NEUMARKTER KONZERTFREUNDE - Neumarkter ...
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40 J A H R E NEUMARK TER KO N Z E R T F R E U N D E . HERZLICH 21 W I L L KO M M E N ZU UNSERER 22 J U B I L ÄU M S S A I S O N . E rnst-Herbert Pfleiderer, Vorstandsvorsitzender und Künstlerische Leitung SAISON
VO R W O R T Dass wir auch in so schwierigen Zeiten vergleichbar glimpflich durch diese Krise durchgekommen sind, verdanken wir zualler- VEREHRTE, LIEBE erst der Treue und den Zuwendungen unserer Vereinsmitglieder. Von zehn Unternehmern und Bürgern bei der Vereinsgründung MUSIKFREUNDE UND sind acht noch mit dabei und haben 40 Jahre lang ohne Klagen ABONNENTEN! ihre großzügigen Förderbeiträge entrichtet. Ohne diese wäre nichts gegangen. Auch das ist beispielhaft. Dass im Lauf der Jahrzehnte noch weitere großzügig fördernde Mitglieder hinzugekommen sind, erfüllt uns ebenfalls mit großem Dank. Mit herzlichen Grüßen und allen guten Wünschen Ihr Ernst-Herbert Pfleiderer Mit Stolz, Freude und Dankbarkeit blicken wir auf 40 Jahre Neu- Vorstandsvorsitzender und Künstlerische Leitung markter Konzertfreunde und das Konzertgeschehen zurück. Hier, an einem Ort ohne wirkliche Musiktradition, wurden wir 1981 mit einem fantastischen Konzertsaal beschenkt. Herausragende Mu- siker, denen unser ganz großer Dank gilt, lassen sich seitdem mit uns auf ein Konzertabenteuer ein, dazu ein Publikum, das in seiner Sachkenntnis und Begeisterungsfähigkeit seinesgleichen sucht. Auch Ihnen, liebe Musikfreunde, möchten wir an dieser Stelle für 40 Jahre Treue danken. All das war uns ein wunderbarer Anlass, um Ihnen unser Pro- gramm für die 41. Saison 2021/22 in einem völlig neuen Kleid vorzustellen. Zu einem ehrgeizigen Programm gesellt sich ein eigenes Jubiläumsfestival, das nicht zuletzt eine Hoffnung aus- drückt: Nachdem der schwarze Corona-Engel mit seinen unsäg- lichen Belastungen für Künstler und Kunst seit einem Jahr auch uns vor Herausforderungen gestellt hat und Konzerte zum großen Teil ausfallen mussten, setzen wir nun darauf, dass dieser böse Fluch nicht auch auf unsere neue Saison übergreift. Natürlich werden wir mit unseren Künstlern auf die aktuellen Entwick- lungen flexibel reagieren müssen. Wir werden Sie stets auf dem Laufenden halten, bauen auf Ihre Flexibilität und hoffen auf Ihr Verständnis.
VEREIN H AU P T G E W I N N E R 21. März 1981. Nach dem Eröffnungskonzert waren alle aufge- wühlt. Nun würde man etwas machen müssen. Denn jetzt besaß Neumarkt nicht bloß einen schönen und funktionellen Kon- zertsaal, sondern gleich einen der weltbesten. Den Ausschlag gab die Akustik, der Goldstandard in der Beurteilung von Musik- sälen. Jedermann in der Branche weiß, dass selbst modernste Berechnungen akustische Ergebnisse niemals wirklich voraus- sagen können. Selbst im 21. Jahrhundert bleibt man auf Glück angewiesen. Und nun das: Mit dem Konzertsaal im Reitstadel zog Neumarkt, akustisch betrachtet, den Hauptgewinn. EIN VEREIN WIRD GEGRÜNDET Diese Chance wollte ergriffen werden. Im Anschluss an das his- torische Ereignis fanden sich auf Initiative von Ernst-Herbert Pfleiderer die Gründer der Neumarkter Konzertfreunde zusam- men. Eine Stadt steht schließlich ständig mit anderen im Wett- bewerb und jetzt konnte man mit einem kulturellen Leuchtturm punkten. Allen war klar: Ein solch außergewöhnlicher Saal muss auch ein hochwertiges Konzertprogramm anbieten. der Vereinsmitglieder geregelt werden. Viele der anfallenden Aufgaben, wie zum Beispiel auch die der künstlerischen Leitung, Unter dem Motto »Ein Hauch von Festspielatmosphäre« ent- erfolgen »pro bono«. gegnete man der internationalen Konkurrenz mit einem Ange- bot, das Metropolen häufig abgeht: Privatheit und Nähe, nicht K A R T E N N AC H F R AG E Ü B E R S T E I G T A N G E B O T zuletzt die zwischen Künstlern und Publikum. Dem stand ein Der Rückblick auf die vergangenen 40 Jahre zeigt heute: Das Mo- nicht zu übersehendes Faktum gegenüber: Selbst bei allen 462 dell ging auf. Die Reitstadel-Konzerte der Neumarkter Konzert- ausverkauften Plätzen würde eine Kostendeckung kaum erreicht freunde sind vom anfänglichen Geheimtipp zur international werden. Hier war Bürgersinn gefragt, auch Lokalpatriotismus. beachteten Institution geworden. Man bietet derzeit Konzerte in Schließlich sollten die Konzerte finanziell erschwinglich blei- drei Abo-Reihen an. Diese werden von einem Publikum aus dem ben. Die Defizitfinanzierung musste durch großzügige Spenden nordbayerischen Umkreis und darüber hinaus angenommen. 8 9
VEREIN Die Kartennachfrage übersteigt regelmäßig das Angebot. Kon- zerte außerhalb der Abo-Reihen und Festivals sprechen auch international reisendes Publikum an. W E LT K A R R I E R E N AC H R E I T S TA D E L- D E B Ü T Somit macht die vielbeschworene Klassikkrise um Neumarkt einen Bogen. Dafür folgen weltweit beachtete Künstlerpersön- FÖ R D E R M I T G LI E D E R lichkeiten gern den hier ausgesprochenen Einladungen. Sie schät- Dr. Ingrid Bär zen das verständige, begeisterungsfähige Publikum, das sich Brigitte Berger auch auf ungewöhnliche Werke einlässt. Programmatische Dr. Dieter Bouhon Vielseitigkeit ist für die Neumarkter Konzertfreunde ebenso ein Barbara Bouhon-Küppersbusch Anliegen wie das Engagement junger, herausragender Talente. Thomas Dehn Hier eine kurze Liste derer, die nach ihrem Reitstadel-Debüt Dr. Franz Ehrnsperger Weltkarriere machten: Emerson String Quartet, Frank Peter Andrea Emmert Zimmermann, Christian Zacharias, Sir András Schiff, Christine Dr. Ekkehard Geist Schäfer, Thomas Quasthoff, Matthias Goerne, Hilary Hahn, Gertraud Hörauf Nikolaj Szeps-Znaider, Quatuor Ébène. Grit Hörndler Werner Klebl Auch in Zukunft wird es in Neumarkt keine künstlich aufge- Marija Korsch bauschten »Events« geben. Stattdessen aber Künstler, die sich Dr. Thomas Lindner auf mehr einlassen als andernorts. Denn in einem gleichen sich Dr. Christian Mickisch Musiker und Publikum: Sie dürsten nach Sternstunden. Sol- Christiane Pfleiderer chen, wie sie seit nunmehr 40 Jahren im Reitstadel mit bewun- Ernst-Herbert Pfleiderer dernswerter Regelmäßigkeit stattfinden. Ernst-Herbert und Christiane Pfleiderer Stiftung Sparkasse Neumarkt-Parsberg DA N K E ! Nach einem Jahr, das uns die Puste raubte – oft sogar wort- FÖ R D E R E R wörtlich hinter den so notwendigen Masken –, hielten alle För- Dr. Andreas Büchting dermitglieder und Förderer dem Verein die Treue, mehr noch: Horst Rüdiger Colsman Mitgliedsbeiträge wurden sogar verdoppelt. Anstatt sich Ticket- Dr. Götz Kockelkorn preise für ausgefallene Konzerte erstatten zu lassen, haben Prof. Matthias und Helene Loebermann viele Besucher ihren Beitrag gespendet. Die Solidarität aller Reitstadel-Freunde war unglaublich, ebenso das Verständnis, das dem Verein entgegengebracht wurde. Ohne Sie wäre das alles nicht gegangen. Ihr Einsatz ist beispielhaft. Danke! 10 11
R E I T S TA D E L KUNST TRIFF T BÜRGERSINN Da darf man sich ausnahmsweise auf die Schulter klopfen! Die Crème de la Crème der Klassikkünstler tritt seit Jahren im Reitstadel auf und macht hier hochgelobte Aufnahmen. Um ein paar der aktuelleren zu nennen: Beethoven-Sonaten mit Igor Levit, Anna Prohaskas Pandemie-Lieder, Brahms-Sonaten mit Jörg Widmann und Sir András Schiff, Schostakowitsch mit dem Goldmund Quartett. Das nur als klingendes Beispiel dafür, was Bürgersinn zu leisten vermag, wenn man Gelegenheiten wahrnimmt und die eigene Stadthistorie als Ressource begreift, mit der man zu wuchern versteht. EINZIGARTIGE AKUSTIK KO N Z E R T S A A L U N D AU F N A H M E S T U D I O Die Erfolgsgeschichte beginnt mit dem Wittelsbacher Pfalzgra- Hiesige Bürger ergriffen das Ruder: Besonders die Initiative des fen Friedrich II. Das unter seiner Herrschaft errichtete Gebäude Neumarkter Konzertfreunde e. V. verhalf dem Historischen Reit- (1521 – 1539) diente jahrhundertelang als Zeughaus, bevor 1850 stadel zu seinem internationalen Ruf. Man nahm kräftig Geld die Chevauleger-Rekruten hier ihre Reitausbildung erhielten, in die Hand. 2001 wurde der Historische Reitstadel um einen was dem Haus seinen neuen Namen gab: »Reitstadel«. modernen Glasanbau, vier zusätzliche Künstlergarderoben und einen rollstuhlgerechten Aufzug erweitert. Nachdem das 400 Jahre alte Gebäude im April 1945 bis auf die Grundmauern zerstört wurde, baute man die Ruine nach 36 All diese Maßnahmen und nicht zuletzt zwei im Klangbild sich Jahren wieder auf. Dies ist vor allem dem langjährigen Ober- ergänzende Steinway-D-Flügel ermöglichten immer anspruchs- bürgermeister Theo Betz und anschließend Kurt Romstöck zu vollere Konzertprogramme – und ließen bald internationale verdanken, der den Stadtratsbeschluss für den Wiederaufbau Labels auf den Reitstadel aufmerksam werden. Das Gebäude 1976 initiierte. Nach dreijähriger Wiederaufbauphase wurde wird seither als Aufnahmestudio für CD-Einspielungen außer- der Historische Reitstadel seiner neuen Bestimmung als Kul- ordentlich geschätzt. Häufig werden die Konzerte von Rund- turzentrum übergeben. Im Innern verbarg sich nun ein echtes funkanstalten mitgeschnitten. Wunder: der Konzertsaal mit 462 Plätzen, dessen Akustik unter Kennern als weltweit einzigartig gilt. 12 13
MUSIKMÄNNCHEN KL ANG IN SEINER G A N Z E N V I E L FA LT »Das Gewand des Musikers« ist eines von insgesamt 97 »Gewän- dern«, die von der Druckerfamilie de Larmessin im Lauf einiger Jahre entworfen wurden. Jedes einzelne dieser 97 »Costumes Grotesques« symbolisiert einen bestimmten Berufsstand. Das »Habit de Musicien« zeigt grafisch sehr eindrucksvoll und selbst- erklärend die Vielseitigkeit musikalischer Ausübung auf. Diese korrespondiert sehr gut mit der ungewöhnlichen Vielseitigkeit unserer Programme und Besetzungen, die inhaltlich die Musik von der Renaissance bis zur Moderne abbilden. Deshalb wählte 1981 der Neumarkter Konzertfreunde e. V. diese Grafik des »Musikmännchens«, wie wir es getauft haben, als sein Symbol. Wir haben es markenrechtlich für uns schützen lassen. »H A B I T D E M U S I C I E N« »Das Gewand des Musikers« Grafik von Nicolas de Larmessin, Paris 1695, aus »Les Costumes Grotesques et les Métiers« 14
G Ä S T E LI S T E K L AV I E R Márta Kurtág FLÖTE Jean-Sélim Abdelmoula Dejan Lazić Davide Formisano Valéry Afanassiev Éric Le Sage Sir James Galway Piotr Anderszewski Polina Leschenko Aurèle Nicolet BESTENLISTE Leif Ove Andsnes Martha Argerich Robert Levin Igor Levit Christiane Nicolet Emmanuel Pahud Kit Armstrong Konstantin Lifschitz Marina Piccinini Vladimir Ashkenazy Alexander Lonquich Maurice Steger Sergei Babayan Radu Lupu Jacques Zoon Tzimon Barto Oleg Maisenberg OBOE Elena Bashkirova Alexander Melnikov Simon Dent Auswahl aufgetretener Lena Neudauer V I O L O N C E LL O Boris Berezovsky Olli Mustonen Heinz Holliger Künstler und Ensembles Enrico Onofri Nicolas Altstaedt Aci Bertoncelj Ferhan und Ferzan Önder François Leleux Alina Pogostkina Claudio Bohórquez Kristian Bezuidenhout Enrico Pace Albrecht Mayer V I O LI N E Daniel Sepec Gautier Capuçon Frank Braley Murray Perahia Salvatore Accardo Yuuko Shiokawa Sol Gabetta Ronald Brautigam Francesco Piemontesi KL ARINET TE Lisa Batiashvili Dmitry Sitkovetsky Alban Gerhardt Alfred Brendel Mikhail Pletnev Martin Fröst Amandine Beyer Baiba Skride David Geringas Yefim Bronfman Juho Pohjonen Sharon Kam Kolja Blacher Nikolaj Szeps-Znaider Natalia Gutman Lucas Debargue Swjatoslaw Richter Sebastian Manz Renaud Capuçon Christian Tetzlaff Clemens Hagen Helmut Deutsch Sir András Schiff Paul Meyer Veronika Eberle Candida Thompson Narek Hakhnazaryan Konstanze Eickhorst Peter Serkin Sabine Meyer Isabelle Faust Richard Tognetti Marie-Elisabeth Hecker Karl Engel Norman Shetler Wolfgang Meyer Julia Fischer Viktor Tretjakov Steven Isserlis Michail Erochin Henri Sigfridsson Andreas Ottensamer Vilde Frang Carolin Widmann Sebastian Klinger Till Fellner Antti Siirala Reiner Wehle Vadim Gluzman Tianwa Yang Anastasia Kobekina Irwin Gage Lauma Skride Jörg Widmann Karen Gomyo Thomas Zehetmair Harriet Krijgh Michael Gees Grigory Sokolov Augustin Hadelich Frank Peter Zimmermann Mischa Maisky Kirill Gerstein Edna Stern FAG O T T Hilary Hahn Serge Zimmermann Antonio Meneses Paolo Giacometti Duo Tal & Groethuysen Eberhard Marschall Erich Höbarth Daniel Müller-Schott Jonathan Gilad Alexandre Tharaud Klaus Thunemann Esther Hoppe VIOLA Truls Mørk Itamar Golan Cédric Tiberghien HORN Alina Ibragimova Yuri Bashmet Miklós Perényi Markus Groh Daniil Trifonov Olivier Darbellay Clara-Jumi Kang Gérard Caussé Boris Pergamenschikow Andreas Haefliger Mitsuko Uchida Marie-Luise Neunecker Leonidas Kavakos Bruno Giuranna Christian Poltéra Daniel Heide Mihaela Ursuleasa Radovan Vlatković András Keller Nobuko Imai Jean-Guihen Queyras Martin Helmchen Dénes Várjon Sergey Khachatryan Kim Kashkashian Mstislaw Rostropowitsch Hartmut Höll Lars Vogt T R O M PE T E Patricia Kopatchinskaja Nils Mönkemeyer Heinrich Schiff Gerold Huber Alexei Volodin Maurice André Gidon Kremer Lawrence Power Gabriel Schwabe Christiane Jaccottet Shai Wosner Alison Balsom Pekka Kuusisto Liisa Randalu Julian Steckel Lusine Khachatryan Gérard Wyss Gábor Boldoczki David McCarroll Hariolf Schlichtig Tanja Tetzlaff Matthias Kirschnereit William Youn Reinhold Friedrich Midori Antoine Tamestit István Várdai Zoltán Kocsis Christian Zacharias Ludwig Güttler Viktoria Mullova Tabea Zimmermann Pieter Wispelwey Ewa Kupiec Lilya Zilberstein Sergei Nakariakov Marko Ylönen 16 17
S C H L AG Z E U G COUNTERTENOR S T R E I C H Q UA R T E T T Aulos Bläserquintett Daniel Giglberger Ensemble der »Interna Evelyn Glennie Philippe Jaroussky Alban Berg Quartett Balthasar-Neumann-Chor Reinhard Goebel tionalen Gesellschaft für Martin Grubinger Reginald Mobley Apollon Musagète Quartett Beaux Arts Trio HK Gruber Neue Musik« Basel Günter »Baby« Sommer Alex Potter Arcanto Quartett Bläserensemble Sabine Meyer Florian Helgath Ensemble Oriol / Kammer- Andreas Scholl Armida Quartett Calamus Ensemble Thomas Hengelbrock akademie Potsdam W E I T E R E K Ü N S T LE R Artemis Quartett Canadian Brass Pablo Heras-Casado Ensemble Resonanz Avi Avital TENOR Belcea Quartet Chanticleer Philippe Herreweghe Franz Liszt Chamber Julian Bream Daniel Behle Brodsky Quartet Chorwerk Ruhr Juha Kangas Orchestra Budapest Ursula Holliger Christian Elsner Carmina Quartett Ensemble amarcord Ton Koopman Freiburger Barockorchester John-Edward Kelly Werner Güra Cherubini Quartett Ensemble Artaserse Jerzy Maksymiuk Gli Incogniti Viktor Kopatchinsky Jan Kobow Cuarteto Casals Güher & Süher Pekinel Antonello Manacorda Hespèrion XXI Philipp Moll Mark Padmore Emerson String Quartet L’Arpeggiata Sir Roger Norrington I Barocchisti Elsbeth Moser Christoph Prégardien Hagen Quartett Les Vents Français Krzysztof Penderecki I Musici Fiamminghi Alois Posch Julian Prégardien Jerusalem Quartet London Brass Trevor Pinnock I Solisti Veneti Peter Schreier Keller Quartett Los Angeles Jubilee Singers Christina Pluhar Il Giardino Armonico S O PR A N Kronos Quartet Los Romeros Christoph Poppen Irish Chamber Orchestra Juliane Banse BARITON Kuss Quartett Menuhin Festival Piano Jordi Savall Kammerorchester Basel Véronique Gens Christian Gerhaher Melos Quartett Quartet Claudio Scimone Kremerata Baltica Christiane Iven Matthias Goerne Meta4 Moskauer Solisten Ensemble Sándor Végh Mahler Chamber Orchestra Christiane Karg Konrad Jarnot Miró Quartet Philharmonische Cellisten Mario Venzago Münchener Kammerorchester Julia Lezhneva Sebastian Noack Panocha Quartet Köln Jürg Wyttenbach Musica Antiqua Köln Edith Mathis Hermann Prey Parker Quartet Philip Jones Brass Ensemble Musikkollegium Winterthur Christiane Oelze Thomas Quasthoff Pavel Haas Quartet Singer Pur ORCHESTER Nederlands Kamerorkest Marlis Petersen Andrè Schuen Petersen Quartett Stuttgarter Klaviertrio Academy of St. Martin Orchestra Of The 18th Century Anna Prohaska Bo Skovhus Pražák Quartet The Hilliard Ensemble in the Fields Ostrobothnian Chamber Christine Schäfer Michael Volle Quatuor Ébène The King’s Singers Akademie für Alte Musik Orchestra Letizia Scherrer Quatuor Modigliani Trio Fontenay Berlin Polnisches Kammerorchester / Mitsuko Shirai W O R T B E I T R AG Rosamunde Quartett Trio Jean Paul Amsterdam Baroque Sinfonia Varsovia Cheryl Studer Péter Esterházy Schumann Quartett Trio Opus 8 Orchestra Royal Northern Sinfonia Julia Varady Peter Fricke Szymanowski Quartet Trio Ponti Amsterdam Sinfonietta Swedish Chamber Orchestra Peter Härtling Tetzlaff Quartett Trio Weinmeister Bach Collegium München Tapiola Sinfonietta M E Z Z O S O PR A N Imre Kertész Tokyo String Quartet Trio Zimmermann Balthasar-Neumann-Ensemble The Consort of Musicke Ingeborg Danz Georg Kreisler Vogler Quartett Wiener Streichsextett Camerata Bern The English Concert Stella Doufexis György Kurtág Wolfgang Bauer Consort Camerata Salzburg The Knights Brigitte Fassbaender Christa Lichtenstern E N S E M B LE Cappella Andrea Barca The Nash Ensemble Angelika Kirchschlager Gerhard Polt Albert Schweitzer Oktett DIRIGENT Cappella Istropolitana of London Magdalena Kožená Katharina Thalbach Álvarez Klavierquartett Giovanni Antonini Chamber Orchestra of Europe Venice Baroque Orchestra Annette Markert Stefan Wigger Amphion Bläseroktett Jiří Bělohlávek Concerto Köln Wiener KammerOrchester Gabriela Scherer Annapolis Brass Quintet Thomas Dausgaard Die Deutsche Kammerphil- Württembergisches Anthony & Joseph Paratore Diego Fasolis harmonie Bremen Kammerorchester Atos Trio Dietrich Fischer-Dieskau Heilbronn 18 19
ABO-REIHE X Y WIR RINGEN: M I T U N S S E L B S T, M I T KÜNSTLERN, MIT E R WA R T U N G E N . W I E DA S S O I S T, W E N N KO N Z E R T E M A N V E R A N S TA LT U N G E N NICHT BLOS S EINK AUF T, S O N D E R N KO N Z I P I E R T. Annett Baumeister, Leitung Konzertplanung 20
40 JA H R E J U B I L ÄU M zur Moderne fand, als er Volkslieder den Romantikern als das Modernste transkribierte. schlechthin erschienen, siehe Chopin Die »Rumänischen Volkstänze«, (den dritten Buchstaben des Alphabets die im Reitstadel erklingen, wurden repräsent ierend, dennoch ebenfalls ein D I E VIER G R O S S E N » B « gleich in mehreren Fassungen einge richtet, um ihre Popularität in klingen erstk lassiger Komponist). Und Beethoven? Der war doch de Münze umzuwandeln. Es ist fast stets der radikalste unter den Bilder schon ein Naturgesetz: Ein neuer Stil stürmern gewesen. Dass seine Musik tritt häufig im Gewand des Einfachen heute so klassisch erscheint, kommt oft auf, was nicht zuletzt ein Seitenblick daher, dass wir nicht mehr genau hin auf die bildende Kunst zeigt. Die hören. Als Beispiel sei das so vertraute Unsere vier großen »B« sind das Zurückblicken in Mode war. »unvollendeten Skizzen« der frühen Violinkonzert erwähnt. Wieso lässt immer noch unvollständig. Zu Bach, Brahms’ Klarinettentrio verabschiedet Romantiker wurden von den Zeitge Beethoven es ausgerechnet mit einer Beethoven, Brahms und Bartók, von die Romantik, Beethoven läutet sie mit nossen ebenso skeptisch beäugt wie Solopauke beginnen? Dieser Anfang denen Werke am Jubiläumswochen- seinem »Gassenhauer-Trio« ein. Wäh- die Zeichnungen der Moderne, von wirkt selbst heute bizarr, wenn man ende im Reitstadel aufgeführt werden, rend Brahms’ Trio Novemberstimmung denen es schnell hieß, das könne sich einmal über Beethoven zu wundern dürften sich gern noch Bruckner, ausbreitet, herrscht bei Beethoven der »mein Kind ja wohl auch«. erlaubt, anstatt, wie man es in der Schule Boulez, Borodin, Boulanger, Berg und Frühling vor. Verstärkend wirkt, dass lernt, ihn immer nur zu bewundern. Britten hinzugesellen. Doch sollen uns Beethovens Opus das Werk eines jun- B E E T H OV E N S T R O M M LE R S C H L ÄG T Beethovens Trommler schlägt der Fran die vier erwählten reichen, um über gen Mannes ist, das von Brahms hinge- D E R F R A N Z Ö S I S C H E N R E VO L U T I O N zösischen Revolution den Takt an. Doch eine Beobachtung nachzusinnen: dass gen eine Alterssünde, letzte Auflehnung D E N TA K T A N auch Avantgardist Beethoven schaut in der Kunst wie im Leben Rückschau gegen den selbst geäußerten Wunsch, Noch in Bartóks drittem Klavier zurück: Die Hauptmelodie seines Kon und Vorauslaufen oft eine Frage des mit dem Komponieren aufzuhören. konzert erklingen im langsamen Satz zerts erinnert nicht zufällig an den Charakters sind. Doch schon der junge Brahms kleine Kindermelodien, die der Kompo Anfangschoral aus Mozarts Klarinetten wollte alt wirken. Das ist schön in seinen nist sein ganzes Leben lang so geliebt quintett, ebenso wie beider Nebenthema WÄ H R E N D B R A H M S ’ T R I O N OV E M B E R- beiden Serenaden zu hören, herrlichen hat. Das Klavierkonzert zählt zu Bartóks erst in Dur und dann in Moll erklingt. S T I M M U N G AU S B R E I T E T, H E R R S C H T Jugendwerken, die der Komponist gleich- letzten Werken. Der todkranke Künst Beethovens Konzert erweist Mozarts B E I B E E T H OV E N D E R F R Ü H L IN G VO R sam mit Patina einfärbte, indem er die ler greift Bach, Beethoven und Mozart Quintett die Reverenz. Bach und Brahms zählen zu den tiefen, »ehrwürdigen« Klangregister auf, dazu natürlich wieder die osteuro großen Konservativen in der Musik, bevorzugte – in der zweiten Serenade päische Volksmusik. Dass sein Konzert O R I G I N A LI TÄT ? I S T D O C H N U R M A N G E L Beethoven und Bartók hingegen zu den hat Brahms dann konsequenterweise so zugänglich wirkt, verdankt sich A N LI T E R AT U R K E N N T N I S S E N ! Bilderstürmern. Als Bach seine Violin- ganz auf die Geigen verzichtet. keiner neuen, sondern einer »alten Ein Letztendlich, um einen alten sonaten schrieb, stand er allein auf fachheit«: dem letzten Lächeln eines Ästhetikerwitz zu zitieren, ist Origina weiter Flur. Zeitgenossen fanden ihn E I N N E U E R S T I L T R I T T H ÄU F I G I M weisen Meisters, der zurückblickt. Wie lität vielleicht doch nur der Mangel an genial, aber vorgestrig. Die neue Einfach- G E WA N D D E S E I N FAC H E N AU F überhaupt Begriffe wie »Konservatis Literaturkenntnissen? Alles ist schon heit, der seine komponierenden Söhne Bleiben wir noch beim ewig mus« und »Avantgarde« letztendlich einmal dagewesen, die Zukunft jedoch bereits anhingen, blieb ihm zeitlebens jungen Beethoven. Der »Gassenhauer«, nur Etiketten sind. Großes Talent trans gehört den Aufrechten. Was wir nicht fremd. Auch Brahms galt bereits zu Leb- der seinem Trio den Namen gab, zeigt zendiert die Begrenzungen des Charak zuletzt von unseren vier großen »B« zeiten als der große Konservative der an: Die Romantik entsprang aus dem ters. Der konservative Brahms hat einen lernen können. Musik, nur hatte er das Glück, im Zeit- Geist der Popularmusik. Ähnliches gilt Schönberg zu kühnen Schöpfungen alter des Historismus zu leben, als auch für Béla Bartók, der seinen Weg inspiriert, so wie Bachs Cembalowerke 22 23
40 JA H R E J U B I L ÄU M B E E T H OV E N V I O L I N KO N Z E R T M A H LE R C H A M B E R O R C H E S T R A A LI N A I B R AG I M OVA Violine L U D W I G VA N B E E T H OV E N Ouvertüre zu »Die Weihe des Hauses« Violinkonzert D-Dur op. 61 JOHANNES BRAHMS Serenade Nr. 2 A-Dur op. 16 F E S T LI C H E S E R Ö F F N U N G S KO N Z E R T Keine Geigen! Dafür Bläseridyllen und Bratschen, die nach Gam- ben klingen: in Brahms’ Serenade, die das Mittelalter beschwört. Zuvor hat man umso mehr im Geigenklang geschwelgt – dank der britisch-russischen Solistin Alina Ibragimova, die zur Eröffnung unseres Jubiläumsfestivals das größte aller Violinkonzerte zur Aufführung bringt. Jeder, der nur ab und zu ein klassisches Kon- zert besucht, dürfte Beethovens populäres Meisterwerk im Ohr haben. Brahms’ Serenaden hingegen sind eine echte Entdeckung: Nie zeigte sich der Komponist so melodieverliebt wie in seinem romantischen Frühwerk. A LI N A I B R AG I M OVA F R E I TAG Einst stellte sie das Foreign and Commonwealth Office in einem 1. O K T O B E R 2 0 2 1 Bewerbungsfilm für die Olympischen Spiele vor. Auch wir haben 20 UHR die britisch-russische Künstlerin als eine der bemerkenswertes- € 7 7 • 5 7 • 3 7 • 18 ten künstlerischen Stimmen des Königreiches kennengelernt – und sie prompt wieder eingeladen. 24 25
ABO-REIHE X Y WIE UNERHÖRT B E E T H OV E N W I R K E N K A N N , B E W E I S T E I N E X P E R I M E N T. AC H T E N S I E E I N M A L N U R AU F D I E S O L OV I O L I N E ! WA N N S P I E LT S I E H AU P T M E L O D I E N ? S E LT E N E R , A L S M A N D E N K T. E I N » KO N Z E R T G E G E N D I E VIOLINE« HIESS ES MAL . WIR H Ö R E N E H E R : B E E T H OV E N S ZEHNTE SINFONIE. Beethovens Opus 61 ist das erste sinfonische Violinkonzert. WENN STEINE SINGEN Oft verbindet man Musik mit Natur. Aber mit Wänden? Barocke Königsrhythmen wirken durchaus wie Säulengänge. Händel- sche Fanfaren verleihen Beethovens Ouvertüre zu »Die Weihe des Hauses« statutarische Würde. Und wenn Brahms’ Serenade das Holz mit tiefen Streichern zu polyphonen Mustern verfugt, dann erinnert das weniger an Wald und Wiese als an Fachwerk – vielleicht sogar an den damals im deutschsprachigen Raum so beliebten »Schweizer Stil«. 26 27
40 JA H R E J U B I L ÄU M I S A B E L L E FAU S T S P I E LT B AC H I S A B E L L E FAU S T Violine KRISTIAN BEZUIDENHOUT Cembalo J O H A N N S E B A S T I A N B AC H Sonate für Violine und Cembalo E-Dur BWV 1016 Sonate für Violine solo Nr. 1 g-Moll BWV 1001 Sonate für Violine und Cembalo h-Moll BWV 1014 Toccata d-Moll BWV 913 Sonate für Violine und Cembalo G-Dur BWV 1019 DA S U N I V E R S U M I N D E R N U S S S C H A LE Brahms war fassungslos: »... eine ganze Welt von tiefsten Gedan- ken und gewaltigsten Empfindungen« – und das auf nur vier Geigensaiten! Bachs Werke für Solovioline bergen ein Univer- sum in einer Nussschale, um einen berühmten Buchtitel von Stephen Hawking aufzugreifen. Zu Bachs Solosonate fügen wir noch eine Cembalo-Toccata und die Duosonaten hinzu: Fertig ist ein Programm für die Ewigkeit – mit zwei Künstlern, die damit bereits für ihre CD höchste Lobeshymnen einheimsten. I S A B E LLE FAU S T U N D K R I S T I A N B E Z U I D E N H O U T M AT I N E E O H N E PAU S E »Wenn ich mit ihr arbeite, spiele ich besser«, sagen Musiker- S A M S TAG kollegen über Isabelle Faust, die auf den großen Bühnen gleicher- 2. OKTOBER 2021 maßen mit Hochromantik, musikalischer Avantgarde und in 11 U H R historischer Aufführungspraxis brilliert. Ihr Bach-Programm bestreitet Faust mit einem echten Star der Alte-Musik-Szene, € 4 6 • 3 6 • 2 6 • 18 dem südafrikanischen Cembalisten Kristian Bezuidenhout. 28 29
40 JA H R E J U B I L ÄU M EIN ABEND DER K AMMERMUSIK J Ö R G W I D M A N N Klarinette C LE M E N S H AG E N Violoncello K I R I L L G E R S T E I N Klavier L U D W I G VA N B E E T H OV E N Klarinettentrio B-Dur op. 11 »Gassenhauer-Trio« JOHANNES BRAHMS Klarinettentrio a-Moll op. 114 PAU S E E S T H E R H O PPE Violine A N N A B E LLE M E A R E Violine DAV I D M C C A R R O L L Violine S E R G E Z I M M E R M A N N Violine L AW R E N C E P O W E R Viola L A R S A N D E R S T O M T E R Viola C H R I S T I A N P O LT É R A Violoncello I S T VÁ N VÁ R DA I Violoncello GEORGE ENESCU Streichoktett C-Dur op. 7 »DA S U N B E G R E I F LI C H S T E TA LE N T S E I T M O Z A R T« Brahms und Beethoven kennen Sie. Doch Enescu? Der rumäni- sche Komponist war das unbegreiflichste Talent seit Mozart, wie nicht nur sein Schüler Yehudi Menuhin befand. Enescus Oktett, das er mit 19 Jahren schrieb, verbindet raffinierte Kon- trapunktik mit rumänischer Bauernmusik. Es sind die besten S A M S TAG Künstler unserer Zeit, die sich seiner Musik annehmen: Freunde 2. OKTOBER 2021 und Weggefährten, die bereits seit Jahren in Neumarkt kon- 20 UHR zertieren. € 5 6 • 4 6 • 3 6 • 18 30 31
40 JA H R E J U B I L ÄU M BARTÓK K L AV I E R KO N Z E R T N R . 3 B U DA PE S T F E S T I VA L O R C H E S T R A I VÁ N F I S C H E R Dirigent S I R A N D R Á S S C H I F F Klavier L U D W I G VA N B E E T H OV E N »Coriolan«-Ouvertüre c-Moll op. 62 BÉLA BARTÓK Konzert für Klavier und Orchester Nr. 3 J O S E PH H AY D N Sinfonie Nr. 88 G-Dur BÉLA BARTÓK »Rumänische Volkstänze« W E L C H E R F R E U LI C H E S W I E D E R H Ö R E N Der »Heilige Dankgesang« von Beethoven tröstete den todkran- ken Béla Bartók so sehr, dass er diese Musik gewissermaßen noch einmal schrieb: als zweiten Satz seines dritten Klavier- konzerts. Alles kommt wieder in der Musik. Und auch wir hal- ten an Freunden fest, wie Sie an dem Solisten dieses Konzerts sehen können. SIR ANDR ÁS SCHIFF Warum der Pianist zu den bedeutendsten Bartók-Interpreten S O N N TAG zählt? Beginn des dritten Klavierkonzerts: Diese Musik singt 3. OKTOBER 2021 und spricht zugleich. Exakt in diesem »zugleich« liegt auch die 11 U H R große Kunst des begnadeten Schubertspielers und gebürtigen € 7 7 • 5 7 • 3 7 • 18 Ungarn Schiff. 32 33
»S O W I R D M A L M E I N E NEUNTE KLINGEN«, MEINTE BR AHMS ZUM L ARGO DER 8 8 . S I N F O N I E . W I E H AY D N DA S S O L O C E L L O M I T D E R O B O E Z U S A MME NF Ü HR T ! W IE S E I N E E R S T E DA N N Z E I G T E , H AT T E B R A H M S G E N AU H I N G E H Ö R T. B rahms’ Mischklänge nahmen sich die von Haydn zum Vorbild. I VÁ N F I S C H E R U N D DA S B U DA PE S T F E S T I VA L O R C H E S T R A Das Budapest Festival Orchestra wird heute in einem Atem- zug mit den Berliner Philharmonikern, dem Concertgebouw Orchestra und Klangkörpern vergleichbarer Qualität genannt. Das verdankt sich nicht zuletzt seinem Gründer Iván Fischer. Um sein Klangideal zu verwirklichen, experimentiert der Dirigent unablässig mit ungewohnten Sitzordnungen. Man versteht sich als Erbe einer großen musikalischen Tradition, was nicht zuletzt die durchdachten Programme verdeutlichen. 34 35
40 JA H R E J U B I L ÄU M BR AHMS EIN DEUTSCHES REQUIEM B A LT H A S A R- N E U M A N N - C H O R T H O M A S H E N G E LB R O C K Dirigent K AT H A R I N A KO N R A D I Sopran M I C H A E L N AGY Bariton D É N E S VÁ R J O N U N D I Z A B E L L A S IM O N Klavier JOHANNES BRAHMS »Ein deutsches Requiem« op. 45 für Soli, Chor und zwei Klaviere (Londoner Fassung) D E R G A N Z E R E I C H T U M L I E G T N U N DA Brahms’ Requiem für zwei Klaviere? Und das mit einem kompro- misslosen Künstler wie Thomas Hengelbrock? Nun: Die Bühne der Romantik war der Salon. Kammermusik-Fassungen waren T H O M A S H E N G E LB R O C K da keine Verlegenheitslösungen, sondern fast schon Heimho- Wer einen Heinrich Schütz nur vom Hörensagen kennt, der lungen. Brahms selbst fertigte von einigen seiner Werke Alter- kann auch nicht wirklich Brahms’ Musik aufführen. Schon gar nativfassungen für zwei Klaviere an. In solch intimem Gewand nicht dessen Herzenswerk, das »Deutsche Requiem«, welches verwandelt sich ein »Selig sind, die da Leid tragen« vom Kir- tief aus der barocken Chorpraxis schöpft, um diese dann in die chenwort in ein persönliches Bekenntnis ... romantische Gesangstradition zu überführen. Mit solchen his- torischen Überblendungen kennt sich der Geiger und Orchester- leiter Thomas Hengelbrock bestens aus, der, von der historischen Aufführungspraxis kommend, heute regelmäßig Uraufführun- gen dirigiert. Als Universalkünstler im goetheschen Sinne legte Hengelbrock bereits mit der Namenswahl des von ihm gegrün- S O N N TAG deten Balthasar-Neumann-Chors ein Bekenntnis ab zum krea- 3. OKTOBER 2021 tiven Zusammenspiel der Künste. 18 . 3 0 U H R € 7 7 • 5 7 • 3 7 • 18 36 37
ABO-REIHEN LIEBEN, LEIDEN, K AMMERMUSIK. Zuerst ein Rückblick: Im Frank- Sie plappert vielleicht nicht in Mozarts reich des 19. Jahrhunderts galt nur »Requiem«, aber doch in einem die Oper etwas, Kammermusik hinge- Haydn-Quartett. gen war typisch deutsch, somit gehalt- Die Wissenschaft adelt dieses voll, aber unsexy. Um auch die Opern- »Plappern« mit dem Begriff »Konversa- fans unter den Lesern für unsere spröde tionston«. Über diesen hören Menschen, Schöne zu gewinnen, beginnen wir die mit Beethoven und Wagner musi also unser Nachdenken über Streich- kalisch aufgewachsen sind, oft gnädig quartett & Co. mit der schlichtesten hinweg. Dabei hat das 18. Jahrhundert Frage der Welt: Wie wird das Wetter ständig vom Wetter geredet. Die Stil- morgen? schulung am Hofe verbot es, die Welt mit Seelenschmerz zu behelligen. Ü B E R D E N »KO N V E R S AT I O N S T O N« Erlaubt war es hingegen, den Bewerber in die Instrumentalmusik gebracht. Oder Was passiert eigentlich, wenn nichts HÖREN MENSCHEN, DIE MIT BEE THOVEN um ein Stelldichein mit Verweis auf den achten Sie einmal darauf, wie Haydn passiert? Das Leben: Singleleben, M U S I K A LI S C H AU FG E WAC H S E N S I N D, ungünstigen Wolkenstand in Verzweif- die Hauptmelodie seines h-Moll- Eheleben, Liebe, Langeweile, Lebewohl. OFT GNÄDIG HINWEG lung zu treiben. Oder ihn zu erlösen: Quartetts in Dur beginnt und in Moll Kein Mord und Totschlag hoffentlich. Die Frage ist alles andere als »Vielleicht ..., wenn es das Wetter mor- beschließt. Hier redet einer übers Wet- Meist kann man ruhig in den Spiegel harmlos. Denken Sie sich folgende Szene gen erlaubt?« Womögl ich ließ Madame ter, dem mittendrin der Ton wegbricht. schauen. Das Leben im Konversationston am Frühstückstisch: Sie bedrängt ihn, dann ihr Taschent uch fallen, um Mon- Der Zauber dieser Musik erschließt sich ist, wenn man es recht bedenkt, hohe dass er ihr endlich einmal zuhöre. Er, sieur das Vergnügen zu gestatten, heute denen, die zwischen den Zeilen hören. Kunst – und zwar nicht nur, wenn sich hinter seiner Zeitung, murmelnd: »Wie schon vor ihr auf die Knie zu gehen. Ganz anders eine Generation später, seiner Komponisten annehmen. wohl das Wetter morgen wird?« Ein Die hohe Kunst der höfischen wenn in Schuberts »Der Tod und das Satz wie ein Fallbeil, das in eine alte Konversation: Bekommen auch Sie nun Mädchen«-Quartett die pure Verzweif- Ehe kracht. Unser Beispiel ist bewusst Lust darauf? Dann hören Sie sich einmal lung ausbricht. Über den Sturm, der in gewählt, weil das »Übers-Wetter-Reden«, Mozarts »Gran Partita« an. Hier plap- Schuberts A-Dur-Sonate wütet, meinte das »Plappern« also, für das Verständnis pern die Holzbläser und, ganz ehrlich, der Pianist Alfred Brendel sogar, dass von klassischer Musik enorm wichtig bei keinem anderen Komponisten plap- man ähnlich Kühnes erst wieder bei ist. Selbst Kenner finden oft, dass pern sie so schön. Mozarts Holzbläser dem Expressionisten Arnold Schönberg Mozarts oder Haydns Musik »plappere«. haben das erotische Spiel seiner Opern wiederfinden würde. Weil sie hinter 38 39
Schwarz-Weiß-Fotografie, wo der Ver- seinen Komponistenfreund für dessen zicht auf Farben die formale Qualität österreichischen Kollegen entzündete. eines Bildes oft entschieden steigert. So ist das Trio des Russen voller An- Auch war es immer einfacher vier »Ver- klänge an Mahler und jüdische. Weil rückte« zu finden, die dem Komponis- aber Schostakowitsch seine Kammer- ten auf seinen abwegigsten Wegen zu musik wie ein Tagebuch mit vielen Quer- folgen bereit waren, als selbiges vom verweisen versah, findet man die Klez- Orchester zu verlangen. Während Sinfo- mermusik aus dem Trio auch in seinem nik und Oper stets die Massen erreichen achten Streichquartett. Hier antwortet mussten, richtete sich Kammermusik der Komponist auf den sowjetischen an Freunde und Kenner. Mit seinem Zwang nach Kollektiverlebnissen mit Oktett liefert uns Schubert dafür ein einem Bekenntnis zum eigenen Ich. besonders schönes Beispiel. Dieser Musik Sein achtes Quartett begann er mit sei- hört man die schöne Landschaft fast nem Monogramm in Tönen: D-Es-C-H. schon an, in die sich Musikerfreunde zurückzogen, um an dem Werk zu DIE GROSSE KUNST DES BAROCKS: üben. Landschaft ist auch in Schuberts DA S »PL A PPE R N« M I T D E M PAT H O S »Schöner Müllerin« die Hauptdarstel ZU VERBINDEN lerin. Weil ihm die Menschen zu viel Mit einer Feier des Individuums plappern, spricht der Müllersbursche setzte auch die Musik um 1600 an. Die mit dem Fluss. Heiligenbildnisse der Zeit zeigen es Die Romantiker, die sich so deutlich: die Glieder vor Schmerz ver- sehr nach einem ehrlichen Gegenüber zerrt, die Blicke in ihrer Sehnsucht nach sehnten, erfanden auch dessen Gegen- dem Göttlichen fast schon wollüstig. Ein Hübsch sieht es nicht gerade aus, wie jedem Reden übers Wetter Konvention teil: den »unzuverlässigen Erzähler«. Schubert hätte sich verstanden gefühlt, bei Bernini der Nymphe Daphne das und Lüge vermuteten, bevorzugten So ist unklar, ob es einen Müllersbur- wie es ja überhaupt die Romantiker Gesicht entgleist. So will eigentlich keiner die Romantiker die grausame Eindeu- schen wirklich gab oder ob ein blasser waren, die den Barock wiederentdeckten. gesehen werden. Außer im Privatfern tigkeit des Schmerzes. Jüngling von Natur, Frau und Liebestod Ohne Bachs Vorbild keine Etüden von sehen! Oder in der Oper, was fast das träumt, während er vor seinen Büchern Chopin. Nicht zuletzt verstand es der Gleiche ist. Dass das Unhübsche schön TAG E B U C H F Ü R F R E U N D E U N D einschläft. barocke Mensch, das Pathos mit dem sein kann, wurde um 1600 für die Musik KENNER: K AMMERMUSIK Zwischen Schubert und Schosta- Plappern zu verbinden. »Ich sterbe, ich entdeckt. Und nie wieder vergessen: Auf diese Weise liefert uns die kowitsch gibt es ein Bindeglied, einen vergehe, ich leide Höllenqualen, ...« hieß nicht bei Schubert, Wagner, Berg. Musikgeschichte eine Bühne, auf der Komponisten, dem hier nur deshalb es da in den Madrigalen, »... weil sie an die großen Fragen des Lebens erörtert keine Rolle zugewiesen wird, weil er mir vorbeiging und nicht ›Guten Tag‹ werden. Zu diesen gehört, wie wir keine nennenswerte Kammermusik sagte«. In diesem Sinne: Einen sonnigen sahen, die nach dem Wetter durchaus hinterließ: Gustav Mahler. Auf Mahler Tag wünschen wir Ihnen! Und auf ein dazu. Als besonders gutes Medium hat bezog sich Schostakowitsch in seinem baldiges Wiedersehen – gern zu guter sich dabei die Kammermusik entpuppt. zweiten Trio. Er griff dabei die russische Kammermusik. Die Reduktion auf wenige Stimmen Tradition auf, diese Gattung einem führt zur Vertiefung des Ausdrucks. Der Vers torb enen zu widmen. Hier war es Vorgang findet eine Parallele in der ein sowjetischer Mahler-Forscher, der 40 41
ABO-REIHEN A • G D E R T O D U N D DA S MÄDCHEN G O LD M U N D Q UA R T E T T Streichquartett J O S E PH H AY D N Streichquartett h-Moll op. 33 Nr. 1 »Russisches Quartett« D M I T R I S C H O S TA KO W I T S C H Streichquartett Nr. 8 c-Moll op. 110 FR ANZ SCHUBERT Streichquartett Nr. 14 d-Moll »Der Tod und das Mädchen« M A R K S T E I N E D E S S T R E I C H Q UA R T E T T S Nachdem die Haydn- und Schostakowitsch-Aufnahmen des Goldmund Quartetts mit Kritikerlob überhäuft wurden, ergab sich die Brücke zu Schubert fast von selbst. Alle drei Werke sind Marksteine in der Geschichte des Streichquartetts. Mit seinem kühnen Beginn leitet Haydns Opus 33 Nr. 1 die Wiener Klassik ein. Schuberts »Der Tod und das Mädchen«-Quartett ist ebenso Bekenntniswerk wie Schostakowitschs berühmtes c-Moll-Quartett. MIT T WOCH 2 7. O K T O B E R 2 0 2 1 20 UHR € 5 5 • 4 5 • 3 5 • 18 42 43
ZUR WIENER C AFÉHAUS- K U LT U R G E H Ö R T E A U C H S TE T S DAS JÜDISCHE. ES WAR IN WAHRHEIT AUCH: DAS EUROPÄISCHE. JÜDISCHES LIEDGU T VERWENDE TE DMITRI SCHOSTAKOWITSCH ALS KRITIK AM SOWJE TISCHEN A N T I - S E M I T I S M U S – U N D U M DEM WIENER GUS TAV MAHLER Z U HULDIGEN. lezmeranklänge finden sich auch in K Schostakowitschs c-Moll-Quartett. DER KELLNER BRINGT DIE RECHNUNG SCHERZ UND HINTERSINN Wussten Sie, dass man in Schuberts »Der Tod und das Mäd- Joseph Haydn ist heute so etwas wie ein vergessener Revolutio- chen«-Quartett auch dessen »Erlkönig« heraushört? Im Reit- när. Dabei war er der wirkmächtigste. Die Sinfonie, wie wir sie finale, auf dessen zweite Hauptmelodie man »Du liebes Kind, heute kennen, wäre ohne ihn undenkbar. Mit Haydns h-Moll- komm geh mit mir« singen kann. Schuberts bittersüße Musik Quartett op. 33 Nr. 1 wird die Wiener Klassik überhaupt erst ist typisch österreichisch. »Der Tod, das muss ein Wiener sein« eröffnet. Musik in Moll, die in Dur einsetzt, um so den Hörer wird noch ein Jahrhundert später Georg Kreisler scherzen. gleich einmal zu verwirren. Ein Scherz à la Haydn – und neben- Und sich seinen Kaffee tiefschwarz mit drei Stück Zucker bei eine österreichische Eigenart, die sich das Dunkle immer wünschen ... nur im Verbund mit dem Hellen denken mag. 44 45
ABO-REIHEN B • G PULCHR A ES NURIA RIAL Sopran LES CORNETS NOIRS Barockensemble PULCHR A ES Instrumentalmusik und geistliche Gesangsstücke von Gabrieli, Palestrina, Merula, Monteverdi und deren Zeitgenossen G E B U R T S S T U N D E D E R O PE R Die Hunderttausend-Euro-Frage: Wann beginnt eigentlich »Neue Musik«? Manche würden das 20. Jahrhundert angeben, andere auf die Werke des letzten Jahres verweisen. In der Musikwissen- schaft hingegen überblickt man Jahrhunderte. Hier setzt die Grenze zwischen »alter« und »neuer« Musik um 1600 an, als in Italien die Oper entstand, die die Epoche des Barocks begrün- dete. Von nun an rückte das Ich sein Empfinden ins Zentrum der Musik. Die Kunst wurde im wahrsten Sinne des Wortes: übersinnlich. Je leidenschaftlicher, desto bedeutender! Selbst der Größe Gottes legte man als Maßstab die eigene Exaltiertheit an. Mit solch ungeheuren Gefühlen, alt und modern zugleich, bestreitet Nuria Rial ihr Reitstadel-Konzert – im Wettstreit mit Zinken, Barockcello, Theorbe und Orgel von Les Cornets Noirs. S A M S TAG NURIA RIAL 18 . D E Z E M B E R 2 0 2 1 Wie hieß es bei BR-Klassik so schön? »Wenn sie singt, muss 19 U H R einem das Herz aufgehen, Nuria Rial, die katalanische Sopra- € 5 5 • 4 5 • 3 5 • 18 nistin mit der klar leuchtenden, engelgleichen Stimme, ist legi- time Erbin von Emma Kirkby.« 46 47
ABO-REIHEN B • G K L AV I E R A B E N D MIT FR ANCESCO PIEMONTESI FR ANCESCO PIEMONTESI Klavier C L AU D E D E B U S S Y Images II S E R G E J R AC H M A N I N O W Klaviersonate Nr. 2 b-Moll op. 36 F R A N Z S C H U B E R T Klaviersonate Nr. 20 A-Dur E I N FAC H ? K A N N J E D E R . Von jeher war das Klavier den Komponisten zweierlei, Tagebuch und Labor. Manchmal auch Boxsack, um aufgestaute Energien loszuwerden. So beginnt etwa Rachmaninows zweite Sonate mit einer Explosion in b-Moll. Noch unheimlicher wirkt der Vulkan, den Schubert hundert Jahre zuvor im Andante seiner A-Dur-Sonate ausbrechen ließ. Solche Kraftakte waren Claude Debussy fremd. Dessen »weiches, samtenes und elegantes Spiel« wirkte sich direkt auf seine eigene Musik aus, die vergessen lassen möchte, dass »das Klavier Hämmer hat«. Ein Letztes noch zu Rachmaninow: Seine Sonate ist unter Klavierkennern ob ihrer Virtuosität berüchtigt. Der Komponist stellte irgend- wann eine zweite, einfachere Fassung her. Unser Pianist spielt die wildere erste. FR ANCESCO PIEMONTESI S O N N TAG Als Hobby nennt der Schweizer Meisterpianist und Brendel- 2 3 . JA N UA R 2 0 2 2 Schüler: Campanologie, Glockenkunde. Uns erklärt das seinen 18 . 3 0 U H R kultivierten Ton (»ich arbeite täglich hart am Klang«) und die € 5 5 • 4 5 • 3 5 • 18 Wahl der Rachmaninow-Sonate, die an zahlreichen Stellen das Glockenläuten selbst zum Thema macht. 48 49
ABO-REIHEN A • G MOZ ART G R A N PA R T I TA E N S E M B LE Z E F I R O A LF R E D O B E R N A R D I N I Oboe und Leitung W O LFG A N G A M A D E U S M O Z A R T Serenade für Bläser B-Dur KV 361 »Gran Partita« Harmoniemusik aus der Oper »Le nozze di Figaro« KV 492 D O C H VO R D E M L I E B E S S T U R M ? E I N L Ü F T C H E N . Um 1800 waren sie plötzlich fort, die kleinen nackten Jüngel- chen, die als Amoretten zahlreiche Bilder seit der Renaissance bevölkerten. Noch im Rokoko tummelten sie sich herum. Ihre musikalischen Entsprechungen fanden sie in Mozarts Flöten, Klarinetten, Fagotten und Oboen, die stets dazwischenfragen, falsche Antworten geben und mit Liebreiz unterbrechen. Mozarts Serenade »Gran Partita« ist ein Fest der Klangfarben. Des Komponisten anarchistischer Geist verewigte sich in sei- nen Holzbläserpartien – dem Zephyr gleich, einem Gott der Winde, nach dem sich auch das Ensemble Zefiro benannte, das uns mit dieser Musik verzaubern wird. E N S E M B LE Z E F I R O Gegründet 1989 ist das Ensemble Zefiro auf historisch informierte Bläsermusik des 18. Jahrhunderts spezialisiert. Die Künstler treten als Kammermusikensemble, Bläseroktett oder Orches- ter auf. Die daraus resultierenden spieltechnischen Möglich- S A M S TAG keiten spiegeln sich in dem umfassenden Repertoire der Gruppe 12 . F E B R UA R 2 0 2 2 wider. Für seine Einspielungen erhielt das Ensemble zahlrei- 19 U H R che Auszeichnungen, darunter den Grand Prix du Disque und € 5 5 • 4 5 • 3 5 • 18 den Diapason d’Or. 50 51
ABO-REIHEN B • G ABENDMUSIK A N TJ E W E I T H A A S Violine V E R O N I K A H AG E N Viola M I S C H A M E Y E R Violoncello K N U T S U N D Q U I S T Kontrabass A N D R E A LI E B E R K N E C H T Flöte S A B I N E M E Y E R Klarinette R E I N E R W E H L E Klarinette DAG J E N S E N Fagott B R U N O S C H N E I D E R Horn L U D W I G VA N B E E T H OV E N Septett Es-Dur op. 20 JOHANNES BRAHMS Serenade Nr. 1 D-Dur op. 11 (Nonett-Fassung) B R A H M S ’ Z AU B E R H A F T E J U G E N D S Ü N D E N Es ist ein Rätsel, warum seine Serenaden selbst unter Brahms- Freunden nicht bekannter sind. Eine solche Unmittelbarkeit des Gefühls hat sich der selbstkritische Komponist in seinem späteren Werk kaum mehr erlaubt. Sie wirkt sich direkt auf die Frische der melodischen Einfälle aus, so dass man sagen darf: Die Serenaden bieten einen wunderschönen Einstieg in Brahms’ Musik. Die erste, die wir in einer Nonett-Fassung bringen, ver- beugt sich hörbar vor Beethoven, mit dessen populärem Septett der Abend beginnen wird. T R AU M B E S E T Z U N G Man müsste Seiten füllen, um jedem Künstler gerecht zu wer- den. Die Namen sprechen für sich. Wir nutzen deshalb die Gele- genheit, um zu loben, was hinter den Namen steckt: die vielen D O N N E R S TAG dezentral gelegenen Musik(hoch)schulen im deutschsprachigen 17. M Ä R Z 2 0 2 2 Raum, die sowohl im solistischen Spiel als auch in der Ensem- 20 UHR blekultur weltweit spitze sind – und eine solche Häufung an € 5 5 • 4 5 • 3 5 • 18 erstklassigen Musikern überhaupt erst ermöglichen. 52 53
I N T E RV I E W hat Antje Weithaas bereits mit Klang- A M J U B I L ÄU M S W O C H E N E N D E H A B E N körpern wie dem Deutschen Symphonie- W I R B E I D E B R A H M S -S E R E N A D E N I M Orchester Berlin, den Bamberger Sym- PR O G R A M M , D IE 2 . S E R E N A D E phonikern, den großen deutschen Radio- MIT K AMMERORCHESTER UND DIE D E R »D E NK E ND E S PIE LE R« Orchestern sowie mit internationalen 1. S E R E N A D E I N E U R E R N O N E T T- INTERVIEW MIT Spitzenorchestern gearbeitet, zum FA S S U N G . W E L C H E U N T E R S C H I E D E Beispiel mit dem Los Angeles Philhar- S I N D D I R DA B E I W I C H T I G Z U H Ö R E N ? A N TJ E W E I T H A A S monic, der San Francisco Symphony, dem Philharmonia Orchestra und dem Antje Weithaas —— Diese zweite Serenade ist ein tolles Stück, welches BBC Symphony Orchestra. Antje Weit- ich oft in der Kammerorchesterfassung haas spielt ein Instrument von Peter gespielt habe. Bei der ersten Serenade Greiner aus dem Jahr 2001. haben wir uns für die selten zu hörende Nonett-Fassung entschieden, nicht für Im Vorfeld zu ihrem Konzert die spätere Orchesterfassung. Die Kam- Nachdem die Geigerin Antje ihr. Dafür besitzen ihre Interpretatio- am 17. März 2022 haben wir mit merbesetzung führt zu einer größeren Weithaas die Leitung des Internationa- nen, etwa die von Tschaikowsky und Antje Weithaas gesprochen. Transparenz, gleichzeitig ist es schwie- len Joseph Joachim Violinwettbewerbs Brahms, weltweit Kultstatus. riger, die Balance zwischen Bläsern übernommen hatte, strich sie die Paga- Weithaas’ Meisterschüler finden LI E B E A N TJ E , W I R F R E U E N U N S S E H R , und Streichern zu finden. Das gilt umso nini-Capriccios aus dem Pflichtpro- sich unter den Preisträgern aller großen DA S S D U W I E D E R N AC H N E U M A R K T mehr für eine einfache Streicherbeset- gramm. Der Grund? Sie sucht nach dem Festivals und auch die Karriere der KO M M S T – D I E S M A L M I T E I N E R zung mit Bläsern, die ja von sich aus »denkenden Spieler« – ein Begriff, der Geigerin selbst begann einst mit Wett- E R L AU C H T E N N O N E T T- B E S E T Z U N G . bereits dominanter sind. Dafür hört sie selbst am besten charakterisiert und bewerben: 1987 gewann sie den Inter- WIE HABT IHR ZUSAMMENGEFUNDEN? man dann auch jede klangl iche Veräs- nebenher die Vielseitigkeit der Künst nationalen Fritz Kreisler Wettbewerb Antje Weithaas —— Die Klarinet- telung – und davon gibt es so manche lerin erklärt. in Graz, 1988 den Internationalen Bach- tistin Sabine Meyer und ich haben uns in diesem herrlichen Stück. Antje Weithaas ist nicht nur Wettbewerb in Leipzig und 1991 den vor circa drei Jahren beim Solsberg weltweit erfolgreiche Solistin, sondern Internationalen Joseph Joachim Violin- Festival kennengelernt und gemeinsam I S T D I R D I E N Ä H E Z U H AY D N I N D E R auch Quartettmusikerin und Lehrerin wettbewerb in Hannover, dessen musiziert – im Schubert-Oktett. Das wird I N T E R PR E TAT I O N W I C H T I G ? einer Eliteklasse an der Hochschule künstlerische Leitung sie seit kurzem doch auch bei euch aufgeführt, oder? Antje Weithaas —— Ja und nein. für Musik Hanns Eisler Berlin. Hier gemeinsam mit Oliver Wille innehat. Ein herrliches Stück, um gemein zu Man hört natürlich sehr die klassische wurde sie selbst ausgebildet, noch Die Künstlerin, die bereits 2009 spielen. Dabei werden die Stärken und Struktur eines Haydn, aber ich habe zu DDR-Zeiten. Der politische Druck, und 2012 mit dem Arcanto Quartett im Schwächen deiner Mitmusiker wie auf mich bereits beim ersten Hören der geringer als der, dem die Leistungs- Reitstadel auftrat, pflegt ein breites einem Tablett serviert. Unsere Zusam- Serenade an Brahms’ zweite Sinfonie sportler ausgesetzt waren, wurde zusätz- Repertoire: Neben Werken von Mozart, menarbeit verlief jedoch so gut, dass erinnert gefühlt. Der junge Brahms lich gemildert durch große künstlerische Beethoven und Schumann widmet sie wir daraufhin beschlossen, in Zukunft denkt hier schon sinfonisch. Vor allem Freiheiten sowie eine herausragende sich auch zeitgenössischen Komposi häufiger in dieser Besetzung aufzutre- sucht er einen eigenen Ton, der eher Ausbildung, die in die Tiefe wie in die tionen, etwa von Jörg Widmann. Sie ten. Danke übrigens für das »erlauchte« dunkler und abgedeckter ist. Diese war- Breite ging – und dabei vollkommen konzertiert mit Klassikern der Moderne, Kompliment, ich werde es gern weiter- men Mischklänge wird man ja später an dem westdeutschen Star-System wie Schostakowitsch, Prokofjew und geben! Die Nonett-Besetzung wurde von den »deutschen Klang« nennen. Die vorbei. Noch heute kümmert sich Weit- Gubaidulina, und zeigt selten gespielte Sabine und mir zusammengestellt: Ich Werke heißen auch nicht umsonst haas wenig um Social Media, es gibt Violinkonzerte, beispielsweise von habe die Streicher angefragt, Sabine »Serenaden« oder »Abendständchen«: auch kaum ausführliche Porträts von Hartmann und Schoeck. Als Solistin die Bläser. Brahms war dabei vielleicht weniger 54 55
der erotische als vielmehr der abendlich Antje Weithaas —— Grundsätz- verschattete, romantische Aspekt des lich spielen heutige Instrumentalisten Wortes wichtig, der eben nach diesem auf einem unglaublich hohen techni- speziellen dunklen Klang verlangte. schen Niveau. Allerdings sollte man sich nicht darauf ausruhen. Heutzutage ist I H R S PI E LT E I N E R E KO N S T R U K T I O N es wichtig, dass Studierende alle Stile AU S D E M JA H R E 19 8 7 VO N J O R G E beherrschen. Meine Schüler müssen auch ROT TER. TRIFFT SIE DEINER MEINUNG mit einem Barockbogen umgehen kön- N AC H D I E B R A H M S S C H E U R FA S S U N G ? nen. Sie sollen später die Vielfältigkeit Antje Weithaas —— Ich könnte der Epochen abbilden können, egal ob mir vorstellen, dass Brahms von der sie auf einem historischen Instrument damaligen Dortmunder Hofkapelle und spielen oder auf einem modernen. Wenn deren hervorragenden Bläsern beein- sich dann jemand bewusst für eine Rich- flusst war, als er die ursprüngliche tung entscheidet, hat er trotzdem alles Nonett-Besetzung plante. Dann musste kennengelernt. Ich selbst besitze eine er jedoch Abo-Konzerte in Dortmund Barockgeige und eine moderne Geige, mit einem Orchesterwerk bedienen. spiele aber auch Bach auf der modernen. So entstand schließlich die Serenade – Überhaupt geht es nicht nur darum, als eine Art orchestrale Vorstudie, denn historische Kenntnisse blind abzubilden, gedanklich war er längst bei der Sinfo- sondern stilistisches Einfühlungsver- nie. Der junge Brahms war generell mögen zu beweisen. Dieses sollte selbst oft unsicher, besonders wenn es um die vor der so scheinbar vertrauten roman- finale klangliche Gestaltung seiner tischen Sinfonik nicht Halt machen. Werke ging. Es dauerte, bis er sich für Als wir zum Beispiel mit der Camerata eine Fassung entschied. Das zeigt sich Bern Brahms’ Violinkonzert ohne Diri- zum Beispiel an seinem Klavierquin- genten aufnahmen, machten wir das tett, das wir auch als Sonate für zwei im Bewusstsein dessen, was ich an den Klaviere kennen. All das sind gute Serenaden zu verdeutl ichen suchte: wie Gründe, um auch diese Rekonstruktion nah sich Brahms’ Sinfonik doch an die schen vor Ort selbst gewollt und getragen Ob Geiger, Cellist oder Bratschist: zu spielen, die nah an der Orchester Kammermusik anlehnt. in unzähligen Konzertreihen, die im Selbst gestandene Streichervirtuosen fassung bleibt und die überlieferte ganzen Land wie Pilze aus dem Boden lassen sich gern von Antje Weithaas Nonett-Besetzung berücksichtigt. Z U M S C H L U S S N O C H E T WA S L O K A L- schießen. Allerdings verfügen nur die beraten. Die Geigerin und Leiterin einer PAT R I O T I S C H E S : WA S V E R B I N D E S T D U wenigsten über einen Saal mit eurer Meisterklasse an der Hochschule für IMMER MEHR GEIGER HIERZULANDE S P O N TA N M I T N E U M A R K T ? Akustik! Für Musiker, die hier spielen Musik Hanns Eisler Berlin ist zum SPIELEN SOWOHL AUF BAROCKEM WIE Antje Weithaas —— Zuallererst dürfen, ist das ein Fest. In Neumarkt ist dritten Mal zu Gast im Historischen M O D E R N E M I N S T R U MENT U N D B O G E N . unsere Konzerte mit dem Arcanto der Saal dazu noch so intim, du baust als Reitstadel. L I E G T D I E Z U K U N F T D E S G E I G E R N AC H - Quartett natürlich! Neumarkt ist für Musikerin sofort eine Brücke zu einzel- WUCHSES IN EINER VIELSEITIGEN mich auch ein wunderschönes Beispiel nen Zuhörern auf. Zuvor oder danach AU S B I L D U N G O D E R E H E R I N D E R dafür, wie Kultur in Deutschland werden gute Weine getrunken und man S PE Z I A LI S I E R U N G ? gepflegt wird: nicht zentralistisch von speist hervorragend – verständlich, dass oben angeordnet, sondern von Men- man hierher immer gern wiederkehrt! 56 57
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