MOSAIK Modellbasierte Stadtplanung und Anwendung im Klimawandel

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MOSAIK Modellbasierte Stadtplanung und Anwendung im Klimawandel
Abschlussbericht für den Verbund

                          MOSAIK
 Modellbasierte Stadtplanung und Anwendung im Klimawandel

Gefördert vom Bundesministerium für Bildung Forschung
Fördermaßnahme Klimaforschung
Förderbereich Stadtklima im Wandel
Förderkennzeichen FZK 01LP1601A

erstellt von:
Prof. Dr. Günter Groß
und
Prof. Dr. Siegfried Raasch
Dr. Björn Maronga

Leibniz Universität Hannover
April 2020
                                      1
MOSAIK Modellbasierte Stadtplanung und Anwendung im Klimawandel
Kontakt:

Prof. Dr. Günter Groß            gross@muk.uni-hannover.de
Prof. Dr. Siegfried Raasch       raasch@muk.uni-hannover.de
Dr. Björn Maronga                maronga@muk.uni-hannover.de

Leibniz Universität
Institut für Meteorologie und Klimatologie
Herrenhäuser Straße 2
30419 Hannover

mehr zu PALM-4U
https://palm.muk.uni-hannover.de

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MOSAIK Modellbasierte Stadtplanung und Anwendung im Klimawandel
Prof. Dr. Siegfried Raasch, Dr. Björn Maronga, Prof. Dr. Günter Groß, LU Hannover

MOSAIK – Einleitung und Übersicht
In der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung am 4. März 2015 veröffentlichten Richtlinien zur
Fördermaßnahme „Stadtklima im Wandel“ heißt es unter anderem:
Ziel der Fördermaßnahme „Stadtklima im Wandel“ ist die Entwicklung eines innovativen Stadtklimamodells.
Dieses Stadtklimamodell soll in der Lage sein, für Städte der Größe von Stuttgart bis Berlin in einer Auflösung
kleiner als 10 m Gitternetzweite mikroklimatische Prozesse zu simulieren.
Innerhalb des Moduls A sollte zu diesem Zweck ein leistungsstarkes Stadtklimamodell entwickelt werden. Das
Modell sollte dabei folgende Anforderungen erfüllen (Auszug aus der Bekanntmachung):
•         Es soll mikroklimatische Simulationen für Großstädte mit allen für das Stadtklima und darüber hinaus
          relevanten Klimavariablen durchführen können. Eine Simulation von Modellflächen mit einer Größe von
          1 000 bis 2 000 km2 soll mit diesem Modell möglich sein.
•         Das Stadtklimamodell soll in der Lage sein, Gebäude aufzulösen und eine Gitternetzweite von 10 m oder
          kleiner simulieren können.
•         Es soll mit komplexen Geländeformen umgehen können (Integration von digitalen Geländemodellen).
•         Es soll mit regionalen und globalen Klimamodellen gekoppelt (Nesting) und mit Messdaten angetrieben
          und gesteuert werden können (Nudging/Forcing).
•         Es soll über eine multivariate Datenausgabe verfügen (NetCDF, ASCII, Shape-Dateien usw.)
•         Es soll als Open Source bzw. Freeware Produkt bereitgestellt werden und damit für alle
          Interessengruppen frei zugängig sein.
•         Es soll möglich sein, das Modell sowohl auf PCs als auch auf Großrechnern zu betreiben/nutzen (z. B. die
          Simulation eines synthetischen Tages auf PC oder Klimaprojektionen in einer parallelen Rechnerstruktur
          auf Großrechnern).
•         Es soll, in Absprache mit den Nutzern (Modul C), eine selbsterklärende, anwendungsbezogene
          Nutzeroberfläche des Stadtklimamodells entwickelt werden.
•         Es soll für Anwender einfach und selbsterklärend zu verwenden sein.
•         Die Simulationsergebnisse sollen für Nutzer einfach interpretierbar sein.
Hintergrund der Ausschreibung war, dass bis dato zwar eine ganze Reihe von Stadtklimamodellen in Deutschland
existierten, diese aber zum großen Teil auf einem sehr alten technischen Stand waren (Programmierung in
FORTRAN77 und nicht parallelisiert) und deshalb insbesondere die Ressourcen moderner Computersysteme nicht
effizient nutzen konnten. Allein aus letzterem Grund konnte keines dieser Modelle als leistungsstark angesehen
werden.
Die Entwicklung eines grundlegend neuen Modells hätte allerdings einen Arbeitsaufwand erfordert, der mit der in
Aussicht gestellten Projektfinanzierung nur sehr bedingt hätte geleistet werden können. Die Antragsteller (die
später das MOSAIK-Projektkonsortium bildeten) hatten sich deshalb dafür entschieden, das „neue“ Modell im
Kern auf dem bereits etablierten, hocheffizienten und parallelisierten Modell PALM (Raasch und Schröter, 2001;
Maronga et al., 2015) aufzubauen, und dieses Modell um noch fehlende Eigenschaften zu ergänzen. PALM war
seit mehr als 10 Jahren in der meteorologischen Community als ein Turbulenz-auflösendes atmosphärisches
Grenzschichtmodell bekannt, mit dem insbesondere im asiatischen Raum bereits ganze Großstädte
gebäudeauflösend simuliert worden sind. Darüber hinaus erfüllte das Modell auch bereits einige der Vorgaben
der BMBF-Ausschreibung (open source, NetCDF-Datenausgaben, Einsatz auf PCs und Großrechnern). Andere
Eigenschaften wie beispielsweise die Berücksichtigung städtischer Oberflächentypen oder die Berücksichtigung
von Strahlungseffekten oder urbane Luftchemie fehlten dagegen völlig.
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Das neu entwickelte Modell mit dem Namen PALM-4U (PALM for urban applications) ist nun innerhalb der
Projektlaufzeit um diese und eine Vielzahl weiterer Eigenschaften erweitert worden, von denen hier nur einige
beispielhaft kurz genannt und dann in den weiteren Abschnitten ausführlicher erläutert werden. Das neue Modell
beinhaltet
•         eine komplette Atmosphärenchemie mit Aerosolphysik mit beliebiger Anzahl von Spezies,
•         ein so genanntes „Self-Nesting“, d.h. das Modell kann in sich selbst genestet werden, um z.B. in einem
          größeren Gesamtgebiet bestimmte Gebiete von Interesse mit höherer räumlicher Auflösung rechnen zu
          können,
•         ein Strahlungsmodell, das Abschattungseffekte von Gebäuden und Vegetation sowie Reflektionen von
          Gebäudewänden berücksichtigt,
•         ein Modul zur Berechnung der Temperatur aus einer Energiebilanz für eine Vielzahl sehr
          unterschiedlicher Oberflächen in einem urbane Raum,
•         eine Kopplung zwischen Innenraumklima und Außenraum,
•         ein Nesting in größerskalige Modelle (derzeit für das COSMO-Modell des DWD realisiert), mit dem
          meteorologische Antriebe für realistische Szenarien realisiert werden können,
•         ein Multi-Agentenmodell, mit dem meteorologische Einflüsse auf einzelne Personen und ganze sich in
          Städten bewegende Menschengruppen abgeschätzt werden können,
•         die Steuerung komplexer Randbedingungen (Gebäudestrukturen, Bodentypen und Oberflächentypen,
          Vegetationseigenschaften) über so genannte Treiberdateien, für die der so genannte „PALM input data
          standard“ (PIDS) entwickelt wurde.
Im Gegensatz zu allen anderen in Deutschland existierenden Stadtklimamodellen ist PALM-4U darüber hinaus ein
so-genanntes „Large-Eddy“ Simulationsmodell (LES), mit dem die Turbulenz von Strömungen explizit aufgelöst
wird. Damit werden die turbulenten Austauschprozesse unter den komplexen städtischen Randbedingungen
wesentlich präziser erfasst. Grundsätzlich haben LES-Modelle einen hohen Rechenzeitbedarf, bei entsprechend
feiner räumlicher Auflösung sind aber die Anforderungen im Vergleich zu herkömmlichen RANS-Modellen (wenn
sie mit gleicher Gitterweite betrieben werden) nur unwesentlich höher. In RANS-Modellen wird der
Turbulenzeinfluss komplett parametrisiert. Für Simulationen mit größeren Gitterweiten, in denen die städtischen
Oberflächen nicht mehr explizit aufgelöst werden, wurde in PALM-4U zusätzlich eine RANS-Parametrisierung
implementiert. Damit werden insbesondere auch Simulationen über größere Zeiträume möglich.
Die Entwicklung eines Modells mit den oben genannten umfangreichen Eigenschaften erforderte die
Zusammenarbeit einer größeren Zahl von Projektpartnern mit entsprechenden Expertisen. Im Einzelnen waren
beteiligt
•         das Institut für Meteorologie und Klimatologie (IMUK) der Leibniz Universität Hannover,
•         der Deutsche Wetterdienst (Zentralamt in Offenbach, sowie das Zentrum für Medizin-Meteorologische
          Forschung in Freiburg),
•         das Institut für Meteorologie und Klimaforschung – Atmosphärische Umweltforschung, am Karlsruher
          Institut für Technologie (KIT, Garmisch-Partenkirchen),
•         das Meteorologische Institut der Freien Universität Berlin (FUB),
•         das Geographische Institut der Humboldt Universität zu Berlin (HUB),
•         das Institut für Energiesystemtechnik der Hochschule Offenburg,
•         das Deutsche Fernerkundungsdatenzentrum Landoberflächen des Deutschen Zentrums für Luft- und
          Raumfahrt (DLR) in Oberpfaffenhofen,
•         die IPS-Ingenieurgesellschaft mbH (Berlin),
•         sowie die Firma GeoNet -Umweltconsulting GmbH (Hannover).
Die Koordination der Arbeiten sowie die Entwicklungen am Modellkern erfolgten durch das IMUK. Neben dem
genannten Projektkonsortium waren auch externe Partner ohne Finanzierung durch das BMBF beteiligt, ohne die

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MOSAIK Modellbasierte Stadtplanung und Anwendung im Klimawandel
eine erfolgreiche Modellentwicklung in manchen Bereichen in der zur Verfügung stehenden Zeit kaum möglich
gewesen wäre. Zu nennen sind hier insbesondere Dr. Antti Hellsten, vom Finnish Meteorological Institute (FMI),
sowie Dr. Jaroslav Resler vom Institute of Computer Science der Academy of Sciences oft he Czech Republik, die
bereits vor Projektbeginn mit Implementierungen eines Nestings bzw. eines Stadtoberflächenmoduls (Resler et
al., 2017) in PALM begonnen hatten. Außerdem wurde durch Mona Kurppa von der Universität Helsinki ein
Aerosolmodul implementiert, welches mittlerweile auch mit dem Chemie-Modul verknüpft worden ist (Kurppa et
al., 2019).
Eine weitere Voraussetzung für die sehr erfolgreiche Entwicklung war und ist die Verwendung moderner
Softwareentwicklungswerkzeuge. Der PALM-4U-Code wird zentral in einem Versionsverwaltungssystem gehalten
und sämtliche Codeänderungen werden automatisiert von einem Testserver kontrolliert und auf Fehler geprüft.
Für die wissenschaftliche Anwendung steht eine fortlaufend aktualisierte und sehr umfangreiche online-
Dokumentation (http://www.palm-model.org) zur Verfügung.
Die technische Beschreibung des Gesamtmodells PALM-4U ist mittlerweile publiziert (Maronga et al., 2020).
Veröffentlichungen spezifischer Teilmodule folgen innerhalb der nächsten Monate in einem „special issue“ der
Zeitschrift Geoscientific Model Development.
PALM-4U ist in der Kombination von Eigenschaften und Anwendungsmöglichkeiten weltweit ohne Konkurrenz.
Der Modellcode wird aus diesem Grund aus dem wissenschaftlichen Umfeld heraus mehr und mehr nachfragt.
Die Nutzungsdaten unseres Code-Repositories zeigen im April 2020 bereits mehr als 500 „downloads“ des PALM-
4U-Codes.

Wenn auch die ursprünglichen Projektziele in großem Umfang erfüllt und zum Teil auch mehr als erfüllt worden
sind, gibt es dennoch einige Anforderungen der Projektausschreibung, die sich in ihrer Umsetzung im
Projektverlauf als problematisch erwiesen haben. Diese werden zum Teil in der zweiten, bereits angelaufenen
Projektphase adressiert.
Ein zentrales Problem bilden die Eingangsdaten (Gebäudedaten, Vegetation, usw.), deren Qualität und
Verfügbarkeit sich als sehr heterogen herausstellte. Hier waren umfangreiche Prüfungen durch unsere Partner bei
der DLR erforderlich, um am Ende hoch aufgelöste, konsistente und qualitativ hochwertige Datensätze für die
Zielstädte Berlin, Stuttgart und Hamburg zu erhalten, ohne die die gesamtstädtischen Simulationen nicht möglich
gewesen wären. Praxisanwender werden hier auch zukünftig vor dem Problem stehen, dass derzeit
deutschlandweit keine einheitliche und hoch aufgelöste Datenbasis existiert, und deswegen in der Regel
erheblicher Arbeitsaufwand erforderlich ist, um die nötigen Modelleingangsdaten zu beschaffen und
aufzubereiten. Hier soll in der zweiten Phase eine Möglichkeit geschaffen werden, für PALM-4U automatisiert
Eingangsdaten aus grundsätzlich immer vorhandenen und öffentlich verfügbaren Datenquellen (z.B.
OpenStreetMap) zu generieren, um überhaupt erste Simulationen für eine Fragestellung durchführen zu können,
bevor dann in einem zweiten Schritt höherwertige Daten benutzt werden (wenn diese denn verfügbar sind).
Die Forderung nach einer selbsterklärenden und anwendungsbezogenen Nutzeroberfläche wurde durch die
Entwicklung eines Browser-basierten Graphischen Nutzer-Interfaces (GUI) grundsätzlich erfüllt, diese Entwicklung
war allerdings wesentlich arbeitsaufwendiger als ursprünglich angenommen und zu Projektende sind mit der GUI
nur sehr einfache generische Situationen mit PALM simulierbar. Darüber hinaus erfordert die GUI die Verwendung
eines Softwaresystems, welches nicht als „open source“ verfügbar ist und dessen Nutzung zukünftig
kostenpflichtig sein könnte. Aus diesem Grund soll in der zweiten Phase die GUI auf einer neuen Softwarebasis
von Grund auf neu entwickelt werden. Diese Entwicklung wird wegen der notwendigen engen Abstimmung mit
den Praxisanwendern in Modul C angesiedelt sein.
Als eine gänzlich andere Schwierigkeit erwiesen sich im Projektverlauf die Anforderungen an Kenntnissen und
Erfahrungen in der „High Performance Computing“-Modellentwicklung. Einigen Projektpartnern war es nicht
gelungen, Personal mit solcher Erfahrung einzustellen. Dies ist allein der Tatsache zu schulden, dass auf dem

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Arbeitsmarkt auch international kaum ein entsprechendes Angebot besteht, was wiederum damit
zusammenhängt, dass Studierende an den Hochschulen nur noch in geringem Maße in Richtung HPC-
Modellentwicklung ausgebildet werden. Als Folge mussten die zentralen ModellentwicklerInnen am IMUK für
andere Teilprojekte zum Teil umfangreiche Unterstützung bei der Programmentwicklung geben, die so nicht
vorgesehen war (das IMUK sollte hier ursprünglich nur koordinierend tätig sein). Der am IMUK vorgesehene
Vergleich von PALM-4U mit anderen existierenden Stadtklimamodellen konnte aus diesem Grund nicht realisiert
werden.

Die gerade beschriebenen Schwierigkeiten dürfen aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es dem MOSAIK-
Projektverbund innerhalb der dreijährigen Projektlaufzeit gelungen ist, ein modernes Stadtklimamodell mit sehr
umfangreicher Funktionalität zu entwickeln, das selbst im internationalen Vergleich eine konkurrenzlose
Spitzenposition einnimmt. Die sich anschließenden Berichte der Teilvorhaben werden dies noch einmal
detaillierter verdeutlichen.

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A1: WP-M1 “Implementierung von Turbulenzschließungen”
PI: Dr. Björn Maronga, Prof. Dr. Siegfried Raasch, LU Hannover
Im Rahmen des Arbeitspakets WP-M1 (Implementierung von Turbulenzschließungen) im
Verbundprojekt MOSAIK bestand die Aufgabe darin, geeignete Turbulenzschließungen auszuwählen,
die die Anwendung von PALM-4U in Stadtgebieten mit begrenzten Ressourcen erlauben. Im
Vordergrund stand daher die Auswahl von sogenannten RANS-Parametrisierungen, bei denen das
gesamte Spektrum der Turbulenz parametrisiert wird. Ergänzend sollte eine dynamische Schließung
für den turbulenzauflösenden (LES) Modus implementiert werden. Ausgangsbasis für PALM-4U war
das LES-Modell PALM 4.0 (Maronga et al., 2015).
WP-M1 enthält die Auswahl und Implementierung von zwei RANS- sowie einer LES-
Turbulenzschließung. Die neuen Schließungen sind online dokumentiert: https://palm.muk.uni-
hannover.de/trac/wiki/doc/tec/turbulence_closure
RANS Turbulenzschließungen
Als RANS-Parametrisierung wurde eine TKE-epsilon-Schließung gewählt, die insbesondere in
mikroskaligen Modellen heute als ein quasi-Standard gilt. Neben der bereits für die LES-SGS-
Schließung verwendeten prognostischen Gleichung für die turbulente kinetische Energie kommt hier
noch eine weitere prognostische Gleichung für die Energiedissipation hinzu. Der in beiden
Gleichungen auftretende Mischungsweg wird, im Gegensatz zum LES-Modus, wo er direkt mit der

Abbildung A1-1: Stromlinien der simulierten Umströmung eines Würfels im Vertikalschnitt
(Würfelmitte) unter Verwendung der TKE-epsilon-Schließung. Oben: PALM-4U, unten: Resultat aus
Breuer (2002).

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räumlichen Gitterweite verknüpft ist, unter anderem als Funktion des Abstandes von der
nächstgelegenen Oberfläche (Topographie oder Gebäude) berechnet. Der Diffusionskoeffizient wird
dann wie üblich über einen Prandtl-Kolmogorov-Ansatz bestimmt. Neben dieser state-of-the-art
RANS-Parametrisierung wurde auch noch eine Berechnung des Diffusionskoeffizienten mit Hilfe eines
einfachen Mischungswegansatzes realisiert, der aber nur zu Vergleichszwecken dient. Abb. A1-1 und
A1-2 zeigt einen Vergleich der Umströmung eines einfachen würfelförmigen Gebäudes zwischen
PALM-4U und aus der Literatur bekannten Ergebnissen (Breuer, 2002).

Abbildung A1-2: Stromlinien der simulierten Umströmung eines Würfels im Horizontalschnitt
(bodennah) unter Verwendung der TKE-epsilon-Schließung. Oben: PALM-4U, unten: Resultat aus
Breuer (2002).

Dynamische LES-Turbulenzschließung
Die Implementierung eines dynamischen SGS-Modells profitierte unvorhergesehener Weise durch
Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern der Universität Oldenburg, mit denen wir innerhalb des
Windenergie-Verbundes ForWind (www.forwind.de) kooperieren. Im Rahmen dieser
Zusammenarbeit wurde PALM-4U ein dynamisches SGS-Modell hinzugefügt, in dem die im Prandtl-
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Kolmogorov-Ansatz verwendete Konstante ausschließlich aus den Eigenschaften der aufgelösten
Strömung bestimmt wird (Heinz und Gopalan, 2012). Abbildung A1-3 zeigt einen Vergleich des
dynamischen SGS-Modells mit dem in PALM-4U standardmäßig eingesetzten Modells von Deardorff..

Abbildung A1-3: Windprofil einer PALM-4U Simulation für eine idealisierte stabile Grenzschicht. Links:
mit Deardorff-SGS-Modell, rechts: mit dynamischem SGS-Modell. Aus Maronga et al. (2020)

Schlussbemerkung und Ausblick
Die explizite Behandlung der Diffusionsterme im PALM-4U-Code erzwingt derzeit im RANS-Modus
wegen des Diffusions-Zeitschrittkriteriums noch sehr kleine Zeitschritte. Hier wäre es angeraten, für
die Vertikaldiffusion zukünftig ein implizites Zeitschrittverfahren einzusetzen. In den horizontalen
Richtungen sind implizite Verfahren wegen der durch die Parallelisierung bedingten Gebietszerlegung
allerdings nicht möglich. Üblicherweise vernachlässigt man deshalb bei entsprechend großen
horizontalen Gitterweiten die Diffusion gegenüber der Advektion. Eine entsprechende Methodik soll
im Rahmen von MOSAIK-2 in PALM-4U realisiert werden.

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A2: WP-M2 “Nesting”
PI: Dr. Björn Maronga, Prof. Dr. Siegfried Raasch, LU Hannover

Im Rahmen des Arbeitspakets WP-M2 (Nesting) im Verbundprojekt MOSAIK bestand die Aufgabe
darin, verschiedene Methodiken für das Modellnesting zu implementieren. Diese umfassten sowohl
ein mesokaliges (offline) Nesting an großskalige Modelle (hier zunächst COSMO) und die
Weiterentwicklung und Validierung eines Selbstnestings von PALM-4U.
Das neuen Nesting-Fähigkeiten und seine Handhabung wurde in der Dokumentation von PALM-4U
detailliert beschrieben: https://palm.muk.uni-hannover.de/trac/wiki/doc/tec/nesting
Mesoskaliges Nesting
Ein zentrales Ziel war PALM-4U Simulationen durch mesoskalige Modelle anzutreiben um
zeitabhängige Änderungen der Temperatur, Feuchte und Impuls auf der Mesoskala zu
berücksichtigen. Die für das mesoskalige „offline Nesting“ benötigten Initial- und Randbedingungen
werden durch das Präprozessorwerkzeug INIFOR (siehe Teilprojekt WP-D3, DWD) basierend auf
COSMO-Modellausgaben für das PALM-4U Gitter aufbereitet und von PALM-4U zeitabhängig
eingelesen. Um die Entwicklung turbulenter Strukturen nahe des Einströmbereiches zu initiieren und
somit die Anpassung der Strömung zwischen dem nicht-turbulenzauflösendem COSMO Modell und
dem turbulenzauflösendem Modell PALM-4U zu beschleunigen, wurde ein bereits implementierter
synthetischer Turbulenzgenerator weiterentwickelt. Die dabei an den PALM-4U Rändern aufgeprägte
synthetische Turbulenz wird dazu während der Simulation dynamisch an die atmosphärischen
Hintergrundbedingungen angepasst, sodass eine jeweils eine minimale Anpassungslänge bei
unterschiedlichen atmosphärischen Hintergrundbedingungen gewährleistet ist. Abbildung A2-1 zeigt
einen Horizontalschnitt der Vertikalgeschwindigkeit einer „offline-genesteten“ Simulation und
verdeutlicht den Anpassungbereich.

Abbildung A2-1: Horizontalschnitt der Vertikalgeschwindigkeit in m/s in einer offline-genesteten
Simulation mit Wind aus Südost. Am Einströmrand werden synthetisch erzeugte Störungen mit, für
die atmosphärische Situation typischer Amplitude, aufgeprägt. Nach etwa 5 km bilden sich kohärente
turbulente Strukturen aus.

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Selbstnesting
Ein weiteres zentrales Ziel von WP-M2 bestand in der Implementierung und Verbesserung des PALM-
4U Selbstnestings, bei dem ein hochaufgelöstes PALM-4U Modellgebiet in ein gröber aufgelöstes
PALM-4U Modellgebiet eingebettet ist und Randbedingungen für Temperatur, Feuchte und Impuls
von dem gröber aufgelösten Modell erhält. Je nach gewählter Kopplung ist die Lösung der gröber
aufgelösten Simulation von der hochaufgelösten Simulation unabhängig (Einwegekopplung), oder die
hochaufgelösten Modelldaten können zurück an die gröber aufgelöste Simulation kommuniziert
werden (Zweiwegekopplung) um somit die Lösung in der gröber aufgelösten Simulation zu verbessern
und Effekte kleinerskaliger Prozesse zu berücksichtigen.

Abbildung A2-2: Bodennaher Horizontalschnitt (oben) sowie Vertikalschnitt (unten) der
Vertikalgeschwindigkeit in m/s in einer genesteten Simulation. Die Modellgebietsgrenzen der
hochaufgelösten Simulation sind mit schwarzen Linien gekennzeichnet. Die weiße Linie in der oberen
Abbildung kennzeichnet die Schnittebene des Vertikalschnittes. Die Abbildung verdeutlicht die
Kontinuität turbulenter Strukturen zwischen gröber- und hochaufgelöster Simulation.

Eine erste Version des LES-LES Selbstnesting wurde von Dr. Hellsten vom Finnischen Meteorologischen
Institut entwickelt. Im Rahmen des Arbeitspaketes wurden die numerischen Verfahren für die
Interpolation / Anterpolation der Modelldaten zwischen dem gröber und den hochaufgelösten
Modelläufen überarbeitet und weiterentwickelt. Damit konnten Probleme hinsichtlich der
Massenerhaltung zwischen den unterschiedlich aufgelösten Simulationen behoben werden, welche
sonst zu einer Abbremsung der Strömung in der fein aufgelösten Simulation geführt haben. Des
weiteren wurden die verwendeten Verfahren auf die Präsenz von Gebäudestrukturen überarbeitet.
Das Selbstnesting wurde um ein RANS-LES und ein RANS-RANS Nesting erweitert. Zudem wurde das
Selbstnesting um weitere prognostische Größen wie zum Beispiel Aerosole, chemische Komponenten
sowie wolkenphysikalische Größen erweitert. Abbildung A2-2 verdeutlicht die Fähigkeit des
Selbstnestings in Regionen von besonderem Interesse die Strömung lokal höher aufzulösen.

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Abbildung A2-3: Messpfad einer Trajektorienmessung abgebildet im Modell. Die reale Messung
wurde während der Intensivmesskampangne 1 von Modul B um den Ernst-Reuter Platz, Berlin,
durchgeführt. PALM-4U ermöglicht es Trajektorienmessungen automatisiert und speichereffizient im
Modell abzubilden.
Weitere Entwicklungen
Aufgrund der engen Kooperation mit Dr. Hellsten und dem daraus resultierenden beschleunigten
Vorankommen konnten die anvisierten Arbeiten schneller als erwartet durchgeführt werden. Dies
ermöglichte es im Rahmen von WP-M2 weitere essentielle Modellentwicklungen umzusetzen. Es
wurde der Eingabedatenstandard modellseitig umgesetzt. Dabei werden die Eingabedaten auf
Konsistenz geprüft und für die Initialisierung der Gebäudetopologie, der Land- und
Gebäudeoberflächenmodelle, sowie der dreidimensionalen prognostischen Größen benutzt.
Weiterhin wurde die modellinterne Struktur der Topographie überarbeitet, was es ermöglicht
Brücken, Hofdurchfahrten oder Tunnel zu berücksichtigen. Zudem wurde eine speicheroptimierte
Kopplung der Oberflächenmodelle zu der Atmosphäre modellseitig umgesetzt. Analog dazu wurde
auch ein Modul für die speichereffiziente Ausgabe von Oberflächendaten implementiert. Weiterhin
wurde die Ausgabe von Oberflächendaten hinsichtlich des in 3D Visualisierungsprogrammen (z.B.
Paraview) üblich verwendeten VTK Formats erweitert. Aufgrund der in Kooperation mit Modul B
geplanten Validierungsrechnungen für die Intensivmesskampagnen wurde ein Modul zur
automatischen und vereinfachten Durchführung virtueller Messungen entwickelt. Dies war notwendig
um komplexe Trajektorienmessungen (siehe Abbildung A2-3) im Modell speichereffizient abzubilden
und die Größe der Modellausgaben zu reduzieren, sowie eine automatische Schnittstelle zu schaffen
die es erlaubt möglichst einfach reale Messkoordinaten im Modell zu platzieren. Bei der Entwicklung
des virtuellen Messmoduls wurden die Vorschläge der AG Validierung berücksichtigt, sowie der in
Modul B entwickelte [UC]²-Datenstandard umgesetzt.
Schlussbemerkung und Ausblick
Eine Veröffentlichung des „offline Nestings“ welche sowohl eine technische Beschreibung sowie eine
Evaluierung des Ansatzes umfasst, ist in Vorbereitung und soll im PALM 6.0 Special Issue erscheinen.
Ein gemeinsamer Artikel zur Evaluierung des Selbstnestings sowie dessen technische Beschreibung
wird derzeit vorbereitet und soll ebenfalls im Special Issue erscheinen.

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A3: WP-M3 “Benchmarking und interne Validierung”
PI: Dr. Björn Maronga, Prof. Dr. Siegfried Raasch, LU Hannover
Zentrales Ziel war hier die kontinuierliche interne Validierung von PALM-4U (d.h. die generelle
Funktionsfähigkeit), insbesondere im Zusammenhang mit Wechselwirkungen zwischen den
verschiedenen neuen Modulen. Darüber hinaus wurden Performanceanalysen und
Codeoptimierungen durchgeführt. Vorgesehen war auch eine Validierung von PALM-4U gemäß VDI-
Richtlinie 3783 Teil 9 (VDI 2017) sowie ein Vergleich der Modellergebnisse mit denen existierender
Stadtklimamodelle. Außerdem sollten Standard-Setups für Arbeitsgruppen in den [UC]²-Modulen B
und C entwickelt und die Installation und Nutzung von PALM-4U gegenüber dem ursprünglichen
PALM-Code verbessert werden.
Diese Ziele konnten im Wesentlichen alle erreicht werden. Ausgenommen davon sind die geplanten
Vergleiche mit anderen Stadtklimamodellen, die nicht durchgeführt werden konnten. Grund dafür
war ein gegenüber den ursprünglichen Planungen erheblicher zeitlicher Mehraufwand für die interne
Validierung von PALM-4U im Hinblick auf das Zusammenspiel der in MOSAIK entwickelten neuen
Module. Hier musste vor der eigentlichen Validierung bei einigen Teilprojekten umfangreiche
Hilfestellung bei der Programmierung der PALM-4U Komponenten gegeben werden, da manche der
eingestellten ProjektmitarbeiterInnen nur ungenügende Erfahrung bzgl. Code-Parallelisierung,
verwendeter Programmiersprache (Fortran), und meteorologischer Modellentwicklung allgemein
mitbrachten. Außerdem wurde mit Modul B die Durchführung von Validierungsrechnungen für die
Intensivmesskampagnen vereinbart. Dies war in unserem ursprünglichen Arbeitsplan nicht
vorgesehen, wurde von uns aber dennoch zugesagt, weil hierfür in Modul B weder die personellen
Ressourcen, noch die Expertise dazu vorhanden war.
Weiterhin konnte die interne Validierung des Gesamtmodells nicht endgültig abgeschlossen werden,
da die Code-Fehleranalyse und Fehlerbehebung bis zum Projektende noch andauerte. Diese wird in
der zweiten Projektphase in einem eigenen Teilprojekt fortgesetzt. Grund hierfür sind verspätete
Modellreleases (siehe oben) sowie unvorhergesehene Schwierigkeiten, die nur bei den sehr großen
Modellrechnungen auftraten (genestete Simulation für Gesamtberlin). Wegen ihres großen
Ressourcenbedarfs kommen solche Simulationen auf den Höchstleistungsrechnern zum Teil nur nach
tagelangen Wartezeiten zur Ausführung. Außerdem gab es seit Herbst 2017 Engpässe auf dem für die
Simulationen verwendeten HLRN-Rechnersystem (http://www.hlrn.de), da dort die gesamte
Rechnerhardware ausgetauscht wurde. Dies hatte eine deutliche Einschränkung der Verfügbarkeit
des Rechners zur Folge. Dennoch konnten zumindest für die Releases 5.0 und 6.0 erste Validierungen
einer genesteten Simulation für Gesamt-Berlin für einen Sommertag durchgeführt und auf Tagungen
präsentiert werden (Maronga et al., 2018a,b). Einige Ergebnisse sind in Abb. A3-1 und A3-2
dargestellt. Damit konnte grundsätzlich nachgewiesen werden, dass das neue Modell eine der
zentralen Anforderungen der ursprünglichen Projektausschreibung erfüllt, nämlich die Fähigkeit
gesamte Städte mit hoher räumlicher Auflösung simulieren zu können.

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Abbildung A3-1: Bodennahe Lufttemperatur um 0400 UTC (links) und 1200 UTC (rechts) für ein PALM-
      4U Simulationsgebiet für Gesamtberlin während der ersten Testsimulation. Gitterweite: 15 m

      Abgeschlossen werden konnte die Validierung des dynamischen Modellkerns (ohne
      Gebäudeenergiebilanz und Luftchemie) anhand der für Hamburg (Hafen-City) im Windkanal
      durchgeführten Messungen (siehe entsprechender Bericht der Universität Hamburg in Modul B).
      PALM-4U zeigte hier hervorragende Übereinstimmungen mit den Windkanaldaten, obwohl der
      Vergleich in einer Blindstudie - also ohne nachträgliches Tuning des Modellsetups bzw. Codes –
      durchgeführt wurde. Abbildung A3-3 und A3-4 zeigen entsprechende Ergebnisse. Eine
      Veröffentlichung zu diesem Modellvergleich ist in Vorbereitung und soll im PALM 6.0 Special Issue
      erscheinen.

Abbildung A3-2: Standbild einer Animation der Turbulenzintensität (hier: Betrag des Vorticity)
während der Nachtstunden der ersten Testsimulation für das Regierungsviertel in Berlin. Gitterweite:
1m

                                                        14
Ebenfalls wurde PALM-4U nach der VDI-Richtlinie 3783 Teil 9 evaluiert. Dazu mussten mehr als 50
verschiedene Modellläufe durchgeführt und ausgewertet werden. Außerdem mussten im Code eine
Reihe von Überprüfungen implementiert werden, die von der Richtlinie verlangt werden, und die bei
Bedarf von Modellnutzer aktiviert werden können. PALM-4U ist damit das erste Modell, dass nach
der Neufassung der Richtlinie evaluiert ist.

Abbildung A3-3: Vergleich der Windgeschwindigkeiten von Windkanal (WK) und PALM-4U (NM) für
die Validierungsrechnung für Hamburg. Gezeigt sind zwei ausgewählte Messpunkte die sowohl im
Windkanal wie auch in PALM-4U bemessen wurden.

Abbildung A3-4: Windrosenvergleich zwischen Windkanal (links) und PALM-4U (rechts) für die
Hamburg-Validierungsrechnung

Durch den Unterauftragnehmer Klaus Ketelsen wurde eine Vielzahl von Codeentwicklungs- und
Optimierungsmaßnahmen durchgeführt. Hervorzuheben sind hier insbesondere die
Implementierung und Anpassung des Kinetischen-Präprozessors (KPP, Damian et al., 2002, Sandu et
al., 2003; Sandu und Sander, 2006)) für die Luftchemie, durch welche nun sehr flexible Anwendungen

                                               15
möglich sind. Außerdem wurde die KPP-Performance durch Vektorisierungsmaßnahmen gesteigert.
Entsprechende Vektorisierungsmaßnahmen wurden für den gesamten PALM-4U-Code geprüft und
umgesetzt, um die VX-Vektoreinheiten neuerer Intel-Prozessoren optimaler nutzen zu können. Klaus
Ketelsen hatte ebenso wesentlichen Anteil an der Konzeption der neuen Oberflächendatenstruktur
in PALM-4U (siehe WP-M4). Darüber hinaus hat er in vielen Fällen bei der Analyse komplexer
Modellfehler mitgewirkt und zu ihrer Lösung beigetragen.
Für technische Testanwendungen wurden eine Reihe von Test-Setups entwickelt, die den
Programmentwicklern zur Verfügung gestellt wurden. Abbildung A3-5 zeigt einen generischen
Testfall, der alle neuen Oberflächeneigenschaften enthält und während der gesamten Projektphase
verwendet wurde.

                   Abbildung A3- 5: Generisches Setup "test_urban"

Eingabedatenstandard
Um eine eindeutige und dokumentierte Schnittstelle in PALM-4U zu schaffen um sämtliche räumliche
Eingangsdaten (Gebäudeinformationen, Oberflächenklassifizierung, meteorologische
Randbedingungen, Emissionen) wurde in Zusammenarbeit mit den Projektpartnern der PALM Ein-
und Ausgabedatenstandard definiert (PALM Input Data Standard, PIDS; PALM Output Data Standard,
PODS). Darin sind die Anforderungen an Eingangsdaten für PALM-4U im NetCDF Format und das
Ausgabedatenformat dokumentiert. PIDS und PODS wurden gemäß dem mit den Partnern aus
Modulen B und C vereinbarten [UC]²-Datenstandard überarbeitet.
Die vom Projektpartner DLR prozessierten und bereitgestellten Eingangsdaten für die Städte Berlin,
Hamburg und Stuttgart mussten weiter prozessiert werden und in einem Treiber gemäß PIDS
kompiliert werden. Insbesondere Vegetationsbestände mussten für sehr hohe räumliche
Auflösungen aus den verfügbaren Parametern wie Blattflächenindex, Baumart, -höhe, usw. als
dreidimensionale Blattflächendichtefelder generiert werden. Für diesen Zweck wurde ein
umfangreiches python-Script erarbeitet. Abbildung A3-6 zeigt exemplarisch die Darstellung der final
prozessierten Daten für das Regierungsviertel in Berlin bei einer Gitterweite von 1 m.

                                                 16
Abbildung A3-6: Visualisierung des Regierungsviertels in Berlin wie es in PALM-4U bei einer
Gitterweite von 1 m repräsentiert wird. Sichtbar sind die Gebäude- und Brückenstrukturen sowie
dreidimensionale Vegetationsbestände sowie unterschiedliche Oberflächennutzungen.

                                                17
A4: WP-M4 “Energiebilanzlöser, Dach- und Fassadenbegrünung”
PI: Dr. Björn Maronga, Prof. Dr. Günter Groß, LU Hannover
Im Rahmen des Arbeitspakets WP-M4 sollte der bestehende Energiebilanzlöser für natürlich
Landoberflächen für Gebäude, Wasser und komplexe Geometrien (vertikale Ausrichtung von
Oberflächen) erweitert werden. Die neuen Energiebilanzlöser sind auf folgenden Seiten
dokumentiert:
https://palm.muk.uni-hannover.de/trac/wiki/doc/tec/lsm
https://palm.muk.uni-hannover.de/trac/wiki/doc/tec/usm

Implementierung eines Energiebilanzlösers

Es wurde zunächst ein Konzept zur lückenlosen Behandlung von unterschiedlichen Oberflächentypen
(Gebäude, Straßen, Wasser, Vegetation, Boden) in PALM-4U entwickelt und umgesetzt. Da PALM
bereits über ein Landoberflächenmodell für Vegetation und Boden verfügte, wurde dieser Ansatz auf
andere Oberflächen übertragen. Eine erste Fassung eines Oberflächenmodells für Gebäude wurde in
Kooperation mit externen Kooperationspartnern von der Tschechischen Akademie der
Wissenschaften in Prag (Dr. Resler) implementiert und an das Landoberflächenmodell gekoppelt. Ein
erstes Arbeitsergebnis ist in Abbildung 4-1 dargestellt und entstammt einer Modellvalidierung die
von Resler et al. (2017) veröffentlicht wurde. Das Oberflächenmodell besteht dabei vor allem aus
einem Energiebilanzlöser der die Oberflächentemperatur prognostiziert und an ein
Wärmetransfermodell gekoppelt ist, dass den Wärmetransport in die Wände oder den Erdboden
berechnet. Für natürliche Oberflächen kommt ergänzend der Transport von Flüssigwasser hinzu
(Maronga und Bosveld, 2017). Die technische Umsetzung der Oberflächenmodelle basieren auf
Entwicklungen die auch in anderen Modellen verwendet werden (e.g. Balsamo et al. 2009,
Duynkerke 1999, Jarvis 1976, Masson 2000). Die Oberflächenmodelle sind ferner an ein spezielles
Strahlungstransfermodell gekoppelt (siehe Arbeitspaket WP-M5, HU Berlin).

Abbildung 1: Abbildung 4-1: Oberflächentemperaturen einer ersten Validierungsrechnung für die
Straßenkreuzung Komunardu-Delnicka in Prag.

                                               18
Neue Oberflächenstruktur in PALM-4U
Diese Arbeiten beinhalteten auch die Neustrukturierung des Programmcodes zur Behandlung von
Oberflächen generell um eine deutliche Speicheroptimierung zu erreichen (siehe WP-M3). Dieses
Konzept basiert auf abgeleiteten Datentypen in Fortran. Dabei werden alle Oberflächenelemente
(d.h. jedes diskrete Oberflächenstück auf dem kartesischen Gitter) in einem eindimensionalen Feld
abgelegt, dem entsprechende Eigenschaften zugewiesen werden können. Über die Eigenschaften (x,
y, z, Ausrichtung) ist die Lokalisierung des Oberflächenelements im Raum eindeutig. In der Folge
werden keine dreidimensionalen aber schwach besetzten Felder benötigt um komplexe
Oberflächenkonfiguration in Stadtgebieten darzustellen, was die Skalierbarkeit von PALM-4U
gewährleistet. Dadurch konnte auch eine Reihe von ansonsten redundantem Programmcode
vermieden werden.

Abbildung 4-2: Schematische Darstellung für die Behandlung von Gebäudeoberflächen mittels "tile
approach".

Gebäudebegrünung
Das entwickelte Oberflächenmodell wurde um einen „tile approach“ erweitert um Fensterflächen
sowie Gebäudebegrünung zu realisieren. Jedes Oberflächenelement kann nun jeweils einen Teil
Wand/Dach, Begrünung, und Fensterfläche enthalten (siehe Abbildung 4-2). Der Energiebilanzlöser
berechnet die Oberflächentemperatur aller drei Anteile und eine gewichtete effektive
Oberflächentemperatur um z.B. den fühlbaren Wärmestrom in die Atmosphäre abzuleiten. Beim
Grünflächenanteil auf den Gebäuden wird zusätzlich die Wärmeleitung durch eine Substratschicht
unter Berücksichtigung des Bodenwassergehalts simuliert. Die Evapotranspiration der Dachbegrünung
geht nun in die Berechnung der Oberflächentemperatur mit ein und steht in Wechselwirkung mit dem
Bodenwassergehalt des Substrats auf dem Dach. Niederschlag führt außerdem zu einer Änderung des
Bodenwassergehalts.
Entwicklung eines Spin-up Mechanismus
Es wurde ein Spinup-Mechanismus in PALM-4U implementiert, welcher es erlaubt die
Oberflächenmodelle (d.h. Landoberflächen- und Gebäudemodell) und Strahlungsmodell ohne
Atmosphärenmodell laufen zu lassen. Um den Tagesgang der Lufttemperatur vorzugeben wird
während des Spin-ups ein idealisierter Tagesgang mit vorgegebener Mitteltemperatur sowie
                                               19
täglicher Amplitude verwendet der an den Tagesgang der einfallenden kurzwelligen Strahlung
gekoppelt ist. Der Mechanismus wird im Modell dazu verwendet Wand- und Bodentemperaturen,
deren Anfangszustand in der Regel völlig unbekannt ist, auf einen stationären Zustand einschwingen
zu lassen. Die Ergebnisse zeigen, dass der Spin-up in etwa genauso lange dauern sollte wie der
anschließende Simulationszeitraum, da oberflächennahe Wand- und Bodenschichten zwar einen
stärkeren Tagesgang aufweisen als tiefere Schichten, aber sich deshalb auch schnell an den
atmosphärischen Antrieb anpassen. Das bedeutet, dass tiefere Schichten erst dann relevant werden,
wenn längere Zeiträume betrachtet werden sollen. Abbildung 4-3 und 4-4 zeigen einen Tagesgang
der Materialtemperaturen (Boden und Asphalt) während eines exemplarischen Spin-ups für einen
Modelllauf für ein Gebiet um den Ernst-Reuter-Platz.

Abbildung 4-3: Exemplarischer Tagesgang der Asphalttemperatur in verschiedenen Tiefen während
eines Spin-up Laufs für ein Gebiet um den Ernst-Reuter-Platz in Berlin

Abbildung 4-4: Exemplarischer Tagesgang der Bodentemperatur unter Grass in verschiedenen Tiefen
während eines Spin-up Laufs für ein Gebiet um den Ernst-Reuter-Platz in Berlin

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A5: WP-M5 “Strahlungsflüsse in der Stadt und Gebäudeparametrisierung”

PI: Prof. Dr. Christoph Schneider, Dr. Sebastian Schubert, HU Berlin

Strahlungsflüsse an urbanen Oberflächenelementen
Parallel zur Antragstellung und ohne Wissen des MOSAIK-Konsortiums entwickelten Resler et al.
(2017) vom Institute of Computer Science der Academy of Sciences of the Czech Republic ein Stadt-
oberflächenmodell, welches große Teile der gewünschten Strahlungsparametrisierung (Radiative
Transfer Model (RTM) 1.0) schon enthalten hatte. Das MOSAIK-Konsortium entschied, diese Ansätze
zu übernehmen. Im Projekt arbeiteten wir im Folgenden intensiv mit den Kollegen aus Prag zusam-
men.

Im Folgenden legen wir kurz die Funktionsweise von RTM 3.0 dar. Die Berechnung der Strahlungs-
flüsse findet in zwei Teilen statt. In der Vorbereitungsphase berechnen wir die Sichtbarkeitsfaktoren
zwischen den Oberflächenelementen, die Schattenbildung für die Sonnenpositionen während der Si-
mulation und den Anteil an absorbierter Strahlung durch Vegetation. Diese Berechnungen erfordern
eine längere Rechenzeit, sind aber durch die als unveränderlich angenommene Gebäude- und Vege-
tationskonfiguration nur einmal nötig. Während der eigentlichen atmosphärischen Modellierung
(time stepping) werden die Strahlungsflüsse dann in Abhängigkeit von der atmosphärischen Strahlung
und den Oberflächentemperaturen berechnet. Dabei berechnet das atmosphärischen Strahlungs-
schemata von PALM sowohl die einfallende direkte und diffuse kurzwellige Strahlung als auch die dif-
fuse langwellige Strahlung oberhalb der Bestandsschicht.

Das im Projekt entwickelte RTM 3.0 wurde so optimiert, dass die Anzahl der Sichtbarkeitsfaktoren re-
lativ niedrig bleibt, so dass auch größere Simulationsgebiete bei moderatem Arbeitsspeicherbedarf
gerechnet werden können.

Auf Sichtbarkeit wird mittels Raytracing untersucht, wobei der Effekt von Vegetation über den Blatt-
flächenindex berücksichtigt wird. Die Schattenbildung in Abhängigkeit von der Sonnenposition wird
auch mittels Raytracing berechnet. Hierzu wird vor dem time stepping die Sonnenpositionen berech-
net und das entsprechende Raytracing zwischen den Oberflächenelementen und der Sonnenposition
durchgeführt.

    .

Abbildung 5-1: Verteilung der einfallenden direkten kurzwelligen Strahlung am Ernst-Reuter-Platz
(Westen rechts, Osten links) um 8 Uhr (Ortszeit) am 1. Juli unter clear-sky Bedingungen

Aus der einfallenden kurzwelligen Strahlung oberhalb der Bestandsschicht und der zuvor berechne-
ten Schattenverteilung wird die einfallende direkte kurzwellige Strahlung an jedem Oberflächenele-
ment direkt berechnet. Abbildung 5-1 zeigt eine beispielhafte Verteilung. Die Schattenbildung zu die-
ser frühen Uhrzeit ist klar zu erkennen. Reflexionen direkter kurzwelliger Strahlung werden komplett
diffus bzw. lambertsch angenommen.
                                                   21
.

Abbildung 5-2: Verteilung der einfallenden diffusen kurzwelligen Strahlung (links) und der langwelli-
gen Strahlung (rechts) vom Himmel am Ernst-Reuter-Platz um 13 Uhr (Ortszeit) am 1. Juli unter clear-
sky Bedingungen

Diffuse kurzwellige und langwellige Strahlung werden im Modell ähnlich behandelt. Der Sichtbarkeits-
faktor zwischen Himmel und den Oberflächenelementen bestimmt die einfallende Himmelsstrahlung.
Dabei gehen wir davon aus, dass sowohl langwellige als auch kurzwellige diffuse Strahlung uniform
am Himmel verteilt ist. Neben der Strahlung vom Himmel werden die langwelligen Emissionen von
Oberflächenelementen berücksichtigt. Abbildung 5-2 zeigt beispielhaft die einfallende diffuse Strah-
lung vom Himmel. An jedem Oberflächenelement wird entsprechend der Emissivität bzw. der Albedo
ein Teil der einfallenden Strahlung reflektiert. Hier kann der Benutzer die Anzahl der Reflexions-
schritte wählen. Abbildung 5-3 zeigt die einfallende langwellige Strahlung von anderen Oberflächen-
elementen.

    .

Abbildung 5-3: Verteilung der einfallenden langwelligen Strahlung von anderen Oberflächenelemen-
ten und der Vegetation am Ernst-Reuter-Platz um 12 Uhr (Ortszeit) am 1. Juli unter clear-sky Bedin-
gungen

                                                 22
Die Strahlungsparametrisierung ist ein essentieller Bestandteil von PALM-4U. Durch die gute Paralleli-
sierbarkeit und einem optimierten Speicherverbrauch von RTM lassen sich auch große Gebiete mit
feiner Auflösungen auf leistungsfähigen Rechner berechnen.

Implementierung des Stadtparametrisierungsschema DCEP
DCEP (Schubert et al. 2013) ist ein mehrschichtiges Stadtparametrisierungsschema für nicht-gebäude-
auflösende Simulationen. Es stellt städtische Gebiete in Form von Straßenschluchten dar und berech-
net sowohl die ausgehende lang- und kurzwellige Strahlung als auch die Impuls- und Wärmeflüsse auf
mehreren atmosphärischen Schichten. Eingabegrößen sind die Strahlungsflüsse oberhalb der Be-
standsschicht und die atmosphärischen Zustandsvariablen innerhalb der Häuserschlucht. Als Stadtge-
bietsparameter benötigt DCEP pro Gitterzelle den Stadtanteil, die Straßenrichtungsverteilung, die Ge-
bäudehöhenverteilung und die Straßen- und Gebäudebreite.

    .

Abbildung 5-4: Links: Beispielhafte räumliche Verteilung der bodennahen Lufttemperatur um 22 Uhr
(Lokalzeit) für Berlin und Umgebung. DCEP wurde innerhalb des gepunkteten Bereichs verwendet.
Rechts: Zeitreihe der bodennahen Lufttemperatur einer städtischen Gitterzelle bzw. einer ländlichen
Gitterzelle.

DCEP wurde von uns in PALM-4U implementiert. Abbildung 5-4 zeigt beispielhafte bodennahe Luft-
temperaturen für ein Stadtgebiet und dessen Umgebung. Die Stadtgebietsparameter entsprechen
den Berliner Werten aus Schubert & Grossman-Clarke (2013). In beiden Abbildungen erkennt man
gut die nächtliche städtische Wärmeinsel. Tagsüber ist diese nur minimal ausgeprägt. Mittels PALM-
4U/DCEP kann auf weniger leistungsstarken Rechnern großen Gebiete mit gröberer Auflösung be-
rechnet werden, so dass regionale Untersuchungen möglich sind.

                                                 23
A6: WP-M6 “ Innenraumklima und Energiebedarf”
PI: Prof. Dr-Ing. Jens Pfafferott, H Offenburg

Einordnung der Arbeiten in die Programmentwicklung zu PALM-4U
Gebäude haben eine große Auswirkung auf das Stadtklima. Und das Stadtklima beeinflusst wiederum
das Innenraumklima und den Energiebedarf von Gebäuden. Um die Interaktion von Stadtklima und
Gebäuden auch numerisch evaluieren zu können, sollte die Stadtklimasimulation PALM-4U um ein
leistungsstarkes Gebäudemodell erweitert werden.
In einer Simulationsstudie haben Jacob und Pfafferott (2012) für mehrere Testreferenzjahre (Deut-
scher Wetterdienst, 2014) verschiedene Gebäudekonzepte und Betriebsstrategien mit Hilfe der nu-
merischen Gebäudesimulation untersucht und aufgezeigt, dass der Stadtklimaeffekt eine große Aus-
wirkung auf die Energiebilanz der Gebäude und infolgedessen auf das Innenraumklima und den Ener-
giebedarf hat. Neben den bauphysikalischen Parametern (insb. der Gebäudehülle) und den analagen-
technischen Kenndaten (insb. für die heizungstechnische Anlage und ggf. die Gebäudekühlung bzw. -
klimatisierung) hat das (statistische) Nutzerverhalten einen großen Einfluss auf das Innenraumklima
in Wohn- und Bürogebäuden (Kalz et. al., 2014; Pfafferott und Becker, 2008).
Vor diesem Hintergrund hat die Hochschule Offenburg die bestehende PALM-4U Plattform um ein
Innenraummodell und eine Gebäudedatenbank erweitert.

Innenraummodell
Das Innenraummodell nach DIN EN ISO 13790 (2008) wurde als „zuschaltbares“ Modul entwickelt,
das mit dem Fassadenmodell gekoppelt ist und mit weiteren Modulen von PALM-4U interagiert. Das
Innenraummodell basiert auf einer analytischen Lösung des Fourier‘schen Gesetzes in Form eines
5R1C- Ersatzmodell mit fünf Widerständen R [K/W] und einer Wärmekapazität C [J/K]. Die Lösung ba-
siert auf dem Crank-Nicolson-Verfahren mit einer Zeitschrittweite von einer Stunde. Darin beschrei-
ben die Widerstände R den reziproken Wert der Wärmedurchgangskoeffizienten H [W/K], die wiede-
rum die Wärmeübertragung durch langwellige Strahlung, die konvektive Wärmeübertragung und die
Wärmeleitung berücksichtigen. Vereinfachend fasst das Innenraummodell alle Speicherkapazitäten
zu einer Speicherkapazität zusammen, wobei die Fassade (in einem separaten Modell) mit einer loka-
len Auflösung in drei Wandschichten (also drei Wärmekapazitäten und vier Widerständen) modelliert
wird.
Abbildung 6-1 zeigt die im Innenraummodel verwendeten Parameter H und C sowie Variablen: Vier
Wärmeströme (Фhc, Фconv, Фrad,s und Фrad,m), drei interne (ϑi, ϑs und ϑm) drei externe Temperaturen
(ϑn, ϑe und ϑw ).

                                                 24
Abbildung 6-1: Wärmeübertragung und Temperaturen in einem 5R1C-Ersatzmodell.

Die Wärmedurchgangskoeffizienten und die Wärmekapazität sind folgendermaßen definiert:
   -   Hv [W/K] für den Wärmetransport (durch Lüftung) zwischen fassadennaher Außenluft ϑn und
       Innenluft ϑi

   -   Ht,es [W/K] für den Wärmedurchgang (durch Fenster) zwischen der Außenluft ϑe und der In-
       nenoberfläche ϑs

   -   Ht,wm [W/K] für den Wärmedurchgang (durch die Außenwand) zwischen der Wandtemperatur
       ϑw und dem inneren Masseknoten ϑm

   -   Ht,is [W/K] für den Wärmedurchgang zwischen Innenluft ϑi und Innenoberfläche ϑs

   -   Ht,ms [W/K] für die Wärmeleitung zwischen Innenoberfläche ϑs und dem inneren Massekno-
       ten ϑm

   -   C [J/K] der Wärmespeicherkapazität für alle raumumschließenden Gebäudeteile

Das Innenraummodel berechnet die Energiebilanz und die Raumtemperatur und bestimmt darauf
basierend den Strombedarf, den Heiz- bzw. Kühlbedarf und – als weitere Berechnungsgröße – die
anthropogene Wärmeabgabe (an die Umgebung), die an PALM-4U zurückgegeben wird.
Das Innenraummodell wurde durch Monitoring-Daten (Simulation/Messung-Validierung) und durch
andere Simulationen (Model-to-Model-Validierung) validiert bzw. auf Plausibilität geprüft. Die Ge-
nauigkeit des analytischen Modells wurde wiederholt mit numerischen Simulationen verglichen. Da-
bei wurde darauf geachtet, eine weite Varianz aller Eingangsparameter (Burhenne et al., 2010) zu be-
rücksichtigen.

Gebäudedatenbank
In der Gebäudedatenbank ist die Parametrierung des Fassadenmodells und des Gebäudemodells hin-
terlegt. Die Gebäudedatenbank enthält
   -   die geometrischen Daten des Gebäudes,

   -   alle bauphysikalischen Parameter der Gebäudehülle,

   -   alle bauphysikalischen Parameter des Innenraums,

                                                25
-   alle anlagentechnischen Kenndaten für das Lüftungs-, Heizungs- und Klimatisierungssystem
       sowie

   -   sämtliche Parameter zur Betriebsführungsstrategie (inkl. Nutzerverhalten und Regelung der
       gebäudetechnischen Anlagen).

Die Gebäudedatenbank ist standardisiert und kann manuell an die Maße der Gebäude, die Baumate-
rialien oder die verwendete Gebäudetechnik angepasst werden. Sie besteht aus vier Bereichen:
   1. Gebäudebeschreibung mit Geometrie, Bauteilkennwerte, Fensterflächenanteil und Luftwech-
      sel.

   2. Nutzerverhalten mit manueller Fensteröffnung, Verwendung von Sonnenschutzeinrichtun-
      gen und Präsenszeiten (zur Berücksichtigung von manuellen Regeleingriffen und zur Berech-
      nung interner Wärmelasten).

   3. Personenbeschreibung mit Wärmeabgabe [met] und Bekleidung [clo].

   4. Gebäudetechnik mit Kennlinienmodellen für verschiedene heizungs-, raumluft- und klima-
      technische Anlagen (inkl. Regelstrategien).

Oftmals sind die einzigen verfügbaren Gebäudeinformationen das Baujahr, die Baumaterialien der
Fassade, der Fensterflächenanteil und die Gebäudekubatur. Zudem sind diese Gebäudeinformatio-
nen aus regionalen Studien oder städtischen Planungen oft unvollständig oder inkonsistent. Die Ge-
bäudedatenbank ist daher so strukturiert, dass allein die Angaben zum Baujahr für eine vollständige
Beschreibung ausreichen. Mit den bekannten Gebäudeinformationen kann aus drei Gebäudeklassen
(Baujahr vor 1950, zwischen 1951 und 2000 und nach 2000) und aus zwei Gebäudetypen (Wohnge-
bäude und Bürogebäude) für eine standardisierte Parametrierung auf Basis von GIS-Daten oder
Überfliegungsdaten gewählt werden. So entstehen sechs repräsentative „Gebäudearchetypen“, in
Anlehnung an die Gebäudetypologie des Instituts für Wohnen und Umwelt (IWU 2018). Ergänzt wer-
den diese Gebäudetypen um einen Nichtgebäudetyp „Brücke“ für besondere Baustrukturen.

Ergebnisse
Das Innenraummodell wurde erfolgreich in die PALM-4U-Umgebung eingefügt. Die Gebäudegeomet-
rie und die Rastergröße definieren das Gebäudevolumen und die Anzahl der Fassadenelemente. Je-
dem Fassadenelement wird ein virtuelles Innenraumvolumen zugeordnet. Alle globalen Parameter
(z.B. Luftwechsel pro Stunde, interne Wärmegewinne pro Nettogrundfläche und Wärmekapazitäten)
werden auf dieses virtuelle Innenraumvolumen referenziert.
Abbildung 5-2 zeigt die Simulationsergebnisse für ein Sommer- und ein Winterszenario bei einem
Raster von 1 m x 1 m x 1m und einem Höhenschnitt von 11 m. Beide Grafiken beinhalten die lokalen
Innenraumtemperaturen, die Lufttemperatur außerhalb der Gebäude und den anthropogenen Wär-
meverlust über die Wände durch die Heiz- bzw. Kühltechnik um 11:00 Uhr in einer typischen urbanen
Umgebung (hier Ernst-Reuter-Platz in Berlin) mit Straßenschluchten, Blockbebauung, Hochhäusern
sowie Parkanlagen und Wasserflächen.
   -   Die mittlere Außentemperatur ϑe beträgt etwa +24 °C im Sommerszenario (oben) und -10 °C
       im Winterszenario (unten). Die Außentemperaturen werden von PALM-4U berechnet und
       repräsentieren die fluiddynamischen und thermodynamischen Effekte der Atmosphäre rund
       um den Ernst-Reuter-Platz in Berlin.
                                                26
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