"Mondholz" - alles erlaubt?
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HOLZVERMARKTUNG Sorgloser Umgang mit Mondholz schadet dem Image des Holzes allgemein «Mondholz» – alles erlaubt? Einzelne Waldeigentümer, Säge- werke und holzverarbeitende Betriebe haben sich auf die Ern- te und Verarbeitung von «Mondholz» spezialisiert, dem besonders gute Holzeigenschaf- ten nachgesagt werden. Nicht selten wird für «Mondholz» ein deutlich höherer Preis im Ver- gleich zu Holz aus herkömmli- chem Einschlag vom Käufer ver- langt. Doch kann ein sorgloser Umgang mit «Mondholz» zu ei- nem Imageschaden für das Holz allgemein und zu rechtlichen Konsequenzen führen. U nter «Mondholz» bzw. «Mondphasen- holz» ist solches Holz zu verstehen, das bei einer bestimmten, als «günstig» Abbildung 1: Reklamiertes Mondphasenholz für einen Dachstuhl: Rundholzeinschlag Anfang Februar 2000, 225 fm Fichte und Kiefer. Rundholzeinschnitt in einem Sägewerk angesehenen Mondphase geerntet wird der Region während der Sommer- und Herbstmonate. Gesamtschaden durch Pilz- und und dadurch eine Reihe aussergewöhn- Insektenbefall am Rund- und Schnittholz ca. EUR 15 000.– (Foto: J. Triebel). licher Holzeigenschaften besitzen soll (vgl. Tabelle 1). jedoch allein durch die Vielfalt der Regel- Diese nach dem Datum starre und von der werke nicht von einer allgemein gültigen Bedeutung für die Holzqualität bedeu- Von C.T. Bues und Jens Triebel* Regel gesprochen werden kann. Häufig tungsvolle Regel ist im forstlichen Schrift- finden sich sogar gegensätzliche Aus- tum sehr früh dokumentiert. Sie findet Die durch Beachtung des richtigen Zeit- sagen und Regelungen, die auf Willkür sich in der Hausväterliteratur des Johan- punktes für den Holzeinschlag angeblich hindeuten bzw. bei näherer Betrachtung nes Colerus (1680) ebenso wie bei Ober zu erreichenden Effekte auf die Holz- durch örtliche Gegebenheiten wie Klima, (1912; in Paungger und Poppe 1995). eigenschaften sind äusserst vielfältig. Alle geografische Lage, hoheitliche Interessen Bei diesen und anderen auf bestimmte Regelwerke, die sich mit Fällzeitregelungen und vieles mehr zu erklären sind (vgl. Tage und Zeiträume bezogenen Fälltermi- beschäftigen, sprechen eine klare und Triebel und Bues 2000). Für verschiedene nen blieb die im Jahre 1582 vollzogene eindeutige Sprache, wenn Qualitätsaus- Regeln ist nachgewiesen, dass durch eine Umstellung vom Julianischen auf den sagen für das «Mondholz» gemacht über Jahrhunderte übliche Praxis des Gregorianischen Kalender möglicher- werden: es brennt nicht, es fault/wurmt Abschreibens von Regelwerken Fehler weise unberücksichtigt. Veranlasst durch nicht, es arbeitet nicht! Neben diesen drei bei der Übertragung und somit eine Papst Gregor XIII. wurde im Jahre 1582 Grundaussagen findet man gelegentlich Sinnentstellung bestimmter überlieferter in der Nacht vom 4. zum 5. Oktober die noch weitergehende angebliche Quali- Regeln eingetreten sind (Fellner und Uhr um ganze zehn Tage, also auf den tätsmerkmale für «Mondholz», so z. B. die Teischinger 2001). Heute wird mehrheit- 15. Oktober, vorgestellt (PULS 2000). Aussagen, dass «Mondholz» besonders lich dem abnehmenden Mond ein Während in den katholischen Gebieten trocken und hart ist. positiver Einfluss auf die Holzeigenschaf- Europas die Reform des Kalenders zügig ten nachgesagt. Dies gilt auch für die durchgeführt wurde, erklärten sich die meisten Natur- und Bauernregeln aus letzten protestantischen Länder erst 1699 Der richtige Zeitpunkt dem deutschsprachigen Raum (Fellner bereit, vom 18. Februar auf den 1. März In einer umfangreichen Analyse von und Teischinger 2001). des nächsten Jahres zu springen und mitteleuropäischen Forstordnungen und Neben dem abnehmenden Mond als damit im Jahr 1700 in ganz Deutschland anderem forstlichen Schrifttum konnte «richtigen Zeitpunkt» für die Holzernte, ein einheitliches Datum einzuführen – gezeigt werden, dass die Fällung von Holz soll an bestimmten Tagen geerntetes Holz also mit 118 Jahren Verspätung. Niemand nach Mondphasen im historischen forst- besondere Eigenschaften besitzen. Als weiss, welche Regeln vor oder nach der lichen Schrifttum sehr wohl verankert ist, besonders häufig genanntes Beispiel hierfür gregorianischen Kalenderreform entstan- gilt der 1. März. An diesem Tag geschla- den sind, und welche angepasst oder * Professur Forstnutzung an der Technischen Uni- genes Holz soll nicht brennen, so jeden- nicht angepasst wurden. versität Dresden, DE-01737 Tharandt. falls wollen es «uralte Quellen» wissen. W A L D U N D H O L Z 3/04 31
HOLZVERMARKTUNG Angebliche Beweise Autor/Quelle Aussage (Zitate) Viele uralte Holzbauten beweisen, dass Anonymus 2002 Holzfussböden – vom Mond getrocknet. Holz ein dauerhafter Baustoff ist. Beein- Briemle 1998, 2003 Holz wird zwar schwarz, aber verbrennt nicht. druckende Beispiele hierzu liefern die Holz fault nicht und wird nicht von Schädlingen (Würmern) Stabkirchen in Skandinavien, die rustika- befallen, man kann auf Schutzmittel verzichten. Das Holz erleidet len Holzhäuser der Bergbauern in den keine Verringerung des Volumens. Alpen oder die kunstvoll verzierten Pago- Das Holz verzieht sich nicht, trocknet nicht auseinander und den und Paläste in Japan und China. behält sein Volumen. Häufig werden diese Beispiele der Holzbaukunst mit «Mondholz» in Verbin- Neumann 2003 Wer vor Neumond erntet, erhält hartes und haltbares Holz. dung gebracht. Beweise für die Einhal- Kirmse 2001 «Frau Luna» macht die Stämme hart. tung bestimmter Einschlagstermine, Mond- phasen o. ä. bei der Holzernte können Paungger und Poppe 1995 Nichtfaulendes, hartes Holz... erwartungsgemäss meist nicht vorgelegt (S. 182, 183, 184) Nichtentflammbares Holz ... werden, da zum Teil seit der Errichtung Schwundfreies Holz ... der Gebäude viele Jahrhunderte vergan- Ludwig Weinhold Holz schlagen, das nicht brennt, .... gen sind. Bei der Betrachtung der beein- (in: Paungger und Poppe 1995, Holz schlagen, das nicht fault, .... druckenden Zeugnisse traditioneller Holz- S. 180) Holz schlagen, das nicht schwind, .... baukunst erkennt das geschulte Auge, Zürcher und Wood felled .... around new moon is particularly hard. dass die jeweiligen Baumeister die viel- Mandallaz 2001 fältigen Regeln des konstruktiven (bau- lichen) Holzschutzes beherrschten. Eine Tabelle 1: Vorzüge von «Mond(phasen)-Holz» gegenüber Holz aus herkömmlichem Vielzahl eindrucksvoller Beispiele findet Einschlag (Auswahl). sich bei Clausnitzer (1989). Selbst nach Jahrhunderten zeigt Holz, das witterungs- Mittelwerte der geprüften Eigenschaften Untersuchungen von Holzeigenschaften geschützt verbaut wurde, keine nen- um mindestens 10% von denen einer sind meist nicht einfach durchzuführen. nenswerten Eigenschaftsveränderungen. Vergleichsstichprobe abweichen. Eine Frage, die von Praktikern schnell Wenn konstruktive Massnahmen nicht Bei der Suche nach den überlieferten Ein- beantwortet werden kann: Wann weist ausreichten, das Holz dauerhaft zu schüt- flüssen des Mondes auf die Holzeigenschaf- der Baum die höchste Holzfeuchte auf, im zen, wurden chemische Holzschutzmittel ten muss ausserdem festgehalten werden, Sommer oder im Winter? Jeder hat hier- eingesetzt. Im Gegensatz zur vermeintlich dass die Menschen in früheren Zeiten keine zu seine Meinung, gestützt auf eigene naturverbunden und ökologischen Bau- Elektronenrastermikroskope, Präzisions- Erfahrungen. Prüfen Sie sich selbst und weise unserer Altvorderen ist nachgewie- waagen und Universalprüfmaschinen besas- werfen Sie dann einen Blick auf Tabelle 2. sen, dass diese Bauherren im Umgang mit sen, um das im «rechten Schein» geschla- Hätten Sie das gedacht? Je nach Baumart, Chemikalien nicht zurückhaltend waren. gene Holz zu untersuchen. Auch waren Baumalter und Untersuchungsmethode Clausnitzer (1989) belegt unter anderem ihnen Computer und Statistikprogramme kommen teilweise vollkommen gegen- eindrucksvoll den Einsatz von Blei, Arsen unbekannt, mit deren Hilfe heute Mittel- sätzliche Aussagen zum Feuchtegehalt im und Quecksilber während jeder doku- werte von Holzeigenschaften verschiede- Splintholz zustande. An diesem relativ mentierten Epoche. ner Kollektive auf mehrere Kommastellen einfachen Beispiel soll gezeigt werden, genau berechnet und mathematsch-stati- dass nur eine grosse Zahl von Untersu- stisch auf signifikante Unterschiede geprüft chungen mit geeigneten und einheitlichen Praxisrelevante Eigenschafts- werden. Wenn also Unterschiede in den Methoden allgemeingültige holzkund- unterschiede notwendig Eigenschaften zwischen «Mondholz» und liche Aussagen zulässt. Einzelbefunde Zum besseren Verständnis der Eigen- Holz aus normalem Einschlag überliefert sind daher immer mit der notwendigen schaften von Holz sind folgende Grund- sind, dann müssen es deutliche Unterschie- Skepsis zu betrachten. sätze zu berücksichtigen: de sein, markante Eigenschaftsverände- – Die natürliche Schwankungsbreite der rungen des Holzes, die für jedermann Holzeigenschaften ist gross. augenfällig und damit praxisrelevant sind. Werbung weckt Wünsche – Die natürliche Schwankungsbreite ist Für die praktische Holzverwendung be- Die Werbung mit den angeblichen für viele Holzeigenschaften noch nicht deutet dies: Ein Kunde, der im Vergleich zu Vorzügen von «Mondholz» weckt Wünsche ausreichend untersucht. Holz aus herkömmlichen Einschlag z. B. 20% und berechtigte Erwartungen. – Da die natürliche Schwankungsbreite mehr für «Mondholz» bezahlt, hat ein An- Man stelle sich vor: Ein Bauherr inte- der Holzeigenschaften gross ist, sollte recht darauf, 20% bessere Holzeigen- ressiert sich für «Mondholz» und studiert nicht nach geringfügigen, sondern schaften zu bekommen, verglichen mit die Angaben zum richtigen Fällzeit- nach gewichtigen Unterschieden ge- der besten Holzqualität von Bäumen aus punkt, z. B. im landbaulichen Mond- sucht werden. dem preisgünstigeren Normaleinschlag. kalender für 2003, zusammengestellt von Mögliche «homöopathische» Unterschiede Briemle nach Paungger und Poppe In der Holzforschung hat sich einge- in den Holzeigenschaften zwischen Normal- (www.astro-forschung.de): bürgert, erst dann von praxisrelevanten holz und «Mondholz» rechtfertigen keines- Für «Bretter und Bauholz» sowie für Holzeigenschaftsunterschieden zu spre- falls derartige Preisunterschiede (auch «besonders hartes Holz» wird ein Holzein- chen, wenn die Unterschiede ausserhalb wenn sie mathematisch-statistisch signifikant schlag bei zunehmendem Mond empfoh- der natürlichen Schwankungsbreite der sind; denn jeder weiss, dass sich mit len, hingegen für «Möbel- und Werkzeug- Holzeigenschaften liegen. Für die wich- einer Vergrösserung der Stichproben auch holz», «nichtfaulendes Holz», «schwund- tigsten Holzeigenschaften liegen praxis- geringste Mittelwertunterschiede signifi- freies Holz» sowie «Brücken- und Boots- relevante Unterschiede vor, wenn die kant absichern lassen). holz» ein Einschlag bei abnehmender 32 W A L D U N D H O L Z 3/04
HOLZVERMARKTUNG Autor Jahr Baum- Baum- Methode Höchster Niedrigster am Holz zu erforschen, verwundert die art alter Wassergehalt Wassergehalt den dabei gewonnenen Erkenntnissen entgegengebrachte Ignoranz. Holz brennt Monceau 1755 Eiche – Stammstücke Winter Sommer und arbeitet jederzeit. Und doch über- wiegt die Skepsis gegenüber wissen- Nördlinger 1879 Eiche – Stammstücke Juli Dezember schaftlich geführten und wiederholbaren Hartig T. 1858/71 Eiche 16 Bohrkerne Sommer Frühling Versuchen (vgl. Tab. 3). Dem Wissen aus der so genannten «guten alten Zeit», ver- Büsgen 1911 Buche – Bohrkerne Mai Spätherbst bunden mit Elementen bedeutungsvoller Gäumann 1935 Buche – Stammscheiben Sommer Dez./Jan. Symbolik wie vom Grossvater erzählt, aus dem Alpenraum, traditionelles Handwerk Knuchel 1930 Fi/Ta – Balken keine Änderung usw., wird hingegen ein ungeprüftes Urvertrauen, gleich einem religiösen Prozess, Langner 1932 Fichte – Stammscheiben Winter Sommer entgegengebracht. Choong 1969 Kiefer – – Winter Sommer Neben die beweissuchende, aufklärende Wissenschaft stellt sich in der postmoder- Gibbs 1958 Laub- junge Zweige, Wipfel Mai März nen Zeit ein Glaubensgut ganzheitlicher bäume Bäume Betrachtung, in welchem alles absorbiert Sachsse 1971 Buche 70–100 Stammscheiben keine Änderung wird, was unerklärbar, übernatürlich oder mit mythischen Elementen behaftet ist. Klemm 1963 Pappel 7 Durchstrahlung Mai Februar Der allgemeine Glaube an lunare Burmester 1980 Fichte 75 Bohrkerne Februar Juni Einflüsse und an die besonderen Vorzüge des «Mondholzes» wird von herrschen- Burmester 1981 Eiche – keine Änderung den Zeitströmungen in besonderer Weise und Ranke gefördert. Überaus hilfreich ist in diesem Schulz und 1987 Fichte Bohrkerne keine eindeutigen Ergebnisse Zusammenhang die Verknüpfung ver- Böhner schiedener mythenbeladener Objekte deutscher Kultur. Lieblingsthemen deut- Glavac et al. 1990 Buche 35/42 Stammscheiben Herbst Winter scher Märchen – Wasser, Mond und Schwartz- 1990 Fichte Computer- keine eindeutigen Ergebnisse Wald – verbunden mit der als Antwort Spornberger Tomografie auf Massenproduktion und Identitätsver- Kiefer – September Juli lust in der modernen Gesellschaft zu Buche – Februar/April August verstehende Rückbesinnung auf tradi- tionelles und regionales Erfahrungswis- Wiebe 1992 Laub- u. Computer- keine eindeutigen Ergebnisse sen aus vermeintlich besseren Zeiten, er- Nadelb. – Tomographie geben den Stoff, der, gefördert durch Teischinger 2000 Fichte 100 Stammscheiben Winter ein berechtigtes erstarktes ökologisches und Fellner Bewusstsein, schliesslich neue Märkte öffnet. Tabelle 2: Jahresgang der Feuchte im Splintholz unterschiedlicher Baumarten. Je nach Der Ignoranz, mit der den vielfachen Untersuchungsmethode, Baumart und Baumalter weisen die Bäume zu fast jeder Jahres- Beweisen eines fehlenden Zusammen- zeit einen Höchst- bzw. Niedrigstgehalt an Wasser auf (Wiebe 1992, erweitert). hanges zwischen Fällzeit und Holzqualität entgegengetreten wird, ist mit Anerken- Mondphase. Werden Brücken nicht aus aus dem Wald zum Sägewerk gebracht. nung des Produktes Geschichte zu begeg- Brettern und anderem Bauholz hergestellt? «Keine Eile, ist doch ‹Mondholz›, dem nen. Denn Mythen und Geschichten Muss Werkzeugholz nicht besonders hart kann nichts passieren», entgegnet der bedürfen keines Wahrheitsanspruches. sein? Ist es nicht von Vorteil, wenn Bretter Bauherr dem besorgten Förster. Als das Kulturelle Identität – und solche stiftet und Bauholz nicht faulen und schwinden? Rundholz endlich das Sägewerk erreicht, offensichtlich Mondphasenholz – wird zu Wie soll sich nun der mondgläubige Holz- ist die Ernüchterung gross: Das «Mond- einem Selbstläufer modernen Marke- freund entscheiden, der z. B. einen nicht- holz» weist die typischen Lagerschäden auf tings. «Mondholz» hat das Interesse an faulenden Dachstuhl aus Bauholz haben (siehe Abbildung 2). Der Bauherr wird Holz erfreulicherweise aufleben lassen. möchte? nachdenklich. Wenn «Mondholz» schon Dass dabei das Holz als Produkt, dessen Oder folgender Fall: Ein Bauherr liest solche Probleme bereitet, wie ist denn das Reize als Baustoff ganz unscheinbar und von den angeblichen Vorzügen des «Mond- erst mit Holz aus herkömmlichen Einschlag? nebenbei zur Geltung kommen, an sich holzes» und ist verständlicherweise begeis- Holz scheint doch ein problematischer Bau- eine nachgeordnete Rolle spielt, die tert. Aus solchem Holz muss das Haus für stoff zu sein. Und so entschliesst sich der Kaufentscheidung und Nachfrage statt die Familie gebaut werden, Holz, das Bauherr sehr wahrscheinlich, sein Haus doch dessen in erster Linie auf die Geschichte nicht brennt, nicht fault, nicht arbeitet, lieber sicherheitshalber in Ziegelbauweise zum Produkt zurückzuführen ist, sollte besonders trocken und hart ist. Ein Forst- zu bauen! aber unbedingt Erwähnung finden. amt ist schnell gefunden, denn auf Aber, der jähe Fall einer steilen Karriere Anfrage wird das Sortiment «Mondholz» – ist vorprogrammiert, verwechseln An- gegen Aufpreis versteht sich – gerne bereit Wissenschaftlich und bieter von «Mondholz» Produkt und gestellt. Der Einschlag des Holzes erfolgt Erinnerungskultur Geschichte. Die Zahl enttäuschter Mond- termingerecht «im richtigen Schein». Das Im Bewusstsein um seit über 250 Jahren holzkäufer wächst, für das Gesamtsorti- Rundholz liegt im Wald zur Abfuhr in das wieder und wieder unternommene Ver- ment sind mögliche Folgen in ihrer Sägerwerk bereit. Doch es wird nicht zügig suche, Mondanalogien und Wirkungen Schwere nicht absehbar. W A L D U N D H O L Z 3/04 33
HOLZVERMARKTUNG Eigenschaft Autor/Quelle Ergebnis Imageschäden sind zu Brennbarkeit Herz 1998; Triebel 1998; «Mondholz» brennt vergleichbar mit befürchten des Holzes Seeling 1998; Niemz und Holz aus Normaleinschlag. Von Unbrenn- Holz ist neben Naturstein und Lehm Kucera 2000; Teischinger und barkeit kann keine Rede sein! Fellner 2000 der älteste Baustoff des Menschen. Als Bau- und Konstruktionsmaterial verfügt Resistenz Triebel 1998; Hirmke 1999; «Mondholz» weist keine höhere Resistenz es über nahezu unbeschränkte Einsatz- Teischinger und Fellner 2000 auf als Holz aus Normaleinschlag. Von möglichkeiten. Der Baustoff Holz braucht absoluter Resistenz gegen Pilze und keine mythische Eigenschaftserklärung, «Würmer» kann keine Rede sein! sondern bietet handfeste Vorteile, wie Schwindung Herz 1998; Seeling 1998; «Mondholz» schwindet vergleichbar kein anderer Roh- und Werkstoff. Ein Triebel 1998; Rösch 1999; dem Holz aus Normaleinschlag. Von leichtfertiger und unsachgemässer Um- Bariska und Rösch 2000; Schwindungsfreiheit kann keine Rede gang mit dem vermeintlich sicheren Niemz und Kucera 2000; sein! Werkstoff «Mondholz» (brennt nicht, Seeling 2000; Teischinger und fault nicht, wurmt nicht, arbeitet nicht) Fellner 2000 führt unweigerlich zu Schäden am Holz Härte Seeling 1998; Niemz und «Mondholz» ist nicht härter (dichter) als und Problemen bei der Holzverwendung. Kucera 2000; Seeling 2000 Holz aus Normaleinschlag. Von einer Das hervorragende Image des Holzes als deutlichen Erhöhung der Härte (Dichte), umweltfreundlicher und nachwachsen- die über der bei Holz bekannten natür- der Roh- und Werkstoff des 21. Jahrhun- lichen Streuung liegt, kann keine Rede derts steht auf dem Spiel. Daher ist im sein! Interesse einer guten Marktposition des Holzfeuchte Seeling 2000; Torno 2003 «Mondholz» ist nicht trockener als Holz Holzes gegenüber anderen Roh- und aus normalem Einschlag. Eine deutlich Baustoffen klar zwischen werbewirk- verringerte Holzfeuchte bei im abnehmen- samer Mondpolemik und Produktqualität den Mond geschlagenem Holz, die über zu trennen. der bei Holz bekannten natürlichen Streuung liegt, ist nicht gegeben. Von einer so niedrigen Holzfeuchte bei im «Mondholz» auch von abnehmenden Mond geschlagenem rechtlicher Brisanz Holz, dass auf eine Holztrocknung Das Thema «Mondholz» besitzt auch verzichtet werden kann, kann keine rechtliche Relevanz (vgl. Bues et al. 2003). Rede sein! Es gilt die Handlungsweisen derjenigen Tabelle 3: Ergebnisse von Untersuchungen angeblicher Eigenschaften von Mond(phasen)holz zu überprüfen, die das «Mondholz» (Auswahl von aktuellen Untersuchungsergebnissen als vorläufiges Ende einer langen mit den vermeintlich holzuntypischen Reihe von wissenschaftlichen Untersuchungen zum Thema «Mondholz», die vor etwa Eigenschaften wie schwundlos, nicht fau- 250 Jahren begannen, und immer zu vergleichbaren Ergebnissen kamen). lend sowie nicht brennend im Geschäfts- verkehr anbieten. Da die gegenständliche Diskussion nicht neu ist, kann davon aus- gegangen werden, dass auch dem jewei- ligen Anbieter die Bedenken bekannt sind. Nimmt er dem folgend billigend in Kauf, dass das «Mondholz» die besagten Eigenschaften tatsächlich nicht aufweist, kommt der Tatbestand des Betruges in Betracht, wenn er, um sich oder einen anderen zu bereichern, durch Vorspiege- lung falscher Tatsachen beim Käufer einen Irrtum über die tatsächlichen Eigen- schaften des «Mondholzes» hervorruft und durch den Kauf das Vermögen des Käufers geschädigt wird. Der Betrug wird mit Freiheitsstrafe oder mit Geldstrafe ge- ahndet. Ebenfalls möglich wäre eine Strafbar- keit wegen unlauteren Wettbewerbs, wenn in der Absicht, den Anschein eines besonders günstigen Angebots hervorzurufen, in öffentlichen Mittei- lungen, die für einen grösseren Personen- kreis bestimmt sind, z. B. über die Beschaffenheit von Waren wissentlich unwahre und zur Irreführung geeignete Angaben gemacht werden, wobei Frei- Abbildung 2: Einstielig geschnittene Balken aus «Mondholz» mit Schäden durch falsche und zu heitsstrafe oder Geldstrafe in Betracht lange Lagerung. Der Kunde verliess sich darauf, dass «Mondholz» nicht fault bzw. nicht wurmt. kommen. 34 W A L D U N D H O L Z 3/04
HOLZVERMARKTUNG Daneben kann durch den Handel mit «Mondholz» und Holz aus herkömmli- Puls, K. E. 2000: Kalendergeschichten. Die wechsel- volle Geschichte unseres Kalenders über 5000 Jahre. «Mondholz» auch der Tatbestand einer chem Betriebsvollzug ist Grundlage wis- Naturwissenschaftliche Rundschau 53: 5–16 Ordnungswidrigkeit erfüllt sein. Bringt senschaftlicher Aussagen, eine Praxis- Rösch, P. 1999: Untersuchungen über den Einfluss der Anbieter das Produkt «Mondholz» relevanz ist damit jedoch nicht auto- des Fällzeitpunktes bezüglich Mondphasen auf das (bearbeitet oder bereits verarbeitet) für matisch verbunden. Um «Mondholz» Trocknungs- und Schwindverhalten von Fichten- holz (Picea abies Karst.). Diplomarbeit der Eidge- den Verbraucher in den Verkehr, ohne als Spezialsortiment zu höheren Prei- nössischen Technischen Hochschule Zürich, Abtei- darauf hinzuweisen, dass das Holz ent- sen auf dem Markt zu etablieren, lung Forstwissenschaften, Professur Holzwissen- gegen der Ankündigung doch brennen müssen die Vorzüge des «Mond- schaften, 58 Seiten Seeling, U. 1998: Mondholz schwindet und brennt oder schwinden kann, so könnte ein holzes» jedoch praxisrelevant sein. nicht? AFZ/Der Wald 53(26): 1599–1601 Verstoss vorliegen, welcher mit einer f) Wenn jederzeit reproduzierbare und Seeling, U. 2000: Ausgewählte Eigenschaften des Geldbusse geahndet werden kann. praxisrelevante Eigenschaftsunterschiede Holzes der Fichte (Picea abies (L.) Karst.) in Abhän- Denkbar sind Verträge über den Roh- zwischen «Mondholz» und normalem gigkeit vom Zeitpunkt der Fällung. Schweizerische Zeitschrift für Forstwesen 151: 451–458 stoff «Mondholz», über das Produkt Holz nachgewiesen wurden, ist es Zeit, Teischinger, J.; Fellner, A. 2000: Alte Regeln neu inter- «Mondholz» oder über das aus «Mond- die Ergebnisse einer breiten Öffentlich- pretiert – Praxisversuche mit termingeschlägerem holz» bestehende Produkt bzw. Werk. keit bekannt zu geben. Holz. Schweizerische Zeitschrift für Forstwesen 151: 425–431 Soweit das einfach geschlagene oder g) Erst auf der Basis reproduzierbarer Torno, S. 2003: Holzeinschlag in unterschiedlichen schon bearbeitete «Mondholz» verkauft und praxisrelevanter Unterschiede von Mondphasen – Eine Überprüfung an ausgewählten wird, handelt es sich um einen klassischen «Mondholz» zu normalem Holz ist Eigenschaften des Fichtenholzes (Picea abies Karst.). Diplomarbeit, Professur Forstnutzung, Fachrich- Kaufvertrag. Stellt sich nun heraus, dass Werbung mit den speziellen Eigen- tung Forstwissenschaften Tharandt, TU Dresden, das «Mondholz» entgegen der Ankündi- schaften von «Mondholz» seriös und 94 Seiten gung doch fault, schwindet oder brennt, ein höherer Verkaufspreis gerecht- Triebel, J. 1998: Mondphasenabhängiger Holzein- wird den Käufer interessieren, welche fertigt. schlag – Literaturbetrachtung und Untersuchun- gen ausgewählter Eigenschaften des Holzes von Ansprüche er gegen den Verkäufer hat. h) Falsche Versprechungen oder man- Fichten. Diplomarbeit, Professur Forstnutzung, Grundsätzlich ist Vorraussetzung, dass gelnde Aufklärung über die Eigen- Fachrichtung Forstwissenschaften Tharandt, TU das erworbene «Mondholz» einen Sach- schaften von «Mondholz» können Dresden, 106 Seiten Triebel, J.; Bues, C.T. 2000: Forstgeschichtliche Be- mangel aufweist. Dies ist dann der Fall, rechtliche Konsequenzen nach sich trachtungen zur Bedeutung der mondphasenab- wenn dem «Mondholz» bei Gefahren- ziehen. hängigen Fällzeitregelung in Forstordnungen und übergang die Eigenschaften (Beschaffen- anderem forstlichen Schrifttum. Schweizerische Zeitschrift für Forstwesen 151: 432–438 heit) fehlen, welche vertraglich vereinbart Wiebe, S. 1992: Untersuchungen zur Wundentwick- sind. Insoweit ist der Käufer gut beraten, Literatur: lung und Wundbehandlung an Bäumen unter wenn die vermeintlichen Eigenschaften Anonymus 2002: Holzfussböden – vom Mond ge- besonderer Berücksichtigung der Holzfeuchte. des «Mondholzes» nochmals explizit im trocknet. Beilage zum Holz-Zentralblatt 128: B+H Inaugural-Dissertation, Fakultät für Forstwissen- Nr. 1/Januar 2002: 11 schaften, Ludwig-Maximilians-Universität München, Vertragstext, auf der Rechnung oder dem 131 Seiten und Bildband-Anhang. Bariska, M.; Rösch, P. 2000: Fällzeit und Schwindver- Lieferschein vermerkt sind. halten von Fichtenholz. Schweizerische Zeitschrift Zürcher, E.; Mandallaz, D. 2001: Lunar synodic rhythm für Forstwesen 151: 439–443 and wood properties: traditions and reality – expe- Briemle, G. 1998: Vom rechten Zeitpunkt. Der forstliche rimental results on Norway spruce (Picea abies Karst.). Zukünftiger Umgang mit Mondkalender für 1999. Wald und Holz 16:31–33 L ábre 2000 = 2000 the tree: 4 th International Briemle, G. 2003: Der landbauliche Mondkalender für Symposium on Tree held at the Montreal Botanik dem Thema «Mondholz» 2003 – Land- und forstwirtschaftliche Arbeiten zum Garden, Aug. 20–25, 2000, Montreal; Tagungs- Die Ausführungen lassen die Proble- richtigen Zeitpunkt. www.astro-forschung.de/ band: 244–250 matik mit dem Spezialsortiment «Mond- aktueller_mondkalender.html Bues, C.T.; Triebel, J.; Schönwolf, M. 2003: Mondholz – holz» erkennen. Diskussionen zum The- ein Fall für den Staatsanwalt? Holz-Zentralblatt 129: ma «Mondholz» werden kontrovers und 1290–1291 und 1346/1350 häufig emotional geführt. Geschäftema- Clausnitzer, K.-D. 1989: Historischer Holzschutz im Hochbau. Dissertation, Fachbereich Architektur der cherei mit noch unbewiesenen Eigen- Universität Hannover. 220 Seiten. schaften von «Mondholz» birgt die Ge- Colerus J. 1680: Oeconomia Ruralis et Domestica. In fahr, den Rohstoff Holz ganz allgemein in Verlegung Johann Baptistä Schönwetter Sel. Erben, Verruf zu bringen. Daher erscheint es not- Frankfurt am Mayn, 732 Seiten Fellner, J.; Teischinger, A. 2001: Alte Holzregeln. wendig, im Umgang mit dem Thema Österreichischer Kunst- und Kulturverlag, Wien: «Mondholz» bestimmte Leitlinien aufzu- 160 Seiten stellen: Herz, A. 1998: Einfluss des Fällzeitpunktes auf das Schwindverhalten und die Feuchte des Holzes von a) Die Forschungen an «Mondholz» Fichte, Literaturübersicht und Pilotstudie. Institut für müssen weitergeführt werden. Forstbenutzung und Forstliche Arbeitswissen- b) Die Forschungen an «Mondholz» dür- schaft, Universität Freiburg Hirmke, M. 1999: Einfluss des Schlägerungszeitpunk- fen nicht von vorneherein als «esote- tes auf die natür-liche Dauerhaftigkeit von Fichte risch» abgetan werden. (Picea abies [L.] Karst.). Diplom- c) An «Mondholz» erzielte Forschungser- arbeit, Universität für Bodenkultur, Wien gebnisse müssen reproduzierbar sein. Kirmse, R. 2001: «Frau Luna» macht die Stämme hart. Niedersäch- d) Unterschiede der Holzeigenschaften von sische Landesforsten, Waldinformation 1/2001: 16 «Mondholz» und Holz aus herkömmli- Neumann, N. 2003: Wer vor Neumond erntet, erhält chem Einschlag müssen ausserhalb der hartes und haltbares Holz. Niedersächsische Landes- forsten, Waldinformation 2/2003: 20–21 natürlichen Schwankungsbreite der Niemz, P.; Kucera, L. J. 2000: Zum Einfluss des Fäll- untersuchten Holzeigenschaften liegen, zeitpunktes auf wesentliche Eigenschaften von um praxisrelevanten Charakter zu be- Fichtenholz – Eine Überprüfung publizierter sitzen. Thesen. Schweizerische Zeitschrift für Forstwesen 151: 444–450 e) Eine mathematisch-statistische Absiche- Paungger, J.; Poppe, T. 1995: Vom richtigen Zeit- rung von Eigenschaftsunterschieden von punkt. Hugendubel, München W A L D U N D H O L Z 3/04 35
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