NERVENGERÜST AUS DEM REAGENZGLAS - MAX-PLANCK-GESELLSCHAFT

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NERVENGERÜST AUS DEM REAGENZGLAS - MAX-PLANCK-GESELLSCHAFT
wissen aus

     Nervengerüst aus dem
     Reagenzglas
     Text: Andreas Knebl

     Taubheit, Bewegungslosigkeit und
66   im schlimmsten Fall eine Querschnitts-
     lähmung – die Durchtrennung einer
     Nervenbahn hat oft bleibende Folgen.
     Denn bei der Verletzung wird auch
     die extrazelluläre Matrix beschädigt,
     die den Neuronen Halt gibt. Tanja Weil
                                                            sie längere Zeit in einer Lösung her-    peutischen Ansätzen zur Reparatur
     und Christopher Synatschke, die
                                                            umstanden. Als die Forschenden um        verletzter Nerven und hatte damals
     am Max-Planck-Institut für Polymer-                    Tanja Weil die fragliche Lösung un-      sein Büro auf demselben Flur wie
     forschung in Mainz arbeiten, suchen                    tersuchten, stellten sie fest, dass sich Tanja Weil. Die kurzen Wege ermög-
     einen Ersatz für das stützende Material,               die Peptide darin nach einiger Zeit zu   lichten einen regen Austausch, und so
     und sie sind bereits fündig geworden.                  Fibrillen anordneten. Deren faserige     entwickelten die beiden die Idee, die
                                                            Struktur bewirkte, dass die Peptide      Peptidfibrillen als Rankgerüst für
                                                            klebrig wurden und sowohl dem            Nervenzellen zu nutzen.
                                                            HI-Virus als auch der Wirtszelle Halt
                                                            boten. „In den Aufnahmen des
                                                            Raster­elektronenmikroskops konnte                   Ersatz für die
              Tanja Weil ging der Sache auf den
                Grund. Kollegen hatten eine rätsel-
                                                            man richtig sehen, wie sich die Zellen
                                                            an den Fibrillen festklammerten“, er-
                                                                                                             stützende Matrix
                hafte Beobachtung an einem Peptid           zählt Weil. Mit dieser zufälligen Ent-
                aus der Hülle des HI-Virus gemacht.         deckung begann ein ganz neues For- Der Forschungsansatz war folgender:
                Peptide bestehen aus Aminosäuren,           schungsprojekt.                          Wenn sich Wirtszellen des HI-Virus
                den Grundbausteinen aller Proteine,                                                  an den Peptidfibrillen festklammern
                und erfüllen unzählige Funktionen         Die Polymerchemikerin Tanja Weil war       können, wäre es gut möglich, dass
                in lebenden Organismen. Bei den
                ­                                           zu diesem Zeitpunkt an der Universi-     auch Nerven daran Halt finden. Be-
                Peptiden aus der HI-Virushülle stellte      tät Ulm tätig, und ihre Beobachtung      stätigte sich diese Annahme, könnten
                sich die Frage, welche Rolle sie bei        sprach sich schnell im Kreise ihrer      die Peptidfibrillen verletzten Nerven
                der Infektion von Wirtszellen spielen.      Kolleginnen und Kollegen herum.          dabei helfen zu heilen. Von selbst
                Erste Tests zeigten, dass sich die Wir-     Auch Bernd Knöll horchte auf. Der        wachsen durchtrennte Nervenfasern
                kung der Peptide veränderte, wenn           Zellbiologe beschäftigt sich mit thera-  zumeist nicht mehr zusammen, was

                                                             Max Planck Forschung · 1 | 2021
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                                                                                   Chemische Maßarbeit: Ein
                                                                                   Mainzer Max-Planck-Team
                                                                              erzeugt im Labor gezielt Peptide,
                                                                                         die Netzwerke bilden.
                                                                                   Peptidstrukturen sollen die
                                                                             Heilung von Nerven unterstützen.
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                                                                                                                  67

                                           Max Planck Forschung · 1 | 2021
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                                                Taubheit und Lähmung zur Folge ha-       Ärzte, die beiden Nervenenden mit­     Makromolekülen“. Der Chemiker
                                                ben kann. Ein tiefer Schnitt in die      einander zu vernähen oder durch ein    hatte bereits in verschiedenen inter-
                                                Hand zum Beispiel kann dazu führen,      Nervenstück zu verbinden, das sie an   nationalen Arbeitsgruppen Erfah-
                                                dass man einen Finger nicht mehr         einer anderen Körperstelle entnom-     rung mit Peptiden gesammelt. Als
                                                spürt oder bewegen kann. Zur selbst-     men haben. Der Ansatz von Bernd        Postdoktorand und später Gruppen-
                                                ständigen Heilung fehlt einem Nerv       Knöll und Tanja Weil ist ein anderer.  leiter übernahm er nun im Arbeits-
                                                nach einer schweren Verletzung die       Sie bauen darauf, dass Peptide, die in kreis von Tanja Weil die Verantwor-
                                                nötige Unterstützung. Denn etwa bei      die Wundstelle eingebracht werden,     tung für das Kooperationsprojekt mit
                                                einem Schnitt wird nicht nur der         die extrazelluläre Matrix ersetzen     Bernd Knöll. Zwei Jahre später mel-
                                                Nerv beschädigt, sondern auch seine      und so eine Regeneration der Nerven    dete das Team einen ersten Erfolg:
                                                extrazelluläre Matrix. Dieses kom-       ermöglichen.                           Durch den Einsatz von Peptidfibrillen
                                                plexe Proteingerüst gibt den Nerven                                             war es den Forscherinnen und For-
                                                Halt. Wenn es fehlt, entsteht eine Lü- Die Zusammenarbeit lief auch weiter,     schern gelungen, die Regeneration
                                                cke, welche die beiden Enden des ver-    nachdem Tanja Weil als Direktorin      verletzter Nerven zu verbessern.
                                                letzten Nervs nicht überbrücken kön-     ans Max-Planck-Institut für Polymer-
                                                nen. Deshalb hilft derzeit nur eine      forschung in Mainz gewechselt war. Tanja Weil und Christopher Synatschke
                                                Operation, um den durchtrennten          Dort stieß Christopher Synatschke zu   sind sich einig, dass selbstorganisie-
                                                Nerv zu heilen. Dabei versuchen          ihrem Arbeitskreis „Synthese von       rende Peptide wie die Sequenzen aus

                                                Auf dem Weg zu einer neuen Therapie: Tanja Weil
                                                und Christopher Synatschke suchen nach Peptidstrukturen,
                                                mit denen sich Nervenschäden behandeln lassen –
                                                langfristig vielleicht sogar Rückenmarksverletzungen.

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 der HI-Virushülle der ideale Ersatz       Netzwerke. Diese können Nervenfa-        ob und, wenn ja, in welchem Maße
 für die extrazelluläre Matrix sind.       sern, die bis zu 20 Mikrometer dick      die verschiedenen Peptidsequenzen
„Damit können wir die Natur imitie-        sind, als Gerüst dienen. Zum Ver-        zur Bildung von Fibrillen führen. In
 ren“, sagt Christopher Synatschke.        gleich: Ein menschliches Haar hat ei-    Zusammenarbeit mit Bernd Knölls
„Wir erzeugen eine Struktur, welche        nen Durchmesser von rund 50 Mik-         Arbeitsgruppe brachten die Forschen-
 der natürlichen Umgebung der Ner-         rometern.                                den im nächsten Schritt die verschie-
 ven nahekommt, gleichzeitig aber we-                                               denen Materialien jeweils als dünne
 sentlich einfacher ist.“ „Selbstorgani- Die Besonderheiten der SAP entstehen       Schicht auf ein Glasschälchen auf.
 sierend“ bedeutet, dass die Peptide       aus dem Zusammenspiel der einzel-        Darin kultivierten sie anschließend
 sich ohne äußeren Einfluss zu größe-      nen Bausteine. Die Peptide, mit de-      Nervenzellen. Unter dem Mikroskop
 ren Strukturen zusammenbauen –            nen Christopher Synatschke arbeitet,     beobachteten die Forschenden dann,
 sich assemblieren, wie es im Fachjar-     bestehen nur aus wenigen Aminosäu-       ob die Zellen auf dem Untergrund
 gon heißt. Manche dieser selbstassem­     ren; die Abfolge dieser Bausteine wird   Halt fanden und, wenn ja, wie gut die
 blierenden Peptide, kurz SAP, bilden      als Sequenz bezeichnet. Jede dieser      Nervenfasern wuchsen.
 Fibrillen. Diese Fasern sind lediglich    Aminosäuren hat bestimmte Eigen-
 circa 10 Nanometer dünn und 0,1 bis       schaften. So kann ein Baustein bei-
 1 Mikrometer lang. Aus den Fibrillen      spielsweise an der Oberfläche positiv
 mancher SAP formen sich größere           geladen sein, während der nächste hy-
                                           drophob ist, das heißt wasserabwei-
                                           send. Aus den Merkmalen der einzel-      Auf den Punkt
                                           nen Aminosäuren ergeben sich in der      gebracht
                                           Peptidverbindung völlig neue und
                                                                                    Durchtrennte Nervenbah-
                                           nicht leicht vorhersagbare Eigen-        nen heilen meist nicht von
                                           schaften, wie zum Beispiel die Nei-      selbst, da die extrazelluläre
                                           gung, Fibrillen zu bilden.               Matrix, die sie umgibt,
                                                                                    ebenfalls beschädigt ist.

                                                       Variantenreiche              Am Max-Planck-Institut                  69
                                                                                    für Polymerforschung
                                                      Peptidstrukturen              ersetzen Forschende die
                                                                                    Gerüststruktur verletzter
                                                                                    Nerven durch Fibrillen
                                        Um besser zu verstehen, wie Peptidse-       bildende Peptide, damit die
                                         quenz und Selbstorganisation zusam-        Nervenenden wieder
                                         menhängen, untersuchten Christo-           zusammenwachsen können.
                                         pher Synatschke und seine Kollegin-     Bei Mäusen heilten durch-
                                         nen und Kollegen zahlreiche Sequen-     trennte Gesichtsnerven
                                         zen. Ganz gezielt Peptide mit einer     besser, wenn ihnen eine
                                         gewünschten Abfolge von Aminosäu-       Lösung mit selbstassem-
                                         ren herzustellen, ist das Spezialgebiet blierenden Peptiden
                                                                                 (SAP) gespritzt wurde.
                                         von Synatschkes Team. Am Ende der
                                         Peptidsynthese erhalten die Wissen-     Langfristig möchte das
                                         schaftlerinnen und Wissenschaftler      Forscherteam auch einen
                                         SAP als Pulver, das sie in ein Lösungs- Weg finden, mithilfe der
                                         mittel geben und mit Wasser vermi-      SAP Nervenverletzungen
                                         schen. Neben der Sequenz spielen        beim Menschen zu heilen.
                                         auch die Bedingungen in der Lösung
                                         eine Rolle für das Verhalten der SAP.
                                         Wenn die Forschenden verändern,
                                         wie sauer oder basisch die Lösung ist
                                         oder wie lange und bei welcher Tem-
                                         peratur sie gelagert wird, dann än- Tanja Weil betont, wie wichtig diese
                                         dern sich auch die Eigenschaften der    grundlegenden Untersuchungen sind.
                                         Struktur, die aus den SAP entsteht.     Im Gegensatz zur hochkomplexen ex-
                                         Seine Experimente startete Christo-     trazellulären Matrix der Nerven sind
                                         pher Synatschke mit 27 Sequenzen,       die Peptidgerüste vergleichsweise
                                         die auf dem 2011 entdeckten Peptid      einfach aufgebaut. Aus diesem Grund
                                         aus der HI-Virushülle basieren. Seine   können die Forschenden wissen-
                                         Arbeitsgruppe untersuchte zunächst,     schaftliche Studien durchführen, die

                                             Max Planck Forschung · 1 | 2021
wissen aus

                                                          schnelle Fortschritte ermöglichen.
                                                  eine bessere Grundlage bieten. Doch       Fibrillen anordnen. Damit fanden
                                                         „Da wir die Bausteine der SAP ken-
                                                  ein Blick auf alle 27 Sequenzen stellte   Christopher Synatschke und Tanja
                                                          nen, können wir sie einzeln austau-
                                                 Christopher Synatschke vor ein Rät-        Weil eine weitere entscheidende Ei-
                                                          schen und auf diese Weise die Eigen-
                                                  sel: Da gab es Peptidsequenzen, die       genschaft, die SAP als Gerüst für
                                                          schaften verändern. Anschließend
                                                  positiv geladen und in hohem Maß          Nerven mitbringen müssen.
                                                          können wir die Struktur genau unter-
                                                 Fibrillen bildend waren, aber den
                                                          suchen, die Wirkung der SAP im bio-
                                                 Nervenzellen in den Glasschälchen Die drei besten der 27 Kandidaten von
                                                          logischen System studieren und dar-
                                                  doch nicht als Gerüst dienten. Was        Christopher Synatschke testete das
                                                          aus lernen.“
                                                  den Peptiden fehlte, fand das Mainzer     Team um Bernd Knöll dann an leben-
                                                 Team erst in Zusammenarbeit mit            den Mäusen, die durch eine Verlet-
     Dabei fanden die Forschenden schnell        Tuomas Knowles von der University          zung des Gesichtsnervs die Kontrolle
       mehrere Eigenschaften, die für die         of Cambridge heraus: Knowles wurde        über ihre Tasthaare verloren hatten.
       Interaktion zwischen SAP und Ner-          in den Infrarotspektren der verschie-     An den Stellen, an denen die Nerven
       ven wichtig sind. So interagieren SAP,     denen SAP fündig. Seine detaillierte      durchtrennt waren, injizierten die
       deren Oberfläche elektrisch positiv       Auswertung zeigte, dass die SAP, die       Forschenden eine Lösung von SAP.
       geladen ist, stark mit Nervenzellen.       besonders als Nervengerüst geeignet       Dann untersuchten sie über die nächs-
      Wichtig ist zudem, wie viele der gelös-     sind, relativ viele β-Faltblätter bilden. ten drei Wochen, wie sich die Nerven-
       ten SAP sich zu Fibrillen aneinander-     Diese Struktur der Aminosäureket-          fasern regenerierten. Zunächst sahen
       lagern. Ist dieser Anteil groß, eignen     ten sieht auf molekularer Ebene wie       sie keinen deutlichen Unterschied
       sich die Peptide besonders gut als         eine Ziehharmonika aus oder eben          zwischen Mäusen, denen sie Peptide
       Rankhilfe. Das Forschungsteam             wie ein im Zickzack gefaltetes Blatt       gespritzt hatten, und der Kontroll-
       stellte darüber hinaus fest, dass SAP,    Papier und beschreibt, wie sich die        gruppe. Doch im weiteren Verlauf
       die dickere Fasern bilden, Nerven          einzelnen Peptidketten innerhalb der      zeigte sich, dass die Nerven besser
                                                                                            heilten, wenn ein Peptid­gerüst die
                                                                                            verletzte extrazelluläre Matrix er-
                                                                                            setzte. Eine Voraussetzung dafür war,
                                                                                            dass die Peptidstrukturen über den
70                                                                                          gesamten Heilungsprozess als stabi-
                                                                                            les Gerüst in der Wundstelle blieben,
       Heilsamer Halt: Die fluoreszenzmikroskopische Aufnahme                               obwohl sie biologisch abbaubar sind.
                                                                    zeigt, wie sich eine Nervenzelle (grün) mit speziellen Proteinen (rot)
                                                                    an aneinandergelagerte Nanofasern (violett) aus Peptiden heftet.
                                                                                                                                                                                 Verbesserte
                                                                                                                                                                              Nervenfunktion
                                                                                                                                                                  Den positiven Einfluss des Peptidge-
                                                                                                                                                                    rüsts auf die Regeneration des Ge-
                                                                                                                                                                    sichtsnervs belegten die Wissen-
     Bild: B e r n d K nöll/MPI f ü r P oly m e r f or s c h u ng

                                                                                                                                                                    schaftlerinnen und Wissenschaftler
                                                                                                                                                                    anhand verschiedener Beobachtun-
                                                                                                                                                                    gen: Im Gewebe der Mäuse wiesen sie
                                                                                                                                                                    nach, dass die Nerven, die durch ein
                                                                                                                                                                    Peptidgerüst unterstützt wurden,
                                                                                                                                                                    besser zusammenwuchsen als die
                                                                                                                                                                    Nerven von Mäusen aus der Kontroll-
                                                                                                                                                                    gruppe. Dieses Ergebnis bestätigte
                                                                                                                                                                    sich auch bei der Funktionskontrolle:
                                                                                                                                                                    Die Mäuse, denen die Forschenden
                                                                                                                                                                    eine Lösung aus Gerüste bildenden
                                                                                                                                                                    Peptiden injiziert hatten, erholten
                                                                                                                                                                    sich besser von der Verletzung und
                                                                                                                                                                    konnten nach drei Wochen ihre Tast-
                                                                                                                                                                    haare kontrollierter bewegen als die
                                                                                                                                                                    anderen Tiere.

                                                                                                                                                                  Die Versuche in den Glasschälchen und
                                                                                                                                                                    an den Mäusen machten klar, dass die

                                                                                                                                Max Planck Forschung · 1 | 2021
material & technik

   Wissenschaftlerinnen und Wissen-
   schaftler mit den SAP ein ideales Ma-
   terial gefunden haben. „Durch die
   genaue Charakterisierung haben wir
                                                                                         für Chemie
   ein Verständnis der grundlegenden
   Zusammenhänge entwickelt“, sagt
                                                                                         und Life Sciences
   Christopher Synatschke. „Darauf
   wollen wir in Zukunft aufbauen.“ Zu-
   sammen mit der Arbeitsgruppe ihres                                                    Von Chemikern für Chemiker –
   Kollegen Tristan Bereau fahnden die
   Forschenden nun im Computer nach                                                      Nutzen Sie das Netzwerk
   Peptidsequenzen, die noch besser als                                                  der GDCh:
   Nervengerüst geeignet sind als die
   Sequenzen aus der HI-Virushülle.                                                       Stellenmarkt – Online und in
   Mit neuen Ansätzen aus der Informa-                                                     den Nachrichten aus der Chemie
   tik und mit der Rechenleistung mo-                                                     CheMento – das Mentoring
   derner Computer können sie auf der                                                      Programm der GDCh für chemische
   Suche nach den drei gewünschten
                                                                                           Nachwuchskräfte
   ­Eigenschaften Millionen Möglichkei-
   ten durchtesten, ohne                                                                  Publikationen rund um die Karriere
   aufwendige Versuche                                                                    Bewerbungsseminare und
   machen zu müssen –                            GLOSSAR
                                                                                           -workshops
   die aussichtsreichsten                                                                 Jobbörsen und Vorträge
   Kandidaten prüfen sie                Extrazelluläre
   dann im Labor. „So be-                            Matrix
   schleunigt sich der For-            heißt der aus Proteinen
   schungsprozess unge-           und Kohlehydraten bestehen-
                                       de Teil des Gewebes, in
   mein“, sagt Tanja Weil.                                                  A nz e ige                            71
                                   dem Zellen eingebettet sind.
  „Wir hoffen, dadurch                Nervenzellen benötigen
   sogar neuartige Se-               die extrazelluläre Matrix,
   quenzen zu finden, die              um wachsen zu können.
   kein Vorbild in der Na-
   tur, aber spannende Ei-       Selbstassemblierende
   genschaften haben.“                        Peptide (SAP)
                                   sind kurze Aminosäureketten,
                                     die von selbst größere Struk-
Auch mit Bernd Knöll              turen wie etwa Fibrillen bilden.
  steht schon das nächste
  Forschungsprojekt an.
  Denn nach den erfolg-
  reichen Versuchen im
  peripheren Nervensystem wagen die
  Forscherinnen und Forscher jetzt den
  Sprung ins zentrale Nervensystem.
  Die Herausforderung, Nerven im
  Gehirn und in der Wirbelsäule zu
  heilen, ist deutlich größer, da sich hier
  Nerven normalerweise gar nicht rege-
  nerieren. Unfälle, bei denen der Na-
  cken oder die Wirbelsäule schwer ver-
  letzt wird, führen so oft zur Quer-
  schnittslähmung. Gemeinsam wollen
  Bernd Knöll, Tanja Weil und Chris-
  topher Synatschke in den nächsten
  Jahren einen Weg finden, die Peptid-
  gerüste so abzuwandeln, dass sie auch
  eine Heilung von Nervenschäden in
  den zentralen Schaltstellen unseres
  Körpers ermöglichen.
                                                                                         Gesellschaft Deutscher Chemiker

                                          Max Planck Forschung · 1 | 2021
                                                                                            www.gdch.de/karriere
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