Neue EU-Standardvertragsklauseln für Auftragsverarbeitungsverträge (EU) - Struktur, Anwendungsbereich & Regelungsinhalte

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Neue EU-Standardvertragsklauseln für
 Auftragsverarbeitungsverträge (EU)
      Struktur, Anwendungsbereich &
             Regelungsinhalte

      RA und FA IT-Recht Dr. Sascha Vander, LL.M.
Überblick
I.    Hintergrund
      1. Entstehung
      2. Regelungszweck und Rechtsgrundlage

II.   Die neuen SVK
      1. Anwendungsbereich und Zielvorgaben
      2. Regelungsstruktur
      3. Einzelbestimmungen

III. Umsetzungshinweise
      1. Zeitlicher Rahmen
      2. Mögliche Umsetzungsstrategie

IV. Fazit

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I.   Hintergrund

1. Entstehung
    04.06.2021: EU-Kommission veröffentlicht neue
     Standardvertragsklauseln für Auftragsverarbeitungsverhältnisse
     innerhalb der EU; Verkündung im Amtsblatt erfolgte am
     07.06.2021, Abl. EU L 199/18 (CELEX_32021D0915)
    27.06.2021: Inkrafttreten der neuen SVK (vgl. Art. 4 Abs. 1 des
     Durchführungsbeschlusses)
    Praxishinweis: Parallel erarbeitet und in Teilen strukturell
     angelehnt an Standardvertragsklauseln für Datenexport in
     Drittländer

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I.   Hintergrund

2. Regelungszweck und Rechtsgrundlage
    Regelungen über Auftragsverarbeitung sehen gemäß Art. 28 DS-
     GVO Vorgaben zur Sicherstellung Datenschutzkonformität bei
     Verarbeitung von Daten im Auftrag vor
        Konzept: Privilegierung bei strikten Vorgaben

    Art. 28 Abs. 3 DS-GVO präzisiert Anforderungen in vertraglicher
     Hinsicht weiter, enthält aber keine konkrete „Montageanleitung“
    Art. 28 Abs. 7 DS-GVO räumt der EU-Kommission die Befugnis
     zum Erlass von Standardvertragsklauseln ein, bei deren
     Verwendung eine rechtskonforme Gestaltung angenommen wird
        Ziel: Abbildung DS-GVO-konforme Auftragsverarbeitung gemäß Art. 28
         Abs. 3 und 4 DS-GVO
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I.   Hintergrund

2. Regelungszweck und Rechtsgrundlage
    Festlegung Standardvertragsklauseln nach Maßgabe Prüfver-
     fahren gemäß Artikel 93 Abs. 2 DS-GVO zur Regelung der in den
     Art. 28 Abs. 3 und 4 DS-GVO genannten Fragen
        Wurde nunmehr vorgenommen und durchlaufen

    Praxishinweis: Erstmalige Bereitstellung von Standardvertrags-
     klauseln für Auftragsverarbeitung innerhalb der EU
        Diese treten quasi in „Konkurrenz“ zu den bereits etablierten Mustern von
         Bitkom, GDD, etc.

    Exkurs: Standardvertragsklauseln gelten auch für AVV unter
     Verordnung EU 2018/1725 (EU-Organe, etc.)

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II. Die neuen SVK

1. Anwendungsbereich und Zielvorgaben
   Regelungsgegenstand auf Auftragsverarbeitungsverträge
    beschränkt (vgl. Art. 1 und 2 des Beschlusses)
       Keine C2C oder sonstige Konstellationen abgebildet

   Klauseln können nur für Auftragsverarbeitungsverhältnisse
    innerhalb der EU genutzt werden (vgl. ErwG Nr. 10, letzter Satz)
       Besonderheiten für Transfer in Drittländer ist ausdrücklich nicht umfasst und
        muss durch anderweitige Regelungen abgebildet werden, insbesondere die
        neuen Standardklauseln für Transfer in Drittländer (dann reicht das aber auch
        parallel für Art. 28 Abs. 3 und 4 DS-GVO; vgl. ErwG Nr. 10)

   Klauseln sind neben möglichen Individualverträgen eine
    zusätzliche Möglichkeit, die Anforderungen gemäß Art. 28 Abs. 3
    und 4 DS-GVO abzudecken (vgl. ErwG Nr. 5)
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II. Die neuen SVK

    2. Regelungsstruktur und Konzept
       Einheitlicher und standardisierter Vertrag mit Musterklauseln
           Kein modularer Ansatz wie bei Standardklauseln für Transfer in Drittland
           Es gibt nur die C2P-Konzeption

       Vertrag sieht in mehrfacher Hinsicht optionale Regelungen vor,
        um Flexibilität bei Vertragsgestaltung zu gewährleisten
           Relevant etwa für Unterbeauftragungen oder Erweiterung des Vertrages auf
            mehrere Parteien

       Zusätzlich zum Vertragstext sind umfangreichere Anhänge zu
        befüllen und auf die konkrete (!) Situation zuzuschneiden,
!       insbesondere die TOM sind konkret zu bestimmen
           Merke: Keine formelhaften Beispielauflistungen
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II. Die neuen SVK

    3. Einzelbestimmungen (Überblick)
       Klausel 1 – Zweck und Anwendungsbereich
           Regelung von Auftragsverarbeitungsverhältnissen
           Verweis auf Anhänge I bis IV als relevante Vertragsbestandteile
               Merke: Konkret-individuelle Festlegungen sind geboten

       Klausel 2 – Unabänderbarkeit der Klauseln
           Pflicht zur mangelnden Abänderung mit Ausnahme von Ergänzungen und
            Aktualisierungen der Anhänge
           Aber: Aufnahme in umfangreicheren Vertrag ebenso zulässig wie weitere
            Klauseln und zusätzliche Garantien

!              Merke: Keine Absenkung Schutz und keine Widersprüche zu Standardvertrags-
                klauseln

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II. Die neuen SVK

     3. Einzelbestimmungen (Überblick)
        Klauseln 3 und 4 – Auslegung und Vorrang
            Auslegung von Begriffen im Lichte der Verordnungen, namentlich DS-GVO
            Keine Auslegung entgegen Zielbestimmungen Verordnungen
            Bei Widersprüchen mit sonstigen Vereinbarungen haben Standardvertrags-
             klauseln Vorrang

        Klausel 5 – Kopplungsklausel (fakultativ)
            Dritte können dem Vertrag jederzeit als Datenexporteur oder Datenimporteur
             beitreten (sog. docking clause); dadurch werden sie selbst Vertragspartei
!!          Die Aufnahme dieser Klausel ist, anders als die der übrigen SVK, freiwillig
             (ausdrücklich „fakultativ“)
            Großer praktischer Nutzen und Vereinfachung bisheriger Hilfskonstruktionen

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II. Die neuen SVK

    3. Einzelbestimmungen (Überblick)
       Klausel 6 – Beschreibung der Verarbeitung
           Einzelheiten der Verarbeitung sind in Anhang II aufzuführen
               Merke: Hier werden detaillierte Angaben zu Kategorien Betroffener, Daten,
                Verarbeitungsarten, Zwecken und Dauer erwartet

       Klausel 7 – Pflichten der Parteien (1)
           Zentrale Regelungen zur Festlegung des wechselseitigen Pflichtenkatalogs
               Weisungen
               Zweckbindung
               Dauer der Verarbeitung

!
               Sicherheit der Verarbeitung mit Sondervorgaben bzw. speziellen TOM für sensible
                Daten

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II. Die neuen SVK

3. Einzelbestimmungen (Überblick)
   Klausel 7 – Pflichten der Parteien (2)
        Zentrale Regelungen zur Festlegung des wechselseitigen Pflichtenkatalogs
            Dokumentation und Einhaltung der Klauseln, inkl. Pflicht zur Bereitstellung für
             Aufsichtsbehörde
            Einsatz von Subunternehmern
             o    Option für vorherige gesonderte Genehmigung und allgemeine Genehmigung
                  mit Vorabinformation des Verantwortliche über geplanten Einsatz

    !!       o    Frist für Anzeige geplanten Einsatzes konkret festzulegen + „Liste“
             o    Recht auf Herausgabe von Verträgen für Unterbeauftragung; „im
                  Wesentlichen“ (!?) dieselben Datenschutzverpflichtungen sind aufzuerlegen
             o    Pflicht zur Vereinbarung einer sog. Drittbegünstigungsklausel zugunsten
                  des Verantwortlichen (Kündigungsrecht im Falle von Insolvenz oder Erlöschen
                  des Unterbeauftragten mit Recht auf Datenherausgabe)

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II. Die neuen SVK

3. Einzelbestimmungen (Überblick)
   Klausel 7 – Pflichten der Parteien (3)
        Zentrale Regelungen zur Festlegung des wechselseitigen Pflichtenkatalogs
            Internationale Datenübermittlung
             o    Nur im Einklang mit den besonderen Vorgaben für einen Datentransfer in
                  Drittländer
    !!       o    Vorab-Vereinbarung möglicher Verwendung von Standardvertragsklauseln für
                  Datentransfer in Drittländer als hinreichendes Mittel zur Sicherstellung der
                  Anforderungen an einen Transfer in Drittländer

   Klausel 8 – Unterstützung des Verantwortlichen
        Verpflichtung des Auftragsverarbeiters für Zwecke der Erfüllung von Pflichten
         des Verantwortlichen unter der DS-GVO, insbesondere Betroffenenechte
        TOM sind insoweit gemäß Anhang III zu spezifizieren

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II. Die neuen SVK

3. Einzelbestimmungen (Überblick)
   Klausel 9 – Meldung von Datenschutzverletzungen
       Pflicht des Auftragsverarbeiters zur Zusammenarbeit mit und Unterstützung
        des Verantwortlichen im Falle von Meldepflichten
       Differenzierung zwischen Verletzung des Schutzes der vom Verantwortlichen
        und der vom Auftragsverarbeiter verarbeiteten Daten
           Verantwortlicher hat Aufsicht und ggf. Betroffene unmittelbar zu unterrichten;
            Auftragsverarbeiter unterrichtet den Verantwortlichen
           Beachte: In Anhang III sind etwaige Informationen, die vom Verantwortlichen bei
            Meldungen benötigt werden, ggf. zu ergänzen

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II. Die neuen SVK

3. Einzelbestimmungen (Überblick)
   Klausel 10 – Verstöße gegen Klauseln und Beendigung
       Verstöße Auftragsverarbeiter begründen Recht zur Aussetzung des
        Datentransfers bis zur Wiederherstellung rechtskonformen Zustandes
       Verstöße Auftragsverarbeiter können Kündigungsrecht des
        Verantwortlichen begründen
           Kündigungsrecht bei Aussetzung und mangelnder Wiederherstellung
            rechtskonformen Zustandes (längstes Frist: ein Monat)
           Kündigungsrecht bei Verstößen „in erheblichem Umfang“ oder
            „fortdauernd“
           Missachtung gerichtlicher oder behördlicher Entscheidung

       Auftragsverarbeiter kann bei Festhalten an rechtswidrigen
        Weisungen kündigen
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III. Umsetzungshinweise

1. Zeitlicher Rahmen
   Die neuen Standardvertragsklauseln können ab dem 27.06.2021
    verwendet werden
   Praxishinweis: Die neuen Standardvertragsklauseln bieten nur
    eine Möglichkeit, müssen (!) aber nicht verwendet werden
    Art. 28 Abs. 3 und Abs. 6 DS-GVO:

    Die Verarbeitung durch einen Auftragsverarbeiter erfolgt auf der Grundlage eines Vertrags oder eines
    anderen Rechtsinstruments (…).

    Unbeschadet eines individuellen Vertrags (…) kann der Vertrag oder das andere Rechtsinstrument (…) ganz
    oder teilweise auf den (…) Standardvertragsklauseln beruhen.

    ErwG 5 Durchführungsbeschluss:

    Gemäß Art. 28 Abs. 6 der (DS-GVO) können der Verantwortliche und der Auftragsverarbeiter entweder einen
    individuellen Vertrag aushandeln, der die in Art. 28 Abs. 3 u. 4 DS-GVO (…) aufgeführten obligatorischen
    Elemente enthält, oder Standardvertragsklauseln insgesamt oder teilweise verwenden.
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III. Umsetzungshinweise

2. Mögliches Umsetzungskonzept
   Bestehende Vereinbarungen über Auftragsverarbeitung mit Blick
    auf Regelungsinhalte Standardvertragsklauseln hinterfragen
   Hinreichende Konkretisierungen des Auftrages sowie der
    TOM mit Blick auf Inhalte für Anhänge der Standardvertrags-
    klauseln hinterfragen („Liste“ Unterauftragnehmer)
   Für selbst verwendete Muster Optimierungsbedarf prüfen oder
    insgesamt auf Standardvertragsklauseln umstellen. Bei
    ungünstigen Verträgen Möglichkeit für Nachverhandeln unter
    Berufung auf neue „Musterklauseln“.
       Praxishinweis: Für Auftraggeber rechtlich gut abgesicherter Weg.
        Für Dienstleister insbesondere Kostenthemen klären und Klauseln
        wohl zu ergänzen.
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IV. Fazit

   Erstmals Standardvertragsklauseln zur Abbildung einer
    Auftragsverarbeitung innerhalb der EU
   Verwendung der neuen SVK zwar nicht verpflichtend, aber aus
    Gründen der Rechtssicherheit insbesondere für Auftraggeber
    empfehlenswert – zumal die Klauseln auch in ein umfassendes
    Vertragswerk integriert werden können
   Neue Standardvertragsklauseln dürften in Wettbewerb zu
    sonstigen bislang etablierten Musterklauseln treten (Bitkom, GDD)
   Neue Regelungen wie Kopplungsklauseln machen die
    Standardvertragsklauseln gerade für konzerninterne
    Datenverarbeitung interessant und gut handhabbar,
    insbesondere bei zentralisierter IT-Servicegesellschaft
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RA und FA IT-Recht Dr. Sascha Vander, LL.M.
CBH Rechtsanwälte
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                     Dr. Sascha Vander, Neue Standardvertragsklauseln AVV EU   18
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