NATURSCHUTZPROJEKTE AUF DER KOREANISCHEN HALBINSEL
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IM FOKUS /// Neuer „Sonnenschein“? NATURSCHUTZPROJEKTE AUF DER KOREANISCHEN HALBINSEL BERNHARD SELIGER /// Naturschutzprojekte der Hanns-Seidel-Stiftung in Korea? Wer an Südkorea denkt, denkt wohl hauptsächlich an moderne Handys und Autos. Und bei Nordkorea? An Armut und Atombomben. Kaum einer würde bei Korea zuerst an Naturschutz denken. Und dennoch haben sich hier Möglichkeiten ergeben, die auch helfen können, das geteilte Land einmal wieder auszusöhnen. Die koreanische Halbinsel: Dreieck von politischem Regime der politischer, wirtschaftlicher und Kim-Dynastie, nuklearer Bewaffnung ökologischer Hotspot und Armut. Solche Stereotypen sind Woran denkt man zuerst, wenn man an nicht falsch. Es hat ja einen Grund, wa- Korea denkt? Bei Südkorea wohl an mo- rum sie existieren. Und die Gegenüber- derne Technologie, Autos, Halbleiter, stellung von modernem Technologie Handys, aber auch zunehmend an Mu- standort und aus der Zeit gefallener so- sik wie „K-Pop“ und Gangnam Style zialistischer Herrschaft ist für uns Deut- oder Filme, z. B. „Parasite“. Bei Nordko- sche natürlich auch deshalb so beein- rea hingegen denkt man an das traurige druckend, weil wir uns selbst noch gut 16 POLITISCHE STUDIEN // 499/2021
Quelle: Bernhard Seliger Mandschurenkraniche an der innerkoreanischen Grenze zu Nordkorea bei Cheolwon. Die Vögel gelten in Ostasien seit alters her als Symbol für Glück und ein langes Leben. an die Zeit der Teilung des eigenen Lan- des erinnern. Aber in Korea ist alles viel schlimmer, als es im geteilten Deutsch- Die koreanische Halbinsel wurde land war. Seit 76 Jahren sind alle Post- vor 76 Jahren in einen Nord- und und Telefonverbindungen mit ganz we- Südteil GETRENNT. nigen Ausnahmen gekappt, auch private Reisen nach Nordkorea sind unmöglich. Nur noch die ältesten Südkoreaner ha- ben Verwandte im Norden und die aller- meisten von diesen werden wohl ster- ben, ohne sie je wieder gesehen zu ha- Nord- und Südkorea angrenzen, wird ben. jährlich von Millionen Zugvögeln ge- Und doch gibt es Vieles auf der kore- nutzt, die entweder vom Norden (Alas- anischen Halbinsel zu entdecken. Zum ka, russischer Ferner Osten und Nord- Beispiel ist sie ein Hotspot der Biodiver- china) nach Süden reisen – die weitesten sität, der für die ganze asiatisch-pazifi- bis nach Australien und Neuseeland – sche Region eine wichtige Rolle spielt. oder aber umgekehrt. Zweimal im Jahr Das Gelbe Meer, an dem China sowie kommt es so zu einem gewaltigen Zug, 499/2021 // POLITISCHE STUDIEN 17
IM FOKUS der durch den Flaschenhals des Gelben nicht zuletzt aufgrund der Isolierung, Meeres muss. Viele Vögel fliegen auch die durch Nordkoreas Atomprogramm nur einen Teil der Strecke, etwa Schwal- entstanden ist. ben, die aus dem Süden im Sommer nach Korea fliegen, oder Enten, Gänse Die Arbeit der Hanns-Seidel- und Adler, die in Korea überwintern. Stiftung in Südkorea und an der Südkorea und der chinesische Osten innerkoreanischen Grenze haben sich in den vergangenen Jahr- Die Hanns-Seidel-Stiftung ist seit 1987 zehnten wirtschaftlich rapide entwi- in Südkorea tätig. Zunächst stand dort ckelt. Dabei wurde leider die Umwelt die ländliche Entwicklung auf dem Weg stark in Mitleidenschaft gezogen. In Südkoreas zu einem modernen Indus Südkorea etwa sind mehr als 75 % der triestaat im Vordergrund, später, nach Wattflächen, die für Zugvögel wichtige Wiedereinführung der kommunalen Rastplätze sind, durch Eindeichungen Selbstverwaltung 1993, auch Ausbil- verschwunden – der Landhunger in den dungsprojekte dafür. In dieser Zeit hatte dicht besiedelten Regionen am Gelben sich Südkorea allerdings durch rasches Meer war enorm. Erst in den letzten Jah- Wirtschaftswachstum schon in die Rei- ren haben Südkorea und China diese Art he der wohlhabenden Industriestaaten der Neugewinnung von Land komplett der OECD vorgearbeitet, trotz Rück- eingestellt. Vor wenigen Wochen erst schlägen wie der Asienkrise 1997-1998. wurden die ersten Wattflächen aus Chi- Gleichzeitig hatte die friedliche na und Südkorea von der UNESCO in deutsche Wiedervereinigung dazu ge- die World Heritage List aufgenommen. führt, dass das Interesse an Deutsch- Nordkorea ist zwar noch dabei, für land sprunghaft angestiegen war, umso seine ineffizient betriebene kollektive mehr, da Nordkorea in einer schweren Landwirtschaft Land zu gewinnen, we- Wirtschaftskrise war und gleichzeitig gen des Fehlens von Maschinen ging das begann, Atomwaffen zu entwickeln. In aber viel langsamer vonstatten als im Sü- dieser Situation fokussierte sich die Ar- den des Landes, und so hat Nordkorea beit der Hanns-Seidel-Stiftung, die ja jetzt im Gelben Meer für viele Arten aus Mitteln des Bundesministeriums für noch überlebenswichtige Wattflächen. wirtschaftliche Zusammenarbeit finan- Gleichzeitig kämpft Nordkorea noch ziert wird, auf die Frage der friedlichen mit anderen Problemen. Während in Entwicklung auf der koreanischen Anlehnung an die Sowjetunion schon Halbinsel. In Südkorea geschah dies früh eine eigene Verwaltung aufgebaut durch vielfältige Beratungs- und Ausbil- wurde, die u. a. auch eine Naturschutz- dungsprojekte zur Wiedervereinigung. verwaltung aufwies, führte die schwere Wirtschaftskrise seit Anfang der 1990er-Jahre dazu, dass alles dem Über- leben des Regimes untergeordnet wur- de. In dieser Zeit verlor Nordkorea, das Die Hanns-Seidel-Stiftung ist seit zu 80 % bewaldet war, fast die Hälfte 1987 in Südkorea tätig. seiner Wälder. Besonders seit 2012 wird versucht, das Land wieder aufzuforsten. Es gibt aber immer wieder Rückschläge, 18 POLITISCHE STUDIEN // 499/2021
Ein spezieller Fokus richtete sich da- In Zusammenarbeit mit dem Land- bei auf die innerkoreanische Grenzregi- kreis Goseong sowie mit der Gangwon- on. Erstens hatte sich in und entlang Provinz führt die HSS seit 2005 Projekte der Demilitarisierten Zone (DMZ) ein zur nachhaltigen Entwicklung der einzigartiger Lebensraum entwickelt, Grenzregion durch. Die deutschen Er- da menschliche Eingriffe durch die mi- fahrungen beim Natur- und Umwelt- litärische Lage weitgehend unmöglich schutz, bei der Raumplanung, der Tou- sind. Es war ein Rückzugsraum für be- rismusentwicklung im ehemaligen drohte Tiere und Pflanzen entstanden, Grenzgebiet und bei der Wirtschafts- z. B. für die mandschurischen Krani- che, die Symbolvögel Koreas. Zweitens stellte die wirtschaftliche Entwicklung der Region ein großes Problem dar, da dort kaum Arbeitsplätze vorhanden wa- Deutschland UNTERSTÜTZT Korea mit ren. Drittens waren die Transportver- Wissen und seinen Erfahrungen. bindungen von Süden nach Norden eine wichtige Frage, die im Auf und Ab der innerkoreanischen Beziehungen bis heute ungelöst ist. U. a. gab es in der Zeit der „Sonnenscheinpolitik“ (1998- 2007) eine gemeinsame Wirtschaftszo- entwicklung waren Thema von Exper- ne in Gaesong in Nordkorea und ein tenbesuchen, Workshops und Studien- Sondertourismusgebiet im Geumgangs- reisen. Diese führten auch dazu, dass an-Gebirge. Viertens richtete sich das eine Reihe bilateraler Städte- und Kom- Augenmerk auf die Situation nach einer munalpartnerschaften begründet wur- Öffnung Nordkoreas, die einerseits eine den, so z. B. zwischen dem Landkreis rasche Entwicklung mit Zerstörung der Bayreuth und dem Landkreis Goseong, Lebensräume der DMZ mit sich brin- dem Regierungsbezirk Oberfranken gen könnte, andererseits aber durch die und der Gangwon-Provinz, zwischen dann einsetzende Konkurrenz aus dem dem Landkreis Hof und dem Landkreis Norden auch Abwanderung und Ar- Yeoncheon sowie zwischen dem Land- beitslosigkeit. kreis Bad Hersfeld-Rotenburg und dem Die Parallelen zur Situation in Landkreis Cheolwon. Deutschland sind unübersehbar. Die Ab 2009 begann eine Kooperation Erfahrungen Deutschlands vor der mit Birds Korea, einer NGO aus Busan, deutschen Einheit mit den Zonenrand- die sich speziell auf Zugvögel und ihre förderungsprogrammen und nach der Habitate in Korea konzentriert. Dar- deutschen Einheit mit Umweltschutz- aus sind zunächst in Südkorea und verträgen wie dem „Grünen Band“ an später auch in Nordkorea zahlreiche der bayerisch-thüringischen und baye- Projekte entstanden, die von Surveys risch-sächsischen Grenze sowie mit den bis hin zu konkreten Naturschutzpro- Förderprogrammen für die Wirtschaft jekten reichten. Besonderer Fokus die- sind zahlreich. Der Wissenstransfer aus ser Projekte war die weit vorgelagerte Deutschland hat sich hier als besonders Insel Baegnyeongdo im Gelben Meer, fruchtbar erwiesen. die einer der wichtigsten regelmäßigen 499/2021 // POLITISCHE STUDIEN 19
IM FOKUS Rastplätze vor allem für kleinere Zug- waren informell entstandene Märkte vögel ist. immer wichtiger geworden und Nord- 2015 führte die HSS mit UN-E SCAP korea versuchte es mit zaghaften ersten einen Survey des Grenzgebiets durch Wirtschaftsreformen. und seit 2018 organisiert die Hanns- Von 2006 bis 2009 führte die Seidel-Stiftung zusammen mit der Stadt Hanns-Seidel-Stiftung ein von der EU Gimpo am Gelben Meer regelmäßig unterstütztes Projekt zur Handelsre- Untersuchungen im innerkoreanischen form in Nordkorea durch. Die Refor- Grenzgebiet. Vorerst war diese Arbeit men waren allerdings nicht konsistent, aber auf Südkorea beschränkt, denn ge- und gleichzeitig hatte der immer ag- rade im Grenzgebiet ist Nordkorea vom gressivere Ausbau der Raketen- und Süden aus undurchdringbar. Atombewaffnung zur Folge, dass eine wirtschaftliche Kooperation nicht mehr Von nachhaltiger Forstwirtschaft möglich war. zum Naturschutz – die Arbeit der Ab 2008 begann die Hanns-Seidel- Hanns-Seidel-Stiftung in Nordkorea Stiftung deshalb eine Zusammenarbeit Nach der Aufnahme diplomatischer Be- im Bereich der nachhaltigen Forstwirt- ziehungen 2001 konnten die ersten Kon- schaft und erneuerbaren Energien. Bei takte, die es zwischen Nordkorea und Letzterem ging es um Projekte zum der Hanns-Seidel-Stiftung bereits in den „Clean Development Mechanism“ des 1990er-Jahren gab, ab 2003 ausgebaut United Nations Framework Convention werden, als das damalige formale Staats- on Climate Change (UNFCCC). Im Be- oberhaupt, Kim Yong-Nam, Leiter des reich der nachhaltigen Forstwirtschaft Präsidiums der Obersten Volksver- wurden mit Hilfe deutscher und inter- nationaler Experten Förster ausgebildet, die später die stark zerstörten Wälder Nordkoreas wieder aufforsten sollten. Im Zuge der Hungersnot und der Ab 2003 konnten die Kontakte Wirtschaftskrise der 1990er-Jahre hatte der HSS zu Nordkorea zu Nordkorea die Abholzung weiter Teile KOOPERATIONEN ausgebaut werden. seiner Wälder zugelassen. Das Holz wurde verbrannt und die Flächen oft für illegale, aber geduldete Berghangwirt- schaft genutzt, und das bis heute. Dies hatte katastrophale Folgen wie zum Bei- spiel immer wieder auftretende Über- sammlung, die Hanns-Seidel-Stiftung schwemmungen mit vielen Toten, so einlud, im Land zu kooperieren. Zu- auch im August 2021. nächst ging es dabei um Wissenstrans- Von 2014 bis 2017 errichtete die fer für mögliche marktwirtschaftliche Hanns-Seidel-Stiftung daher in einem Reformen. Nach der tiefen Krise in Fol- EU-finanzierten Projekt eine Modellauf- ge des Zusammenbruchs des sozialisti- forstung und Modellbaumschule in schen Wirtschaftssystems, das in Nord- Sangsori nördlich von Pjöngjang. Wich- korea auch zu einer Hungersnot führte, tiger aber war noch die Kooperation mit der Hundertausende zum Opfer fielen, der zentralen Baumschule, wo eine 20 POLITISCHE STUDIEN // 499/2021
Quelle: Bernhard Seliger Die kleine Insel Yudo im Delta des Han-Flusses liegt im Niemandsland von Nord- und Südkorea, das nördliche Ufer gehört zu Nordkorea. Die HSS führt hier seit einigen Jahren ein Umweltschutzprojekt mit der Stadt Gimpo im Süden durch. Webseite für das nordkoreanische Intra- heiten setzte, und aufgrund der wirt- net gestartet wurde, auf der bereits mil- schaftlichen Lage Nordkoreas, wonach lionenfach Informationen aufgerufen nach der Ernte alle Felder akribisch auf wurden, die sonst für Förster, die nicht noch nicht eingesammelte Erntereste in Pjöngjang leben, praktisch unerreich- untersucht wurden, verschwunden war. bar wären. Für die großen Kraniche sind solche Neben diesen Projekten war es stets Rastplätze auf dem Weg von Norden auch das Interesse der HSS, die Aktivi- nach Süden und umgekehrt aber not- täten des Naturschutzes, die auf der wendig, um Energie für die weiten Flüge Südseite der Halbinsel bereits bestan- zu sammeln. den, mit denen des Nordens zu verbin- Die Hanns-Seidel-Stiftung unter- den. Dies gelang zuerst in einem Projekt stützte das Projekt durch ein Training mit Birdlife Asia und der Internationa- im Bereich der organischen Landwirt- len Kranichstiftung in Anbyon bei Won- schaft und im integrierten Landwirt- san an der Ostküste Koreas. Dort hatte schaftsmanagement. Dabei kam dem es einen alten Kranichrastplatz gegeben, HSS-Projekt in Pingdu in der Provinz der aber durch die Landwirtschaftspoli- Shandong in China, wo eine große tik Nordkoreas, die auf größere Feldein- Landwirtschaftsschule eine duale Be- 499/2021 // POLITISCHE STUDIEN 21
IM FOKUS rufsausbildung in landwirtschaftlichen ein anderer wichtiger Lebens- und Rast Berufen nach deutschem Vorbild ver- raum für tausende von Zugvögeln. mittelt, eine wichtige Rolle zu. Hier fand 2014 konnte auf unsere Initiative hin ein Großteil der Ausbildung von nord- erstmals gemeinsam mit UN-ESCAP ein koreanischen Experten aus der Pisan- Survey in dieser Gegend durchgeführt Ri-Farm in Anbyon sowie von der Aka- werden, dem weitere sieben Surveys mit demie für Wissenschaften, die das Pro- Birds Korea folgten. Die Surveys waren jekt auf nordkoreanischer Seite wissen- auch mit intensiver Ausbildungsarbeit schaftlich begleitete, statt. Tatsächlich für lokale Behörden verbunden. Diesen benutzten nach den Renaturierungs- wurde dabei vorgeschlagen, mittels sanf- maßnahmen ab 2010 die seltenen man- tem Tourismus den schwierigen Spagat dschurischen Kraniche (Grus japonica) von Erhaltung der Lebensräume und und Weißnackenkraniche (Grus vipio) wirtschaftlicher Entwicklung zu schaf- wieder regelmäßig die Reisfelder bei An- fen. Auch wurden zahlreiche Arten wie- byon auf ihrem Zugweg. der oder neu bestätigt, oftmals fast hun- Leider wurde das Projekt 2015 end- dert Jahre nach den letzten international gültig gestoppt. Eine kontinuierliche Ar- bekannten Surveys, die um die Jahrhun- beit ist in Nordkorea nicht einfach. dertwende im damaligen Korea und spä- Nordkorea hat ein großes Interesse an ter der japanische Kolonie Korea durch- eng umgrenzten Projekten, die zeitlich geführt wurden. 2018 wurde aufgrund befristet sind und möglichst einen gro- dieser Forschungsarbeiten diese einzig- ßen Materialanteil haben. Für die Nach- artige Region von Nordkorea als eines haltigkeit von Projekten ist das jedoch der ersten beiden Ramsar-Schutzgebiete hinderlich. Deswegen suchte die Hanns- („Wetlands of international impor- Seidel-Stiftung nach anderen Wegen, um tance“) ausgewiesen. diese Nachhaltigkeit besser zu erreichen. Internationale und inter-koreani- sche Kooperation beim Naturschutz auf der koreanischen Halbinsel Projekte wie die Musteraufforstung in Nordkorea bevorzugt BEFRISTETE Sangsori, das Kranichschutzprojekt in Kooperationsprojekte. Anbyon und die Arbeit in Rason waren wichtig, um das Verständnis für nach- haltige Umweltentwicklung und Natur- schutz in Nordkorea zu schärfen. Doch es blieb das Ziel, dies auf nationaler Ebene zu verankern. Dies konnte ab Bereits seit 2009 war die Stiftung mit 2015 in einem Projekt entstehen, das Projekten, u. a. zur Wirtschaftsentwick- von der Hanns-Seidel-Stiftung feder- lung und organischen Landwirtschaft in führend geleitet wurde, an dem aber der Sonderwirtschaftszone Rason tätig, auch die East Asian Australasian Flyway die an der Grenze von Russland, China Partnership (EAAFP), die Ramsar Con- und Korea liegt. Dort befindet sich am vention on Wetlands, die International Delta des Tumen-Flusses und in den an- Union for the Conservation of Nature liegenden Lagunenseen an der Ostküste (IUCN), der World Wildlife Fund 22 POLITISCHE STUDIEN // 499/2021
(WWF) und weitere Partner beteiligt der Region. Die Hanns-Seidel-Stiftung waren. Ziel des Projekts war es, Nord- Korea ist selber seit 2017 Mitglied, ein korea stärker in internationale Struktu- Ausdruck für die inzwischen vielfälti- ren im Umwelt- und Naturschutz einzu- gen Beziehungen im Naturschutzbe- binden. reich in der Region. Der Ramsar Con- Besonders interessant ist der Fall vention on Wetlands ist sie als 170. Mit- der EAAFP. In der 2006 gegründeten glied beigetreten. Die Mitgliedschaft in Organisation, die sich dem Schutz der den beiden Organisationen ist nicht nur Zugvögel von Alaska und Russland bis für den Naturschutz in Nordkorea be- hin zu Australien und Neuseeland ver- deutend, sondern auch ein Weg, Nord- schrieben hat, sind derzeit 18 Staaten korea mit der internationalen Gemein- (darunter die USA, Russland, China, schaft und sogar Südkorea zusammen- Südkorea und Japan), 6 zwischenstaat- zubringen. Die – teils selbstgewählte, liche Organisationen, 1 internationale teils durch aggressive Politik selbst ver- Organisation, 13 internationale Nicht- ursachte – Isolation stellt heute eines der regierungsorganisationen und 1 Unter- gravierendsten Probleme Nordkoreas nehmen vereint. Nordkorea war kein dar. Internationale Kooperation aber Partner bei der Gründung. Ähnlich ver- kann dabei helfen, diese Isolation zu hielt es sich bei der Ramsar Convention überwinden und friedlichen Austausch on Wetlands, einer internationalen „einzuüben“. Konvention mit derzeit 171 staatlichen Partnern. Um die Aufnahme in diese Organi- sationen zu erreichen, musste Nord korea bestimmte Voraussetzungen er- Naturschutz kennt keine Grenzen füllen wie die Ausweisung von Ramsar- und bietet sich als ein WEG aus der Schutzgebieten. Besonders wichtig war Isolation an. eine Auflistung aller wichtigen Feucht- biotope. Es gab ein älteres Wetland-In- ventory, das aber dringend erneuert werden musste. Dazu wurden Trai- ningsmaßnahmen durchgeführt und an zwei Surveys an der Ostküste Koreas Für die meisten der jüngeren Diplo- war die HSS zusammen mit Birds Ko- maten und Funktionäre Nordkoreas aus rea maßgeblich beteiligt. dem Umweltministerium sind internati- Am Ende konnte 2018 ein neues onale Ausbildungsmaßnahmen, Studi- Wetland Inventory publiziert werden, in enreisen und Treffen (wie die alljährli- dem die 54 wichtigsten Biotope mit Kar- chen Mitgliederversammlungen, „Con- ten und umfassendem Material be- vention of the parties“) eine erste Mög- schrieben werden, darunter auch Gebie- lichkeit, überhaupt mit Südkoreanern te direkt an der Demilitarisierten Zone, und anderen Teilnehmern aus der Regi- die bis dahin für die Forschung selbst on zusammenzukommen und zusam- bei Nordkoreanern ein Tabu waren. menzuarbeiten. Das mag nicht sehr be- 2018 konnte Nordkorea dann Mit- deutsam klingen, aber in einer Situati- glied der EAAFP werden, als 18. Staat in on, in der alle anderen Kanäle nicht 499/2021 // POLITISCHE STUDIEN 23
IM FOKUS mehr funktionieren, sind die Projekte Partnern in Pjöngjang durchgeführt der Hanns-Seidel-Stiftung oft das einzi- werden, bei dem 30 nordkoreanische ge Verbindungsglied beider Seiten. Bei- Forstexperten Vorträge zum Thema bio- spielsweise konnte, nachdem Südkorea logische Schädlingsbekämpfung von monatelang vergeblich Nordkorea um Professor Michael Müller von der Tech- Kooperation bei der Bekämpfung der nischen Universität Dresden hörten. Afrikanischen Schweinepest gebeten Dies gibt Anlass zur Hoffnung, dass hatte, das erste gemeinsame Seminar auch in Zukunft, online oder bald auch zum Thema überhaupt zusammen mit wieder offline, die friedliche Kooperati- deutschen und chinesischen Experten on weitergeht und so ein kleiner, aber im Dezember 2019 in Tsingtao von wichtiger und wirksamer Beitrag dazu der Hanns-Seidel-Stiftung durchgeführt geleistet wird, die Menschen Nord- und werden. Südkoreas, abseits von der großen Poli- tik, zusammenzuführen. /// Ausblick Die Zusammenarbeit mit Nordkorea ist eine Gratwanderung, was sich nicht zu- letzt darin zeigt, dass sie immer wieder von Nordkorea unterbrochen wurde und die Hanns-Seidel-Stiftung mehr- fach das Land verlassen musste. Doch die Geduld für eine friedliche Zusam- menarbeit zahlte sich aus. 2018 bekam die Hanns-Seidel-Stiftung für ihre Ver- /// D R. BERNHARD SELIGER dienste um die Kooperation in Nordost- ist Länderrepräsentant der Hanns-Seidel- asien den „TEMM20 Special Contribu- Stiftung in Südkorea. tion Award“ der trilateralen Umweltmi- nistertreffen von China, Japan und Süd- korea im chinesischen Suzhou verliehen. Als dann Anfang 2020 zu Beginn der Corona-Pandemie Nordkorea komplett die Grenzen schloss, gab es die Befürch- tung, dass eine neue Auszeit in der Ko- operation einsetzen könnte. Doch das nordkoreanische Umweltministerium arbeitete sehr aktiv an den Programmen im Land weiter, darunter dem Asian Waterbird Census, einer sehr wichtigen asienweiten Vogelzählung, zu dem Nordkorea erstmals Daten beisteuerte und so eine wichtige Wissenslücke schloss. Im August 2021 konnte zum ersten Mal mit einer deutschen Institution überhaupt ein Online-Seminar mit den 24 POLITISCHE STUDIEN // 499/2021
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