Chemie Brandenburg
Tabelle 1: Wissenschaftliche Einrichtungen in Brandenburg mit Clusterbezug

       Name, Standort                     Schwerpunkte (Auswahl)

                               Anorganische, organische und physikalische
 1 Brandenburgische            Chemie, Analytik; Chemische Reaktionstechnik;
   Technische                  Polymermaterialien; Kunststoff-/ Gummiverarbei-
   Universität Cottbus -       tung; Aufbereitung von Basispolymeren zu Hoch-
   Senftenberg                 leistungskunststoffen; Maschinenbau; Werkzeu-
                               ge und Vorrichtung der Kunststofftechnik

 2 Deutsches GeoFor-           Dynamik der Lithosphäre; Geomechanik und
   schungsZentrum, Pots-       Rheologie; Chemie und Physik der Geomateria-
   dam                         lien; Oberflächennahe Geochemie

                               Automatisierungstechnik; Energie- und Umwelt-
                               technologie; Fertigungs-/Produktionstechnik;
 3 Fachhochschule Bran-
                               Konstruktion und Berechnung im Maschinen-
   denburg, Brandenburg
                               /Anlagenbau; Lasertechnologie; Mechatronik;
   an der Havel
                               Mess-/Sensortechnik; Mikrotechnologie; Werk-
                               stoffprüfung

                               Forschung und Entwicklung vom Monomer bis
                               zum (faserverstärkten) Bauteil, einschließlich
 4 Fraunhofer Einrichtung      Charakterisierung, Prozessierung im Pilotanla-
   für Polymermaterialien      genmaßstab und Weiterverwertung nach dem
   und Composite PYCO,         Einsatz der Bauteile; Materialien, Halbzeuge und
   Teltow                      Bauteile mit hoher Flammfestigkeit, Damagetole-
                               ranz, hoher Temperaturstabilität, geringem Ge-
                               wicht und speziellen Eigenschaften

                               Material- und Verfahrensentwicklung von Fa-
                               sern, Folien, Nonwovens, Werkstoffen, Composi-
                               ten, Funktionsmaterialien, Additiven und Fein-
 5 Fraunhofer-Institut für     chemikalien auf Basis von natürlichen und syn-
   Angewandte Polymer-         thetischen Polymeren; Biobasierte technische
   forschung IAP, Pots-        Fasern, Thermoplaste und Duromere, Biocom-
   dam-Golm                    posite; Polymerelektronik, OLED, OPV, flexible
                               Displays, Sensoren; Mikrokomposite und Ver-
                               kapselungen; Polymere für Life Science; Poly-
                               mersynthese im Pilotanlagenmaßstab

 6 Helmholtz-Zentrum
                               Innovative, polymerbasierte Biomaterialien für
   Geesthacht Institut für
                               medizinische Anwendungen; Trenn- und Um-
   Biomaterialforschung
                               welttechniken mit Hilfe von Membranen
   Teltow

9
Name, Standort                     Schwerpunkte (Auswahl)

7 Hochschule für nachhal-
  tige Entwicklung            Wald und Umwelt; Landschaftsnutzung und Na-
  Eberswalde                  turschutz; Holztechnik; Nachhaltige Wirtschaft

                              Entwicklung von Spezialpolymeren; Synthese
                              von Spezialchemikalien; Materialentwicklungen
8 Institut für Dünnschicht-
                              für Anwendungen in der Mikro- und Biosensorik;
  technologie und Mikro-
                              Strukturcharakterisierung, Kunststoffrecycling;
  sensorik e. V., Teltow
                              Mikro- und Nanostrukturierung; Elektrisch leiten-
                              de Polymere und elektrochrome Schichten

                              Polymere Filme; Membranen, organische und
                              anorganische Nanostrukturen; Mikrokapseln;
                              Nano- und Mikroreaktoren; Polymerdispersio-
9 Max-Planck-Institut für     nen; Polyelektrolyte; Kolloidstrukturen und -
  Kolloid- und Grenzflä-      analytik; Biomimetische Materialien und Bio-
  chenforschung, Pots-        template; Grenzflächen und Membranen; gela-
  dam-Golm                    dene Polymere und Kolloide; flüssige Grenzflä-
                              chen; Makromoleküle an festen Oberflächen;
                              Oberflächenspannungsmessungen mittels Rönt-
                              genbeugung und Fluoreszenzmikroskopie

10 Prignitzer Institut für
                              Grundlagenforschung und angewandte Entwick-
   Thermoanalytik e. V.,
                              lung im Bereich thermoanalytischer Verfahren
   Wittenberge

                              Verarbeitung von Thermoplasten (PET, PBT);
                              Entwicklung von Kompositwerkstoffen; Polymer-
11 Technische Hochschule      legierungen und neue Materialien aus Thermo-
   Wildau                     plasten und Duromeren; Recycling; Verfahrens-
                              und Apparateentwicklung; Umweltanalytik; Ma-
                              schinenbau/Verfahrenstechnik

                              Angewandte Polymerchemie; Anorganische
                              Chemie; Bioorganische Chemie; Didaktik der
                              Chemie; Kolloidchemie; Entwicklung von Bioma-
12 Universität Potsdam        terialien; Naturstoffchemie; Organische Chemie;
                              Organische Synthesechemie; Physikalische
                              Chemie; Polymerchemie; Strukturanalytik; Sup-
                              ramolekulare Chemie; Theoretische Chemie

                                                                              10
Tabelle 2: Wissenschaftliche Einrichtungen in Berlin mit Clusterbezug
       Name, Standort                       Schwerpunkte (Auswahl)

 13 BAM – Bundesanstalt
                                Materialforschung, Werkstofftechnik, Sicherheits-
    für Materialforschung
                                technik, Prüftechnik
    und -prüfung, Berlin

                                Pharma- und Chemietechnik, Biotechnologie,
 14 Beuth Hochschule für        Verpackungstechnik, Maschinenbau, Verfah-
    Technik Berlin              rens- und Umwelttechnik, Umwelt und Nachhal-
                                tigkeit

 15 Fritz-Haber-Institut der    Heterogene Katalyse, Dynamik elementarer
    Max-Planck-                 Prozesse an Oberflächen und in festen Struktu-
    Gesellschaft                ren

 16 Helmholtz-Zentrum Ber-      Makromolekulare Kristallographie, Kolloidche-
    lin für Materialien und     mie, Grenzflächen
    Energie (HZB)

 17 Humboldt-Universität zu     Funktional strukturierte Materialien und Katalyse
    Berlin (HU Berlin)

                                Konstruieren mit Kunststoffen; Verarbeitung von
                                Kunststoffen (Spritzgießen, Extrudieren); Kunst-
                                stoffrecycling; Kunststoffe in der Medizintechnik;
                                Materialprüfung: Rheologie, Zug-, Biege- und
 18 Technische Universität      Schlagprüfung, Lichtmikroskopie, Glührück-
    Berlin                      standsbestimmung nach DIN;
                                Anorganische und Analytische Chemie, Organi-
                                sche Chemie, Physikalische und Theoretische
                                Chemie, Technische Chemie, Umweltchemie,
                                Umweltverfahrenstechnik, Wasserreinhaltung

Darüber hinaus bestehen für das Cluster Kunststoffe und Chemie vielfältige
Kontakte und Arbeitsbeziehungen zu relevanten wissenschaftlichen Ein-
richtungen in den umliegenden Bundesländern, die zukünftig kontinuierlich
ausbaut werden sollen.

1.1.3 Netzwerke
In Brandenburg und in den umliegenden Bundesländern sind mehrere
Netzwerke mit Verbindung zur Kunststoff- und Chemiebranche, die mitun-
ter länderübergreifend wirken, aktiv. Die Vernetzung von Unternehmen und
wissenschaftlichen Einrichtungen im Bereich Kunststoffe wird in Branden-
burg durch die Tätigkeit des Kunststoff-Verbundes Brandenburg Berlin
(KuVBB e. V.) bestimmt

11
   Kunststoff-Verbund Brandenburg Berlin KuVBB e. V.

Der Kunststoff-Verbund Brandenburg Berlin steht für Kooperation, Qualifi-
zierung und Öffentlichkeitsarbeit aller Interessierten in dieser Branche und
pflegt Kontakte zu weiteren Netzwerken und relevanten politischen Gremi-
en. Er verfolgt das Anliegen, auf dem Gebiet der Herstellung, Verarbeitung
und Anwendung von synthetischen und biobasierenden Kunststoffen in den
Ländern Brandenburg und Berlin

   o   die Kooperation von Forschung, Entwicklung und Wirtschaft und ei-
       nen wechselseitigen Wissenstransfer zu unterstützen sowie das
       Wissen dieser Branche zu verbreitern
   o   den Nachwuchs für diese Branche namentlich in den Schulen sowie
       in der Facharbeiter- und Hochschulausbildung zu fördern
   o   eine geeignete Außendarstellung für diese Branche zu betreiben
       einschließlich der Unterhaltung von Kontakten zu anderen Gremien,
       Verbänden und Netzwerken.

Der KuVBB e. V. unterhält zur Verwirklichung seiner Ziele Kooperationsbe-
ziehungen zu Netzwerken, Verbänden, öffentlichen Einrichtungen, Institu-
ten, Wirtschaftsfördereinrichtungen und Partnern innerhalb und außerhalb
Brandenburgs.

      FIRM e. V.
Firm e.V. ist ein auf regionale Projektentwicklung und Technologietransfer
orientiertes Netzwerk, dessen Träger die Gesellschaft zur Förderung der
innovativen Region Mittelbrandenburg e.V. ist. Es ist eng an die TFH
Wildau angebunden und will die Innovationskompetenz und damit die
Wettbewerbsfähigkeit von Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen in
Verbindung mit ortsansässigen Unternehmen und den lokalen Verwaltun-
gen dauerhaft stärken. Der Verein hat das Konzept InnoRegio FIRM in den
mittelostbrandenburgischen Landkreisen Dahme-Spreewald und Oder-
Spree entwickelt. Heute schöpfen Akteure aus ganz Brandenburg in dem
geknüpften Netzwerk ihre Innovationskraft in den Bereichen Kreislaufwirt-
schaft, neue Materialien und nachwachsende Rohstoffe voll aus. In FIRM
orientieren sich die Innovationen sowohl auf markfähige Produkte der ein-
zelnen Unternehmen als auch auf die Applikation der entwickelten Materia-
lien in einem bestehenden Produkt. Durch die Verknüpfung von wissen-
schaftlicher Expertise mit den unternehmerischen Qualitäten der lokalen
Metall- und Kunststoffindustrie wird eine neue Perspektive für die Region
entwickelt.

Enge Verbindung besteht mit den verschiedensten Clustern außerhalb
Brandenburgs:

                                                                         12
   Central European Chemical Network CeChemNet
CeChemNet ist ein standortübergreifend wirkendes Netzwerk, das fünf
Chemieparks aus Sachsen-Anhalt und Brandenburg verbindet. Projekt-
partner sind die Standortgesellschaften der Chemiezentren Bitterfeld-
Wolfen, Leuna, Schkopau, Zeitz und Schwarzheide. Komplettiert wird die
Partnerschaft durch die Mitwirkung der Verbände der Nordostchemie sowie
der isw, der Gesellschaft für wissenschaftliche Beratung und Dienstleistung
mbH. Das Central European Chemical Network ist ein interdisziplinärer
Verbund, der unterschiedlichste Kompetenzen sowie spezielles Know-how
der Standortentwicklung und ein erfolgreiches Chemiepark-Management
miteinander vernetzt. CeChemNet wirkt einerseits nach innen, denn es
bündelt regionale Stärken der Chemieparkentwicklung, schafft Synergien
durch den Stoffverbund und fördert den Wissenstransfer der Chemie-
Standorte untereinander. Andererseits zielen die Aktivitäten von CeChem-
Net nach außen: Für Investoren unterstützt das Netzwerk die Erstellung
maßgeschneiderter Ansiedlungskonzepte im mitteldeutschen Chemiedrei-
eck.

        Berlin-Brandenburgischer Verband für Polymerforschung BVP
Im BVP haben sich über 30 Arbeitsgruppen und Abteilungen der Polymer-
forschung aus Universitäten und außeruniversitären Forschungseinrichtun-
gen, Unternehmen sowie einige korrespondierende Mitglieder zusammen-
geschlossen, um die Polymerforschung und die dazugehörige Lehre in der
Region Berlin-Brandenburg zu fördern, zu koordinieren und gezielt weiter-
zuentwickeln.

        Cluster Chemie/Kunststoffe Mitteldeutschland
Das Cluster Chemie/Kunststoffe Mitteldeutschland ist eine von der Wirt-
schaft initiierte Plattform des länderübergreifenden Zusammenwirkens in
Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Hier arbeiten so-
wohl große als auch kleine und mittlere Unternehmen, deren Verbände,
Bildungs- und Forschungseinrichtungen, Dienstleister sowie Politik und
Verwaltung zusammen. Das Cluster unterstützt die Herausbildung von
Wertschöpfungsketten.

        Norddeutsches Kunststoff Netzwerk NORKUN
Das Norddeutsche Kunststoff Netzwerk verfolgt als technologieorientiertes
Netzwerk auf dem Gebiet der Erzeugung, Verarbeitung und Anwendung
von Kunststoffen international und in den norddeutschen Bundesländern
folgende Ziele:
     o   die Kooperation von Forschung, Entwicklung und Wirtschaft und ei-
         nen wechselseitigen Wissenstransfer zu unterstützen
     o   Forschungskapazitäten für kleine und mittelständische Unterneh-
         men zu vermitteln
     o   den Nachwuchs für diese Branche in den Schulen sowie in der
         Facharbeiter- und Hochschulausbildung zu fördern
13
o   Lobbyarbeit und eine qualifizierte Außendarstellung für diese
           Branche zu betreiben und
       o   enge Kontakte zur Politik, Verbänden und Netzwerken zu halten.

      Fördergemeinschaft für Polymerentwicklung und Kunststoff-
       technik in Mitteldeutschland POLYKUM e.V.
In Sachsen-Anhalt hat sich aufgrund seiner bedeutenden, traditionell gefes-
tigten Struktur einheimischer Chemie- und Kunststoffindustrie bereits früh-
zeitig eine stabile Netzwerklandschaft herausgebildet, die auch auf Bran-
denburg ausstrahlt. Ein typisches Beispiel dafür ist die Tätigkeit des Po-
lykum e. V. Das Netzwerk verfolgt das Ziel, durch intensive Zusammenar-
beit und gegenseitige Unterstützung im Rahmen eines Kooperationsnetz-
werkes die Wettbewerbsfähigkeit der Netzwerkakteure zu steigern.

      PolymerMat e. V.
PolymerMat e. V. ist ein Netzwerk, das die Interessen der Unternehmen
der Kunststoffindustrie Thüringens bündelt. Es bietet eine Plattform für die
Zusammenarbeit der Unternehmen der Kunststoffbranche bei Innovation
und Umsetzung neuer technologischer Spitzenleistungen im Kunststoffsek-
tor. Das Ziel des Vereins besteht darin, seine Mitglieder zu unterstützen,
durch (gemeinsame) Innovationen ihren Handlungsspielraum zu vergrö-
ßern sowie ihre Marktposition zu stärken und auszubauen. Als Schnittstelle
zwischen Unternehmen der Kunststoffindustrie und Politik leistet der Verein
einen Beitrag zur Förderung von Wissenschaft, Forschung, Ausbildung und
Innovation sowie Entwicklung der Wirtschaftsregion Thüringen.

      VDI Bezirksverein Berlin-Brandenburg
Der Bezirksverein Berlin-Brandenburg ist einer von 45 VDI-
Bezirksvereinen. Er ist in seiner Region zuständig für die Betreuung seiner
derzeit rund 6.000 Mitglieder und allen Technikinteressierten.
Ein Großteil der inhaltlichen Arbeit des Bezirksvereins findet in Arbeitskrei-
sen statt. Der Arbeitskreis Kunststofftechnik mit bis zu 12 Fachveranstal-
tungen und einem Netzwerktreffen mit ca. 300 Teilnehmern pro Jahr ist
einer der regionalen Multiplikatoren zum Thema Kunststoffe. Der Arbeits-
kreis hat sich zur Aufgabe gemacht, die Vielfältigkeit der Kunststoffe, deren
Herstellung, Verarbeitung und Einsatzmöglichkeiten Ingenieuren darzustel-
len und sie in ihren täglichen Anforderungen zu unterstützen.
Entsprechend seinem breitgefächerten Themenspektrum bietet der Ar-
beitskreis Verfahrenstechnik und Chemieingenieurwesen facettenreiche
Angebote für seine Mitglieder und organisiert z. B. Besichtigungen von
Produktionsanlagen oder Vorträge zu relevanten und aktuellen Themen.
Den in der Region Berlin / Brandenburg tätigen und dem AK zugeordneten
Verfahrenstechnikern und Chemieingenieuren wird so die Möglichkeit zum
Erfahrungsaustausch und zum Knüpfen und Pflegen von Kontakten und
Netzwerken gegeben.

                                                                           14
1.2      Perspektiven und Vorgehensweise
1.2.1 Chancen und Potenziale
Brandenburg bieten sich aufgrund seiner zentralen geographischen Lage in
Europa als Bindeglied zwischen West- und Osteuropa gute Chancen.
Durch seine Nähe zu den osteuropäischen Wachstumsmärkten kann es
von neuen bzw. prosperierenden Märkten und deren neuen Abnehmern
oder zusätzliche Absätze profitieren. Für Osteuropa wird für den Zeitraum
2011 bis 2030 ein jährliches Wachstum des Bruttoinlandsprodukts von 2,3
% gegenüber 1,6% in Westeuropa prognostiziert. Im gleichen Zeitraum
wird von einer jährlichen Wachstumsrate bei der Chemieproduktion von 3,2
% in Osteuropa und 1,8% in Westeuropa ausgegangen.10 Die Lage erlaubt
es zudem, vom querenden Wirtschaftsverkehr durch ein Angebot an gut
ausgeprägten Logistikleistungen neue Wertschöpfung im direkten Umfeld
von Kombiverkehrsterminals zu erlangen. Aber auch von der weiteren wirt-
schaftlichen Entwicklung der Hauptstadtregion, die mit ihren Wissens- und
Technologiepotenzialen wichtige Impulse aussendet, kann das Cluster pro-
fitieren.
Für die Bereiche Spezialitätenchemie, Biopolymere und Leicht-
bau/Verbundwerkstoffe wird für die Zukunft deutschlandweit eine prosperie-
rende Entwicklung erwartet.
So wird bei der Spezialitätenchemie eine Steigerung des Anteils an der
Chemieproduktion in Deutschland um 3,4 Prozentpunkte auf 46,7 % bis
2030 gegenüber 2011 prognostiziert.11 Dies ist der höchste Anstieg bei den
verschiedenen Chemiesparten. Der globale Verbrauch an Biokunststoffen,
so eine Prognose12, wird in der nächsten Zukunft um 18,9% jährlich stei-
gen. Für einen Zeitraum bis 2021 wird hier mit einer rasant zunehmenden
Nachfrage gerechnet. Dies wird flankiert durch eine weitere
Prognose13, die für 2017 mit einem Anstieg der globalen Produktionskapa-
zitäten für Biokunststoffe rechnet, als Vergleich für das Jahr 2012 mit der
Kapazität von rund 1,4 Mio. t und einem Anstieg 2017 auf 6,2 Mio. to. Ge-
stützt durch solch positive Entwicklungsprognosen für ausgewählte Berei-
che ist die Ausrichtung des Masterplans für Kunststoffe und Chemie Bran-
denburg u. a. auf die biobasierte Spezialitätenchemie und die Biopolymere
zu verstehen. So bietet das rechtzeitige Besetzen neuer technologischer
Felder die Chance, das Wachstumspotenzial zu nutzen und somit zusätzli-
che Wertschöpfung für Brandenburg zu sichern.

10
 Vgl. Verband der Chemischen Industrie [2013]: Die deutsche chemische Industrie 2030.
VCI-Prognos-Studie, S. 36 und S. 40.
11
  Vgl. Verband der Chemischen Industrie [2013]: Factbook 06. Chemie 2030 –
Globalisierung gestalten.
12
     Vgl. Ceresana [2014]: Marktstudie Biokunststoffe, 3. Auflage.
13
  Vgl. Pressemitteilung European Bioplastics [12.12.2013]: Biokunststoffmarkt wächst
kräftig zwischen 2012 und 2017.

15
Auch im Bereich Leichtbau/Verbundwerkstoffe werden besondere Marktpo-
tenziale gesehen. Leichtbaukonzepte werden bereits intensiv von der Luft-
fahrtindustrie nachgefragt. Dies ist auch ersichtlich anhand der Zahlen, die
die beiden großen Flugzeugbauer für den weltweiten Bedarf an neuen
Flugzeugen bis 2030 nennen (Airbus 27.800, Boeing sogar 33.500).14. Ähn-
liches gilt zunehmend auch im Automobilbau (34% Wachstum pro Jahr bis
2020 in Verbindung mit einer Senkung des Bauteilpreises auf 20 bis 30
€/kg) 15 und in der Schienenverkehrstechnik. Wenn es technologisch ge-
lingt, diese Konzepte qualitativ adäquat in einen Massenmarkt zu überfüh-
ren, eröffnen sich neue und noch deutlich breitere Marktpotenziale als bis-
her. Auch im Zuge der Energiewende wird der Leichtbau weiter an Bedeu-
tung gewinnen, kann man doch durch den Einsatz von CFK Gewichtser-
sparnisse von 70 % gegenüber Stahl und bis 30 % gegenüber Aluminium16
erzielen. Gleichwohl steigt der Anteil an GFK-Materialien, die zwar ein ge-
ringeres Einsparpotenzial ermöglichen, jedoch vergleichsweise geringere
Bauteilkosten aufweisen.

Die gut ausgeprägte Hochschullandschaft ermöglicht einen stetigen Tech-
nologietransfer in die Unternehmen der Region. Überdies können gut aus-
gebildete akademische Fachkräfte ihren Weg von den Hochschulen auf
Positionen in Unternehmen der Kunststoff- und Chemiebranche finden. Die
Hochschulen liefern somit einen wichtigen Beitrag zur Fachkräftesicherung
und zur innovativen Prozess- und Produktentwicklung. Positiv auf die zu-
künftige Entwicklung des Kunststoff- und Chemiestandorts Brandenburg
wirkt sich aber auch das kreative Potenzial der Hauptstadtregion aus. Mit
zielgerichteten Innovationen und kreativen Produkten oder Geschäftsideen
ermöglicht es neue Impulse, die den Standort mit neuer Wertschöpfung
stärken, aber auch in der Außenwirkung zusätzliche Strahlkraft über die
Landesgrenzen hinweg erzeugen. Weiterhin ist die Chance zu nutzen, eine
länderübergreifende Vernetzung entlang der Wertschöpfungskette zu reali-
sieren bzw. diese weiter auszubauen. So kann das Potenzial, das in an-
grenzenden Ländern verfügbar ist, besser genutzt werden.

Weiteres Potenzial in Brandenburg stellen die gut ausgestatteten Chemie-
parks dar. Sie müssen mit einer leistungsfähigen industriellen Struktur und
Logistikanbindung anziehend für neue Unternehmen wirken. Das Ansied-
lungspotenzial gilt es künftig weiter auszubauen und die Intensität der an-
ziehenden Wirkung durch gezielte Entwicklungsmaßnahmen in den Berei-
chen Energieversorgung, Logistikanbindung und Fachkräftesicherung zu
steigern.

14
  Vgl. CCeV-Marktbericht 2013, S. 13, siehe auch: URL: http://www.carbon-
composites.eu/sites/carbon-composites.eu/files/anhaenge/13/09/17/ccev-avk-
marktbericht_2013-final-deutsch-bj.pdf
15
     Vgl. ebd., S.15
16
     Vgl. ebd., S.16

                                                                             16
Konstatiert werden muss zugleich, dass die oben genannten Themenfelder,
insbesondere Biopolymere und Leichtbau/Verbundwerkstoffe, heute noch
nicht die Breite der brandenburgischen Chemie- und Kunststoffindustrie
widerspiegeln. Mit diesen Themen bezüglich des Potenzials setzt das Clus-
ter ausdrücklich auf Zukunftsperspektiven in Metatrends, die auf der Ebene
der Unternehmen im Land Brandenburg teilweise erst noch erarbeitet, zu-
mindest aber deutlich breiter aufgenommen werden müssen. Neben der
Unterstützung der technologischen Entwicklungen müssen im Rahmen der
Masterplanumsetzung deshalb alle clusterrelevanten Unternehmen einge-
bunden werden. Außerdem werden gezielte Ansiedlungen fehlender Anbie-
ter/Nachfrager in der Wertschöpfungskette sowie geeignete Kooperationen
mit Partnern aus anderen Regionen angestrebt.

Ungeachtet dessen müssen darüber hinaus aber auch andere bestehende
Wachstums- und Innovationspotenziale in den ansässigen Unternehmen
berücksichtigt werden: von der Weiterentwicklung bei Fertigungsverfahren
über die Kunststoffbearbeitung bis hin zur Qualitätsprüfung.

17
1.2.2 Clusterunterstützung und Masterplanprozess
Zur Unterstützung der Entwicklung im Cluster wurden begleitende Struktu-
ren aufgebaut: Nach außen wird das Cluster durch den Clustersprecher
repräsentiert. Die Umsetzung von Aktivitäten unterstützt ein Clusterma-
nagement. Zur strategischen Ausrichtung des Clusters berät ein strategi-
scher Beirat mit Vertretern aus der Wirtschaft, Verbänden, Netzwerken,
Forschungseinrichtungen und Sozialpartnern. Über seine Vernetzung be-
fördert er die Stärkung des Technologie- und Wissenstransfers zwischen
den Clusterakteuren. Durch seine interdisziplinäre Zusammensetzung bin-
det der Beirat die verschiedenen Akteure – sowohl regional als auch über-
regional – in den Clusterprozess ein.

Im Fokus der Aktivitäten des Clusters liegen die Identifizierung und Ausge-
staltung von primären Handlungsfeldern; diese sind im Sinne der antizipier-
ten Metatrends bzw. ganz allgemein für die Akteure im Cluster von hoch-
rangiger Bedeutung. Aus Gesprächen mit den Beteiligten und durch Analy-
sen wurden Handlungsfelder ermittelt. Für jedes Handlungsfeld gibt es ei-
nen Expertenkreis, der von einem Handlungsfeldsprecher fachlich koordi-
niert und nach außen vertreten wird. Innerhalb der Expertenkreise der
Handlungsfelder und zwischen den Handlungsfeldern findet ein intensiver
Austausch statt. In Handlungsfelddialogen und Workshops werden die
Clusterakteure aktiv in den Austausch einbezogen.

Abbildung 3: Aktivitäten des Aufbaus der Clusterstrukturen und des Master-
planprozesses

Der Masterplan des Clusters wurde in mehreren Stufen erarbeitet (siehe
Abbildung 3). Die Kernthemen in den Handlungsfeldern sind das Ergebnis
eines kontinuierlichen Diskussionsprozesses innerhalb der Expertenkreise
der Handlungsfelder. In einer Fachkonferenz wurden die Ergebnisse dieser
Diskussionsrunden breit diskutiert, fokussiert und als Eckpunkte für den
Masterplan festgeschrieben. Über ein Online-Dialogforum auf der Cluster-
website wurden die Eckpunkte einer breiten Öffentlichkeit zugänglich ge-
macht und zur Diskussion gestellt. Allen Clusterakteuren, die an einem
Austausch interessiert waren und sich aktiv in die Masterplandiskussion
einbringen wollten, wurde somit eine Plattform zur Verfügung gestellt. Im
Ergebnis dieser öffentlichen Diskussion wurden die Themen in den Hand-
lungsfeldern inhaltlich geschärft und weitere zusätzliche Themen außerhalb
der Handlungsfelder in den Masterplan aufgenommen.
                                                                             18
2 STRATEGIE DER HANDLUNGSFELDAUSRICHTUNG

Das Cluster Kunststoffe und Chemie Brandenburg ist geprägt durch seine
große fachliche Breite und spezifische Vertiefung. Daher wurde auf Grund-
lage der dargestellten Chancen und Potenziale (siehe Kapitel 1.2.1) der
Kunststoffe und Chemie sowie aufgrund der positiv prognostizierten Ent-
wicklung der Spezialitätenchemie, der Biopolymere und des Leichtbaus/der
Verbundwerkstoffe der Fokus auf sechs Handlungsfelder mit großem Rea-
lisierungs- und Innovationspotenzial gelegt. Dies sind zum einen die drei
fachspezifischen Handlungsfelder „Biobasierte Spezialitätenchemie“, „Bio-
polymere“ und „Leichtbau/Verbundwerkstoffe“ und zum anderen die drei
Handlungsfelder zu den branchenrelevanten Querschnittsthemen „Standor-
te für Kunststoffe und Chemie“, „Logistik für Kunststoffe und Chemie“ und
„Fachkräftesicherung für Kunststoffe und Chemie“. Die Querschnittsthemen
greifen mit ihrem jeweiligen Kernthema und zugehörigen Maßnahmen die
bestehenden strukturellen Nachteile in Bezug auf die Anforderungen der
gesamten Branche Kunststoffe und Chemie in Brandenburg auf. Sie sind
ausgewählt worden, da unter ihrem Einfluss die Branche an sich und alle
fachspezifischen Handlungsfelder stehen. In Anbetracht der zukünftigen
Herausforderungen, vor denen die die Branche in absehbarer Zeit stehen
wird, sind diese Themen für den Kunststoff- und Chemiestandort Branden-
burg von herausragender Bedeutung. Eine weitere wichtige Herausforde-
rung für das Cluster ist beispielsweise der Themenkomplex der Industrie
4.0.

Abbildung 4: Übersicht der Handlungsfelder des Clusters Kunststoffe und Chemie

Biobasierte Spezialitätenchemie
Das Handlungsfeld der biobasierten Spezialitätenchemie fokussiert neben
der herkömmlichen Spezialitätenchemie vorrangig auf die Weiterverarbei-
tung von Primärrohstoff- oder Nebenprodukten der biobasierten Basische-
mie zu Vorprodukten für hochwertigere Anwendungen. Gerade in dieser
Chemiesparte ist zukünftig mit einer deutlich positiven Entwicklung zu

19
rechnen. Den brandenburgischen Akteuren bietet sich durch diese Ausrich-
tung die Chance, an der Entwicklung hin zu einer nachhaltigen Chemiepro-
duktion zu partizipieren und damit einhergehend eine Ausweitung der
Wertschöpfung und somit eine Stärkung ihrer Marktposition zu erzielen.
Unbeschadet dessen werden auch die Entwicklungspotenziale auf Basis
fossiler Rohstoffquellen weiter berücksichtigt.

Biopolymere
Das Handlungsfeld der Biopolymere umfasst die Verarbeitung vorrangig
biobasiert hergestellter Polymere sowie deren Anwendung in verschieden-
artigen Produkten. Dabei werden unter Biopolymeren biobasierte und/oder
biologisch abbaubare Kunststoffe verstanden. Wie beim Handlungsfeld der
biobasierten Spezialitätenchemie ist Nachhaltigkeit auch beim Handlungs-
feld der Biopolymere eine wichtige Triebkraft. Mit diesen Werkstoffen kann
den Nachhaltigkeitsbestrebungen in verschiedenen Wirtschaftsbereichen
entsprochen werden. Damit ist es möglich, die Biomassestrategie des Lan-
des Brandenburg zu stärken. Aber auch wirtschaftliche Prognosen stützen
die Zuwendung zu biobasierten Kunststoffen. So wird den auf Basis bioba-
sierter Rohstoffe hergestellten Polymeren eine deutliche Ausweitung der
globalen Nachfrage vorhergesagt. Es ist daher für die brandenburgische
Wirtschaft zur Sicherung ihrer Leistungsfähigkeit von hoher Bedeutung,
rechtzeitig die Potenziale der Biopolymere aufzugreifen.

Leichtbau/Verbundwerkstoffe
In diesem Handlungsfeld ist die Energieeffizienz der Innovationstreiber.
Leichtbau/Verbundwerkstoffe sind in der Bauindustrie, im Maschinenbau,
im Schienenfahrzeugbau, im Flugzeugbau und nicht zuletzt seit dem Auf-
kommen der Elektromobilität bzw. der Diskussion um den Verbrauch von
durch Verbrennungskraftmaschinen angetriebenen Kraftfahrzeugen ein
bedeutendes Thema. Für die Lösung dieser Anforderungen sind Leicht-
bau/Verbundwerkstoffe in den letzten Jahren zu einem der zentralen As-
pekte geworden. Aber neben der Energieeinsparung durch Gewichtsreduk-
tion und Dämmung bieten der Leichtbau und die Verbundwerkstoffe zusätz-
liche Vorteile, z. B. durch stärkere Funktionsintegration in Bauteile und bei
der Produktgestaltung durch neue mögliche Formgebungen. Im Rahmen
des Handlungsfelds wird der Leichtbau mit kunststoffbasierten Werkstoffen
betrachtet und Metall nur bei den Verbundwerkstoffen mit einbezogen.
Leichtbau und dazugehörige Themen wie Lärmreduzierung sind im Koaliti-
onsvertrag der Bundesregierung besonders herausgehobene Themen. Sie
sollen deshalb, gerade im Zusammenhang mit der Energiewende, beson-
ders gefördert werden. Die bereits bestehenden umfangreichen For-
schungskompetenzen sind durch die geplanten Maßnahmen stärker mit
den brandenburgischen Clusterunternehmen, aber auch mit Unternehmen
anderer Cluster als Anwender zu verbinden.

                                                                          20
Standorte für Kunststoffe und Chemie
Kunststoff- und Chemiestandorte sind Wachstumskeime für Wirtschaft und
Wissenschaft. Sie ziehen mit ihrer Infrastruktur und bereits vor Ort vorhan-
denen Unternehmen und Wissenschaftseinrichtungen neue Wertschöpfung
und Forschung an. Daher soll die Katalysatorwirkung der Standorte an ge-
eigneten Orten, beispielsweise durch infrastrukturelle Maßnahmen, Aktivi-
täten zur Fachkräftesicherung und Profilierung durch Alleinstellungsmerk-
male, unterstützt und verstärkt werden, um so langfristig deren Wettbe-
werbsfähigkeit sicherzustellen und Voraussetzung für Wachstumsimpulse
zu schaffen.

Logistik für Kunststoffe und Chemie
In diesem Handlungsfeld werden die an den Bedarfen der Kunststoffe und
Chemie spezifisch ausgerichteten infrastrukturellen Fragestellungen be-
handelt. Gerade für Kunststoffe und Chemie ist die Logistik Garant für die
Arbeitsfähigkeit. An die Qualität und Leistungsfähigkeit der Logistik werden
daher auch besondere Anforderungen gestellt. Neben der Reaktionszeit
sind dies Aspekte wie Sicherheit, Kapazität und Verfügbarkeit. Aber auch
logistikunterstützende ergänzende Serviceleistungen rücken stärker in den
Vordergrund. So sind die Kombiverkehrsterminals mehr als bisher an die
Belange der Kunststoffe und Chemie auszurichten. Durch zusätzliche Leis-
tungsangebote kann so eine höhere Wertschöpfung in Brandenburg erzielt
werden.

Fachkräftesicherung für Kunststoffe und Chemie
Die Verfügbarkeit von Fachkräften mit Fokussierung auf die MINT-
Disziplinen ist nicht nur für die Kunststoff- und Chemiebranche ein wichti-
ger, zukunftssichernder Aspekt, doch gerade hier ist bei der gegenwärtig
hohen Spezialisierung die Sicherstellung von Fachkräften eine zentrale
Aufgabe. Es bedarf einer umfassenden Herangehensweise an vielen Stel-
len, beginnend bei der frühzeitigen Heranführung von Kindern und Jugend-
lichen an naturwissenschaftliche Themen über die Berufs- und Studienori-
entierung bis hin zur Gewinnung und Bindung von Fachkräften. Der demo-
graphischen Entwicklung werden sich die Akteure der Kunststoff- und
Chemiebranche in Brandenburg stellen müssen, aber es ist entscheidend,
wie sie darauf vorbereitet sind.

Die Bereitstellung von betrieblichen Ausbildungsplätzen, die Sicherung
hinreichender Studienkapazitäten und die kontinuierliche Weiterbildung in
den Unternehmen stehen dabei im Mittelpunkt. Übergeordnetes Ziel von
Maßnahmen der Fachkräfteentwicklung muss es jedoch sein, gut qualifi-
zierte Menschen in der Region zu halten und neue für das Land Branden-
burg zu gewinnen.

21
3 HANDLUNGSFELDER

3.1    Handlungsfelder zur fachspezifischen Fokussierung
3.1.1 Biobasierte Spezialitätenchemie

Beschreibung des Handlungsfelds
Der Fokus des Handlungsfelds liegt neben der herkömmlichen Spezialitä-
tenchemie vorrangig auf der Weiterverarbeitung von biobasierten Primär-
rohstoffen, Reststoffen und Nebenprodukten wie Holz, Stroh, Ölpflanzen,
Algen oder biogenen Abfällen etc. zu Vorprodukten für hochwertigere An-
wendungen. Mit der Substitution fossiler Rohstoffquellen kann durch alter-
native, biobasierte Rohstoffe im Einklang mit der Biomassestrategie des
Landes Brandenburg und der Bioökonomiestrategie des Bundes ein wichti-
ges Nachhaltigkeitspotenzial erschlossen werden. Ein positiver Einfluss auf
die Flächennutzung ist insbesondere durch die Nutzung von Reststoffen
möglich. Bereits heute kann ein breites Spektrum chemischer Produkte auf
der Basis von Biomasse hergestellt werden.
Abbildung 5: Die alternative chemische Wertschöpfungskette

Fortschreitende Forschungs- und Entwicklungsbestrebungen von Hoch-
schulen, wissenschaftlichen Einrichtungen und Unternehmen versprechen
für die Zukunft eine weitere Ausweitung des Produktspektrums. Dies ist
verbunden mit dem Bestreben, eine Preisparität herzustellen. Die Aussich-
ten sind gut, denn im Bereich hochwertiger biobasierter Chemieprodukte ist
in den nächsten Jahren mit einem deutlichen Wachstum zu rechnen. Hier
kann auch am überproportionalen Wachstum der konventionellen Speziali-
tätenchemie partizipiert werden. Intention des Handlungsfelds ist es daher,
durch Abbildung der kompletten Wertschöpfungskette der biobasierten
Chemieprodukte in Brandenburg am Wachstum der biobasierten Chemie-
produkte teilzunehmen und so Neuansiedlungen mit hochqualifizierten In-
dustriearbeitsplätzen zu verwirklichen sowie Industriekompetenz aufzubau-
en.

Die Grundvoraussetzungen hierfür sind im Land gegeben. So hat Branden-
burg eine ausgeprägte industrielle Land- und Forstwirtschaft. Zugleich be-
steht die Möglichkeit, bisher ungenutzte Roh- und Reststoffe als Rohstoff-
quellen zu erschließen. Die Nähe und Verfügbarkeit von Vorproduktprodu-
zenten, auch in den umliegenden Bundesländern und im Nachbarland Po-

                                                                        22
len, ist gegeben. In Brandenburg kann des Weiteren auf bestehendes
Know-how spezialisierter Unternehmen auf allen Ebenen der Wertschöp-
fungskette und etablierte F&E-Aktivitäten im Fachgebiet zurückgegriffen
werden. Dies ermöglicht eine Abbildung der kompletten Wertschöpfungs-
kette in wirtschaftlicher Form. Damit bietet Brandenburg als Flächenland
und Chemiestandort beste Voraussetzungen zur Etablierung dieser zu-
kunftsorientierten Maßnahmen. In Teilbereichen existieren bereits Aktivitä-
ten zur Erarbeitung der Technologieführerschaft. Nicht zuletzt gibt es für
das breite mögliche Produktspektrum eine Vielzahl potenzieller Abnehmer
in der Region.

Die biobasierte Wertschöpfung als Zugang zu organischen Grundstoffen
und Kraftstoffen im industriellen Maßstab wird ähnlich dem fossilen Weg
(vgl. Abbildung 5) über Raffineriekonzepte realisiert. Bioraffinerie bezeich-
net ein integratives, multifunktionelles verfahrenstechnisches Gesamtsys-
tem, das Biomasse als vielfältige Rohstoffquelle für die Erzeugung eines
Spektrums unterschiedlicher Zwischenprodukte und Produkte (Chemika-
lien, Werkstoffe, Bioenergie inkl. Biokraftstoffe) unter möglichst vollständi-
ger Verwendung aller Rohstoffquellen nutzt. Als Koppelprodukte können
ggf. zusätzlich Nahrungs- und/oder Futtermittel anfallen.

Ein grundlegender Schritt zur biobasierten Wertschöpfung ist die Auftren-
nung der Biomassekomponenten (z. B. lignocellulosereichen Rohstoffen
LCF) mittels chemischer und/oder physikalischer Verfahrensschritte zu
Vorprodukten bzw. Vorstufen (z. B. Cellulose, Stärke, Zucker, Pflanzenöl,
Lignin u.a.m.). Diese stofflichen Plattformen sind wiederum Ausgangsbasis
für die nachfolgende Veredelung zu Spezialchemikalien.

Daneben lassen sich auch aus fossilen organischen Rohstoffen bzw. anor-
ganischen Rohstoffen zahlreiche Spezialchemikalien wie Nanomaterialien,
Additive und Pigmente herstellen, beispielsweise für Biopolymere oder im
Bereich der Speichermedien für alternative Energien.

Beispiele für biobasierte Rohstoffe:
        Pflanzenbestandteile (Grüngut, Stroh etc.), Holz(reste), Ölsaaten,
         Algen u. a. m.

Beispiele für biobasierte Vorprodukte bzw. Vorstufen:
        Bioethanol, Bioglyzerin, Lignine, Kohlenhydrate, Milchsäure, Fur-
         fural u. a. m.

Beispiele für biobasierte Spezialchemikalien:
        Epoxyverbindungen, Furanderivate, Oleochemikalien, Fettamine
         u. a. m.

23
Kernthema, strategische Ziele
Ausbau biobasierter Wertschöpfungsketten
Aufbauend auf den bestehenden Elementen der Wertschöpfungsketten
biobasierter Chemieprodukte in Brandenburg wird mit dem Kernthema des
Handlungsfelds Biobasierte Spezialitätenchemie der Ausbau der Wert-
schöpfungsketten bis hin zu einem vollständigen Abbild biobasierter Wert-
schöpfung in Brandenburg verfolgt. Hauptaugenmerk hierbei liegt auf der
Entwicklung kommerziell verwertbarer Produkte, die am Markt in Konkur-
renz zu konventionellen Chemieprodukten bestehen können. Dies kann
einerseits durch kosteneffiziente Produktion erreicht werden, andererseits
durch Eigenschaftsspektren, die konventionelle Chemieprodukte nicht ab-
bilden können. Die gewünschte Teilsubstitution von Produkten bzw. Men-
gen, die auf Basis fossiler Rohstoffquellen erzeugt werden, führt zudem zu
einem kleineren carbon footprint, einer Diversifizierung der Rohstoffquellen,
und nicht zuletzt zu besserer Nachhaltigkeit. Hierfür müssen ausgehend
von einer Marktanalyse u. a. Verfahren hinsichtlich ihrer wirtschaftlichen
und technischen Abbildbarkeit analysiert und geeignete Verfahren im Rah-
men eines Technikums aufgegriffen werden. Diese sind bis zur industriellen
Produktionsreife weiterzuentwickeln. Simultan müssen Akteure auf Produk-
tions- und auf Abnehmerseite zusammengebracht werden, um marktge-
rechte Produkte über die Wertschöpfungskette hinweg koordiniert entwi-
ckeln zu können. Mit Aufnahme der vom Markt geforderten Produktspezifi-
ka können durch Forschung und Entwicklung in wissenschaftlichen Einrich-
tungen und Hochschulen der Region gemeinsam mit forschenden Unter-
nehmen neue und verbesserte biobasierte Chemieprodukte entstehen, die
dazu beitragen, dass Brandenburg auf dem Gebiet der hochwertigen bio-
basierten Chemieprodukte eine internationale Spitzenposition als Anbieter
erlangt.

Die biobasierte Spezialitätenchemie wird im Handlungsfeld als Zwischen-
stufe der biobasierten Wertschöpfungskette abgegrenzt. Die Fokussierung
liegt auf der Weiterverarbeitung von Primärrohstoff- oder Nebenprodukten
der biobasierten Basischemie zu Vorprodukten für hochwertigere Anwen-
dungen. Dabei muss eine klare Differenzierung zur Herstellung von Com-
modities und der Verwendung von Einsatzstoffen aus der konventionellen
Basischemie erfolgen.

Technologieseitig kann festgestellt werden, dass in bestimmten Teilberei-
chen Aktivitäten zur Erarbeitung der Technologieführerschaft in Bezug auf
Nutzung biobasierter Rohstoffe bereits bestehen. Sie sind im Moment je-
doch nur mithilfe von Fördermitteln möglich.

Für das Handlungsfeld wurde weiterhin festgestellt, dass die Bündelung
und/oder Vernetzung vorhandener Kapazitäten (Hersteller, Dienstleister,
F&E-Einrichtungen usw.) bisher nicht oder nur geringfügig ausgebildet ist.

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Strategische Ziele
        Weiterführen und Schließen der biobasierten Wertschöpfungsketten
        Etablieren kommerziell verwertbarer Produkte auf Basis biobasierter
         Rohstoffe
        Heben der Synergien durch Netzwerkbildung im Handlungsfeld un-
         ter Einbeziehung potenzieller Kunden
        Implementieren der biobasierten Spezialitätenchemie als Wirt-
         schaftskraft
        Nutzen der Schnittstellen zu den Handlungsfeldern Biopolymere
         und Leichtbau/Verbundwerkstoffe
        Erhalt und Ausbau von Spezialchemikalien aus herkömmlichen
         Rohstoffen, die im Verbund mit biobasierten Werkstoffen notwendig
         sind

Maßnahmen, bisherige und geplante Aktivitäten, Akteure
1.   Marktanalyse für biobasierte Chemieprodukte im EU-Maßstab
     durchführen

Initiale Maßnahme und wichtige Grundlage für den Ausbau der biobasier-
ten Wertschöpfungsketten ist eine Marktanalyse für biobasierte Chemie-
produkte und dafür notwendige Spezialchemikalien aus herkömmlichen
Rohstoffen. Dabei muss neben dem nationalen Markt Augenmerk auf die
Märkte der EU gelegt werden. Mit Aufnahme der EU-weiten Angebots- und
Nachfragesituation bei biobasierten Chemieprodukten ist nachfolgend die
Fokussierung weitergehender Maßnahmen im Rahmen des Handlungs-
felds Biobasierte Spezialitätenchemie auszurichten.

Bisherige Aktivitäten (Auszug)
        Studie Chemie 2030 im Auftrag des VCI vom Wirtschaftsfor-
         schungsinstitut Prognos

Geplante Aktivitäten
        Marktanalyse von relevanten Chemieprodukten und Evaluierung
         des Marktpotenzials für biobasierte Chemieprodukte unter Beach-
         tung von Wachstum und Rohstoffverfügbarkeit
        Analyse und Zuordnung geeigneter brandenburgische Unterneh-
         men sowie von Partnern außerhalb Brandenburgs; Darstellung ver-
         bleibender Lücken in der Wertschöpfungskette, die Ansatz für ge-
         zielte Ansiedlungsaktivitäten sein können

2.   Aufbau einer Kontaktplattform für Produzenten und Abnehmer
     biobasierter Chemieprodukte
Die Informationsbreite und -tiefe zu den biobasierten Chemieprodukten ist
noch nicht bei allen Beteiligten gegeben. Daher ist angedacht, eine Platt-
form für Kontakte zwischen Produzenten und Abnehmern biobasierter
Chemieprodukte ins Leben zu rufen. Ausgehend von einer Kontaktanbah-
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