Nationalismus ist der falsche Weg - Pastoral de Movilidad ...
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Überall auf der Welt setzen Menschen ein Zeichen für Migrant*innen und Geflüchtete, die in der Pandemie mehr denn je ignoriert und vergessen werden. Das Motto der solidarischen Aktionen: #LeaveNoOneBehind (Lass niemanden zurück) Nationalismus ist der falsche Weg Ein Rückblick auf die Anfänge der Corona-Pandemie zeigt, wie unterschiedlich Politik und Individuen reagiert haben. Für die Neugestaltung der Welt nach Corona lässt sich d araus eine klare Empfehlung für internationale Solidarität ableiten. TEXT: ISABELL ULLRICH (CIR) W ir leben in einer globalisierten Welt. Zumindest, was unsere Wirtschaft be- trifft. Das zeigt sich beim Spaziergang durch unwägbaren Situation nach einer Möglich- keit, die Komplexität der Lage zu reduzieren, und zogen sich ins Lokale oder Nationale zu- den Supermarkt – das einzige, was uns in der rück: Innerhalb der EU wurden ohne jegliche Corona-Krise zeitweise noch geblieben ist – Rücksprachen mit Brüssel von einem Tag auf vorbei an Orangensaft aus Brasilien, Baby- den anderen die Grenzen dicht gemacht. stramplern aus Bangladesch und Schäl Während jedes deutsche Bundesland seine tomaten aus China. Wie globalisiert unsere individuellen Notstandsverordnungen erar- Lieferketten sind, wurde in dieser Krise beson- beitet, bleibt international maximal noch Zeit ders deutlich, als viele davon zusammen für Symbolpolitik: Im April rang sich die Bun- brachen. Und sie waren, etwa durch die vielen desregierung nach wochenlangem Nichtstun Geschäftsreisenden aus und nach China, dazu durch, von den 24.000 Geflüchteten im auch ein Grund dafür, dass sich Corona inner- Lager Moria auf Lesbos ganze 58 unbeglei halb weniger Wochen zu einer weltweiten tete Minderjährige aufzunehmen. Pandemie entwickelte. Der Gipfel des Angst ist eine nationalen Egozentrismus schlechte Beraterin Wie schädlich nationaler Egozentrismus ist, Doch globale Strukturen, die eine weltweite zeigt sich am deutlichsten mit Blick auf Pandemie in Folge weltweiten Wirtschaftens US-Präsident Trump. Er kürzte auf der Suche effektiv einfangen könnten, gibt es noch nach einem Sündenbock für sein sprung- nicht. Das offenbart die Reaktion der Politik. haftes Krisen-Missmanagement nicht nur die Die Regierungen suchten in dieser neuen, Gelder der Weltgesundheitsorganisation, 4 presente 2/2020
Thema Zeit für Zusammenhalt sondern nutzt Corona als Vorwand, die Mi matgemeinden mit Panik und Angst vor einer PASTORAL MOVILIDAD HUMANA GUATEMALA; PEG HUNTER, FLICKR.COM UNTER CC BY-NC 2.0, CREATIVECOMMONS.ORG/LICENSES/ gration aus dem Süden komplett zu stoppen. Infektion durch das Coronavirus empfangen. Er schickte tausende Migrant*innen und Ge- Das ist ein unglaubliches Zeichen fehlender flüchtete, darunter auch infizierte Menschen, Solidarität und meiner Meinung nach feh- zurück nach Mittelamerika. In El Salvador, lender Menschlichkeit.“ BY-NC/2.0/; RASANDE TYSKAR, FLICKR.COM UNTER CC BY-NC 2.0, CREATIVECOMMONS.ORG/LICENSES/BY-NC/2.0/ Honduras und Guatemala erwartet die Zu- Was uns stattdessen hilft FOTOS: ALISDARE HICKSON, FLICKR.COM UNTER CC BY-SA 2.0 CREATIVECOMMONS.ORG/LICENSES/BY-SA/2.0/; rückkehrenden nun neben Perspektivlosigkeit und hohen Gewalt- und Kriminalitätsraten Wenn wir einen Schritt zurücktreten, wird auch noch ein Gesundheitssystem, in dem offensichtlich, dass nationale Alleingänge „die Krankenhäuser jetzt schon kollabieren, nicht der richtige Weg sind. Die Zeit ist reif für obwohl wir noch weit vom Scheitelpunkt der internationale Solidarität: Wir kämpfen alle Krise entfernt sind“, wie Padre Juan Luis mit demselben Problem und es liegt in der Carbajal Tejeda von der Migrationspastoral Natur von uns Menschen, uns auch über un Pastoral de Movilidad Humana in Guatemala überbrückbar geglaubte Konflikte hinweg berichtet. Werden die Deportierten aus den zusammenzutun, wenn uns etwas „von überfüllten und hygienisch u nzureichenden außen“ bedroht. Dieser Effekt zeigt sich gera- Quarantänezentren entlassen und in ihre de auf individueller Ebene überall auf der Heimatorte zurückgeschickt, droht ihnen Welt: Tausende nehmen an den virtuellen und Stigmatisierung und Ausgrenzung, denn Straßenaktionen der Bewegung Seebrücke schließlich kommen sie aus dem Land mit der teil und setzen ein Zeichen für die Auf- weltweit höchsten Corona- Infektionsrate*, nahme von Geflüchteten unter dem Motto den USA. In einer Videopressekonferenz am „#LeaveNoOneBehind“ (Lass niemanden 18. April rief Bischof Álvaro R amazzini, ver- zurück). Aufrufe, Nachbarschaftshilfe für antwortlich für die Migrationspastoral, die Menschen aus Risikogruppen zu leisten, in Guatemal tek*in nen zu Solidarität mit den einem sogenannten „Hackathon“ Apps und Zurückkehrenden auf: „Es ist Softwarelösungen zum Um- traurig, dass wir unsere Mit- gang mit der Krise zu entwi- bürger, die in den USA arbei- ckeln oder im Gesund - ten, loben und ihnen danken, heitssystem auszuhelfen, wenn sie Geldüberweisungen finden viel mehr Gehör als es in die Heimat tätigen, aber Nachfrage gibt. Menschen jetzt, da sie deportiert wer- spenden für die Kunst- und den, werden sie in ihren Hei- Kulturszene. Künstler*innen > * Stand Ende Mai 2020 presente 2/2020 5
Thema Zeit für Zusammenhalt gieren. Estela Ramírez, von der Gewerkschaft SITRASACOSI aus El Salvador, formuliert treffend: „Die Regierung in unserem Land will kein vereintes Volk. Doch die Organisierung und der Zusammenhalt ist auf allen Ebenen Die honduranische zu spüren – in Gemeinden, in Gewerkschaf- Sängerin und Aktivistin Karla Lara fordert die ten, unter Jugendlichen, und auch internatio- Menschen in ihrer nal. Das gilt es, auch nach der Krise beizu Musik dazu auf, jetzt behalten.“ zusammenzustehen. Die Politik hat bewiesen, dass sie ange- sichts der Ausnahmesituation schnell und danken es mit digitalen Konzerten und umfassend handeln kann. Wenn sie dabei die Lesungen. Die honduranische Sängerin und solidarische Leistungs- und Leidensbereit- Aktivistin Karla Lara zum Beispiel veröffent schaft der Gesellschaft anerkennt und sich lichte unter dem Hashtag #Solidavirus einen zum Vorbild macht, könnte sie endlich – glo- musikalischen Gruß. Ihren ebenso sanften bal – Menschen vor Profit stellen: Wirt- wie ermutigenden Beitrag beendet sie mit schaftshilfen müssen mit der Forderung nach folgendem Plädoyer für Solidarität: „Wenn sozialen und ökologischen Sorgfaltspflichten wir uns als Teile einer Gemeinschaft begreifen entlang der gesamten Lieferkette verknüpft in dieser schweren Zeit, ist unsere Kraft so viel sein. Und es gilt, den Blick zu weiten und auch größer als das Virus.“ Diese Akte der Solidari- international Nothilfe zu leisten, sei es über tät geben uns Mut und Lebensfreude zurück die Weltgesundheitsorganisation oder direkt und tragen uns so durch diese schwere Zeit; an Länder des globalen Südens. Das Virus nicht das ängstliche Verkriechen hinter Gren- lässt sich schließlich auch nicht von Grenzen zen, das viele nationale Regierungen propa- aufhalten. Besonders hart getroffen: Ausgewiesene Migrant*innen FOTOS: KARLA LARA; PASTORAL DE MOVILIDAD HUMANA D ie Pastoral de Movilidad Humana in Guatemala unterstützt die Menschen, die während der Pandemie aus den USA de- portiert werden, ganz praktisch mit Lebensmittelpaketen, aber auch durch psychologische Betreuung, Rechtsbeistand und In- formations- und Präventionskampagnen. Pater Juan Luis Carba- jal Tejeda schreibt uns: „Eine Form der so wichtigen Solidarität aus dem Ausland besteht darin, diese humanitäre Hilfe und das Bewusstsein für Migrant*innen und Geflüchtete zu stärken. Die Unterstützung der CIR spielt für uns eine große Rolle.“ Unterstützen auch Sie die Arbeit der Pastoral und damit Wie wir unsere Partnerorgani- die Migrant*innen und Geflüchteten mit Ihrer Spende. sationen in Corona-Zeiten sonst noch unterstützen, lesen Stichwort «MIGRATION IN MITTELAMERIKA» Sie auf Seite 15. 6 presente 2/2020
Sie können auch lesen