Nr. 3 Flexibilisierung durch virtuelle Lehre Stand: Februar 2017 - Hochschule Ludwigshafen

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Nr. 3

Flexibilisierung durch virtuelle Lehre

Stand: Februar 2017

                                         i
Stand des Berichtes: Februar 2017

Das diesem Bericht zugrundeliegende Vorhaben wurde mit Mitteln des Bundesministeriums
für Bildung und Forschung unter dem Förderkennzeichen 16OH21050 gefördert. Die
Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung liegt beim Autor/bei der Autorin.

Kontakt:
Hochschule Ludwigshafen am Rhein
Imke Buß, Leiterin der Abteilung Studium & Lehre
Stefanie Bachmann, Projektkoordinatorin Offenes Studienmodell Ludwigshafen
Ernst-Boehe-Straße 15
67059 Ludwigshafen
Email: imke.buss@hs-lu.de
http://www.hs-lu.de/offenes-studienmodell

Zitation:
Buß, Imke; Müller, Romina; Husemann, Barbara (2016): Steckbrief für Modelle der Offenen
Hochschule Ludwigshafen: Flexibilisierung durch virtuelle Lehre. Auf der Homepage der
Hochschule Ludwigshafen: www.hs-lu.de/oh-projektstand.

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1. Anlass für die Auswahl des Modells
Die Kombination aus E-Learning und Präsenzlernen wird als Blended Learning bezeichnet und kann
neben didaktischen Implikationen auch zeitliche wie räumliche Freiräume für Lehrende und
Studierende ermöglichen. Blended Learning verbindet also beide Lernorte und ein Teil der
Präsenzphasen werden durch virtuelle Lehr-/Lernangebote (Onlinelehre) ersetzt.

1.1 Aus Sicht der Literatur
E-Learning wird häufig als Flexibilisierungsmöglichkeit für Berufstätige oder Eltern genannt. In einer
Studie an der Universität Duisburg-Essen gaben 53 % der stark berufstätigen und gleichzeitig
Vollzeitstudierenden an, eine Mischung aus Präsenz- und Fernlehre zu wünschen. Für diese Gruppe
ist E-Learning auch eine Möglichkeit, trotz eingeschränkter Zeiten intensiv zu lernen (Nienhüser et al.
2000)1. Schlögl/Neubauer (2006)2 bestätigt diese Ergebnisse für Universitäten, wenngleich sich 90 %
der Studierenden an Fachhochschulen virtuelle Lehre wünschen. Hinsichtlich der Akzeptanz und
Nutzungsintensität hat Kreidl (2011) 3 gezeigt, dass die Akzeptanz stark von der didaktischen
Gestaltung beeinflusst wird, hingegen die Nutzungsintensität von der Organisation,                 der
Servicequalität und der Qualität der verwendeten Lernplattform abhängt.

1.2 Aus Sicht der Hochschulpersonals
Aus den in 2015 geführten Gesprächen mit Studiengangsassistent/innen und Studiengangsleitungen
wurde E- oder Blended-Learning in einer mittleren Häufigkeit genannt (20 von 37 möglichen
Nennungen). Hier wurde E-Learning eher als Ergänzung zur Präsenzlehre gesehen, aber auch als
Möglichkeit neue Lehr- und Lernmethoden zu praktizieren sowie Selbstlernen bei den Studierenden
zu fördern. E-Learning sei dabei nur realistisch, wenn die Lehrenden angemessen bei der Umsetzung
unterstützt und entsprechende Deputatsregelungen zur Betreuung und Erstellung von E-Learning
existieren würden.

1.3 Aus Sicht der Studierenden- und Lehrendenbefragung
Für die Analyse, ob und in welchem Umfang Abb. 1:
Studierende den Ersatz von Präsenzveranstaltungen Gewünschter Anteil E-Learning: 24 %
durch virtuelle Lehre präferieren, sind sowohl die Einfluss durch…                  Veränderung in
Einschätzung des aktuellen als auch des gewünschten                                 Prozentpunkten
Umfangs interessant. Studierende bewerten den Berufstätigkeit                       + 3,1*
derzeitigen Umfang an E-Learning insgesamt als deutlich   Studierende  mit Kind     + 11,5***
zu gering [56 % (eher) zu gering, 21 % genau richtig, 2 % Behinderung               + 4,7*
(eher) zu hoch]. Dabei wünschen sich Studierende Pflege                             + 11,2
                                                          Master (im Gegensatz      - 4*
fachbereichsübergreifend einen Anteil an E-Learning
                                                          zu Bachelor)
von 24 %. Dabei sind keine signifikanten Unterschiede * p < 0.05, ** p < 0.01, *** p < 0.001
zwischen den Fachbereichen auszumachen, jedoch Abbildung 1: Mittelwertvergleiche E-
beeinflusst die Lebenssituation der Studierenden stark Learning. N= 688
ihre Präferenz (Tabelle 1). Die Befragung der Lehrenden (N=49) unterstützt die Einschätzung der

1
  Nienhüser, W.; Becker, C.; Jans, M. (2000): Studentische Erwerbstätigkeit und Teilzeit-Studium. Erste Ergebnisse einer schriftlichen
Befragung aller Studierenden der Wirtschaftswissenschaften an der Universität GH Essen. Essen
2
  Schlögl, P., & Neubauer, B. (2006). Vereinbarkeit von Studium und Berufstätigkeit in ausgewählten Universitätsund Fachhochschul-
Studienrichtungen in Wien. Wien.
3
  Kreidl, C. (2011): Akzeptanz und Nutzung von E-Learning an Hochschulen. Gründe für die Einführung und Kriterien für die Anwendung von
E-Learning. Münster.
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Studierenden und ergibt einen gewünschten Anteil E-Learning von 23 %. Der Rücklauf bei der
Befragung beträgt 67% oder 980 Studierende, wobei duale und weiterbildende Studiengänge nicht
befragt wurden.

Abbildung 2: Anteil der (sehr) häufig gewünschten Tools . N Studierende= 915, N Lehrende = 42

                        Ausgestaltung des E-Learning

                  Virtuelle Praxisfälle
    Onlinetest zur Selbsteinschätzung
              Online-Lernmaterialien
 Anwendungsaufgaben mit Feedback
        Videos, Pod- und Screencast
             Online-Veranstaltungen

                                          0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80%

                                  Lehrende      Studierende

1.4 Aus Sicht anderer Hochschulen
Folgende Ergebnisse entspringen Interviews an den genannten Hochschulen: An der Université Laval
und der ENAP (Kanada) werden ca. 1/3 der Kurse als Blended-Learning (mit Präsenz am Anfang, ggf.
Mitte und Ende) angeboten, wobei es i.d.R. eine Präsenzveranstaltung als Alternative gibt.
Erfolgsfaktoren aus Sicht der HS sind eine strategische Auswahl der E-Kurse nach Gruppengröße
(Reichweite), regelmäßiger Verteilung über die Semester und didaktische Eignung des Lernziels. Die
Planung sollte durch ein Kompetenzteam E-Learning didaktisch und technisch stark unterstützt und
mit der Umsetzung 6 Monate vor Semesterstart begonnen werden. Die Expert/innen der
Universität Manchester (UK) weisen auf die Ausgestaltung des E-Learning hin. Insbesondere ein
schnelles Feedback, begleitende Prüfungen oder Überprüfungen des Lernerfolgs (Onlinetests,
Onlineaufgaben) sowie die Interaktion – zwischen Studierenden und Lehrenden einerseits und unter
Studierenden andererseits – werden als wichtig erachtet. Gleichzeitig haben sich (anstatt der
Aufzeichnungen ganzer VL) aufbereitete Mini-Videos (ca. 10 Minuten) etabliert. Durch die gute
didaktische Gestaltung könnten individuelle Lernwege ermöglicht werden. An der Universität
Dalarna (Schweden), die sich von einer vorwiegenden Präsenzuniversität zu einer vorwiegenden auf
E-Learning basierten Universität gewandelt hat, wird als besonders wichtig die ständige
Erreichbarkeit von Ansprechpartnern bei technischen und anderen Problemen (in Form einer
zentralen Einrichtung) und eine einfache und intuitive Lernplattform hervorgehoben. Aus Sicht der
Lehrenden wird es als essentiell erachtet, den Lernfortschritt der Studierenden bei E-Learning stärker
durch Aufgaben oder Essays zu kontrollieren und die Studierenden über den tatsächlichen Workload
aufzuklären. Ein Onlinestudium mindert nicht den Workload. Darüber hinaus hat sich etabliert in
vielen E-Learning Kursen vereinzelte Präsenztage im Semester durchzuführen, um die Integration der
Studierenden zu erhöhen.

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2. Beschreibung des Modells & Reichweite
2.1 Virtuelle Lehre systematisch implementieren

Folgende Ergebnisse fließen zusammenfassend in die Modellidee ein:

    Dass Studierende und Lehrende durchschnittlich den Anteil an E-Learning auf ca. ¼
     (Differenzen nach Fachbereichen) erhöhen möchten,
    Dass Lehrende Onlinelehre eher durch Lernmaterialien gestalten möchten, Studierende sich
     daneben vertiefende Aufgaben/ Fälle und Feedback (Test, Aufgaben) wünschen.

   Das Modell beinhaltet daher den systematischen Ersatz von Präsenzlehre durch E-Learning, der
   Anteil kann dabei zwischen Studiengängen variieren. Ziel ist es, die Lernorte und Lernzeiten zu
   flexibilisieren.

Wenn virtuelle Lehre verstärkt implementiert wird, fällt es zunächst den Studiengängen zu,
passende Veranstaltungen und Module zu identifizieren. Kriterien für die Auswahl der Module
könnten sein:

      Die Lernziele können mit virtueller Lehre didaktisch sinnvoll erlernt werden,
      Die Veranstaltungen werden für eine signifikante Studierendenanzahl angeboten,
      Die Lerninhalte unterliegen relativ wenigen inhaltlichen Veränderungen,
      Die Lehrenden sind bereit, Onlinelehre zu konzipieren und virtuell zu lehren.

In den ausgewählten Veranstaltungen werden bis zu 50 % der Präsenzveranstaltungen durch
Onlinelehre ersetzt. Dabei soll über den gesamten Studiengang hinweg der jeweils von Studierenden
und Lehrenden gewünschte Anteil angestrebt werden. Um Studierenden planbare zeitliche
Freiräume zu bieten, erscheint es sinnvoll das virtuelle Lernen mehrere Wochen hintereinander
durchzuführen (z.B. 6 der 12 Wochen oder zwischen zwei Blockveranstaltungen). Ein Beispiel für E-
Learning in Kombination mit zwei Blockveranstaltungen finden Sie in Abbildung 3. Das Beispiel
beinhaltet zwei Blockwochen, die im Steckbrief 2 ebenfalls näher vorgestellt werden.

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Abb. 3 Fiktives: Beispiel für Ablauf einer Blended-Learning-Veranstaltung (Kombination aus zwei (Präsenz-)
Blockwochen und E-Learning), 24 Wochenstunden (2 SWS) gestreckt auf 13-14 Wochen.
     Woche               Was?                  Themen/Inhalte                Welche Tools?         Wochen-
                                                                                                   Stunden
                    1. Blockwoche                   Inhaltliche Einführung in                                             6
Präsenz

                                                    das Thema,
                1                                   Kennenlernen des
                                                    Lehrenden, Vorgehen
                                                    beim virtuellen Lernen
                    Aufwärmphase:                                                  Mitteilungen                        (ersetzt)
                    Lernumgebung                                                   Forum                                   1
                    kennenlernen,                                                  Wiki für
            2       Teilnehmer stellen sich                                        Teilnehmervorstellung
                    vor (Online-
                    Sozialisation)

                    1. Phase                        Lehrinhalte zur vermitteln,    Schriftliche Lernmaterialien,       (ersetzt)
Online

                    Lehrmaterial bereitstellen in   Übungen und Tests              Dateidiskussion, Podcasts (Audio,       4
                    unterschiedlichen               bereitstellen, Fragen          Video),
          3–8       Formaten, asynchrone oder       beantworten                    (Selbst-)Tests und
                    synchrone Diskussion,                                          Aufgabenbaustein zur
                    Selbsttests                                                    Lernerfolgskontrolle, Forum oder
                                                                                   Chat zur Kommunikation
                    2. Phase                        Lehrinhalte von 1. Phase       Aufgabenbaustein für                (ersetzt)
           9–10     Erlerntes anwenden mit                                         Einsendung                              3
                    Praxisaufgaben
                    2. Blockwoche                   Vertiefung Lehrinhalte,                                               6
Präsenz

                                                    Fragestunde zu Lehrinhalten
            11                                      und Aufgaben,
                                                    Gruppenbildung für Phase 3
                    3. Phase                        Vertiefte Lehrinhalte von 1.   Gruppenbereich mit Foren,           (ersetzt)
                    Gruppenarbeit, Webinar zur      Phase                          Materialordnern bei Bedarf Blog,        4
Online

                    Vorstellung der Ergebnisse,                                    Wiki
           12–13    asynchrone oder synchrone                                      Chat oder Forum für Fragen zur
                    Diskussion zur                                                 Klausurvorbereitung
                    Klausurvorbereitung

Die Anrechnung von virtueller Lehre (anstatt Präsenzlehre) auf das Deputat wird derzeit geregelt.
Das Modell sieht entsprechend der Hochschullehrverordnung die Anrechnung von Erstellung und
Betreuung von virtueller Lehre vor.

2.2 Mit E-Learning Modulen zeitliche Wahlmöglichkeiten in Grundlagenfächern schaffen

Es gibt mehrere Grundlagenmodule im BWL-Bereich, die in unterschiedlichen Studiengängen
angeboten werden (siehe Steckbrief Nr. 3). Um hier eine zeitliche Wahloption zu schaffen,
identifizieren die Fachbereiche gemeinsam fachlich zusammenpassende Module, in denen ein
fachbereichsübergreifendes gemeinsames E-Learning Angebot die Module ergänzt und für die
Studierenden eine Alternativmöglichkeit bietet. Der Ablauf folgt dabei dem oben genannten
Steckbrief.

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3. Relevante Aspekte einer möglichen Implementierung

Um E-Learning systematisch einzuführen, könnte wie folgt vorgegangen werden:

                                     Ablauf bei Entwicklung von E-Learning Kursen

      1.    Systematische Identifikation der Kurse (Studiengangleitungen mit Lehrenden),
      2.    Entwicklung eines Veranstaltungskonzeptes, ggf. mit Unterstützung des E-Learning Teams,
      3.    Vorlage des Konzeptes gegenüber dem Dekanat (Entscheidung über Anrechnung Deputat),
      4.    Fachlich und inhaltliche Entwicklung unter Berücksichtigung unterschiedlicher Tools,
      5.    Technische Umsetzung (Unterstützung durch E-Learning Team),
      6.    Durchführung und Evaluation – Überarbeitung,
      7.    Entscheidung nach Papierumsetzung, ob und in welchen Studiengängen E-Learning systematisch
            eingeführt werden soll.

            Dauer von Idee bis Einrichtung ca. ½ Jahr

Die Einführung von systematischem Blended-Learning bietet viele Vorteile, ist jedoch auch mit
Ressourcenaufwand verbunden. Insgesamt erreicht das Modell eine große Anzahl an Studierenden
und hat daher eine hohe Reichweite. Die Erarbeitung aller notwendigen Veränderungen und die
Erprobung anhand einer oder mehrerer konkreter E-Learning Module werden innerhalb der
Papierumsetzung genauer analysiert. Die Papierumsetzung findet im WiSe 2016/17 und SoSe 2017
statt. Im Anschluss entscheiden die Studiengänge und die Hochschule, wie E-Learning in welchem
Umfang eingeführt werden soll. Die Einführungsphase würde Anfang 2018 bis Mitte 2020 stattfinden
(2. Förderphase Offene Hochschule).

Notwendige personelle und finanzielle Ressourcen

           Aufwand der Lehrenden (ggf. Kompensation durch zeitl. Anrechnung der Kurserstellung),
            aber auch örtlich höhere Flexibilität in den Zeiten, wenn Kurs online stattfindet,
           Zusätzliche personelle und sächliche Ressourcen für das E-Learning Team (technische
            Umsetzung und didaktische Beratung, Technik),
           Bei Option 2.2 (fachbereichsübergreifende Kurse): zusätzliche Lehrdeputat

                                  VORTEILE                                               NACHTEILE

          Erhöhung der zeitlichen und örtlichen Flexibilität der      Schwächen der virtuellen Lehre (z.B. hohe
           Studierenden und der Lehrenden,                              Selbstlernkompetenz erforderlich),
          Stärken der virtuellen Lehre (z.B. flexibles                Zeitlicher Aufwand bei der Erstellung der
           Lerntempo, Aufgabendifferenzierung)                          Kurse.
          Erhöhung der Attraktivität der Hochschule durch
           neue Didaktik Konzepte
          Bei systematischem Einsatz:
                o Verlässliche Reduktion der Präsenzzeiten
                o Erhöhung der Attraktivität der Hochschule

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