Non Performing Loans (NPL) - Problemkredite-Transaktionen, Recht und Steuern - Marco Wiedenhofer (Hrsg.)

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Marco Wiedenhofer (Hrsg.)

Non Performing
Loans (NPL)
Problemkredite–Transaktionen,
Recht und Steuern
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II
III

Marco Wiedenhofer (Hrsg.)

Non Performing Loans
(NPL)
Problemkredite – Transaktionen, Recht und Steuern

2006
Schäffer-Poeschel Verlag Stuttgart
IV

Herausgeber:
Dr. Marco Wiedenhofer, MBA, Deloitte & Touche GmbH, Düsseldorf

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek
Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen
Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet
über  abrufbar

e-book ISBN: 978-3-7992-6164-7

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© 2010 Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft · Steuern · Recht GmbH
www.schaeffer-poeschel.de
info@schaeffer-poeschel.de
Einbandgestaltung: Willy Löffelhardt
Satz: Johanna Boy, Brennberg

Schäffer-Poeschel Verlag Stuttgart
Ein Tochterunternehmen der Verlagsgruppe Handelsblatt
V

Geleitwort

»Land of Opportunity«: Mit dieser prägnanten Beschreibung charakterisieren
Investoren den seit kurzem boomenden deutschen Markt für Non Performing
Loans (NPL). Derzeit stehen überwiegend angelsächsische Investoren in inten-
sivem Wettbewerb um den Ankauf von Problemkrediten der deutschen Finanz-
wirtschaft. Ganz offensichtlich schätzen diese Investoren die wirtschaftlichen
Perspektiven des Standortes Deutschland günstiger ein, als dies viele deutsche
Marktteilnehmer tun.
   In den vergangenen zwei Jahren war der NPL-Markt vor allem durch Transak-
tionen sehr großer Kreditportfolios geprägt. In Deutschland waren 2005 auf der
Verkäuferseite vorwiegend große Banken aktiv, zudem hat auch eine erste Versi-
cherung ein umfangreiches NPL-Portfolio veräußert. Hier ist für die Zukunft mit
einer deutlichen Abflachung zu rechnen. Zu erwarten ist, dass verstärkt kleinere
und mittlere Kreditinstitute sowie einzelne Versicherungen diesen Markt nutzen
wollen, um Altlasten aus dem Kreditgeschäft zu bereinigen. Vermehrt dürften des-
halb auch kleinere und mittlere Portfolios transferiert werden. Gleichzeitig werden
neue Investoren versuchen, Renditechancen an diesem Markt zu nutzen.
   Um die Chancen eines NPL-Marktes wirksam werden zu lassen, ist es wich-
tig, mögliche negative Nebenwirkungen einzuschränken. Unter dem Blickwinkel
der Solvenzaufsicht, der Stabilität des Finanzsystems und Integrität des Finanz-
marktes sind dabei insbesondere folgende Fragestellungen wichtig:
• Effektivität des Risikotransfers: Im Regelfall beinhaltet das Vertragswerk einer
  NPL-Transaktion verschiedene Garantien des Verkäufers. Zu prüfen ist, ob
  hierdurch die vollständige Übertragung der Kreditrisiken eingeschränkt wird.
• Bankgeheimnis/Datenschutz: Festzustellen ist, dass gerade das Geschäftsmo-
  dell von NPL-Investoren auf guten Informationen zu den erworbenen Krediten
  basiert. Auf der anderen Seite besteht ein berechtigtes Interesse von Kredit-
  nehmern an einer vertraulichen Handhabung ihrer Daten. Daher ist sehr sorg-
  fältig zu analysieren, ob die im Rahmen einer NPL-Transaktion angedachten
  Lösungen im Zusammenhang mit dem Komplex Bankgeheimnis/Datenschutz
  wirklich tragfähig sind.
• Erlaubnispflicht des Kreditgeschäfts: Die Ausübung des Kreditgeschäfts ist in
  Deutschland (und den meisten anderen Ländern) erlaubnispflichtig. Zu prüfen
  ist daher, ob der Investor im Rahmen einer NPL-Transaktion lediglich ausste-
  hende Forderungen erwirbt oder ob damit die Ausübung erlaubnispflichtigen
  Kreditgeschäfts verbunden ist. Für den Fall, dass der Investor über die Erlaub-
  nis zum Betreiben des Bankgeschäfts verfügt, ist zu beachten, dass Kreditent-
  scheidungen in der Verantwortung des jeweiligen Geschäftsleiters liegen und
  nicht durch außenstehende Entscheidungsträger unterlaufen werden.
VI                                                                            Geleitwort

• Auswirkungen auf die Finanzstabilität: Der Erwerb von NPL-Portfolios wird
  regelmäßig durch einen sehr hohen Fremdkapitalanteil finanziert. Kreditfi-
  nanzierungen zu mehr als 80% sind durchaus üblich. Entsprechend gering
  ist der Puffer an Risikokapital, wenn die erwarteten Zahlungsströme aus den
  erworbenen Darlehen nicht erwirtschaftet werden können. Kreditgeber der
  NPL-Investoren sind teilweise auch deutsche Kreditinstitute. Aus Sicht der Fi-
  nanzaufsicht ist es daher wichtig zu analysieren, ob durch NPL-Transaktionen
  neue Konzentrationsrisiken im Finanzsystem entstehen können.
Aus Aufsichtsperspektive bietet dieser neu entstandene Markt Banken und Ver-
sicherungen eine zusätzliche Möglichkeit, Probleme aus notleidenden Krediten
aktiv zu beseitigen. Ein aufnahmebereiter NPL-Markt kann einen Beitrag zu einer
Stabilisierung des Finanzsektors liefern. Kreditinstitute können unerwünschte
Ausfallrisiken rasch reduzieren und Kapazitätsengpässe in ihren internen Ab-
wicklungsabteilungen auflösen. Der Mittelzufluss aus dem NPL-Verkauf und die
Entlastung im Bereich der Eigenkapitalhinterlegung erleichtern zudem eine stra-
tegische Neupositionierung im Kreditgeschäft.
   Hinzu kommt, dass nun für Problemkredite Marktpreise, also objektive Be-
wertungen, anstelle von eher subjektiven Einschätzungen zur Verfügung stehen.
Diese Preise können von Finanzunternehmen und der Aufsicht als zusätzliche
Informationsquelle auch bei der Beurteilung der Wertberichtigungspolitik der
Institute genutzt werden. Festzuhalten ist an dieser Stelle aber auch, dass der
Verkauf an Finanzinvestoren nur eine Möglichkeit des Umgangs mit NPL ist. Die
interne Abwicklung oder etwa die Gründung einer unternehmenseigenen »Bad
Bank« sind weitere Alternativen, die genauso effizient sein können.
   Das Entstehen des NPL-Marktes in Deutschland entspricht dem seit langem
zu beobachtenden Trend einer Aufsplitterung der Wertschöpfungskette. Damit
verbunden ist eine grundlegende Änderung der klassischen Geschäftsmodelle im
Kreditbereich: Kreditrisiken werden handelbar. Abzuwarten bleibt, ob die zuneh-
mende Spezialisierung von Anbietern im Kreditgeschäft auf einzelne Stufen der
Wertschöpfungskette nun auch zu einer steigenden Markteffizienz führt.
   Zu erwarten ist, dass die Goldgräberstimmung im NPL-Markt der vergangenen
Jahre einem pragmatischen Rationalismus weichen wird. Der NPL-Markt steht
vor einem Reifeprozess. Ein Beleg für diese Entwicklung ist die Veröffentlichung
des vorliegenden Handbuches. Die wissenschaftliche Auseinandersetzung und
die Diskussion von Theorie und Praxis können einen Beitrag zur weiteren Pro-
fessionalisierung und Standardisierung des NPL-Marktes und damit zur Stärkung
des gesamten Finanzplatzes leisten.
Frankfurt a.M., Januar 2006                 Raimund Röseler, Stephan Weilhammer*

*    Raimund Röseler ist Referatsleiter bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungs-
     aufsicht (BaFin), Stephan Weilhammer ist Referent bei der BaFin. Die Ausführungen
     dieses Beitrags entsprechen ausschließlich den persönlichen Ansichten der Autoren
     und nicht einer Position der BaFin.
VII

Vorwort

Seit dem Verkauf eines ersten größeren Portfolios an Problemkrediten durch den
Insolvenzverwalter der Gontard & MetallBank AG in 2003 ist in Deutschland ein
Markt an Problemkrediten entstanden, dem global tätige Investmentbanken und
Opportunity Funds hohe Priorität einräumen. Seit diesem Zeitpunkt setzen sich
zunehmend mehr Banken mit einem Verkauf ihrer Problemkredite als Option
einer Leistungsverbesserung oder einer Restrukturierung des eigenen Kreditge-
schäfts auseinander. Ausgelöst und begünstigt wird diese Entwicklung von einer
Reihe von Faktoren. Während internationale Distressed Debt Investoren eine
Diversifikation ihres Portfolios um deutsche Risiken suchen, sehen sich deut-
sche Banken mit einem anstehenden Strukturwechsel konfrontiert. Dabei sind
die Anforderungen durch Basel II, der Wegfall der Gewährsträgerhaftung und
der lang anhaltende Abschwung des ostdeutschen Immobilienmarktes nur die
offensichtlichsten Elemente.
   Insgesamt sprechen unterschiedliche Schätzungen von Volumina von 160 bis
300 Milliarden Euro (einschließlich bisher bekannt gewordener Transaktionen).
Obwohl vergleichbare Transaktionen in den USA bereits am Ende der achtziger
Jahre durchgeführt wurden, wird auf die international gesammelten Erfahrungen
bisher in Deutschland nicht vollumfänglich zurückgegriffen. Einzelne für den
deutschen Rechtskontext relevante Fragestellungen wurden gleichwohl in einer
Reihe von Aufsätzen behandelt. Demgegenüber steht eine zusammenfassende
Darstellung einer vollständigen Transaktion hinsichtlich seiner betriebswirtschaft-
lichen und rechtlichen Fragestellungen bisher noch aus.
   Ziel des vorliegenden Buches ist es, einen umfassenderen Überblick über das
Themengebiet zu geben. Obgleich eine eindeutige Abgrenzung der Thematik von
angrenzenden Feldern nur bedingt möglich ist, besteht der Anspruch darin, alle
wesentlichen Phasen der Wertschöpfungskette von NPL Transaktionen zu disku-
tieren. Diese Zielsetzung spiegelt sich in der Gliederung des vorliegenden Werkes
wieder, die von der Beschreibung des internationalen NPL Marktes, über den
operativen Transaktionsprozess, die Bewertung und Refinanzierung, rechtliche
Fragestellungen, das Asset Management & Workout bis zu zukünftig erwarteten
Trends aufgespannt wird.
   Das Erkenntnisziel des vorliegenden Bandes liegt nicht in einer neuen öko-
nomischen Theorie von NPL Transaktionen. Vielmehr sollen aus der nationalen
und internationalen Erfahrung erwachsene Teilvorgehensmodelle und Methoden
in ihrer Anwendung vorgestellt und diskutiert werden. Zu diesem Zweck kommen
erfahrene Praktiker aus dem Distressed Debt und NPL Portfolio-Bereich zu Wort.
Im Vordergrund ihrer Darstellung steht, die für den Transaktionserfolg wesent-
lichen Elemente darzustellen und die Auswirkung bestimmter Handlungsweisen
VIII                                                                     Vorwort

auf den Transaktionsprozess aufzuzeigen. Nicht zuletzt sollen deren Einflüsse
auf das Risiko/Rendite-Profil der Parteien beschrieben werden.
   Die folgenden Beiträge decken die wesentlichen Phasen im Lebenszyklus ei-
ner NPL Transaktion ab und ergänzen sich insofern. Gleichzeitig werden be-
stimmte Kernthemen wie Informationstransparenz, Werttreiber zur Bewertung
und Prozessinhalte in mehr als einem einzigen Beitrag diskutiert. Durch die un-
terschiedlichen Perspektiven, welche die Autoren besitzen sowie durch verschie-
dene Schwerpunktsetzung, Akzente und Schlussfolgerungen erkennt der Leser
sowohl Unterschiede als auch Gemeinsamkeiten in der Einschätzung führender
NPL Investoren.
   Die aus der Sicht der jeweiligen Investoren dargestellten Themenbereiche wer-
den ergänzt durch Beiträge von für viele Investoren und Verkäufer tätigen Bera-
tern der Bereiche Recht, Finanzen, Bewertung und Prozessmanagement. Sie stel-
len verstärkt die generellen Kontexte dar, in welchen die Transaktionen ablaufen.
   Abschließend geben Beiträge von Servicing Gesellschaften Einblick in Aspekte,
die der Transaktion im engeren Sinne nachgelagert sind, deren Effektivitätsgrad
jedoch gleichzeitig die Fähigkeit der Investoren bestimmt, der Verkäuferin einen
attraktiven Portfoliopreis zu bieten: der Bewirtschaftung der erlangten Forde-
rungen/Kredite, sowie deren beigeordneten Sicherheiten.
   Durch den vorliegenden Band hoffen wir, potentiellen neuen Marktteilnehmern
den Einstieg in mögliche Transaktionen zu erleichtern sowie interessierten Markt-
beobachtern einen erweiterten Einblick in die Themen zu geben, welche die in
der Praxis tätigen Distressed Debt/NPL Teams beschäftigen. In jedem Fall aber
möchten wir einen Diskussionsbeitrag für eine ergebnisorientierte Weiterentwick-
lung von Marktstandards und Best Practices in diesem Bereich leisten.

Düsseldorf, Januar 2006                                      Marco Wiedenhofer
IX

Inhaltsverzeichnis

Geleitwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .    V
Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .    VII

Teil I: Der Markt für NPL

Jochen Wentzler
Motivation, Ziele und Treiber für NPL-Transaktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . 3

Robert Young Jr.
The Development of International NPL Markets . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19

Teil II: Der Transaktionsprozess

Marco Wiedenhofer
Phasen und Module einer effizienten NPL-Transaktion . . . . . . . . . . . . . . . . . 35

Ulrich Kastner/Chris Estaphan/Pierre Lussato
Information Requirements for the Sale of Non Performing Loans . . . . . . . . . 53

Christoph Schulz
Informationsmanagement im Rahmen der Transaktion aus Investorensicht . . 71

Barbara Kleinjohann
Datenraum Due Diligence aus der Perspektive des Investors . . . . . . . . . . . . . 83

Martin Haupt
NPL-Due Diligence in der Datenraumphase aus Sicht
des Wirtschaftsprüfers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103

Teil III: Rechtliche und Steuerrechtliche Aspekte

Oliver Klerx/Dietmar Penzlin
NPL – Legal Due Diligence in der Datenraumphase . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117
X                                                                                 Inhaltsverzeichnis

Martin Temme
Steuerliche Implikationen für die Strukturierung von NPL-Portfolios . . . . . . 131

Jörg Wulfken/Simon Grieser
Die vertragsrechtliche Gestaltung von Kreditportfolio-Verkäufen . . . . . . . . . 149

Alexander Glos
Die Rolle des Bankgeheimnisses und des Datenschutzes für NPL . . . . . . . . 161

Wilhelm Wolfgarten
Aufsichtsrechtliche Rahmenbedingungen von Non Performing Loans . . . . . 175

Teil IV: Bewertung und Verbriefung von NPL

Stephan Ohlmeyer
Die Bewertung von NPL-Portfolien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201

Michael Schober
Die Analyse von Corporate Loans . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211

Ulrich Lotz/Gaby Wörner
Betriebswirtschaftliche Perspektiven und Problemstellungen
in der Verbriefung von NPL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221

Peter Maser
Rechtliche Aspekte bei der Verbriefung von Non Performing Loans (NPL)                            235

Teil V: Asset Management von NPL

Ulf Bachmann
Die Bedeutung des Servicings im Lebenszyklus von Non
und Sub Performing Loans . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247

Stefan Aumann/Ludwig Vogel
Immobilien als vorrangige Asset Klasse in NPL-Portfolios . . . . . . . . . . . . . . 267

Hauke Hansen
Wertsteigerung und Exit-Steuerung im Corporate Asset Management . . . . . 287

Boris Schilmar
Exit-Szenarien – Rechtliche Implikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305
Inhaltsverzeichnis                                                                                           XI

Teil VI: Ausblick

Marco Wiedenhofer
Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323

Autorenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329

Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 335
XII
Motivation, Ziele und Treiber für NPL-Transaktionen   1

Teil I:
Der Markt für NPL
2   Jochen Wentzler
Motivation, Ziele und Treiber für NPL-Transaktionen                                  3

Jochen Wentzler*

Motivation, Ziele und Treiber
für NPL-Transaktionen

1   Einleitung

2   Motivationen
    2.1 Motivationen aus Verkäufersicht
    2.2 Motivationen aus Käufersicht

3   Zusätzliche Treiber auf dem deutschen NPL-Markt
    3.1 Verändertes rechtliches Umfeld
    3.2 Optimierung der Key Performance Indikatoren (KPI)
    3.3 Spezielles Marktumfeld

4   Ziele von NPL-Transaktionen

5   Fazit

*   WP StB Jochen Wentzler, Partner im Corporate Finance, Leiter des Bereichs Reorgani-
    sation Services, Deloitte & Touche GmbH, Düsseldorf.
4   Jochen Wentzler
Motivation, Ziele und Treiber für NPL-Transaktionen                                  5

1       Einleitung
Die Strategie, sich mittels Portfolio-Transaktionen schnell und effizient von not-
leidenden Krediten zu trennen, ist für international tätige Banken grundsätzlich
nicht neu. So werden derartige Transaktionen schon seit langem zum Beispiel in
Nordamerika und Asien durchgeführt. Aber auch in Europa, z. B. Spanien, Italien
und der Türkei, haben Käufer und Verkäufer bereits Erfahrungen mit so genann-
ten Non Performing Loans-Transaktionen gewinnen können.1
   In Deutschland waren bis 2003 nur Einzelverkäufe oder Verkäufe kleinerer
Portfolien im Zusammenhang mit klassischen Inkasso-Fällen bzw. so genannten
Kellerakten üblich. Dabei standen die dem externen Dienstleister zur Verfügung
gestellte Inkasso-Plattform sowie die überwiegend erfolgsabhängige Inkasso-Ge-
bühr im Vordergrund. Kaufpreise sind dabei selten gezahlt worden.
   Seit Mitte der 90er Jahre muss sich nahezu jedes Kreditinstitut in Deutschland
mit den schmerzhaften Spätfolgen der Fehleinschätzungen über die wirtschaft-
lichen Auswirkungen der Wiedervereinigung sowie der allgemeinen konjunktu-
rellen Entwicklung der Wirtschaft beschäftigen. Dies hatte zur Folge, dass die
vorfinanzierten Wertsteigerungspotenziale bei Immobilien-Investitionen nicht er-
zielt werden konnten, viele Arbeitnehmer aufgrund der Vielzahl von Insolvenzen
ihre Arbeitsplätze und das Potenzial verloren, Kredite zurückzuzahlen und dass
zahlreiche von den Banken initiierte und finanzierte operative Sanierungen und
finanzielle Restrukturierungen oftmals ihr Ziel verfehlten.
   Damit reduzierten sich insgesamt auch die Instrumente klassischer Workout-
Abteilungen2. Die Folge war, dass sich die Banken einerseits nicht erfolgreich und
schnell von bestehenden Sanierungs- und Abwicklungskrediten trennen konnten.
Andererseits kamen eine zunehmende Anzahl neuer Fälle hinzu.
   Als Maßnahme zur Reduzierung der hohen Aufmerksamkeit und Überwa-
chungsintensität der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und
des Einlagensicherungsfonds des Bundesverbands deutscher Banken wurden sei-
tens einzelner deutscher Banken verschiedene Konzepte zur professionellen Ab-
wicklung der notleidenden Kreditportfolien diskutiert:
• Abspaltung des NPL-Portfolios von der so genannten »Good Bank« und Ein-
  bringung in eine so genannte »Bad Bank«;
• Konzerninterne Absicherung der Ausfallrisiken des NPL-Portfolios durch Kre-
  ditderivate wie den Credit Default Swap,3 einer im Konzern bonitätsmäßig
  einwandfreien Schwester- oder Mutterbank.

1   Für eine detailliertere Diskussion der internationalen NPL Märkte siehe den Beitrag
    von Young in diesem Band.
2   Der Begriff Workout umfasst in diesem Kontext sowohl die Restrukturierung von not-
    leidenden Krediten sowie deren rechtliche Abwicklung über Zwangsvollstreckungsab-
    teilungen, wobei derartige Bereiche innerhalb der deutschen Banken unterschiedliche
    Namen aufweisen und teilweise gleichfalls für die Sanierung der Kreditnehmer zu-
    ständig sind.
3   Mit Credit Default Swaps können unter den Voraussetzungen des Rundschreibens
6                                                                         Jochen Wentzler

Ziel dieser Konzepte war es, die die Performance der Bank negativ beeinflus-
senden Geschäftseinheiten in einer separaten Einheit zu bündeln, mit einer ad-
äquaten Risikoabschirmung zu versehen und professionell auf Basis von spezi-
fischen Business Plänen je Teil-Portfolio oder sogar Einzelkredit abzuwickeln.
   Da aber nicht sämtliche Banken eine entsprechende konzerninterne Rücken-
deckung oder ein ausreichendes Eigenkapital zur Abfederung des außerordent-
lichen Abschreibungsbedarfs zur Verfügung standen, war eine Rettung kaum noch
möglich. Dies führte zum einen zur Insolvenz der Gontard & MetallBank AG,
Frankfurt am Main. Zum anderen konnte die Insolvenz der SchmidtBank AG,
Hof, und dem Bankhaus Delbrück & Co, Köln, letztlich nur durch die Nutzung
einer Auffanglösung des Bundesverbands deutscher Banken, der Delmora Bank,
Hof, vermieden werden.
   Von der Öffentlichkeit weitestgehend unbemerkt, hat die Bankaktiengesell-
schaft (BAG) Hamm innerhalb des deutschen Genossenschaftssektors seit Jahren
die Funktion der Bad Bank übernommen. Ihr werden seitdem unter bestimmten
Voraussetzungen notleidende Kreditportfolien anderer Genossenschaftsbanken
zur weiteren Abwicklung übertragen.
   Einen institutionalisierten Markt für den Verkauf größerer notleidender Kredit-
portfolien gab es bis 2003 jedoch nicht.

2           Motivationen
Seit 2003 ist der Verkauf notleidender Kreditportfolien gesellschaftsfähig gewor-
den. Nahezu jede große Privatbank, insbesondere Hypothekenbanken, aber auch
Landesbanken sowie große Sparkassen und Volksbanken beschäftigen sich derzeit
mit den Rahmenbedingungen von NPL-Transaktionen oder haben diese bereits
durchgeführt:

    Datum       Verkäufer       Käufer            Volumen     Kommentar
                                                  in Mio.
                                                  Euro

    2003        Deka Bank       Deutsche Bank     110

    2003        L-Bank          Goldman Sachs/    100
                                Fortress

    2003–2004   Dresdner Bank   diverse           350         15 Nicht-Kerngeschäft &
                IRU                                           NPL

     10/1999 des BAKred (heute BaFin) die Kreditausfallrisiken von einem auf den anderen
     Geschäftspartner gegen Zahlung einer Prämie übertragen werden.
Motivation, Ziele und Treiber für NPL-Transaktionen                                         7

 Datum        Verkäufer           Käufer            Volumen   Kommentar
                                                    in Mio.
                                                    Euro

 2003–2004    Dresdner Bank       diverse           861
              IRU

 2003         ING-BHF Bank        Lone Star         300

 2003/05      Dresdner Bank       Deutsche Bank     511       US- und europäische Kredite
              IRU

 2003/08      Gontard &           Lone Star         225       390 primär
              Metallbank                                      Unternehmenskredite

 2003/09      Dresdner Bank       Diverse           125       Asiatische Kredite
              IRU

 2003/11      Hypo Real           Lone Star, J.P.   490       Auktion von 1.350 Krediten;
              Estate I            Morgan                      960 Objekte

 2003/11      BW Bank             Goldman Sachs     n.a.

 2003/11      Dresdner Bank       Diverse Käufer    1900      Nordamerikakredite
              IRU

 2004         ING-BHF Bank        Goldman Sachs     175

 2004/05      Dresdner Bank       n/a               350       britische Kredite
              IRU

 2004/06      Dresdner Bank       n/a               142       21 kontinentaleuropäische
              IRU                                             Kredite

 2004/06      ING-BHF Bank        J.P. Morgan       270       NPL und SPL

 2004/06      Niederschlesische   Lone Star & JP    95        431 Engagements
              Sparkasse Görlitz   Morgan

 2004/07      Niedersächsische    ABIT, GFKL        10–20
              Sparkasse

 2004/08      Deka Bank           Lone Star, J.P.   ca. 70    Etwa 60 Kredite mit
                                  Morgan                      40 Objekten

 2004/09      Hypo Real Estate    Lone Star         3600      4.200 Kredite mit
                                                              1.700 Schuldnern

 2004/10      Hypo Real Estate    Citigroup,        394       800 Kredite von 380
                                  Morgan Stanley              Schuldnern/ca. 50 %
                                                              Unternehmenskredite
                                                              und 45 %
                                                              Immobilienfinanzierung

 2004/10      Dresdner Bank       Lone Star         1200      Primär deutsche NPL;
              IRU                                             1.650 Engagements
                                                              – Unternehmen und
                                                              Immobilienfinanzierung
8                                                                           Jochen Wentzler

    Datum       Verkäufer        Käufer              Volumen    Kommentar
                                                     in Mio.
                                                     Euro

    2004/11     Eurohypo         JV OPUS 1with       2400       14.000 Private
                                 Citigroup, GMAC                Immobilienfinanzierungen

    2005/02     Commerzbank      Goldman Sachs       350

    2005/02     BDB/Resba/       Goldman Sachs,      2200       Verkauf einer vollständigen
                Delmora          Cerberus                       Bank

    2005/04     Münchner         Lehman Brothers     151        Immobilienbesicherte Kredite
                Hypothekenbank

    2005/05     NordLB/WestLB    Shinsei Bank/JC     400        Aufbau eines Joint Ventures
                                 Flowers

    2005/06     Bayrische LB     Cerberus            400        Diverse Branchen

    2005/06     Project Alpha    Lone Star           n.a.       Immobilienbesicherte Kredite

    2005/06     Aareal Bank      Lone Star           690        Immobilienbesicherte Kredite

    2005/06     DZ Bank          JP Morgan           580        Immobilienbesicherte Kredite

    2005/06     Dresdner Bank    Lone Star/Merrill   1400       n.a.
                                 Lynch

    2005/07     Wüstenrot        Citigroup/Gmac      120        85 gekündigte Realkredite
                                                                an 45 Schuldner

    2005/09     n.n.             GFKL                n.a.       Konsumentenkredite

    2005/10     AHBR             Merrill Lynch       129

    2005/11     Projekt Saturn   CSFB                270        Kleine Realkredite an
                                                                2.100 Kreditnehmereinheiten

    2005/11     HVB Group        Goldman Sachs       1800       3.000 Realkredite

    2005/12     DG Hyp           CSFB                300

    2005/12     Aachener und     Lehman              1000       34 Kreditnehmereinheiten
                Münchner         Brothers,                      mit primär immobilien-
                Versicherungen   Goldman Sachs                  besicherten SPL and NPL

    2005/2006   Eurohypo         Joint Venture       ca. 1400   n.a.
                                 Opus 1 mit
                                 Citigroup GMAC

    2006/01     Aareal Bank      Shinsei Bank/JC     385        Kleinteilige Realkredite
                                 Flowers

Abb. 1: Auflistung bekannter NPL/SPL Transaktionen in Deutschland4

4    Deloitte Research.
Motivation, Ziele und Treiber für NPL-Transaktionen                                                    9

Wenngleich die Mehrzahl der Fälle notleidende Hypothekenkredite oder durch
Grundschulden abgesicherte Privat- und Firmenkundenkredite betreffen, so sind
zunehmend auch andere Asset-Klassen sowie Sub Performing und Performing
Loans Gegenstand dieser Transaktionen.
  Diese Entwicklung wurde dabei durch teilweise sehr unterschiedliche Moti-
vationen unterstützt:

2.1 Motivationen aus Verkäufersicht
Insgesamt lassen sich die Motivationen aus Verkäufersicht wie folgt zusammen-
fassen: 5

    Externe Motivationsfaktoren                    Interne Motivationsfaktoren

    • Historischer Margendruck aufgrund            • Interner Margendruck durch starke
      von Staatsgarantien für Sparkassen und         Filialisierung in Deutschland (50.000 Filialen)
      Landesbanken
                                                   • Steigende Servicekosten durch MaK
    • Konjunktureller Abschwung/z. B. in
      Ostdeutschland                               • Zunehmender Druck auf interne Teams für
                                                     Problemkreditbetreuung
    • Zunehmender Leistungsdruck durch
      internationalen Wettbewerb                   • Starkes Abweichen vom Kerngeschäft

    • Wegfall der Staatsgarantien für Sparkassen   • Reduktion der bankinternen Haltekosten der
      und Landesbanken                               NPL erforderlich

    • Steigende Kapitalkosten für Problemkredite
      aufgrund von Basel II

    • Fortlaufende Anfragen ausländischer Fonds
      bei potentiellen Verkäufern

Abb. 2: Motivationen aus Verkäufersicht

Vor dem Hintergrund dieser Reihe von den Verkauf von Problemkrediten an-
geraten erscheinenden Faktoren lassen sich die Meilensteine und die positiven
Implikationen der stattfindenden Transaktionen deutlich erkennen:

5     Vgl. Aktuelle Fragen des Bank- und Kapitalmarktrechts I:, Nr. 54, Hochschule für
      Bankwirtschaft, Juni 2004, S. 10ff.
10                                                                        Jochen Wentzler

2.1.1 Effizienter Asset Deal im Rahmen eines Insolvenzverfahrens
Den Startschuss für NPL-Transaktionen hat zweifelsohne die Insolvenz der Gon-
tard & MetallBank verursacht. Da es dem Insolvenzverwalter der Bank zunächst
nicht gelang, die Gläubiger durch den Einzelverkauf der Forderungen in ange-
messener Zeit zu befriedigen, entschied er sich in Anlehnung an Erfahrungen
in anderen Jurisdiktionen für die Durchführung eines strukturierten Portfolio-
verkaufs und lockte damit die ersten, auf derartige Transaktionen spezialisierte
Investoren auf den deutschen Markt.
   Wenngleich die Durchführung einer NPL-Transaktion im Rahmen eines Insol-
venzverfahrens vergleichsweise einfach zu sein erscheint6, so war doch die Idee
selbst, die relativ einfach strukturierte Umsetzung und der Start der rechtlichen
Diskussion zwischen den Fachleuten7 für den deutschen Markt bahnbrechend.

2.1.2 Konzentration auf das Kerngeschäft

In engem zeitlichem Zusammenhang zur Insolvenz der Gontard & MetallBank
AG stand auch die öffentliche Bekanntgabe der Dresdner Bank AG, Frankfurt
am Main, sich aufgrund erheblicher Ertragseinbußen einem Ergebnisverbesse-
rungsprogramm zu unterziehen. Bestandteil dieses Programms war u. a. auch die
Gründung einer speziellen Geschäftseinheit, der Institutional Restructuring Unit
(IRU), mit einem Geschäftsvolumen von rd. EUR 35 Mrd., die sich ausschließlich
mit dem Verkauf der notleidenden Kredite und der nicht zum neu definierten
Kerngeschäft der Bank zählenden Aktivitäten im In- und Ausland beschäftigen
sollte.

2.1.3 Rettung des Finanzplatzes Deutschland

Wie auch in anderen Ländern (USA, Japan, Südkorea und Taiwan) führte auch
die vom Bundesverband deutscher Banken institutionalisierte Betreuung von an-
geschlagenen Kreditinstituten mittels der Delmora Bank zu einer Belebung des
NPL-Marktes in Deutschland, wobei zu beachten ist, dass diese Auffanglösung
nicht wie in anderen Fällen staatlich initiiert oder reglementiert wurde.
   In diesem Fall wurde die Auffanglösung selbst, die Delmora Bank, Gegenstand
einer NPL-Transaktion. Diese Transaktion stellte mit rd. 14.300 Krediten nicht
nur eine zahlenmäßig sehr große Transaktion dar. Sie war gleichzeitig der erste

6    Die Gläubigerversammlung ist als Entscheidungsträger vergleichsweise leicht zu über-
     zeugen, da die Öffentlichkeitswirkung und die Auswirkungen auf die Ergebnisrech-
     nung bzw. das Eigenkapital im Vergleich zu Going-Concern-Strukturen von geringerer
     Bedeutung sind.
7    Die Diskussion in der Literatur, aber auch vor Gericht, umfasste insbesondere die Aus-
     wirkungen derartiger Transaktionen auf das Bankgeheimnis und den Datenschutz.
Motivation, Ziele und Treiber für NPL-Transaktionen                             11

Verkauf einer so genannten Bad Bank mit bedingter Banklizenz und einem sehr
heterogenen Kreditportfolio.

2.1.4 Optimale Allokation von Workout Kapazitäten

Die zunehmende Anzahl von Verbraucher- und Unternehmensinsolvenzen sowie
die ebenfalls stark gestiegene Anzahl komplexer Sanierungsfälle hat bei vielen
Banken die bestehenden und teilweise bereits hohen Sanierungs- und Workout-
Kapazitäten übertroffen und überfordert. So konnten Erfolg versprechende Re-
strukturierungen nicht mehr mit der gebotenen Intensität betreut und zeitkritische
Vollstreckungs- und Inkasso-Maßnahmen nicht optimal vollzogen werden.
   Daneben ließen interne Szenario-Rechnungen auf Basis von Opportunitätskos-
ten teilweise erkennen, dass ein Verkauf von Kreditportfolien mit Buchwertab-
schlägen nicht unattraktiver sein muss als zeitintensive Inhouse-Abwicklungen,
für die Investitionen in standardisierte, IT-unterstützte, Call Center-basierte und
mit Prämien-Anreizen versehene Inkasso-Prozesse unerlässlich sind.

2.2 Motivationen aus Käufersicht
Aus dem Blickwinkel eines Käufers sind die erzielbare Rendite – nach Berück-
sichtigung von Markteintrittskosten – und das zugrunde liegende Marktvolumen
ein wesentliches Entscheidungskriterium, um sich in einen neuen Markt zu be-
geben.
   Ausgehend von dem Grundsatz, dass der Zinssatz bzw. die Rendite ein geeig-
netes Mittel zur Allokation des knappen Gutes Kapital ist, scheint der deutsche
NPL-Markt derzeit oder für die nähere Zukunft eine ausreichende Attraktivität
für das internationale Kapital aufzuweisen.
   Als große Volkswirtschaft, die sich seit Jahren in einem rezessiven Marktum-
feld bewegt, werden Deutschland seitens der Analysten attraktive, zukünftige
Turnaround Chancen zugesprochen. Diese Trends und Erwartungen resultieren
in den entsprechenden Opportunitäten, die wiederum entsprechende Investoren
anziehen.
   Wenngleich weder eine einheitliche Definition der »Non Performing Loans«
noch ein objektivierter Wert des Volumens von NPL vorliegt, so weisen die Schät-
zungen über das Marktvolumen in Deutschland von mindestens EUR 150 Mrd.
auf eine entsprechende Attraktivität hin.
   Aber was ist ein potenzieller Markt ohne Marktteilnehmer, die auf den
Markteintritt ausreichend vorbereitet sind? In Deutschland kann man die er-
folgreich durchgeführten Transaktionen der Gontard & MetallBank und der IRU
als wesentliche Entry Transaktionen der internationalen Investoren bezeichnen,
sich nach den USA, Japan, Südkorea und Taiwan seit 2003 auch dem deutschen
Markt zuzuwenden.
12                                                                   Jochen Wentzler

3       Zusätzliche Treiber auf dem deutschen
        NPL-Markt
Die oben beschriebenen Motivatoren wurden darüber hinaus noch durch wesent-
liche zusätzliche Antriebsfaktoren verstärkt. Dies führte dazu, dass sich neben
dem Primärmarkt bereits auch ein Sekundärmarkt etabliert hat. Hierbei werden
die von den Primärinvestoren direkt erworbenen Portfolien aufgeteilt und an
andere Investoren weiterverkauft. Eine entsprechende Sondierung möglicher Se-
kundärinvestoren erfolgt größtenteils bereits im Verlaufe der Transaktion seitens
der durch den Verkäufer eingeladenen Investoren.

3.1 Verändertes rechtliches Umfeld
Ein wesentlicher Beschleunigungseffekt für den NPL-Markt in Deutschland er-
gibt sich aus den zahlreichen zukünftigen rechtlichen Änderungen, die teilweise
einen negativen Einfluss auf die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Banken
besitzen können, wenn diese sich nicht rechtzeitig auf die veränderten Rahmen-
bedingungen einstellen und vorbereiten. Hierzu zählt u. a. auch die Optimierung
der Struktur der Kreditportfolien, die durch die folgenden externen Parameter
beeinflusst werden:

3.1.1 Wegfall der Gewährträgerhaftung

Der Wegfall der Gewährträgerhaftung entkoppelt das Rating der Landesbanken
und Sparkassen von dem Top-Rating der öffentlichen Körperschaften und kon-
frontiert die Landesbanken und Sparkassen mit höheren Refinanzierungskosten
und geringeren Margen bzw. einem höheren risikoadjustierten Zinssatz, der teil-
weise im Widerspruch zu kommunal- oder landespolitisch begründeten Strategien
stehen kann.
   Vor diesem Hintergrund sind auch die Transaktion der Niederschlesischen
Sparkasse in Görlitz in 2004 sowie das in 2005 zwischen der WestLB, der NordLB
und der Shinsei Bank etablierte Joint Venture8 zu sehen. Letzteres soll gemäß
der Planung der beteiligten Parteien eine Abwicklungsplattform für NPL-Trans-
aktionen bereitstellen, deren Adressaten insbesondere für Konzerngesellschaften
und Sparkassen sein sollen.

8    Weitere mit Joint Ventures verfolgte Ziele werden in dem Beitrag von Wulfken im
     gleichen Band diskutiert.
Motivation, Ziele und Treiber für NPL-Transaktionen                                 13

3.1.2 Einführung des Basel II Akkords
Mit Einführung der Vorschriften des zweiten Baseler Akkords (Basel II) in 2007
wird die Unterlegung des Ausfallrisikos im Kreditgeschäft durch regulatorisches
Eigenkapital nicht mehr pauschal, sondern in Abhängigkeit der spezifischen
Ausfallrisiken der einzelnen Risikoaktiva erfolgen. Danach sind die mit einem
niedrigeren Rating versehenen Kredite wie Sub und Non Performing Loans mit
einem höheren regulatorischen Eigenkapital zu unterlegen.9 Damit haben die
Banken insgesamt einen signifikanten Anreiz, sich schnell von diesen Krediten
zu trennen, um bei gleich bleibendem regulatorischen Eigenkapital das Neuge-
schäft nicht zu blockieren.

3.1.3 Mindestanforderungen an das Kreditgeschäft (MaK)

Die Einführung der MaK hat sich nach Einschätzung vieler Marktteilnehmer
ebenfalls verstärkend auf die Bereitschaft, neue Workout-Strategien wie Outsour-
cing und Portfolio-Verkäufe zu nutzen, ausgewirkt. Demnach werden die forma-
len Rahmenbedingungen für Sanierungs- und Abwicklungstätigkeiten signifikant
strenger gehandhabt. Gleichzeitig wurde die Aufbereitung und die Auswertung
historischer Daten – ein wesentlicher Bestandteil von NPL-Transaktionen – be-
schleunigt, so dass das Argument, derartige Transaktionen erforderten einen zu
hohen Datenerhebungsaufwand, an Bedeutung verliert.

3.1.4 International Financial Reporting Standards (IFRS)

Vergleicht man die Bewertungsgrundsätze des deutschen HGB mit den Rege-
lungen der IAS, so werden wesentliche Unterschiede insbesondere beim so ge-
nannten »Fair Value« offensichtlich.
   So haben deutsche Banken in der Vergangenheit häufig die zukünftigen Chan-
cen bei der Stichtagsbewertung herangezogen, um damit spezielle Einzelwertbe-
richtigungs-Strategien, so genannte Hockey-Stick-Strategien, zu begründen10.
   Mit der Einführung der IFRS für Banken in 2006/2007 werden die strengeren
Fair Value-Regeln anzuwenden sein, so dass die Durchführung von NPL-Trans-
aktionen derzeit zwar zu außerordentlichen Bewertungsabschlägen und Buch-
verlusten führen können, diese aber auch bei erstmaliger Anwendung der IFRS
wahrscheinlich nicht zu vermeiden sind.

 9 Für eine detailliertere Darstellung vgl. insbesondere den Beitrag von Wolfgarten in
   diesem Band.
10 Diese Strategien basieren auf der Annahme, dass aktuell der Tiefpunkt der Wertent-
   wicklung erreicht worden ist und dass in nächster Zukunft mit einer Belebung auf dem
   Markt zu rechnen ist, so dass die Wertenwicklung der jeweiligen Bewertungsobjekte
   der Form eines Hockey-Schlägers entspricht.
14                                                                          Jochen Wentzler

3.2 Optimierung der Key Performance Indikatoren (KPI)
Die Bewertung einer Bank hängt neben der Bilanzsumme bzw. dem Geschäftsvo-
lumen11 insbesondere von deren Profitabilität und Marktkapitalisierung ab. Letz-
tere ist wiederum abhängig von den Zukunftsaussichten und der prognostizierten
Profitabilität der Geschäftstätigkeit. Die Profitabilität einer Bank wird dabei neben
dem Betriebsergebnis im Wesentlichen von der Risikovorsorge bestimmt.
   Die Risikovorsorge stellt einen signifikanten Hebel bezogen auf das Betriebs-
ergebnis dar. So kann z. B. ein Risikoaufwand von EUR 10.000 bei einer Brutto-
Zinsmarge von rd. 25 Basispunkten nur durch ein risikoloses Neugeschäftsvolu-
men von rd. EUR 4,0 Mio. kompensiert werden. Umgekehrt kann die Auflösung
einer Risikovorsorge von EUR 10.000 ein Neugeschäft von rd. EUR 4,0 Mio.
kompensieren.
   Insgesamt wird die Bereinigung des NPL-Portfolios zwar zu einem einmaligen
negativen Restrukturierungseffekt führen, die zukünftigen KPI können jedoch
signifikant positiv beeinflusst werden. Ein Beispiel für diesen Effekt lässt sich
in Deutschland z. B. am Börsenkurs der Hypo Real Estate AG, München (HRE),
ablesen.

                                                                Okt
                      Mär

                                  Mai
                            Apr

                                                    Aug

                                                                      Nov

                                                                            Dez
                Feb

                                              Jul
                                        Jun

                                                          Sep
          Jan

                                                                                  45,5

                                                                                  42,5

                                                                                  40,5

                                                                                  37,5

                                                                                  35,5

                                                                                  32,5

                                                                                  30,5

Abb. 3: Entwicklung des Börsenkurses der Hypo Real Estate (Quelle: Comdirect)

11 Das Geschäftsvolumen einer Bank definiert sich als Bilanzsumme zuzüglich außerbi-
   lanzielle Geschäfte wie Derivate.
Motivation, Ziele und Treiber für NPL-Transaktionen                                                                                                                              15

   Wird auf Erfahrungen in anderen Jurisdiktionen zurückgegriffen, lassen sich
klare Relationen zwischen dem Ergebnis je Aktie und dem Anteil des NPL-
Portfolios am Gesamtkreditportfolio ableiten. Dieses sei im Folgenden an einer
Marktbeobachtung für den NPL Markt in Taiwan aufgezeigt:

                       2                                 Chinatrust Com. Bank
                                                                           Taipei Bank
                                Tai Shin Int’l Bank
                                SinoPac Bank                  MB Bank - Taipei
                       0            C.D.I.B.                                      Cathay United Bank
                                                                CSMB
                                                                           Fubon Bank
 Ergebnis pro Aktie

                                                                                                                            The Chinese Bank
                                                      Bank of Kaohsiung
                                                                                                                                          Taiwan Business Bank
                       -2                                                     Union Bank                                                                                  BOOC

                                           E. Sun C Bank
                       -4
                                                                                 Hsin Chu Bank                                                             MB Bank - Taichuang
                                                                               Far Eastern Int’l Bank                        MB Bank - Tainan
                       -6

                       -8

                                                                          First Commercial Bank

                      -10                                                     Hua Nan Bank                  Changhwa Bank
                            0                  2                          4                        6                   8                   10                    12              14
                                                                                                   NPL Portfolioanteil

                                                                                                                                                  Farmers Bank

Abb. 4: Entwicklung des Ergebnisses je Aktie am Beispiel Taiwan12

3.3 Spezielles Marktumfeld
Sicherlich hatte auch das spezielle deutsche Marktumfeld einen positiven Einfluss
auf die schnelle Etablierung von NPL-Transaktionen in Deutschland. Dennoch
ist zu beobachten, dass mit fortschreitender Marktreife Usancen etabliert und
ursprünglich existierende First Mover Advantages verschwinden.

3.3.1 Verkäufermarkt

Die hohe Anzahl überwiegend internationaler Investoren führte bislang zu einer
hohen Wettbewerbsintensität zwischen den Käufern und demzufolge zu teil-
weise hohen Markteintrittspreisen. Mit einer zunehmenden Anzahl erfolgreich
abgeschlossener Transaktionen konnte sich jedoch teilweise ein Sättigungseffekt
einstellen, mit der Folge, dass erfahrene und erfolgreiche Investoren primär an
strukturierten Auktionsverfahren mit attraktiven Portfolien und professionell ge-
stalteten Transaktionsprozessen partizipieren.

12 Deloitte Research.
16                                                                 Jochen Wentzler

3.3.2 Etablierte Strukturen
Es entwickeln sich zunehmend standardisierte Strukturen in Bezug auf Datenauf-
bereitung, Prozessablauf und Vertragsdokumentation, wobei die Aufbereitung der
Daten in den so genannten »Data Tapes«, in denen die wesentlichen Daten13 der
zu verkaufenden Kredite enthalten sind, teilweise nach wie vor hohe Defizite in
ihrer Struktur und ihrem Inhalt aufweisen. Die Folge der resultierenden Transpa-
renzeinbußen sind häufig unnötige Kaufpreisabschläge durch die teilnehmenden
Investoren.

3.3.3 Unterstützung durch öffentliche Stellen
Bislang hat sich das BaFin mit regulatorischen Richtlinien bezüglich NPL-Trans-
aktionen zurückgehalten. Das kann womöglich auch darauf zurückzuführen sein,
dass derartige Transaktionen auch eine Reaktion auf konsequent durchgeführte
Sonderprüfungen des BaFin gemäß § 44 KWG ist und die Aufsichtsbehörde die
teilweise von ihr indirekt initiierte Strategie wohlwollend begleitet.
   Erfahrungen mit anderen innovativen Instrumenten wie den Kredit-Derivaten
zeigen aber, dass diese zurückhaltende Regulierung davon abhängt, dass bei der
Durchführung von NPL-Transaktionen Strukturen gewählt werden, die zu einem
unmittelbaren und uneingeschränkten Risiko-Transfer (True Sale) führen.
   Allerdings erfordert das Fehlen von steuerlichen und handelsrechtlichen An-
reizen sowie von regulatorischen Vorgaben eine wesentlich höhere Penetration
der potenziellen Marktteilnehmer durch die Investoren, um den weitestgehend
freiwilligen Eintritt der deutschen Kreditinstitute in den NPL-Markt zu unterstüt-
zen und ein nunmehr erreichtes Momentum erreicht zu haben. Insofern ist die
im Vergleich zu anderen Märkten fehlende staatliche Intervention teilweise auch
ein Hemmschuh für den deutschen NPL-Markt.

3.3.4 Intensive Vermarktung

Die in der Vergangenheit in Deutschland zahlreich durchgeführten Konferenzen
und Tagungen zum Thema »NPL in Deutschland« haben nicht nur Käufer und
Verkäufer näher zusammenrücken lassen. Sie haben das Thema auch mit posi-
tiven Assoziationen in den deutschen Markt getragen, Anlass zu konstruktiven
Diskussionen gegeben und den Verkauf von NPL-Portfolien nicht als letzte Chan-
ce einer krisenbehafteten Struktur, sondern als professionelle Workout-Strategie
etabliert.

13 Zu den Bestandteilen des Data Tapes vgl. insbesondere den Beitrag von Estaphan/
   Kastner/Lussato sowie zu technischen Aspekten den Beitrag von Schulz in diesem
   Band.
Motivation, Ziele und Treiber für NPL-Transaktionen                           17

4      Ziele von NPL-Transaktionen
Neben den bestehenden Motivationen und Antriebsfaktoren sollten mittels der
NPL-Transaktionen auch quantitative und qualitative Ziele mit einer relativ hohen
Wahrscheinlichkeit erreicht werden können.
   Grundsätzlich kann die Wahrscheinlichkeit, dass bestimmte Ziele erreicht wer-
den können, nur in Abhängigkeit von spezifischen Rahmenbedingungen wie Ho-
mogenität und Granularität des Portfolios, Wertberichtigungsquote, vorhandenen
Entwicklungspotenzialen u.v.m. beurteilt werden.
   Die potenziellen Ziele, die mit NPL-Transaktionen erreicht werden können,
seien nachfolgend kurz beleuchtet. Eine Vollständigkeit kann dabei gleichwohl
nicht beansprucht werden.
   In einer quantitativen Perspektive werden dabei insbesondere direkt positive
Effekte auf die mittelfristige Performance des verkaufenden Instituts verfolgt.
So stellt die strukturelle Bereinigung von Kreditportfolios quasi den Oberbegriff
über die beabsichtigte verbesserte Allokation von regulatorischem Eigenkapital
und der damit einhergehende Verbesserung zukünftiger Ergebnisstrukturen da.
Neben der resultierenden Generierung von Liquidität aus dem Abverkauf der
Vermögenspositionen des Portfolios stellt die Optimierung der Kostenstrukturen
der jeweiligen Workout-Bereiche eine häufig verfolgte Zielsetzung dar. Eine »Mit-
übertragung« der mit der Abarbeitung der Kredite beschäftigten Mitarbeiter kann
dabei ein mögliches Szenario darstellen.
   In qualitativer Hinsicht und sicherlich nicht vollständig überschneidungsfrei
hinsichtlich der Verfolgung unmittelbar quantitativ wirksamer Ziele lassen sich
weitere Ziele von NPL-Transaktionen anführen. Dieses betrifft insbesondere die
Erweiterung möglicher Optionen des Workout-Bereichs des Kreditinstituts. Durch
die Auseinandersetzung mit der marktorientierten Bewertung resultiert dabei ne-
ben einer Objektivierung der Bewertung von NPL nicht selten die Implementie-
rung einer Profit Center-Strategie im Workout-Bereich, oder doch zumindest die
Öffnung der internen Kultur in dieser Hinsicht. Last but not least führen einige
Veräußerer einen positiven Nebeneffekt durch die Erhöhung des Druckpotenzials
auf leistungsgestörte Kreditengagements an.
   Bezogen auf die deutsche Bankenlandschaft sind NPL-Transaktionen grund-
sätzlich dazu geeignet, die Marktkapitalisierung der Banken zu erhöhen, die At-
traktivität für Übernahmen zu reduzieren und die Einführung Risiko adjustierter
Zinssätze zu forcieren.
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