Nachsorge ist Vorsorge - Von der Krebserkrankung geheilt: Nachsorge ...

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                                                                            LATE EFFECTS
                                                                            SURVEILLANCE SYSTEM
Kinder • Jugendliche
 Junge Erwachsene

                                         Von der Krebserkrankung geheilt:
                                            Nachsorge ist
                                                Vorsorge
                                                Informationsbroschüre
                                  Neuroblastom und Nephroblastom
                              für Patienten, Angehörige & Interessierte

                                                                                                  1
Nachsorge ist Vorsorge - Von der Krebserkrankung geheilt: Nachsorge ...
Impressum

Herausgeber:              Prof. Dr. med. Thorsten Langer
                          Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie (GPOH), Studienleiter Late Effects
                          Surveillance System (LESS), Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck
                          Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Pädiatrische Onkologie und Hämatologie
                          Ratzeburger Allee 160
                          23538 Lübeck

                          Prof. Dr. med. Bernhard Wörmann
                          Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie e.V. (DGHO)
                          Medizinischer Leiter der DGHO Geschäftsstelle, Berolinahaus
                          Alexanderplatz 1
                          10178 Berlin

                          Prof. Dr. med. Thorsten Simon
                          Klinik und Poliklinik für Kinder und Jugendmedizin, Pädiatrische Onkologie und Hämatologie
                          Universitätsklinikum Köln
                          Kerpener Str. 62
                          50937 Köln

                          Dr. med. Barbara Hero
                          Klinisches Studienzentrum Pädiatrie, Neuroblastomstudie,
                          Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin
                          Uniklinik Köln
                          Kerpener Str. 62
                          50937 Köln

                          Prof. Dr. med. Norbert Graf
                          Pädiatrische Onkologie und Hämatologie, Universitätsklinikum des Saarlandes
                          Kirrberger Str. 100
                          66421 Homburg/Saar

Autorin:                  Christine Vetter, Köln

Unter Mitarbeit von:      Prof. Dr. med. Anja Borgmann-Staudt, Berlin
                          Prof. Dr. Thomas Lehrnbecher, Frankfurt am Main

Konzept/Organisation:		                 Jasmin Eickhoff, Köln
Logo/CD:		                              Petra Wöhrmann, München
Fotos/Piktogramme/Gestaltung:           Kai Funck, Köln
Bild- und Abbildungsnachweis:           Kai Funck, Köln

ISBN		978-3-9821215-3-6

Copyright © 2021 LESS, alle Rechte vorbehalten

Die Broschüre „Von der Krebserkrankung geheilt: Nachsorge ist Vorsorge“ wird finanziert vom Verein Kaminkehrer helfen
krebskranken Kindern in Coburg und von der Madeleine Schickedanz-KinderKrebs-Stiftung in Fürth.
Nachsorge ist Vorsorge - Von der Krebserkrankung geheilt: Nachsorge ...
Vorwort
                                                                       LATE EFFECTS
                                                                       SURVEILLANCE SYSTEM

Nachsorge ist Vorsorge

  Dank Fortschritten in der Krebsmedizin         einer Krebserkrankung auftreten können.
können heutzutage viele Menschen mit             Es wird daher bei den heutigen modernen
Krebserkrankung geheilt werden. Dies gilt        Behandlungsstrategien alles darangesetzt,
auch für das sogenannte Neuroblastom,            die Therapie so schonend wie möglich zu
einen Tumor, der vom sympathischen Ner-          gestalten, ohne dabei jedoch die Heilungs-
vensystem ausgeht und seinen Ursprung            chancen zu schmälern.
oft in den Nebennieren hat, sowie für das
Nephroblastom, einen bösartigen Tumor              Dennoch sollten sich Jugendliche wie auch
der Niere.                                       Erwachsene, die in ihrer Kindheit an einem
                                                 Neuroblastom oder Wilms-Tumor erkrankt
  In bestimmten Stadien kann ein Neuro-          waren, dieser Problematik bewusst sein,
blastom sich ohne spezifische Therapie zu-       wenn sie die Krebserkrankung überstanden
rückbilden, in aller Regel ist aber eine Che-    haben. Wer aufgrund eines entsprechenden
motherapie erforderlich. Das ist auch beim       Tumors behandelt werden musste, sollte
Nephroblastom, auch Wilms-Tumor genannt,         sich deshalb im späteren Leben einer so-
der Fall. Die Intensität der Chemotherapie ist   genannten Krebsnachsorge unterziehen.
vom individuellen Tumor abhängig. Leider         Durch die regelmäßige Nachsorge können
können durch die zum Teil sehr intensive         potenzielle Spätfolgen frühzeitig erkannt
Behandlung auch gesunde Körperzellen             und gegebenenfalls behandelt werden. Da-
und Organe in Mitleidenschaft gezogen            mit wird Spätkomplikationen vorgebeugt.
werden. Das erklärt, warum eventuell in
den folgenden Jahren gesundheitliche Stö-
rungen oder auch die erneute Entwicklung

                                                 Professor Dr. med. Thorsten Langer
                                                 Arbeitsgruppe Spätfolgen - Late Effects
                                                 Surveillance System (LESS) der GPOH,
                                                 Universitätsklinikum Schleswig-Hol-
                                                 stein, Campus Lübeck
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Inhalt

Warum Nachsorge?                                                5    Gibt es Spätfolgen im Bereich der
   Notwendige Untersuchungen                                         Gefäße und des Stoffwechsels?                             22
                                                                         Vorbeugung von Herz- und Gefäßerkrankungen
Warum klinische Studien?                                        7
   Angebote für ehemalige Krebspatienten                             Gibt es Spätfolgen an der Lunge?                          23

Dabei sein – Mitmachen                                          7    Gibt es Spätfolgen an den Nieren?                         24
                                                                         Nachsorgeempfehlungen
Neuroblastom – ein Überblick                                    10
   Krankheitsstadien                                                 Gibt es Spätfolgen für die Nerven?                        26

Behandlung des Neuroblastoms                                    12   Gibt es Spätfolgen der Strahlentherapie?                  27

Nephroblastom / Wilms-Tumor – ein Überblick                     13   Fatigue – Erschöpfung als Folge der Erkrankung            28

Blick in die Forschung: Wie hoch ist das Krebsrisiko?           14   Gibt es Spätfolgen hinsichtlich
                                                                     der hormonellen Situation?
Behandlung des Nephroblastoms
                                                                     Gibt es Spätfolgen für die Fruchtbarkeit?                 29
Auf jeden Fall Nachsorge                                        15       Situation bei Jungen
    Spätfolgen der Behandlung erkennen                                   Situation bei Mädchen
    Regelmäßige Kontrolluntersuchungen                                   Nachsorgeempfehlungen

Infokasten: Nachsorge im Internet                               16   Blick in die Forschung: Das Risiko für einen zweiten Tumor 31

Gibt es Spätfolgen einer Chemotherapie?                         17   Drohen Tumore in einem anderen Organ?                     32

Gibt es Spätfolgen für das Gehör?                               18   Gibt es Folgen für die Psyche?                            33
    Vorbeugung von Hörstörungen                                          Chancen der psychoonkologischen Nachsorge nutzen

Blick in die Forschung: Wie häufig sind Hörstörungen?                Impfschutz nach einer Krebserkrankung                     34
                                                                        Impfungen nach Abschluss der Chemotherapie
Blick in die Forschung: Das Hörvermögen in der Nachsorge

Gibt es Spätfolgen im Bereich des Herzens?                      20   Endlich erwachsen: Was ist in puncto
    Nachsorgeempfehlungen                                            Krebs noch zu beachten?                                   36

Blick in die Forschung: Wie hoch ist das Risiko für das Herz?        Wichtige Ansprechpartner                                  38
                                                                     Ansprechpartner Nachsorge
                                                                     Ansprechpartner Familien-Rehabilitation – Jugend-Reha

                                                                     Glossar                                                   42
Nachsorge ist Vorsorge - Von der Krebserkrankung geheilt: Nachsorge ...
Warum Nachsorge?
                                                                        LATE EFFECTS
                                                                        SURVEILLANCE SYSTEM

      Sowohl das Neuro- als auch das Neph-
    roblastom entwickeln sich im Allgemei-
    nen bereits im Säuglings-, Kleinkind- oder
    Schulkindalter. Welche Behandlung zum
    Einsatz kommt, hängt wesentlich davon
    ab, wie hoch das Risiko ist, dass sich der
    Tumor neu bildet. Generell aber gilt, dass
    für Menschen, die an Krebs litten, eine spe-
    zielle Krebsnachsorge besonders wichtig        Maßnahmen, meistens auch eine Chemo-
    ist. Denn durch die intensive Krebstherapie    therapie, sowie eine Immun- oder nukle-
    können sich Spätfolgen in anderen Organ-       armedizinische Therapie und manchmal
    systemen entwickeln und es kann eine wei-      zusätzlich eine Strahlenbehandlung. Die
    tere Krebserkrankung begünstigt werden.        Intensität der Behandlung hängt von dem
                                                   Tumor, aber auch vom Krankheitsstadium
     Welche neuen Erkrankungen in der Folge        ab und wird individuell an den einzelnen
    auftreten, hängt im Wesentlichen von der       Patienten entsprechend seinen Risikofak-
    Krebserkrankung und der durchgeführten         toren angepasst.
    Krebstherapie ab. So spielt zum Beispiel
    eine Rolle, welche Wirkstoffe bei einer          Um eventuell auftretende Folgeerkran-
    Chemotherapie gegeben wurden.                  kungen frühzeitig erkennen und behan-
                                                   deln zu können, wurde und wird für die
     Die Behandlung des Neuroblastoms und          jeweilige Tumorerkrankung ein spezieller
    des Nephroblastoms beinhaltet operative        Nachsorge-Kalender erarbeitet. Er gibt

Die Informationsbroschüre „Nachsorge ist Vorsorge“ dient zur Information zum Neuroblastom und
zum Nephroblastom für Jugendliche und Erwachsene, die in ihrer Kindheit an einem dieser Tumore er-
krankt waren, aber auch für Eltern von Kindern nach Abschluss einer Behandlung eines Neuroblastoms
oder Nephroblastoms. Sie soll erklären, warum es so wichtig ist, die in der Nachsorge vorgegebenen
Untersuchungstermine einzuhalten.
Zudem soll sie die Betroffenen motivieren, in den vorgeschlagenen Abständen den jeweiligen Arzt auf-
zusuchen und sich die ermittelten Befunde aufzuheben. So lässt sich jederzeit nachvollziehen, welcher
Befund wann erhoben wurde und ob es dabei Auffälligkeiten gegeben hat, die weiter beobachtet wer-
den sollten. Derzeit wird daran gearbeitet, diese Dokumentation der Nachsorge-Befunde auch online
zu ermöglichen. Hinweise hierzu gibt es im Internet unter www.nachsorge-ist-vorsorge.de.

                                                                                                        5
Nachsorge ist Vorsorge - Von der Krebserkrankung geheilt: Nachsorge ...
vor, in welchen Abständen welche Unter-       Jahren nach Therapieende am größten ist
    suchungen durchgeführt werden sollten.        und dass nachfolgende Untersuchungen vor
    Diese Nachsorgeuntersuchungen bedeuten        allem zur Früherkennung von Spätfolgen
    keineswegs, dass entsprechende Kompli-        notwendig sind.
    kationen auftreten müssen. Sie sind viel-
    mehr eine Sicherheitsmaßnahme, um sich          Auf den nachfolgenden Seiten soll darge-
    eventuell anbahnende Spätfolgen früh zu       stellt werden, welche Spätfolgen speziell
    erfassen und zu behandeln.                    nach der Behandlung des Neuroblastoms
                                                  und Nephroblastoms auftreten können und
    Notwendige Untersuchungen                     wie sie sich bemerkbar machen. Auch wenn
      Bei jedem Nachsorgetermin wird eine         das Risiko für Spätfolgen im Einzelfall nicht
    eingehende klinische Untersuchung durch-      sehr hoch ist, sollte doch jeder Betroffene
    geführt, bei der die allgemeine körperli-     darum wissen und die Chancen der Früh-
    che Verfassung geprüft wird. Dabei wird       erkennung potenzieller Komplikationen
    sorgfältig untersucht, ob es einen Hinweis    wahrnehmen. Die Krebsnachsorge wird
    auf ein Wiederauftreten des Neuro- oder       so zur Krankheitsvorsorge.
    Nephroblastoms gibt, also ob sich ein so-
    genanntes Rezidiv entwickelt. Um dies           Apropos Spätfolgen: Die in den nachfolgen-
    frühzeitig zu bemerken und mögliche Fol-      den Kapiteln beschriebenen Komplikationen
    gen der Behandlung zu erkennen, werden        können, müssen aber nicht unbedingt als
    zusätzlich in regelmäßigen Abständen un-      Folge der Krebstherapie auftreten. Leider
    ter anderem körperliche Untersuchungen,       lässt sich im Einzelfall nicht immer zuver-
    Untersuchungen des Blutes und des Urins,      lässig abschätzen, ob eine neue Erkrankung
    sowie sogenannte „bildgebende Verfahren“,     auftritt oder nicht und man kann bislang
    zum Beispiel Ultraschall, Röntgen oder eine   auch nicht vorhersagen, wie hoch das Ri-
    Computertomographie (CT)/Kernspinto-          siko im individuellen Fall ist. Das erklärt,
    mographie (MRT) durchgeführt. Wann            warum vorsichtshalber allen Betroffenen
    und wie häufig diese Untersuchungen er-       zu regelmäßiger Teilnahme an den Nach-
    folgen sollen, steht im Nachsorgeplan der     sorgeuntersuchungen geraten wird.
    Therapiestudie.

      Wichtig ist zu wissen, dass das Risiko
    eines Rückfalls in den ersten zwei bis drei

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Nachsorge ist Vorsorge - Von der Krebserkrankung geheilt: Nachsorge ...
Warum klinische
Studien?                                     Dabei sein – Mitmachen
                                                           LATE EFFECTS
                                                                     SURVEILLANCE SYSTEM
                                             Die Broschüre „Von der Krebserkrankung geheilt:
                                             Nachsorge ist Vorsorge – Neuroblastom und Neph-
                                             roblastom“ wird von der Arbeitsgruppe Spätfolgen,
                                             LESS (Late Effects Surveillance System) herausgege-
 Die verbesserten Heilungschancen bei        ben. Broschüre und Nachsorgeplan werden den Pa-
kindlichen Krebserkrankungen sind vor        tienten bei Abschluss der Behandlung ausgehändigt
allem der Tatsache zu verdanken, dass die    oder an die nachsorgende Klinik gesandt. Die im
Behandlung der jeweiligen Krankheiten im     Rahmen der Nachsorgeuntersuchungen erhobenen
Rahmen klinischer Studien durchgeführt,      Befunde sollten vermerkt und aufgehoben werden.
kontrolliert und dabei immer weiter opti-    So ist auch im Falle eines Arztwechsels zu späteren
miert wurde.                                 Zeitpunkten eine lückenlose Beurteilung der
                                             gesundheitlichen Situation im Hinblick auf mögliche
 Schon vergleichsweise früh wurde das        Folgen der Krebserkrankung und ihrer Behandlung
Konzept der Behandlung im Rahmen kli-        möglich.
nischer Studien bei Krebserkrankungen im     Die zentrale Dokumentation möchte die Arbeits-
Kindes- und Jugendalter etabliert, wobei     gruppe Spätfolgen, LESS übernehmen, was jedoch
die Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische   das Einverständnis der Patienten (bei Minderjäh-
Onkologie und Hämatologie (GPOH) und         rigen auch der Eltern) voraussetzt. Die Erhebung
die von ihr gebildeten Studiengruppen fe-    und Analyse der ermittelten Daten soll unter
derführend waren und sind (www.gpoh.de).     anderem dazu beitragen, das Wissen um mögliche
                                             Spätfolgen einer Krebserkrankung im Kindes- und
  Initiiert wurden Untersuchungen zur        Jugendalter zu erweitern. Hierzu ist es wichtig, die
Behandlung und Nachsorge nach erfolg-        jungen Patienten in ihrem späteren Leben möglichst
reicher Therapie in der Kinderonkologie      lückenlos weiterverfolgen zu können. Das setzt vo-
(www.kinderkrebsinfo.de). So wurde           raus, dass eventuell auftretende Spätfolgen ebenso
beispielsweise die Zentrale der Studien-     wie ein eventuell stattfindender Arztwechsel LESS
gruppe LESS – Arbeitsgruppe Spätfolgen       mitgeteilt werden. LESS sollte zudem im Falle spe-
eingerichtet. Die Abkürzung LESS steht für   zieller Fragen mit den ehemaligen Patienten direkt
die englische Bezeichnung „Late Effects      in Kontakt treten können. Kinder, Jugendliche und
Surveillance System“ und beschreibt die      Angehörige wie zum Beispiel Lebenspartner können
Aufgabe der Studiengruppe. Diese soll die    ihrerseits jederzeit mit LESS Kontakt aufnehmen,
nach einer Krebserkrankung im Kindes- und    entweder postalisch:
Jugendalter möglicherweise auftretenden      Prof. Dr. med. Thorsten Langer, Late Effects
Spätfolgen systematisch erfassen und er-     Surveillance System (LESS)
forschen sowie spezielle Nachsorgepläne/     Universitätsklinikum Schleswig-Holstein,
Nachsorge-Kalender erarbeiten. Die Studi-    Campus Lübeck
enzentrale LESS versteht sich darüber hin-   Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Pädiat-
                                             rische Onkologie und Hämatologie
                                             Ratzeburger Allee 160
                                             23538 Lübeck
                                             oder via Internet:
                                             www.nachsorge-ist-vorsorge.de
                                                                                                    7
Nachsorge ist Vorsorge - Von der Krebserkrankung geheilt: Nachsorge ...
aus als überregionaler Ansprechpartner in      die Strukturen für eine Langzeitbeobach-
    Sachen Nachsorge nach Krebserkrankun-          tung der ehemaligen Patienten sicher. Der
    gen im Kindes- und Jugendalter. Sie steht      wissenschaftliche Schwerpunkt des DKKR
    bei Fragen den Betroffenen sowie deren         liegt auf der Erforschung dieser Zweitmali-
    Familien, aber auch den Kinderärzten und       gnome, also bösartigen Erkrankungen, die
    Hausärzten offen, die die jungen Menschen      nach einer vorausgegangenen Krebserkran-
    nach Abschluss der Krebsbehandlung in ih-      kung entstanden sind. Zweitmalignome im
    rem weiteren Leben bei gesundheitlichen        Erwachsenenalter ehemaliger krebskranker
    Problemen betreuen und begleiten (www.         Kinder werden in den jeweiligen Landes-
    nachsorge-ist-vorsorge.de).                    krebsregistern dokumentiert und mit dem
                                                   Kinderkrebsregister abgeglichen.
    Angebote für ehemalige
    Krebspatienten                                   Speziell für Kinder mit einem Neuroblas-
      In der im Jahre 2011 gegründeten Ar-         tom gibt es ferner das von der Deutschen
    beitsgemeinschaft „Langzeitbeobachtung“        Kinderkrebsstiftung geförderte Neuroblas-
    (Stellvertr. Sprecher: Prof. Dr. med. Thors-   tom-Register, über das unter anderem die
    ten Langer) arbeiten alle Arbeitsgruppen       Langzeitverläufe und mögliche Spätfolgen
    auf dem Gebiet der Nachsorge nach Krebs        der Patienten erfasst werden.
    im Kindes- und Jugendalter zusammen.
    Nachsorgezentren und Nachsorgesprech-            Es gibt darüber hinaus auch für Kinder
    stunden für ehemals krebskranke Kinder         mit Nephroblastom ein spezielles Neph-
    und Jugendliche, die jetzt erwachsen sind,     roblastom-Register, in dem die Fälle mit
    werden derzeit definiert und an verschie-      einem solchen Tumor erfasst und nach-
    denen Standorten aufgebaut.                    verfolgt werden.

     Folgekrebserkrankungen (Zweitmalig-            Mit dem Programm „L.O.T.S.E – Leben
    nome) nach einer Krebserkrankung bei           ohne Tumor, Strategie und Edukation“
    Kindern und Jugendlichen werden darü-          wurde außerdem am Universitären Can-
    ber hinaus auch durch das Deutsche Kin-        cer Center Hamburg (UCCH) ein spezielles
    derkrebsregister (DKKR) erfasst. Es hat        Survivorship-Programm etabliert. Es koor-
    seinen Sitz am Institut für Medizinische       diniert die Nachsorgeangebote für Kinder,
    Biometrie, Epidemiologie und Informatik        Jugendliche und Erwachsene nach einer
    der Universitätsmedizin Mainz und stellt       Krebserkrankung. Weitere Informationen

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Nachsorge ist Vorsorge - Von der Krebserkrankung geheilt: Nachsorge ...
LATE EFFECTS
                                                                     SURVEILLANCE SYSTEM

gibt es hierzu auf der Internetseite www.      gendalter befasst und unter der Abkürzung
allianz-gegen-brustkrebs.de/index.             RiSK (Register zur Erfassung radiogener
php/experten-interviews/102-das-               Spätfolgen bei Kindern und Jugendlichen)
projekt-lotse .                                bekannt wurde. In einem Register werden
                                               Spätfolgen der Strahlenbehandlung syste-
  Um junge Erwachsene während der              matisch erfasst, was künftig eine bessere
Behandlung und in der Nachsorge einer          Einschätzung des individuellen Risikos nach
Krebserkrankung besser unterstützen zu         einer Krebsbehandlung erlauben und die
können, wurde eine Leitlinie „Heranwachsende   Erarbeitung schonenderer Behandlungs-
und junge Erwachsene (AYA, Adolescents         konzepte ermöglichen soll. Diese Arbeits-
and Young Adults)“ verfasst. Die Leitlinie     gruppe arbeitet heute an der MHH von
steht im Internet zum Download bereit          Hannover aus.
unter https://bit.ly/3qLx3ta
                                                 Es gibt eine Reihe weiterer Initiativen
  Am Universitätsklinikum Münster wurde        und Organisationen, die sich in der Tumor-
außerdem mit Unterstützung der Deut-           nachsorge bei Kindern, Jugendlichen und
schen Kinderkrebsstiftung eine spezielle       Erwachsenen engagieren. Die Initiativen
Arbeitsgruppe etabliert, die sich gezielt      sind zum Teil regional und krankheitsbe-
mit der Erfassung von Spätfolgen nach          zogen. Die jeweiligen Arbeitsgruppen wie
einer Strahlentherapie im Kindes- und Ju-      beispielsweise LESS wie auch RiSK sind auf

                                                                                             9
Nachsorge ist Vorsorge - Von der Krebserkrankung geheilt: Nachsorge ...
Neuroblastom –
                                                 ein Überblick

     eine gute Zusammenarbeit mit den betrof-      Das Neuroblastom ist eine bösartige Er-
     fenen Patienten, ihren Familien und den     krankung des sympathischen Nervensys-
     behandelnden Ärzten angewiesen, damit       tems. Diese entwickelt sich meist schon vor
     die Dokumentation auftretender Spätkom-     dem sechsten Lebensjahr. Die betroffenen
     plikationen möglichst lückenlos erfolgen    Kinder sind im Mittel 14 Monate alt, wenn
     kann. Denn dies ist eine wesentliche Vo-    die Erkrankung diagnostiziert wird. Nur
     raussetzung dafür, dass die langfristigen   sehr selten ist der Tumor bei Erwachse-
     Risiken einzelner Maßnahmen der Tumor-      nen zu finden.
     behandlung künftig genauer als bisher
     abzuschätzen sind.                            Im Allgemeinen entsteht das Neuroblas-
                                                 tom sporadisch. Selten aber tritt es im Zu-
      Gute Informationsmöglichkeiten bieten      sammenhang mit anderen Erkrankungen
     außerdem die Deutsche Kinderkrebsstiftung   auf, die auf einem bestimmten genetischen
     mit ihrer Internetseite www.kinderkrebs-    Defekt (Mutation) beruhen. Beispiele sind
     stiftung.de sowie das Kompetenznetz Pä-     der sogenannte Morbus Hirschsprung und
     diatrische Onkologie und Hämatologie mit    das Undine-Syndrom. Die genetischen
     der Internetseite www.kinderkrebsinfo.de    Veranlagungen bei diesen Erkrankungen
                                                 können wahrscheinlich auch das Auftreten
                                                 eines Neuroblastoms begünstigen.

                                                   Neuroblastome bilden sich meist im Ne-
                                                 bennierenmark oder im Nervengeflecht
                                                 (sogenannter Grenzstrang) entlang der
                                                 Wirbelsäule. Die Tumore können dabei in
                                                 praktisch allen Regionen entlang der Wir-
                                                 belsäule auftreten, also im Bauch- und
                                                 Beckenbereich und ebenso im Brust und
                                                 Halsbereich. Am häufigsten entstehen sie
                                                 in der Bauchregion.

                                                  Bei rund jedem zweiten Kind haben sich
                                                 zum Zeitpunkt der Diagnose jedoch schon
                                                 Metastasen gebildet, also Absiedlungen

10
LATE EFFECTS
                                                                     SURVEILLANCE SYSTEM

des ursprünglichen Tumors in anderen          Der Verlauf der Erkrankung ist sehr unter-
Körperregionen. Meist betreffen diese das     schiedlich: So können sich Neuroblastome
Knochenmark, sie können sich aber auch        durchaus spontan zurückbilden. Dann ist
in den Knochen, in Lymphknoten oder in        ein abwartendes Verhalten „Watch and
der Leber bilden.                             wait“ möglich. Auch kann eine operative
                                              Tumorentfernung die Heilung bedeuten.
  Mit welchen Symptomen sich das Neuro-       Neuroblastome können aber auch einen
blastom bemerkbar macht, hängt wesent-        aggressiven Verlauf nehmen. Wie die Er-
lich davon ab, wo es sich konkret gebildet    krankung im Einzelfall verlaufen wird, lässt
hat und wo möglicherweise Metastasen          sich anhand von Risikofaktoren abschätzen.
entstanden sind. Es kann zu Schwellun-        Hierzu gehören:
gen in diesem Bereich kommen und nicht        • ein Alter von mehr als 18 Monaten bei
selten sind allgemeine Symptome wie eine         Diagnosestellung,
Leistungseinschränkung, Fieber, Knochen-      • der Nachweis bestimmter genetischer
schmerzen und/oder eine auffällige Blässe        Veränderungen (Mutationen),
des Kindes. Auch Bauchschmerzen, Völle-       • das Vorliegen von Metastasen.
gefühl, Verstopfung oder Durchfälle können
auftreten. In sehr seltenen Fällen können
sich Lähmungserscheinungen ausbilden.
Andererseits kann der Tumor aber auch
lange symptomlos bleiben, rund 40 Prozent
der Neuroblastome werden daher rein zu-
fällig bei einer Vorsorgeuntersuchung oder
anderen Untersuchungen zum Beispiel bei
kleineren Verletzungen entdeckt.

Krankheitsstadien
  Abhängig von der jeweiligen Situation
unterscheiden die Mediziner die Krank-
heitsstadien 1 bis 3, in denen der Tumor
lokal begrenzt ist, das Stadium 4 mit Me-
tastasen und speziell das Stadium 4S als
metastasierte Erkrankung im Säuglingsalter.

                                                                                             11
Behandlung des Neuroblastoms

       Die Behandlung des Neuroblastoms ist           Auch bei allen anderen Patienten ist an-
     abhängig vom Krankheitsstadium und der         fangs eine Gewebegewinnung zur Diag-
     jeweiligen Risikosituation. Bei Patienten      nosesicherung erforderlich. Bei Patienten
     mit niedrigem Risiko für einen aggressiven     mit mittlerem Risiko folgt danach eine
     Verlauf erfolgt ein operativer Eingriff, um    Chemotherapie, eine erneute Operation
     Tumorgewebe zu entnehmen und charakte-         zur Tumorentfernung und eventuell eine
     risieren zu können. Ansonsten ist in solchen   Strahlentherapie. Bei Hochrisikopatienten
     Fällen zunächst keine weitere Behandlung       schließt sich an die erste Gewebegewin-
     erforderlich. Die Patienten müssen aber        nung eine intensive Chemotherapie, eine
     im Rahmen der Nachsorge engmaschig             Hochdosis-Chemotherapie mit autologer
     weiter beobachtet werden, um den Tu-           Stammzelltransplantation, eine Strahlen-
     morverlauf verfolgen zu können. Leiden         therapie und eine Immuntherapie an.
     die Kinder unter Tumorsymptomen wie
     Ernährungsproblemen, Gewichtsverlust,
     Luftnot oder Blutdruckveränderungen, so
     kann eine Chemotherapie hilfreich sein und
     möglicherweise auch die Tumorrückbildung
     unterstützen.

12
Nephroblastom/Wilms-Tumor –
ein Überblick                                                          LATE EFFECTS
                                                                       SURVEILLANCE SYSTEM

  Das Nephroblastom ist der häufigste             Der Wilms-Tumor macht oft lange Zeit
bösartige Nierentumor im Kindesalter. Es        kaum Beschwerden. Diese sind zudem we-
entsteht aus Resten von unreifem Nieren-        nig spezifisch für den Tumor. So kann es zur
gewebe und wird auch als Wilms-Tumor            Zunahme des Bauchumfangs, zu Völlege-
bezeichnet – nach dem Heidelberger Chi-         fühl, Leibschmerzen, Abgeschlagenheit und
rurgen Max Wilms (1867–1918), der das           eventuell auch zu Fieber und sehr selten zu
Nephroblastom ausführlich beschrieben           Blut im Urin kommen. Oft wird der Tumor
hat. Der Tumor bildet sich meist im zweiten     mehr oder weniger zufällig vom Kinderarzt
oder dritten Lebensjahr der Kinder. Mädchen     bei einer Vorsorgeuntersuchung entdeckt.
sind etwas häufiger betroffen als Jungen.
                                                  Der Wilms-Tumor wird in Stadien einge-
  Ursache des Tumors sind genetische Ver-       teilt, die ihrerseits Konsequenzen für die
änderungen (Mutationen), die bei rund           jeweilige Therapie und für die Prognose
zehn Prozent der betroffenen Kinder mit         des Kindes haben:
angeborenen Syndromen im Zusammen-              • Stadium I liegt vor, wenn der Tumor
hang stehen, wodurch zusätzliche Proble-          noch auf die Niere beschränkt ist und
me auftreten können. Meist gehen solche           vollständig entfernt werden kann.
Syndrome mit Fehlbildungen und Erkran-          • Stadium II liegt vor, wenn der Tumor zwar
kungen anderer Organbereiche einher wie           schon über die Niere hinaus gewachsen
zum Beispiel beim sogenannten WAGR-               ist, aber operativ noch komplett entfernt
Syndrom. Die Abkürzung steht für die bei          werden kann.
den betroffenen Kindern meist vorliegenden      • Stadium III besteht, wenn der Tumor
Erkrankungen: Wilms-Tumor, Aniridie (Feh-         nur unvollständig zu entfernen ist, sich
len der Regenbogenhaut), Fehlbildungen            aber außer Metastasen im Lymphknoten
des Harntraktes und/oder der Keimdrüsen,          um den Tumor noch keine Metastasen
geistige Retardierung (unterdurchschnittliche     in der Lunge oder in anderen Organen
geistige Entwicklung). Auch andere Krank-         gebildet haben.
heitsbilder können mit dem Wilms-Tumor          • Stadium IV besteht, wenn Metastasen
assoziiert sein. Aber 90 Prozent der Kinder       z.B. in der Lunge, der Leber, den Knochen
mit einem Nephroblastom haben keine ge-           oder im Gehirn vorliegen.
netischen Krebsprädispositionssyndrome.         • Stadium V besteht, wenn beide Nieren
                                                  des Kindes betroffen sind.

                                                                                               13
Behandlung des
                                                 Nephroblastoms

     Blick in die Forschung                        In Europa beginnt die Behandlung des
     Wie hoch ist das Krebsrisiko                Nephroblastoms nach der Diagnose durch
       In Deutschland erkranken jedes Jahr       eine Bildgebung wie einem Ultraschall des
     etwa 2.100 Kinder und Jugendliche unter     Bauchraums, einer Computertomographie
     18 Jahren an Krebs. In etwa zehn Prozent    (CT) oder Kernspintomographie (MRT) des
     der Fälle liegt der Erkrankung eine be-     Bauchraums und einer CT-Untersuchung der
     kannte erbliche Veränderung zugrunde        Lunge mit einer Chemotherapie, bevor der
     oder es liegt ein sogenanntes Krebsprä-     Tumor dann operativ meist mit der betroffe-
     dispositionssyndrom vor, also eine ge-      nen Niere entfernt wird. Nach der Operation
     netisch bedingte Erkrankung mit hohem       ist die weitere Behandlung (Chemothera-
     Krebsrisiko. Eine solche genetische         pie und manchmal Strahlentherapie) vom
     Krebsprädisposition ist die bedeutendste    Krankheitsstadium und der feingeweblichen
     bekannte Krebsursache im Kindesalter.       Untersuchung (Histologie) sowie dem An-
       Mit ihrer Erforschung beschäftigt sich    sprechen auf die Chemotherapie vor der
     insbesondere die Forschergruppe um          Operation abhängig. Die Vorbehandlung
     Professor Dr. Christian P. Kratz aus Han-   des Tumors mittels einer Chemotherapie
     nover. Die Wissenschaftler wollen durch     führt in aller Regel zu einer Tumorverklei-
     ihre Forschungsprojekte besser verste-      nerung, erleichtert damit die notwendige
     hen, mit welchen Risiken Krebsprädis-       Operation und ermöglicht so manchmal den
     positionssyndrome einhergehen und           Erhalt der tumortragenden Niere.
     welche Mechanismen der Krebsentste-
     hung zugrunde liegen. Zudem wollen           Die Prognose der Kinder ist heutzutage
     sie prüfen, ob die Früherkennung für        gut: Mehr als 90 Prozent werden gesund und
     die Betroffenen einen gesundheitli-         bleiben es auch in ihrem weiteren Leben.
     chen Vorteil bringt. Weiterführende
     Informationen gibt es auf der Internet-
     seite der Forschungsinitiative unter
     www.krebs-praedisposition.de

14
Auf jeden Fall: Nachsorge
                                                                    LATE EFFECTS
                                                                    SURVEILLANCE SYSTEM

  Wie auch bei anderen Tumoren ist nach      Behandlung mit Zytostatika kann gesunde
dem Abschluss der Behandlung eines Neu-      Zellen und Organe im Körper schädigen und
roblastoms oder eines Nephroblastoms eine    in ihrer Funktion beeinträchtigen. Ist dies
langfristige Nachsorge wichtig. Es geht      der Fall, so kann das auf lange Sicht mit
darum zu prüfen, ob möglicherweise die       einem erhöhten Krankheitsrisiko verbunden
Erkrankung zurückkommt, also ein Rezidiv     sein. Es kann zur Entwicklung einer erneuten
auftritt. Außerdem hat die Nachsorge das     Krebserkrankung (Zweittumor) kommen und
Ziel, potenzielle Folgen der im Einzelfall   es können zum Beispiel Folgeerkrankungen
doch recht aggressiven Behandlung früh       am Herz-Kreislauf- und Nervensystem, an
zu erkennen, um eine frühzeitige Therapie    der Lunge und den Nieren oder auch eine
der Komplikationen einleiten zu können.      Schwerhörigkeit sowie Spätfolgen an ver-
                                             schiedenen anderen Organen auftreten.
  Kinder mit einem Wilms-Tumor im Zusam-
menhang mit verschiedenen Syndromen            Die eventuellen Spätfolgen durch eine
brauchen wegen der komplexen Situation       Früherkennung und Frühbehandlung zu
dieser Erkrankung zudem eine spezielle       begrenzen, ist eines der Ziele der Nachsor-
Nachsorge. So muss diese zum Beispiel        ge. Das betrifft nicht nur die körperlichen,
beim WAGR-Syndrom auch Untersuchun-          sondern auch die potenziellen psychischen
gen beim Augenarzt umfassen und ebenso       Folgen der sehr belastenden Erkrankung,
eine besondere Betreuung hinsichtlich des    ihrer Behandlung und deren Folgen für den
schulischen und später auch des berufli-     weiteren Lebensweg hinsichtlich der beruf-
chen Werdegangs. Da solche Syndrome          lichen Karriere sowie der Familienplanung.
auf genetischen Veränderungen basieren,
ist immer auch eine genetische Beratung        Die Belastung durch eine Krebserkran-
der Familien wichtig, da diese Syndrome      kung eines Kinds betrifft auch immer die
als sogenannte Prädispositionssyndrome       gesamte Familie, so dass in der Nachsorge
angesehen werden müssen.                     insbesondere bei kleinen Kindern, wie eben
                                             beim Neuroblastom und Nephroblastom,
Spätfolgen der Behandlung                    die gesamte Familie mit in die Nachsorge
erkennen                                     einbezogen werden muss.
  Bei der Nachsorge geht es allgemein dar-
um, potenzielle Langzeitfolgen der Chemo-
therapie schon früh zu entdecken. Denn die

                                                                                            15
Regelmäßige                                  durchgeführt wurde und welche Befunde
     Kontrolluntersuchungen                       bei den Basisuntersuchungen erhoben wur-
      Die Nachsorge beginnt im Prinzip schon      den, sind darüber hinaus weitere Untersu-
     mit der Therapieabschlussuntersuchung, in    chungen notwendig wie zum Beispiel eine
     der die Patienten oder bei Kindern die An-   Ultraschalluntersuchung, eine Kernspinto-
     gehörigen zugleich über die Bedeutung der    mographie oder Röntgenuntersuchungen.
     Nachsorge informiert werden. Sie erhalten
     dann idealerweise auch bereits die Nach-       In der ersten Zeit nach Abschluss der Krebs-
     sorgebroschüre und einen Nachsorgeplan,      behandlung sind die zeitlichen Abstände
     aus dem sich die jeweiligen Termine der      zwischen den Nachsorgeuntersuchungen
     Nachsorgeuntersuchungen ergeben. Der         vergleichsweise kurz. Kommt es nicht zu
     Nachsorgeplan berücksichtigt dabei auch      Komplikationen oder zum Rezidiv, werden
     die individuelle Risikosituation.            die Zeitintervalle in der Folgezeit länger.
                                                  Es ist deshalb sinnvoll, die ursprüngliche
      Im Mittelpunkt stehen bei der Untersu-      Therapie wie auch die Befunde der Nach-
     chung das Gespräch mit dem Arzt, der nach    sorgeuntersuchungen im Nachsorgeplan zu
     möglichen Symptomen fragt, die körperliche   protokollieren oder durch den Arzt protokol-
     Untersuchung und eine Blutuntersuchung.      lieren zu lassen und diesen Nachsorgeplan
     Je nachdem welche Tumorbehandlung            zu den nachfolgenden Untersuchungen mit-

     Nachsorge im Internet
       Zur Nachsorge bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen nach Krebser-
     krankung gibt es im Internet Informationen unter www.nachsorge-ist-vorsorge.de
     sowie unter www.kinderkrebsinfo.de, einem Informationsportal der Gesellschaft
     für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie. Spezielle Informationen zum Neuroblas-
     tom und Nephroblastom bei Kindern und Jugendlichen und deren Nachsorge gibt es
     unter www.kinderkrebsinfo.de. Umfassende Informationen zu den beiden Krank-
     heitsbildern einschließlich Hinweisen zur Nachsorge finden sich außerdem auf der
     Internetseite der Deutschen Krebsgesellschaft unter www.krebsgesellschaft.de

16
Gibt es
                                              SpätfolgenLATE
                                                         einer
                                                             EFFECTS
                                                        SURVEILLANCE SYSTEM
                                              Chemotherapie?

                                                Bei den Medikamenten, die zur medi-
                                              kamentösen Behandlung einer Krebser-
                                              krankung eingesetzt werden, handelt es
                                              sich um sogenannte Zytostatika. Das sind
                                              Substanzen, die als Zellgift wirken und über
                                              verschiedene Mechanismen die Tumorzel-
                                              len zum Absterben bringen. Leider gelingt
                                              dies noch nicht so gezielt, dass nur die Tu-
                                              morzellen zerstört werden. Die Zytostatika
                                              können auch gesunde Zellen angreifen,
                                              was das Auftreten gesundheitlicher Kom-
                                              plikationen nach sich ziehen kann. Nicht
                                              immer zeigen sich solche Schädigungen
                                              sofort. Oft entwickeln sie sich langsam
                                              und werden erst nach einer gewissen Zeit
zubringen. So kann sich der jeweilige Arzt    auffällig, weshalb man auch von Spätfol-
rasch einen Überblick darüber verschaffen,    gen der Chemotherapie spricht.
wie der Patient behandelt wurde und weiß,
worauf er besonders zu achten hat.              Die verschiedenen Organe des Körpers
                                              sind gegenüber potenziell schädigenden
  Ganz generell ist die konsequente Krebs-    Wirkungen der Chemotherapie unter-
nachsorge bei all jenen Menschen besonders    schiedlich empfindlich. Das Risiko, dass
wichtig, die in ihrer Kindheit, Jugend oder   Spätfolgen auftreten, hängt unter anderem
als junge Erwachsene an einer Tumorer-        auch davon ab, wie die Krebsbehandlung
krankung gelitten haben. Denn bei ihnen       durchgeführt wurde und welche Zytosta-
ist die Wahrscheinlichkeit, dass Spätfolgen   tika dabei eingesetzt wurden.
der Behandlung zum Tragen kommen, we-
gen des frühen Erkrankungsalters und der
noch deutlich längeren Lebenszeit ungleich
höher als bei einem älteren oder alten Men-
schen, der Krebs entwickelt.

                                                                                             17
Gibt es Spätfolgen
     für das Gehör?

       Eine häufige Spätfolge nach der Behand-       Blick in die Forschung
     lung eines Neuroblastoms wie auch eines         Wie häufig sind
     Nephroblastoms sind – je nach Behand-           Hörstörungen?
     lungsplan – Hörstörungen. Denn bei den          Die Auswirkungen von platinhaltigen
     beiden Tumoren kommen Medikamente zum           Medikamenten auf das Hörvermögen
     Einsatz, die dazu führen können, dass die       wurden in verschiedenen Studien
     Haarzellen im Innenohr, also die eigentlichen   untersucht. Auch das LESS-Projekt hat
     Sinneszellen, die das Hören ermöglichen,        eine entsprechende Untersuchung mit 74
     geschädigt werden. Dieses Phänomen wird         Patienten, die an einem Knochentumor
     von den Fachleuten auch als Ototoxizität        erkrankt waren und mit Cisplatin und/
     der Behandlung bezeichnet. Die Betreffen-       oder Carboplatin behandelt wurden,
     den leiden dann an einer Schwerhörigkeit,       durchgeführt. Dabei wies rund jeder
     die vor allem das Hören hoher Töne betrifft     zweite Patient Beeinträchtigungen des
     (Hochtonschwerhörigkeit).                       Hörvermögens auf. Allerdings lagen
                                                     diese zum Großteil in einem tolerierbaren
       Ein erhöhtes Risiko für eine Störung des      Bereich. Eine Versorgung mit einem Hör-
     Gehörs besteht vor allem bei einer Chemo-       gerät war nur in wenigen Fällen nötig.
     therapie mit platinhaltigen Wirkstoffen wie
     Cisplatin oder Carboplatin und bei einer
     hohen Dosierung dieser Zytostatika. Die
     Hörstörung kann durch eine Strahlenbe-
     handlung, die das Innenohr einschließt,           Ein gutes Gehör ist jedoch insbesondere
     zusätzlich verstärkt werden.                    für Kinder wichtig, damit sie sich normal
                                                     entwickeln können und richtig sprechen
       Die Behandlung mit platinhaltigen Medi-       lernen. Hörstörungen müssen deshalb so
     kamenten kann unter Umständen außerdem          früh wie möglich erkannt werden, um die
     zum Auftreten störender Ohrgeräusche            betroffenen Kinder und Jugendlichen gege-
     führen, der Mediziner spricht von einem         benenfalls mit einem Hörgerät versorgen zu
     Tinnitus. Diese gesundheitlich nicht gefähr-    können. Deshalb werden bereits während
     liche, wohl aber als sehr störend empfun-       der Krebsbehandlung Untersuchungen des
     dene Komplikation kann vorübergehend            Gehörs durchgeführt.
     oder anhaltend sein.

18
LATE EFFECTS
                                                                   SURVEILLANCE SYSTEM

                                              Unabhängig davon sollte ein Hörtest un-
Blick in die Forschung                      bedingt Bestandteil der Therapieabschluss-
Das Hörvermögen in                          untersuchung sein. Bei der Erstellung des
der Nachsorge                               sogenannten Audiogramms werden dem
  Ein Expertenteam hat jüngst einheit-      Patienten über einen Kopfhörer einzelne
liche Empfehlungen für die Nachsorge        Töne vorgespielt, die sich in ihrer Frequenz,
in puncto Hörstörungen bei Kindern,         also in der Höhe des Tons, unterscheiden.
Jugendlichen und jungen Erwachsenen,        Dabei wird die Lautstärke des Tons verän-
die in der Kindheit oder Jugend eine        dert und der Patient erklärt jeweils, ob er
Krebsbehandlung erfahren haben, er-         den Ton hört oder nicht. Die Ergebnisse der
arbeitet. Demnach besteht generell ein      Untersuchung werden in einem Diagramm
erhöhtes Risiko für Hörstörungen, wenn      festgehalten.
bei der Chemotherapie mit Cisplatin oder
Carboplatin behandelt wurde oder eine       Vorbeugung von Hörstörungen
Strahlentherapie im Kopfbereich erfolgte.     Besteht aufgrund der Behandlung ein Ri-
  Bereits mit Ende der Behandlung           siko für die Entwicklung einer Hörstörung,
sollte in solchen Fällen das Nachsorge-     ist sowohl während als auch im Anschluss
programm starten. Eine Prüfung des          an die Therapie unbedingt darauf zu ach-
Hörvermögens ist bei Kindern unter          ten, Lärmquellen zu vermeiden. So lässt
sechs Jahren jährlich vorgesehen, bei       sich weiteren Schädigungen vorbeugen.
älteren Kindern alle zwei Jahre und
ab dem 12. Lebensjahr alle fünf Jah-         Denn auch ein hoher Lärmpegel kann
re. Zeigen sich bei den Kontrollunter-      die empfindlichen Haarzellen im Innen-
suchungen Auffälligkeiten, sollten die      ohr schädigen und somit vorübergehend
Betreffenden von einem entsprechend         oder anhaltend zu Schwerhörigkeit führen.
spezialisierten Arzt, einem sogenann-       Vorsicht ist somit geboten beim Hören von
ten Audiologen, weiter untersucht und       sehr lauter Musik zum Beispiel über einen
behandelt werden. Das gilt ebenso für       Kopfhörer oder bei Konzerten sowie beim
Kinder, Jugendliche und junge Erwach-       Besuch von Diskotheken, in denen der
sene, die einen Tinnitus entwickeln.        Geräuschpegel fast immer sehr hoch ist.

                                                                                            19
Gibt es Spätfolgen im Bereich des
     Herzens?

       Die Aufgabe des Herzens besteht vor allem         Ein erhöhtes Risiko für Herz- und Gefäßer-
     darin, kontinuierlich Blut durch das Kreislauf-   krankungen besteht bei einer Chemothera-
     system des Körpers zu pumpen und die Orga-        pie mit sog. Anthrazyklinen und ebenso bei
     ne und Gewebe so mit Sauerstoff und Nähr-         einer Strahlentherapie, die Teile des Herzens
     stoffen zu versorgen sowie Kohlendioxid und       miteinschließt. Das Risiko ist erhöht bei Vor-
     Stoffwechsel-Schlacken abzutransportieren.        liegen eines angeborenen Herzfehlers und es
     Das Herz vollbringt dabei eine nahezu unvor-      steigt, wenn das Kind Übergewicht entwickelt
     stellbare Leistung: Im Durchschnitt schlägt es    oder zusätzliche allgemeine Risikofaktoren für
     60 bis 80 Mal pro Minute und befördert da-        Herz- und Gefäßerkrankungen zum Tragen
     bei vier bis sechs Liter Blut durch die Gefäße.   kommen wie Rauchen, hoher Blutdruck, hohe
     Das sind rund 7.500 Liter pro Tag! Das ist nur    Blutzuckerwerte oder hohe Blutfettwerte.
     möglich dank einer starken Muskulatur in den
     unterschiedlichen Herzbereichen (linker und       Nachsorgeempfehlungen
     rechter Vorhof sowie linke und rechte Haupt-        Störungen der Herzfunktion zeigen sich
     kammer), die sich in regelmäßigen Abständen       manchmal schon während oder kurz nach
     zusammenzieht und erschlafft und dadurch          Ende der Tumortherapie. Meistens entwi-
     das Blut aus den Herzkammern in die Lunge         ckeln sie sich jedoch erst eine gewisse Zeit
     und in den Körper pumpt.                          nach Abschluss der Behandlung. Da sich die
                                                       Veränderungen oft schleichend ergeben, sind
       Medikamente, die bei der Chemothera-            regelmäßige Untersuchungen des Herzens
     pie eingesetzt werden, können das Herz            und seiner Funktion im Rahmen der Nach-
     schädigen. Es kann dadurch zu Erkrankun-          sorge wichtig.
     gen der Herzklappen, des Herzmuskels, der
     Herzkranzgefäße und zu einer Entzündung             Die Experten raten, nach einer Anthrazyklin-
     des Herzbeutels kommen. Charakteristi-            Chemo- und/oder Strahlentherapie einmal
     sche Symptome sind Müdigkeit, Atemnot             jährlich den Blutdruck zu messen, ein EKG
     (insbesondere nach Anstrengungen) und             (Elektrokardiogramm) schreiben zu lassen und
     Wassereinlagerungen im Gewebe (Ödeme).            eine Echokardiographie, also eine Ultraschall-
     Außerdem können Herzrhythmusstörungen             untersuchung des Herzens (oft auch Herzecho
     auftreten, was aber nur sehr selten der Fall      genannt) vornehmen zu lassen. Beide Untersu-
     ist. Wie hoch das Risiko einer Herzschädi-        chungen sind nicht schmerzhaft, belasten den
     gung als Folge der Krebstherapie ist, hängt       Organismus nicht und sind ihrerseits nicht mit
     von verschiedenen Faktoren ab.                    gesundheitlichen Risiken verbunden.

20
LATE EFFECTS
                                                                      SURVEILLANCE SYSTEM

Blick in die Forschung
Wie hoch ist das Risiko für das Herz?
Wird bereits im Kleinkindalter eine Chemotherapie mit bestimmten Zytostatika, den
sogenannten Anthrazyklinen notwendig, so kann das Konsequenzen auf die spätere
Herzgesundheit haben. Es besteht vor allem ein erhöhtes Risiko, dass in späteren
Jahren die Pumpleistung des Herzens nachlässt und sich eine sogenannte Kardiomyo-
pathie entwickelt, eine Therapiefolge, die die Experten als Kardiotoxizität bezeichnen.
Wie hoch dieses Risiko ist, hängt von der Dosis des verabreichten Zytostatikums, vom
Alter des Kindes bei der Behandlung und von der Dauer der Zeit nach Abschluss der
Therapie ab.

Vor dem Hintergrund des erhöhten Risikos für eine Herzschädigung wurden die inter-
nationalen Nachsorgeempfehlungen systematisch überarbeitet und festgelegt. Dabei
wurde betont, dass auch in der Langzeitnachsorge routinemäßige Untersuchungen der
Herzgesundheit wichtig sind und das ganz besonders, wenn bei der Krebsbehandlung
Anthrazykline verabreicht wurden. Die Nachsorge sollte dann unbedingt von einem
Facharzt, also einem Kardiologen, erfolgen.

Derzeit wird hinsichtlich der Kardiotoxizität eine spezielle Studie für ehemalige Patien-
ten mit einem Neuroblastom oder Nephroblastom in Zusammenarbeit des Nachsorge-
netzwerks LESS, dem Kompetenznetz Angeborene Herzfehler, den Kinderkardiologen
und der Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie (GPOH) durchge-
führt. Untersucht wird darin, wie hoch das Risiko für eine verminderte Pumpleistung
des Herzens nach einer Anthrazyklinbehandlung ist.

Ein weiteres Ziel der Studie ist der Aufbau einer möglichst optimalen Struktur zur
Versorgung der mit Anthrazyklinen behandelten Kinder, Jugendlichen und jungen
Erwachsenen und deren Anbindung an die Kinderkardiologen und Kardiologen des
Kompetenznetzes Angeborene Herzfehler. Dadurch soll die Erfassung und die eventuell
erforderliche Therapie von kardiologischen Spätfolgen bei Kindern und Jugendlichen
nach einer Nephroblastom- oder Neuroblastombehandlung zuverlässig gewährleistet
werden.

                                                                                            21
Gibt es Spätfolgen
                                                    im Bereich der
                                                    Gefäße und des
                                                    Stoffwechsels?

       Sind die Befunde der Untersuchungen           Neben direkten Schädigungen am Herzen
     über zehn Jahre lang unauffällig, so reicht    drohen Veränderungen am Gefäßsystem,
     in der Folgezeit eine Routineuntersuchung      wobei Arterien wie auch Venen betroffen
     alle zwei bis fünf Jahre. Zeigen sich jedoch   sein können. Sie können sich negativ auf
     Auffälligkeiten, so sollte je nach Schwere-    verschiedene Organe auswirken, darunter
     grad zum Beispiel der jährliche Rhythmus       das Herz, die Nieren und das Gehirn. Kommt
     der Kontrolluntersuchungen beibehalten         es zusätzlich zu Störungen des Stoffwech-
     oder sogar verkürzt werden. Eventuell soll-    sels, wird das Auftreten entsprechender
     ten Maßnahmen ergriffen werden, die die        Erkrankungen begünstigt. Damit steigt das
     Funktion des Herzens verbessern.               Risiko für Komplikationen wie zum Beispiel
                                                    Beinvenenthrombose, Lungenembolie sowie
       Vor einer geplanten oder im ersten Drittel   Herzinfarkt und Schlaganfall.
     einer Schwangerschaft sollte ebenfalls die
     Herzfunktion überprüft werden, da anfangs        Nach einer Chemotherapie oder Strah-
     bestehende geringe Einschränkungen der         lentherapie besteht dadurch ein zwei- bis
     Herzfunktion während der Schwangerschaft       dreifach erhöhtes Risiko für das Auftreten
     zunehmen können.                               eines Herzinfarkts oder Schlaganfalls. Be-
                                                    sonders gefährdet sind Patienten, die eine
                                                    Chemo- und insbesondere eine Strahlen-
                                                    therapie erhalten haben.

                                                     Zusätzlich zur direkten Schädigung der
                                                    Gefäße kann es zum Auftreten von Stoff-
                                                    wechselstörungen im Sinne eines „Me-
                                                    tabolischen Syndroms“ (Übergewicht,
                                                    Fettstoffwechselstörung, Bluthochdruck,
                                                    gestörte Glukosetoleranz oder Diabetes)
                                                    kommen, insbesondere dann, wenn die
                                                    Bauchspeicheldrüse im Strahlenfeld lag.

                                                     Das Risiko für solche Stoffwechselerkran-
                                                    kungen steigt ganz unabhängig von einer
                                                    Krebstherapie mit zunehmendem Lebens-

22
Gibt es Spätfolgen
                                                an der Lunge?
                                                           LATE EFFECTS
                                                                     SURVEILLANCE SYSTEM

alter. Bekannte Risikofaktoren sind ganz          Auch im Bereich der Lunge sind Spätfol-
generell und unabhängig von der Krebs-          gen der Krebstherapie möglich, wobei das
erkrankung unter anderem Übergewicht,           Risiko vor allem erhöht ist, wenn mit den
Rauchen, hoher Blutdruck und Diabetes.          Zytostatika Busulfan oder Bleomycin oder
                                                mit einer Strahlentherapie im Lungenbe-
Vorbeugung von Herz- und                        reich behandelt wurde.
Gefäßerkrankungen
  Patienten, die aufgrund ihrer Behandlung       Es kann durch die Therapie zu Entzün-
ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer   dungen und zu Umbauprozessen im Lun-
Herz-Kreislauf-Erkrankung haben, sollten        gengewebe und zur Entwicklung einer
daher unbedingt darauf achten, dass sie         sogenannten Lungenfibrose kommen.
weitere Risikofaktoren für die Herz- und        Bemerkbar machen können sich die Schä-
Gefäßgesundheit vermeiden. Dazu zählen          digungen durch Husten und Atemnot bei
zum Beispiel Rauchen, Übergewicht und           Belastungen oder sogar in Ruhe und durch
Bewegungsmangel, erhöhte Blutfett- und
Blutzucker- sowie Blutdruckwerte.

  Ratsam sind eine gesunde Ernährung und
regelmäßige sportliche Betätigung. Wer
Leistungssport betreiben möchte, sollte
vorab unbedingt einen Arzt konsultieren.

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Gibt es Spätfolgen
                                                    an den Nieren?

     eine Beeinträchtigung der körperlichen Leis-     Der Mensch besitzt im Normalfall zwei
     tungsfähigkeit. Außerdem können häufiger       Nieren, die links und rechts der Wirbel-
     Infektionen der Atemwege oder auch eine        säule im hinteren Bauchraum liegen. Zu
     Lungenentzündung auftreten.                    den Hauptaufgaben der Nieren gehört es,
       Das Risiko für eine Lungenschädigung         das Blut zu filtern und dabei den Wasser-,
     durch die Chemotherapie erhöht sich im         Säure-Basen- und Mineralstoffhaushalt
     späteren Leben                                 des Körpers zu kontrollieren und Abfall-
     • bei Rauchern oder ehemaligen Rauchern,       produkte des Stoffwechsels mit dem Urin
     • bei Menschen mit einer begleitenden          zur Ausscheidung zu bringen. Dazu besitzt
       Nieren- oder Herzerkrankung sowie            jede Niere etwa eine Million Nephrone,
     • bei einer vorbestehenden Lungener-           die jeweils aus einem Filterelement, dem
       krankung.                                    sogenannten Glomerulus, und einem sich
                                                    daran anschließenden Kanalsystem, dem
       Unter der Tumorbehandlung auftretende        Tubulus, bestehen.
     Probleme bilden sich meist im weiteren Ver-
     lauf zurück. Allerdings zeigen etwa zehn         Die Nieren bilden bei Erwachsenen täg-
     Prozent der ehemaligen Patienten auch          lich etwa 180 Liter Primärharn. Nur etwa
     Jahre und Jahrzehnte nach Therapieende         ein Prozent davon (1,5 Liter) gelangt als
     noch Einschränkungen ihrer Lungenfunktion.     Sekundärharn in die Harnblase und wird
       Dies unterstreicht die Bedeutung der         als Urin ausgeschieden.
     regelmäßigen Nachsorgeuntersuchungen
     und einer gesunden Lebensführung, wobei          Infolge der Chemotherapie können die
     der Verzicht auf das Rauchen verständ-         Nephrone geschädigt werden. Das Filter-
     licherweise an oberster Stelle steht. Bei      system der Niere kann dadurch so gestört
     Beschwerden wie Luftnot bei Belastungen        sein, dass Stoffe, die eigentlich im Körper
     sollte neben einer Untersuchung des Herzens    noch gebraucht werden, mit dem Urin
     eine sogenannte Lungenfunktionsprüfung         ausgeschieden werden, während ande-
     vorgenommen werden.                            rerseits Substanzen, die zur Ausscheidung
                                                    gelangen sollten (wie Abfallprodukte und
       Auch sollte bei einer anstehenden Ope-       Giftstoffe), im Körper bleiben und dort
     ration mit Vollnarkose und Beatmung die        Schaden anrichten. Die Störungen können
     durchgeführte Therapie mit dem behan-          zum Beispiel zur Folge haben, dass zu viele
     delnden Narkosearzt besprochen werden.         Mineralstoffe, die eigentlich noch im Körper

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LATE EFFECTS
                                                                       SURVEILLANCE SYSTEM

benötigt werden, ausgeschieden werden           der ableitenden Harnwege und der Blase
oder dass Eiweißstoffe (Proteine), die bei      können auftreten. Der Nachweis von Blut
der Filtration zurückgehalten werden soll-      im Urin wäre hierbei ein Hinweis.
ten, ungehindert passieren und mit dem
Urin ausgeschieden werden (Proteinurie).          Eine besondere Situation besteht beim
Es kann ebenso sein, dass Blutzellen, die       Nephroblastom, da die meisten Kinder
eigentlich ebenfalls zurückgehalten wer-        bei der operativen Entfernung des Tumors
den sollten, zur Ausscheidung kommen            auch eine Niere verlieren. Umso wichtiger
(Hämaturie) oder dass andererseits zu           ist es, die Funktion der verbleibenden Niere
viel Flüssigkeit zurückgehalten und in das      regelmäßig zu überwachen.
Gewebe eingelagert wird (Ödembildung).
                                                Nachsorgeempfehlungen
 Ein erhöhtes Risiko für eine Nierenschä-         Um eine Nierenschädigung rechtzeitig
digung besteht                                  zu erkennen, empfehlen die Experten
• dosisabhängig bei einer Chemotherapie         eine regelmäßige Kontrolle der Nieren-
  zum Beispiel mit Cisplatin oder Carboplatin   funktion. Dazu soll in den Jahren nach Be-
  sowie Ifosfamid oder Cyclophosphamid,         handlungsende oder bei Beschwerden wie
• bei einer Strahlentherapie im Bereich         Wassereinlagerung oder Muskelkrämpfen
  der Nieren,                                   mindestens einmal jährlich eine Blut- und
• wenn bereits vor der Therapie Nierenfunk-     Urinuntersuchung erfolgen.
  tionsstörungen bestanden haben oder
• wenn im Rahmen der Tumorbehandlung             Die Termine der Kontrolluntersuchungen
  eine Niere operativ entfernt werden muss.     sollten unbedingt eingehalten werden, auch
                                                wenn keine körperlichen Anzeichen einer
  Kommt es zur Nierenschädigung, so kann        Nierenschädigung vorliegen. Denn eine
dies weitreichende Konsequenzen für die         Nierenschädigung kann lange Zeit unbe-
Gesundheit haben. So kann eine schwere          merkt bleiben, da die enorm große Zahl an
Nierenschädigung direkt zur Erhöhung            Nephronen Schädigungen über einen lan-
des Blutdrucks (Hypertonie), zu Blutarmut       gen Zeitraum hinweg „vertuschen“ kann.
(Anämie) und auch zu einem Vitamin D-
Mangel führen, der wiederum den Knochen-
stoffwechsel und das Knochenwachstum
beeinträchtigen kann. Auch Schädigungen

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Gibt es Spätfolgen für die Nerven?

       Die bei der Chemotherapie eingesetzten     Vor allem das Zytostatikum Vincristin,
     Zytostatika können – meistens vorüberge-   aber auch Carboplatin und Cisplatin können
     hend –auch Nervenzellen schädigen. Diese   Empfindungsstörungen, die sogenannten
     Nebenwirkung bezeichnen die Mediziner      Sensibilitätsstörungen auslösen und zu
     als Neurotoxizität. Wie hoch das Risiko    Parästhesien führen, also zu Missemp-
     für Nervenschädigungen ist, hängt von      findungen wie Kribbeln, Prickeln, Jucken,
     den eingesetzten Zytostatika und deren     Kälte- oder Wärmeempfindungen oder dem
     Dosierung ab.                              Gefühl, als würden Ameisen über die Haut
                                                laufen. Solche Beschwerden bilden sich in
                                                aller Regel nach der Behandlung zurück,
                                                was allerdings Monate und in Einzelfällen
                                                Jahre dauern kann.

                                                 Infolge der Schädigungen von Nerven,
                                                eventuell gepaart mit Veränderungen im
                                                Bereich der Gefäße kann es auch zur Ausbil-
                                                dung eines sogenannten Raynaud-Syndroms
                                                als Folge der Chemotherapie kommen.
                                                Dabei ziehen sich – meist ausgelöst durch
                                                Kälte – die Blutgefäße in Fingerspitzen oder
                                                Zehen zusammen. Die betreffenden Finger
                                                oder Zehen erblassen von der Spitze her
                                                und sehen regelrecht weißgefärbt aus. Die
                                                Veränderungen bilden sich meist innerhalb
                                                kurzer Zeit spontan zurück, was jedoch
                                                mit Schmerzen verbunden sein kann. Das
                                                Phänomen kann immer wieder auftreten.

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Gibt es Spätfolgen der Strahlentherapie?
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                                                                     SURVEILLANCE SYSTEM

  Die Strahlentherapie hat bei Krebserkran-    Therapie notwendig war, steigt das Risiko
kungen wie auch die Chemotherapie das          stärker. Dies gilt zum Beispiel für Gefäß-
Ziel, Krebszellen zu eliminieren. Dabei kann   und Herzerkrankungen, Einschränkungen
es geschehen, dass auch gesunde Zellen         der Nierenfunktion oder das Auftreten ei-
Schaden nehmen und das tumorumgebende          nes zweiten bösartigen Tumors.
Gewebe in Mitleidenschaft gezogen wird,
was langfristige Folgen für die betreffenden    Die Strahlentherapie kann außerdem
Organe haben kann.                             Konsequenzen hinsichtlich der Fruchtbar-
                                               keit haben (siehe: Gibt es Spätfolgen für
 Auf der einen Seite kann es zu einer Ein-     die Fruchtbarkeit?).
schränkung der Organfunktion kommen,
auf der anderen Seite ist es möglich, dass
vor allem im Bereich des bestrahlten Ge-
webes nach Jahren ein zweiter bösartiger
Tumor entsteht. Erhöht ist insbesondere das
Risiko für die Entwicklung von Hautkrebs,
Schilddrüsenkrebs, Brustkrebs, Lungenkrebs
und Darmkrebs.

  Mit welchen Konsequenzen zu rechnen
ist, hängt im Wesentlichen davon ab, in
welche Körperregion sich die Erkrankung
ausgebreitet hat und welche Organe in
der Nachbarschaft von der Bestrahlung
betroffen sind. Erfolgt die Bestrahlung zum
Beispiel in der Lungenregion, kann damit
auch das Herz geschädigt werden und es
kann zu einer sogenannten Kardiomyopa-
thie kommen (siehe: Gibt es Spätfolgen im
Bereich des Herzens?).

  Wenn eine Kombination aus Strahlenthe-
rapie und Chemotherapie im Rahmen der

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