Neuer START - Wahl Behindertensportler*in des Jahres 2023 - beim Behinderten-Sportverband Niedersachsen
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Ausgabe 1 · 2023 · H 8764 E neuer START Offizielles Magazin des Behinderten-Sportverbandes Niedersachsen Fotos: Das Fahrgastfernsehen. Axel Herzig Wahl Behindertensportler*in des Jahres 2023 Förderer des Behindertensports in Niedersachsen
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Liebe Leserinnen und Leser, Inhalt für das Jahr 2023, dessen erster Monat nun auch schon wieder der Wahl Behindertensportler*in Vergangenheit angehört, wünsche ich Ihnen persönlich wie auch Ih- Marcel Adam 4 ren Angehörigen und Vereinsmitgliedern alles Gute und freue mich Tina Deeken 5 auf die weitere erfolgbringende Zusammenarbeit! Phil Grolla 6 Ein Highlight steht auch diesmal gleich am Beginn des Jahres: Vom Norbert Hase 7 10. Februar bis zum 08. März findet zum 23. Mal die landesweite Kirstin Linck 8 Wahl „Behindertensportler*in des Jahres“ statt, erneut ermöglicht Christophe Schuler 9 durch die großzügige und engagierte Unterstützung unserer Spon- Aus dem Leistungssport soren, Förderer und Medienpartner. Ich bin Ihnen dankbar, wenn Sie Para Ski Nordisch 12 sich an der Wahl aktiv beteiligen und auch in Ihren Netzwerken die WM-Medaille für Steffen Lehmker 13 Werbetrommel rühren. Wir stellen Ihnen in dieser Ausgabe unsere Hannover United mit neuen Rollis 14 herausragenden Kandidat*innen ausführlich vor. Auch diesem Jahr BSN-Info sind wir stolz Ihnen motivierte und ehrgeizige Sportler*innen, die Neu beim BSN 15 im vergangenen Jahr durch außergewöhnliche Leistungen auf sich Potenziale des Rehasports 16 aufmerksam gemacht haben, präsentieren zu können. Erfahrungsbericht Rehasport bei Erkrankungen Innere Medizin 17 Wie immer gibt es attraktive Preise für die Wähler*innen und Verei- Erfahrungsbericht Rehasport bei psychischen Erkrankungen 19 ne zu gewinnen Bitte motivieren Sie also im Verein, im Freundes-, Familien- und Kollegenkreis nach Kräften zur Teilnahme. – Unsere Sportler*innen haben es verdient! Mit sportlichen Grüßen Ihr Impressum Herausgeber: Behinderten-Sportverband Niedersachsen e. V. Neuer Start Verlag GmbH, Ferdinand-Wilhelm-Fricke-Weg 10, 30169 Hannover, Tel.: 0511/1268-5111, Fax: 0511/1268-4-5111, e-mail: info@neuerstart.de Karl Finke (Präsident) Homepage: www.neuerstart.de, Geschäftsführer: Gerhard Müller Redaktion: Hannes Hellmann, BSN-Geschäftsstelle, Mail: hellmann@bsn-ev.de Anzeigen: Udo Schulz, Stolzestr. 37, 30171 Hannover Tel.: 0151 14949519, e-mail: anzeigen.schulz@web.de Layout & Druck: www.diaprint.de Neuer Start erscheint sechsmal jährlich im Februar, April, Juni, August, Oktober, Dezember bei Neuer Start Verlag GmbH, Anschrift siehe Herausgeber. Er wird über die Mitgliedsvereine des Behinderten-Sportverbandes Niedersachsen e. V. den Mit- gliedern zugestellt. Redaktionsschluss ist jeweils der 10. des Vormonats. Editorial 1·2022 neuer start · 3
Marcel Adam VfL Grasdorf/Team BEB Motivation durch Respekt und Anerkennung „Du kannst gern draufhämmern“, ruft Jens Janisch. Und was sein Schützling ihm daraufhin präsen- tiert, sollte den Bundesstützpunkttrainer durchaus zufriedenstellen. Marcel Adam pariert hochkonzen- triert, reaktionsschnell und mit kraftvollen Schlägen so ziemlich jeden Ball, der ihm zugespielt wird. In der bereitgestellten Kunststoff box befinden sich ca. 720 Bälle, gut die Hälfte davon wird über das Netz geschlagen und muss am Ende wieder zusammengefegt und zurück in die Kiste sortiert werden. Was die beiden hier trainieren, hat mit dem weitläufig bekannten „Federball“ rein gar nichts zu tun. Badminton ist erwiesenermaßen die schnellste Ballsportart der Welt, und Marcel Adam vom VfL Gras- dorf/Team BEB betreibt Para Badminton unter fast professionellen Bedingungen. Diese haben ihm im Jahr 2022 bei hochkarätigen internationalen Turnieren in Irland und Spanien Top-Platzierungen eingebracht. Beim Weltranglistenturnier in Kanada schaffte er zudem seinen allerersten Turniersieg überhaupt. Seither steht der Linkshänder im weltweiten Ranking in der Startklasse SL4 (stehend) auf dem vierten Platz. Unter fast professionellen Bedingungen? „Der Sport nimmt sehr viel von meinem Leben ein, gerade auch durch die Reisen zu den Turnieren. Aber ich arbeite auch halbtags als Steuerfachangestellter,“ erzählt Marcel, der von Geburt an mit einer rechtsseitigen Hemiparese lebt. Glück- licherweise ist sein Arbeitgeber sehr entgegenkommend und ermöglicht dem Sportler, Fehlzeiten durch Überstunden auszugleichen oder online zu arbeiten. „Aus datenschutzrechtlichen Gründen darf ich keine Unterlagen aus dem Büro mitnehmen, aber was möglich ist, mache ich während der Turnierwochen.“ Der Alltag von Marcel ist strikt geregelt. Zwei- bis dreimal am Tag trainiert er an sechs Tagen in der Woche, hinzukommen Trainingslager, Lehrgänge und die Ligaspiele für seinen Verein. „Wenn ich zu Hause bin, spiele ich die Spieltage mit.“ Die sieben Termine zwischen September und März lassen sich meist ganz gut mit dem Leistungstraining vereinbaren. „Aber die internationalen Turniere gehen natürlich vor“, betont der Athlet. Bewusste Entscheidung für den Leistungssport Im Alter von sechs Jahren kam Marcel das erste Mal mit Badminton in Kontakt. „Meine Mutter hat damals gespielt und mich einfach mal mit- genommen.“ Viele Jahre spielte er auf Freizeitniveau, erst 2015 ist er in den Leistungssport gewechselt. „Michael Mai vom Niedersächsischen Badmintonverband gibt häufig Trainingsabende in Vereinen. Zu dem Zeitpunkt hatte ich gerade eine Operation am Fuß hinter mir und konnte nicht teilnehmen, bin aber trotzdem in die Halle gegangen, um mir sein Training anzuschauen.“ Nach einem Gespräch mit Mai, der von 2015 bis 2018 Bundestrainer Para Badminton war, hatte Marcel seine Entscheidung für den Leistungssport getroffen. Seitdem galt es, wie in jeder Sportart, Höhen und Tiefen zu bewältigen. „2019 musste ich wegen meiner Ausbildung sportlich etwas kürzer treten“, erinnert er sich. Aber die Erfolgstendenz war grundsätzlich positiv. Und dann ist da noch der ganz große Traum von einer Teilnahme bei den Paralympics. Nachdem der Hildesheimer 2021 die ersten größeren Erfolge eingefahren und starke Gegner geschlagen hatte, wurde aus der Idee „Paralympische Spiele“ immer mehr ein Plan. „Gewinnen hat einfach Spaß gemacht, ich habe mich spielerisch weiterentwickelt und wurde zunehmend von meinen Konkurrenten respektiert. Das hat mich motiviert, Gas zu geben und die Paralympics-Quali zu schaffen“, sagt er. Die ersten Turniere im Februar, insgesamt 13 Termine in 2023 und weitere zwei Turniere im nächsten Jahr werden für Paris 2024 von Bedeutung sein. Ebenso ein gutes Abschneiden bei den Weltmeisterschaften und den Europameisterschaften. „Ich sollte nach Möglichkeit im- mer mindestens ins Viertelfinale kommen, um meinen vierten Weltranglistenplatz zu halten“, formuliert er die Meilensteine. Die sechs besten Turnierergebnisse gehen am Ende in die Qualifikationswertung ein. Ein hartes Stück Arbeit! Da ist es wichtig, dass der 28-Jährige zwischendurch seine Aus- und Erholungszeiten hat. „Ich möchte gern ein eigenes Haus auf dem Land haben. Wenn ich morgens durchs Fenster auf ein Feld schauen kann, ist das sehr schön!“ Auch die Zeit mit seiner Freundin Lena Seibert – ebenfalls eine erfolgreiche Badmintonspielerin – ist ihm sehr wichtig. Ein Hobby betreibt Marcel zurzeit hingegen nicht. „Das Training und die Arbeit lasten mich sehr gut aus – da habe ich gar nicht mehr das Bedürfnis nach einem Hobby“, sagt er. Und so wird Marcel mit der Unter- stützung seiner Familie, seines Arbeitgebers und des Team BEB seinen Fokus auf die Qualifikation für die Paralympics 2024 legen. Und mit Sicherheit im Training noch ein ums andere Mal ordentlich „draufhämmern“. Text: Heike Werner/Portraitfoto: Das Fahrgastfernsehen. Axel Herzig 4 · neuer start 1·2023 Wahl Behindertensportler*in
Tina Deeken SSF Obernkirchen/VfL Eintracht Hannover Eisschwimmen – keine Angst vorm Zittern Nein, Tina Deeken friert nicht gern. Und auf Fragen wie „Ist das nicht kalt?“ mag sie eigentlich gar nicht antworten. Natürlich ist eine Wassertemperatur von unter fünf Grad Celsius nichts, was mit der heimischen Badewanne oder einem gut geheizten Freibad mithalten kann. Und dennoch: Die 46-Jährige, die für die SSF Obernkirchen und den VfL Eintracht Hannover bei Wettkämpfen an den Start geht, ist mit einer Leidenschaft Para Eisschwimmerin und Triathletin, die ihresgleichen sucht. Diese Leidenschaft ist kaum zu glauben, wenn man erlebt, wie sehr es ihren ganzen Körper nach dem Schwimmen im eiskalten Nass vor Zittern durchschüttelt. „Aber durch das Zittern wird man ja wieder warm“, sagt sie achselzuckend. Im Winter 2022 hat ihr dieser ungewöhnliche Sport insgesamt sieben Weltmeistertitel im Para Eisschwimmen eingebracht. Über 500, 250, 100 und 50 Meter Freistil, über 100 und 50 Meter Brust sowie über 50 Meter Rücken. Insgesamt hängen dementsprechend im hei- mischen Wohnzimmer in Hannover zwei Kilogramm Edelmetall. „Auf die bin ich schon ein bisschen stolz“, sagt die Athletin ein wenig verlegen. Medaillen und die damit zusammenhängenden Erfolge sind Tina gar nicht so wichtig. „Was mir mehr bedeutet, ist die Anerkennung für mei- ne Leistung vor allem von Menschen, die Vergleiche ziehen können. Manchmal wundere ich mich ja selbst, dass ich so schnell schwimme“, sagt sie. Und das in solch kaltem Wasser. Aktuell liegen ihre Zeiten beim Eisschwimmen nur wenig über den Zeiten aus dem Hallenbecken. Eindrucksvoll, wenn man bedenkt, dass die Muskulatur durch die Kälte und je länger die Schwimmstrecken werden immer schlechter ange- steuert werden kann. „Deshalb schwimme ich höchstens 500 Meter“, sagt sie. Die eigenen Grenzen zu kennen, ist beim Eisschwimmen das Entscheidende. Und auf die Signale des Körpers zu hören. Dabei ist nicht nur die Wassertemperatur entscheidend. „Wenn ich aus dem kalten Wasser komme und mich in der Sonne aufwärmen kann, ist die Gefahr der Unterkühlung geringer, als wenn ich bei minus drei Grad nass im Wind stehe.“ Ohnehin empfindet sie das Schwimmen im eisigen Nass weit weniger herausfordernd, als sich hinterher schnell wieder warm anzuziehen. Es dauert bei ihr durch die Orthesen und Gehstöcke einfach länger als bei anderen. Von Erfrierungen oder Kreislaufproblemen ist die Athletin bisher verschont geblieben. Auch, weil sie sich dessen bewusst ist, was alles passieren kann. Das ist mindestens so wichtig, wie sich langsam an die Kälte zu gewöhnen, niemals allein in einen kalten See oder Fluss zu steigen und immer mit einer Rettungsboje zu schwimmen. Bleibt die Frage: Warum das alles? Die Freiheit des draußen Schwimmens „Eisschwimmer sind ganz besondere Menschen und noch eine Spur verrückter als die ‚normalen‘ Freiwasserschwimmer“, sagt Tina augen- zwinkernd. „Ich war anfangs der festen Überzeugung, dass das nichts für mich ist. Ausprobiert habe ich es 2018 in einem schönen Oktober mit Außentemperaturen von 20 Grad, und das Wasser hatte 15 oder 16 Grad – da fand ich das noch nicht so schlimm. Mit der Zeit habe ich mich dran gewöhnt, in immer kälterem Wasser zu schwimmen.“ Auf diese Art könne sie das geliebte „draußen Schwimmen“ nach der Schließung der Freibäder im Herbst verlängern. „Es ist ein Stück Freiheit in der Natur zu schwimmen, und hinterher bin ich einfach besser drauf, auch wenn es bitterkalt ist“, schwärmt sie. Und die Behinderung? Ist eigentlich schnell erzählt. Ein angeborener Hüftschaden verbot im Jugendalter das Tennisspielen, es gab Komplika- tionen bei der notwendigen Operation, und der Ischiasnerv wurde so sehr geschädigt, dass das linke Bein seither gelähmt ist. An Tennisspielen war nicht mehr zu denken. Schmerzen, eine Ganzbeinorthese und eine Kniegelenksorthese für das bändergeschädigte rechte Bein verhinder- ten das. „Aber beim Schwimmen, das ich in der Grundschule schon gemacht habe und irgendwann langweilig fand, habe ich relativ schnell gemerkt, dass das gut gegen die Schmerzen ist und die Spastik abmildert.“ Schnell wurde das Schwimmen zur täglichen Routine. Dass sie überhaupt wieder schwimmt, hat die Förderschullehrerin einem Kollegen zu verdanken, der sie 2013 jeden Morgen mit ins Freibad nahm, weil er für einen Triathlon trainieren wollte. Ein Jahr später war es dann auch für Tina soweit: Der erste „Zwei-Drittel-Triathlon“ stand an. „Ich habe immer befürchtet, dass ich Ärger bekomme, wenn ich nach dem Radfahren aufhöre“, erinnert sie sich. Durch Unterstützung der Niedersächsi- schen Lotto-Sport-Stiftung und eines privaten Spenders konnte sie sich schließlich einen Rennrollstuhl kaufen, mit dem sie seitdem die dritte Disziplin – das Laufen – absolviert. „Ich hatte die Wahl, mich aufs Sofa zu legen und sauer zu sein, weil ich keine Ballsportart mehr machen kann, oder etwas aus meiner Situation zu machen.“ Text: Heike Werner/Portraitfoto: Das Fahrgastfernsehen. Axel Herzig Wahl Behindertensportler*in 1·2023 neuer start · 5
Phil Grolla VfL Wolfsburg/Team BEB Mit Strategie und Konstanz nach Paris Endlich ist der Knoten geplatzt! Die Saison 2022 war für Phil Grolla außerordentlich erfolgreich. Über 100 Meter lief der Para Leichtathlet nicht nur eine persönlich Bestzeit und blieb erstmals in seiner Kar- riere unter der magischen elf Sekunden-Marke. Er stellte mit seiner Zeit von 10,88 Sekunden auch ei- nen neuen Deutschen Rekord in seiner Startklasse auf. Doch damit nicht genug: Mit der 4x100- Meter- Staffel lief er zusammen mit Johannes Floors und Markus Rehm aus Leverkusen sowie dem Wetzlarer Felix Streng sensationell zu einem neuen Weltrekord. Sie unterboten die bisherige Bestmarke der USA um 21 Hundertstelsekunden auf 40,52 Sekunden. Es läuft! Und gibt dem 22-jährigen Sprinter vom VfL Wolfsburg/Team BEB, dem von Geburt an der linke Unterarm fehlt, mehr als genug Motivation für die nächsten großen Ziele. Einmal mehr hat sich für Phil der Umstieg auf die Sprintstrecken ausgezahlt. Denn ursprünglich war der großgewachsene Athlet ein äußerst talentierter Diskuswerfer, der international Chancen auf vorde- re Platzierungen hatte. Ehrgeiz, Zielstrebigkeit und Motivation waren reichlich vorhanden, um große Ziele zu erreichen. Doch Phil wäre nicht da, wo er aktuell steht, wenn er nicht auch ein Denker und Stratege wäre. Nachdem das Diskuswerfen mit Blick auf die Spiele 2020 bzw. 2021 in Tokio in seiner Startklasse aus dem paralympischen Programm genommen worden war, setzte er ganz auf den Sprint – zu Recht, wie seine Entwicklung zeigt! Das Ziel Paralympics rückt immer näher, Phil peilt die Spiele 2024 in Paris an. „Als ich für Tokio nicht nominiert wurde, obwohl meine Zeiten eigentlich schon gut waren, hat mich das sehr beschäftigt. Daran hatte ich echt zu knabbern. Inzwischen ist meine Aus- gangsposition mit der neuen Bestleistung deutlich besser. Ich gehe positiv an das Ziel Paris heran und werde alles dafür tun, dass man an mir einfach nicht vorbeikommt“, sagt er selbstbewusst. Neben den sechs Trainingseinheiten pro Woche, den Trainingslagern und Lehrgängen absolviert Phil eine Ausbildung zum Immobilienkauf- mann. Sein Arbeitgeber zeigt sich kulant, wenn es darum geht, den Hochleistungssport so professionell wie möglich ausüben zu können. „Als ich die Ausbildung begonnen habe, habe ich von Anfang an mit offenen Karten gespielt und gesagt, welche Bedeutung der Sport für mich hat und auf welches Ziel ich hinarbeite. Von meinem Arbeitgeber bekomme ich eine super Unterstützung, so dass ich zum Beispiel für Trainings- lager freigestellt werde“, erzählt er. Flexible Arbeitszeiten tragen einen weiteren Teil dazu bei, dass die Rädchen perfekt ineinandergreifen. Meilenstein Weltmeisterschaften So sollte einer Teilnahme an den Paralympics in Paris eigentlich kaum etwas im Wege stehen, sofern Phil verletzungsfrei und gesund bleibt. Doch bis zu den Spielen 2024 müssen noch einige Herausforderungen gemeistert und Zwischenziele erreicht werden. Abgesehen von weite- ren Bestzeiten, benötigt er auch ausreichend Weltranglisten-Wettkämpfe, wie den Grand Prix in Nottwil (Schweiz). Denn wenn er seine Platzie- rung in diesem für die Nominierung ebenfalls ausschlaggebenden Ranking von aktuell Platz sechs mindestens auf Rang vier verbessert, steigen seine Chancen. Auch die Weltmeisterschaften 2023 dürften ein Meilenstein auf dem Weg zum ganz großen Ziel sein. Zumal die Titelkämpfe im Juli in Paris stattfinden werden und so die Gelegenheit bieten, erste Frankreich-Luft zu schnuppern. Schade findet Phil es allerdings, dass die zuletzt so erfolgreiche 4x100-Meter-Staffel vorerst wahrscheinlich keine Chance auf ein Revival haben wird. „Sie ist seit 2019 nicht mehr paralympisch, stattdessen gibt es eine Mixed-Staffel mit Rollstuhlfahrern. Ich finde aber, dass das Reglement und die Zusammensetzung an sich für Zuschauerinnen und Zuschauer schwer nachvollziehbar ist“, bedauert der Sprinter. Und so hofft er, dass es für das Erfolgs-Quartett zumindest außerhalb der ganz großen Wettkämpfe die eine oder andere Gelegenheit geben könnte, ihren eigenen Weltrekord womöglich zu toppen. „Wir hoffen dabei auch auf weitere Staffeln, denn je mehr in der Weltrangliste auftauchen, umso stärker steigen die Chancen, dass dieser spektakuläre Wettbewerb wieder paralympisch wird“, sagt Phil. Bis es soweit ist, wird sich der 22-Jährige weiter auf sich selbst konzentrieren und seine Etappenziele strategisch und mit Bedacht angehen. „Nach und nach möchte ich die Zeit möglichst in Zehntelschritten immer weiter runterschrauben. Erst einmal ist es aber wichtig, dass ich in der kommenden Saison konstant unter elf Sekunden und vor allem immer technisch sauber laufe.“ Und wenn dann auch noch das notwendige Quäntchen Glück dazukommt, sollte der heiß ersehnten Teilnahme an den Paralympics in Paris nichts mehr im Wege stehen. Text: Heike Werner/Portraitfoto: Das Fahrgastfernsehen. Axel Herzig 6 · neuer start 1·2023 Wahl Behindertensportler*in
Norbert Hase Vareler Turnerbund „Ich will die Menschen von der Couch holen“ 800 Mitglieder hat der Verein PingPongParkinson (PPP) in Deutschland. Und das, obwohl der Verein erst im Jahr 2020 ins Leben gerufen wurde. „Wir haben uns damals mit sieben Personen zusammen- getan und den Verein gegründet. Inzwischen gibt es in Deutschland 120 Vereine für Parkinson Tisch- tennis. Die schießen wie Pilze aus dem Boden“, sagt Norbert Hase nicht ohne Stolz. Der 55-jährige Tischtennisspieler vom Vareler TB ist selbst an Parkinson erkrankt und erlebt am eigenen Leib, wie positiv sich der Sport auf seine Gesundheit auswirkt. „Ich kann mich viel besser bewegen, nachdem ich Tischtennis gespielt habe“, sagt er. So wie ihm geht es vielen anderen Menschen, so dass die Ver- eine, die Parkinson Tischtennis anbieten, stetigen Zulauf an neuen Mitgliedern haben. 2017 wurde PingPongParkinson in den USA gegründet. Die rasante Entwicklung des Sports führte schließlich dazu, dass es 2019 die erste Weltmeisterschaft gab. Bei seiner ersten WM Ende 2021 ist Norbert über- raschend Vize-Weltmeister im Einzel und Weltmeister im Mixed geworden. Der Auftakt zu einer Er- folgsserie. 2022 folgten ein zweiter und ein dritter Platz bei den German Open, drei Titel bei den Portugal Open im Einzel, Doppel und Mixed. Im Oktober 2022 wurde er erneut Vize-Weltmeister. Was für ein Jahr! Zugegeben, Parkinson Tischtennis ist eine sehr junge Disziplin. „Aber der Bedarf ist da und das Niveau steigt“, sagt Norbert. Er selbst spielt bereits sein ganzes Leben Tischtennis, davon 43 Jahre in einem Verein. Das erste Mal hatte er im Alter von zwei Jahren einen Schläger in der Hand, als er kaum über die Tischkante schauen konnte. „Aber meine Schwester hat damals schon gespielt, und ich wollte immer unbedingt mit ihr spielen“, erinnert er sich. Auch der ältere Bruder war viele Jahre im Verein aktiv, und zu Hause stand ein Tischtennistisch, solange Norbert denken kann. „Tischtennis gehört einfach schon immer zu meinem Leben dazu.“ Im Alter von zwölf Jahren trat er in Wiesmoor in den Verein ein und wurde in der Jugendmannschaft aktiv. „Meine besten Jahre hatte ich in den 1990ern. Da habe ich viele Turniere erfolgreich auf Bezirksebene gespielt.“ Inzwischen spielt er seit zwei Jahren in der Weltelite im Parkinson Tischtennis mit, bezeichnet sich selbst als Kämpfer- natur und als „Wand, die alles zurückbringt“. Bis zu diesen Erfolgen hatte Norbert Hase aber auch zahlreiche Tiefen zu überstehen. Nicht zuletzt die Diagnose Parkinson im Jahr 2008. Für ihn fast dramatisch: Bereits als Kind hatte er bei einem Nachbarn die Krankheit gesehen und seither immer Angst davor gehabt, einmal selbst betroffen zu sein. „Aber seit der Diagnose ist auch viel Gutes passiert“, sagt er heute. Tischtennis verlangsamt den Krankheitsverlauf Abgesehen von den zahlreichen sportlichen Erfolgen profitiert der 55-Jährige vor allem körperlich vom Tischtennisspielen. Tatsächlich hat eine japanische Studie im Jahr 2020 ergeben, dass Tischtennisspielen die körperlichen Werte nachweislich verbessert. Es wird das Gleichgewicht trainiert, die Reaktionsfähigkeit gesteigert und die Auge-Hand-Koordination verbessert. „Es ist wie ein kleines Wunder und wird in manchen Kliniken schon als Therapiemethode angewendet“, freut sich der Spieler. So ist es nicht verwunderlich, dass Norbert voll und ganz im Tischtennis aufgeht. Neben seinem eigenen Training hat er lange Zeit in seiner Funktion als C-Trainer Gruppen trainiert und setzt sich für Parkinson-Betroffene in Deutschland ein. Seit 2018 ist er aufgrund der Erkrankung, die nicht nur körperliche Einschränkungen, sondern auch Konzentrationsschwierigkeiten mit sich bringt, Rentner. Das gibt ihm die Zeit, um sich mit Leidenschaft seiner neuen Aufgabe zu widmen. Und diese erfüllt ihn in jeder Hinsicht. 50 bis 60 Turniere spielt er im Jahr, unter anderem für den Vareler TB in der Bezirksklasse, den Blau-Weiß Borsum in der Landesliga und eben für PPP. Er motiviert immer wieder Parkinson-Erkrankte, ebenfalls Tischtennis zu spielen, gibt ihnen dadurch neuen Lebensmut und ist ihnen ein wichtiges Vorbild. „Meine Ärz- tin hat mir erzählt, dass Menschen zu ihr kommen, die Zeitungsberichte über mich gelesen haben und nun auch so sein wollen wie ich.“ Das sind oft Menschen, die sich aufgrund ihrer Krankheit jahrelang isolierten und nun den Mut haben, wieder aktiv zu werden. „Es ist toll, sie von der Couch zu holen!“ Was trotz der rasanten Entwicklung der Sportart und des großen Engagements aller Beteiligten noch fehlt, kann Norbert genau benennen: „Ich würde mir wünschen, dass wir irgendwann eine eigene Startklasse bei den Paralympics bekommen und dort starten dürfen.“ Dass er auch endlich einmal Weltmeister werden möchte, schiebt Norbert Hase noch hinterher. Und es spricht für ihn, dass er diesen Wunsch nicht an erster Stelle nennt. Text: Heike Werner/Portraitfoto: Das Fahrgastfernsehen. Axel Herzig Wahl Behindertensportler*in 1·2023 neuer start · 7
Kirstin Linck THC Lüneburg Blindentennis – Freiheit auf dem Platz Suchend tastet Kirstin Linck mit ihrem Tennisschläger über den Boden. So lange, bis sie die taktilen Linien gefunden hat. Hinter der extra für sie installierten Aufschlaglinie, die sich etwas vom Boden abhebt und auch mit den Füßen ertastet werden kann, stellt sie sich auf. Auf den Fußballen wippt sie leicht hin und her und wartet auf das Zuspiel ihrer Trainerin. Der Ball, den diese der 53-Jährigen zuspielt, ist etwas größer und weicher als ein normaler Tennisball und klingelt. Das Spielfeld ist mit 12,80 mal 6,10 Meter halb so groß wie ein normales Tennisfeld. Rein nach Gehör muss nun die Blin- dentennisspielerin den Ball mit dem Schläger treffen und über das Netz zurückschlagen. Kirstin Linck vom THC Lüneburg beherrscht das so gut, dass sie im Jahr 2022 bei den Norddeutschen Meisterschaf- ten Dritte wurde und bei den Deutschen Meisterschaften sogar die Silbermedaille gewann. Durch einen Workshop in Köln lernte Kirstin die noch junge Sportart kennen. Seit 2016 gibt es Blin- dentennis in Deutschland, seit 2019 geht die Sportlerin voll und ganz in dieser neuen Leidenschaft auf. „Ich wünsche mir, dass bald noch mehr Spielerinnen und Spieler dazukommen, damit die Turniere größer werden und wir mehr Gele- genheit haben, miteinander zu trainieren“, sagt die Lüneburgerin. Deshalb engagiert sie sich nicht nur im Zusammenhang mit dem jährlichen Workshop für die Nachwuchsgewinnung, sondern hat auch schon ein Turnier in Lüneburg organisiert, bei dem Menschen mit und ohne Seheinschränkung einmal zum Schläger greifen durften. Sie lädt auch immer wieder Blinde und Menschen mit Sehbehinderung zu sich nach Lüneburg ein, um gemeinsam zu spielen. „Es ist die Komplexität dieser Sportart, die sie so spannend macht. Und für mich persönlich bedeutet Tennis auch, mich ohne Blindenstock völlig frei auf dem Platz bewegen zu können“, erklärt Kirstin ihre Motivation. Überhaupt ist Freiheit für die Athletin sehr wichtig. Seit 30 Jahren lebt sie eigenständig, kauft allein ein, kocht und arbeitet Vollzeit als Verwal- tungsbeamtin beim Land Niedersachsen. Angefangen hatte sie im Bereich Kunst- und Kulturförderung, kümmerte sich später unter anderem um Gefahrenabwehr, Waffenrecht und öffentliches Namensrecht. Inzwischen ist sie für die Personalverwaltung der Polizei verantwortlich. Acht Semester lang hat Kirstin Jura studiert, um „mehr Entscheidungen treffen zu dürfen“, wie sie sagt. Weil sich jedoch ihre Sehbehinderung verschlechtert hatte, und die um 50 Prozent verlängerten Prüfungszeiten einfach zu anstrengend waren, entschloss sie sich schließlich, das Studium abzubrechen. „Aber die Erfahrung möchte ich auf keinen Fall missen“, sagt sie nachdrücklich. „Ich wusste gar nicht, wie schlecht ich sehe“ Kirstin ist mit der Augenkrankheit Retinitis pigmentosa zur Welt gekommen, bei der mehr und mehr blinde Flecken im Sichtfeld entstehen. Aber erst im Alter von etwa drei Jahren diagnostizierten die Ärzte diese Krankheit. Sie schreitet bis zur Erblindung fort und ist unheilbar. „Viele Jahre wusste ich gar nicht, wie schlecht ich sehen kann. Zu Hause herrschte eine gewisse Unsicherheit im Umgang mit dieser Krankheit, so dass wir gar nicht viel darüber gesprochen haben“, erinnert sich Kirstin. Bis zum Alter von 16 Jahren ist sie sogar noch Fahrrad gefahren. „Bis meine Mutter das nicht mehr ertragen hat“, sagt sie schmunzelnd. „Ich habe schweren Herzens eingesehen, dass es zu gefährlich ist. Aber es war ein Stück Freiheit, das ich aufgeben musste“, bedauert sie. Da ist es wieder, das Wort „Freiheit“. „Freiheit bedeutet für mich vor allem, mich ungezwungen bewegen zu können – am Strand zum Beispiel. Wenn ich auf der einen Seite das Meer habe und den Sand unter den Füßen spüre, lasse ich den Blindenstock in der Tasche“, erzählt sie strahlend. „Das ist eine schöne Sache, fordert mich aber auch heraus.“ Aber egal, ob sie – so wie am Strand in Australien – nicht gleich zurückfindet oder auf dem Tennisplatz am Ball vorbei schlägt: „Meine Frustrationsgrenze ist relativ hoch. Ich probiere es einfach immer wieder, bis es klappt.“ Eine Einstellung, die ihr auch im Beruf und im Privatleben hilft. „Da bekommt man auch nicht immer alles so, wie man es haben möchte. Es gibt immer gute und schlechte Tage.“ Damit vor allem im Sport die guten Tage noch zahlreicher werden und sich damit weitere Erfolge einstellen, trainiert Kirstin bis zu vier Mal pro Woche beharrlich auf ihre Ziele hin. Einmal ein Turnier zu gewinnen, gehört ebenso dazu, wie 2023 an den Weltmeisterschaften teil- zunehmen. Einer ihrer größten Wünsche ist allerdings, einmal im Rahmen der Hamburg Open ein Blindentennisturnier zu spielen. Mit ein Grund, warum sie sich für diese spannende Sportart einsetzt. Text: Heike Werner/Portraitfoto: Das Fahrgastfernsehen. Axel Herzig 8 · neuer start 1·2023 Wahl Behindertensportler*in
Christophe Schuler Golfclub Lilienthal Zielstrebig und willensstark zum Erfolg Der weiße Ball ruht auf dem Tee. Konzentriert steht Christophe Schuler am Abschlag. Ein paar Pro- beschwünge, den Blick kurz Richtung Loch, dann holt er aus und schlägt kraftvoll mit dem Schläger gegen den Ball. Dieser fliegt hoch durch die Luft, hüpft ein-, zweimal über das Grün und kommt schließlich zum Stillstand. „Der war sehr gut!“, ruft Mutter Dorothea und strahlt. Christophe jedoch lässt sich in seiner Konzentration kaum stören, geht mit großen Schritten zum Ball, fokussiert diesen erneut und versenkt ihn mit dem Putter im Loch. Zufrieden schaut er drein, sucht mit Blicken die Bestätigung der Mutter. Der 34-jährige Golfspieler hat das Downsyndrom. Mit seiner Zielstrebigkeit und Willensstärke hat er bereits großartige sportliche Erfolge gefeiert. 2022 gewann er bei den Special- Olympics-Landesspielen in Schleswig-Holstein zwei Medaillen. Gold im Level 4, einem Neun-Loch- Turnier, und Silber im Level 1, einer Art Geschicklichkeitswettkampf, bei dem er die Grundschläge präsentieren muss. Bei den Nationalen Spielen von Special Olympics in Berlin wurde er Vierter im Neun-Loch-Wettbewerb. Seit 2010 spielt Christophe Golf. Durch seinen Vater ist er auf diese Sportart aufmerksam geworden und dabeigeblieben. Seine Ausrüstung umfasst inzwischen zwölf unterschiedliche Schläger, denn je nach Länge der Schläge muss er sich für einen bestimmten Schläger entscheiden. Im Rahmen von Special Olympics hat Christophe unglaublich eindrucksvolle Erfahrungen mit und durch den Sport gesammelt. Eines seiner größten Abenteuer war 2019 die Reise zu den World Games nach Abu Dhabi. „Da war es sehr heiß!“, erinnert sich der Golfspieler. Es war das erste Mal, dass er ohne seine Eltern eine solch große internationale Reise angetreten hat. Seitdem gehören große Ereignisse zu seinem sport- lichen Leben dazu. Golf spielt im Leben des jungen Mannes eine wichtige Rolle. Drei Mal pro Woche trainiert er beim Golfclub Lilienthal in einer inklusiven Trai- ningsgruppe seine Fertigkeiten und arbeitet Schlag für Schlag an seiner Präzision. Außerdem arbeitet er seit einigen Jahren als Greenkeeper auf dem Gelände. „Zu meinen Aufgaben gehört das Bälle einsammeln von der Driving Range, ich muss die Bälle waschen, die Maulwurfhügel plattmachen, die Bunker harken und den Rasen mähen“, erzählt er. Bei all dem ist Christophe äußerst penibel und gründlich. Überhaupt sind ihm die täglichen Routinen wichtig, geben ihm Sicherheit im Alltag. Unvorhergesehenes stellt ihn vor große Herausforderungen, wie zum Beispiel die Verspätung einer Straßenbahn. In verschiedenen Bereichen bewegt er sich jedoch selbständig. Kurze Wege und natürlich die Un- terstützung seines Umfeldes helfen Christophe dabei, sich zurechtzufinden. Vielseitig interessiert Im Niels-Stensen-Haus, das von der Stiftung Leben und Arbeiten in Lilienthal betrieben wird, wohnt Christophe in einer Gruppe mit sieben weiteren Personen, die allesamt mit einer Behinderung leben. Er hat sein eigenes Zimmer, teilt sich Küche und Aufenthaltsräume mit den anderen und fühlt sich dort sehr wohl. Wichtige Freundschaften sind über die Jahre entstanden, so dass er in seiner Freizeit mit ihnen ins Kino geht oder auch mal in ein Schnellrestaurant – „aber nicht zu oft“, wie Christophe betont. Wie seine Eltern ist er ein begeisterter Opern-Fan und hat auch schon ein Konzert der Wiener Philharmoniker besucht. Überhaupt ist der 34-Jährige vielseitig interessiert. „Ich fahre gerne Ski in Österreich“, erzählt er. Regelmäßig spielt er Badminton und hat den modernen Ausdruckstanz für sich entdeckt. In einer inklusiven Gruppe von 25 Tänzer*innen bewegt er sich gern zu Musik. Christophe ist ein geselliger Mensch und möchte möglichst selbständig leben und Entscheidungen treffen. „Im Rahmen seiner Möglichkei- ten unterstützen wir das natürlich auch“, betont seine Mutter. Dort, wo er sich auskennt, zeigt er sich kompetent und sicher. Und auch seine Wünsche formuliert der Golfspieler sehr deutlich. „Ich möchte bei den Special Olympics Weltspielen im Unified Team mit Maik zusammen antreten.“ Dafür trainiert er eifrig auf dem Golfplatz – auch im Winter. Ein Unified Team besteht bei den Special Olympics immer aus einem Sportler mit und einem ohne Behinderung. Maik ist ein ehemaliger Mitarbeiter des Niels-Stensen-Hauses. Doch abgesehen vom Sportlichen freut sich Christophe auch wieder auf die große Geselligkeit bei den Spielen und hofft nicht zuletzt deshalb, 2023 wieder für die World Games nominiert zu werden. Dass er dann hochkonzentriert und zielsicher seine Bälle schlagen wird, versteht sich natürlich von selbst. Doch vorher freut er sich auf die Gala anlässlich der Wahl „Behindertensportler*in des Jahres“ und hofft selbstverständlich darauf, zu gewinnen. Gewinnen macht ihm schließlich großen Spaß! Text: Heike Werner/Portraitfoto: Das Fahrgastfernsehen. Axel Herzig Wahl Behindertensportler*in 1·2023 neuer start · 9
ĞƌĞŚŝŶĚĞƌƚĞŶͲ^ƉŽƌƚǀĞƌďĂŶĚEŝĞĚĞƌƐĂĐŚƐĞŶƉƌćƐĞŶƟĞƌƚ͗ DIE 23. WAHL BEHINDERTENSPORTLER*IN DES JAHRES 2023 WÄHLEN SIE IHRE*N FAVORIT*IN Marcel Adam, VfL Grasdorf/Team BEB Bei Top-Turnieren in Spanien und Irland belegte der 28-jährige Para Badmintonspieler mit einer Hemiparese im Jahr 2022 den zweiten Platz. Beim Weltranglistenturnier in ĞŝĐŚƚĂƚŚůĞƚ͕ĚĞŵĚĞƌůŝŶŬĞhŶƚĞƌĂƌŵĨĞŚůƚ͕ĞŝŶĞŶĚĞƵƚƐĐŚĞŶZĞŬŽƌĚĂƵĨ͘ĂƌƺďĞƌ ŚŝŶĂƵƐůŝĞĨĞƌŵŝƚĚĞƌϰdžϭϬϬͲDĞƚĞƌͲ^ƚĂīĞůtĞůƚƌĞŬŽƌĚ͘ Norbert Hase, Vareler Turnerbund ĞƌϱϱͲũćŚƌŝŐĞWĂƌŬŝŶƐŽŶdŝƐĐŚƚĞŶŶŝƐƐƉŝĞůĞƌǁƵƌĚĞŝŵ:ĂŚƌϮϬϮϮsŝnjĞͲtĞůƚŵĞŝƐƚĞƌ ƵŶĚŐĞǁĂŶŶďĞŝĚĞŶWŽƌƚƵŐĂůKƉĞŶŝŵŝŶnjĞů͕ŽƉƉĞůƵŶĚDŝdžĞĚũĞǁĞŝůƐĚŝĞ Goldmedaille. ŝŶĐŬ͕d,>ƺŶĞďƵƌŐ Die 53-jährige Blindentennisspielerin wurde im Jahr 2022 bei den Norddeutschen DĞŝƐƚĞƌƐĐŚĂŌĞŶƌŝƩĞƵŶĚŐĞǁĂŶŶďĞŝĚĞŶĞƵƚƐĐŚĞŶDĞŝƐƚĞƌƐĐŚĂŌĞŶĚŝĞ Silbermedaille. ŚƌŝƐƚŽƉŚĞ^ĐŚƵůĞƌ͕'ŽůĨĐůƵď>ŝůŝĞŶƚŚĂů Bei den Special Olympics Landesspielen in Schleswig-Holstein gewann der 34-jährige >ŝůŝĞŶƚŚĂůĞƌŵŝƚŽǁŶƐLJŶĚƌŽŵĚŝĞ'ŽůĚŵĞĚĂŝůůĞŝŵ'ŽůĨƵŶĚǁƵƌĚĞďĞŝĚĞŶ EĂƟŽŶĂůĞŶ^ƉŝĞůĞŶsŝĞƌƚĞƌ͘ &ŽƚŽƐ͗ĂƐ&ĂŚƌŐĂƐƞĞƌŶƐĞŚĞŶ͘džĞů,ĞƌnjŝŐ
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AUS DEM LE STUNGSPORT Steffen Lehmker/Foto: Ralf Kuckuck, BSN Para Ski nordisch – keine Distanzen für Tagesausflüge, geschweige denn fürs Feier- Das Privileg des Jongleurs abendtraining. Statt mit Langlaufskiern sammelt Steffen Lehmker seine Trainingskilometer überwiegend mit Skirollern auf Asphalt. Steffen Lehmker startet für den WSV Clausthal-Zellerfeld/Team BEB „Die Abläufe im Körper sind ähnlich. Wenn ich wieder auf Schnee bei der WM in Östersund (20. - 29.01.2023) und wird seit mehreren bin, komme ich relativ gut rein in die Bewegung“, sagt er. Trotzdem Jahren durch den BSN gefördert. bräuchten Sehnen und Bänder eine Weile für die Verarbeitung. Eins Anlässlich der WM hat Benjamin Schieler den erfolgreichen Winter- zu werden mit den Skiern und dem Untergrund, in ein wahrhafti- sportler portraitiert: ges Flow-Gefühl zu kommen, das klappt nicht von jetzt auf gleich. Nach fast dreijähriger berufs- und pandemiebedingter Wettkampf- Umso mehr genoss Lehmker die Zeit beim Vorbereitungslehrgang in pause mischt Steffen Lehmker wieder im Para-Ski-nordisch-Welt- Toblach (Südtirol) Anfang des Jahres, nachdem der Bundestrainer geschehen mit. Bei der WM 2023 in Östersund (Schweden) will der Ralf Rombach feststellte: „Die Schneekilometer und die Komplexein- Paralympics-Medaillengewinner von 2018 aus Niedersachsen in vier heiten haben Steffen gutgetan. Es lief bei ihm jeden Tag ein Stück- Einzelrennen starten. Beim Langlauf-Sprint will Steffen Lehmker das chen besser.“ Allerdings: Aus dem Trainingslager musste Lehmker erste Mal auf die Loipe gehen, danach sind noch drei weitere Ein- vorzeitig abreisen. Die Schulferien waren vorüber. zelstarts geplant. Diese Jonglage mit den Bällen des Alltags als Be- Der Geschmack sportlicher Emotionen rufsschullehrer für die Fächer Wirtschaft und Sport und denen des Aufgrund der beruflichen Belastung und weil pandemiebedingt viele Leistungssports beschreibt sehr treffend die Herausforderungen, mit Wettkämpfe ausfielen, pausierte Steffen Lehmker lange. Sein letzter denen sich der in Bad Bevensen im Landkreis Uelzen beheimatete Weltcup vor Corona war im Januar 2020 in Dresden, seine Rückkehr Lehmker konfrontiert sieht. folgte erst im vergangenen Dezember im finnischen Vuokatti. Im Sehnsucht Schnee Langlauf-Sprint wurde er Zwölfter und stellte fest, dass die Konkur- Früher war vieles einfacher. „Da konnte ich das Studium und den renz in seiner Abwesenheit nicht geschlafen hat. Zumal einige andere Alltag an den Sport anpassen“, sagt er. 2014 begann der frühere Fuß- Nationen Profisportler ins Rennen schicken. Diesen Umstand betont baller und Marathonläufer, der von Geburt an eine Plexuslähmung er zur Einordnung. Nicht – das ist ihm wichtig – um über ungleiche am rechten Arm hat, mit Biathlon und Langlauf. Im Februar 2016 Bedingungen zu klagen. „Der Para Sport in Deutschland hätte mehr feierte er in Finsterau (Bayerischer Wald) sein Weltcup-Debüt, ein Beachtung verdient, damit die Menschen verstehen, wie viel Engage- Jahr später folgte an selber Stelle die WM-Premiere. Inzwischen steht ment hinter all dem steckt“, sagt er. „Aber ich bin dankbar für meine der Alltag in der Rangfolge notgedrungen vor dem Sport. Lehmker Lebensumstände, für die Förderungen und die Unterstützung.“ Der unterrichtet 18 Wochenstunden, etwa genauso viel Zeit investiert BSN etwa verschaffte ihm ein Gewehr. „Es ist für mich ein Privileg, er in Vor- und Nachbereitung. Und daheim wartet die zweijährige Biathlon machen zu können.“ Tochter. „Papa Arbeit“, sage die manchmal, wenn er sich zum Trai- Für die WM 2023 hat er sich vorgenommen, nach den Rennen mit ning umziehe, berichtet er lächelnd. Vollzeit arbeiten, Zeit mit der sich selbst zufrieden zu sein. Weil er spürt, gezeigt zu haben, was Familie verbringen, der Leidenschaft Leistungssport frönen – das in ihm steckt. Zudem hofft er, sich zum Abschluss der Wettkämp- alles unter einen Hut zu bringen, ist komplex. „Es gibt Phasen, da fe am 29. Januar einen Platz in der Staffel ergattern zu können. Mit komme ich mit dem, was ich mir vornehme, nicht hinterher.“ Zumal: ihr verbindet er das emotionalste Erlebnis seiner bisherigen Karriere. Auf Schnee zu trainieren bedeutet für ihn als tief verwurzeltes Kind 2018 bei den Paralympics in Pyeong Chang (Südkorea) gewann er an des Nordens die nächste Herausforderung. Das-Para Ski-nordisch- der Seite von Andrea Eskau und Alexander Ehler (beide ebenfalls in Bundesleistungszentrum im Schwarzwald ist knapp zehn Autostun- Östersund dabei) Bronze im Mixed. „Unglaublich aufregend“ sei das den entfernt, die Skisporthalle im thüringischen Oberhof dreieinhalb gewesen. „Es kam für mich völlig unerwartet.“ Am Ende des Jahres 12· neuer start 1·2023 Aus dem Leistungssport
Voller Konzentration/Foto: Ralf Kuckuck, BSN Die deutsche Bronze-Staffel /Foto: Ralf Kuckuck, BSN wurde das Trio zur Para Mannschaft des Jahres gewählt. Und Steffen WM-Medaille für Steffen Lehmker Lehmker wusste: Von diesen Momenten, die ihm der Leistungssport BSN-Athlet holt Bronze in der Mixed-Staffel schenkt, will er noch mehr kosten. Komme, was wolle. Text: Benjamin Schieler Steffen Lehmker (WSV Clausthal-Zellerfeld/Team BEB) hat bei der Para Ski nordisch-Weltmeisterschaft in der Mixed-Staffel die Bronze- Anmerkung der Redaktion: Wie die WM für Steffen Lehmker ausge- medaille gewonnen. Gemeinsam mit Anja Wicker, Alexander Ehler gangen ist, kann in der nächsten Spalte nachgelesen werden. und Leonie Walter (mit Guide Primin Strecker) konnte der 34-Jährige am letzten Wettkampftag der WM über Edelmetall jubeln. „Alle ha- ben ein Superrennen gemacht, alles gegeben, und dass es am Ende mit Bronze ausgeht, da freuen wir uns riesig“, so Lehmker. Weltmeis- ter wurden die USA vor der Ukraine. Damit nahmen die Titelkämpfe im schwedischen Östersund (21. – 29.01.2023) für Lehmker ein versöhnliches Ende. Der Paralympics- Bronzemedaillengewinner von 2018 war nach fast dreijähriger Wett- kampfpause mit Platz 6 (10 Kilometer), Platz 9 (12,5 Kilometer) und dem Halbfinal-Aus (Sprint) bis zum Start der Mixed-Staffel ohne Medaillenerfolg geblieben. Den Sprung ins WM-Finale der Sprint- Distanz verpasste Steffen Lehmker knapp; es fehlten 0,51 Sekunden. Dank der Medaillenerfolge am letzten Wettkampftag beendet Deutschland die WM mit Platz eins im Medaillenspiegel (8 Gold, 12 Foto: Ralf Kuckuck, BSN Silber, 8 Bronze) vor den USA (8/5/2) und Kanada (7/6/3). Der BSN unterstützt Steffen Lehmker u. a. durch das Spitzensport- team „Team BEB“. Euro-WC-Schlüssel hier bestellen Hans-Werner Eisfeld • Am Eikel 14a • 38259 Salzgitter Tel.: 05341 2251181 • E-Mail: niedersachsen@lv.bsk-ev.org Aus dem Leistungssport 1·2023 neuer start · 13
Tobias Hell erklär tden Kindern eine Übung Rollstuhlbeherrschung mit Ball - keine leichte Aufgabe Hannover United mit neuen Rollis zehn Jahren in kurzer Zeit den Umgang mit dem Sportrollstuhl „Rollstuhlbasketball macht Schule – Sitzenbleiben erwünscht“ und unseren komplexen Sport beizubringen, war herausfordernd– und es war sehr gut, dass wir passende Sportrollstühle dabeihatten. Große Aufregung in der neuen Sporthalle der Grundschule am Wel- Die Kinder waren von Anfang an mit Freude und Energie dabei. fenplatz in Hannover. Ein Transporter fährt vor, und es werden nagel- Ich war echt erstaunt, wie schnell die Schüler*innen es geschafft neue Sportrollstühle ausgeladen. Viele Hände helfen und rollen die haben, das neue Sportgerät zu beherrschen und später auch den Sportrollis in die neue Sporthalle, wo bereits die ersten Schüler*innen Sportrollstuhl, den Ball und den Spielgedanken koordiniert zu be- der 4. Klasse ganz gespannt auf den besonderen Projekttag warten. kommen. Auch echt stark zu spüren, wie das Gemeinschaftsge- Die Rollis glänzen in Mint bzw. Silber, und auf dem Speichenschutz fühl innerhalb der Klasse an diesem Tag gestärkt werden konnte.“ leuchten die Logos der Katarina Witt Stiftung und von John+Bamberg, Die Anschaffung, die Hannover United durch die großzügi- dem führenden Orthopädietechnikunternehmen der Stadt. Zu dieser ge Unterstützung der Katarina Witt Stiftung ermöglicht wur- ersten Einheit kommen die Bundesliga- und Nationalspieler Tobias de, hat sich sehr bewährt. Und so blickt Hannover United mit Hell und Oliver Jantz nebst weiteren Helfenden. Tobi und Olli sind Freude in die Zukunft, weil das bisher erfolgreiche Schulprojekt die Referenten und Experten und schulen die Kinder im Umgang jetzt auch an Grundschulen angeboten werden kann und damit mit den Sportgeräten – den Sportrollis. Vor- und Rückwärtsfahren, auch jüngeren Schüler*innen die neue Sporterfahrung ermög- Bremsen, Slalom, und nach der schnellen Eingewöhnung kommt licht wird. Das Teilprojekt ist eingebettet in das Projekt „Inklusi- dann auch der Ball mit ins Spiel. Dribbeln, Passen und erste Korb- ve Sporterfahrungen – Brücke für gemeinsame Aktivitäten und wurfaktionen sowie zum Abschluss ein Spiel auf die Körbe sorgen inklusives Erleben“, das durch die Aktion Mensch gefördert wird. für einen rasend schnell vergehenden Vormittag. Der neunjähri- ge Elia findet schnell Gefallen an der Sportstunde. „Das bockt voll. Hannover United bedankt sich bei der Aktion Mensch, der Katarina Witt Und dann auch noch mit Dribbeln“, äußert er sich euphorisch. Stiftung und John+Bamberg für die Förderung und Unterstützung. Text: Udo Schulz/Fotos: Maike Lobback Der Projekttag wird im Rahmen der Ganztagsbetreuung an der Grund- schule am Welfenplatz durchgeführt. Verantwortlich für diesen Be- reich ist Simon Oys vom Turn-Klubb zu Hannover. Simon zeigt sich auch begeistert: „Das wird von den Kindern echt super angenommen. Sie hatten vor dem heutigen Tag keine Berührungspunkte mit einem Rollstuhl bzw. einem Menschen, der auf den Rollstuhl angewiesen ist. So gab es viele Fragen, aber schnell stand das Sportgerät im Mittelpunkt. Und am Ende wollten einige Autogramme von den Nationalspielern, und ich bin mir sicher, dass auch der ein oder andere zum nächs- ten Heimspiel in der Rollstuhlbasketball-Bundesliga kommen wird.“ Es haben insgesamt drei Klassen des 4. Jahrgangs teilgenommen. Für die Grundschüler*innen waren die neuen Junior-Sportrollstühle optimal. Das bestätigte auch Hannover-United-Nationalspieler und Referent Tobias Hell: „Dieser Projekttag war auch für mich und Oliver Jantz etwas ganz Besonderes. Kids im Alter von neun und Erste Bewegungserfahrung mit dem Sportrollstuhl 14· neuer start 1·2023 Aus dem Leistungssport
BSN INFO Dagmar Dabrant Office-Management Dagmar Dabrat stellt sich als neue Ansprechpartnerin vor Liebe Lesende, im Dezember 2022 habe ich die Nachfolge von Carina Kalinke als Office-Managerin beim BSN angetreten. Aufgaben, die mir durch meine bisherigen Tätigkeiten in Sportver- bänden und sozialen Einrichtungen gut bekannt sind, werden mir helfen, mich möglichst schnell in die vielfältige Welt des Behinder- tensports einzuarbeiten. Vielfältigkeit ist auch das Stichwort, das mir Katja Ossenkopp bei meiner täglichen Arbeit hier begegnet und für neue Herausfor- derungen und Chancen sorgt. Diese Herausforderungen nehme ich Neu beim BSN gern an frei nach dem Motto: „Wir können den Wind nicht ändern, Ressort Bildung aber die Segel anders setzen“. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit allen Mitstreiter*innen, Es freut mich sehr, dass ich mich Ihnen vorstellen darf. Ich heiße sowohl im hauptamtlichen als auch im ehrenamtlichen Bereich, und Katja Ossenkopp und bin seit dem 20. Juni 2022 Mitarbeiterin beim auf den spannenden Weg der noch vor mir liegt. BSN. Geboren bin ich in Niebüll und wohne mit meiner Familie in Resse/ Wedemark. Meine Tätigkeiten beim BSN liegen in der Sachbearbeitung im Lehr- bereich. Während meiner Selbstständigkeit im Fitnessbereich habe ich viele Erfahrungen in diesem Aufgabenbereich gesammelt. Selbst bin ich auch sehr sportlich im Fitnessbereich. Jetzt freue ich mich auf eine gute Zusammenarbeit und einen regen Austausch. Erreichbar bin ich in der Regel von Montag bis Freitag von 08.30 bis Exopulse Suit Reduziert Spastiken, aktiviert Muskeln 13.00 Uhr. Für Menschen mit neuronalen Erkrankungen kann der Exopulse Mollii Suit zur Verbesserung der Mobilität, des Gleichgewichts, der Blutzirkulation und der damit verbundenen Schmerzen beitragen. Der Anzug ist eine nicht invasive, medikamentenfreie Lösung. Orthopädietechnik im Annastift www.john-bamberg.de | 0511 53584-0 Anna-von-Borries-Str. 2 | 30625 Hannover BSN-Info 1·2023 neuer start · 15
Potenziale des Rehasports 50 Prozent. Während früher die Meinung bestand, dass für Umfangreiche Info-Kampagne des DBS Krebspatient*innen körperliche Ruhe für die Genesung besonders wichtig sei, sind inzwischen die positiven Auswirkungen von körper- Der Mehrwert von Rehabilitationssport im Bereich der orthopädi- licher Aktivität in der Krebsprävention, -therapie und -nachsorge wis- schen Erkrankungen, etwa bei Rückenschmerzen, nach Gelenkersatz senschaftlich bestätigt. oder Operationen, ist vielfach bekannt. Rund 78 Prozent der Angebo- Geistige Behinderungen und Rehabilitationssport te sind in diesem Indikationsbereich anerkannt. Es gibt jedoch weit- Die WHO definiert geistige Behinderungen als eine signifikant ver- aus mehr Erkrankungen, für die spezifischer Rehabilitationssport ringerte Fähigkeit neue oder komplexe Informationen zu verstehen eine Verbesserung der Lebenssituation bewirken und die Teilhabe an und neue Fähigkeiten zu erlernen. Eine geistige Behinderung ist so- Gesellschaft und Arbeitsleben fördern kann. mit sehr vielfältig und tritt in unterschiedlichsten Ausprägungsfor- Der DBS informiert über die vielfältigen Potenziale von körperlicher men auf. Dabei sind nicht nur Auswirkungen auf Kognition und Auf- Aktivität und Sport in der Nachsorge unterschiedlicher Erkrankungen merksamkeit, sondern auch auf Mobilität, Emotionen und Verhalten und stellt die positiven Effekte des Rehabilitationssports dar. möglich. Der Personenkreis wie auch der Sport mit Menschen mit Unter dem Titel „Rehasport ist für mich…“ sprechen Betroffene über einer geistigen Behinderung muss daher sehr differenziert betrachtet ihre Erfahrungen und die positiven Auswirkungen, die sie durch kör- werden. Das Maß der Unabhängigkeit sowie die Betreuung, sind von perliche Bewegung und insbesondere durch Rehabilitationssport in der Art und Schwere der geistigen Behinderung sowie der daraus ent- ihrem Alltag erreichen konnten. Thematisiert werden in der Öffent- standenen individuellen Einschränkungen abhängig. lichkeits-Kampagne des Deutschen Behindertensportverbands unter Psychische Erkrankungen und Rehabilitationssport anderem neurologische und psychische Erkrankungen sowie geistige In Deutschland sind jedes Jahr etwa 27,8 Prozent der erwachsenen Behinderung. Bevölkerung von einer psychischen Erkrankung betroffen, das ent- Herzerkrankungen und Rehabilitationssport spricht rund 17,8 Millionen betroffenen Personen. Zu den häufigsten Das Spektrum der Herz-Kreislauferkrankungen ist breit, doch es sind Erkrankungen zählen Angststörungen (15,4 %), gefolgt von affektiven einige wenige Erkrankungen, die den größten Anteil daran ausma- Störungen (9,8 %, unipolare Depression allein 8,2 %). Körperliche chen. Der Bluthochdruck ist eine der häufigsten Herz-Kreislaufer- Aktivität wirkt sich sowohl bei psychisch Erkrankten als auch bei krankung. Etwa 20 Prozent aller Erwachsenen sind davon betroffen. Gesunden günstig auf die emotionale und geistige Gesundheit aus. Darüber hinaus weisen über drei Millionen Menschen in Deutsch- Umso wichtiger ist es, dass immer mehr Betroffene den Weg in die land eine koronare Herzerkrankung auf. Etwa zwei Millionen Deut- Rehabilitationssportangebote der Sportvereine finden. sche leiden an chronischem Herzversagen oder Herzinsuffizienz, ei- Neurologische Erkrankungen und Rehabilitationssport ner Erkrankung, bei der die Pumpleistung des Herzens immer weiter In Deutschland leben rund 1,6 Mio. Menschen mit Demenz (Stand nachlässt. Körperliche Aktivität und Sport können in der Rehabilitati- 2020). Pro Jahr treten in Deutschland 200.000 erstmalige und on und Nachsorge von Menschen mit Herz-Kreislauferkrankung eine 70.000 wiederholte Schlaganfälle auf. In Deutschland leben ungefähr tragende Rolle spielen. 140.000 Menschen mit Querschnittlähmung – Jahr für Jahr kommen Krebserkrankungen und Rehabilitationssport aufgrund von Unfällen und Erkrankungen ca. 2.400 Betroffene hin- Krebserkrankungen haben weltweit zugenommen und stellen z.B. in zu. Geschätzt 240.000 bis 280.000 Menschen leben in Deutschland, den westlichen Industrienationen nach den Erkrankungen des Herz- die an Parkinson erkrankt sind. Vielen dieser Menschen mit neurolo- Kreislaufsystems die zweithäufigste Todesursache dar. Jedes Jahr gischen Erkrankungen kann Rehabilitationssport helfen, eine größt- erkranken rund 510.000 Menschen in Deutschland neu an Krebs – mögliche Mobilität, Sicherheit und Selbstständigkeit zu erlangen bzw. Tendenz steigend. Die Heilungschancen liegen heutzutage bei etwa zu bewahren. 16 · neuer start 1·2023 Sportivationstage
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