Mut #2 Von Menschen, die sich zurück in die Arbeitswelt aufmachten und dabei nur gewinnen konnten - arbeit plus Wien

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Mut #2 Von Menschen, die sich zurück in die Arbeitswelt aufmachten und dabei nur gewinnen konnten - arbeit plus Wien
#2
                      mut
                      macher
                      innen
       Von Menschen,
        die sich zurück
     in die Arbeitswelt
aufmachten und dabei
nur gewinnen konnten
Mut #2 Von Menschen, die sich zurück in die Arbeitswelt aufmachten und dabei nur gewinnen konnten - arbeit plus Wien
Die Mitgliedsbetriebe von arbeit plus Wien werden von folgenden Einrichtungen gefördert:

ISBN-978-3-200-05917-7
Mut #2 Von Menschen, die sich zurück in die Arbeitswelt aufmachten und dabei nur gewinnen konnten - arbeit plus Wien
Wir können den Wind
nicht ändern,
aber wir können die Segel
richtig setzen.
- Aristoteles
Mut #2 Von Menschen, die sich zurück in die Arbeitswelt aufmachten und dabei nur gewinnen konnten - arbeit plus Wien
VORWORT                                                                               VORWORT
Mag. Christoph Parak                                                                  Mag.a Petra Draxl
Geschäftsführer arbeit plus Wien                                                      Geschäftsführerin des
                                                                                      Arbeitsmarktservice Wien

Wir freuen uns sehr, Ihnen den zweiten Band der „MutmacherInnen“ zu präsen-           Obwohl sich die Lage auf dem Arbeitsmarkt derzeit beständig verbessert,
tieren! Im Vorjahr veröffentlichten wir zum ersten Mal eine Sammlung von Erfolgs-     ist arbeitslos zu werden ein Schicksal, das noch immer viele Menschen trifft.
geschichten unter dem Titel „MutmacherInnen – Von Menschen, die sich zurück in        Auch dass jemand länger als sechs oder zwölf Monate arbeitslos bleibt, ist
die Arbeitswelt aufmachten und dabei nur gewinnen konnten“. Das große Interesse       nicht selten, obwohl es sich für die Betroffenen mitunter so anfühlt. Meist
bewog uns, erneut ehemalige Beschäftigungslose zu Wort kommen zu lassen: Sie          gibt es gleich mehrere Faktoren, mit denen sie zu kämpfen haben. Je länger
erzählen von ihrer Arbeitslosigkeit, von damit verbundenen Sorgen und Nöten und       die Arbeitslosigkeit dauert, desto schwieriger ist es auch, sich mental jobfit zu
von der Hilfe, die sie in sozialintegrativen Unternehmen erhielten. Ihre ehemaligen   halten und seinen Alltag sinnvoll zu strukturieren.
BeraterInnen geben zusätzlich Einblicke in die verschiedenen Arbeitsbereiche und
Unterstützungsmöglichkeiten.                                                          Aber es gibt kompetente Hilfe zur Selbsthilfe! Es kommt nur darauf an, sie zu
Darüber hinaus interessierte uns diesmal, was ArbeitgeberInnen in verschiedens-       nutzen und nicht aufzugeben:
ten Branchen dazu brachte, Langzeitbeschäftigungslosen eine Chance zu geben,
und was sie an den neuen MitarbeiterInnen besonders schätzen. Vor allem aber          Das Arbeitsmarktservice Wien bietet länger Jobsuchenden, die sich in einer
wollten wir wissen, wie die Firmen die Zusammenarbeit mit den sozialen Einrich-       schwierigen Lebenslage befinden, eine Reihe von geförderten Arbeitsplät-
tungen erleben. Ergebnis: Sie sind durch die Bank von der Qualität des gebote-        zen in verschiedenen Beschäftigungsprojekten an. Diese sozialintegrativen
nen Rundum-Services (Schulung, Vorbereitung, Vermittlung, Nachbetreuung etc.)         Unternehmen schaffen Arbeit durch das Bereitstellen von Produkten und
begeistert!                                                                           Dienstleistungen. Arbeitsmarktferne Menschen können so behutsam und be-
Allen Geschichten gemeinsam ist, dass die meisten Betroffenen vor allem Aner-         gleitet den Weg in ein reguläres Beschäftigungsverhältnis und damit in den
kennung, Wertschätzung und eine Job-Chance brauchen. Die arbeit plus Wien-Mit­        1. Arbeits­markt finden. Noch niederschwelliger ist die Vielzahl an kompeten-
glieder geben ihnen genau das und leisten damit einen wertvollen gesellschafts­       ten Beratungs- und Betreuungseinrichtungen, die eine flexible, sehr individu-
politischen Beitrag. Offensichtlich wird anhand der Beispiele auch, dass die          elle Beratung anbieten und auf die verschiedensten Problemlagen eingehen.
Angebote der aktiven Arbeitsmarktpolitik nachhaltig integrativ wirken und so den
gesellschaftlichen Zusammenhalt stützen.                                              Es ist beeindruckend, wie viele Wege zum Erfolg führen, und wie kreativ Hin-
Unser Dank gilt allen, die dieses Buch möglich machten: unseren MutmacherInnen,       dernisse überwunden werden können – die Betroffenen, die hier ausführ-
die sich Zeit für die Interviews nahmen, den BeraterInnen, die den Kontakt zu ihren   lich zu Wort kommen, gemeinsam mit den BeraterInnen, Sozialcoaches und
ehemaligen „Schützlingen“ herstellten und Einblick in ihre Arbeit gewährten, und,     ArbeitsanleiterInnen in den sozialökonomischen Betrieben und Beratungs­
last but not least, den ArbeitgeberInnen. Sie gaben ihren Angestellten die Möglich-   stellen. Die 23 MutmacherInnen in dieser Publikation beweisen es: Mit der
keit, ihre Geschichten zu erzählen, standen für Fragen und Fotos zur Verfügung und    richtigen Strategie und der richtigen Unterstützung kann die Wiedereingliede-
lieferten wertvolles Feedback zur Zusammenarbeit mit unseren Mitgliedern. Die         rung in den Arbeitsmarkt gelingen!
wunderbaren Fotos wurden in bewährter Weise von Andy Urban aufgenommen.

                                                                                                                                                  Mag.a Petra Draxl
                                                        Mag. Christoph Parak                                                                   Geschäftsführerin des
                                            Geschäftsführer von arbeit plus Wien                                                            Arbeitsmarktservice Wien
Mut #2 Von Menschen, die sich zurück in die Arbeitswelt aufmachten und dabei nur gewinnen konnten - arbeit plus Wien
Wir wurden
wirklich gut                                                                                          „Man kann sich die Leute ein paar Tage
betreut.                                                                                                im eigenen Betrieb ansehen. Unbüro­
                                                                                                     kratisch, schnell und unkompliziert.“
           Wiedereinstieg mit Hindernissen                                                                    Johanna Graisy, „Gustl kocht“ (links im Bild)

                                                                                                       „Was wir den Firmen anbieten können,
                                                                                                    ist dieser Service der Personal­auswahl.
           Die berufliche Rückkehr nach der Karenz gestaltete sich für Alexandra Weiß
           besonders schwierig: Sie musste länger zuhause bleiben als geplant, konnte
                                                                                                              Das ist natürlich ein Zuckerl.“
           aber nach langwieriger Arbeitsuche ihre Fähigkeiten mit Unterstützung des                           Tanja Zimmermann, Inigo (rechts im Bild)
           Inigo beweisen.

           Alexandra Weiß ist gelernte Hotel- und       Wiedereinstieg. Besonders freute die
           Gastgewerbe-Assistentin und mochte           heute 38-Jährige, dass sie schließlich
           ihren Job. Als ihr Sohn zur Welt kam, lief   weiterempfohlen wurde:
           leider nicht alles wie geplant: „Er war
           sprachrückentwickelt, wir haben nicht        „Das hebt natürlich das Selbstwert­
           gleich einen Kindergartenplatz für ihn       gefühl, wennst wirklich so lange zu-
           be­kommen, von der Volksschule ganz          hause bist und dann hast da endlich
           zu schweigen. Und Ergodiagnostik, Logo-      eine Hoffnung und denkst dir: ,End-
           pädie, psychiatrische Untersuchungen –       lich, du hast das gut gemacht, du
           das hat mich halt im Berufsleben ziemlich    kannst dich jetzt beweisen.ʼ“
           aufgehalten.“ Schließlich war der Kleine
           gut versorgt, sodass Frau Weiß beruflich     Diese Weiterempfehlung brachte die
           wieder voll durchstarten wollte. Sie be-     jun­ge Mutter zu „Gustl kocht“, das gera-
           warb sich für verschiedene Stellen, aber     de eröffnet werden sollte: Der Chef und
           sie musste feststellen, dass sich die fast   Partnerin Johanna Graisy hatten von
           sechs Jahre Absenz vom Arbeitsmarkt          Anfang an geplant, am Arbeitsmarkt
           fatal auf die Job-Chancen auswirkten.        benachteiligten Menschen eine Chance
                                                        zu geben, und sich ans Inigo gewandt.
           Das AMS vermittelte Alexandra Weiß           Bei einer Einladung ins Lokal konnte er
           ins Inigo, wo sie als Servicemitar-          sich vor Ort von Alexandra Weißʼ Kön-
           beiterin im Restaurant eingestellt           nen überzeugen, es folgte eine 14-tägige
           wurde. „Ich habʼ mich dort total gut         Schulung vor der Eröffnung von „Gustl
           aufgehoben gefühlt, alle waren hilfs-        kocht“, und seit nunmehr drei Jahren ist
           bereit und nett.                             Alexandra Weiß im modernen Bio-Gast-
                                                        haus sehr zufrieden. Es läuft gut, nicht
           Wir hatten genau wie in jedem ande-          zuletzt dank der Unterstützung durch
           ren Lokal Routineaufgaben, Frühdienst,       ihre Mutter: „Die Omis leben hoch!“
           Spätdienst, wir sind dort aber auch
           ziemlich in die Mangel genommen wor-         3 Alexandra Weiß war beim arbeit plus
           den – es musste wirklich alles passen“,      Wien-Mitglied Inigo – Restaurant, Salon
           erinnert sie sich an den praxis­nahen        und Catering (Caritas) beschäftigt.
Mut #2 Von Menschen, die sich zurück in die Arbeitswelt aufmachten und dabei nur gewinnen konnten - arbeit plus Wien
Hinausbegleitet
in ein                                                                                                 „Man muss immer schauen,                Er hat andere Fähigkeiten.
neues Umfeld.                                                                                       was die Menschen gut können.               Er kann halt nicht sprechen,
                                                                                                         Und im Prinzip muss man               aber die Arbeit genauso gut oder
                                                                                                     die Leute gezielt einsetzen.“             besser machen als ein anderer.“
           „Sprachlos“ zum neuen Job                                                                            Michaela Seltenreich-Kohl,     Camillo Stepanek,
                                                                                                             Volkshilfe Wien (links im Bild)   Textilreinigung Stepanek (hinten im Bild)

           Die Kommunikation war die größte Herausforderung: Ismael Koc ist gehör-
           los, hat nie die Gebärdensprache gelernt. Handwerkliches Geschick, Engage-
           ment und eine fernsehende Beraterin, die einen wichtigen Kontakt knüpfte,
           führten zum Erfolg.

           Über WITAF (Arbeitsassistenz für Gehör­-    In der Teppichreinigung Stepanek er-
           lose) war der damals 47-jährige Ismail      wartete den neuen Mitarbeiter neben
           Koc 2014 zur Volkshilfe Wien in den Ar-     körperlich fordernder Arbeit ein sehr
           beitsbereich Reinigung & Schneiderei        gutes Betriebsklima: Trotz der sprach-
           gekommen. Zunächst gestaltete sich          lichen Hürde zeigte Koc hohe soziale
           die Kommunikation schwierig, aber der       Kompetenz, arbeitete sich rasch ein,
           gebürtige Türke, der zuvor schon ein-       wurde fix angestellt und ist mittlerweile
           mal in einer Tischlerei gearbeitet hat-     schon für zwei Bereiche der Teppichrei-
           te, verständigte sich „mit Händen und       nigung zuständig, die er komplett selb-
           Füßen“. Da er sich als „handwerklicher      ständig abwickeln kann. Mit seinen
           Mensch“ erwies, wurde angestrebt, eine      neugewonnenen fachlichen Fähigkei-
           Firma zu finden, in der er seine speziel-   ten schult er KollegInnen ein und ist Vor-
           len Fähigkeiten in der Teppichreinigung     reiter und Vorbild für andere: Camillo
           optimal umsetzen könnte.                    Stepanek nimmt immer wieder Prakti-
                                                       kantInnen der Volkshilfe Wien auf, gibt
           Und hier kommt das Fernsehen ins            fundiertes, ehrliches Feedback, wenn
           Spiel: Personalentwicklerin Michaela Sel-   noch Ausbildungsbedarf besteht, und
           tenreich-Kohl sah einen TV-Beitrag über     hat bereits zwei weitere Mitarbeiter­
           Teppichreinigungsbetriebe im Kampf          Innen übernommen.
           gegen Betrüger – Interviewpartner war
           Camillo Stepanek von der Teppichreini-      Wie bewertet Ismail Koc die Zusam-
           gung Stepanek in Guntramsdorf.              menarbeit mit der Volkshilfe Wien
                                                       beziehungsweise wie zufrieden ist er
           Die engagierte Beraterin nahm mit           mit seinem Job, den er seit nunmehr
           dem Experten Kontakt auf, man traf          über drei Jahren ausübt? Sein brei-
           einander, besuchte den jeweils ande-        tes Grinsen und ein enthusiastisches
           ren Betrieb, der Teppichreinigungs-         „Daumen hoch“ sagen mehr als tau-
           fachmann schaute sich die Ausbil-           send Worte …
           dung bei der Volkshilfe Wien an und
           ermöglichte Ismail Koc ein Praktikum        3 Ismail Koc war beim arbeit plus Wien-
           in seiner Firma.                            Mitglied Volkshilfe Wien beschäftigt.
Mut #2 Von Menschen, die sich zurück in die Arbeitswelt aufmachten und dabei nur gewinnen konnten - arbeit plus Wien
Vom Transit-
mitarbeiter zur                                                                                        „Ich habe eine Top-Leiterin      „Erhan Urhanoglu bildet eine
Führungskraft.                                                                                           gehabt, die mir viele Fort-     wichtige Schnittstelle,
                                                                                                         bildungen angeboten hat.        um den Bereich der Reinigung bei
           Karriere auf Umwegen                                                                    Dort habe ich viel dazugelernt.“      uns professionell zu führen.“
                                                                                                                      Erhan Urhanoglu   Willi Rohé, Volkshilfe Wien Wohnen mit Service

           Im letzten Jahr seiner Ausbildung schmiss Erhan Urhanoglu die Schule hin –
           ohne Abschluss und Praxis rückte aber eine Beschäftigung in seinem Traum-
           beruf in weite Ferne. Schließlich kam aber doch alles ganz anders und noch
           viel besser!

           Eigentlich war alles perfekt geplant:       KundInnen als auch MitarbeiterInnen
           Erhan Urhanoglu wollte die Handels­         (allesamt TransitmitarbeiterInnen, die
           akademie im Abendkurs absolvieren,          Einschulung und Motivation benöti-
           daneben Geld verdienen. Doch dann           gen) – für den damals erst 25-Jährigen
           kam die Liebe dazwischen – um seine         war es nicht immer leicht, sich durchzu-
           jetzige Frau nach Österreich holen und      setzen und ernst genommen zu werden.
           heiraten zu können, musste er arbei-        Die MitarbeiterInnen wurden mehr, der
           ten und legte daher die Schule auf Eis.     Verantwortungsbereich größer: Erhan
           Bald musste der junge Ehemann aber          Urhanoglus Chefin, die mittlerweile in
           feststellen, dass er ohne Abschluss und     anderer Position bei der Volkshilfe Wien
           Praxis keine Chance auf einen Job in sei-   tätig ist, ermöglichte ihm die Ausbildung
           nem Traumberuf als Buchhalter hatte:        zum Denkmal-, Fassaden- und Gebäu-
           Er absolvierte einen Buchhalter-Kurs,       dereinigungsmeister.
           machte extern die Handelsschul-Ab-
           schlussprüfung – und fand immer noch        Heute leitet der 39-Jährige, der seit
           keine passende Stelle.                      etwa 15 Jahren bei Wohnen mit Ser-
                                                       vice als Haustechniker beschäftigt ist,
           Sein AMS-Berater riet ihm, einen            zusätzlich zu seinen Aufgaben inter-
           anderen Job anzunehmen und ne-              ne und externe Reinigungskurse, die
           benher weiter zu suchen – so kam            auch zur Grundausbildung der Tran-
           Urhanoglu als Transitarbeitskraft in        sitarbeitskräfte gehören.
           der Hausbetreuung zu Volkshilfe
           Wien Wohnen mit Service. Dort er-           Wäre Buchhalter noch ein Thema?
           kannte man bald, welche Fähigkeiten         „Nicht einmal um das doppelte Gehalt
           in dem neuen Mitarbeiter schlum-            würde ich das noch machen. Ich bin ja
           merten, seine Chefin bot ihm die            sehr viel im Außendienst – ich könnte
           Stützpunkt-Leitung an.                      nicht acht Stunden im Büro sitzen“, lacht
                                                       Urhanoglu zufrieden.
           Er bewährte sich, übernahm neue Auf-
           gaben, konnte einen neuen Bereich           3 Erhan Urhanoglu war (und ist) beim
           aufbauen. Seine Position machte ihn         arbeit plus Wien-Mitglied Volkshilfe
           zur ersten Ansprechperson sowohl für        Wien Wohnen mit Service beschäftigt.
Mut #2 Von Menschen, die sich zurück in die Arbeitswelt aufmachten und dabei nur gewinnen konnten - arbeit plus Wien
Das ist mein
zweites                                                                                                     „Das Gute war, dass Job-TransFair
Zuhause!                                                                                               vorgefühlt hat, was man hier für Leute
                                                                                                        brauchen könnte – und es hat gepasst.“
               Fast die Hoffnung verloren                                                               Gerald Schmid, Prayner Konservatorium (links im Bild)

                                                                                                       „Wir haben Frau Seehofer aufgefangen,
                                                                                                                  wir haben sie aufgebaut und
               Als Bernadette Seehofer mit über 50 arbeitslos wurde, war es sehr schwer
               für sie, wieder eine Stelle zu bekommen. Sieben Jahre schlug sie sich mit be-
                                                                                                              ihr neue Möglichkeiten gezeigt.“
               fristeten Jobs durch und musste viele Absagen hinnehmen, bis sie schließlich                     Daniela Zimmel, Job-TransFair (rechts im Bild)
               Glück hatte.

               „Ja, ich hab’ wirklich Glück gehabt, ein   den und dann auch zwei Personen bei
               Jahr vor der Pension hab’ ich jetzt doch   uns aufgenommen haben. Und eine
               noch etwas Fixes bekommen“, lacht die      davon war Frau Seehofer. Wir sind mit
               sympathische 59-Jährige, die immer         beiden Damen sehr zufrieden“, freut
               durch ihr sonniges Gemüt aufgefallen       sich Seehofers Chef Gerald Schmid
               ist. Aber auch sie hätten die Schatten-    über die gute Zusammenarbeit.
               seiten des „Jugendwahns“ am Arbeits-
               markt fast mürbe gemacht: „2011 bis        Bernadette Seehofer liebt ihre Arbeit
               2017 waren sehr schwer für mich“, er-      als Portierin in dem geschichtsträch-
               zählt Bernadette Seehofer.                 tigen, wunderschönen Haus: „Als
                                                          Em­pfangsdame muss ich in der Früh
               Dann kam sie zu Job-TransFair, wurde       auf­sperren, den LehrerInnen Map-
               bei Bewerbungen unterstützt, konnte        pen und Schlüssel für die Unterrichts-
               sich dank ihrer guten Englisch-Kennt-      zimmer bringen, immer wieder Rund-
               nisse mit Übersetzungsarbeiten im          gänge machen und schauen, ob alles
               Back Office der Kümmerei beweisen.         in Ordnung und sauber ist. Und wenn
                                                          Konzerte sind, zum Beispiel am Wo-
               Und wieder neuen Mut fassen – Be-          chenende, bin ich auch da.“
               raterin Daniela Zimmel erinnert sich:
               „Zu Beginn hatte Frau Seehofer schon       Ein wichtiger Bereich, der ihr besonders
               ein bisschen aufgegeben. Die Absa-         viel Freude bereitet, ist die persönliche
               gen, die immer wieder kommen, das          Betreuung der 800 bis 900 Studierenden
               zehrt schon.“ Schließlich kam es zum       und über 130 Lehrenden aus aller Welt.
               Kontakt mit dem 1905 gegründeten           „Es ist manchmal nicht einfach, aber sie
               Prayner Konservatorium, das gleich         macht das wirklich großartig“, lobt Gerald
               um die Ecke des von Job-TransFair          Schmid seine Angestellte und hofft, dass
               betriebenen Kümmerei-Shops „Schön          sie vielleicht auch in der Pension im Haus
               & Gut“ eine Ausbildungs- und Auffüh-       bleiben möchte.
               rungsstätte für MusikerInnen betreibt.
               „Job-TransFair hat Vorgespräche mit        3 Bernadette Seehofer war beim arbeit
               uns geführt, hat uns mehrere Damen         plus Wien-Mitglied Job-TransFair be-
               und Herren vorgestellt, die wir eingela-   schäftigt.
Mut #2 Von Menschen, die sich zurück in die Arbeitswelt aufmachten und dabei nur gewinnen konnten - arbeit plus Wien
Alleine schafft
man nicht                                                                                               „Wir begleiten die Menschen und         „Ich bin dankbar, wenn ich
immer alles.                                                                                                   erzielen Veränderung und          Menschen hier habe, denen ich
                                                                                                           Verbesserung bei sämtlichen           100-prozentig vertrauen kann –
           Wenn das Schicksal Regie führt                                                                     Kompetenzen und Stärken.“          und da gehört Biljana dazu.“
                                                                                                                       Regina Primus, unik.at   Anja Altbart, Bestattung Altbart (rechts im Bild)

           Jäh riss ein schwerer Unfall Biljana Soceru aus ihrem gewohnten (Arbeits-)
           Leben, sie musste sich neu orientieren. Weiterbildung, die Beschäftigung
           in einem sozialökonomischen Betrieb und ein glücklicher Zufall führten
           schließlich zum Erfolg.

           Ursprünglich stammt Biljana Soceru             haben uns von Anfang an in Biljana ver-
           aus Serbien, lebt aber schon länger in         liebt“, erinnert sich Anja Altbart. „Wärme,
           Österreich. Viele Jahre war die heute          Herzenswärme, das ist für uns ganz
           47-Jährige bei einem Pferdefleischhauer        wichtig und es war ganz klar von ihrer
           beschäftigt, bis sie nach einem schwe-         Ausstrahlung her, dass das passt.“ Auch
           ren Unfall ihr Leben neu ordnen musste:        die Qualifikation stimmte, vor allem, dass
           Sie machte die Doppellehre für Finanz-         die neue Mitarbeiterin zusätzlich Ser-
           und Rechnungswesen-Assistentin und             bisch spricht, schätzen die Altbarts sehr.
           suchte vergeblich eine Vollzeitstelle im
           Bereich Buchhaltung und Büro. So be-           Für Biljana Soceru passte es eben-
           warb sie sich auch bei unik.at und blieb       falls – noch dazu, wo sie nach ihrem
           dann als Teilnehmerin.                         Unfall, der auch tödlich enden hätte
                                                          können, das Leben noch viel mehr
           Was besonders half? „Die Struktur.             schätzen gelernt hat.
           Die Gespräche, man fühlt sich nicht
           alleine und weiß, jemand steht hinter          Seit nunmehr einem Jahr zählen Büroar-
           mir – das hilft. Man fühlt sich wieder         beit, Kundengespräche und Kundenbe-
           lebendig. Das ist für mich sehr, sehr          treuung zu ihren Aufgaben: „Es sitzt jeden
           gut gewesen“, erinnert sich Soceru.            Tag jemand anderer vor dir, es sind jeden
                                                          Tag andere Gefühle. Für uns ist das auch
           Und es kam noch besser: Wie es der             manchmal schlimm – die Aufnahme ist
           Zufall so wollte und weil die Welt doch        nicht immer leicht. Aber das ist ja gut so,
           irgendwie klein ist, erfuhr die Leiterin von   weil dann kann man auch an der eige-
           unik.at im Kirchenchor, dass Anja Altbart,     nen Trauer arbeiten und für sich selbst
           die sie schon lange aus der Pfarre kennt,      etwas lernen. Und das tut gut, glaubʼ ich,
           und Ehemann Heini wieder Personal für          für uns alle“, resümiert Biljana Soceru
           ihr erfolgreiches, expandierendes Be-          zufrieden.
           stattungsunternehmen suchen.
                                                          3 Biljana Soceru war beim arbeit plus
           Einem kurzen Telefonat folgte das Vor-         Wien-Mitglied unik.at (Humanisierte
           stellungsgespräch – „mein Mann und ich         Arbeitsstätte) beschäftigt.
Mut #2 Von Menschen, die sich zurück in die Arbeitswelt aufmachten und dabei nur gewinnen konnten - arbeit plus Wien
Es ist halt
schwierig                                                                                                 „Also diese Vorauswahl,                    „Die Erfahrung, die ältere
heutzutage.                                                                                                  die die Caritas macht,                   Menschen mitbringen, die Arbeits-
                                                                                                  ist für mich schon sehr wichtig                     erfahrung, die sie haben,
          Sofort einsatzbereit                                                                              und ein guter Service.“                   kann man wirklich gut nutzen.“
                                                                                                  Robert Kojro, Bodentechnik Kojro (links im Bild)   Michael Pichler, Caritas SÖB (rechts im Bild)

          Manfred Wallner hat es am eigenen Leib erfahren: Ab einem gewissen Alter
          ist es wirklich schwierig, einen Job zu finden. Auf 78 Bewerbungen innerhalb
          weniger Monate erhielt er zwei Antworten. Und das waren Absagen!

          Wenn der über 50-Jährige erzählt, wie      können, da hab’ ich gewusst, das passt.“
          seine Bewerbungen von den Firmen           Ohne Bedenken konnte er dem immer
          offenbar aufgrund seines Alters gleich     aktiven, arbeitsfreudigen Mann beste
          von vornherein ignoriert wurden,           Referenzen ausstellen und ihn weiter-
          schwin­gen in seiner Stimme noch im-       empfehlen.
          mer Frust und Enttäuschung mit. Dabei
          sollte man meinen, dass sich die Arbeit-   So kam es, dass Robert Kojro, der Ver-
          geber um g’standene Handwerker wie         stärkung für sein Team suchte, die
          Manfred Wallner reißen würden …            Gelegenheit beim Schopf packte und
                                                     Manfred Wallner eine Chance in seinem
          Nach ein paar Monaten vergeblicher         Bodentechnik-Unternehmen gab.
          Suche nach einer geeigneten Stelle
          kam der Allrounder, der zuletzt als        Und er wurde nicht enttäuscht – „ein
          Hausarbeiter gearbeitet hatte, zum         100%iger Treffer“, freut sich der Fir-
          Caritas SÖB. „Ich habe alles gemacht,      menchef über den erfahrenen Mitar-
          Serviceteam, Kundenbetreuung, Auf-         beiter, der nun schon seit einem Jahr
          stellen von Möbeln, wo immer jemand        für ihn tätig ist. „Jetzt haben wir gerade
          gebraucht worden ist. Jemand hat           in einer 100-jährigen Schule in Land­
          ‚hier‘ geschrien und ich war da“, er-      eck Trocken­    estriche gemacht. Und
          innert sich Manfred Wallner an seine       ich denke, für ihn ist es auch eine gute
          Zeit bei der Caritas.                      Erfahrung, wenn man auch mal in an-
                                                     deren Bundesländern arbeiten darf.
          „Ich bin sehr gut unterstützt worden,      Und er ist auf Spur!“
          bei der Arbeitsuche, beim Lebenslauf-
          schreiben. Und das Arbeiten war super.     Manfred Wallner ist mit seinem Job
          Immer mit vollem Einsatz.“ Fachanleiter    als Bodenleger hochzufrieden und
          Michael Pichler war von der großen Er-     fungiert als „Vorreiter“: Sein Arbeit-
          fahrung des engagierten Transitmitar-      geber sucht über den Caritas SÖB
          beiters begeistert: „Er war ja im Großen   bereits einen weiteren Mitarbeiter.
          und Ganzen schon einsatzbereit, auch
          wie er zu uns gekommen ist. Ich habʼ       3 Manfred Wallner war beim arbeit plus
          ihn alleine auf die Baustelle schicken     Wien-Mitglied Caritas SÖB beschäftigt.
Visitas war die
Inspiration.                                                                                                     „Die Interaktion der Kolleginnen ist ein
                                                                                                                          ganz wichtiger Faktor bei uns,
                                                                                                              die Frauen stützen sich auch gegenseitig.“
            Vom Melmac auf die Erde gekommen                                                                                         Swantje Meyer-Lange, Visitas

                                                                                                        „Ich hab’ gesagt, das mach’ ich jetzt,
                                                                                                          und ich muss und ich will das jetzt
            Als Cristina Urbanski arbeitslos wurde und schließlich bei Visitas landete,
            tauchte sie in eine völlig andere, neue Welt ein, mit beeindruckend starken                 machen, und so hat’s dann geklappt.“
            Frauen. Heute ist sie selbst eine von ihnen: selbstbewusst, geerdet, zufrieden.                                      Cristina Urbanski

            Mit Anfang 30 ging Cristina Urbanski in      Kreuz als Heimhilfe. „Ich habʼ mir immer
            die USA, lebte 7 Jahre in Los Angeles.       gedacht, wow, diese Heimhelferinnen,
            Nach ihrer Rückkehr 2002 startete die        die sind alle so toll, das sind so starke
            damals 39-Jährige beim Demel, wo sie         Frauen! Jede ist irgendwie auf ihre Art
            mit Karenzunterbrechungen bis 2013           ganz indi­viduell, aber das sind wirklich
            arbeitete. Nach einem Krankenstand           durchwegs starke Frauen, das wollte
            wurde sie gekündigt, musste und wollte       ich dann auch machen.“ Heute gehört
            sich neu orientieren. Die Kinder brauch-     sie selbst zu diesen starken Frauen.
            ten noch viel Betreuung, der Mann hatte      „Es hat sich bei Cristina so viel verän-
            gesundheitliche Probleme und war             dert; dieses Zielorientierte hatte sie
            arbeitslos – Cristina Urbanski machte        vorher nicht“, erinnert sich Visitas-Lei-
            Be­suchsdienste beim Hilfswerk, wollte       terin Swantje Meyer-Lange. „Da hatʼs
            Heimhilfe werden.                            eine ordentliche Entwicklung gegeben.
                                                         Eine Kollegin (offensichtlich Fan der
            Schließlich erhielt sie einen Platz bei      80er-Jahre-Serie „Alf“, Anm.) hat über
            Visitas, hatte tolle Kolleginnen und         sie mal gesagt: ,Naja, sie ist ja eigentlich
            bekam einen Vorgeschmack auf die             vom Melmac gekommen, aber gut auf
            Heimhilfe-Ausbildung. „Besonders in-         der Erde gelandet.‘ Das fand ich sehr
            teressant war alles, was wir über De-        treffend.“
            menz gelernt haben“, erzählt Cristina
            Urbanski.                                    Und Cristina Urbanski ist wirklich
                                                         angekommen: „Als Heimhilfe macht
            Als ihre Zeit im Projekt zu Ende war,        man alles Mögliche – nicht nur um­
            suchte sie einen Job, der mit der Kinder­    sorgen und den Klient­Innen zu essen
            betreuung vereinbar war, war viel zu-        geben, sondern ihnen ein bisschen
            hause, fühlte sich unterfordert – und        mehr Spaß am Leben vermitteln.
            da machte es „Klick“: „Ich hatte plötzlich   Und du kriegst viel zurück!“
            das Gefühl, ich muss das Ruder in die
            Hand nehmen, weil sich sonst nichts          3 Cristina Urbanski war beim arbeit
            tut.“ Sie wollte eine Aufgabe haben, et-     plus Wien-Mitglied Visitas (Wiener Rotes
            was verändern und startete beim Roten        Kreuz) beschäftigt.
Das ist der
richtige JoB                                                                                            „Denis hat das Beste aus seiner        „Ich finde es sinnvoll und sehr
für mich.                                                                                                   Situation gemacht. Und er           wichtig, dass es Einrich­tungen
                                                                                                         brachte auch viel Motivation           wie ABO Jugend gibt,
           Lehrstelle zum Geburtstag                                                                           und Eigeninitiative mit.“        die die Leute fit machen.“
                                                                                                               Simon Baumgartner, ABO Jugend   Helmut Frana, Installateur Frana (rechts im Bild)

           Mit 20 wurde Denis Ota bewusst, dass er als Installateurhelfer keine große
           Zukunft haben würde, und er beschloss, den Lehrabschluss zu machen. Die
           Suche nach einer Lehrstelle war trotz großen Engagements und Vorerfahrun-
           gen nicht leicht.

           Ursprünglich besuchte der in Wien ge-          sich im Probemonat beweisen: „Ich hab’
           borene Denis Ota die HTL, wollte Ma-           mich voll eingesetzt, damit ich die Chance
           schinenbauingenieur werden – nach              ergreife“, erinnert sich der mittlerweile
           einem halben Jahr verlor er jedoch das         zweifache Vater lächelnd. „Ich bin jetzt
           Interesse. Der junge Mann wollte mehr          schon über ein Jahr hier.“
           Zeit für seine Hobbys haben, begann als
           Installateurhelfer bei einer Firma, die viel   Lehrherr Helmut Frana ist sehr zufrie-
           im Ausland tätig war. Dort durfte er nur       den mit dem engagierten Lehrling:
           wenig machen: „Ich war dann halt öfters        „Er hat im letzten Zeugnis der Berufs­
           der, der immer nur Schutt getragen hat         schule lauter ,Sehr gut‘ – das ist sehr
           oder kurz mal helfen durfte oder Rohre         lange her, dass bei uns irgendein Lehr-
           kürzen.“ Der Installateur-Beruf gefiel         bub lauter Einser zurückgebracht hat.
           ihm, sodass er nach der Insolvenz seines
           Arbeitgebers beschloss, eine Lehre zu          Das ist eine tolle Leistung, und da hab
           machen. Zuvor hatte er schon versucht,         ich ihm auch meine Anerkennung dafür
           andere Anstellungen zu finden – „aber          gezeigt.“ Mittlerweile wird auch ein zwei-
           ohne Ausbildung und ohne Berufserfah-          ter Lehrling, der von ABO Jugend vermit-
           rung nimmt dich keiner“. Die Lehrstel-         telt wurde, im Installateurbetrieb Frana
           lensuche, bei der ihn ABO-Jugend-Be-           ausgebildet.
           rater Simon Baumgartner un­ter­stützte,
           gestaltete sich schwierig – den meisten        „Der Vorteil für mich bei ABO Jugend ist
           Arbeitgebern war Denis Ota mit seinen          eben, dass die Burschen bereits betreut
           20 Jahren zu alt.                              sind und gemeinsam darauf hingearbei-
                                                          tet wird, dass man eine Lehrstelle findet.
           Nicht so Installateurmeister Helmut            Als Unternehmer weiß ich dann schon
           Frana, der sich über die größere Rei-          eher, worauf ich mich einlasse“, freut sich
           fe und das hohe Verantwortungsbe-              der Chef über die gute Zusammenarbeit.
           wusstsein des Bewerbers freute.
                                                          3 Denis Ota wurde beim arbeit plus
           An seinem Geburtstag stellte sich Denis        Wien-Mitglied ABO-Jugend (ARGE ÖSB
           im Installateurbetrieb Frana vor, konnte       Consulting & WUK) beraten.
Das ist auch
eine Win-Win-                                                                                      „Ich versuche dann auch immer,                 „Was ihr Leben so ausmacht,
Situation.                                                                                                bei den TeilnehmerInnen                  dass sie viel versucht hat
                                                                                                      das Feuer und die Motivation                 und sehr bunt war, hilft uns
                                                                                                               wieder anzufachen.“                 hier; hier kann man ernten.“
            Ich hatte nichts zu verlieren                                                                                 Herbert Grundböck,      Wolfgang Michalek,
                                                                                                       Volkshilfe Wien step2job (links im Bild)   Zentrum für Soziale Innovation (rechts im Bild)

            Elisabeth Kollers Lebenslauf ist makellos, karrieremäßig ging es stetig nach
            oben – bis der Arbeitsbereich der damals 47-Jähigen eingespart wurde. Nach
            sieben Jahren in der Arbeitslosigkeit erhielt sie durch die Aktion 20.000 neue
            Chancen.

            „Das ist für mich so überhaupt nicht       „Ich war damals 48 – egal, wo ich mich
            präsent gewesen, dass ich keinen Job       beworben hab’, ich hab’ eigentlich nur
            mehr finden könnte“, erinnert sich die     Absagen bekommen.“ Auch Weiterqua-
            bestens ausgebildete, engagierte Frau,     lifizierung brachte keinen neuen Job.
            deren Leben sehr geradlinig verlaufen      „Auf einmal zu merken, das nutzt dir
            war. Abgeschlossenes BWL-Studium,          eigentlich alles gar nix, du bist einfach
            dann – trotz Kind – gleich gearbeitet:     zu alt“, erinnert sie sich an Momente, in
            Marktforschung, dann Medien- und           denen sie der Mut verließ.
            Werbebranche, 20 Jahre bei den unter-
            schiedlichsten Agenturen. Jahrelang war    In der Beratungseinrichtung step2job
            Elisabeth Koller Mediadirektorin einer     bemühte man sich, ihr wieder Hoff-
            großen Werbeagentur, verantwortlich        nung zu geben; die Aktion 20.000
            für Riesenbudgets und große nationale      brachte schließlich neue Chancen:
            und internationale Kunden, 50-, 60-Stun-   Koller bewarb sich beim Zentrum für
            den-Wochen. Irgendwann fühlte sie sich     Soziale Innovation als Lohnverrech-
            dann wie ein „Hamster im Käfig“: „Aber     nerin nach dem Motto „Ich probier’
            ich hab’ trotzdem funktioniert.“           jetzt alles“.

            So gesehen war die Schließung der          Beim Bewerbungsgespräch war Ge-
            Österreich-Unit ihres Arbeitgebers zu-     schäftsführer Wolfgang Michalek von
            nächst die Chance auf eine kurze Aus-      ihrer starken Persönlichkeit, ihrer Er-
            zeit, um sich vermehrt sozialen Dingen     fahrung tief beeindruckt und wollte
            zu widmen (Obdachlosenasyl VinziBett,      dieses Potenzial für das Institut optimal
            Leitung des Projekts Vinzi-Würstel-        nutzen. So fand man eine Möglichkeit,
            stand).                                    Elisabeth Koller ihren Qualifikationen
                                                       entsprechend einzusetzen, sodass sie
            Danach suchte sie eine fixe Anstel-        nun das Team bei Öffentlichkeitsarbeit
            lung: „Am Anfang war ich sehr moti-        und Projekten bereichert.
            viert, hab’ mir gedacht, das ist eh kein
            Problem, mit meiner Qualifikation,         3 Elisabeth Koller wurde beim arbeit
            mit meiner Ausbildung“, blickt Elisa-      plus Wien-Mitglied Volkshilfe Wien
            beth Koller zurück.                        step2job beraten.
Wer nicht
wagt, der                                                                                                       „Wir sind hochzufrieden, dass das
nicht gewinnt.                                                                                             funktioniert hat, Claudia unterstützt
                                                                                                            uns bestens im Vormittagsgeschehen.“
           Wenn nicht jetzt, wann dann                                                                                  Clemens Stiegholzer, Stiegholzer GmbH

                                                                                                      „Vor allem braucht man einen starken
                                                                                                       Willen: Ich wollte das unbedingt und
           … dachte sich Claudia Viktorin-Pomper, als sie die Chance bekam, ihren
           Berufswunsch zu verwirklichen. Doch der Weg zur abgeschlossenen Mecha-                  einen Versuch ist es auf jeden Fall wert.“
           niker-Ausbildung war – noch dazu mit ungeplanter Schwangerschaft in der                                          Claudia Viktorin-Pomper
           Lehrzeit – kein leichter.

           Selbstbewusst und zufrieden wirkt die         Auch dass sie als Frau mit Kinderbe-
           35-Jährige, als sie ihren Werdegang           treuungspflichten nur Teilzeit arbeiten
           schildert: Ursprünglich machte Claudia        kann, begeisterte die potenziellen Ar-
           Viktorin-Pomper die Ausbildung zur            beitgeberInnen nicht wirklich.
           Büro­­  kauffrau – „das war jugendliche
           Blöd­heit“, sagt sie heute. „Ich hab’s nach   Da half es, dass die leidenschaftliche
           zweieinhalb von drei Jahren abgebro-          Schrauberin bei dieWerkstatt einstei-
           chen, war dann selbständig mit meinem         gen konnte: „Es war eine sehr lehr-
           mittlerweile Exfreund. Und nach der           reiche Zeit, ich konnte viel Erfahrung
           Trennung hab’ ich dann gesagt: ,Jetzt         sammeln.“
           muss ich etwas machen, was ich wirklich
           will!‘“, erinnert sich die junge Frau.        Durch dieWerkstatt kam sie in ein
                                                         Praktikum bei der Stiegholzer GmbH –
           Sie hörte vom FiT-Programm, über              eigent­lich „über 17 Umwege“, erinnert
           das Frauen in Technikberufe und               sich Chef Clemens Stiegholzer, der da-
           -ausbildungen vermittelt werden,              vor lange vergeblich nach jemandem für
           und sagte sich „Ich probier’ das aus“,        die Reparaturannahme gesucht hatte.
           denn Automechanikerin war ohnehin
           ein langgehegter Berufswunsch.                Sie wurde prompt fix übernommen
                                                         und ist seit nunmehr einem Jahr –
           Aufgrund ihres starken Willens schaffte       hauptsächlich im Büro – für Termin-
           die zielstrebige junge Frau die eigent-       vereinbarungen, Reparaturannahme,
           lich vierjährige Ausbildung als verkürzte     Bestellungen etc. zuständig, wobei sie
           Lehre in nur zweieinhalb Jahren. Wäh-         ihre Kenntnisse als Mechanikerin gut
           renddessen kündigte sich überraschend         gebrauchen kann. Ihr Chef ist sehr zu-
           die mittlerweile vierjährige Tochter an –     frieden und wird sich bei dieWerkstatt
           die Lehrabschlussprüfung war dennoch          nach weiterem, dringend benötigten
           kein Problem, aber der Einstieg nach          Personal umschauen.
           der Karenz gestaltete sich schwierig:
           „Ich bin Geselle, aber mit wenig Praxis“,     3 Claudia Viktorin-Pomper war beim
           erzählt sie von dieser besonderen Her-        arbeit plus Wien-Mitglied dieWerkstatt
           ausforderung bei der Arbeitsuche.             (Trendwerk) beschäftigt.
Immer
weitergehen,                                                                                             „Niemand akzeptiert eine       „Wir sind glücklich, dass wir
nicht aufgeben!                                                                                     Mitarbeiterin, die die Sprache       Frau Habeeb hier haben und
                                                                                                       nicht kann. Die Sprache ist       eingangs die Chance bekommen
           Erst die Sprache, dann der Job                                                            der Schlüssel für die Arbeit.“      haben durch die Aktion 20.000.“
                                                                                                                  Hiyam Albeer Habeeb   Eva Schantl-Wurz, Leiterin Bezirksamt 1010/1080

           Ihr Engagement und ihr Perfektionismus haben sich ausgezahlt: Hiyam
           Albeer Habeeb fand über die Aktion 20.000 einen Job – und das Bezirksamt
           Innere Stadt/Josefstadt eine bestens ausgebildete, zuverlässige Mitarbeiterin.

           Vor sechs Jahren kam die gebürtige          Aufgeben war dennoch kein Thema:
           Irak­erin mit ihrer Familie – Mann, zwei    „Ich habe keine Chance ungenutzt ver-
           erwachsene, studierende Kinder – nach       streichen lassen.“ Und dann kam über
           Österreich. Die topausgebildete Bau­        den waff die Stellenausschreibung für
           ingenieurin hatte im Irak bis vor 12 Jah-   eine Mitarbeiterin im Bezirksamt Innere
           ren in ihrem erlernten Beruf ge­arbeitet    Stadt/Josefstadt, auf die sie sich bewarb.
           und war dann für internationale Orga­
           nisationen in der Human Resources-          Amtsleiterin Eva Schantl-Wurz erin-
           Abteilung tätig gewesen, zuerst im          nert sich: „Bei Frau Habeeb waren
           Office, dann als Managerin. In der          schon die Bewerbungsunterlagen so
           neuen Heimat war vor allem Deutsch-         professionell. Wir haben uns dann im
           lernen wichtig: „Das war nicht einfach,     Team kennengelernt und das hat von
           von 0 auf B2, und alles war neu für         Anfang an gepasst. Die Zusammen­
           mich: das System, die Ausbildungen.         arbeit läuft perfekt.“
           Die Sprache perfekt zu können ist sehr
           wichtig für mich“, erzählt sie in ausge-    Seit nunmehr fünf Monaten unterstützt
           zeichnetem Deutsch.                         Hiyam Albeer Habeeb nun das Team
                                                       etwa bei der Ausstellung der Bescheide
           Hiyam Albeer Habeeb ließ ihre Zerti­        für das Parkpickerl, bereitet sich auf
           fikate anerkennen, machte die Nostri­       die ersten Kundenkontakte vor: „Es ist
           fizierung ihres Studiums – alles ziem-      nicht einfach, die Begriffe zu lernen und
           lich aufwendig. Dazu kamen neben            mit den Leuten diskutieren zu können –
           den Deutschkursen weitere Qualifizie-       aber ich lerne.“ „Frau Habeeb ist oft
           rungen.                                     skeptisch, ob sie auch schon Konfliktge-
                                                       spräche oder Beratungsgespräche
           Die engagierte Frau erhielt viel Unter-     schafft. Ich bin mir sicher, sie schafft
           stützung, die sie dankbar und gerne         das“, ermutigt sie ihre Chefin, die sich
           annahm. „Wenn ich eine gute An-             über die Win-Win-Situation freut.
           leitung bekomme für meine Arbeit,
           kann ich alles – aber die Leute sagen       3 Hiyam Albeer Habeeb kam über die
           ja immer: ,Nein, Sie sind zu alt.‘ – und    Aktion 20.000 und den waff zu ihrem
           dann bekomme ich den Job nicht.“            neuen Job.
Ich bin
zufrieden und                                                                                              „Die Zusammenenarbeit mit
es passt alles.                                                                                            Herrn Savic läuft sehr gut.                   „Wir bilden ja auch aus, bei uns
                                                                                                         Wenn wir was brauchen, dann                      in der QuellenstraSSe, so gut
                                                                                                         wend’ ich mich gleich an ihn.“                   wie möglich und sehr praxisnah.“
            Kompetenzen ausgebaut                                                                     Ernst Pinteritsch, Eurospar Siccardsburggasse      Rudi Savic, Inigo Perspektive Handel
                                                                                                                                       (links im Bild)   (rechts im Bild)

            Schweinehälften schleppen war lange Jahre beruflicher Alltag für Johannes
            Zwettler. Als es körperlich einfach nicht mehr ging, wurde der über 50-Jäh-
            rige arbeitslos und stand vor der Herausforderung, seine Kenntnisse zu
            erweitern.

            Gelernt hat der heute 54-jährige Johan-     sonst hat alles gepasst“, erinnert er sich.
            nes Zwettler 1979 bis 1982 noch beim        Sein Chef, Rudi Savic, war begeistert von
            Konsum, wo er bis zu dessen Pleite 1995     ihm und seinen Vorkenntnissen. Kein
            tätig war. Billa übernahm den Einzel-       Wunder also, dass er Johannes Zwettler
            handelskaufmann und setzte ihn haupt-       weiterempfahl, als der Filialleiter des
            sächlich in der Fleischabteilung ein – 20   EUROSPAR Siccardsburggasse um Per-
            Jahre lang. „Hauptsächlich Schlepperei,     sonal anfragte.
            das geht dann aufs Kreuz. Und wenn
            man ein halbes Schwein schleppt, das        Nach dem Praktikum wurde der freund-
            sind so 60-70 Kilo, ein Rinderviertel hat   liche, stets pünktliche neue Mitarbeiter
            80, 90 oder gar 100 Kilo“, erinnert sich    übernommen und ist nun fix in der Fein-
            Zwettler. Er schaffte die körperliche       kostabteilung tätig. „Aber ich mach’ auch
            Belastung nicht mehr, begab sich auf        Vertretung, in der Brotabteilung, wenn
            Jobsuche. Beim FAB wurde er beraten,        kurz keiner da ist, oder in der Fleischab-
            bei den Bewerbungen unterstützt, ge-        teilung, wenn der Kollege früher heim-
            coacht – „aber es war eh klar, dass das     geht“, berichtet Johannes Zwettler stolz.
            nix wird, ich bin ja keine 20, 25 Jahre“,
            erinnert sich Johannes Zwettler an eine     „Wenn alle neuen Mitarbeiter so
            Zeit voller Frustrationen.                  wären wie Herr Zwettler, hätten wir
                                                        alle weniger Probleme“, lobt ihn sein
            Schließlich kam er zu Inigo Perspek-        neuer Chef, der sich auch über die
            tive Handel, die in der Quellenstraße       gute Zusammenarbeit mit Inigo Per-
            eine Spar-Filiale betreiben und dort        spektive Handel freut: Der dortige
            vor allem ältere Langzeitbeschäf­           Marktleiter führte davor selbst zehn
            tigungslose befristet anstellen und         Jahre eine „normale“ SPAR-Filiale und
            qualifizieren. Johannes Zwettler lern-      kennt daher die Bedürfnisse und An-
            te die Feinkostabteilung kennen –           sprüche genau.
            „das war interessant.
                                                        3 Johannes Zwettler war beim arbeit
            Ein bisserl eine Umstellung halt, wenn      plus Wien-Mitglied Inigo Perspektive
            man mit den Kunden zu tun hat, aber         Handel (Caritas) beschäftigt.
Ich hoff’,
ich bleib’ bis                                                                                                „Wir haben am Anfang erst                  „Ich musste das nicht machen,
zur Pension.                                                                                            stabilisiert. Und dann war es ein                 aber ich wollte. Ich wollte
                                                                                                              schöner Zufall, dass sich                   nicht aufhören, ich wollte noch
             Wenn alles zusammen kommt                                                                     das mit dem Job ergeben hat.“                  etwas bewerkstelligen.“
                                                                                                        Alexandra Weinzierl, Wien Work (links im Bild)   Brigitte Strobl (rechts im Bild)

             Brigitte Strobl hatte eine ganz normale Karriere, bis es für die ohnehin schon
             gesundheitlich Angeschlagene knüppeldick kam: Sie wurde zum Mobbing­
             opfer, arbeitslos, pflegte die schwer kranke Mutter – danach standen die
             Job-Chancen schlecht.

             Ein wirklich arbeitsreiches Leben liegt       Im Büro und bei Michlʼs Catering,
             hinter ihr: Brigitte Strobl, Jahrgang 1969,   das von Wien Work betrieben wird,
             war gleich nach der Handelsschule             arbeitete sie gerne, lernte Neues,
             acht Jahre als Bürokauffrau tätig, dann       wurde unterstützt: „Jeder ist einmal
             fünf Jahre als Finanzbuchhalterin und         schwach im Leben, da kann so viel pas-
             schließlich 24 Jahre als Versicherungs-       sieren, das man gar nicht glaubt. Und
             kauffrau. In der letzten Firma wurde sie      diese Schwäche dann wieder in eine
             gemobbt und kündigte, weil sie sich als       Stärke umzupolen, das haben die Leute
             Morbus-Crohn-Erkrankte mit 50% Invali-        bei Wien Work geschafft.“
             dität den Streit – und damit die Gefahr
             eines Krankheitsrückfalls – ersparen          Durch ein neues Projekt von Wien Work,
             wollte. Zunächst war sie eineinhalb Jahre     die Postkantine, bekam Brigitte Strobl
             zuhause, dann machte sie sich gemein-         eine tolle Job-Chance: Sie war beim Auf-
             sam mit ihrem Mann in der Steiermark          bau des Lokals beteiligt und führt nun die
             mit einem Kaffeehaus selbstständig, ab-       Kantine gemeinsam mit einer Kollegin.
             solvierte die Barista-Ausbildung – und
             wurde wieder von einem Schicksals-            Obwohl sie jetzt weniger verdient als
             schlag getroffen: Die Mutter erkrankte        vorher, ist sie glücklich: „Ich habʼ da
             schwer, Brigitte Strobl übernahm die          eigentlich meine Erfüllung. Wir haben
             Pflege. Nach dem Tod der Mutter kam           alle, bis auf den Koch, eine Behinde-
             zur Trauer noch die aussichtslos schei-       rung. Und die Zusammenarbeit, das
             nende Arbeitsuche hinzu.                      ist das, was mich beeindruckt.“

             „Da hatʼs diese Jobmesse gegeben,             Auch gesundheitlich geht es Brigitte
             (von arbeit plus Wien, Anm.) im Rat-          Strobl jetzt viel besser: „Von meiner
             haus, da bin ich gleich hin gestartet,        Krankheit her habʼ ich keine Schübe
             ohne viel zu zögern. Ich bin beim Stand       mehr, seit ich bei Wien Work bin.“
             von Wien Work stehengeblieben und
             wurde gleich genommen“, lächelt sie           3 Brigitte Strobl war (und ist) beim
             bei der Erinnerung an dieses positive         arbeit plus Wien-Mitglied Wien Work
             Erlebnis in dunkler Zeit.                     beschäftigt.
Ich habe
meine Chance                                                                                                        „Die Vorteile: ich bekomme Personal,
genutzt.                                                                                                         das schon ausgewählt ist, ich hab’ nicht
                                                                                                                       hundert Vorstellungsgespräche.“
           Langfristig erfolgreich                                                                                                       Brigitte Tajnikar, ÖAD (links im Bild)

                                                                                                                 „Ich versuche, die Leute zu verwurzeln,
                                                                                                               zu schützen und ihnen Selbstbewusstsein
           Elif Özdemir ist es gewohnt, für Ordnung zu sorgen – daheim bei Mann
           und vier Söhnen und jetzt in einem Studentenheim des ÖAD. Ihre Erfolgs-
                                                                                                                      zu geben, Motivation zu schaffen.“
           geschichte begann bereits vor mehr als elf Jahren, als sie beim Haus- und               Ursula Kleinfercher, Wiener Hilfswerk Haus- & Heimservice (rechts im Bild)
           Heimservice startete.

           1991 kam Elif Özdemir nach Österreich;      Seither sorgt sie dafür, dass im Stu-
           ihre vier Söhne, mittlerweile zwischen      dentenheim die Zimmer sowie alle
           17 und 26 Jahre alt, sind hier geboren.     anderen Räumlichkeiten regelmäßig ge­-
           Nach der Karenz machte sie Deutsch-         reinigt werden, und man merkt ihr die
           kurse, wollte arbeiten. Ein Jahr suchte     anhaltende Freude über den Job so
           sie auf eigene Faust nach einer geeig-      richtig an. Kein Wunder, begegnet man
           neten Stelle, aber „es war schwer“, erin-   den Angestellten hier doch auf fairer,
           nert sie sich.                              partnerschaftlicher Basis: „Es ist meine
                                                       Philosophie, wenn ich etwas haben will
           Das AMS schickte sie zum Wiener Hilfs-      von den Leuten, dann muss ich auch
           werk, wo sie eingehend auf weitere          bereit sein, etwas zu geben“, erklärt Öz-
           Bewerbungen und die Anforderungen           demirs Vorgesetzte Brigitte Tajnikar.
           in der Raumpflege vorbereitet wurde.
           „Bei uns gibt es erst eine Trainings-       So wird etwa auf Kinderbetreuungs-
           phase, wo die MitarbeiterInnen mit          pflichten Rücksicht genommen. „Ich
           unseren ArbeitsanleiterInnen mitge-         bin jetzt 35 Stunden hier, am Anfang
           hen“, erläutert Ursula Kleinfercher vom     waren es 20, da waren die Kinder
           Haus- und Heimservice. Am Anfang rei-       noch kleiner. Ich liebe meine Arbeit“,
           nigen die „Neuen“ noch in Einrichtun-       lacht Elif Özdemir zufrieden.
           gen des Hilfswerks, dann bei verschie-
           denen KundInnen. „Am Anfang war es          Und wenn der ÖAD mehr Reinigungs-
           schwer, immer die Adressen suchen,          personal benötigt, dann wendet man
           aber später ist es leichter geworden“,      sich gleich ans Hilfswerk: „Frau Klein-
           berichtet Elif Özdemir von ihrer ersten     fercher weiß, was unsere Kriterien sind.
           Zeit, in der sie auch viel selbstsicherer   Es ist noch nie vorgekommen, dass nie-
           wurde.                                      mand gepasst hätte“, freut sich Brigitte
                                                       Tajnikar über die 13 Jahre währende
           Nach einem Jahr beim Hilfswerk kam          Zusammenarbeit.
           Elif Özdemir zum Probearbeiten zum
           ÖAD – „und dann hat mich die Brigitte       3 Elif Özdemir war beim arbeit plus
           genommen! Seit elf Jahren arbeite ich       Wien-Mitglied Wiener Hilfswerk Haus &
           jetzt hier“, erzählt sie stolz.             Heimservice beschäftigt.
Die Aktion
20.000 war                                                                                         Er hat vom Lebenslauf her sehr               „Es macht natürlich Spass,
meine Chance!                                                                                            gut gepasst und mich hat                und die Kolleginnen und Kollegen
                                                                                                  beeindruckt, dass er sich selbst               sind sehr nett und haben
           Studium statt Selbstaufgabe                                                                 sehr gut strukturiert hat.“               mich auch immer unterstützt.“
                                                                                                         Heinz Hofbauer, waff (links im Bild)   Michael Hamschik

           Bestens ausgebildet, viel Erfahrung und dann mit fast 50 arbeitslos gewor-
           den – mit viel Engagement und Disziplin schaffte es Michael Hamschik, acht
           Jahre Arbeitslosigkeit zu überstehen und für zukunftsweisende Weiterbil-
           dung zu nutzen.

           Ursprünglich absolvierte Michael Ham-       hat man Erfolgserlebnisse“, erläutert
           schik die Ausbildung als Ingenieur in       Michael Hamschik. „Das lenkt von die-
           Maschinenbau-Betriebstechnik, stürzte       ser Tragik der Arbeitslosigkeit und von
           sich dann aber rasch auf den Organi-        den einzelnen Absagen ab.“ Leider
           sationsbereich, da ihn das mehr inte-       brachte der neue Titel auch keine Ver-
           ressierte. Er arbeitete am TGM, war         besserung seiner Job-Chancen: „Die
           anschließend in der Organisationsab-        Absagen wurden etwas höflicher“, be-
           teilung einer Bank tätig. Von da ging’s     merkt Hamschik sarkastisch.
           in die IT-Branche, ins Personalmana­
           gement, „also Zuteilung, Recruiting,        Was schließlich wirklich half, war die
           Planung. Das hab’ ich 13 Jahre gemacht      leider mittlerweile eingestellte „Aktion
           und danach bin ich leider arbeitslos        20.000“. Über Job-TransFair bewarb sich
           geworden, weil ich kurz vor 50 war“, er-    Michael Hamschik für eine Stelle beim
           zählt er mit einem leicht bitteren Unter-   waff, der das Pilotprojekt der Aktion
           ton in der Stimme.                          20.000 übernommen hatte und nun drei
                                                       Personen aus der Zielgruppe zur Unter-
           Es folgten acht Jahre Arbeitslosig-         stützung bei der Abwicklung suchte.
           keit, die Hamschik nicht ungenutzt
           ließ: Er untermauerte das, was er           Für Hamschik die Chance seines
           jahrelang praktisch gemacht hatte,          Lebens: „Ich war von Anfang an da-
           auf akademischer Ebene, machte an           bei, bin voll in die Vorbereitungen
           der FH Wien „berufsbegleitend“ den          reingekommen, das war von 0 auf
           Bachelor in Personal- und Wissens-          200!“ Jetzt, nach dem Stopp der viel-
           management und anschließend den             versprechenden Aktion, ist Michael
           Master in Personal- und Organisati-         Hamschik im Bereich des Qualifizie-
           onsentwicklung.                             rungsmanagements tätig – und, falls
                                                       der Stellenplan es erlaubt, stehen
           Daneben bewarb er sich weiterhin in-        die Chancen auf seinen Verbleib dort
           tensiv, wurde aber kontinuierlich ent-      nicht schlecht.
           täuscht. Das Studium war auch ein
           probates Mittel gegen die daraus resul-     3 Michael Hamschik kam über die Aktion
           tierende Frustration: „Durchs Studium       20.000 zu seinem Job beim waff.
Man muss
am Ball                                                                                           „Man wird nicht heruntergemacht,       „Wir haben eine wertvolle
bleiben!                                                                                                 es wird geholfen, man wird       Mitarbeiterin verloren,
                                                                                                   aufgebaut. Auch Freundschaften         aber dafür hat die VVVSA Ver-
           Aufgeben tut man einen Brief                                                                       haben sich entwickelt.      mietung GmbH eine gewonnen.“
                                                                                                                          Olga Safrany   Filiz Racher, derDruck (rechts im Bild)

           Als Olga Safrany arbeitslos wurde, fiel sie in ein tiefes Loch: Ihre Chancen,
           relativ knapp vor Erreichen des Pensionsalters noch einen passenden Job zu
           finden, standen sehr schlecht. Dennoch ließ die energiegeladene Frau nicht
           locker.

           Olga Safrany hatte immer im Büro ge-       jeden Tag aufstehen; wenn man arbeiten
           arbeitet, bis sie um das Jahr 2000 he-     geht, ist man ganz anders angezogen
           rum keinen geeigneten Arbeitsplatz in      und hergerichtet.“
           diesem Bereich fand und – um nicht
           arbeitslos zu sein – ins Gastgewerbe       Über derDruck erzählt Safrany: „Da
           wechselte. Jahrelang war sie dort tätig,   sind Leute, die sich um einen küm-
           aber irgendwann ging es einfach nicht      mern und die einem helfen, wieder
           mehr. Die Arbeitslosigkeit war sehr de-    Fuß zu fassen. Weil ganz alleine … Ich
           primierend: „Wennst von einem Tag auf      bin willensstark, ich kann mich durch-
           den anderen zuhause bist und wenig         setzen, aber in der heutigen Zeit geht
           Chancen hast auf einen Job – das frisst    das ohne Hilfe nicht.“
           schon Substanz.“ Als „Arbeitsmensch“
           machte sie trotzdem zielstrebig wei-       Trotz ihres Optimismus’ –„Ich hab’ im-
           ter, plante ihre Zukunft und besuchte      mer gesagt, ich krieg zu 100 Prozent
           diverse Schulungen, die sie weiterbrin-    noch vor meiner Pension einen Job.“ –
           gen würden (SAP, Lohnverrechnung).         brauchte es mehrere Anläufe und ins-
                                                      gesamt vier Jahre, bis Olga Safrany end-
           Nach unzähligen vergeblichen Bewer-        lich wieder eine fixe Anstellung hatte.
           bungen kam Olga Safrany 2013 als
           Büroadministrationskraft zu derDruck.      Seit nunmehr einem Jahr ist sie Allein-
           Rasch wuchs sie in ihre Aufgaben hin-      sekretärin bei der VVVSA Vermietung
           ein, arbeitete im Copyshop, erledigte      GmbH und „schupft“ dort alles Adminis-
           Büroarbeiten und schulte als Allroun-      trative. Sie liebt ihre Aufgabe und freut
           derin neue MitarbeiterInnen ein.           sich, dass sie am neuen Arbeitsplatz
                                                      gebraucht und wertgeschätzt wird: „Ich
           Die Arbeit erfüllte ihre Tage wieder       könnte in einem Jahr in Pension gehen,
           mit Sinn – „Das Leben ist ganz anders      jetzt hat mich mein Chef schon gefragt,
           in der Arbeitslosigkeit, das ist ein Da-   ob ich verlängern würde.“
           hinvegetieren“, erinnert sie sich.
                                                      3 Olga Safrany war beim arbeit plus
           „Man hat den Rhythmus nicht – das hat      Wien-Mitglied derDruck (Trendwerk)
           mir hier auch sehr geholfen, man muss      beschäftigt.
Ich kann
meine Familie                                                                                                 „Das Praktikum ist eine gute Möglichkeit,
versorgen!                                                                                                            jemanden nicht nur anhand eines
                                                                                                             Lebenslaufs und eines Gesprächs zu sehen.“
            Tipp der Mama führte zum Job                                                                                         Susanne Predler, SOMA Sozialmarkt

                                                                                                       „Ich bin viele Jahre zu Hause gesessen,
                                                                                                        habe Arbeit gesucht. Jetzt bleibe ich
            Ein Arbeitsunfall warf Robert Hotlos beruflich aus der Bahn: Lange Zeit war
            er auf der Suche nach einer neuen Stelle, bis er wieder eine Chance bekam –                  bei Billa, meine Chefin ist die Beste.“
            erneutes Verletzungspech machte seine Hoffnungen fast zunichte.                                                           Robert Hotlos

            Bis 2011 arbeitete Robert Hotlos in ei-          Robert Hotlos ist dem Team vom
            ner Computerfirma. Nachdem er jedoch             SOMA Sozialmarkt dankbar für die
            einen Arbeitsunfall erlitten hatte, wurde        Unterstützung und froh, dass er seit
            er gekündigt. Es folgten eine lange Zeit         bereits mehr als einem Jahr einen
            der Arbeitslosigkeit, immer wieder Pro-          fixen Job in einer Billa-Filiale im 11.
            bleme mit der verletzten Schulter und            Bezirk hat: „Zuerst habe ich sechs
            viele AMS-Kurse. Die Arbeitsuche war             Monate nur bei den Waren gearbei-
            nicht einfach und auch nicht von Erfolg          tet, Regalbetreuung, später habe ich
            gekrönt – bis die Mutter, die selbst beim        dann das Kassa-Seminar gemacht
            Wiener Hilfswerk beschäftigt war, dem            und mache jetzt alles: Kassa, Ware,
            Arbeitsuchenden den wertvollen Tipp              wo immer ich gebraucht werde“, er-
            gab, sich zum SOMA Sozialmarkt zubu-             zählt er und fügt stolz hinzu: „Und
            chen zu lassen. Gesagt, getan, er konnte         ohne einen Tag Krankenstand!“.
            im Sozialmarkt beginnen. Doch wieder
            hatte der „Unglücksrabe“ Pech und ver-           Bei Billa schätzt man die Zusammenar-
            letzte sich während des Arbeitstrainings         beit mit dem SOMA, wie Susanne Pred-
            erneut an der Schulter. Einen langen             ler berichtet: „Wir haben laufend Leute
            Krankenstand und viele Therapien später          im Praktikum dort. Und jedes Jahr wer-
            konnte Robert Hotlos dann doch noch              den mehrere Leute dann zu Billa ver-
            im SOMA Sozialmarkt starten – jetzt mit          mittelt.“
            komplett ausgeheilter Schulterverletzung
            und voll fit. Diesmal lief alles glatt: Obwohl   Immer wieder wird auch angeboten,
            er so lange vom Arbeitsmarkt weg gewe-           PraktikantInnen aufzunehmen, was si-
            sen war, konnte Beraterin Susanne Pred-          cher an der zuverlässigen Vorauswahl
            ler für den engagierten Arbeitsuchenden          und der – wenn nötig – intensiven Nach-
            einen Praktikumsplatz bei Billa ergattern.       betreuung liegt.

            Er nützte die Chance, bewies seine               3 Robert Hotlos war beim arbeit plus
            Fähigkeiten und wurde prompt direkt              Wien-Mitglied Wiener Hilfswerk SOMA
            aus dem Praktikum übernommen!                    Sozialmarkt beschäftigt.
es gibt
nix Besseres                                                                                        „Wenn man an Menschen glaubt und                   „Ohne dieRadstation hätte ich
als das hier!                                                                                         ihnen das Gefühl gibt, sie sind es                nie die Chance gehabt, so
                                                                                                   wert, dass man sich um sie kümmert,                  schnell wieder ins Berufsleben
            Ja, er is mit’m Radl da!                                                               kriegen sie diesen Selbstwert auch.“                 zurückzufinden.“
                                                                                                          Lena Pieber, dieRadstation (links im Bild)   Patrick Op den Oordt

            Patrick Op den Oordt, ein begeisterter Radler und Schrauber, sitzt trotz vie-
            ler Hindernisse und „Abstürze“ jetzt wieder fest im Sattel – der Erfolg ist
            auch der Beschäftigung bei dieRadstation und dem Einsatz seiner Beraterin
            zu verdanken.

            Mit dem Radl ist der in Holland gebo-       Gigasport in Graz „und dann hat der
            rene Patrick Op den Oordt praktisch         gleich g’sagt ,am Freitag fängst an‘“,
            aufgewachsen. Er hat zwar eine Ausbil-      erzählt Patrick Op den Oordt. In der
            dung zum Gärtner gemacht, aber „ich         Probezeit pendelte er täglich, als die
            bin radmechanisch ein Schrauber“, sagt      Überlassung schließlich fix war, half
            er lachend über sich selbst. Österreich     seine Beraterin bei der Wohnungssu-
            kannte er aus dem Familienurlaub: „Mit      che, unterstützte beim Möbelkauf und
            fünf hab’ ich schon fehlerfrei ,Fräulein,   hatte stets ein offenes Ohr für ihn.
            kann ich ein Spezi haben?‘ sagen kön-
            nen.“ 1991 kam er nach Wien, um zu          Mittlerweile hat es Patrick Op den
            bleiben, hatte verschiedene Jobs, ge-       Oordt geschafft: Er wurde fix ange-
            riet mit dem Gesetz in Konflikt, wurde      stellt und ist voll des Lobes für seinen
            obdachlos. Immer wieder versuchte er,       Arbeitgeber. „Wo ich jetzt bin, das
            sein Leben alleine in den Griff zu be-      Team ist super, alles erfahrene Leu-
            kommen, meist folgte ein Absturz.           te, wo man viel lernen kann“, erzählt
                                                        er mit Begeisterung, „und man wird
            Das Fahrrad wurde für den sport­            auch gefördert, dazu gibt es Team-
            lichen Mann zu einer Art Anker, und         building oder Ausflüge.“
            so bewarb er sich eigeninitiativ bei
            der Radstation, als diese gerade eröff-     Skimonteur-Ausbildung, neue Kurse,
            net wurde. Nach längerer Wartezeit          E-Bike-Reparaturen,        Mechaniker
            konnte er aufgenommen werden,               bei der bekannten Tour de Mur – der
            schraubte, lernte, absolvierte Work-        Radschrauber ist bei Gigasport Graz
            shops. „Zum Lernen ist’s ein Traum          in seinem Element, die Vorgesetzten
            hier“, erinnert er sich.                    sind begeistert: Die Personalchefin hat
                                                        bei dieRadstation schon auf der Suche
            Nach erneuten Problemen mit der Poli-       nach einem weiteren Mitarbeiter ange-
            zei (Beamtenbeleidigung) wurde er von       fragt …
            seiner Beraterin Lena Pieber bei Gericht
            unterstützt – das ermöglichte ihm eine      3 Patrick Op den Oordt war beim
            weitere Chance, die er auch nützte: Er      arbeit plus Wien-Mitglied dieRadsta­
            machte ein dreitägiges Praktikum bei        tion (Trendwerk) beschäftigt.
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