OPER IM FOKUS MÄRZ 2022 - Freunde der Wiener Staatsoper

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OPER IM FOKUS MÄRZ 2022 - Freunde der Wiener Staatsoper
Die Nummer 1 der Opernfreunde

OPER IM FOKUS                                                                    MÄRZ   2022

                                     CHRISTIAN THIELEMANN
                                            ALS KUNSTHISTORIKER

                                             SCHWERPUNKT
                                                 WOZZECK

                                            ETIENNE DUPUIS
                                                IM PORTRAIT

    Maria Yakovleva und Denys Cherevychko
            am 13.3. im Hotel Bristol

             © Andreas Jakwerth
OPER IM FOKUS MÄRZ 2022 - Freunde der Wiener Staatsoper
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OPER IM FOKUS MÄRZ 2022 - Freunde der Wiener Staatsoper
Inhalt
VERANSTALTUNGEN
Seite 5       Christian Thielemann als Kunsthistoriker • Mittwoch 27. April

              Osterfahrt nach Linz zu PARSIFAL • Samstag 16. April

Seite 6       Salon Opéra zu Tristan und Isolde • Freitag 8. April

THEMA Wozzeck
Seite 7       Die historischen Kriminalfälle (RAINHARD WIESINGER)             5
Seite 9

Seite 10
              Georg Büchners literarische Vorlage (RAINHARD WIESINGER)

              Der Weg auf die Opernbühne (RAINHARD WIESINGER)
                                                                                                               7
Seite 12      Rezeption (RAINHARD WIESINGER)

Seite 14      Diskographie (RICHARD SCHMITZ)

PORTRAIT
Seite 16      Etienne Dupuis (RAINHARD WIESINGER)

MEINUNG Seite 4                      Heinz Zednik

MISTERIOSO Seite 6
                                                                                      16
KULINARISCHE                                                                  5 Christian Thielemann © Matthias Creutziger

GENUSSBIBLIOTHEK Seite 25                                                     7 Johann Christian Woyzeck,
                                                                                Kreidelithographie, um 1822,
                                                                                Stadtgeschichtliches Museum Leipzig
                                                                                Quelle: de.wikipedia.org

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Seite 18   Spielplan •   Seite 19   Tipps •   Seite 22   Radio, TV

STRETTA • 2 0 2 2 • M Ä R Z                                                                                           3
OPER IM FOKUS MÄRZ 2022 - Freunde der Wiener Staatsoper
… Liebe Opernfreunde!

                                                                                                       Forum
                                      Meine lieben FREUNDE,
                                      nach schrecklichen Pandemie-Jahren wird hoffentlich wirklich bald Normalität in unser
                                      geliebtes Opernhaus einziehen.
                                      Die nächste Premiere ist Alban Bergs Wozzeck, in einer nach meiner Meinung nicht wirklich
                                      notwendigen Neuinszenierung, weil die alte von Adolf Dresen und Herbert Kapplmüller
                                      ganz hervorragend ist. Aber bitte, warum nicht: Lassen wir uns, was das Regie-Team betrifft,
                      Heinz Zednik überraschen. Beim Dirigat von Philippe Jordan wird es sich ganz sicher wieder um höchste
                      © Terry Linke   Qualität handeln.
Die Besetzung ist ausgezeichnet, hervorheben möchte ich den von mir außerordentlich geschätzten Christian Gerhaher als
Wozzeck, ein hervorragender Singdarsteller, der in dieser Partie keine Wünsche offen lassen wird. Anja Kampe und Jörg Schneider
sind Garanten für eine großartige Ensembleleistung in dieser von mir sehr geliebten Oper von Berg/Büchner. Persönlich ver-
bindet mich mit Wozzeck sehr viel: Immerhin begann ich bereits in der alten Inszenierung als Narr. Wer erinnert sich nicht an
Ludwig, Berry, Dönch, Klein in der Inszenierung von Oscar Fritz Schuh und Caspar Neher?! Später sang ich diese Partie in zahl-
reichen Vorstellungen, in zwei den Andres, rasch einspringend und übernehmend, viele Jahre den Hauptmann, etwa unter dem
Dirigat von Heinrich Hollreiser. Ich erinnere mich noch an seine großartige Schlagtechnik, klar und deutlich, für so ein Stück der
Idealfall. Auch in der bisher letzten, oben bereits erwähnten Inszenierung Dresen/Kapplmüller (mit Grundheber, Behrens,
Haugland, Raffeiner) war ich als Hauptmann dabei. Es waren wirkliche Sternstunden dieses großartigen Werks, dieser großartigen
Dichtung und dieser großartigen Musik. Den Hauptmann sang ich auch in Barcelona, später kehrte ich dann wieder mit großer
Freude zur Rolle des Narren zurück: an der Scala (mit Nigl als Wozzeck, Dirigat: Gatti, Regie: Flimm), an der Dependance der
Berliner Lindenoper, dem Schillertheater (Regie: Bredt, am Pult Barenboim) sowie am Theater an der Wien…
Ich bin also Wozzeck geschult, in drei Rollen!
Passend zum Thema abschließend noch der Hinweis auf unseren beliebten Salon Opéra im Hotel Bristol zu Wozzeck, am 18. März,
wo unser Morten Frank Larsen live singen wird. Tags darauf sind wieder einmal die Kinder dran, mit Donizettis Liebestrank!

Wie immer mit den herzlichsten Grüßen an alle Damen und Herren der Opernfreunde,

Euer Heinz Zednik
                                                                                      © Helene Bauer
                                           © Andreas Jakwerth
© Andreas Jakwerth

                                                                                                       SALON OPÉRA im Hotel Bristol
                                Künstlergespräch
                     MARIA YAKOVLEVA & DENYS CHEREVYCHKO                                                 Fr. 18.3., 16 Uhr: WOZZECK

                             Sonntag, 13. März 14.00 Uhr                                                       Sa. 19.3., 12 Uhr
                                   Hotel Bristol                                                       für KINDER zum LIEBESTRANK

                         Moderation: Susanne Kirnbauer-Bundy                                            Moderation: Thomas Dänemark

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OPER IM FOKUS MÄRZ 2022 - Freunde der Wiener Staatsoper
Christian Thielemann
als Kunsthistoriker
...der Herr Kapellmeister einmal anders: als Kunsthistoriker auf
Spurensuche in Schloss Friedrichstein.

Selbstverständlich wird diese Soiree philharmonisch untermalt werden.

                                                                                          © Matthias Creutziger
                                               Mit 60 Farbtafeln und 200 Schwarz-
                                               weiß-Abbildungen.Herausgegeben von
                                               Christian Thielemann und dem Kunst-
                                               historiker Kilian Heck (Deutscher
                                               Kunstverlag).

                                               Seit Jahren erforschen sie mit Leiden-                    Christian Thielemann
                                               schaft und Akribie die wechselhafte                       & Schloss Friedrichstein
                                               Geschichte des Barockschlosses.                           Mi. 27.4.2022, 18.00 Uhr
                                               Dabei haben sie Erstaunliches ans Licht                   Grand Hotel Wien
                                               gebracht: Entgegen der bisherigen                         Moderation: Thomas Dänemark
                                               Annahme sind bedeutende Teile der
                                               Ausstattung wie prachtvolle Wand-                         € 20 (Mitglieder), € 30 (Gäste),
                                               teppiche und kostbare Gemälde                             Karten ab 19.4. im FREUNDE-Büro
                                               keineswegs verloren, sondern bis
                                               heute gut erhalten.
                                               ISBN-13 : 978-3422073616

                 Richard Wagner PARSIFAL
               16. April 2022, 17.00–22.00 Uhr
                     Landestheater Linz

    Martin Achrainer (Amfortas), William Mason (Titurel)
    Michael Wagner (Gurnemanz), Heiko Börner (Parsifal)
     Adam Kim (Klingsor), Katherine Lerner (Kundry)

                   Bruckner Orchester Linz
                                                                  © Peter Philipp

                    Musikalische Leitung:
                      Markus Poschner
                Inszenierung: Stephan Suschke

                   www.landestheater-linz.at

Parsifal – das ist die Schöpfung, mit der      An der Wiener Staatsoper stand Wagners
sich Richard Wagner als Künstler von           Werk in der Weihnachtszeit auf dem Pro-                   OPERNFREUNDE-Fahrt
der Welt verabschiedete.                       gramm. Zu Ostern wird es erstmals                         nach LINZ zu PARSIFAL
                                               seit Jahrzehnten nicht gespielt.                          Karsamstag,16.4.2022
Inszenieren wird dieses Bühnen-                                                                          Preis pro Person: € 160
weihfestspiel um den Toren Parsifal, der       Daher haben wir für die OPERNFREUNDE
                                                                                                         Anmeldeschluss: 18.3.
sich die Tugend des Mitleidens erarbeitet      am Karsamstag einen Ausflug nach Linz
und so die leidende Ritterschaft, die          organisiert.
den Heiligen Gral hütet, erlösen kann,         Busfahrt: Abfahrt Wien um 14 Uhr bei der                  Bestätigung/Zahlschein per Post
der Linzer Schauspieldirektor                  Oper, Rückkehr nach Mitternacht. Karte
Stephan Suschke.                               in der besten Kategorie inkludiert!

STRETTA • 2 0 2 2 • M Ä R Z                                                                                                                 5
OPER IM FOKUS MÄRZ 2022 - Freunde der Wiener Staatsoper
Misterioso

                                                                                 Misterioso
1. Alban Bergs Gattin Helene         Auflösung Februar
Nahowski soll einen hochgeborenen
„natürlichen“ Vater gehabt haben     1. Wie kam das einstmals blühende
– wen?                               Brügge zu dem Namen „Die tote Stadt“,
                                     und wer erfand ihn?
2. Wer unterstützte Alban Berg       Der Hafen versandete und schnitt Brügge
finanziell bei der Drucklegung       von der Nordsee ab / Romanautor
seiner Wozzeck-Partitur und          Georges Bodenbach (Das tote Brügge).
wie bedankte er sich?
                                     2. Korngolds Tote Stadt enthält neben
3. Alban Bergs Violinkonzert trägt   Mariettas Lied noch einen weiteren
die Widmung „Dem Andenken            „Ohrwurm“. Welchen?
eines Engels“. Wer war gemeint?      Das Tanzlied des Pierrot: „Mein Sehnen,
                                     mein Wähnen“
© Ursula Tamussino
                                     3. Welcher Wiener Opernstar                          Diesmal zu gewinnen
                                     debutierte als Marietta an der
ACHTUNG: ALLE 3 Fragen               Metropolitan Opera in New York?                       Einsendeschluss:
müssen richtig beantwortet werden!   Maria Jeritza
Bitte per Post, FAX oder e-mail:                                                                20.3.2022
verein@opernfreunde.at

                                                    Gewinner
                           Dr. Brigitte Draxler, Dr. Eva Kubalek und Brigitte Zsizsik
             erhalten NEUJAHRSKONZERT der WIENER PHILHARMONIKER 2022 (Sony Classical)

                                                                       Salon Opéra
                                                SALON OPÉRA                      Den Opernbesuchern von heute ist
                                           zu TRISTAN UND ISOLDE                 wahrscheinlich beim Beginn des Vor-
                                           Freitag, 8. April 16.00 Uhr           spiels, mit dem berühmten Tristan-
                                                 Hotel Bristol                   akkord, gar nicht mehr bewusst, wie
                                                                                 revolutionär die harmonische Ge-
                                     Wien nimmt in der Aufführungs-              staltung der Partitur war. Wagner
                                     geschichte von Wagners Tristan und          selbst war sich der Qualität seines Werks
                                     Isolde einen besonderen und vor allem       jedoch schon immer bewusst:
                                     blamablen Platz ein: Die ehrwürdige         „Mein größtes Meisterstück in der Kunst
                                     Hofoper begann im Herbst 1862 mit den       des feinsten allmählichsten Überganges
                                     Vorbereitungen für die Uraufführung,        ist gewiss die große Szene des zweiten
                                     im Frühjahr 1863 warf man aber nach         Aktes von ,Tristan und Isolde‘. Der Anfang
                                     77 Proben das Handtuch und etikettierte     dieser Szene bietet das überströmendste
                                     die Partitur als unspielbar. Die Ehre der   Leben in seinen allerheftigsten Affekten
                                     bewältigten Erstaufführung fiel daher       – der Schluss das weihevollste, innigste
    Spezialpreis für FREUNDE: € 39   München zu, wo man Tristan und Isolde       Todesverlangen.“
    Bestätigung vom Hotel Bristol    am 10. Juni 1865 aus der Taufe hob, mit     Gesprächsthemen wird es bei diesem
                                     Hans von Bülow am Dirigentenpult.           Salon Opéra also mehr als genug geben. rw

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OPER IM FOKUS MÄRZ 2022 - Freunde der Wiener Staatsoper
WOZZECK
Die historischen
Kriminalfälle
              VO N R A I N H A R D W I E S I N G E R

                                  Johann Christian Woyzeck, Kreidelithographie, um 1822
               (Stadtgeschichtliches Museum Leipzig, Sign.: Gei I/18a), Quelle: de.wikipedia.org

A
         lban Bergs am 14. Dezem-              verschiedenen Berufen ließ er sich als              Soldaten verabredet hatte. Woyzeck
         ber 1925 an der Berliner              Soldat anwerben. Als Woyzeck 1807                   ermordete Woost letztendlich noch am
         Staatsoper uraufgeführter             bei den mecklenburgischen Truppen                   selben Abend und stellte sich selbst
Wozzek schrieb als erste abendfül-             in Stralsund diente, lernte er eine Frau            der Polizei. Für das 19. Jahrhundert
lende atonale Oper Musikgeschichte.            namens Wienberger(in) kennen, mit                   eher unüblich, sollte sich der Mord-
Beschäftigt man sich zunächst mit den          der er ein gemeinsames Kind hatte.                  prozess über einen Zeitraum von drei
historischen Begebenheiten der Hand-           Im Gegensatz zur Bühnenhandlung                     Jahren ziehen: Am 16. August 1821
lung, so stößt man auf Kriminalfälle,          waren sie jedoch nicht verheiratet,                 wurde die Verteidigungsschrift ein-
die bei jedem True-Crime-Podcast               auch W­ oyzecks Mordopfer sollte sie                gereicht. Daraufhin veröffentlichte die
gute Figur machen würden.                      zunächst nicht werden. 1818 kehrte                  „Nürnberger Zeitung“ eine Meldung,
                                               Woyzeck wieder nach Leipzig zurück,                 wonach der Angeklagte an „periodi-
Johann Christian Woyzeck wuchs                 wo er sich nun auf ein Verhältnis mit               schem Wahnsinn“ gelitten habe.
in Leipzig auf, wo er am 13. Jänner            der Witwe Woost einließ. Da diese                   In diesem Sinne beantragte auch
1780 geboren wurde. Mit 13 Jahren              auch Kontakte zu anderen Soldaten                   Woyzecks Verteidiger eine gerichts-
war er bereits Vollwaise und entschied         unterhielt, verfiel Woyzeck mehr und                ärztliche Untersuchung in Bezug
sich, eine Lehre als Perückenmacher            mehr dem Alkohol und begann sie                     auf dessen Zurechnungsfähigkeit. Ein
zu beginnen. In diesem Zusammen-               auch zunehmend zu misshandeln.                      erstes Gutachten wurde von Johann
hang machte er auch Bekanntschaft              Innere Stimmen, die ihren Tod forder-               Christian August Clarus erstellt, der
mit seinem späteren Mordopfer                  ten, ignorierte er zunächst. Schließlich            ihm nach fünf Unterredungen attes-
Johanna Christiane Woost. Die für              erwarb er aber doch eine abgebroche-                tierte, zurechnungsfähig zu sein,
einen Lehrling üblichen Wanderjahre            ne Degenklinge, mit der er die Tat                  worauf am 22. Februar 1822 das Todes-
begannen für Woyzeck 1798, allerdings          ausführen sollte. Am 21. Juni 1821                  urteil verkündet wurde. Die Hinrich-
war dies auch die Zeit, in der er seinen       verabredeten sich Woyzeck und Woost.                tung wurde für den 13. November
unsteten Lebenswandel begann: Nach             Diese erschien aber nicht zu dem                    festgelegt, die eingebrachten Gnaden-
wenig erfolgreichen Versuchen in               Treffen, da sie sich mit einem anderen              gesuche wurden abgelehnt.

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OPER IM FOKUS MÄRZ 2022 - Freunde der Wiener Staatsoper
Schwerpunkt

    Nur wenige Tage vor der Exekution      Wie der Lehrer und Komponist Ernst                   der Delinquent ging mit viel Ruhe allein
    bestätigte ein Augenzeuge Woyzecks     Anschütz (er sollte mit dem Lied                     auf das Schafott, kniete nieder und
    psychische Verwirrung, was zu einem    „Oh Tannenbaum“ weltberühmt                          betete laut mit viel Umstand, band sich
    weiteren Gutachten führte. Erstellt    werden) in seinem Tagebuch notier-                   das Halstuch selbst ab, setzte sich auf
    wurde dieses wiederum von Clarus.      te, war man aber auch im Leipzig                     den Stuhl und rückte ihn zurecht, und
    Im Jänner/Februar 1823 führte er       des 19. Jahrhunderts einem solchen                   schnell mit großer Geschicklichkeit
    noch einmal fünf „Unterredungen“       Spektakel nicht abgeneigt. Wohl auch,                hieb ihm der Scharfrichter den Kopf
    mit dem Angeklagten und bestätigte     weil es die erste öffentliche Hinrich-               ab, so daß er noch auf dem breiten
    abermals dessen Zurechnungs-           tung seit drei Jahrzehnten war:                      Schwerdte saß, bis der Scharfrichter das
    fähigkeit.                                                                                  Schwerdt wendete und er herabfiel.
    Aus heutiger Sicht kann die Rich-      „Freitag, den 27. August (1824).                     Das Blut strömte nicht hoch empor;
    tigkeit von Clarus’ Einschätzung       Heiter und sehr warm. Hinrichtung des                sogleich öffnete sich eine Fallthür, wo
    jedoch angezweifelt werden, denn       Delinquenten Woyzeck. Das Schafott                   der Körper, der noch ohne eine Be-
    das Gutachten lässt Rückschlüsse auf   war mitten auf dem Markt gebaut. 54                  wegung gemacht zu haben auf dem
    eine schwere psychische Erkrankung     Cürassiere von Borna hielten Ordnung                 Stuhl saß, hinabgestürzt wurde; so-
    Woyzecks zu: So litt er seit Jahren    um das Schafott; das Halsgericht wurde               gleich war er unten in einen Sarg gelegt
    unter anhaltenden Depressionen,        auf dem Rathause gehalten. Kurz vor                  und mit Wache auf die Anatomie ge-
    die zu einem Suizidversuch führten.    halb 11 Uhr war der Stab gebrochen,                  tragen. Alsbald wurde auch schnell das
    Auch danach hegte er immer wieder-     dann kam gleich der Delinquent aus                   Schafott abgebrochen, und als dies ge-
    kehrende Selbstmordgedanken, da        dem Rathause, Goldhorn und Hänsel                    schehen war, ritten die Cürassiere fort.
    ihm „innere Stimmen“ zuriefen, er      gingen zur Seite und die Rathsdiener                 Die Gewölbe, die vorher alle geschlossen
    solle „ins Wasser springen“. Außer-    in Harnisch, Sturmhaube und Piken                    waren, wurden geöffnet und alles ging
    dem sprach der Verurteilte häufig      voran, rechts und links; die Geistlichen             an seine Arbeit. Daß Vormittags keine
    davon, dass er glaube, sein Herz       blieben unten am Schafott;                           Schule war, versteht sich.“ //
    werde „mit einer Nadel berührt“.
    Clarus vermerkte auch, dass der             Johann Christian Woyzecks Hinrichtung am 27. August 1824 auf dem Marktplatz in Leipzig,
                                           Federlithografie von C. G. H. Geißler, Originalbeschriftung: I. C. Woyzeck geht seinem Tode als reuevoller Christ
    Verurteilte am ganzen Leib zitterte,               entgegen, auf dem Marktplatze zu Leipzig. den 27. August 1824 Quelle: de.wikipedia.org
    wenn er dessen Zelle betrat, und
    nicht in der Lage war, seinen Kopf
    stillzuhalten. Zusätzlich sah
    Woyzeck „feurige Streifen“ am
    Himmel. Diese Erscheinungen
    bildeten schließlich den Teil
    eines psychischen Wahnsystems,
    wonach Woyzeck „Geister“ und
    „die Freimaurer“ als Drahtzieher
    seines Unglücks bezeichnete.

    All dessen ungeachtet sah das Ge-
    richt am 4. Oktober 1823 Woyzecks
    Zurechnungsfähigkeit als erwiesen
    an und ließ das Todesurteil am
    27. August 1824 vollstrecken.

    Öffentliche Hinrichtung als Be-
    lustigung für tausende Schaulustige
    assoziiert man eher mit dem Mittel-
    alter oder der Französischen Revo-
    lution.

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OPER IM FOKUS MÄRZ 2022 - Freunde der Wiener Staatsoper
WOZ Z E C K

Georg Büchners literarische
Vorlage                                   VO N R A I N H A R D W I E S I N G E R

K
         enner von Georg Büchners        Experimenten“ klären, ob man Militär     wenn auch bereits in bearbeiteter
         nur fragmentarisch über-        und einfache Bevölkerung nicht über-     Form, veröffentlicht wurde und nun
         liefertem Drama werden          wiegend mit eiweißreichen und vor        den Titel Wozzeck trug. Ermöglicht
bereits die markanten Unterschiede       allem kostengünstigen Hülsenfrüchten     durch ein chemisches Verfahren
zwischen dem realen Fall und dem In-     verköstigen könne. Durchgeführt          wurde die Tinte wieder lesbar.
halt des Schauspiels beziehungsweise     wurde dieser Menschenversuch an
der Oper festgestellt haben. Büchner     Soldaten, die drei Monate lang aus-      Die sprachliche Gestaltung des Stücks
wurde auf den Kriminalfall durch         schließlich Erbsbrei zu sich nehmen      war schon früh Gegenstand wissen-
seinen Vater aufmerksam, der Medi-       sollten. Das Ergebnis war jedoch er-     schaftlicher Betrachtungen: Denn im
ziner war und deshalb auch „Henkes       nüchternd: Die Probanden litten bald     Gegensatz zum klassischen Drama
Zeitschrift für die Staatsarzneikunde“   nicht nur unter Halluzinationen,         dominiert in Woyzeck die Umgangs-
abonnierte, worin Clarus seinen          sie verloren auch die Kontrolle über     sprache. Durch ganz bewusst ein-
Aufsatz „Die Zurechnungsfähigkeit        ihre Muskulatur. Dies erklärt auch       gebaute Satzbrüche erreicht Büchner
des Mörders J. C. Woyzeck, nach          Woyzecks psychische und neuro-           Authentizität. Die soziale Spannung
Grundsätzen der Staatsarzneikunde        logische Krankheitssymptome, die         zwischen den Figuren wird durch
aktenmäßig erwiesen“ publizierte. In     medizinisch durch eine Vergiftung        die verschiedenen Sprachebenen
derselben Zeitschrift stieß Büchner      mit sogenannten nichtproteinogenen       unterstrichen. So bedient sich etwa
wahrscheinlich auch auf einen            Aminosäuren zu erklären sind.            der Doktor einer hochdeutschen
weiteren Mord, der unübersehbare                                                  Ausdrucksweise, während Woyzeck
Ähnlichkeiten mit seinem Drama hat:      Georg Büchners früher, durch eine        und Marie, den untersten Gesell-
Am 15. April 1816 tötete der Schuster-   Typhus-Infektion verursachter            schaftsschichten entsprechend, durch
geselle Johann Philipp Schneider in      Tod erlaubte es ihm nicht mehr, sein     Dialekte gefärbt und grammatikalisch
Darmstadt den Druckereigesellen          Theaterstück detailliert auszu-          fehlerhaft kommunizieren. Außerdem
Bernhard Lebrecht. Um seine Spuren       arbeiten. Als er am 19. März 1837 in     lässt auch die Bezeichnung der Rollen
zu verwischen, reinigte er danach        Zürich mit nur 24 Jahren verstarb,       Rückschlüsse auf ihre soziale Stellung
seine Hände und sein Gesicht am          umfasste das Manuskript 31 Szenen,       zu: Die niedrigstehenden Personen,
Bessunger Tor und wusch seine            die nicht erkennen ließen, wie sie       darunter Woyzeck, sein Stuben-
Kleider im Großen Woog, einem am         der Autor anordnen wollte, da er         kamerad Andres, Marie, das Mädchen
Rand der Innenstadt gelegenen See,       keine Gliederung in Akte vorgenom-       Käthe, Maries Nachbarin Margreth
und besuchte daraufhin eine Gast-        men hatte. Viele der kurzen Szenen       sowie der Narr Karl tragen reale
stätte. Lebrechts Leiche wurde rasch     wirkten außerdem überaus eigen-          Namen und erscheinen als Charak-
gefunden, Schneider anhand der           ständig. Als würden diese Fakten         tere mit Identifikationspotential. Die
Mordwaffe überführt. Auch er wurde       den Germanisten nicht schon genug        übrigen Protagonisten sind dagegen
zum Tode verurteilt.                     Rätsel aufgeben, verblasste die Tinte    lediglich nach ihren beruflichen
                                         des Ma­nuskripts auch so stark, dass     bzw. sozialen Funktionen betitelt:
Auch ein kleines Detail in der ersten    bereits der Bruder des Autors Schwie-    „Tambourmajor“, „Hauptmann“,
Unterredung des Titelhelden mit dem      rigkeiten hatte, diese zu entziffern.    „Doktor“, aber auch „Großmutter“,
Doktor, in der er angewiesen wird, nur   Aus diesem Grund verzichtete er wohl     „Budenbesitzer“, „Jude“. Büchner
Erbsen zu essen, ist keine Erfindung     darauf, das Fragment in die erste Ge-    zeichnet sie eindimensionaler,
Büchners: Der Gießener Wissen-           samtausgabe von 1850 aufzunehmen.        weshalb sie auch mehr klischeehafte
schaftler Justus von Liebig sollte in    Es sollte weitere 29 Jahre dauern, bis   Typen als Charaktere zu sein
seine sogenannten „Erbsbrei-             Woyzeck erstmals durch Karl Franzos,     scheinen.//

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OPER IM FOKUS MÄRZ 2022 - Freunde der Wiener Staatsoper
Schwerpunkt

     Der Weg auf
     die Opernbühne
                         VO N R A I N H A R D W I E S I N G E R

                                                                                             Alban Berg 1927, Photo von Georg Fayer
                                                                                                    Quelle: Bildarchiv der ÖNB

     A
             ls Alban Berg wenige Wochen    die Parallelen weiter, denn neben der     Letztendlich hatte Berg aber Glück,
             vor Ausbruch des Ersten        Übereinstimmung von Namen und             dass ihm der Frontdienst erspart
             Weltkriegs im Residenz-        dem Vorhandensein eines uneheli-          blieb, denn so konnte er doch mit
     theater München die Erstaufführung     chen Kindes soll die Marie des Dra-       einer gewissen Regelmäßigkeit an
     von Georg Büchners Woyzeck be-         mas ein auffallend genaues Ebenbild       seiner ersten Oper arbeiten. 1917
     suchte, war er bereits seit Längerem   des Dienstmädchens sein.                  vollendete er die eng an Büchner
     auf der Suche nach einem Opernstoff.                                             angelehnte Textfassung, unmittelbar
     Er fühlte sich von Büchners Stück      Die weltpolitischen Ereignisse ver-       darauf machte er sich an die Kompo-
     so angesprochen, dass er sofort den    hinderten eine schnelle Ausführung        sition. Für sein Textbuch stand ihm
     Entschluss zur Vertonung fasste.       des Opern-Projekts, denn 1915             zunächst nur die bereits erwähnte
     Vielleicht hing dies auch damit zu-    wurde der Komponist im Zuge des           Ausgabe von Karl Emil Franzos zur
     sammen, dass sich in Büchners          Ersten Weltkriegs eingezogen.             Verfügung. Erst als im November
     Stück biografische Parallelen          Aufgrund seines Asthmas wurde             1919 der erste Akt und die zweite
     finden, besonders was die Figur der    Berg aber recht bald ins Kriegs-          Szene des zweiten Akts fertig gestellt
     Marie betrifft. Bereits 1902 wurde     ministerium nach Wien versetzt,           waren, las Berg einen kürzlich er-
     ein Dienstmädchen der Familie Berg     wo er offenbar unter der schlechten       schienenen Aufsatz von Georg
     mit dem Namen Marie Scheuchl von       Behandlung durch seinen alkohol-          Witkowski, der die Arbeit von
     dem erst 17-jährigen Alban schwan-     kranken Vorgesetzten zu leiden            Franzos erheblich kritisierte.
     ger und gebar eine Tochter, der sie    hatte. So ist es keine Überraschung,      Witkowskis eigene, streng quellen-
     den Namen Albine gab. Alban Bergs      dass Berg 1918 in einem Brief an          orientierte, jedoch auch mit Lese-
     Eltern hatten größtes Interesse,       seine Gattin, die Identifikations-        fehlern behaftete Ausgabe lag Berg
     diese Begebenheit geheim zu halten,    punkte mit der Titelfigur ansprach:       wohl erst im Sommer 1921 vor.
     und zahlten der jungen Mutter eine     „Steckt doch auch ein Stück von mir in    Auswirkungen auf die Oper sollte
     großzügige Abfindung. Selbst Bergs     dieser Figur, seit ich ebenso abhängig    dies aber keine haben, da sich Berg
     spätere Frau Helene erfuhr erst        von verhaßten Menschen, gebunden,         entschloss, wegen der engen Bindung
     nach Ableben ihres Mannes von der      kränklich, unfrei, resigniert, ja gede-   von Text und Musik vollständig an
     Existenz dieser Tochter. Doch gingen   mütigt diese Kriegsjahre verbringe.“      dem veralteten Text festzuhalten.

10
WOZ Z E C K

Bei der Einrichtung seines Librettos      dings kaum strukturell wahrnehm-        Berg beabsichtigte, die Dialoge von
folgte Berg einer symmetrischen           bar, da die Komplexität der musika-     Büchner textverständlich auf die
Anlage: Die beiden kürzeren,              lischen Anlage ein Nachvollziehen       Bühne zu bringen, weswegen er auf
äußeren Akte (mit jeweils fünf            lediglich unter Verwendung der          gesungene Formen, wie etwa Arien,
Szenen) umrahmen den ebenfalls            Partitur ermöglicht. Auch legte Berg    verzichtete.
fünf Szenen umfassenden, jedoch           Wert darauf, dass die Formen nicht
weitläufigeren Mittelakt.                 als Selbstzweck das Hörerlebnis         Er hatte eine klare Vorstellung, wie
                                          beeinträchtigen sollten.                die Sänger ihre Stimmen einzusetzen
Viele der Szenen scheinen für sich                                                hatten, nämlich:
allein zu stehen, doch die Partitur       Ebenso raffiniert ist die Verwendung
umspannt ein differenziertes Ge-          der Orchesterstimmen: Der Klang-        „Keinesfalls singen! Aber trotzdem ist
flecht von Leitmotiven, worin sich        körper weist spätromantische Größe      die Tonhöhe in der Gesangstonhöhe
die atonale Oper dem Wagnerschen          auf und verfügt mit der Ergänzung       (genau nach den Noten) anzugeben
Musikdrama verbunden zeigt. Dies          durch Gitarre, Xylophon, Celesta,       und festzuhalten; letzteres aber mit
überrascht angesichts des sonst re-       Ziehharmonika und Rute über eine        Sprechresonanz.“
volutionären Charakters des Werks.        große Farbpalette.
                                          Das komplette Orchester ist haupt-
Im ersten Akt schreibt Berg für jede      sächlich bei den Überleitungen          Dies entsprach der Verwendung der
Hauptperson (mit der Ausnahme             zwischen den Bildern eingesetzt,        menschlichen Stimme wie schon in
von Wozzeck) ein Charakterstück.          während diese selbst sehr sparsam       Schönbergs Pierrot-Lunaire zehn
In jeder Szene erscheint die Person       instrumentiert sind, um die Text-       Jahre zuvor. //
in einer Begegnung mit dem Titel-         verständlichkeit zu erhöhen.
helden, wodurch der Hörer die
Personen und ihre Beziehung zu            Berg variiert außerdem die Or-
Wozzeck kennenlernt.                      chester-Zusammensetzung in
Jedem Stück liegt dabei eine eigene       jedem Bild.
musikalische Form zugrunde
(1: Suite, 2: Rhapsodie, 3: Marsch/
Wiegenlied, 4: Passacaglia,
5: Rondo).
Auch der zweite Akt folgt dieser
Anlage. Die fünf Bilder wurden in der
Sequenz einer Sinfonie geschrieben
(1: Sonate, 2: Fantasie/Fuge, 3: Largo,
4: Scherzo, 5: Rondo).
Der letzte Akt bildet eine Abfolge von
fünf Inventionen.

Bemerkenswert ist, dass diese vom
Barock bis zur Spätromantik
reichenden Formen nicht dem
Musiktheater, sondern der ab-
soluten Musik entnommen sind.
Berg wollte mit diesem ungewöhn-
lichen Schritt eine Verfremdung                   Porträt von Georg Büchner,
schaffen, um den romantischen                   undatierte Bleistiftzeichnung
                                             des Darmstädter Theatermalers
Überschwang der herkömmlichen
                                            Philipp August Joseph Hoffmann
Opernformen von vornherein zu                                     (1807–1883),
vermeiden. Die beschriebenen                  das Original ist 1944 verbrannt
Formen sind für den Hörer aller-                       Quelle: de.wikipedia.org

STRETTA • 2 0 2 2 • M Ä R Z                                                                                                11
Schwerpunkt

     Rezeption eines
     komplexen
     Opern-Dramas
                VO N R A I N H A R D W I E S I N G E R

     D
             ie Uraufführung am 14. De-      und Arbeit. Dieser Schüler Arnold        durch den Text zusammengefaßten
             zember 1925 in Berlin wurde     Schönbergs, der einzige schöpferische    Szenenbilder mit ihrem amorphen
             zwar zwiespältig aufgenom-      Musiker in der ganzen Schönberg-         Tongewebe sammelt Berg zu kleinen
     men, letztendlich konnte man aber       Gruppe, rafft nicht erprobtes            geschlossenen Formen, zu Liedern
     dennoch von einem Erfolg sprechen:      Kunstgut zusammen, besitzt               und Tänzen, die in ihrer atonalen
     Erreichte diese Produktion doch         aber auch nicht die Willkür eines        Harmonie eine schwebende, sogar
     beachtliche zwanzig Aufführungen        Hindemith. Obschon er mit                wienerische Anmut haben. Hier
     in Serie und wurde sehr bald danach     Klammern und Fußnageln                   bricht eine ursprüngliche und
     an fünfzehn deutschen Bühnen            an fragwürdige Leitsätze der             sympathische Musikerbegabung
     nachgespielt. 1926 folgte Prag,         Schönberg-Schule angekettet ist,         durch. Erzwungen und erklügelt ist
     1927 Leningrad und am 30. März          bricht doch aus seinem Musizieren        dagegen Bergs Konstruktionsversuch,
     1930 Wien.                              zeitweise ein Strahl urspünglicher       Szenenfolgen als Präludium,
                                             Empfindung. Das gibt ihm den Künst-      Sarabande, Gigue, Gavotte;
     Die Wiener Presse war dem Stück         lervorsprung vor Meister Schönberg,      Dialoge zwischen Wozzeck und
     durchaus wohlgesonnen.                  der, einst ein gewaltiger Anreger,       dem Doktor als Passaccaglia mit
                                             schon längst in seinen Theorien und      einundzwanzig Variationen,
     So erläuterte Elsa Bienenfeld im        geiststreichelnden Paradoxen stecken      zwischen Hauptmann und dem
     Neuen Wiener Journal, dass man          geblieben ist und abseits der lebendi-   Doktor als Fuge aufzubauen;
     Berg auf jeden Fall künstlerische       gen Entwicklung sein Problemgärtlein     einen Monolog der Frau als acht-
     Seriosität zugestehen muss:             bebaut.“                                 taktige Variationskette zu gliedern.
     „Ob man an Alban Bergs ‚Wozzeck‘        Die formale Gestaltung des Werks         Das ist nicht organisch gewachsene
     Gefallen findet oder nicht: zu rühmen   scheint der Rezensentin teilweise        Form, sondern Musik, der ein Mieder
     sind Wille und Ernst der Wegsuche       zu konstruiert: „Innerhalb der nur       angezogen ist.“

12
WOZ Z E C K

Wiens Starkritiker Julius Korngold       Musik lehrt, in oberster Linie der     Es war in der Ära von Claus Helmut
übte in der Neuen Freien Presse          Durchpulstheit, aus den Spannungen     Drese, als die Staatsoper im Juni
Kritik an der literarischen Vorlage:     aus den Gegensätzlichkieten des        1987 die erste wirkliche Neu-
                                         Melodischen hervorgeht.“               produktion des Werks heraus-
„Ein richtiges Kunstwerk ist das                                                brachte. Adolf Dresen und Herbert
allerdings nicht geworden. Diese lose,   Wirklich etablieren konnte sich        Kappelmüller waren für die szeni-
ungeordnet auf die Nachwelt ge-          das Werk nach der Wiener Erst-         sche Komponente verantwortlich.
kommene Folge skizzenhafter Szenen       aufführung nicht, nach dreizehn        Für Franz Grundhebers Karriere
hält reiner dramatischer Gestaltung      Reprisen verschwand es im              sollte der Abend von ganz besonde-
nicht stand: nicht in der dürftigen      November 1932 in der Versenkung,       rer Bedeutung sein: diese Premiere
Kalendergeschichte von Handlung,         Eine Aufführung während der NS-        bedeutete für ihn den relativ späten
nicht in Komposition, Aufbau und zu      Zeit war von vornherein undenkbar.     Beginn einer Weltkarriere. Seine
Verzerrung neigender Charakteristik.     Nach dem Zweiten Weltkrieg hatte       Marie war Hildegard Behrens, der
Es ist zunächst die ethisch-soziale      die Wiedereingliederung des hoch       Tambourmajor Walter Raffeiner,
Tendenz, die, an einem Menschen-         komplexen Werks erwartungs-            Aage Haugland der Doktor und Heinz
schicksale aus dem Gefühle zu            gemäß keinerlei Priorität. So          Zednik der Hauptmann.
Gefühle demonstriert, Wirkung            musste man bis Februar 1952            Dirigiert wurde die auch auf CD
übt. Dann aber zweifellos auch eine      warten, um Wozzeck wieder auf          veröffentlichte Aufführung von
ästhetische Tendenz, die dem merk-       der Bühne sehen zu können, wobei       Claudio Abbado. Diese beim Publi-
würdigen Drama die Eindruckskraft        die Premiere anlässlich des Geburts-   kum sehr beliebte Produktion wurde
frühzeitig erfaßter und konsequent       tages des Komponisten stattfand.       bis 2014 immerhin 38-mal gespielt.
festgehaltener moderner Stilgrund-       Oscar Fitz Schuh führte Regie,         Dabei konnte man als Wozzeck etwa
sätze sichert.“                          die Bühnenbilder und Kostüme           auch Matthias Goerne, Sir Simon
                                         stammten von Caspar Neher. Die         Keenlyside und Franz Hawlata
Der Musik Bergs mangelt es nach          Titelrolle sang Josef Herrmann,        erleben. Deborah Polaski sang an
Korngolds Ansicht an Dramatik:           die Marie Christel Goltz. László       mehreren Abenden die Marie, aber
                                         Szemere verkörperte den Tambour-       auch Catherine Malfitano und Anne
„Wir streiften das Undramatische         major, Peter Klein den Hauptmann       Schwanewilms waren in dieser Partie
solcher Formkünsteleien in ‚Wozzeck‘.    sowie Karl Dönch den Doktor.           zu erleben. Die musikalische Leitung
Wie steht es überhaupt mit seiner                                               lag unter anderem in den Händen
Dramatik? So wie es mit aller bloßer     Bereits nach fünf Reprisen über-       von Simone Young, Seiji Ozawa und
szenischer Stimmungs- und                siedelte die Produktion im             Franz Welser-Möst.//
Illustrationsmusik steht, zudem          November 1955 in die wiederauf-
impressionistischer. Berg hat in einer   gebaute Staatsoper, wobei nun
Selbstanzeige den Opernkomponisten       Staatsoperndirektor Karl Böhm          Alban Berg Wozzeck
als ‚idealen Regisseur‘ bezeichnet.      am Dirigentenpult stand. Christel      Wiener Staatsoper
Viel mehr ist er tatsächlich nicht in    Goltz und Walter Berry begeisterten
‚Wozzeck‘, damit aber als dramati-       als Marie und Wozzeck. Als             Montag, 21. März, 20 Uhr
scher Musiker zu wenig. Schon sein       Tambourmajor besetzte man Max          Premiere
atonal gesinntes Orchester erschwert     Lorenz, Karl Dönch wieder als          Musikalische Leitung:
Gliederung, Aufbau, Ausdruck,            Doktor und Peter Klein als Haupt-      Philippe Jordan
Charakteristik im dramatischen           mann. Oscar Fritz Schuhs Ins-          Regie: Simon Stone
Sinne, wenn es sie nicht ausschließt.    zenierung erlebte bis 1984 immer-      Christian Gerhaher, Sean Panikkar,
Ja, man kann weitergehend sagen:         hin 52 Vorstellungen, wobei man        Jörg Schneider, Dmitry Belosselskiy,
ohne tonale Zusammenhänge und            oft Christa Ludwig als Marie hören     Anja Kampe
ohne Gesangsmelodie auch keine           konnte. Im Lauf der Jahre war
Operndramatik, die wie die gesamte       etwa auch James King in der Partie     Reprisen: 24./27./31. März,
Entwicklung der dramatischen             des Tambourmajors zu erleben.          3. April 2022

STRETTA • 2 0 2 2 • M Ä R Z                                                                                            13
Schwerpunkt

                                                                                      Diskographie
     Neu aufgelegt wurde der Mitschnitt des Wozzeck vom 25. November 1955 aus Wien. Staatsoperndirektor Karl Böhm
     hatte sich nach den Eröffnungspremieren von Fidelio und Don Giovanni auch dem als sperrig geltenden Werk zugewandt.
     Er besetzte die Titelrolle mit dem damals 26jährigen Walter Berry, der neue Maßstäbe setzte und mit diesem Rollende-
     but viele Nachfolger prägte. Christel Goltz, Max Lorenz, Peter Klein und Karl Dönch sind ein prächtiges Ensemble.
     Die Wiener Philharmoniker musizieren Musik der Neuen Wiener Schule und das merkt man. Für mich und für viele, die
     damals dabei waren, ist die liebevolle Aufbereitung der alten Bänder eine schöne Erinnerung. ((AN3060)
     1965 war es wieder Karl Böhm, der in Berlin für eine Studioeinspielung den wortgewaltigsten Bariton mit der Rolle
     des Wozzeck betraute: Dietrich Fischer-Dieskau. Als Marie wurde Evelyn Lear aufgeboten. Helmut Melchert,
     Fritz Wunderlich, Gerhard Stolze, Karl Christian Kohn und Kurt Böhme assistierten. Trotz dieser luxuriösen
     Besetzung bleibt Büchners Drama auf der Strecke. Dietrich Fischer-Dieskau versteht, was Wozzeck sagt, aber er fühlt
     nicht, was Wozzeck fühlt. Auch die Lear ist viel zu distanziert. Böhm und das Orchester der Staatsoper Berlin geben
     ihr Bestes. In der Doppelkassette der Deutschen Grammophon finden Sie neben einem Booklet mit den Libretti auch
     die von Berg vollendeten ersten Akte der Oper Lulu mit den selben Protagonisten. (DG 435 705-2)
     Pierre Boulez hat für seine Studioeinspielung 1966 in Paris wieder Walter Berry engagiert, der an dieser Rolle zum
     großen Tragöden gereift ist. Isabel Strauss macht seine Partnerin glaubhaft. Mit Fritz Uhl singt wieder ein Helden-
     tenor den Tambourmajor, Karl Dönch ist ein analytischer Doktor. Boulez geht mit dem Blick des komponierenden
     Dirigenten an die Partitur heran und macht gemeinsam mit dem Orchester der Pariser Oper viele Feinheiten hörbar.
     Neben Böhm und Abbado wohl die hörenswerteste Aufnahme. (CBS M2K 79251-2)
     Die Deutsche Staatsoper Berlin brachte das Werk 1994 heraus. In der Regie von Patrice Chéreau wuchsen alle Sänger
     zu Darstellern heran. Franz Grundheber singt ebenso wie in Wien einen überzeugenden Wozzeck. Waltraud Meier
     ist eine ebenbürtige Partnerin, die mit ihren Gefühlen nicht geizt. So werden die Szenen mit den beiden um vieles
     packender als in der Wiener Premiere. Unter der Leitung von Daniel Barenboim musiziert die Staatskapelle Berlin
     einen dramatischen Alban Berg. Leider ist die DVD, die die Chéreau-Inszenierung erlebbar machen würde, vergriffen.
     (teldec 7 0630-14108-2)
     Interessant ist ein Konzertmitschnitt aus Leipzig 1973 mit Theo Adam in der Titelrolle. Da wird vom Rundfunk-Sinfonie-
     Orchester Leipzig unter Herbert Kegel sehr akkurat und differenziert musiziert. Adam ist ein kraftvoller Wozzeck, dem
     man seinen seelischen Untergang aber kaum abnimmt, Gisela Schröter eine verlässliche Marie. Reiner Goldberg als
     Tambourmajor und Horst Hiestermann als Hauptmann entsprechen ihren Rollen. (brillant 5 028421 946993 3)
     Bemerkenswert ist der Zusammenschnitt von mehreren Aufführungen an der Hamburger Staatsoper aus dem Jahr
     1998 mit Bo Skovhus und Angela Denoke. Intensiv und mit Bühnenatmosphäre gestalten die beiden Ausnahmesänger
     ihre Partien, auch wenn Skovhus das Dumpfe des einfachen Menschen nicht gegeben ist, und die Denoke manchmal
     etwas schrill wird. Herausragend Chris Merritt als Hauptmann. Ingo Metzmachers Dirigat ist genau, aber wenig
     stimmungsfördernd. Er frönt seinem Hang zu Extremen. Insgesamt etwas beiläufig. (EMI Classics 7243556865-2)
     2013 hat Hans Graf in Houston die Oper aufgenommen. Der Dirigent führt Roman Trekel und Anne Schwanewilms
     unaufgeregt und verlässlich. Auch das Houston Symphony Orchester und die Chöre entsprechen hohen Ansprüchen.
     (Naxos 7 30099 03907 9)

     Alban Bergs Wozzeck ist ein Bühnendrama, das ohne das Geschehen auf den Brettern, die die Welt bedeuten,
     viel an Wirkung verliert. Deshalb macht die Oper auf DVD einen viel tieferen Eindruck.
     Eine der neueren Einspielungen stammt aus dem Gran Teatre del Liceu in Barcelona. Eine musikalisch packende
     Aufführung unter Sebastian Weigle mit Franz Hawlata als Wozzeck und Angela Denoke als Marie. Sie trägt das
     Schicksal der geknechteten Frau, die sich einmal kurz der Illusion hingibt, an der Seite des Tambourmajors Zuneigung
     und Wohlstand zu finden. Hawlata muss man diesmal uneingeschränkt zu seiner Gestaltung gratulieren. Der Regisseur
     Calixto Bieito schildert den Abstieg Wozzecks in einem Labyrinth von Industrierohren, die an bloßgelegte Eingeweide
     erinnern sollen. Allerdings geht da der Schauplatzwechsel der einzelnen Episoden verloren. Fast alle tragen eine rote
     Monteurkluft, da ist es schwierig, auch die Skurrilität der übrigen Figuren klar herauszuarbeiten. Der kleine Sohn
     scheint schon zehn Jahre alt zu sein und muss ständig eine Sauerstoffmaske tragen. Für Kenner des Werks eine
     interessante Variante, die wenig skandalträchtig, aber auch wenig sinnstiftend ist. (OA 0985 D)

     *Richard Schmitz begleitet das Programm der Wiener Staatsoper bei radio klassik STEPHANSDOM (per opera ad astra)

14
WOZ Z E C K

                                                                          Richard Schmitz*
  Den klaren Weg der Werkverwirklichung gehen Claudio Abbado und Adolf Dresen. Die Inszenierung der Wiener Staats­oper
  1987 gliedert die Episoden und zwingt den Zuschauer, sich bei den Zwischenspielen auf die großartige Musik zu konzentrie-
  ren, weil der Vorhang geschlossen bleibt. Franz Grundheber gibt der Titelfigur die nötige Dumpfheit, Hildegard Behrens
  ist das Schicksal einer getretenen Frau nicht immer präsent, sie lässt kalt. Die Typisierung der skurrilen Oberschichtfiguren
  gelingt mit Walter Raffeiner, Philip Langridge, Heinz Zednik und Aage Haugland prächtig. Das Finale erschüttert.
  Franz Bartolomey kommt mit dem Cellosolo prächtig ins Bild. Die Philharmoniker beweisen einmal mehr, dass sie auch
  modernere Musik zum Blühen bringen können. (arthaus 100 256) Noch intensiver dringt man in den musikalischen Duktus
  des Werkes ein, wenn man die CD von dieser Wiener Premiere auflegt. Da fehlt manche
  störende szenische Outrage. Man kann sich auf die Musik konzentrieren. (DG 423 587-2)
  Rolf Liebermann hat den Wozzeck 1970 zu einem Film verarbeitet. Gedreht wurde in
  einem einsamen süddeutschen Schloss. Innenräume und Natur sind authentisch und er-
  geben eine eigene melancholische Atmosphäre insbesondere in den Orchester­zwischen­
  spielen. Toni Blankenheim erlebt das Schicksal Wozzeks. Die geschundene Kreatur
  wurde selten so überzeugend dargestellt. Der warme Sopran von Sena J  ­ urinac macht
  die Marie zum eigentlichen Mitleidserreger in dieser Oper. Die Typen sind gut gezeich-
  net und glaubwürdig, weil sie mit Richard Cassily, Gerhard Unger, Hans Sotin und
  Kurt Moll hervorragend besetzt sind. Franz Grundheber war schon damals, als Zweiter
  Handwerksbursch, dabei. Chor und Orchester der Hamburgischen Staatsoper arbeiten
  unter Bruno Maderna die Feinheiten der Partitur heraus. Nicht zu Unrecht wird dieser
  Film als Höhepunkt der Opernverfilmung gesehen. Es ist schwierig, bei der Schlussszene
  mit dem Kind auf dem Steckenpferd nicht zu weinen. (arthaus 101 277)
  Im November 2010 wurde am Bolschoi Theater in Moskau eine Aufführung unter Teodor
  Currentzis mitgeschnitten. Leider hatte ich technische Probleme und konnte die Aufnahme nur hören. Die Regie von Dmitri
  Tcherniakov, der in Wien den Parsifal inszeniert hat, kann ich daher nicht beurteilen. Georg Nigl gestaltet mit schöner Ge-
  sangslinie die Adrenalinstöße des geknechteten Menschen, Mardi Byers berührt als Marie. Die sorgfältige Arbeit von Cur-
  rentzis macht sich bezahlt. Chor und Orchester des Bolschoit­heaters musizieren beeindruckend. (belair 3 760115 300682)

                                                                                         STARS IN

                                                                                                                             DER OPER
                            Sir Bryn Terfel
                            im Opernsalon am 20. 3. 2022, 14 Uhr
Foto © Roswitha Waismayer

                                                                            107,3 in Wien            Digital auf DAB+
                             www.radioklassik.at                             94,2 in Graz              österreichweit
IM PORTRAIT

                                                             ETIENNE

                                                             DUPUIS
     © Julien Faugere

     Herr Dupuis, Sie sind in dieser          jetzt wirklich so, dass ich nach jeder   dings kein Fan von Regiekonzepten,
     Saison öfter auf der Bühne der           Vorstellung zwei Tage brauchte, bis      die diese vierte Wand durchbrechen,
     Staatsoper gestanden als ur-             meine Energie zurückkam. Ich wirke       ohne dass man versteht, warum sie
     sprünglich geplant: im September         auf der Bühne als Figaro noch immer      das tun.
     sind Sie nämlich höchst erfolg-          glaubwürdig, meine Stimme klingt
     reich als Figaro in der Neupro-          auch noch jung, aber ich benötigte       Zuletzt haben Sie bei uns den
     duktion von Il Barbiere di Siviglia      eben doch länger, um mich von den        Marcello in Zeffirellis Bohème
     eingesprungen. Sie haben die             szenischen Aktionen zu erholen. Auf      gesungen. Dies ist nach wie
     Rolle zuvor ja schon in vielen Pro-      jeden Fall war es ein großes Vergnü-     vor eine der beliebtesten Insze-
     duktionen gesungen. Die neue             gen, diese Produktion zu machen,         nierungen der Staatsoper, die
     Inszenierung im Haus am Ring             da man mit diesen vielen szenischen      hoffentlich nie ausgetauscht wird.
     stieß nicht nur auf Zustimmung.          Aktionen das Publikum einbeziehen        Mögen Sie solche schon beinahe
     Haben Sie sich in dem Regiekon-          kann und das liebe ich einfach. Unser    historische Produktionen?
     zept wohl gefühlt? Sie mussten           Regisseur Herbert Fritsch wollte
     sehr viel laufen und springen...         ja auch, dass jede unserer Gesten        Ja, auf jeden Fall. Ich hatte auch das
                                              an das Publikum gerichtet ist und        Glück, in Zeffirellis Bohème an der
     Ich habe den Figaro immer sehr le-       dieses dadurch fühlt, dass wir auf der   Met zu singen, bevorzuge aber die
     bendig mit Tanzen und Springen ge-       Bühne wissen, dass die Zuschauer         Wiener Variante, weil sie weniger
     spielt. Zum letzten Mal sang ich die     da sind. Es gibt da einfach keine        gefährlich ist.In New York kann
     Rolle vor etwa vier Jahren und da-       vierte Wand. Es war hier ganz klar       das Publikum nicht sehen, dass wir
     mals war ich körperlich einfach fitter   nachvollziehbar, was wir machen,         hinter der Bühne über viele Stufen
     und fühlte mich noch jünger. Es war      und das gefällt mir. Ich bin aller-      gehen müssen.

16
IM PORTRAIT

Ich liebe auch das Historische an       deutschen Liedern beschäftigte. Ich      bin ich generell kein Fan von Hinter-
dieser Produktion, was die Be-          erinnere mich noch genau, dass mein      grundmusik, da ich bei der Pop-
setzungen betrifft. Den Marcello        erstes Lied „Fremd bin ich einge-        musik, wie in der Klassik, einfach
hat etwa Rolando Panerai gesungen,      zogen“ aus der Winterreise war. Zu       Emotionen in der Musik mag.
das ist einfach unglaublich. Generell   diesem Zeitpunkt war ich neunzehn
ist der Marcello eine Rolle, die ich    Jahre alt, und ganz plötzlich war es,    Was war das entscheidende
schon lange und sehr gerne singe.       als ob jemand das Licht eingeschaltet    Erlebnis, das Sie veranlasste,
                                        hätte: Ich beschloss, eine Gesangs-      Opernsänger zu werden?
Kommen wir zu Ihrer Biographie:         karriere zu versuchen. Während des
Wie haben Sie Ihren Weg zur             Lockdowns habe ich übrigens wieder       Lange Zeit wusste ich nicht, welch
klassischen Musik gefunden?             begonnen, Popsongs zu schreiben.         großen Spaß es mir bereitet, auf der
                                                                                 Bühne Charaktere darzustellen. Ich
Von meinem vierten Lebensjahr an        Sie mögen Popmusik also immer            hätte mir auch vorstellen können,
spielte ich zunächst für zehn Jahre     noch...                                  Schauspieler zu werden, wirkte in
ganz klassisch Klavier. Dann freute                                              einigen Sprechstücken sowie einem
es mich aber nicht mehr so, und ich     Ja, ich liebe sie regelrecht. Wenn       Film mit. Als mir dann aber klar
wechselte zu Jazz-Piano. Gesungen       ich mich mit befreundeten Sängern        wurde, dass Oper die Verbindung aus
habe ich immer schon gerne und so       treffe, freut es mich immer, wenn        Darstellung und Gesang ist, wusste
dachte ich mir, dass ich doch meine     jemand dabei ist, der gerne Karaoke      ich sehr schnell, dass ich das einmal
eigenen Songs schreiben könnte – so     macht. Ich mag sehr gerne die Songs      machen möchte. Meine erste Oper
kam ich zur Popmusik. Außerdem          aus den Achtziger und Neunziger          habe ich im Alter von achtzehn Jah-
begann ich Gesangsunterricht zu         Jahren. Für mich bedeutet Pop-           ren gesungen, nämlich Les mamelles
nehmen, wobei ich mich zunächst mit     musik populäre Musik. Allerdings         de Tirésias von Francis Poulenc.

                                                                                                          DAS OPERNHAUS

                                                              IL BARBIERE
                                                                                                                            Franz Schwarzinger | www.schwarzinger.net
                                                              DI SIVIGLIA
                                                               GIOACHINO ROSSINI
                                                               Musikalische Leitung: George Jackson
                                                               Inszenierung: Christoph Zauner | Bühne: Nikolaus
                                                               Webern | Kostüm: Mareile von Stritzky | Licht: Franz
                                                               Tscheck | Mit: Andrew Morstein, Timothy Connor,
                                                               Sofia Vinnik, Ivan Zinoviev, Andreas Jankowitsch,
                                                               Miriam Kutrowatz | Wiener KammerOrchester
                                                               Premiere: 8. März 2022, 19.00 Uhr
                                                               Aufführungen: 11. | 13. | 16. | 18. | 20. |
                                                               22. | 24. | 26. und 29. März 2022 | 19.00 Uhr
                                                               Einführungsmatinee: Sonntag, 6. März 2022 | 11.00 Uhr

                                                                                        www.theater-wien.at
                                                                                        Tageskasse: Mo-Sa 10-18 Uhr
                                                                                        Linke Wienzeile 6 | 1060 Wien

                                                                                                                                                     17
Spielplan

                                                  Spielplan Staatsoper
                                                                               Sa 19.3.,    Mozart: Die Entführung aus dem Serail, Manacorda/
  Staatsoper März                                                                19.00      Neuenfels/ Nickel, Oropesa, Mühlemann, Jurić, Behle,
                                                                                            Laurenz
       Di 1.3., Liebeslieder, Ballett, Robbins, Childs, Balanchine/
        19.30 Musik: Chopin, Górecki, Brahms/ Zapravdin, Yakovleva,            So 20.3.,    Verdi: Rigoletto, Armiliato/ Audi/ Demuro, Tézier,
                Cherevychko, Fiocchi, Kinney, Uderzo, Carroll, Li Mandri,         19.00     Boecker, Solodovnikov, Bohinec
                Tariello, Wielick, Wallroth, Maitland, Amako, Kazakov,
                Hopkins, Tysman                                               Mo 21.3.,     Berg: Wozzeck, P, Jordan/ Stone/ Gerhaher, Panikkar,
                                                                                20.00       Schneider, Belosselskiy, Kampe
      Mi 2.3., Donizetti: L’elisir d’amore, Armiliato/ Schenk/
       19.30 Minasyan, Flórez, Kaydalov, Kiria                                 Di 22.3.,    Mozart: Die Entführung aus dem Serail, Manacorda/
                                                                                  18.30     Neuenfels/ Nickel, Oropesa, Mühlemann, Jurić, Behle,
      Do 3.3., Puccini: Tosca, Armiliato/ Wallmann/ Stikhina,                               Laurenz
       19.00 Grigolo, Frontali
                                                                              Mi 23.3.,     Verdi: Rigoletto, Armiliato/ Audi/ Demuro, Tézier,
       Fr 4.3., Donizetti: L’elisir d’amore, Armiliato/ Schenk/                  19.00      Boecker, Solodovnikov, Bohinec
        19.30 Minasyan, Lovell, Kaydalov, Kiria
                                                                              Do 24.3.,     Berg: Wozzeck, Jordan/ Stone/ Gerhaher, Panikkar,
       Sa 5.3., Puccini: Tosca, Armiliato/ Wallmann/ Stikhina,                  20.00,      Schneider, Belosselskiy, Kampe
        19.00 Grigolo, Frontali
                                                                               Fr 25.3.,    Tschaikowski: Schwanensee, Reimer/ Nurejew
       So 6.3.,                                                                   19.00
         11.00 Rossini: Der Barbier für Kinder, Asagaroff/ Hallwaxx,
                Ensemblemitglieder und Mitglieder des Opernstudios             Sa 26.3.,    Verdi: Rigoletto, Armiliato/ Audi/ Demuro, Tézier,
        19.30 Donizetti: L’elisir d’amore, Armiliato/ Schenk/                     19.00     Boecker, Solodovnikov, Bohinec
                Minasyan, Flórez, Kaydalov, Kiria
                                                                               So 27.3.,    Berg: Wozzeck, Jordan/ Stone/ Gerhaher, Panikkar,
      Mo 7.3., Strauss: Salome, Guggeis/ Barlog/ Ablinger-Sperrhacke,            20.00      Schneider, Belosselskiy, Kampe
       20.00 Mahnke, Holloway, Lundgren, Jenz
                                                                               Mo 28.3.     Keine Vorstellung wegen Proben
       Di 8.3. Keine Vorstellung wegen Proben
                                                                               Di 29.3.,    Solistenkonzert Erwin Schrott
      Mi 9.3., Solistenkonzert Lisette Oropesa, Rubén Fernandez                  20.00
       20.00
                                                                              Mi 30.3.,     Verdi: Rigoletto, Armiliato/ Audi/ Demuro, Tézier,
      Do 10.3. Keine Vorstellung wegen Proben                                    19.00      Boecker, Solodovnikov, Bohinec

      Fr 11.3., Strauss: Salome, Guggeis/ Barlog/ Ablinger-Sperrhacke,         Do 31.3.,    Berg: Wozzeck, Jordan/ Stone/ Gerhaher, Panikkar,
        20.00 Mahnke, Holloway, Lundgren, Jenz                                   20.00      Schneider, Belosselskiy, Kampe

      Sa 12.3., Mozart: Die Entführung aus dem Serail, Manacorda/            Großes Haus
         18.30 Neuenfels/ Nickel, Oropesa, Mühlemann, Jurić, Behle,
                Laurenz
                                                                            18.3., 11.00    Generalprobe Wozzeck
      So 13.3., Tschaikowski: Schwanensee, Reimer/ Nurejew                  20.3., 11.00    Matinee zu Wozzeck
         19.00
                                                                             Gustav Mahler-Saal
     Mo 14.3., Strauss: Salome, Guggeis/ Barlog/ Ablinger-Sperrhacke,
       20.00 Mahnke, Holloway, Lundgren, Jenz                                 5.3., 15.00   Studiokonzert 3

      Di 15.3., Mozart: Die Entführung aus dem Serail, Manacorda/            13.3., 15.00   Regieportrait: Simon Stone
         19.00 Neuenfels/ Nickel, Oropesa, Mühlemann, Jurić, Behle,
                Laurenz
                                                                             19.3., 11.00   Kammermusik der Wiener Philharmoniker 6
     Mi 16.3., Strauss: Salome, Guggeis/ Barlog/ Ablinger-Sperrhacke,        19.3., 15.30   Tanzpodium: Giselle – Schwanensee – Onegin
       20.00 Mahnke, Holloway, Lundgren, Jenz                                               Stadler, Schläpfer

     Do 17.3., Tschaikowski: Schwanensee, Reimer/ Nurejew                    Kinderoper
       19.00
                                                                            27.3., 11.00    Die Entführung ins Zauberreich, Melear/ Blum
      Fr 18.3., Tschaikowski: Schwanensee, Reimer/ Nurejew                  28.,29.,30.3.   Wanderoper für Kinder durch das Gebäude der Wiener
        20.00                                                                     10.30     Staatsoper

18
Unsere Tipps

                                       unter Vorbehalt eventueller Absagen (Stand 18.2.)                            Tipps
 WIEN                                                                    Theater an der Wien in der Kammeroper
                                                                         1., Fleischmarkt 24, 01/588 30-0, www.kammeroper.at
  Wiener Musikverein
  1., Bösendorferstraße 12, 01/505 81 90, www.musikverein.at                   8.–29.3., 19.00 Rossini: Il barbiere di Siviglia, Jackson/
                                                                                                 Zauner
       So 6.3., 15.30   The Music of John Williams,                             So 6.3., 11.00 Einführungsmatinee
       Di 8.3., 19.30   Williams/ Mutter; Wiener Philharmoniker
        Großer Saal                                                      Österreichische Gesellschaft für Musik
                                                                         1., Hanuschgasse 3, 01/512 31 43, www.oegm.org
      Sa 12.3., 15.30   Brahms: Ein deutsches Requiem, Bolton/
      So 13.3., 11.00   Landshamer, Nazmi; Konzertchor NÖ,                     Mi 9.3., 18.00 Die Vermessung der Klangfarbe
        Großer Saal     Tonkünstler Orchester Niederösterreich                                   Vortrag von Christoph Reuter mit Klang-
      Sa 12.3., 19.30   Liederabend Magdalena Kožená; Ohad                                       beispielen und interaktiven Grafiken
       Brahms-Saal      Ben-Ari (Klavier), Brahms, Dvořák,                    Mi 16.3., 18.00 Bachiana – A Solo Cello-Fantasy
                        Martinů, Mussorgski, Bartók                                              Ana Topalovic (Cello) und Gabriele Proy
      Fr 25.3., 15.30   Berg – Janáček – Adès,                                                   (Komponistin) im Gespräch mit Carmen
      Sa 26.3., 15.30   Adès/ Stotijn, Stone; Wiener Philharmoniker                              Ottner/ Bach, Doderer, Proy, Rotaru,
      So 27.3., 11.00                                                                            Saariaho, Topalovic; Live-Musik
        Großer Saal
                                                                              Di 22.3., 18.00 Jean-Baptist Lullys „Psyché“ oder: Von
       Do 7.4., 19.30   The Music of John Williams, Upadhyaya/                                   der Vielfalt des klassischen französischen
      So 10.4., 19.30   Philharmonie der Universität Wien                                        Musiktheaters, Vortrag von Markus Grassl
        Großer Saal     Star Wars, Harry Potter, Jurassic Park u.v.m.                            mit Musikbeispielen

     Mi 13.4., 19.30    Liederabend Diana Damrau,                             Do 31.3., 18.00 „Das kulturelle Gedächtnis der Wiener
      Großer Saal       Jonas Kaufmann; Helmut Deutsch                                           Operette“, Kurzpräsentation des Autors
                        Schumann, Brahms                                                         Moritz Csáky und Gespräch mit Harald
                                                                                                 Haslmayr; mit Musikbeispielen
  Wiener Konzerthaus
  3., Lothringerstraße 20, 01/242 002, www.konzerthaus.at                MuTh – Konzertsaal der Wiener Sängerknaben
                                                                         2., Augartenspitz 1, 01/347 80 80, www.muth.at
       Di 1.3., 19.30   Liederabend Matthias Goerne, Markus
       Mozart-Saal      Hinterhäuser: Schumann                                  Do 3.3., 19.30 Antike Heldinnen – zeitlose Stimmen
                                                                                                 Haydn, Glinsner, Beethoven
       Do 3.3., 19.30   Pretty Yende/ Nadine Sierra                                              Rezitation, Gesang, Streichquintett
        Großer Saal     Mielgo/ Slowakische Philharmonie
                        Händel, Donizetti, Bellini, Debussy, Bernstein          Sa 5.3., 16.00 Die Reise des kleinen Prinzen, Kinderoper
                                                                                                 von Gerald Wirth; Wirth/ Schade, Wiener
       Sa 5.3., 19.00   Bach: Johannespassion, Wedam/ Heuser,                                    Sängerknaben, Schubert-Akademie
       Mozart-Saal      Fournier, Lerchenberger, Zelinka, Nagl;
                        Wiener Bachsolisten, BAchCHorWien                       Fr 11.3., 17.00 Wiener Sängerknaben – Classical
                                                                               Do 31.3., 19.00 Haydn, Glinsner, Beethoven
      So 20.3., 19.30   Great Voices: Joyce DiDonato – Eden                                      Rezitation, Gesang, Streichquintett
        Großer Saal     Emelyanychev/ Il pomo d’oro
                        Händel, Ives, Gluck, Mahler, Wagner u. a.              Di 15.3., 19.00 Presse Musiksalon mit Wilhelm Sinkovicz
      Di 22.3., 19.30   Philharmonic Five – Russian Soul
       Mozart-Saal      Tschaikowski, Prokofjew, Tanejev u. a.                 Fr 25.3., 19.30 Mozart – Pendercki – Saint-Saëns
                                                                                                 J. Stemberger; Altenburger, Zimper, Wagner,
                                                                                                 Khadem-Missagh, Panfilov; Studierende der
     Mo 28.3., 19.30    Wiener Symphoniker, Carydis/ Quasthoff,                                  mdw Orchester
     Di 29.3., 19.30    Solist der Wr. Sängerknaben, Wr. Singaka-
       Großer Saal      demie/ Bruckner, Schönberg, Bernstein, Ives      Kunst und Kultur – ohne Grenzen
      Di 29.3., 19.30   Liederabend Sir Simon Keenlyside; Martineau      01/581 86 40, www.kunstkultur.com
       Mozart-Saal      Purcell, Williams, Strauss, Fauré, Schubert      10 % Ermäßigung, Codewort FREUNDE

                                                                               Sa 2.4., 20.30 Bach: Johannespassion, Mertl/ Opernschule
       Do 7.4., 19.00   Bach: Matthäuspassion, Herreweghe/                                       und Bühnenorchester der Wiener Staatsoper
        Großer Saal     Collegium Vocale Gent
                                                                               Sa 9.4., 20.30 Musica Coelestis – Vielchörige Meisterwerke
     Mo 11.4., 19.30    Beethoven: Symphonie Nr. 9, Currentzis/                                  der Chormusik, Madrigalchor der Hochschule
      Großer Saal       Christensen, Murrihy, Lei, Kymach;                                       für Musik u. Theater München, Kammerchor
                        musicAeterna Orchestra & Choir                                           des Anton Bruckner Instituts der mdw Wien

STRETTA • 2 0 2 2 • M Ä R Z                                                                                                                   19
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