Nutzung der C2X-basierten ÖV-Priorisierung an signalisierten Knotenpunkten - Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen - OPUS
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Nutzung der C2X-basierten ÖV-Priorisierung an signalisierten Knotenpunkten Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen Verkehrstechnik Heft V 353
Nutzung der C2X-basierten ÖV-Priorisierung an signalisierten Knotenpunkten von Matthias Gay Jan Grimm Thomas Otto Ina Partzsch Fraunhofer-Institut für Verkehrs- und Infrastruktursysteme IVI Dresden David Gersdorf Florian Gierisch Stefan Löwe Michael Schütze VCDB VerkehrsConsult Dresden-Berlin GmbH Dresden Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen Verkehrstechnik Heft V 353
Die Bundesanstalt für Straßenwesen veröffentlicht ihre Arbeits- und Forschungs ergebnisse in der Schriftenreihe Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen. Die Reihe besteht aus folgenden Unterreihen: A - Allgemeines B - Brücken- und Ingenieurbau F - Fahrzeugtechnik M- Mensch und Sicherheit S - Straßenbau V - Verkehrstechnik Es wird darauf hingewiesen, dass die unter dem Namen der Verfasser veröffentlichten Berichte nicht in jedem Fall die Ansicht des Herausgebers wiedergeben. Nachdruck und photomechanische Wiedergabe, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung der Bundesanstalt für Straßenwesen, Stabsstelle Presse und Kommunikation. Die Hefte der Schriftenreihe Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen können direkt bei der Carl Ed. Schünemann KG, Zweite Schlachtpforte 7, D-28195 Bremen, Telefon: (04 21) 3 69 03 - 53, bezogen werden. Über die Forschungsergebnisse und ihre Veröffentlichungen wird in der Regel in Kurzform im Informationsdienst Forschung kompakt berichtet. Dieser Dienst wird kostenlos angeboten; Interessenten wenden sich bitte an die Bundesanstalt für Straßenwesen, Stabsstelle Presse und Kommunikation. Die Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) stehen zum Teil als kostenfreier Download im elektronischen BASt-Archiv ELBA zur Verfügung. https://bast.opus.hbz-nrw.de Impressum Bericht zum Forschungsprojekt 03.0553 Nutzung des C2X-Kommunikationsstandards IEEE 802.11p für die ÖV-Priorisierung an signalisierten Knotenpunkten Fachbetreuung Jan Schappacher Referat Verkehrsbeeinflussung und Straßenbetrieb Herausgeber Bundesanstalt für Straßenwesen Brüderstraße 53, D-51427 Bergisch Gladbach Telefon: (0 22 04) 43 - 0 Redaktion Stabsstelle Presse und Kommunikation Druck und Verlag Fachverlag NW in der Carl Ed. Schünemann KG Zweite Schlachtpforte 7, D-28195 Bremen Telefon: (04 21) 3 69 03 - 53 Telefax: (04 21) 3 69 03 - 48 www.schuenemann-verlag.de ISSN 0943-9331 ISBN 978-3-95606-646-7 Bergisch Gladbach, Januar 2022
3 Kurzfassung – Abstract Nutzung der C2X-basierten ÖV-Priorisierung an Anlass für eine Änderung der Bestandssysteme. signalisierten Knotenpunkten Die Nutzung der C2X-Kommunikation ermöglicht zum einen die Modernisierung des Datenübertra- Das vorliegende Dokument stellt eine Handlungs- gungssystems und zum anderen ein Optimierungs- empfehlung zur Nutzung des C2X-Kommunikati- potenzial für die ÖPNV-Priorisierung sowie weitere onsstandards IEEE 802.11p für die ÖV-Priorisierung Synergien. an signalisierten Knotenpunkten zur Verfügung. Die erstellte Roadmap baut auf die Systeme im Status Ausgehend von einer Bestandsaufnahme zu ge- quo auf und zeigt Wege für ein sukzessives Upgra- genwärtig genutzten Verfahren zur ÖPNV-Priorisie- de hin zur C2X-basierten ÖV-Priorisierung. rung (Kapitel 1) und zu ersten C2X-Erprobungspro- jekten (Kapitel 2) erfolgt die Ableitung eines Rah- Die Priorisierung des Öffentlichen Verkehrs ist eine menkonzeptes zur Migration der konventionellen seit den 1980er Jahren angewendete Praxis zur Technik hin zu einer C2X-basierten Priorisierung Verbesserung der Reisezeiten der Öffentlichen Ver- (Kapitel 3). Die Aspekte der kommunalen Seite – kehrsmittel und der Stärkung des Umweltverbun- als Anbieter der streckenseitigen Infrastrukturein- des auf Basis der Steigerung der Attraktivität des richtungen – und der Verkehrsunternehmen – als Öffentlichen Verkehrs. Signalisierte Knotenpunkte Betreiber des Öffentlichen Verkehrs – werden spe- sind unerlässliche Bestandteile des innerstädti- ziell betrachtet. Aufbauend auf den Aspekten von schen Hauptstraßennetzes. Sie beeinflussen maß- Planung, Umsetzung und Betrieb der ÖPNV-Priori- geblich die Qualität des Verkehrsablaufs und sind sierung sowie der C2X-Nachrichten und Nachrich- damit von besonderer Bedeutung in Bezug auf die teninhalte wird ein Leitfaden zum schrittweisen verkehrliche Steuerung und die mitunter verkehrs Übergang der Priorisierung vom Status quo hin zur politisch motivierte Lenkung des Verkehrsgesche- C2X-basierten ÖPNV-Priorisierung vorgestellt. hens. Die C2X-basierte Priorisierung bietet völlig neue Seit geraumer Zeit rücken die Potenziale der C2X- Möglichkeiten zur Optimierung der Verkehrssteue- Kommunikation aus der theoretischen Forschung rung. Dabei werden in Kapitel 4 die Wechselwirkun- hin zur praktischen Erprobung und nähern sich kon- gen zwischen den unterschiedlichen Verkehrsarten tinuierlich einer Marktreife an. Kooperative Intelli- auf der einen Seite sowie die Wechselwirkungen gente Verkehrssysteme (C-ITS) wurden bereits in zwischen den verschiedenen C-ITS Services auf mehreren urbanen Testfeldern erfolgreich imple- der anderen Seite dargestellt. mentiert und getestet. Die Grundidee der Koopera- tion zwischen der Lichtsignalanlage (LSA) als infra- Als Ergebnis des Dokuments werden in Kapitel 5 strukturseitige Einrichtung und dem Fahrzeug inklu- ein Pilotierungskonzept sowie eine Handlungsemp- sive der fahrzeugführenden Person besteht im ge- fehlung/Roadmap zur gezielten Umrüstung hin zur genseitigen Informationsaustausch zur Verbesse- C2X-Infrastruktur für die ÖPNV-Priorisierung, wie rung der Qualität des Verkehrsablaufs und zur Er- sie zielführend von Städten/Kommunen sowie Ver- höhung der Verkehrssicherheit. Infolge der hohen kehrsunternehmen umgesetzt werden sollte, aufge- zu erwartenden Potenziale, welche durch Vernet- zeigt. Dabei wird einerseits auf den stufenweisen zung erschlossen werden können, hat sich die Bun- Ausbau der Hard- und Softwarekomponenten fo- desrepublik Deutschland mit dem „IVS-Aktionsplan kussiert und andererseits die zeitliche Komponente Straße“ zur koordinierten Weiterentwicklung beste- der Realisierung thematisiert. Das beispielhafte Pi- hender und zur beschleunigten Einführung neuer lotierungskonzept berücksichtigt die spezifischen Intelligenter Verkehrssysteme in Deutschland be- Anforderungen der Städte und Kommunen sowie kannt. die Anforderungen und Wünsche der Verkehrs unternehmen an eine ÖPNV-Priorisierung. Da sich das bestehende System der ÖPNV-Priori- sierung bereits seit Jahrzehnten bewährt hat, ist ein In einem abschließenden Ausblick wird die Schnell- Umstieg auf ein neues C2X-basiertes System nicht lebigkeit der Informationstechnik als Motivation auf- einfach. Umstrukturierungen im Frequenzbereich gegriffen, frühzeitig die erforderlichen Entwicklungs- des Analog-Funks geben in vielen Städten jedoch schritte anzustoßen.
4 Applicability of V2X for transit signal priority based prioritisation is derived (chapter 3). This concept is based on the aspects of planning, This report delivers recommended actions towards implementation and operation of the PT prioritisa- the use of the C2X communication standards IEEE tion as well as the C2X messages and their content. 802.11p for the public transport (PT) prioritisation The aspects of the local authorities – who provide at signalised junctions. The provided roadmap the road infrastructure – and the public transport develops on the systems in status quo and points companies – as operators of public traffic – are out ways for a gradual upgrade to the C2X-based specifically regarded. PT prioritisation. The C2X based prioritisation offers completely new Prioritisation of public traffic is state of the art since possibilities for the optimisation of the traffic con- the 1980s for the improvement of the PT travel trol. In chapter 4 the interdependences between times and the support of ecomobility on basis of the different kinds of traffic as well as between the increase of the attractiveness of public traffic. different C-ITS services are presented. Signalised junctions are essential components of the main road network in cities. They affect the As result of the document, in chapter 5 a pilot test quality of traffic flow considerably and therefore they concept as well as recommended actions for a are of special importance for traffic control, which is targeted conversion towards a C2X infrastructure occasionally influenced by municipal traffic policies for PT prioritisation are discussed, including how as well. those actions should be implemented by cities/ municipalities as well as transport authorities. The For quite some time the potentials of the C2X gradual development of hard- and software communication develop from theoretical research components and the temporal component of the towards practical trials and therefore approximate realisation are brought up for discussion. The market readiness. Cooperative intelligent traffic exemplary pilot test concept considers the specific systems (C-ITS) were already implemented and requirements of the cities and municipalities as well tested successfully in several urban test fields. The as the demands and requests of the transport philosophy of co-operation between the traffic light authorities towards PT prioritisation. signal system – being part of the surrounding traffic infrastructure – and vehicles including their drivers In a concluding outlook, the fast-moving nature of consists in bilateral information exchange for the information technology is highlighted as a motivation improvement of the quality of traffic flow and for the to initiate the necessary developments in due time. increase of road safety. Due to the high potentials expected, which can be opened by such a cross- linking, the Federal Republic of Germany has committed in its “National ITS Action Plan for the Roads” to the coordinated advancement of existing and the accelerated introduction of new intelligent traffic systems to Germany. Since the existing system of the PT prioritisation has established for decades, its transfer to a new C2X-based system is not easy. Restructuration on the frequency bands for analog radio provides a cause for changes on the existing system for many cities. The applicability of C2X communication enables on the one hand the modernisation of the data transmission technology and on the other hand an optimisation of the PT prioritisation and further synergies. Based on a survey on current PT prioritisation systems in Germany (chapter 1) and on first C2X trials (chapter 2) a framework concept for the migration of the conventional technology to a C2X
5 Summary system of public transport prioritisation has proven itself over decades. Switching to a new C2X-based system is therefore not easy. Applicability of V2X for transit signal priority In the course of the first chapter, the existing systems are characterised with their strengths and This document provides a recommendation for the weaknesses. As a result, over 80% of the 80 use of the C2X communication standard IEEE analysed transport companies use analog radio as 802.11p for the prioritisation of public transport at a transmission technology to exchange messages signaled nodes. The roadmap drawn up is based on between the vehicle and the traffic light system. the systems in the status quo and shows ways for a Only two of the cities surveyed in 2019 are gradual upgrade to C2X-based public transport actively testing the ETSI ITS-G5 standard. However, prioritisation. the majority of cities are currently considering the Prioritising public transport is state of the art well hybrid introduction of C2X-based public transport established since the 1980s to improve travel times prioritisation. Finally, there was a comparative for public transport and to strengthen ecomobility by assessment of the existing systems of communi- increasing the attractiveness of public transport cation technologies, such as analog radio, TETRA, (LOHSE & SCHNABEL 2011). Signalised junctions Tetrapol, public mobile radio and infrared, with the are essential components of the inner-city main main focus on the implementation of local public road network. They have a decisive influence on the transport prioritisation. quality of the traffic flow and are therefore of particular importance with regard to traffic control and the sometimes traffic-politically motivated 2 C2X-based public transport control of traffic. prioritisation For some time now, the potential of C2X The second chapter presents the main results of the communication has been moving from theoretical published pilot projects that implement and test research to practical testing and is steadily C2X-based prioritisation. The regional focus is on approaching market readiness. Cooperative projects in the DACH region, as this is where intelligent traffic systems (C-ITS) have already been the typical prioritisation techniques using public successfully implemented and tested in several transport reporting locations are most applied. In urban test fields. The philosophy of co-operation 2020, the following major projects, which test and between the light-signal system – being part of the implement C2X-based public transport prioritisation surrounding traffic infrastructure – and vehicles including their drivers consists in mutual information are: KoMoD/KoMoDnext in Düsseldorf, VERONIKA exchange for the improvement of the quality of in Kassel, SIRENE in Braunschweig/Magdeburg, traffic flow and for the increase of road safety. Due BiDiMoVe in Hamburg and C-ROADS Germany – to the high potentials expected, which can be Urban Nodes in Kassel and Dresden. The com- opened by such a cross-linking, the Federal patibility of the requirements is discussed on the Republic of Germany has committed in its „National basis of the findings from the projects. The aspects ITS Action Plan for the Roads“ to the coordinated of EU-wide standardisation and harmonisation as advancement of existing and the accelerated well as IT security play a decisive role. The way to introduction of new intelligent traffic systems to the complete certification process including the Germany (BMVBS 2020). connection to a PKI is outlined using the example of a public transport company. Important ordinances, The report is divided into the following chapters: standards and information papers relating to C2X- based public transport prioritisation are summarised on the basis of the current status from 2020. With 1 Survey on current PT prioritisation regard to the market penetration of C2X systems, it systems and determination of can be said that previous studies on the introduction essential boundary conditions with regard to the degree of equipment and the penetration of the vehicle fleet with C2X tend to The focus is on the practical relevance of the survey be too optimistic. However, many standardisation results for an inventory in Germany. The existing activities have currently been completed, the
6 hardware components are available and the and urban planning objectives. The different types technology is being actively installed by automobile of traffic, such as non-motorised individual traffic, manufacturers, so that a rapidly increasing market e.g. pedestrians and cyclists, motorised individual penetration can be expected. traffic, e.g. cars and motorcycles, heavy goods traffic or dangerous goods, emergency vehicles and competing public transport vehicles are considered. 3 Framework and guidelines With regard to the interactions between the C-ITS Building on the results of chapters 1 and 2, chapter services, the basic C-ITS services that are to be 3 presents a framework for migrating conventional introduced in the coming years are presented. In technology to a C2X-based prioritisation. The the course of the detailed analysis, the focus is on aspects of the local authorities – who provide the services that clearly influence public transport road infrastructure – and the public transport prioritisation in terms of traffic quality. These are companies – as operators of public traffic – are TSP “Traffic Signal Priority Request”, GLOSA specifically regarded. Based on the aspects of “Green Light Optimal Speed Advisory” and PVD planning, implementation and operation of the “Probe Vehicle Data”. public transport prioritisation as well as the C2X messages and message content, a guide for the step-by-step transition of the prioritisation from 5 Pilot concept and recommendations the status quo to the C2X-based public transport for action prioritisation is presented. As result of the document, in chapter 5 a pilot test The guideline includes a step-by-step transition, concept as well as recommended actions for a starting with the prioritisation of public transport in targeted conversion towards a C2X infrastructure the status quo, which was described in chapter 2, for PT prioritisation are discussed, including how via a prioritisation of public transport vehicles using those actions should be implemented by cities/ the CAM message with public transport containers municipalities as well as transport authorities. The in stage 1 as an interim solution, towards the use of gradual development of hard- and software the SREM and SSEM message as an international components and the temporal component of the standard and the targeted solution in stage 2. realisation are brought up for discussion. The In order to switch from the status quo to the C2X exemplary pilot test concept considers the specific prioritisation of public transport prioritisation, basic requirements of the cities and municipalities as well hardware upgrades must be carried out regardless as the demands and requests of the transport of the respective stage. This concerns the installation authorities towards PT prioritisation. For explanation, of the RSU and OBU, as well as the adaptations of some aspects are deliberately simplified and a the interfaces between the OBU and on-board transition in four steps is outlined: computer and between the LSA control unit and the • Step (1): Analysis of the line network, RSU. Depending on the stage, further adjustments are necessary, which are described in detail. • Step (2): Equipping a line, • Step (3): Successive expansion with suitable 4 Interactions lines, C2X-based prioritisation offers completely new • Step (4): Expansion of the network. possibilities for optimising traffic control. In chapter 4 the interdependences between different kinds The procedure described above with its four steps of traffic as well as between the different C-ITS is an idealised way of implementing the C2X-based services are presented. public transport prioritisation. In reality, the so-called hybrid operation will be necessary as a temporary Existing interactions between the prioritised traffic solution, i.e. the simultaneous mixed operation types under consideration and public transport between vehicles and traffic lights with conventional prioritisation must be weighed up on a case-by- prioritisation radio technology and systems using case basis in terms of overall optimisation or political C2X-based public transport prioritisation technology.
7 The report closes with a recommendation for action. The consideration of the individual development strands, including the underpinning with the corresponding time horizons for implementation, is based on the developed framework concept, the guidelines and the piloting concept. When implementing the steps outlined in the piloting concept, it must be taken into account that the introduction of C2X-based public transport prioritisation via modern traffic light hardware including RSU on the one hand and OBU in the vehicle on the other hand will only take place gradually. It therefore makes sense to start the individual steps in parallel as far as possible and to synchronise their implementation at certain points. A period of 2-5 years is estimated to be realistic for the implementation of stage 1 as a transitional solution. A period of 5-10 years can be expected to implement stage 2 as the final expansion stage. In a concluding outlook, the fast-moving nature of information technology is highlighted as a motivation to initiate the necessary developments in due time.
9 Inhalt Abkürzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 2.1.3 Braunschweig/Magdeburg (SIRENE) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 1 Bestandsaufnahme ÖPNV- 2.1.4 Hamburg (BiDiMoVe) . . . . . . . . . . . . . . 28 Priorisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 2.1.5 C-ROADS Germany – Urban Nodes . . 28 1.1 Verkehrstechnische Grundlagen 2.2 Systemskizze und System- der ÖPNV-Priorisierung . . . . . . . . . . . . . 15 übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 1.1.1 Meldepunktprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 2.2.1 Systemübersicht C2X-basierte 1.1.2 Steuerungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . 16 ÖPNV-Priorisierung . . . . . . . . . . . . . . . . 28 1.1.3 Sonstige Randbedingungen . . . . . . . . . 16 2.2.2 Eigenschaften der C2X-Technologie . . . 29 1.2 Anforderungskriterien der 2.3 IT-Sicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 ÖPNV-Priorisierung . . . . . . . . . . . . . . . . 17 2.4 Verordnungen, Standards und 1.2.1 Räumliche Anforderungen . . . . . . . . . . . 17 Hinweispapiere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 1.2.2 Zeitliche Anforderungen . . . . . . . . . . . . 17 2.5 Varianten der LSA-Steuerung . . . . . . . . 36 1.2.3 Situationsbedingte Anforderungen . . . . 18 2.5.1 C2X-basierte Priorisierung des ÖPNV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 1.2.4 Fahrzeugseitige Anforderungen . . . . . . 18 2.5.2 C2X-basierte Priorisierung von 1.2.5 Infrastrukturseitige Anforderungen . . . . 18 Einsatzfahrzeugen . . . . . . . . . . . . . . . . 36 1.3 Ortung der ÖPNV-Fahrzeuge . . . . . . . . 18 2.6 Prognosen zur Marktdurchdringung 1.3.1 Wegzählung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 C2X-basierter Systeme . . . . . . . . . . . . . 37 1.3.2 Baken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 3 Rahmenkonzept und 1.3.3 GNSS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 Leitfaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 1.4 Datenübertragungssysteme und 3.1 Tangierende Systeme . . . . . . . . . . . . . . 38 Sensorik im ÖPNV . . . . . . . . . . . . . . . . 20 3.1.1 Tools zur Planung . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 1.4.1 Analogfunk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 3.1.2 Schnittstellen bei der Umsetzung . . . . . 39 1.4.2 Digitalfunk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 3.1.3 Tools zur Evaluierung . . . . . . . . . . . . . . 40 1.4.3 Öffentlicher Mobilfunk . . . . . . . . . . . . . . 23 3.2 Rahmenkonzept . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 1.4.4 Infrarot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 3.2.1 Stufe 1: Übergangslösung – 1.4.5 Weitere Möglichkeiten und Nutzung von CAM . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 Rückfallebenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 3.2.2 Stufe 2: Zielsystem – Nutzung von 1.5 Bestandssysteme der ÖPNV- SREM/SSEM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 Priorisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 3.2.3 Fazit Rahmenkonzept . . . . . . . . . . . . . . 44 1.6 Bewertung der Bestandssysteme 3.3 Leitfaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 der ÖPNV-Priorisierung . . . . . . . . . . . . . 26 3.3.1 Anpassung hinsichtlich Verkehrs- technik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 2 C2X-basierte ÖPNV- 3.3.2 Anpassungen hinsichtlich Verkehrs Priorisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 2.1 Recherche zu Pilotprojekten . . . . . . . . . 26 3.3.3 Machbarkeit und Umsetzungs- 2.1.1 Düsseldorf (KoMoD) . . . . . . . . . . . . . . . 26 hemmnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 2.1.2 Kassel (VERONIKA) . . . . . . . . . . . . . . . 27 3.3.4 Fazit Leitfaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49
10 4 Wechselwirkungen . . . . . . . . . . . . . . . 50 4.1 Wechselwirkungen zwischen den Verkehrsarten . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 4.1.1 Priorisierung des Öffentlichen Verkehrs mittels C2X-Technologie (SREM/SSEM) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 4.1.2 Priorisierung weiterer Verkehrsarten . . 51 4.1.3 Wechselwirkungen zwischen Verkehrsarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 4.2 Wechselwirkungen zwischen den C-ITS Services . . . . . . . . . . . . . . . . 53 4.2.1 Überblick über C-ITS Services . . . . . . . 53 4.2.2 TSP – Traffic Signal Priority . . . . . . . . . 54 4.2.3 GLOSA – Green Light Optimal Speed Advisory . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 4.2.4 PVD – Probe Vehicle Data . . . . . . . . . . 55 5 Pilotierungskonzept und Handlungsempfehlungen . . . . . . . . . . 55 5.1 Pilotierungskonzept . . . . . . . . . . . . . . . . 55 5.1.1 Schritt (1): Analyse des Linien- netzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 5.1.2 Schritt (2): Ausrüstung einer Linie . . . . . 57 5.1.3 Schritt (3) & Schritt (4): Sukzessive Erweiterung sinnvoller Linien bis hin zum Netzausbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 5.1.4 Hybride Umsetzung der einzelnen Schritte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 5.2 Handlungsempfehlungen . . . . . . . . . . . 58 5.3 Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 Bilder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 Tabellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63
11 Abkürzungen 2G 2. Generation, hier Mobilfunk → GRPS DLC IEEE 802.11p: Data Link Control 3G 3. Generation, hier Mobilfunk → UMTS DMO Funk: Direct Mode 4G 4. Generation, hier Mobilfunk → LTE DRM Digital Radio Mondiale AB Abmeldung EA PKI: Enrolment Authority (PKI-Betreiber) AT PKI: Authorisation Ticket BOS Behörden mit Sicherheitsaufgaben EC PKI: Enrolment Credentials BOStrab Straßenbahn-Bau- und Betriebsordnung ECC PKI: Elliptic Curve Cryptography BSI Bundesamt für Sicherheit in der ECTL PKI: European Certificate Trust List Informationstechnik ELA Elektronische Lautsprecheransage BSS Basic Service Set (WLAN 802.11) EM European Modifikation BTP IEEE 802.11p: Basic Transport Protocol ETSI European Telecommunications C2X Fahrzeug-Fahrzeug- oder Fahrzeug- Standards Institute Infrastruktur-Kommunikation EVA C2X: Emergency Vehicle Approaching C2C-CC CAR 2 CAR Communication Consorti- um EVP Emergency Vehicle Priority CAM C2X: Cooperative Awareness Message FMS Flotten-Management-Schnittstelle CA PKI: Certificate Authority GLONASS GLObalnaya NAvigatsionnaya Sput nikovaya Sistema, spezifische Aus- CDD C2X: Common Data Dictionary, Ver- prägung eines → GNSS zeichnis gemeinsam genutzter Daten typen GLOSA C2X: Green Light Optimal Speed Advisory CP PKI: Certificate Policy GNSS Global Navigation Satellite System CPM C2X: Collective Perception Message (engl. globales Navigationssatelliten CRL PKI: Certificate revocation list system) (Zertifikatssperrliste) GPRS General Packet Radio Service CTL PKI: Certificate trust list (Zertifikats- GPS Global Positioning System, spezifi- Vertrauensliste) sche Ausprägung eines → GNSS C-V2X Cellular-V2X HA Hauptanmeldung DACH Deutschland/Österreich/Schweiz HET Hilfseinschalttaste DC PKI: Distribution Center (Verteilungs- center) H QML Hinweise zum Qualitätsmanagement an Lichtsignalanlagen DCC Decentralised Congestion Control (Überlastkontrolle des WLANp Nach- HSM PKI: Hardware Security Module richtenkanals) (Hardware-Sicherheitsmodul) DENM C2X: Decentralised Environmental Noti- IBIS-IP → IP basiertes Integriertes Bordinfor- fication Messages-Gefahrenwarnung mationssystem
12 IEEE Institute of Electrical and Electronic OCB Outside the Context of a BSS Engineers (Ad-Hoc-Modus im WLAN IEEE802.11) IMU Induktive Meldungsübertragung OCIT Open Communications Interface IP Internetprotokoll OCIT-C OCIT Center ISO International Organization for OCIT-LED OCIT LED Standardisation OCIT-O OCIT Outstation ITCS Intermodales Transport Control System, OIVD OCIT-Instations Versorgungsdaten früher → RBL ÖPNV Öffentlicher Personennahverkehr ITS Intelligent Transport Systems; englischer Begriff für → IVS OSI Open Systems Interconnection model, Schichtenmodell für Netzwerke ITS-G5 ETSI Spezifikationen für ITS im 5GHz- Band PDU Protocol Data Unit (vollständige Nach- richt eines bestimmten OSI-Layers) ITS PDU Vollständige Facilities-Layer-Nachricht im ITS-Kontext → ITS → PDU PHY OSI/IEEE 802.11p: Physical Layer, Physische Schicht IV Individualverkehr (→ Pkw, Fahrrad, Motorrad, Fußverkehr…) PKI Public-Key-Infrastruktur (Zertifikat system) IVI C2X: Infrastructure to Vehicle Information, Bezeichnung für den PVD C2X: Probe Vehicle Data C-ITS Service, sowie für den Inhalt der → IVIM RBL Rechnergestütztes Betriebsleitsystem, veraltete Bezeichnung für → ITCS IVIM C2X: Infrastructure to Vehicle Information Message RCA PKI: Root CA IVS Intelligente Verkehrssysteme; RCA-CTL PKI: RCA Certificate Trust List (Wurzel- deutscher Begriff für → ITS zertifikate-Vertrauensliste) IVS C2X: In-Vehicle Signage (im Kontext RiLSA Richtlinien für Lichtsignalanlagen C-ITS Services) RSU Road Side Unit LLC IEEE 802.11p: Logical Link Control RTCM Radio Technical Commission for LSA Lichtsignalanlage Maritime Services, Normung von GNSS Korrekturinformation LTE Long Term Evolution RTCMEM C2X: RTCM Extended Message, ETSI MAC OSI/IEEE 802.11p: Media Access Cont- ITS-G5 Nachricht zur Verbreitung von rol RTCM Korrekturinformation MAP C2X: Topologiebeschreibung, Inhalt der RWW C2X: Road Works Warning → MAPEM SAE Society of Automive Engineers MAPEM C2X: MAP (Topology) Extended Messa- ge SDS Short Data Service MVW C2X: Maintenance Vehicle Warning SPAT C2X: Signal Phase and Timing, Inhalt der → SPATEM O-Bus Oberleitungs-Bus SPATEM C2X: Signal Phase and Timing OBU Onboard Unit Extended Message
13 SREM C2X: Signal Request Extended Message SRM C2X: Signal Request Message, Inhalt der Europäischen →SREM SSEM C2X: Signal Status Extended Message SSM C2X: Signal Status Message, Inhalt der Europäischen → SSEM SSP PKI: Service Specific Permission SWD C2X: Shock Wave Damping TC Traffic Class (Priorisierungsstufen für ETSI ITS-G5 Nachrichten) TDMA Time Division Multiple Access (Zeitmulti plexverfahren, Zeitschlitzverfahren) TETRA Terrestrial Trunked Radio TJW C2X: Traffic Jam Ahead Warning TLP C2X: Traffic Light Prioritisation TSP C2X: Traffic Signal Priority TV Television (engl. Fernseher) UKW Ultrakurzwelle UMTS Universal Mobile Telecommunications System, Mobilfunkstandard der 3. Gene- ration → 3G VA Voranmeldung VDV Verband deutscher Verkehrsunterneh- men, früher → VÖV VÖV Verband öffentlicher Verkehrsunterneh- men, heute → VDV VR Verkehrsrechner; oft als Synonym für Lichtsignalanlagensteuerungszentrale VRU C2X: Vulnerable Road User VTU Verkehrstechnische Unterlagen oder Verkehrstechnische Untersuchung WLAN Wireless Local Area Network
15 1 Bestandsaufnahme ÖPNV- bahnen), da sich hier die Restfahrzeit bis zur Halt linie sehr gut vorab bestimmen und in der LSA-Steu- Priorisierung erung berücksichtigen lässt. In diesem Kapitel erfolgt die Bestandsaufnahme zur Da eine solche ungestörte Fahrt nicht immer wahr- ÖPNV-Priorisierung an Lichtsignalanlagen (LSA) im scheinlich ist, z. B. bei unregelmäßigen Rückstau- DACH-Raum. Dabei wird der allgemeine Stand der längen vor der LSA, kann mit einer Kombination Technik am Beispiel der Systeme beschrieben, wel- aus Vor- (VA) und Hauptanmeldung (HA) eine Ver- che momentan eine große Verbreitung gefunden feinerung der Restfahrzeitprognose bis zur Haltlinie haben. Neben diesen standardisierten Systemen erreicht werden. gibt es darüberhinausgehend mitunter sehr kreative Umsetzungen, die in Einzelfällen eine praktikable Eine Herausforderung sind variierende Fahrgast- und kostengünstige Lösung darstellen. Diese Ein- wechselzeiten eines ÖPNV-Fahrzeuges an einer zelfälle werden aufgrund der fehlenden Allgemein- Haltestelle im Annäherungsbereich einer LSA. Hier gültigkeit in dieser Studie nicht berücksichtigt. können Spannweiten von gar keiner Haltezeit (Durchfahrt) bis zu sehr langen Haltezeiten (z. B. durch Rollstuhl und Rollator-Nutzende oder Warten 1.1 Verkehrstechnische Grundlagen auf Anschlüsse) auftreten. Wird innerhalb dieser va- der ÖPNV-Priorisierung riierenden Haltezeiten die Freigabe für den ÖPNV gehalten, obwohl dieser noch gar nicht abfahrbereit 1.1.1 Meldepunktprinzip ist, kommt es zu erheblichen Beeinflussungen der anderen Verkehrsströme an der LSA sowie der ge- Die Nutzung der sogenannten Meldepunktketten samten Leistungsfähigkeit des Knotenpunktes. Da- als Meldeprinzip zur ÖPNV-Priorisierung hat sich im DACH-Raum umfassend etabliert. Dabei erfolgt bei wird nicht nur der Individualverkehr (IV) negativ die Übertragung von Nachrichten zwischen ÖPNV- beeinflusst, auch andere ÖPNV-Fahrzeuge können Fahrzeugen und LSA punktweise an definierten hierdurch beeinträchtigt werden. Deshalb wird bei Wegpunkten. Es werden die in Bild 1-1 dargestell- Haltestellen im Annäherungsbereich einer LSA zu- ten Meldepunkte unterschieden (VDV Ausschuss sätzlich die Abfahrbereitschaft durch das Schließen für Telematik und Informationssysteme (ATI) 2014): der Türen mittels Türkriterium (Tür) als weiterer Meldepunkt genutzt. Das Türkriterium kann die Mel- • optional Voranmeldung (VA), depunkte ersetzen oder ergänzen. Das Kriterium Tür kann innerhalb einer Meldepunktkette flexibel • Hauptanmeldung (HA), eingesetzt werden. Sogar die Nutzung als Abmel- • optional Türkriterium (Tür), dung (z. B. bei dynamischen Halteinseln) ist mög- lich. • Abmeldung (Ab). Eine Verfolgung eines ÖPNV-Fahrzeuges zwischen Die einzelnen Meldepunkte bilden zusammen eine den definierten Meldepunkten ist für die LSA-Steu- Meldepunktkette. Die kleinste Meldepunktkette be- erung nach heutigem Stand der Technik nicht mög- steht in der Regel aus einer Hauptanmeldung (HA) lich. Die simulierte Annäherung erfolgt über Zeit- und einer Abmeldung (Ab). Das reicht aus, wenn zähler, welche innerhalb der Steuerung als eine Art zwischen dem Ort der Anmeldung und der Haltlinie Countdown rückwärtslaufen. Dieses Extrapolieren eine nahezu ungestörte Fahrt angenommen wer- führt gerade bei Abweichungen der tatsächlichen den kann (z. B. bahneigener Körper bei Straßen- Fahrzeit gegenüber der planerischen Fahrzeit zu verfrühten oder verspäteten Freigaben. Da es vorkommen kann, dass die Übertragung einzelner Meldepunkte in einer Meldepunktkette fehlschlägt, muss die LSA-Steuerung auch mit übersprungenen Meldepunkten umgehen können. Ausbleibende Meldepunkte – besonders kritisch ist eine fehlende Abmeldung – darf beispielsweise nicht dauerhaft zum Halten einer ÖPNV-Phase füh- Bild 1-1: Meldepunktprinzip ren und wird heute durch Timeouts, sogenannte
16 Zwangsabmeldungen, unterbunden. Wäre dies Die LSA selbst ist in der Regel im Eigentum und nicht der Fall, würde die Gesamtleistungsfähigkeit Verantwortung des jeweiligen Straßenbaulastträ- des LSA-Knotenpunkts signifikant sinken. gers. Baulastträger ist das jeweilige Bundesland (für Bundes-, Landes- und Staatsstraßen), der Kreis (Kreisstraßen) oder die Kommune (übrige öffentli- 1.1.2 Steuerungsverfahren che Straßen). Steuerungsverfahren dienen der Beschreibung des Komponenten zur ÖPNV-Bevorrechtigung – z. B. Ablaufs von Signalprogrammen. Darin enthalten der Empfänger für Funkmeldungen – können so- sind Art, Umfang und Zusammenwirken von verän- wohl vom Baulastträger beschafft und betrieben derbaren Steuerungsgrößen und Signalprogramm werden als auch Beistellungen des jeweiligen elementen. Unterschieden werden Steuerungsver- ÖPNV- Unterens sein. Bei Beistellungen werden fahren in der Art, wie Verkehrsströme gesteuert überwiegend gemeinsame Steuerschränke genutzt, werden und wie stark Signalprogrammelemente teilweise müssen aber auch separate Steuerschrän- beeinflusst und verändert werden können. (For- ke für den ÖPNV-Empfänger errichtet werden. schungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrs wesen, Arbeitsgruppe Verkehrsmanagement 2015) Weitere Beteiligte sind die Signalbaufirmen, die im Auftrag des Straßenbaulastträgers die LSA errich- Grundsätzlich gibt es dabei die Möglichkeit der zeit- ten und ggf. auch warten und betreiben. plan- oder verkehrsabhängigen Aktivierung auf ma- kroskopischer Ebene. Auch die Steuerung der Ko- Die eigentlichen LSA-Programme und deren Ab ordinierung (Grüne Welle) erfolgt auf dieser Steue- läufe werden im Rahmen der Erstellung der Ver- rungsebene. Dabei werden Freigabezeiten hinterei- kehrstechnischen Unterlagen (VTU) definiert. Die nanderliegender Signalisierungsquerschnitte durch VTUs werden vom Baulastträger, von den Signal- geeignete Zeitversätze aufeinander abgestimmt. baufirmen oder externen Ingenieurbüros erstellt und von der Straßenverkehrsbehörde angeordnet. Auf der mikroskopischen Ebene wird zwischen Festzeitsteuerung sowie regelbasierter und modell- Seit den RiLSA 2010 ist das Qualitätsmanagement basierter verkehrsabhängiger Steuerung unter- wesentlicher Aufgabenbestandteil beim Betrieb ei- schieden. Die Festzeitsteuerung dient einerseits als ner LSA – sowohl allgemein als auch in Bezug auf Rückfallebene und bildet andererseits die Grundla- die ÖPNV-Beschleunigung. Insbesondere ist da- ge zur Planung der verkehrsabhängigen Steuerung. mit eine Aussage zur Wirksamkeit von ÖPNV- Die Umsetzung der Priorisierung des Öffentlichen Beschleunigungsmaßnahmen möglich. Eine Quali- Verkehrs wird innerhalb des verkehrsabhängigen tätssicherung ist manuell sehr aufwendig und kaum Steuerungsverfahren regelbasiert oder modellba- leistbar. Deshalb sind technische Systeme zur Qua- siert umgesetzt. Das Signalprogramm kann dabei litätssicherung unerlässlich. Dennoch werden sol- über eine Anpassung der Freigabe- und Versatz- che bei weitem noch nicht flächendeckend einge- zeit, Phasentausch oder Phasenanforderung an die setzt. Daraus lässt sich ableiten, dass ein Qualitäts- Verkehrssituation adaptiert werden. Kenngrößen management – trotz der Forderung in der RiLSA – für die Steuerung können direkt oder indirekt ge- häufig nicht oder zumindest nicht vollumfänglich messen werden. Zu den direkten Kenngrößen ge- stattfindet. Um die Einführung und Anwendung ei- hören die Zeitdauer seit der Anforderung, die Zeitlü- nes Qualitätsmanagements für Lichtsignalanlagen cke sowie der Belegungsgrad. Indirekte Kenngrö- zu erleichtern, wurde ein gleichnamiger Leitfaden ßen können beispielsweise mittlere Wartezeiten veröffentlicht (Leitfaden Qualitätsmanagement für oder Staulängen sein. Lichtsignalanlagen) sowie durch die H QML-Hin- weise zum Qualitätsmanagement an Lichtsignalan- lagen (Forschungsgesellschaft für Straßen- und 1.1.3 Sonstige Randbedingungen Verkehrswesen, Arbeitsgruppe Verkehrsmanage- ment 2014) erweitert. Wesentliche weitere Randbedingungen sind bspw. auch die Eigentumsverhältnisse und die Verant- Insgesamt gibt es keine deutschlandweit einheitli- wortlichkeiten im Umfeld einer LSA. Davon sind vor- che Struktur zur Realisierung der ÖPNV-Priorisie- wiegend organisatorische und finanzielle Aspekte rung. Die Strukturen und Prozessabläufe unter- zur Umsetzung einer ÖPNV-Bevorrechtigung ab- scheiden sich von Bundesland zu Bundesland, von hängig. Kreis zu Kreis und von Kommune zu Kommune.
17 Auch ist der Ausrüstungsgrad der einzelnen Regio- der Übertragung und der Datenverarbeitung im nen unterschiedlich und je nach Alter sind die Licht- LSA-Steuergerät berücksichtigt werden. signalanlagen auf einem anderen technischen Stand. So gibt es laut einer deutschlandweiten Im städtischen Umfeld erfolgen die ersten LSA-Mel- Studie einen Unterschied in der Altersstruktur der dungen (VA) eines ÖPNV-Fahrzeuges daher häufig Anlagen zwischen alten und neuen Bundesländern, zwischen 200 und 300 m vor einer LSA. Bei höhe- wobei in den alten Bundesländern das Durch- ren Geschwindigkeiten (z. B. bei bahneigenem Kör- schnittsalter bei den 48 angefragten Kommunen bei per) oder komplexeren Knotenpunktsteuerungen 12,5 Jahren lag (LEUPOLD 2014). Dies zeigt auch, mit mehreren konkurrierenden Randbedingungen dass zukünftig vermehrt Lichtsignalanlagen wegen innerhalb des Steuerungsprogramms zur Schaltung ihres Alters ersetzt werden müssen, was dort den der Freigabe für das ÖPNV-Fahrzeug sind in selte- Einsatz von C2X-basierter ÖPNV-Beschleunigung nen Fällen aber auch Entfernungen bis zu 800 m auf modernen Steuergeräten ermöglicht. Entspre- denkbar. chende Lösungsvarianten sind aber nicht ohne wei- teres aufeinander übertrag- und anwendbar, son- Von einem System zur funktechnischen Meldungs- dern immer im jeweiligen Kontext zu prüfen. übertragung zwischen ÖPNV-Fahrzeug und LSA müssen aktuell im Normalfall Entfernungen zwi- schen 200 m und 300 m und in Ausnahmen von bis zu 800 m zuverlässig realisiert werden können. 1.2 Anforderungskriterien der ÖPNV-Priorisierung Neben der Entfernung ist auch die Genauigkeit der Aussendung entscheidend, um im LSA-Programm Die Anforderungen an Systeme zur ÖPNV-Priorisie- die ÖPNV-Phase zeitgerecht schalten zu können. rung werden in räumliche, zeitliche, situationsbe- Das Aussenden der LSA-Meldung vom Fahrzeug dingte, fahrzeugseitige und infrastrukturseitige Kri- sollte mit einer maximalen Abweichung von ± 5 m terien unterschieden. um den in der VTU projektierten Meldepunkt er folgen. Diese Genauigkeitsanforderung entspricht auch den Anforderungen an ITCS-Systeme (Inter- 1.2.1 Räumliche Anforderungen modales Transport Control System) aus der VDV- Wesentliches Merkmal der räumlichen Anforderung Schrift 730 (VDV Ausschuss für Telematik und Infor- ist es, dass eine Meldung vom ÖPNV-Fahrzeug an mationssysteme (ATI) 2015). die LSA so rechtzeitig erfolgt, dass das LSA-Steuer- programm in der Lage ist, in die entsprechende ÖPNV-gerechte Phase zu wechseln. Dies sollte so 1.2.2 Zeitliche Anforderungen erfolgen, dass das ÖPNV-Fahrzeug möglichst die Nach dem Aussenden vom Fahrzeug muss eine Geschwindigkeit beibehalten kann. Meldung zeitnah an der LSA eintreffen, um dort zeit- Die Entfernung der ersten Meldung an der LSA re- gerecht die ÖPNV-Priorisierung schalten zu kön- sultiert aus der Annäherungsgeschwindigkeit und nen. Entscheidend ist hier sowohl die Zeitdauer der der Reaktionsfähigkeit des LSA-Programms. Die Übertragung als auch die Steuerungslogik der LSA. Werte sind abhängig von der konkreten Situation an einer LSA und werden im Rahmen der Verkehrstech- Eine kurze Zeitdauer ist aus Sicht des ÖPNV vor al- nischen Untersuchungen (VTU) detailliert bestimmt. lem beim Türsignal (Tür) notwendig, da hier an- sonsten eine Verlustzeit in Höhe der Übertragungs- Die Mindestentfernungen ergeben sich durch ver- zeit entsteht. Aus Sicht der anderen Verkehrsteil- schiedene Zeitanteile, welche von einer LSA benö- nehmer ist eine kurze Zeitdauer insbesondere bei tigt werden, um ein ÖPNV-Fahrzeug bei der Annä- der Abmeldung (AB) notwendig, da sonst die ÖPNV- herung möglichst ohne Halt oder Verzögerung über Phase unnötig lang gehalten wird und somit Ver- den Knotenpunkt zu führen. Um eine ungehinderte lustzeiten für die anderen Verkehrsteilnehmer ent- Fahrt des ÖPNV-Fahrzeugs gewährleisten zu kön- stehen können. Bei Vor- (VA) und Hauptanmeldun- nen, muss die Mindestfreigabezeit einer feindlichen gen (HA) ist eine längere Zeitdauer jedoch weniger Phase, deren Zwischenzeit zur ÖPNV-Phase (situa- kritisch, da dieser Effekt durch eine Vorverlegung tionsabhängig je nach aktueller Gegebenheit meh- der Meldepunkte um eine entsprechende Meterzahl rere Sekunden) sowie die technische Reaktionszeit ausgeglichen werden kann.
18 Ausgehend von der Genauigkeitsanforderung von dardisierte Schnittstelle bietet die Flotten-Manage- ± 5 m (siehe Kapitel. 1.2.1) und bei einer Geschwin- ment-Schnittstelle (FMS), welche fahrzeugspezifi- digkeit von bis zu 50 km/h im städtischen Umfeld sche Parameter wie die aktuelle Geschwindigkeit sollte die Zeitdauer einer Übertragung 500 ms nicht oder den Status der Türen beinhaltet. Der vollstän- überschreiten. dige Funktionsumfang ist in der „FMS-Standard description“ festgelegt (ACEA Task Force HDEI/ BCEI 2017). 1.2.3 Situationsbedingte Anforderungen Eine LSA-Steuerung kann den ÖPNV nur dann 1.2.5 Infrastrukturseitige Anforderungen optimal priorisieren, wenn der Standort und die An- näherungsgeschwindigkeit des ÖPNV-Fahrzeuges Seitens der Infrastruktur, d. h. speziell der LSA, genau bekannt sind und den planerischen Vorga- muss ein ÖPNV-Empfangsmodul installiert werden. ben entspricht. Zur Verbesserung der Genauigkeit Dieses sollte vorzugsweise in die vorhandenen sollten zusätzlich Fahrplan, Fahrweg und Linien- LSA-Schaltschränke integriert werden können. Im nummer übertragen werden. Im Idealfall wird die Idealfall sind außerhalb des LSA-Schaltschranks Annäherung des ÖPNV-Fahrzeuges kontinuierlich keine Maßnahmen erforderlich und es können vor- überwacht und in der LSA-Steuerung entsprechend handenen Komponenten (z. B. zukünftige RSUs) berücksichtigt. Dies ist aufgrund der beschriebenen mitverwendet werden. Müssen Komponenten au- Meldepunktketten mit den aktuellen Verfahren zur ßerhalb des Schaltschranks installiert werden – ÖPNV-Priorisierung nicht möglich. z. B. Antennen etc. – entstehen in der Regel hohe Aufwendungen für Tiefbau bzw. zur Kabeldurchfüh- rung. 1.2.4 Fahrzeugseitige Anforderungen Die fahrzeugseitigen Anforderungen werden durch viele externe Randbedingungen bestimmt. Trotz 1.3 Ortung der ÖPNV-Fahrzeuge der Größe von ÖPNV-Fahrzeugen ist der Einbau- Voraussetzung für die Übertragung von ÖPNV-An- platz für elektronische Systeme verhältnismäßig forderungen an die LSA ist die ausreichend exakte beschränkt und vielfach bereits durch andere Sys- Eigenortung des ÖPNV-Fahrzeugs. Nur bei einer teme wie z. B.: ITCS-Bordrechner, Radio, Elektroni- genauen Ortung kann das Fahrzeug die entspre- sche Lautsprecheranlage (ELA), Steuergerät für chenden Meldungen zeit- und ortsgerecht an die Außenanzeigen etc. belegt. Auch sind heute in der LSA senden. Dies wird bei einer Genauigkeit von Regel bereits verschiedenen Antennen auf dem ± 5 m erreicht (siehe Kapitel 1.2.1). Für die Ortung Fahrzeug montiert (GNSS, WLAN, Mobilfunk, UKW- finden aktuell unterschiedliche Methoden Anwen- Radio etc.). Deshalb ist es in jedem Fall sinnvoll dung, welche nachfolgend erklärt werden. Dies sind und notwendig, vorhandene Komponenten mit zu Verfahren der logischen Ortung wie Wegzähler, nutzen und zusätzliche Komponenten für die Baken, Infrarotbaken oder induktive Baken sowie ÖPNV-Priorisierung soweit wie möglich zu reduzie- satellitengestützte Systeme (GNSS). Die genann- ren. Insbesondere sollten bereits auf dem Fahrzeug ten Verfahren werden oft auch in Kombination ein- vorhandene Informationen (z. B. GNSS-Standort, gesetzt. Geschwindigkeit, Türstatus) über standardisierte Schnittstellen gemeinsam verwendet werden. Als Schnittstelle könnte beispielsweise der nach der 1.3.1 Wegzählung VDV-Schrift 301-1 (VDV Ausschuss für Telematik und Informationssysteme (ATI) 2014) definierte Ein älteres Prinzip zur Ortung eines ÖPNV-Fahr- Standard für das Internetprotokoll basierte integrier- zeuges ist die Wegzählung auf dem bekannten Lini- te Bordinformationssystem IBIS-IP genutzt werden. enweg. Ausgehend von der ersten Haltestelle im Hier werden viele Informationen vor allem mit Fokus Fahrtverlauf – deren Erreichen manuell durch das auf Fahrgastinformation im ÖPNV-Fahrzeug vorge- Fahrpersonal bestätigt wird – wird der zurückgeleg- halten und verwaltet, wobei auch Informationen zur te Weg gezählt. Da die Entfernungen zu den nächs- Linie, des Kurses, der aktuellen Fahrplanlage oder ten Haltestellen oder Aktionspunkten (z. B. LSA- der Ortung für die Generierung von LSA-Telegram- Meldepunkt) in den Daten des Bordrechners hinter- men verwendet werden können. Eine weitere stan- legt sind, ist jederzeit eine exakte Ortung auf dem
19 geplanten Fahrweg möglich. Das Fahrzeug wird so- Grundsätzlich können Baken als alleinige Ortung mit logisch auf dem geplanten Fahrwegverlauf ge- genutzt werden, allerdings entsteht dann ein hoher ortet. Aufwand (eine Bake pro LSA-Meldepunkt). Deshalb werden Baken in der Regel mit dem Wegzähler (→ Die Wegzählung unterliegt gewissen Ungenauigkei- Kapitel 1.3.1) kombiniert, sodass eine Bake eine ten. So kann z. B. ein Bus eine Kurve enger oder ganze Meldepunkttabelle für den folgenden Stre- weiter durchfahren. Bei Schienenfahrzeugen kön- ckenabschnitt enthält. Die Baken übernehmen nicht nen z. B. durchdrehende (schleudernde) oder blo- nur die Ortungsfunktion, sondern auch die Daten- ckierende (gleitende) Räder die Zählung verfäl- versorgung, wo welche Meldepunkte zu senden schen. Deshalb erfolgt in der Regel an Haltestellen sind. In allen anderen Ortungssystemen müssen nach Freigabe der Türen eine Synchronisation auf die Ortsbezüge der LSA-Meldepunkte vorweg in die planmäßige Weglänge im Linienverlauf. Dabei der Fahrplanung auf dem jeweiligen Fahrwegab- dürfen ungeplante Halte außerhalb von Haltestellen schnitt definiert werden. sowie Doppelhaltestellen mit unklarer Halteposition nicht zur Synchronisation genutzt werden, da dies Zusätzlich können Informationen zum unmittelbar zu einem Ortungsfehler führt. folgenden Fahrtverlauf enthalten sein, z. B. die auszusendenden LSA-Meldepunkte im folgenden Aufgrund der hohen Anfahrgenauigkeit und insbe- Streckenabschnitt, Informationen zur Ansteuerung sondere bei Stadt- und Straßenbahnen häufig exakt von Ansagen für die Fahrgäste, Ausstiegsseite und vorgegebenen Haltepositionen kann mit der logi- Ausstiegshöhe der folgenden Haltestelle etc. schen Ortung eine sehr hohe Genauigkeit (± 2 Me- ter) erreicht werden. Bei Bussen mit nicht so exakt In Kombination mit dem Wegzähler werden sehr definiertem Fahrweg sind im städtischen Bereich in hohe Ortungsgenauigkeiten (± 5 Meter) erreicht. der Regel noch bis zu ± 10 Meter möglich. Bei mehr- Vorteilhaft ist insbesondere, dass die Ortungsge- fach inexakten Fahrwegen (z. B. mehreren Kreis- nauigkeit gegenüber der einer Wegzählung (→ Ka- verkehren infolge) oder sehr langen Haltestellenab- pitel 1.3.1) von der Anfahrgenauigkeit z. B. an Dop- ständen und ausgelassenen Halten (z. B. im regio- pelhaltstellen entkoppelt werden kann. Gegenüber nalen Busverkehr) kann die Abweichung jedoch der satellitenbasierten Ortung (→ Kapitel 1.3.3) be- auch wesentlich höher ausfallen. sitzen Baken den Vorteil, dass diese auch in vom Satellitensignal abgeschatteten Bereichen (Tun- Die Wegzählung kann als alleiniges Ortungssystem neln, Bahnhofshallen, Häuserschluchten) sehr ge- eingesetzt werden. Allerdings erfordert das System nau funktionieren. beim Verlassen des geplanten Fahrweges einen manuellen Eingriff durch das Fahrpersonal, da die Infrarotbaken Wegabweichung nicht automatisch erkannt werden kann. Deshalb wird die Wegzählung heute in der Am weitesten verbreitet sind Infrarotbaken, da die- Regel mit Baken (→ Kapitel 1.3.2) oder einer satel- se von Bus und Bahn gleichermaßen gelesen wer- litengestützten Ortung (→ Kapitel 1.3.3) kombiniert. den können. Sie werden gemäß Vorgabe der VDV- Schrift in einem vorgegebenen Winkel montiert. Die In einigen Systemen wird auch bereits auf die klas- Infrarotbaken verfügen in der Regel über eine autar- sische Wegzählung verzichtet. Dies reduziert den ke Energieversorgung, z. B. Langzeitbatterien (Le- Installationsaufwand im Fahrzeug, da kein Weg bensdauer > 10 Jahre) oder akkugepufferten Solar- impulssignal notwendig ist. zellen. Infrarotbaken können sehr einfach an häufig ohne- 1.3.2 Baken hin vorhandenen Masten (Straßenbeleuchtung, Oberleitungsmasten, Verkehrszeichen) befestigt Baken sind an festen Punkten im Liniennetz instal- werden. Alternativ kann ein eigener Mast zu verhält- liert. Zwischen ÖPNV-Fahrzeugen und Baken kön- nismäßig geringen Kosten (Punktfundament, ver- nen während der Vorbeifahrt Informationen in gerin- nachlässigbare Windlast) errichtet werden. gem Umfang (wenige Bytes) ausgetauscht werden. Dies ist in der Regel eine im jeweiligen Verkehrs- Bei Infrarotbaken handelt es sich um ein optisches netz eindeutige Ortskennung (VDV Ausschuss für Übertragungsverfahren. Das Verfahren ist damit Telematik und Informationssysteme (ATI) 1993). anfällig für externe Störungen. Das System kann
20 bei extremer Witterung (hohe Luftfeuchtigkeit, Ver- messung zu drei Punkten. Dabei wird der Abstand eisung) gestört werden. Außerdem können die Sen- zu drei Satelliten bestimmt, in deren Schnittpunkt soren durch Grünwuchs und durch große Fahrzeu- sich die eigene Position befindet. Ein vierter Satellit ge (z. B. Lkw während des Be- und Entladens) ver- ist für die Synchronisation der Zeit notwendig deckt werden. Hier sind ggf. zusätzliche organisato- (MANSFELD 1998). rische Maßnahmen (Grünpflege, Halteverbote und Überwachung) notwendig. Das am weitesten verbreitete und bekannte System ist dabei GPS (Global Positioning System) des Ver- Infrarotbaken sind heute noch weitverbreitet im Ein- teidigungsministeriums der USA. Offiziell in Betrieb satz. Durch Abkündigung seitens eines großen Her- ist es seit 1995 und wurde nach einer anfangs rein stellers ist die Verfügbarkeit von Ersatzteilen und militärischen Nutzung auch für zivile Zwecke zur Neulieferungen bereits heute sehr eingeschränkt Verfügung gestellt. Im Einsatz sind dabei aktuell 32 bzw. kostenintensiv. Deshalb ist die Infrarotbake aktive Satelliten. eine Auslauftechnologie und wird zunehmend durch alternative Ortungsverfahren wie z. B. GNSS (→ Das europäische Pendant zu GPS ist Galileo. Es Kapitel 1.3.3) ersetzt. Dennoch werden einige Be- soll genauer als GPS und das russische GLONASS standssysteme noch über viel Jahre Infrarotbaken sein und dient primär ziviler Nutzung. Seit Anfang einsetzen. 2019 ist es mit 26 Satelliten nutzbar. Das System GLONASS (GLObalnaya NAvigatsi- Induktive Baken onnaya Sputnikovaya Sistema) wird von der russi- schen Raumfahrtbehörde Roscosmos betrieben Induktive Baken nutzen Koppelspulen am Fahrzeug und dient wie GPS sowohl für militärische als auch und an der Strecke zur induktiven Meldungsüber- für zivile Zwecke. Für die Ortung stehen 27 Satelli- tragung (IMU). Aufgrund der notwendigen exakten ten zur Verfügung. Ausrichtung der Antennen zwischen Fahrzeug und Strecke ist das Verfahren nur für Schienenfahrzeu- Seit 2004 existiert das chinesische Satellitennavi- ge geeignet. Durch die induktive Übertragung ist gationssystem BeiDou. BeiDou arbeitet mit 12 Sa- das System sehr robust und zuverlässig und weit- telliten, die Nutzung war allerdings auf große Teile gehend unabhängig von äußeren Einflüssen (z. B. Asiens und den Pazifikraum begrenzt. Seit Beginn Witterung). des Jahres 2019 ist es auch weltweit nutzbar. Nachteilig bei induktiven Baken ist der hohe Auf- Stand der Technik sind heute GNSS-Empfänger, wand für Einbau und Pflege. Insbesondere in stra- die mehrere dieser Systeme gleichzeitig nutzen, um ßenbündigen Gleiskörpern entstehen hohe Aufwän- durch die Redundanz eine höhere Genauigkeit zu de für den Tiefbau. Im eigenen offenen Bahnkörper erreichen. Heute eingesetzte GNSS-Empfänger ge- ist die Verlegung einfacher, aber im Vergleich zur ben den Standort bei Bedarf auch mehrmals je Se- Montage von Infrarotbaken immer noch aufwendi- kunde aus, was eine vergleichsweise genaue Or- ger. tung auch bei hohen Geschwindigkeiten ermöglicht. Demgegenüber können induktive Baken die ohne- hin bei Schienenfahrzeugen vorhandenen Einrich- tungen zur Ansteuerung von Weichen nutzen, so- 1.4 Datenübertragungssysteme und dass auf dem Fahrzeug kein zweites System (Infra- Sensorik im ÖPNV rot) installiert werden muss. Die für die ÖPNV-Priorisierung verwendeten Über- tragungstechnologien sind Grundlage für die Über- 1.3.3 GNSS mittlung von Informationen vom ÖPNV-Fahrzeug an die LSA. Die wesentlichen im DACH-Raum ein- Globale Navigationssatellitensysteme (GNSS) die- gesetzten Übertragungssysteme wie Analogfunk, nen allgemein der Positionsbestimmung und Navi- Digitalfunk, Öffentlicher Mobilfunk, Infrarot sowie gation per Satellit. Die Positionierung erfolgt dabei weitere Möglichkeiten werden nachfolgend erläu- mittels Trilateration, der Entfernungs- und Abstands- tert.
Sie können auch lesen