Nichtraucher-Info - Nichtraucher-Initiative Deutschland eV
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Nichtraucher-Info Nr. 46 - II/02 Tabak-Deal der Drogenbeauftragten: 11,8 Millionen Euro von der Tabakindustrie für Aufklärungskampagne Nach monatelangen Verhandlungen Anti-Raucher-Kampagne verwendet zwischen der Drogenbeauftragten der werden und die Maßnahmen dürfen Bundesregierung, Marion Caspers- „nicht die Zigarettenindustrie, deren Merk, hat Bundesgesundheitsministerin Produkte oder den Zigarettenhandel Ulla Schmidt am 20. März 2002 eine diskriminieren oder erwachsene Rau- Vereinbarung unterschrieben, wonach cher verunglimpfen“. die Tabakindustrie 11,8 Millionen Euro, verteilt über fünf Jahre, für eine Aufklä- Zugleich legt die Vereinbarung fest, rungskampagne bereit stellt, mit der dass „die Zuwendung ohne Gegen- Kinder und Jugendliche vom Rauchen leistung“ erfolgt. Damit will die Ge- abgehalten bzw. abgebracht werden sundheitsministerin möglichen Speku- sollen. Vertragspartner sind neben dem lationen vorbeugen, die Regierung Verband der Cigarettenindustrie die hätte sich mit dem Deal weitere Maß- größten Tabakunternehmen auf dem nahmen gegen die Tabakbranche ab- deutschen Markt: Philip Morris, British kaufen lassen, d.h. sich verpflichtet, auf American Tobacco, Reemtsma, Japan gesetzliche Regelungen zur Beschrän- Tobacco International, Austria Tabak kung des Tabakkonsums und des und Heintz van Landewyck. Nichtraucherschutzes zu verzichten. Dass eine solche Vereinbarung dem Nach Ansicht von Caspers-Merk soll Gesundheitsministerium bzw. der Bun- mit dem Abkommen erreicht werden, deszentrale für gesundheitliche Aufklä- dass die Tabakkonzerne „Verantwor- rung jedoch keine freie Hand gibt, geht tung für ihr Produkt übernehmen“. Die auch aus dem Vertrag hervor. Danach Tabakindustrie habe laut Vertrags- darf das Geld nicht für eine allgemeine Fortsetzung nächste Seite
Seite 2 POLITIK text keinerlei Mitwirkungs- und auch desregierung soll ein Schlichter klären. keine inhaltlichen Mitspracherechte. Die Drogenbeauftragte sieht die Ver- Ein Sachverständiger soll sich lediglich einbarung eines „Tabak-Präventions- über die Kampagne informieren und die fonds“ als Vorbild für Spirituosenpro- Erkenntnisse an die Unternehmen wei- duzenten und die Hersteller gefähr- terleiten. Mögliche Streitigkeiten zwi- licher Sportgeräte. schen der Tabakindustrie und der Bun- Was ist von der Vereinbarung zu halten? Wer mit der Tabakindustrie einen Pakt Auch wenn in der Vereinbarung fest- schließt, wird in der Regel reingelegt. gelegt ist, dass „die Zuwendung ohne Für jährlich rund 2,5 Millionen Euro soll Gegenleistung“ gezahlt wird, bleibt ein die Bundeszentrale für gesundheitliche äußerst ungutes Gefühl. Nahezu unvor- Aufklärung (BZgA) eine Kampagne ge- stellbar ist, dass die Tabakindustrie die gen das Rauchen von Kindern und jährlichen Raten weiter zahlt, wenn ihr Jugendlichen entwickeln, die nur auf durch gesetzliche Maßnahmen Um- eine kleine Zielgruppe gerichtet ist und satzeinbußen drohen. Dies wäre zum nicht das Rauchen von Erwachsenen Beispiel bei einem Verkaufsverbot für „verunglimpfen“ darf. Darum kann sie Tabakwaren an Minderjährige der Fall. der Tabakindustrie nicht schaden. Durch Passivität und bewusste Verzö- Denn wer Kinder zum Rauchen bringen gerung von Initiativen kann sehr leicht will, braucht ihnen nur zu sagen, dass „unter der Hand“ im Sinne der Tabak- Rauchen etwas für Ältere, also Erwach- industrie gehandelt werden. Wie die sene, ist. Wirksame Kampagnen müs- Spendenskandale in letzter Zeit zeigen, sen so gestaltet sein, dass sie alle Be- ist nichts unmöglich. völkerungsgruppen umfassen. Das wis- sen die Glimmstängel-Hersteller und so Damit wird nicht den Verantwortlichen konnten sie getrost zustimmen – erst im Gesundheitsministerium unterstellt, recht angesichts des lächerlichen Be- dass sie sich von der Tabakindustrie trages. Denn jedes Jahr geben sie kaufen lassen. Aber angesichts von mehr als hundert Mal so viel Geld für Klagen der früheren und der derzei- die Werbung für absolut gesundheits- tigen Bundesregierung gegen EU-Be- schädliche Produkte aus. schlüsse, die zur Minderung des Ta- bakkonsums beitragen sollen, und an- Die Gesundheitsministerin kann nun, gesichts von Spendenskandalen in ohne den Bundeshaushalt zu belasten, Deutschland ist es sicher verständlich, Aktivität demonstrieren und die Tabak- wenn Zweifel daran laut werden, dass industrie kann sich als „verantwor- der „Tabak-Deal“ den Zweck erfüllt: Ju- tungsvoll“ handelnder Wirtschaftszweig gendliche vom Rauchen abzuhalten. darstellen. Den Betrag für diese ex- zellente Public-Relations-Maßnahme Warum wird nicht die Tabaksteuer zahlen die Drogenproduzenten aus der um 0,023 % erhöht? Das entspricht Portokasse. genau den 2,5 Millionen Euro!
NID-AKTIVITÄTEN Seite 3 Änderung der Arbeitsstättenverordnung angemahnt Bundesarbeitsminister Walter Riester der Basis des künftigen Nichtraucher- hatte der interfraktionellen Nichtrau- schutz-Paragrafen konkrete Informatio- cherschutz-Initiative im Deutschen nen zur Umsetzung gegeben werden. Bundestag Ende letzten Jahres mitge- Die Broschüre nichtraucherschutz.de teilt, dass die um den Nichtraucher- ist ab Mai 2002 bei der NID kostenlos schutzparagrafen ergänzte Arbeits- erhältlich. stättenverordnung (ArbStVO) voraus- sichtlich im Mai 2002 in Kraft treten Zur Erinnerung: werde. Dies sollte zusammen mit der Betriebssicherheitsverordnung (Betr NID-Mitgliederversammlung SichVO) in einem sogenannten „Si- am 13. April 2002 cherheitspaket“ geschehen. Da es bei in Gerabronn der Betriebssicherheitsverordnung strit- Bahnreisende, tige Punkte gab, war Anfang dieses die abgeholt werden wollen, Jahres abzusehen, dass sich dies auch müssen dies auf die Arbeitsstättenverordnung aus- bis spätestens 11. April 2002 wirken würde. Deshalb hat die NID die der NID mitteilen: 089/3171212 Mitglieder der Nichtraucherschutz-Initi- ative gebeten, bei Minister Riester vor- stellig zu werden. www.stimmt-leider.de In seinem Schreiben vom 1. März 2002 Eine neue informa- führte Werner Lensing für die vierköp- tive Web-Seite hat fige Gruppe u.a. an, dass ein weiteres Dietmar Elsner, Mit- Festhalten an der Absicht, beide Ver- glied der Nichtrau- ordnungen aneinander gekoppelt zu cher-Initiative Wies- behandeln, die Umsetzung des Bun- baden, erstellt. Als destagsbeschlusses vom 31. Mai in Motivation nennt er „ mehrere Todes- unzumutbarer Weise verzögern würde. fälle von Rauchern durch Lungenkrebs Der Bundesarbeitsminister wurde da- und Herzinfarkt in meinem persönli- her dringend gebeten, „die veränderte chen Umfeld. Wer eine weinende ver- Arbeitsstättenverordnung unabhängig zweifelte Witwe neben dem gerade von der strittigen Betriebssicherheits- verstorbenen Mann gesehen hat, ver- verordnung in Kraft zu setzen, damit steht unter „Verantwortung gegenüber der vor einem Jahr beschlossene Rauchern“ etwas anderes als die Ta- Nichtraucherschutz zum 31. Mai 2002 bakkonzerne. Ich war Führungskraft in wirksam werden kann.“ Bis Redakti- einem globalen Konzern, bin nun im onsschluss lag noch keine Antwort vor. Ruhestand und setze mich für die un- abhängige Information der Bürger im Unabhängig davon ist die NID dabei, Sinne von Dr. Gro Harlem Brundtland, eine Broschüre zu erstellen, in der auf Generaldirektorin der WHO ein. ...“
Seite 4 AKTIONEN Welt-Nichtrauchertag am 31. Mai 2002 Motto: Ja zum Sport heißt Nein zum Tabak! Eine große Mehrheit der befragten Das Thema des Welt-Nichtraucherta- Organisationen und Verbände ent- ges 2002 kann man auch poetisch schied sich dafür, den von der Weltge- anpacken: sundheitsorganisation ausgerufenen Welt-Nichtrauchertag in Deutschland unter das Motto „Ja zum Sport heißt Sagst ja du zum Sport, Nein zum Tabak!“ zu stellen. Da auch sag zum Tabak nein! die großen Sportverbände ihre Zu- stimmung gaben, ist zu hoffen, dass Rauchen und Sport sind wie Feuer und Wasser, eine große Koalition auch eine große sie schließen einander völlig aus. Das Rauchen macht dich blass und blasser, Wirkung erzielen kann. Spätestens nimmt dir die Luft, macht dir den Garaus; Anfang Mai wird auch ein Plakat zu dein Körper wird es dir nicht verzeih’n. haben sein, das bis auf wenige kleine Sagst ja du zum Sport, sag zum Tabak nein! Änderungen so aussehen wird: Der Tabak gehört zu den schlimmsten Drogen, er hat ein enormes Suchtpotential. Und wer dem Tabak bleibt gewogen, traf todsicher eine falsche Wahl, wird abhängig werden, gefangen sein. Sagst ja du zum Sport, sag zum Tabak nein! Darum ihr alle, die im Sport etwas zu sagen haben: es zählt hier nicht nur euer Wort; zu euren guten Gaben gehört auch das Vorbild im Verein. Sagst ja du zum Sport, sag zum Tabak nein! Zu werben für Sport mit Tabakreklame, ist dumm und ist verantwortungslos. Erbringt es auch gute Geldeinnahme, sagt euch von der Verführung los und von dem trügerischen Schein! Sagst ja du zum Sport, sag zum Tabak nein! Der Sport soll der Sportler Kräfte entfalten und sie bewahren vor falschem Genuss. Der Sport soll sie gesund erhalten, das ist sein Ziel, das ist sein Plus. Drum muss es seine Losung sein: Das Poster kann bei der Deutschen Sagst ja du zum Sport, sag zum Tabak nein! Krebshilfe, Thomas-Mann-Str. 40, 53111 Bonn, 0228/729900, ange- Gerhard Sensenschmidt fordert werden.
NID-AKTIVITÄTEN Seite 5 Auch AOK Memmingen aktiv Den Artikel mit Bild über Informations- terwegs, mittlerweile werde ich auch veranstaltungen der Kaufmännischen von Wirtschafts- und Realschulen Krankenkasse in Wesel im Nichtrau- sowie Gymnasien angefordert. Heuer cher-Info Nr. 44 nahm Werner Glatz war ich bereits in zwei Schulen und vom Schulservice der AOK Direktion konnte, da ich in der 5. Klasse beginne, Memmingen zum Anlass, die NID über nahezu 40 Klassen mit über 800 eigene Aktionen zu informieren: „Ich Schülern über die Gefahren des Rau- bin seit Jahren mit einer eigens konzi- chens informieren. Natürlich verwende pierten Ausstellung, dem Raucher-Max, ich dabei auch Ihr Material (Lungen- Dias u.v.m. in allen Hauptschulen un- poster, Broschüren, Aufkleber). Werner Glatz in der Hauptschule Babenhausen Vielen Dank für die übersandten Broschüren, Aufkleber und Poster! Mit freundlichen Grüßen Brigitte Hormuth Berufsfachschule für Krankenpflege der Schwesternschaft Nürnberg vom Bayerischen Roten Kreuz e.V. Internet: www.kubiss.de/brk-schwesternschaft
Seite 6 POLITIK Kampagne gestartet: Bannmeile um Schulen für Tabakwer- bung auf 120 Meter und für neue Ziga- Leben ohne Qualm in NRW rettenautomaten auf 200 Meter ausge- Nordrhein-Westfalens Gesundheitsmi- dehnt. Nur die Stadt Leverkusen lehnte nisterin Birgit Fischer hat am 6. März den Antrag einstimmig ab, da aufgrund 2002 die Kampagne „Leben ohne Qual der vertraglichen Vereinbarung ein Ver- in NRW“ gestartet. Jugendliche sollen bot der Werbung für Tabakerzeugnisse sich pfiffige Sprüche zum Thema „Pro nicht durchgesetzt werden könne. Nichtrauchen“ einfallen lassen und sich bei einer Jury melden ( 0208/300 69 Berlin-Steglitz-Zehlendorf: 31). Die besten Sprüche sollen dann Keine Tabakwerbung mehr für Anti-Tabak-Kampagnen genutzt werden. Angesichts der immer größer auf Werbetafeln des Bezirks werdenden Zahl Jugendlicher, die zur Auf den 50 Werbegroßtafeln, die auf Zigarette greifen, sind solche Maßnah- bezirkseigenen Grundstücken stehen, men dringend erforderlich. darf nicht mehr für Zigaretten und an- www.netdoctor.de, 7.3.02 dere Tabakprodukte geworben werden. Dies hat die Gesundheitsstadträtin NRW-Auswertung der Anke Otto (Bündnis 90/Die Grünen) entschieden. Das Verbot erfolgte im Bürgeranregungen zum Rahmen der Gesundheitskampagne Verzicht auf Tabakwerbung „Leben ohne Rauch“. Die von NID-Präsident Prof. Dr. Ekke- Berliner Zeitung, 8.3.02 hard Schulz angeregten Bürgerbegeh- ren zum Verzicht auf Tabakwerbung Unerfreulich: auf gemeindlichen Werbeflächen führ- Baden-Württemberg ten in Nordrhein-Westfalen zum folgen- verhindert höhere Steuer für den – vorläufigen – Ergebnis: Tabakprodukte Die Städte Bergisch Gladbach, Dorma- In seiner Pressemitteilung vom 20. gen, Erftstadt, Kaarst und Meerbusch Februar 2002 brüstet sich das baden- haben beschlossen, bei Neu- oder württembergische Wirtschaftsministe- Folgeverträgen mit Werbefirmen auf rium damit, dass es Bundesfinanzmi- Tabakwerbung zu verzichten. Die nister Eichel davon überzeugen konnte, Städte Alfter, Bonne, Düsseldorf, Erk- dass die Marke „West Single Packs“ rath, Köln, Neuss, Solingen, Sankt von Roth-Händle tabaksteuerlich als Augustin und Wuppertal sehen leider Feinschnitt behandelt werden müsse. aufgrund der gegenwärtigen Geset- Wäre das Feinschnitt-Tabakprodukt als zeslage keine Möglichkeit, ihre meist Zigarette besteuert worden, hätte sich langfristigen Verträge zu ändern und der Preis mehr als verdoppelt. Dies wünschen sich ein gesetzliches Ta- hätte wahrscheinlich das Aus für die bakwerbeverbot durch den Gesetzge- Firma Roth-Händle und den Verlust ber, das heißt den Deutschen Bun- von 550 Arbeitsplätzen bedeutet. Wer’s destag. Die Stadt Wuppertal hat die glaubt, wird selig!
POLITIK Seite 7 Die Realpolitiker Eine Betrachtung vier Jahr nach dem Scheitern des Nichtraucherschutz-Gesetzes Der Kanzlerkandidat der Union, der fleischten Pfeifenraucher Seehofer Nichtraucher Edmund Stoiber, hat zwar (CSU), den uns Herr Stoiber womöglich unter dem, was er als Kanzler alles wieder präsentieren würde ... Noch hö- besser machen will, auch – als Letztes her war die Quote der Neinsager bei – die Gesundheitspolitik genannt. Aber der nun einmal so liberalen FDP (trotz von ihm zu erwarten, dass er mehr für des erfreulichen Ja von Hans-Dietrich den Nichtraucherschutz und für die Gentscher). Prävention des Rauchens tun werde Beide Realpolitiker, die sich im Herbst als der Havanna-Kanzler Gerhard 2002 um das Kanzleramt bewerben, Schröder, wäre wohl naiv. wissen ganz bestimmt auch die noblen Beide sind – und das betonen sie Parteispenden aus Kreisen der Tabak- selbst – Realpolitiker und wollen zu- industrie zu schätzen. Als die deutsche nächst einmal eine möglichst hohe Bundesregierung mit der bereits vom Tabaksteuer-Einnahme für die Bun- Kabinett Kohl erhobenen Klage gegen deskasse verbuchen. (Die Tabaksteuer das Tabakwerbeverbot vor dem Euro- ist für den Bund die viertwichtigste päischen Gerichtshof erfolgreich war, Steuer nach Mehrwert-, Einkommen- reagierte Luk Joossens, Sprecher der und Mineralölsteuer.) Dass zum Bei- Internationalen Union gegen den spiel im Jahr 2000 den 22,4 Milliarden Krebs, am 5. Oktober 2000 in Brüssel DM Tabaksteuer-Einnahmen rund 34 ganz spontan mit den markanten Wor- Milliarden DM Ausgaben für tabakbe- ten: „In Deutschland finanziert die Ta- dingte Krankenbehandlungen, Produk- bakindustrie beide großen Parteien. tionsverluste sowie Arbeits- und Er- Deutschland ist eine Katastrophe!“ werbsunfähigkeit gegenüberstanden, Hinzuzufügen wäre noch, dass natür- interessiert die große Politik nicht: erst lich auch die FDP kassiert hat. Ja, einmal die Steuergelder im Staatssä- selbst unsere grüne Umweltpartei ließ ckel haben! – sich mindestens einen Parteitag von einer nicht ganz unbekannten Zigaret- Werfen wir einen Blick zurück auf das tenfirma sponsern und antwortete auf Scheitern des Nichtraucherschutz-Ge- Anfrage ganz keck: „Ja, warum denn setzes im Februar 1998: Hier hatten wir nicht?“ immerhin eine – wenn auch sehr knappe – Mehrheit der SPD-Fraktion Aber die weisesten Worte sprach neben ganz deutlichen Mehrheiten der zweifellos damals vor der Abstimmung Grünen und der PDS. Gescheitert ist am 5. Februar 1998 der „Sachverstän- das so wichtige, weil umfassende dige“ Heckler, Sprecher des Bundes- Schutzgesetz an der sehr klaren Ab- verbandes der deutschen Tabakpflan- lehnung durch unsere beiden christli- zer: „Alle unsere Vorfahren sind ge- chen Parteien, angeführt vom damali- storben, ob sie Raucher oder Nichtrau- gen Gesundheitsminister, dem einge- cher waren“ ... Gerhard Sensenschmidt
Seite 8 PRESSE-TABAKINDUSTRIE Dialog-Veranstaltung für „Ich danke für Ihren Brief vom 12. No- BAT ein Reinfall vember. Ich erlaube Sie sollte in Deutschland der Einstieg mir allerdings den zum „Social Reporting“ werden: die Hinweis darauf, dass Dialog-Veranstaltung der British Ameri- ich mich überhaupt can Tobacco (BAT) Germany GmbH nicht darüber wunde- am 23. Januar 2002 in Berlin. Weltweit re, dass es inzwi- sei BAT dabei, durch „ein standardi- schen auch eine Nichtraucher-Initiative siertes Verfahren ihr Vorgehen im Be- in unserem Land gibt, in dem bekannt- reich ‚Soziale Verantwortung’ messbar lich der Zeigefinger besonders lang zu und nachvollziehbar“ zu machen. Die wachsen pflegt. Glauben Sie mir, Ihre beauftragte Agentur Kohtes & Klewes Sorgen möchte ich haben.“ hatte sogar Theo Sommer, den lang- Über diese Äußerungen informierte jährigen Chefredakteur und Mitheraus- Gerhard Sensenschmidt die Nichtrau- geber der Wochenzeitung Die Zeit, cher-Initiative Wiesbaden, deren Vorsit- eingeschaltet, um den Präsidenten der zender Horst Keiser den Zeit-Heraus- NID als Teilnehmer zu gewinnen. Doch geber Naumann am 24. Januar über die Veranstaltung in der Vertretung der die schädlichen Folgen des Rauchens Freien und Hansestadt Hamburg in informierte und ihm ein Verantwor- Berlin musste ohne Prof. Dr. Ekkehard tungsbewusstsein insbesondere Kin- Schulz stattfinden, zumal BAT nicht dern und Jugendlichen gegenüber ab- bereit war, die Namen der 15 bis 20 sprach. Gleichzeitig kündigte Keiser an, potentiellen Teilnehmer zu nennen. die „absurde und beschämende“ Äu- Über das Ergebnis des Dialoges mit ßerung Naumanns zu veröffentlichen. den erschienenen Personen war BAT nicht bereit Auskunft zu geben. Außer Was dann folgte, ist kaum zu fassen: Spesen nichts gewesen. Der Ex-Staatsminister und aktive Pres- semann schrieb am 4. Februar an Michael Naumann Horst Keiser: „Ich darf Sie darauf auf- merksam machen, dass ich in einem im Abseits persönlichen Brief eine Meinung geäu- Am 4. November 2001 tagte der ARD- ßert haben, die zu verbreiten ich Ihnen Presseclub. Mit dabei Dr. Michael untersage: dabei berufe ich mich auf Naumann, ehemals Kultur-Staatsmi- das Persönlichkeitsrecht, aber auch auf nister im Kabinett Schröder und derzeit Anstand und Sitte und, sie werden es Chefredakteur und Mitherausgeber der erraten, auf das Briefgeheimnis.“ Wochenzeitung Die Zeit. Von Gerhard Sensenschmidt in seiner Funktion als Kommentar: Rauchen will Naumann Referent für den Sachbereich Schu- öffentlich, Kritik an seinem Verhalten len/Hochschulen schriftlich auf sein und seinen Äußerungen dazu sollen verantwortungsloses Rauchen im Pres- dagegen geheim bleiben. Eine solche seclub angesprochen, reagierte Nau- Einstellung ist eines Zeitungsmannes mann mit drei Sätzen: völlig unwürdig. EGK
JUGEND/SCHULE Seite 9 Tabakwerbung im Rauchverbot an den Ständen zu über- wachen. Ob es zu Zwischenfällen kam, Vorspann von konnte ich nicht feststellen, da ich wie Harry Potter alle anderen Lehrerinnen in den Klas- senzimmern beim Basteln war. Der Film Harry Potter bricht alle Zu- schauerrekorde. Freigegeben ist er ab Die Meinung der Vorsitzenden des sechs Jahren. Davor jedoch laufen Elternbeirates, und ich schließe mich Werbespots mit Alkohol- und Tabak- ihr an, ist, dass der größte Teil der werbung. Alle Versuche, im Jugend- Eltern unsere Feste nicht mehr be- schutzgesetz die Werbung für legale sucht, falls wir ein solches Verbot aus- Drogen vor Kinderfilmen zu verbieten, sprechen. Die Einnahmen des Eltern- scheiterten bisher am Widerstand aus beirates und somit das Sponsoring für Politik und Wirtschaft. Die einzige Be- viele unserer Unternehmungen werden schränkung, die sich die Tabakindustrie von den Eltern finanziert, die unsere selbst auferlegt hat: Glimmstängel- Feste besuchen. Unsere Schülerinnen Werbung darf erst nach 18 Uhr in den und Schüler müssten dann auf vieles Kinos laufen. Am einfachsten wäre es, verzichten. Werbung für Produkte, die bei bestim- mungsgemäßem Verbrauch gesund- Sollten die Eltern unsere Aktivitäten heitsschädlich sind, generell zu verbie- nicht mehr wahrnehmen, fallen sie ten. auch automatisch weg. Ob das im Sinne der Schulgemeinschaft ist, be- Schulleiterin gestattete zweifle ich. Dass meine Argumente für Sie nicht zu akzeptieren sind, nehme Rauchen wegen der ich an. Bei der nächsten Elternbeirats- Sponsoren sitzung werde ich das Thema anspre- So geschehen in München an einer chen.“ Grundschule: Die Eltern einer 8-jähri- Die auf Empfehlung der NID von den gen Schülerin beschwerten sich bei der Eltern über diese unglaubliche Einstel- Schulleiterin darüber, dass bei Schul- lung informierte Schulrätin rief sofort festen regelmäßig innerhalb des Schul- die Schulleiterin an mit dem Ergebnis, gebäudes geraucht wurde, sogar an dass diese den Eltern mitteilte: den Ständen, an denen Essen verkauft wurde. Deren Antwort ist kaum zu fas- „Ab sofort wird in allen Räumen und sen: Gängen, in denen sich berechtigter- weise Schüler und Schülerinnen auf- „Das Thema Rauchverbot bei Schul- halten, bei Schulfesten ein Rauchver- festen, das Sie in Ihrem Schreiben bot erteilt. Zukünftig werde ich in Einla- fordern, ist ein heikles Thema. Am dungen die Eltern auffordern, das Rau- Freitag, den 14.12. nahm ich Ihren chen ... zu unterlassen.“ Brief zum Anlass und informierte die Vorsitzende des Elternbeirates. Sie Damit vermied sie, dass die Presse erklärte sich umgehend bereit, das über den Fall informiert wurde.
Seite 10 JUGEND/SCHULE Kein Rauchverbot an Was halten Schüler Schulen in vom Rauchverbot Schleswig-Holstein für Jugendliche? Die Oppositionsfraktion stellt den An- Max Roth und Anja Berner äußerten trag auf ein Rauchverbot an Schulen, sich für den Leistungskurs Soziologie die Regierungsfraktion lehnt den An- der 11. Klasse des Bremer Gymnasi- trag ab oder überweist ihn zur weiteren ums Obervieland in einem Leserbrief Beratung an einen Ausschuss. So ge- im Weser-Kurier vom 25.6.01: schehen in Schleswig-Holstein, so ge- schehen in München und in anderen „Wir unterstützen einmütig die Drogen- Städten und Gemeinden. Die Begrün- beauftragte, Frau Marion Caspers- dung ist immer dieselbe: Ein allgemei- Merk, in ihrem Anliegen, Jugendlichen nes Rauchverbot würde es erst recht unter 16 Jahren das Rauchen generell attraktiv machen zu rauchen. Außer- zu verbieten. Nachdem wir das Thema dem könne jede Schule selbst be- „Jugend und Gesundheit“ diskutiert schließen, ob geraucht werden dürfe haben, meinen wir aber, dass ein sol- oder nicht. Schüler, denen es nach ches Verbot allein nicht ausreicht. Die dem Jugendschutzgesetz gestattet ist, allgemeine Werbung für Zigaretten wie in der Öffentlichkeit zu rauchen, wür- auch die Aufstellung von Zigaretten- den dann einfach das Gebäude zum automaten vor Schulen müssten gene- Rauchen verlassen. Viele von ihnen rell verboten werden, um dem Nicht- sind darüber hinaus nikotinabhängig. rauchen endlich die notwendige gesell- An Berufsschulen sei es erst recht nicht schaftliche Anerkennung zu verschaf- möglich, ein totales Rauchverbot fen. Für Kinder muss der einfache Zu- durchzusetzen. Besser wäre es, auf gang zu Zigaretten deutlich erschwert Schulhöfen Raucherzonen mit geringe- werden. Allein vor unserer Schule ste- rer Attraktivität zu schaffen. Diese hen zwei Automaten. müssten abgelegen und zugleich gut kontrollierbar sein. Doch nicht nur durch Verbote, sondern auch durch Belohnungen sollte ver- Als engagierter Gymnasiallehrer muss sucht werden, das Alter der Neuein- ich gestehen, auch keine besseren steiger wieder zu erhöhen. Wie wäre es Rezepte zu haben. Um das heimliche mit Prämien, wenn man nachweislich Rauchen zum Beispiel auf den Toilet- bis zum 18. Lebensjahr rauchfrei ge- ten zu unterbinden, ist es bei Süchtigen blieben ist? ... Anstelle von Werbung – und das sind nicht wenige - erforder- für Zigaretten sollten viel mehr Anti- lich, ihnen einen anderen Ort zuzuwei- Rauch-Kampagnen gegen die „größten sen. Das darf kein Raucherzimmer Drogen-Händler der Welt“ durchgeführt sein. Im Gebäude muss Rauchen zu- werden. Am Ende wirken vielleicht nur mindest für Schüler (meines Erachtens drastische Preiserhöhungen, um Kinder auch für Lehrer) tabu sein. Abgelegene und Jugendliche vor den bekannten Raucherecken bleiben die einzige Al- gesundheitlichen Gefährdungen zu be- ternative. Helmut Mannhart wahren.“
JUGEND/BERUF Seite 11 Auszubildende bei Develey verdienen mehr, wenn sie nicht rauchen „Wir wollen Jugendlichen ein schlag- Geschmacksnerven der Auszubilden- kräftiges Argument geben, nicht zu den neutral sein, wenn sie an den Pro- rauchen“, begründet Michael Durach, duktionsvorgängen teilnehmen. Denn der Geschäftsführer des Senf- und So- das Produkt wird geschmacklich ge- ßenherstellers in Unterhaching, einem testet.“ 20.000 Einwohner zählenden Ort süd- lich von München. Seit mehr als zwan- zig Jahren übernimmt Develey die So- zialabgaben der Auszubildenden, die vertraglich zustimmen, während der dreijährigen Lehre die Finger konse- quent von der Zigarette zu lassen. Wer nicht durchhält, muss die bis dahin gesparten Sozialabgaben zurückzah- len. In den zwei Jahrzehnten kam es kein einziges Mal vor, dass ein Auszu- bildender das Geld zurückgeben musste. Durach: „Gerade als Lebens- mittelbetrieb wollen wir ein gesundes Bild vermitteln. Außerdem sollen die
Seite 12 JUGEND Mut zum Risiko „Messer, Gabel, Schere, Licht sind für weniger bedarf es der Obhut durch kleine Kinder nicht!“ bemühen sich andere. besorgte Eltern ihren Jüngsten beizu- Messer, Gabel, Schere, Licht lernt das bringen. Kind zu gebrauchen, ohne Gefahr für „Wie ist’s mit der Zigarette? Ich wär’ sich selbst und für seine Umwelt. Dem schon groß, wenn ich sie hätte!“ er- Erwachsensein ist es damit um einige gänzt manch kindliches Gemüt in Ge- Schritte näher gekommen. Der Mut danken. zum Risiko hat sich gelohnt. Was haben beide Sprüche gemein- Wie geht es nun weiter auf dem Weg sam? Hier wie dort geht es um Risiken, nach oben? Die Zigarette - auch ein bei denen das Kind im Spannungsfeld Risiko, dem ich mich stellen muss, um zwischen Neugier und Tabu steht. El- nun endlich erwachsen zu werden? tern handeln verantwortungsvoll, wenn Es gibt Risiken, denen sich viele Leute sie Tabus setzen. Schließlich ist das nur mit sehr viel Überwindung stellen, Kind allein noch nicht handlungsfähig. weil sie es nicht in der Hand haben, Es bedarf noch der Fürsorge und des den Ablauf des Geschehens zu beein- Schutzes seiner Eltern. Körperlich ab- flussen. Dazu gehören Flugreisen oder genabelt hängt es noch lange an einer auch Bungee-Jumping. In beiden Fäl- sozialen „Nabelschnur“. Das bedeutet len ist das Risiko dank streng kontrol- auch: Eltern haben für das Tun ihrer lierter Sicherheitsmaßnahmen eher ge- Kinder einzustehen. Entwicklungsauf- ring. Für die Sicherheit stehen die Be- gabe des Kindes ist es, sich Schritt für treiber und die kontrollierenden Behör- Schritt von seinen Eltern abzunabeln, den ein. Wer das Risiko eingeht, ist ein das heißt Verantwortung für sein Tun anderer als der, welcher dafür gerade selbst zu tragen. Dazu muss es sich steht. auch mit Risiken auseinandersetzen, um zu lernen, damit umzugehen und Genau so ist es beim Rauchen. Nur mit sie zu meistern. Wenn das Kind laufen einem Unterschied: Das Risiko ist ex- lernt, läuft es Gefahr, hinzufallen und trem hoch. Dennoch ist die Überwin- sich eine Schramme zu holen. Nur dung, sich in Gefahr zu begeben, bei wenn es bereit ist, sich diesem Risiko weitem geringer als beim Bungee- zu stellen, wird das Kind lernen, seine Jumping. Die Gewissheit, dass hier Motorik zu koordinieren und die Gefahr jemand einsteht, wenn etwas passieren zu bannen. Jede noch ungewohnte sollte, scheint unerschütterlich zu sein. Handlung trägt das Risiko, zu versa- Ebenso wie sich das kleine Kind im gen. Doch je deutlicher ich die Um- Vertrauen auf die Obhutspflicht der stände erkenne, die mein Tun bestim- Eltern bei jeder gefährlichen Manipula- men, und die Folgen abschätzen kann, tion in Sicherheit wiegt, baut offensicht- die durch mein Handeln ausgelöst wer- lich der Raucher auf die Obhutspflicht den können, um so geringer wird die der Gesellschaft. Für die Folgekosten Gefahr, der ich mich aussetze, um so Fortsetzung nächste Seite
JUGEND Seite 13 stehen schließlich die Beitragszahler vom Mut zum Risiko lassen das Rau- der Krankenkassen in der Pflicht, allen chen als ein Verhalten erscheinen, das voran diejenigen, die durch vernünftige Emanzipation und Erwachsensein för- Lebensweise Kosten einsparen, um dert. In Wirklichkeit ist es aber eher Gelder für die Behandlung von Rau- eine Fluchtreaktion auf die echten Her- cherkrankheiten frei zu machen. ausforderungen des Lebens. Die Kon- frontation mit diesem Risiko taugt nicht Für das Verhalten eines Kindes haften dazu, Körper, Geist und Persönlichkeit dessen Eltern, weil das Kind die Folgen herauszubilden. seines Tuns noch nicht in vollem Um- fang abschätzen kann. Der Raucher Sehr oft wird die Zigarette gebraucht, könnte dies, aber für die Folgekosten um Probleme und Konflikte beiseite zu wird nicht zuerst er, auch nicht der schieben, die im Zuge des Erwach- Produzent des Übels, sondern eine senwerdens eigentlich gelöst und be- „Solidargemeinschaft“ zur Kasse ge- wältigt werden sollten. Der Einsatz beten, die überwiegend aus Nichtrau- eines solchen „Stresskillers“ hindert chern besteht. Dieses „Solidarprin- Heranwachsende daran, den Um- zip“ erlaubt es dem Raucher, sich gang mit Problemen und Konflikten aus der Verantwortung für sein Tun zu lernen. zu stehlen und sich wie ein Kind an Das Bestreben, mit der Zigarette oder eine soziale „Nabelschnur“ zu hängen. mit anderen ungeeigneten Mitteln den Mit der Zigarette hängt symbolisch leichten Ausweg zu suchen, steht in noch ein Stück Nabelschnur aus sei- engem Zusammenhang mit einer eher nem Mund heraus, gleichsam als Er- etwas laxen Lebenshaltung. Den Nähr- kennungsmerkmal einer noch nicht boden dafür liefert die Spaßgesell- vollständig gelungenen Emanzipation. schaft, bei der es darum geht, durch Emanzipation - die Befreiung aus der Äußerlichkeiten aufzufallen und sich Abhängigkeit - ist dort erreicht, wo der auf Kosten anderer zu amüsieren. Wer Mensch die Verantwortung für sich und sich viel leistet, gilt mehr, als wer viel für sein Tun selbst trägt. Die Bereit- leistet. Konsumenten werden umwor- schaft zum Risiko fördert die Emanzi- ben. Wer Geld bietet, dem stehen alle pation, wenn damit gelernt wird, Mög- Türen offen. Wer aber Kenntnisse und lichkeiten auszuschöpfen und Gefahren Fähigkeiten anbietet, hat auf dem Ar- abzuwenden. beitsmarkt oft keine Chance. Was in der Gesellschaft gut läuft, setzt sich Wer es vermeidet, sich den Herausfor- auch in der Schule durch. Spaß- oder derungen der Realität zu stellen, etwas Leistungsgesellschaft? zu riskieren und dafür Verantwortung zu tragen, behindert sich selbst in sei- Hierzulande genießen erfolgreiche ner Emanzipation und verzögert so das Schüler bei vielen ihrer Mitschüler als Erwachsenwerden. „Streber“ wenig Ansehen. Als cool gilt Wer Verantwortung scheut, sucht ge- eher, in der Clique ein Angeber und wöhnlich nach anderen Mitteln, um sich dafür in der Schule ein Versager zu zu beweisen. Abwegige Vorstellungen Fortsetzung nächste Seite
Seite 14 JUGEND/MEDIEN sein. Die Ergebnisse dieser Mentalität noch vorhandene persönliche Schwä- wurden durch die PISA-Studie über- chen offenbar werden. Am Ende steht zeugend dokumentiert. schließlich die Freude über den selbst errungenen Erfolg. Mit den wachsen- Wir brauchen ein Klima, in dem indivi- den Fähigkeiten wachsen auch die duelle Leistung und persönliche Aus- Möglichkeiten, frei zu entscheiden und strahlung mehr gelten als Pomp, Gla- selbstständig zu handeln. mour und der Duft der großen weiten Welt. Dazu müssen wir die heranwach- Schön, wer von sich sagen kann: „Ich sende Generation dafür begeistern, werd’ allein erwachsen - ich brauch’ sich echten Herausforderungen zu dazu kein Räucherstäbchen!“ stellen, auch auf die Gefahr hin, dass Dr. Wolfgang Schwarz Teilen Sie Ihre Meinung durch Medien mit! Auf Seite 16 finden Sie ein Verzeichnis aller Medien, die Sie bei der NID kosten- los (mit Ausnahme der Rauchverbotsaufkleber) beziehen können! Weitere Abbildungen der NID-Medien auf der nächsten Seite!
MEDIEN Seite 15
Seite 16 MEDIEN Anforderung von Medien der NID{PRIVATE } Bitte stellen Sie mir folgende Medien kostenlos zur Verfügung: (A = Aufkleber | B = Broschüre | K = Postkarte | P = Poster | T = Tischaufsteller) A Nichtraucher - Na klar! (rund, Papier + PVC) ___ St. 4 cm Papier ___ St. 9 cm PVC ___ St. 20 cm PVC A Nichtraucherschutz - Na klar (rund, Papier + PVC) ___ St. 4 cm Papier ___ St. 9 cm PVC ___ St. 20 cm PVC A Marlboro: Gestank von Abhängigkeit und Langeweile (Papier) ___ St. 4 x 5 cm ___ St. 5 x 7 cm ___ St. 7 x 10 cm A Marlboro, weil ich ein Rindvieh bin (Papier) ___ St. 5 x 7 cm ___ St. 7 x 10 cm A ___ Raucher stinken - vor sich hin und in sich hinein! (Papier, 5 x 3 cm) A Raucher stinken - Auch die Raucher empfinden ... (Papier) ___ St. 7 x 5 cm ___ St. 10 x 7 cm A ___ St. Nicht mal ein Esel geht meilenweit für eine Zigarette (Papier, 9 x 9 cm) A ___ St. Rauchen macht impotent (Papier, 7 x 10 cm) A ___ St. Gestank-Genießer (Papier, 7 x 10 cm) A Rauchverbotsaufkleber (rund oder rechteckig, PVC, 1 Stück kostenlos!) ___ St. Durchmesser 4 cm ___ St. Durchmesser 9 cm ___ St. Durchmesser 20 cm ___ St. 4 x 3 cm ___ St. 8 x 6 cm ___ St. 12 x 9 cm A Rauchverbotsaufkleber mit Text "Bitte haben Sie Verständnis..." (PVC, 1 Stück kostenlos!) ___ St. 9 x 10,5 cm ___ St. 20 x 23 cm A Rauchfrei aufwachsen! (Papier, 4 x 9 cm) ___ St. gelb ___ St. blau T Reserviert für Nichtraucher (Karton) ___ St. 10 x 5 cm ___ St. 17 x 7 cm K+P Passivrauchen macht krank K ___ St. (A6) P ___ St. (A3) K+P Raucher-Nichtraucher-Lunge "Würden Sie auch dann noch rauchen, ..." K ___ St. (A6) P ___ St. (A3) P ___ St. (A2) P ___ St. Raucher-Nichtraucher-Lunge bei Operation (A4, max. 1 Stück) B ___ St. Rauchfrei aufwachsen! (A6, 32 Seiten) B ___ St. Nichtraucherschutz.de (A5, 16 Seiten, ab Mai 2002) B ___ St. Nichtraucher-Info - aktuelle Ausgabe Zustellung an: Name: ______________________________________________ Straße: ______________________________________________ Postleitzahl, Ort: ______________________________________________ Nichtraucher-Initiative Deutschland e.V. - Carl-von-Linde-Str. 11 - 85716 Unterschleißheim
GASTRONOMIE Seite 17 Sonderangebot für Mitglieder von Nichtraucher-Initiativen: Wanderwoche in der Schweiz Walliser Höhenwege 2002 vom 8. Juli bis 13. Juli 2002 mit Unterkunft im Nichtraucher - Hotel CH-3925 GRÄCHEN Wallis/Schweiz (für Infos siehe auch www.graechen.ch/stutz) Preis pro Person und Woche im Doppel- oder Einzelzimmer: EUR 340,- Leistungen: Hotelunterkunft mit Halbpension 3 geführte Höhenweg-Wanderungen Ausflug nach Saas Fee oder Zermatt Bergbahnen/Lunch Anmeldung: Nichtraucher-Hotel Stutz Schmidji 463 - CH-3925 Grächen Tel ++41 / 27 / 956 36 57 Fax ++41 / 27 / 956 36 58 E-Mail hotel.stutz@smile.ch Anmeldung bis 31. Mai 2002 Teilnehmerzahl beschränkt
Seite 18 ARBEITSPLATZ Rauchfreie Firma in Hamburg Seit zwölf Jahren ist die Firma des Jörß noch starker Raucher mit bis zu Hamburger Pharma-Händlers Michael 100 Zigaretten pro Tag. 1984 scho- Jörß (60) rauchfrei. Rund 4.000 Stoffe, ckierte ihn seine Sekretärin mit dem von Acetylsalicylicadid bis Vitamin K3 Satz: „Essen Sie die Zigaretten doch USP hat die B.M.P. Trading AG in ih- gleich, das geht schneller.“ Ab sofort rem Programm. Darunter befinden sich steckte er keinen Glimmstängel mehr auch einige Drogen. Auf dem Betriebs- an. Unter seinen Mitarbeitern gab es gelände ist eine Droge jedoch streng sieben Jahre lang einige, die ihre Ziga- verpönt: Nikotin. Alle 30 Mitarbeiterin- rettenpause auf dem Hof verbrachten. nen sind bekennende Nichtraucher Seit 1991 raucht niemand mehr. Die oder rauchen zumindest nicht während Firma entwickelte sich prächtig. Vor der Arbeitszeit. Wie man das schafft? zwei Jahren brachte Jörß sie an die Jörß: „Es hat sich so ergeben.“ Börse und in diesem Jahr gab es 16 Prozent Dividende. Als er 1979 seine Firma gründete, war Hamburger Abendblatt, 20.3.02
ARBEITSPLATZ/REISEN Seite 19 Nichtraucherschutz im Rathaus von Malchin Im Herbst 2001 wollte der Personalrat chens mit dem Schutz der nichtrau- Bürgermeister Jörg Lange noch vor das chenden Beschäftigten begründen Verwaltungsgericht bringen. Inzwi- müsse. Für die Ratschläge bedankte schen hat er sich mit ihm geeinigt. Seit sich Bürgermeister Jörg Lange bei der 1. Februar 2002 ist das Rauchen im NID in einem persönlichen Telefonge- Malchiner Rathaus grundsätzlich ver- spräch. boten, die Ausnahmen sind in der Dienstvereinbarung sowohl örtlich als auch zeitlich festgehalten. Damit hat sich der Bürgermeister in dem mona- telangen Streit um das Rauchen in den Verwaltungsräumen des zentral in Mecklenburg-Vorpommern gelegenen Städtchens durchgesetzt. Einen gewissen Anteil an der gefunde- nen Regelung hatte auch die NID, die den Bürgermeister darüber informierte, Das Rathaus von Malchin: seit Februar dass er die Einschränkung des Rau- 2002 weitgehend rauchfrei. Ab Juli wird es ernst: Rauchfreie Bahnhöfe Deutsche Bahn AG will ab Juli 2002 auf 63 großen Bahnhöfen eine ähnliche Regelung wie im Rathaus Malchin: ein grundsätzliches Rauchverbot mit Aus- nahmen in Form von ausgewiesenen Raucherzonen. Das Bild links stammt vom Hauptbahnhof Bonn. Dort testete die Bahn, ob ein hinreichend großer Teil der Fahrgäste die Regelung akzep- tieren würde. Doch was nützen rauchfreie Bahnhöfe, wenn der Tabakgestank in den Zügen manche Fahrt zu einer Qual werden lässt? Weder im IC noch im ICE kön- nen die installierten Belüftungsanlagen den Mief wirkungsvoll von Nichtrau- chern fernhalten. Hier gibt es für die Bahn noch viel zu tun!
Seite 20 RECHT Rauchverbot im Luxushotel ist kein Reisemangel Ein rauchendes Ehepaar hatte einen Hätte der Kläger darauf Wert gelegt, Urlaub in einem 5-Sterne-Hotel ge- nur in einem Hotel untergebracht zu bucht. Wie von früher her gewohnt sein, in dem die Möglichkeit bestand, wollte es auch beim Essen nicht von auch während des Essens zu rauchen, den Glimmstängeln lassen. Doch wohin hätte es an ihm gelegen, vor der Bu- beide blickten: im gesamten Restau- chung seinen entsprechenden Wunsch rantbereich des Hauses leuchtete ih- vorzutragen, um sich ein entsprechen- nen ein Rauchverbotsschild entgegen. des Hotel empfehlen zu lassen. Auf ihre Beschwerde hin bot man ihnen (Urteil des Amtsgerichts Frankfurt/Main an, Frühstück und Abendessen an vom 15.11.2001, Aktenzeichen 30 C einem separaten Tisch im Clubraum 1726/01-25) mit eigener Bedienung und Meerblick zu servieren. Damit waren sie jedoch Was das rauchende Ehepaar jetzt ge- nicht einverstanden und nahmen ihre gen sich gelten lassen muss: den Mahlzeiten außer Haus ein. Nach der Trend weg vom uneingeschränkten Rückkehr verlangten sie eine Minde- Rauchen, erlebte König Jakob von rung des Reisepreises sowie Schaden- England zu Beginn des 17. Jahrhun- ersatz für entgangene Urlaubsfreuden. derts in genau anderer Richtung: Doch das Amtsgericht Frankfurt/Main „Ist es nicht sowohl große Selbstgefäl- wies ihre Klage ab. Das Rauchverbot, ligkeit wie auch Unsauberkeit, dass so der Richter, stelle keinen Mangel man sich bei Tisch, einem Ort der dar. Es mindere den Wert oder die Rücksicht, der Reinlichkeit und der Tauglichkeit der erbrachten Reiseleis- Bescheidenheit, nicht schämt, sich auf tung nicht, da weder in der Prospekt- Tabakpfeifen zu stürzen, dass einer beschreibung noch sonst wie zum dem andern den Rauch ins Gesicht Ausdruck gebracht worden ist, dass im bläst, den schmutzigen Rauch und Hotelrestaurant beim Essen geraucht Gestank über die Schüsseln hin aus- werden könne. Der Kläger könne nicht haucht und die Luft verpestet? ... Der davon ausgehen, dass das Rauchen allgemeine Gebrauch hierin, zu allen beim Essen zum gewöhnlichen Nutzen Zeiten und an allen Orten, hat sich nun gehöre. In den letzten zehn Jahren schon so durchgesetzt, dass verschie- habe sich ein starker Bewusstseins- dene Männer ... schließlich gezwungen wandel in weiten Bereichen des gesell- wurden, ihm auch zu frönen, ohne schaftlichen Lebens gegenüber dem Verlangen darnach ..., weil sie sich Rauchen vollzogen. Ein Reiseveran- schämten, eigentümlich zu erschei- stalter sei außerdem angesichts der nen.“ Gesundheitsschädlichkeit des Passiv- rauchens eher verpflichtet, die gesund- Counterblast to Tobacco (zitiert bei Will heitlichen Belange seiner Kunden zu Durant: Kulturgeschichte der Mensch- wahren als das Genussinteresse eines heit; Bd. 20: Englands Goldenes Zeit- bestimmten Teils seiner Kundschaft. alter, Seite 114 f.)
RECHT Seite 21 Rauchende Nachbarn Es ist schon ein Graus, rauchende strömt. Die Belüftung der Wohnung Nachbarn zu haben – vor allem dann, kann derzeit mit Erfolg nur auf der wenn sie qualmen wie ein Schlot und Basis von Fensteröffnungszeiten bei für die Empfindungen ihrer Mitmen- Gericht durchgesetzt werden. Alles in schen auch nicht das geringste Ver- allem eine deutliche Minderung der ständnis aufbringen. Glücklich können Wohn- und Lebensqualität. sich diejenigen schätzen, die ihr Häus- chen im Grünen haben, fernab von Wer als Vermieter nur an Nichtrau- jeglichem Tabakgestank. Viele Men- cher vermieten will, sollte folgende schen, besonders die mit geringerem Klausel in den Mietvertrag aufneh- Einkommen, wohnen jedoch in Häu- men und gesondert unterschreiben sern mit einer Vielzahl von Nachbarn. lassen: Dabei kommt es vorwiegend auf das Rauch-/Nichtrauchverhalten der unter- Tabakrauchen kann für Nichtraucher halb bzw. rechts und links wohnenden Nachbarn an. Manchmal dringt der zu einer Belästigung, Gefährdung oder Tabakmief über mehrere Stockwerke, Schädigung der Gesundheit führen. Flure und Treppenhäuser hoch. Der Tabakrauch dringt über nicht völ- lig abzudichtende Türen, Kabel- und Von einer Rechtsprechung, wie sie am Rohrleitungen, Abluftkamine sowie Arbeitsplatz gilt, sind wir beim Schutz über geöffnete Fenster in andere Woh- gegen rauchende Nachbarn noch weit nungen und in den Hausflur ein. Ta- entfernt. Auch wenn es einzelne Urteile bakrauchen auf dem Balkon führt gibt, die ein wenig Hoffnung lassen: ein dazu, dass der Aufenthalt auf den Urteil, das einen Mieter oder Eigen- darüber liegenden Balkonen für Nicht- tümer zum Rauchen aus dem Haus verbannt, steht noch aus. Mietminde- raucher nicht ohne unzumutbare Be- rungen von 5 oder 10 Prozent sind kein lästigung möglich ist. Ausgleich für verlorene Lebensqualität. Um all dies zu vermeiden und den Hoffnung verspricht bisher allein die Hausfrieden zu wahren, ist der Mieter Abdichtung aller möglichen rauch- mit einem Verbot des Rauchens von durchlässigen Stellen, zunächst der Tü- ren, Fenster und Steckdosen. Zu über- Tabakprodukten in der Wohnung und prüfen ist dann, ob es kleine und auf dem Balkon einverstanden. Dieses kleinste Risse im Boden oder an den Rauchverbot gilt für alle sich in der Stellen gibt, wo die Gas- Wasser- und Wohnung aufhaltenden Personen. Der Heizungsrohre in die Wohnung hinein- Mieter ist für die Einhaltung des und hinausführen. Bei Abluftkaminen Rauchverbots verantwortlich. Verstö- ist dafür zu sorgen, dass die Luft durch ße gegen das Rauchverbot berechtigen Erzeugung von Überdruck wirklich nur den Vermieter zur Kündigung des nach außen entweichen kann und nicht Mietvertrages. an einer anderen Stelle in die Wohnung
Seite 22 TABAKINDUSTRIE Imperial Tobacco kauft berühmte Bild vom Schwanz auf, der mit dem Hund wedelt. Und aus heutiger Tabakkonzern Reemtsma Sicht muss man sich sogar fragen, ob Mit dem Verkauf von Reemtsma an die das Protestgebrüll von Reemtsma wirk- britische Imperial Tobacco ist der letzte lich nur den 600 Arbeitsplätzen galt oder große deutsche Zigarettenhersteller in vielmehr dem zu erwartenden Verkaufs- ausländische Hände übergegangen. preis. Denn ein Werk, das vor der 75,1 Prozent der Anteile hielt bisher die Schließung steht, dürfte wohl kaum noch Hamburger Tchibo Holding AG. Zu- an den Mann zu bringen sein. Ist das der nächst übernimmt Imperial Tobacco Karren, vor den sich Regierung und 90,01 Prozent der Anteile und bezahlt Gewerkschaften so bereitwillig spannen dafür 5,221 Milliarden Euro. Zusätzlich ließen? Paul Lenz sollen die Gesellschafter von Reemtsma eine Dividende von 810 Millionen Euro Tabak-Boss rät seinen sowie weitere Zahlungen von rund 230 Kindern, nicht zu rauchen Millionen Euro erhalten. Für die restli- chen Anteile hat Imperial Tobacco eine Martin Broughton, Chef des weltweit Kaufoption bis 2004/05. Der Erwerb zweitgrößten Tabakkonzerns British muss noch von den Aktionären des briti- American Tobacco (BAT), raucht selbst schen Konzerns sowie von der EU- nicht und rät auch seinen Kindern, Ziga- Kommission gebilligt werden. Mit Hilfe retten nicht anzurühren. Rauchen sei von Reemtsma will Imperial Tobacco gesundheitsschädlich. Das sagt ausge- jetzt auch in Osteuropa Fuß fassen. rechnet der Mann, dessen Unternehmen Berliner Zeitung, 8.3.02 viel Geld dafür ausgibt, um die Kinder anderer Leute zum Rauchen zu verfüh- Kommentar: Der Verkauf von ren. Laut BAT-Finanzbericht sind junge Reemtsma nach England lässt ein Er- Erwachsene unter 30 Jahren die Ziel- eignis des vorigen Jahres plötzlich in gruppe des Konzerns. Es ist zu hoffen, neuem Licht erscheinen: Als die EU eine dass diese Aussagen Rauchern in den neue Tabakrichtlinie plante, in der die USA bei ihren Prozessen gegen die zulässigen Grenzwerte für Nikotin und Zigarettenhersteller helfen. Teer herabgesetzt werden sollten, sah das Werk in Langenhagen bei Hannover TED-Umfrage: seine 600 Arbeitsplätze bedroht, denn dort werden überwiegend starke Ziga- 78 Prozent für Abschaffung retten hergestellt, deren Werte über den der Zigarettenautomaten geplanten Grenzwerten liegen. Nicht nur An einer TED-Umfrage des Westdeut- die Gewerkschaften kritisierten die Be- schen Rundfunks für die Fernsehsen- drohung der Arbeitsplätze, auch die dung WESTPOL am 18. Januar 2002 Regierungen in Niedersachsen und beteiligten sich 8.500 Zuschauer. 77,8 Berlin protestierten und reichten sogar Prozent forderten eine völlige Abschaf- Klage gegen die EU-Richtlinie ein. fung der Zigarettenautomaten, 22,2 Pro- Doch schon damals drängte sich das zent waren dagegen.
TABAKINDUSTRIE/STATISIK Seite 23 Organisierte Kriminalität: Zigarettenschmuggel 157 Millionen unversteuerte Zigaretten nutzt. Scheinfirmen werden gegründet beschlagnahmten die Fahnder 2001 in und renommierte Wirtschaftsunterneh- den Bundesländern Berlin und Branden- men zur Tarnung krimineller Machen- burg. Mehr als 7.600 Strafverfahren schaften missbraucht. Meldungen aus wurden eingeleitet. Von 470 illegalen anderen Bundesländern (Hamburg: 9,4 Handelsplätzen allein in der Hauptstadt Millionen Zigaretten mit einem Steuer- Berlin gehen die Ermittler aus. Alles schaden von 854.000 Euro; Münster: Daten, die auf eine organisierte Krimina- 22,5 Millionen Zigaretten mit einem lität schließen lassen. Dabei gehen die Steuerschaden von 5,3 Millionen Euro) Täter nicht nur raffiniert, sondern immer unterstreichen, dass der Zigaretten- gewaltbereiter vor. Der Schmuggel voll- schmuggel kein Problem ist, das sich auf zieht sich zunehmend in wirtschaftlichen eine Region beschränkt. Strukturen. So wird der gewerbliche Hamburger Abendblatt, 20.3.02 Güterverkehr auf den Landstraßen und Berliner Zeitung, 21.1.02 auf dem Wasser zum Schmuggeln ge- Westfälische Nachrichten, 22.9.01 2001: Tabakkonsum nahm zu Versteuerte Veränderung Versteuerte Veränderung Tabakerzeugnisse Verkaufswerte zum Vorjahr Mengen zum Vorjahr Zigaretten 19,9 Mrd. Euro + 3,6 % 142,5 Mrd. Stück + 2,1 % Zigarren und 499 Mill. Euro – 1,5 % 2.511 Mill. Stück – 1,8 % Zigarillos Feinschnitt 810 Mill. Euro + 9,4 % 13.803 Tonnen + 8,2 % Pfeifentabak 94 Mill. Euro + 2,5 % 924 Tonnen + 1,7 % Feinschnittrollen 330 Mill. Euro + 32,6 % 2.469 Tonnen + 33,3 % Insgesamt 21,6 Mrd. Euro + 4,0 % X X Auch wenn die Erhöhung der Tabak- Wie sich das 12. Euro-Einführungsge- steuer zum 1. Januar 2002 den Umatz setz auf den Tabakkonsum und die Ta- zum Jahresende noch einmal ange- baksteuer-Einnahmen auswirken wird, kurbelt hat: Festzustellen ist, dass das kann noch niemand abschätzen. Seit Jahr 2001 eine Steigerung des Tabak- August 2001 können sich nämlich Rau- konsums gebracht hat. Die Zunahme cher für den privaten Bedarf per Post bis des Rauchens bei Jugendlichen findet in zu 800 Zigaretten tabaksteuerfrei aus den vorliegenden Daten ihre Bestäti- dem EU-Ausland schicken lassen. Wäh- gung. Der Rückgang bei den Zigarren rend in Deutschland eine Schachtel und Zigarillos, beides Produkte, die fast Zigaretten durchschnittlich 3,30 Euro ausschließlich von Erwachsenen ge- kostet, muss der Käufer in Portugal ca. raucht werden, weist ebenfalls darauf 1,80 Euro zahlen. Da die Regelung nur hin, wo angesetzt werden muss, wenn für Privatpersonen gilt, hält sich der man den Raucheranteil in der Bevölke- Steuerausfall wohl in Grenzen. rung ernsthaft senken will. Süddeutsche Zeitung, 25.9.01
Seite 24 EU/INTERNATIONAL EU-Kommissare Tod der Frau zu. Zwar habe die Verstor- bene selbst die Entscheidung getroffen scheitern beim zu rauchen, doch habe der Marlboro- Subventionsabbau Produzent seinerzeit fälschlicherweise leichte Zigaretten als sichere im Ver- EU-Agrarkommissar Franz Fischler und gleich zu normalen Zigaretten darge- Verbraucherkommissar David Byrne stellt. Das Gericht teilte die Strafsumme scheiterten mit ihrem Vorschlag, die auf in 25 Millionen Dollar wegen Fahr- Tabaksubventionen abzubauen, an der lässigkeit, 10 Millionen Dollar für Haftung Mehrheit der Landwirtschaftsminister der und 115 Millionen Dollar wegen Täu- EU-Mitgliedsstaaten. Diesmal waren schung. Süddeutsche Zeitung, 25.3.02 nicht die Deutschen die Bremser. Agrar- und Verbraucherschutzministerin Renate Künast unterstützte zusammen mit ihren Österreich: Kollegen aus Großbritannien und den 74 Prozent für ein Niederlanden eine formelle Erklärung Rauchverbot in Kinofoyers der Kommission, die an ihrem Konzept festhalten will, den Tabakbauern mittel- Interaktiv per Internet ließen die „Holly- fristig andere Einkommensquellen zu wood Megaplex“-Kinos über die Frage erschließen. abstimmen, ob in den Kinofoyers ge- raucht werden darf. Das Ergebnis war Für die Kommission ist das Auslaufen eindeutig: 75 Prozent befürworteten das der Tabaksubventionen von derzeit rund Rauchverbot, 15 Prozent lehnten es ab einer Milliarde Euro im Jahr eine Frage und 10 Prozent setzten ihr Kreuzchen der Glaubwürdigkeit. Doch die Agrarmi- bei „egal“. nister setzten durch, dass die Beihilfen in den nächsten drei Jahren unverändert Italien: bleiben. Ihr einziges Zugeständnis: Der Fond, aus dem Initiativen zur Umstellung Autofahrer musste der Tabakerzeugung auf andere Pro- weggeworfene Kippe dukte, etwa Erdbeeren, gefördert und Informationskampagnen gegen das suchen Rauchen finanziert werden sollen, wird Italienische Verkehrspolizisten haben ei- aufgestockt. nem Autofahrer in Südtirol eine beson- dere Strafe auferlegt: Sie ließen ihn eine USA: zuvor aus dem Autofenster weggewor- fene Zigarettenkippe auf der Brenner- 150 Millionen Dollar Staatsstraße bei Trient suchen. Er sollte für Raucher nicht nur ein Bußgeld zahlen, sondern Ein Gericht in Portland im US-Bundes- den Ort des Vergehens – so wie es das staat Oregon sprach den Erben der an Gesetz vorschreibt – „wieder in seinen Lungenkrebs gestorbenen Raucherin ursprünglichen Zustand“ versetzen. Hof- Michelle Schwarz 150 Millionen US- fentlich ziehen auch noch andere Auto- Dollar zu. Es wies dem Tabakkonzern fahrer die Lehre aus dem Vorfall. Philip Morris 51 Prozent Schuld an dem Süddeutsche Zeitung, 26.3.02
INTERNATIONAL Seite 25 Erfahrungen in Kanada: Grässliche Bilder reduzieren Tabakkonsum Lungentumor, ein geschädigtes Herz, ein Gehirn nach einem Schlaganfall, ein verunstalteter Mund samt Zähnen oder eine schlaffe Zigarette, die sym- bolisieren soll, dass Rauchen auch zu sexuellen Störungen führen kann, zu sehen ist. Ferner müssen Einlageblät- ter auf weitere Gefahren hinweisen sowie Tipps zur Raucherentwöhnung geben. 90 % der Raucher haben diese War- nungen zur Kenntnis genommen und die Hälfte sei nun stärker betroffen, was die gesundheitlichen Auswirkun- gen anbelangt, und etwas mehr moti- viert, mit dem Rauchen aufzuhören – so die Canadian Cancer Society (Ka- nadische Krebsgesellschaft). Einer Studie zufolge haben 20 % der Raucher wegen dieser Bilder ihren Zigarettenkonsum reduziert. Ken Kyle, Direktor der Canadian Cancer Society sagte: „Für mich ist klar, dass diese Warnungen funktionieren und dass das Ergebnis eine verbesserte Gesundheit für viele Kanadier bedeu- ten wird“. Ein Langzeitraucher bestätigte, dass ihn die Vorstellung von verrotteten und vergilbten Zähnen schockierte, da es sichtbare Auswirkungen des Rauchens sind. Allerdings veranlasse es wohl den chronischen Raucher dennoch kaum zum Aufhören. Eine starke Preiserhö- hung würde wohl für ihn eine stärkere Seit letztem Jahr müssen in Kanada Motivation zur Reduzierung oder zum Zigarettenpackungen außen zur Hälfte Aufhören bedeuten als diese Bilder auf mit Bildern bedeckt sein, auf denen ein Fortsetzung nächste Seite
Sie können auch lesen