Optische Messtechnik an den Grenzen zwischen Makro und Nano
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Schaut man in der Geschichte zurück, so ist in den unterschiedlichsten Bereichen der Wissenschaft der Erkenntnisgewinn vielfach erst durch optische Techniken möglich geworden. Dies mag damit zusammenhängen, dass die visuelle Wahrnehmung für Heute sind die optischen Technologi- den Menschen im Kontext aller Sinne von herausragender Bedeutung ist. „I see!“ Diese en entscheidende Innovationstreiber für zwei Worte machen deutlich, dass sich das „Sehen“ auch über den angelsächsischen die Zukunftsmärkte des 21. Jahrhun- Bereich hinaus nicht nur auf die visuelle Wahrnehmung beschränkt, sondern eng mit derts. Folgt man den Autoren namhafter nationaler und internationaler Studien dem Verständnis und Begreifen von Zusammenhängen verknüpft ist. [1,2], so gehört die Optik zu den „En- ablingTechnologies“, die die Quer- schnitts- und Schlüsseltechnologien für die so genannten kritischen Technologi- Innovation durch optische en bilden. Hierzu werden insbesondere Technologie neue Fertigungstechnologien, die Mikro- elektronik und Telekommunikationstech- Es ist daher auch nicht verwunderlich, niken, Biotechnologie, Softwaretechniken, dass die großen Meilensteine in der Ent- neue Materialien, Sensoren und Bildver- wicklung der Wissenschaft eng mit den arbeitungstechnologien gezählt. Erfolgen auf dem Gebiet der Optik ver- knüpft sind. Das Einsteinjahr 2005 erin- Wolfgang Osten / Norbert Kerwien y nert uns vor allem daran, dass Einstein im Optische Messtechnik an den Grenzen y Jahr 1905 mehrere bahnbrechende Er- zwischen Makro und Nano y kenntnisse veröffentlicht hat, von denen einige wie die spezielle Relativitätstheorie und die Erklärung des lichtelektrischen Effekts aufs engste mit der Optik ver- knüpft sind. Weniger bekannt ist, dass er gerade für die letztgenannte Arbeit 1921 den Nobelpreis für Physik erhalten hat. Weitere anschauliche Beispiele bieten die Astronomie und der Bereich der Bio- logie und Medizin. Während bei der ei- nen die Optik die technische Grundlage für den Blick in die Tiefen des Alls lieferte, richtete sich in der Biologie und Medizin das Interesse auf die Mikrowelt mit stetig kleiner werdenden Strukturen. Durch die Entwicklung immer leistungsfähigerer Te- leskope und Mikroskope wurden jedoch auch die physikalischen Grenzen, denen die optischen Technologien unterliegen, deutlich. 51
WechselWirkungen Genomforschung bei. Im Flugzeug- und y Die Alleinstellungsmerkmale Jahrbuch 2005 y Automobilbau gewinnt das Laser- der optischen Messtechnik schweißen zunehmend an Bedeutung, so dass teure konventionelle Verbindungs- Optische Sensoren und Messprinzipien techniken wie zum Beispiel das Nieten weisen eine Reihe von Alleinstellungs- gewinnbringend ersetzt werden können. merkmalen auf, die sie gegenüber ande- Das Internet wäre ohne Glasfasertechno- ren, gewissermaßen klassischen Techno- logie und optische Schalter nicht in der logien auszeichnen. Dazu zählt insbeson- Lage, die enorm gewachsenen Da- dere das kontaktlose und zerstörungs- tenmengen zu verarbeiten. Bereits heute freie Wirkprinzip, das eine Wechselwir- basiert der gesamte transatlantische Da- kung mit nahezu beliebigen Oberflächen tenverkehr auf Lichtleitertechnik. Daher und Prozessen ermöglicht, ohne diese zu erscheint es nicht verwunderlich, dass beeinflussen. Die Fähigkeit, Messdaten die führenden Vertreter aller industriellen an einer theoretisch unbegrenzten Zahl Inzwischen erfahren die Ergebnisse Branchen inzwischen zu den Anwendern von Messstellen simultan mit hoher Ge- der optischen Technologien millionenfa- und Nutznießern der Ergebnisse opti- schwindigkeit und Auflösung auch über che Verbreitung und erreichen in allen scher Technologien zählen. große Entfernungen zu gewinnen, emp- gesellschaftlichen Zweigen einen Durch- Die wirtschaftlichen Aussichten für die fehlen optische Prinzipien unter anderem dringungsgrad, der nur mit der Mikroelek- Optikbranche sind optimistisch. Marktfor- für die Inspektion und Steuerung von tronik vergleichbar ist. Dem Nutzer offen- scher von Frost & Sullivan geben für das Echtzeitprozessen in praktisch allen An- bart sich dieser Wandel jedoch nicht auf aktuelle weltweite Umsatzvolumen eine wendungsbereichen. Durch die Verfüg- den ersten Blick. In einer Vielzahl von mo- Größenordnung von 50 bis 70 Milliarden barkeit neuer opto-elektronischer Kompo- dernen Geräten und Dienstleistungen Dollar an. Bis zum Jahr 2012 wird mit ei- nenten wie Lichtmodulatoren, durch- spielen optische Prinzipien eine entschei- nem durchschnittlichen jährlichen stimmbare Halbleiterlaser und hochauflö- dende Rolle, obwohl diese für den An- Wachstum von 20 Prozent gerechnet, sende Halbleiterbildsensoren gewinnt je- wender nahezu unsichtbar bleiben. Gän- was einer Verzehnfachung des Marktes doch insbesondere die Fähigkeit opti- gige Beispiele hierfür sind unter anderem in den kommenden zehn Jahren ent- scher Prinzipien, unterschiedlichste funk- Computerlaufwerke, CD- und DVD-Gerä- spricht. Interessant ist in diesem Zusam- tionale Eigenschaften flexibel aktivieren te, bei denen die komplexe optische menhang sowohl die sich vollziehende und simultan einsetzen zu können, an Be- Schreib-Lese-Technik den Nutzer allen- wechselseitige Durchdringung von Optik deutung: falls dann berührt, wenn er sich Gedan- und Mikroelektronik als auch die teilwei- – Optische Messtechniken liefern 3D- ken über die Präzision macht, mit der die se Verdrängung elektronischer Verfahren Daten über das Messobjekt in fast al- gewaltigen Datenmengen in höchster durch optische Innovationen, wie etwa len Zeitskalen. Daher spricht man vom Geschwindigkeit auf kleinstem Raum ge- bei der Datenübertragung und im Com- 4D-Potential der optischen Messtech- schrieben und gelesen werden. Der Kreis puterbau. nik. Der augenblickliche Zustand des innovativer Produkte, bei denen optische Messobjekts und seine zeitliche Verän- Deutschland nimmt traditionsgemäß Technologien einen erheblichen Anteil derung kann auf diesem Weg hochauf- auf dem Gebiet der Optik eine internatio- am Nutzeffekt ausmachen, ließe sich be- gelöst in den drei Dimensionen ermit- nale Spitzenstellung ein. Die Vorausset- liebig erweitern – angefangen bei Digital- telt werden. zung für ein nachhaltiges Wachstum auf kameras über Flachbildschirme und Groß- – Optische Messtechniken liefern durch dem Sektor der optischen Technologien bildprojektoren bis hin zu Leuchtdioden die flexible Skalierbarkeit wesentlicher ist jedoch eine volkswirtschaftlich abge- und Xenon-Scheinwerfern. Kenngrößen (Wellenlänge, Abstand, stimmte und auf Zukunftsthemen ausge- Schier unbegrenzt erscheint jedoch richtete Grundlagenforschung. Die Deut- Abbildungsmaßstab, …) einen elegan- die Vielfalt industrieller Anwendungen. sche Agenda Optische Technologien für ten Zugang zu Daten in einem weit ge- Gerade optische Verfahren liefern jene das 21. Jahrhundert [2] hat den entspre- spannten Skalenbereich, der über entscheidenden technologischen Voraus- chenden Handlungsbedarf formuliert, um mehr als zehn Größenordnungen von setzungen, die die Herstellung zahlrei- Deutschland und der deutschen Industrie der atomaren Skala bis hin zu astrono- cher Schlüsselkomponenten aus den auch weiterhin eine Spitzenstellung zu si- mischen Dimensionen reicht. Neben oben genannten Branchen erst möglich chern. Neben der Entwicklung neuer De- der dimensionellen Skalierbarkeit er- machen. Diese reichen von schnellen sign- und Fertigungstechnologien für op- laubt die flexible Auswahl des Spek- Glasfaser- und Freiraumverbindungen in tische Komponenten und Systeme, neuer tralbereichs eine gezielte Adaption des der Kommunikationstechnik über die Lichtquellen und Sensoren unterstreicht Sensors auf die Erfassung objektspezi- Druck- und Automobilindustrie bis hin zur diese Studie insbesondere die Notwen- fischer Eigenschaften, die zum Beispiel Medizin und Biotechnik. Mit Hilfe opti- digkeit der Entwicklung neuer optischer in der Terahertz Spektroskopie zur An- scher Prinzipien wird die Kapazität der Messprinzipien, deren Erkundung und wendung gelangt. Speichermedien vervielfacht. Hochleis- Umsetzung eine wichtige strategische – Optische Messtechniken liefern einen tungsoptiken bilden in Verbindung mit Voraussetzung für die Erweiterung der simultanen Zugang zu verschiedenen neuen Lichtquellen die technische Basis Auflösungsgrenzen optischer Verfahren Merkmalen von Messobjekten, die so- für künftige Generationen von Computer- sowohl in der Mikroelektronik als auch in wohl metrische Informationen (Entfer- chips. Ergebnisse der Mikrooptik tragen den mit hohem Zukunftspotential be- nungen, 3D-Koordinaten, Formen) als entscheidend zur Rationalisierung in der dachten Nanotechnologien ist. auch stoff- und prozessspezifische Da- 52
ten beinhalten (beispielsweise spektra- darin, dass die Zielgröße nicht direkt ge- Wellenlänge der von Atomen des Nuklids le Kenngrößen). Damit eröffnet sich wonnen wird, sondern indirekt aus einer Krypton-86 beim Übergang vom Zustand die Möglichkeit, komplexe Objekte und primären Messgröße rekonstruiert wer- 5d5 zum Zustand 2p10 ausgesandten, Prozesse sehr effektiv analysieren zu den muss. Primäre Messgrößen sind zum sich im Vakuum ausbreitenden Strahlung. können. Beispiel die Intensität, der Kontrast, die Auf der Grundlage dieser Definition wur- Phase, die Polarisation und die Wellenlän- den Genauigkeiten von 10-8 erreicht. Da Nach einem kurzen Exkurs in die Ge- ge. Aus diesem indirekten Messprinzip sich Zeiten mit Atomuhren jedoch we- schichte der optischen Messtechnik be- resultiert eine Reihe von Konsequenzen, sentlich genauer als Strecken messen las- handeln wir im Folgenden ausgewählte auf die wir im Fortgang dieses Beitrags sen (10-14 Sekunden), ist der Meter seit Methoden und gehen dabei insbesonde- noch eingehen werden. 1983 als so genannter Lichtmeter durch re auf Fragen ein, die sich mit der Aus- jene Strecke definiert, die das Licht bei wertung der Information beschäftigen, Der Vorgang des Messens lässt sich Vakuumlichtgeschwindigkeit in welche dem Lichtwellenfeld infolge der grundsätzlich auf den Vergleich einer un- 1/299.792.458 Sekunde zurücklegt [3]. Wechselwirkung mit dem Messobjekt bekannten Größe mit einer bekannten aufgeprägt wird. Danach zeigen wir an- Größe, dem so genannten Normal oder Entscheidenden Anteil an der Über- hand einschlägiger Anwendungsbeispie- Vergleichsmaßstab, reduzieren. Daher führung der willkürlichen Meterfestle- le die Vielfalt der Einsatzmöglichkeiten kann die Geschichte der Längenmessung gung in eine auf Naturkonstanten basie- dieser klassischen, aber sich ständig ver- auch als die Geschichte der Definition rende Definition, die mit dem Wellenlän- jüngenden Disziplin. Ein wichtiges Ergeb- des Vergleichsmaßstabs angesehen wer- gen- beziehungsweise Zeitäquivalent er- nis dieser Leistungsschau wird die Er- den. Das Urmeter (französisch mètre des folgte, hatten insbesondere zwei histo- kenntnis sein, dass optische Messtechni- archives, Archivmeter) ist jenes ein Meter risch bedeutungsvolle optische Experi- ken zunehmend mit der Herausforderung lange Platinlineal, das die Längeneinheit mente, deren Grundlage die Herausbil- konfrontiert sind, jene Grenzen zu ver- Meter zwischen 1799 und 1889 verkör- dung von Interferenzstreifen bei der schieben, die durch die physikalischen perte. Am 26. März 1791 beschloss die Überlagerung von Lichtwellen bildete. Grundgesetze definiert sind. Dass dies verfassungsgebende Versammlung in Pa- Thomas Youngs Doppelspaltexperiment immer besser gelingt und folglich den op- ris die Einführung einer universellen Län- aus dem Jahre 1801 lieferte eine einfa- tischen Messtechniken im Wettbewerb geneinheit. Ein Meter wurde als der che Beziehung zwischen der Wellenlän- mit anderen Mess- und Inspektionsprinzi- 10.000.000 Teil eines Viertels des Erd- ge des benutzten Lichts, den geometri- pien günstigere Rahmenbedingungen meridians (Entfernung zwischen Pol und schen Abmessungen im Interferometer eröffnet, ist zum einen eine Konsequenz Äquator) definiert, der durch Paris geht. und den auf einem Schirm abzählbaren des allgemeinen technologischen Fort- Seit dem 7. April 1795 ist er in Frank- Streifenordnungen. Der damit gegebene schritts, aber auch das Ergebnis eines reich die gesetzliche Längeneinheit. Die elegante Zugang zur Bestimmung der besseren Verständnisses der Wechselwir- Herstellung des Urmeters erfolgte auf- Lichtwellenlänge wird heute zu Recht als kung des Lichts mit Messobjekten ver- grund der Messung der Strecke von Dün- Geburtsstunde der auf wissenschaftlicher schiedenster Ausprägung und der syste- kirchen über Paris bis Barcelona, die Grundlage basierenden optischen Mess- matischen Neugestaltung komplexer durch die beiden französischen Astrono- technik angesehen. Im Jahre 1887 führ- Messvorgänge. Zwei Beispiele, die insbe- men Delambre und Méchain während ten Albert A. Michelson und Edward Mor- sondere auf das Auflösungsproblem Be- der Wirren der französischen Revolution ley ihr berühmtes Experiment durch, wel- zug nehmen, sollen dies illustrieren. Ab- vorgenommen wurde. In Wirklichkeit be- ches zum Sturz der Ätherhypothese führ- schließend diskutieren wir einige Aspek- trägt die Länge eines Meridians nicht te. Das zu diesem Zweck benutzte und te, die sich an die Perspektiven der opti- 40.000 Kilometer, sondern ca. 40.009 nach ihm benannte Interferometer setzte schen Messtechniken richten. Kilometer. Folglich wurde das Urmeter Michelson 1892-93 erneut in Paris zur um ca. 0,2 Millimeter zu kurz bestimmt. Vermessung des Urmeters ein (Abb. 1). Fast 100 Jahre später, am 26. Septem- Zum Einsatz kam dabei die rote Kadmi- Optische Messtechnik gestern ber 1889, wurde das Urmeter von der umlinie, was einem Meteräquivalent von und heute Generalkonferenz für Maß und Gewicht 1.553.164,13 Wellenlängen bezie- durch einen Meterprototyp aus einer Le- hungsweise 3.106.328 abzuzählenden Ein kurzer historischer Abriss gierung aus 90 Prozent Platin und zehn Interferenzstreifen entspricht. Prozent Iridium ersetzt. Auf diesem 102 Festzuhalten bleibt, dass bereits im Eine zentrale Aufgabe der optischen Zentimeter langen Normal mit X-förmi- 19. Jahrhundert mit der präzisen Bestim- Messtechnik ist die präzise Vermessung gem Querschnitt repräsentieren Strich- mung der Wellenlänge und dem An- von Längen und Längenänderungen, wo- markierungen die Länge von einem Me- bei letztere als eine Folge konkreter Ein- ter. Bei entsprechenden Längendefinitio- wirkungen auf das Messobjekt, wie zum nen (zum Beispiel über die Wellenlänge Beispiel mechanische oder thermische des Lichts) konnte damit eine Genauig- Beanspruchungen, aufzufassen sind. keit von 10-7 gewährleistet werden, was Übertragen auf die räumliche Natur der eine Verbesserung um drei Größenord- Körper bedeutet dies die Erfassung von nungen im Vergleich zum Urmeter be- dreidimensionalen Formen und Formän- deutete. Erst 1960 wurde dieser Meter- derungen in verschiedenen Skalenberei- prototyp abgelöst, als die Generalkonfe- chen von Makro bis Nano. Eine Besonder- renz für Maß und Gewicht den Meter de- WechselWirkungen y heit optischer Messtechniken besteht finierte als das 1.650.763,73-fache der Jahrbuch 2005 y 53
WechselWirkungen y man eine Systematik, so lässt sich diese – nach den Eigenschaften der verwende- Jahrbuch 2005 y nach verschiedenen Gesichtspunkten er- ten Lichtquelle (Kohärenz, Wellenlän- reichen: ge, Polarisation) – nach der Messskala (makroskopisch, – nach der primären Messgröße (Inten- mikroskopisch, nanoskopisch, statisch, sität, Interferenzmuster, Phase, Kon- dynamisch). trast, Wellenlänge, Polarisation, Lauf- zeit) Tabelle 1 gibt eine Übersicht, in der – nach der Zielgröße (Abstand bezie- die wesentlichen optischen Messtechni- hungsweise Länge, Form, Verschie- ken zur Erfassung dimensioneller Größen bung, Dehnung, Material und Material- und deren Ableitungen nach den oben fehler) genannten Kriterien geordnet werden. 1a) 1b) Abb. 1: Prinzip der Interferenz von Lichtwellen am Beispiel des Michelson Interferometers. a) Prinzipskizze b) Beispielhaftes Interferogramm. schluss der Wellenlänge an die Meterde- finition wichtige Voraussetzungen ge- schaffen wurden, die der optischen Mess- technik zu einer beispielhaften Entwick- lung verholfen haben, die bis heute an- hält. Wesentlichen Anteil an dieser anhal- tenden Erfolgsgeschichte hat insbeson- dere die Entdeckung der Holographie durch Dennis Gabor im Jahre 1948, mit deren Hilfe die vollständige Speicherung und Rekonstruktion von Wellenfronten möglich wurde, und die erste praktische Realisierung einer kohärenten Lichtquelle hoher spektraler Energiedichte in Form des Rubin-Lasers durch Theodore H. Mai- man aus dem Jahre 1960. Optische Messtechniken heute Die eingangs herausgestellten Alleinstel- lungsmerkmale haben die Entwicklung ei- ner Vielzahl von optischen Messtechni- ken ermöglicht und befördert. Versucht Tabelle 1 54
Messverfahren wie die holografische verfahren bedienen, die ähnlich wie oben Folglich besteht die Aufgabe, aus der Interferometrie, Speckle- und Moirétech- beschrieben auf unterschiedliche Eigen- beobachteten Intensitätsverteilung die nik sowie Streifenprojektion liefern einen schaften der Beleuchtung zurückgreifen. Phasenverteilung rekonstruieren zu müs- eleganten Zugang zu drei-dimensionalen In der konfokalen Mikroskopie wird eine sen, da letztere den Schlüssel zu den ge- Form- und Verformungsdaten komplexer Punktlichtquelle in den Objektraum beu- suchten Form- und Verformungsdaten Objekte unter realen Beanspruchungsbe- gungsbegrenzt abgebildet und das lokal des Messobjekts liefert. Da es sich im All- dingungen. Ihr physikalisches Grundprin- beleuchtete Probenvolumen durch ein gemeinen um die Verarbeitung zwei-di- zip beruht überwiegend auf der gezielten abbildendes System mit demselben Fo- mensionaler Bilddaten mit komplexen In- Strukturierung der Objekthelligkeit durch kalpunkt (konfokal) auf ein Pinhole proji- tensitätsverteilungen handelt, ist digitale die Projektion von Lichtmustern auf die ziert. Durch eine dreidimensionalen Abras- Bildverarbeitung ein wichtiges Hilfsmittel Oberfläche des Testkörpers oder durch terung dieser Einheit relativ zur Probe in der optischen Messtechnik. Als Diszi- die Überlagerung (Interferenz) von Licht- haben wir dreidimensionale Volumenin- plin der modernen Informationsverarbei- wellenfeldern, die verschiedene Zustände formation gewonnen. Die Wechselwir- tung liefert sie das adäquate Werkzeug des Interferometers repräsentieren. Diese kung kann hierbei durch Fluoreszenz aus zur effizienten Auswertung der bildhaft Zustandsänderungen können sowohl dem Probenvolumen oder auch durch die vorliegenden Messergebnisse. In den ver- durch das Objekt selbst (zum Beispiel ei- Reflektivität der Probeoberfläche be- gangenen 20 Jahren wurde verschiede- ne Verschiebung) als auch durch die Be- stimmt sein. Im zweiten Fall gewinnt man ne Methoden zur automatischen und leuchtungsverhältnisse (unter anderem das Oberflächenprofil der Probe. Eine hochgenauen Rekonstruktion von Pha- durch die Änderung der Wellenlänge) weitere Möglichkeit, Daten über ein senverteilungen aus Streifenmustern ent- verursacht werden. Gemeinsam ist den Oberflächenprofil zu gewinnen, liefert die wickelt [4-7]. Hier sei lediglich auf die genannten Verfahren, dass in den beob- Weißlicht-Mikroskopie. Hier wird die kur- grundlegenden Techniken verwiesen: achtbaren Hell-Dunkel-Verteilungen (In- ze Kohärenzlänge von breitbandigen – Streifenverfolgungs- oder Skelettie- terferenzstreifen, Moiré-Streifen, Kontur- (weißem) Licht dazu genutzt, um die ver- rungs-Methoden, streifen) die geometrischen Verhältnisse tikale Auflösung zu erzielen. Durch den – Phase-Retrieval-Techniken, des optischen Aufbaus im Maßstab der Scann eines Referenzspiegels in einem – die Trägerfrequez- Methode oder Räum- Periode dieser Streifen kodiert sind. Dies Zweistrahlinterferometer längs der opti- liche Heterodyne-Technik und ist entweder die Lichtwellenlänge bei schen Achse erhält man nur von den Be- – die Phasen-Sampling oder Phasen- Verwendung kohärenter Verfahren oder reichen der Oberfläche ein maßgebliches Schiebe-Technik. die Periode der projizierten Transparenz- Interferenzsignal, für die das Interferome- verteilung im Fall der inkohärenten Tech- ter abgeglichen ist. Auf diese Weise las- Alle genannten Methoden weisen sig- niken. sen sich mit modernen Auswertealgorith- nifikante Vor- und Nachteile auf, so dass men vertikale Auflösungen unter einem die Entscheidung für eine spezielle Me- Bei diesen Messtechniken geht man Nanometer erzielen. thode vom jeweiligen Messproblem und davon aus, dass das optische Bild unmit- den vorliegenden Randbedingungen ab- telbar die Oberflächentopographie oder Zu Beginn dieses Abschnitts haben hängt. Obwohl die Rekonstruktion der die Reflektivitätsverhältnisse des Objekts wir bereits darauf hingewiesen, dass aus Phase auf Basis der Streifenverfolgungs- widerspiegelt und diese geometrisch op- den im Allgemeinen bildhaft vorliegen- technik im Allgemeinen zeitaufwändig ist tisch beschrieben werden kann. Betrach- den primären Messdaten vielfach andere, und durch den Verlust der Richtungsin- tet man jedoch immer kleiner werdende für die Bestimmung der Zielgröße geeig- formation im Streifenformationsprozess Strukturen, die in die Größenordnung der netere Daten zu rekonstruieren sind. Das oftmals die Bewältigung von Mehrdeutig- Wellenlänge kommen, wird der Bildent- in Abbildung 1 gezeigte Interferogramm keiten erfordert, ist diese Methode unter stehungsprozess maßgeblich durch Beu- lässt sich beispielsweise vereinfacht über Umständen die einzige Alternative. Vor- gung beeinflusst. Welche Konsequenzen folgende Intensitätsbeziehung I(x,y) be- teilhaft ist, dass sie in nahezu allen Fällen sich hieraus für die Grenzen der opti- schreiben: zum Einsatz kommen kann und weder zu- schen Messtechnik ergeben, wird weiter sätzlichen experimentellen Aufwand wie hinten diskutiert. Wendet man sich den l(x, y) = 2l0 (x, y) · [1+cosδ(x, y)] Phasenschieber noch Manipulationen im Grundsätzen der mikroskopischen Bild- Interferenzfeld erfordert. Das Phaseretrie- entstehung zu, so stellt man fest, dass Hier steht I0 für die Grundintensität, die val gehört im engeren Sinne ebenfalls zu auch hier der Überlagerung von Lichtwel- wesentlich durch die Intensität der Licht- den interferometrischen Phasenmess- len eine zentrale Bedeutung zukommt. quelle sowie die Reflexions-, Absorptions- techniken, nutzt aber physikalische Ge- Ein mikroskopisches optisches Bild ent- und Transmissionseigenschaften des setzmäßigkeiten, die bei der bisherigen steht durch Interferenz der unschiedli- Messobjekts beeinflusst wird. Das Argu- Diskussion vollkommnen außer Acht ge- chen am Objekt gebeugten Wellenanteile ment δ(x,y) der harmonischen Modulati- auf dem Bildsensor. Das Bild kann damit onsfunktion verkörpert die Phasendiffe- natürlich auch zu lateralen Vermessung renz der beteiligten Lichtwellen. Diese von Strukturdimensionen herangezogen enthält die gesuchte Information über die werden. Die Information in der vertikalen zurückgelegten Wegunterschiede des Dimension längs der optischen Achse Lichts, die ihrerseits wiederum Rück- des Systems geht dabei allerdings verlo- schlüsse auf Formabweichungen zwi- ren. Um auch die dritte Dimension mess- schen den beiden optischen Endflächen technisch zu erschließen, kann mach sich im Referenz- und Vergleichsarm des Inter- WechselWirkungen y unterschiedlicher mikroskopischer Mess- ferometers erlauben. Jahrbuch 2005 y 55
WechselWirkungen y lassen wurden. Die Propagation eines retrieval besticht durch seine Einfachheit Jahrbuch 2005 y Lichtwellenfeldes ändert die Intensitäts- in der messtechnischen Umsetzung. Es verteilung nach klaren Vorschriften, die in genügt, einen Satz von Intensitätsbildern den Maxwellgleichungen ihre mathemati- aufzunehmen, um die zugehörige Pha- sche Formulierung finden. Das vom Auge senfront zu rekonstruieren. Auf der ande- oder der Kamera wahrgenommene Bild ren Seite erfordert die mathematische resultiert dabei aus einem komplexen Zu- Rekonstruktion ausgefeilte Algorithmen, sammenspiel der Feldamplitude und de- die nicht in jedem beliebigen Fall eine ren Phase. Durch das Fortschreiten des eindeutige und präzise Rekonstruktion Lichtes ändert sich dieses Zusammen- der Phase erlauben. An das Genauigkeits- spiel und führt damit zu einer geänderten potential klassischer interferometrischer Intensitätsverteilung. Misst man die Inten- Verfahren, wie es im Folgenden beschrie- sitätsverteilung in unterschiedlichen Ebe- ben wird, reicht die Methode daher nicht nen und nutzt die Kenntnis der mathema- heran. Das Phaseretrieval hat sich des- tische Gesetzmäßigkeiten der Lichtaus- halb insbesondere in den Teilbereichen breitung, kann rechnerisch die Phase re- der Optik etabliert, wo klassische Metho- konstruiert werden (Abb. 2). Das Phase- den aus finanziellen oder technischen Abb. 2: Phaseretrieval an einer Lithographie Phasenmaske: Fokus, Defokus und Differenz. Phasenrekonstruktion und Topographie. ´ ´ 56
Gründen nicht zum Zuge kommen. Die limitierten Winkelauflösung, die aus dem he Streifendichten im Interferogramm zu Spanne reicht dabei von Anwendungen eingeschränkten Orts-Bandbreite-Produkt vermeiden. Diese Aufgabe übernimmt ei- der Hochtechnologie, wie insbesondere der verfügbaren Bildsensoren folgt. ne so genannte Nulloptik, die bei idealem Elektronen- und Röntgenmikroskopie, bis Prüfling ein Interferogramm mit null Strei- hin zur schnellen und preisgünstigen mi- fen erzeugt. Inzwischen hat sich die Ver- kroskopischen Oberflächeninspektion in Aktuelle Anwendungen der wendung von computergenerierten Holo- biomedizinischen und technischen An- optischen Messtechnik grammen (CGH) als Nulloptik etabliert wendungen. [11]. Die Fertigung von CGH basiert auf Die präzisesten und durchgängig auto- Die praktischen Problemstellungen, bei de- hochgenauen Lithografietechniken (La- matisierbaren Techniken liefern einen di- ren Lösung die aufgeführten optischen serbelichtung oder Elektronenstrahl) mit rekten Zugang zur Phase, indem die Messtechniken zur Anwendung kommen, Positioniergenauigkeiten über die gesam- Streifen um im Allgemeinen bekannte lassen sich in folgende Klassen unterteilen: te Fläche des CGH von 50 Nanometern Phaseninkremente geschoben werden und besser. Für Kleinserien ist die Ferti- b Koordinatenmesstechnik: Erfassung von (Phasen-Sampling-Methode) oder durch gung eines CGH zu kosten- und zeitauf- Kenngrößen zur Charakterisierung von eine definierte Verkippung der Wellen- wändig. Aktuelle Forschungsarbeiten im Oberflächen in verschiedenen Skalen- front so genannter Trägerfrequenzstrei- Bereich der Asphärenmesstechnik kon- bereichen (Form, Welligkeit, Rauheit) fen erzeugt werden, die mit Hilfe der Fou- zentrieren sich daher am ITO auf flexible- mit Anschluss an CAD-Werkzeuge, rier-Transformation ausgewertet werden re Messverfahren, wie zum Beispiel adap- b experimentelle Spannungsanalyse: (Trägerfrequenztechnik). In allen Fällen tive Nulloptiken auf Basis von Membran- Messung von ortsaufgelösten Ver- führt der sinusoidale Charakter der Licht- spiegeln (Abb. 3) oder schaltbare Punkt- schiebungs- und Dehnungsfeldern so- wellen dazu, dass die Phase primär ledig- lichtquellen-Arrays unter Verwendung wie Materialkennwerten mit Anschluss lich modulo 2π rekonstruiert werden von Mikrooptiken und LCD-Matrizen an strukturmechanische Berechnungs- kann und folglich teilweise ausgeklügelte (Abb. 4) [12,13]. verfahren (FEM, BEM), Demodulationstechniken zur Anwendung b zerstörungsfreie Werkstoffprüfung: Er- kommen müssen, um zum Beispiel den mittlung von Materialfehlern und Einfluss von Störgrößen infolge Signal- Vergleichende Digitale Holografie für Strukturschwächen an und unter der rauschen und Objektstruktur zu minimie- den schnellen Muster-Probe-Ver- Oberfläche des Messobjekts. ren. gleich technischer Objekte Die Anwendungsvielfalt optischer Mess- Die Forschung auf dem Gebiet der au- techniken lässt sich durch zahlreiche Bei- Der Vergleich der Form zweier nominell tomatischen, robusten und hochgenauen spiele belegen. Um den Rahmen dieser identischer aber physisch unterschiedli- Phasenrekonstruktion hat in den vergan- Publikation nicht zu sprengen, seien stell- cher Objekte ist eine Standardaufgabe genen 20 Jahren eine ausgesprochen vertretend drei aktuelle Anwendungen der industriellen Sichtprüfung – der so dynamische Entwicklung erfahren, die aus der Oberflächenmesstechnik und zer- genannte Muster-Probe-Vergleich. Für zur Bereitstellung einer Vielzahl von leis- störungsfreien Werkstoffprüfung kurz skiz- Messobjekte mit optisch glatten Ober- tungsfähigen Algorithmen und Verfahren ziert. flächen, wie beispielsweise Linsen- und geführt hat [8-9]. Jüngstes Beispiel ist Spiegeloptiken, haben wir im vorange- die digitale Holografie, die zum einen die gangenen Abschnitt bereits Lösungs- logische Weiterentwicklung der Hologra- Vermessung asphärischer optischer möglichkeiten diskutiert, die auf der Ver- fie im Hinblick auf die Verfügbarkeit Oberflächen wendung von holografisch-optischen Ele- hochauflösender elektronischer Bildsen- menten beruhen. Im Fall technischer soren (CCD, CMOS) und schneller Signal- Ein Problem mit hoher wirtschaftlicher Oberflächen beschränkt sich der Einsatz transformationen verkörpert, zum ande- Relevanz für die Optikindustrie ist die interferometrischer Methoden bisher je- ren jedoch einen völlig neuen Zugang für flächenhafte Vermessung von asphäri- doch auf geometrisch einfache Objekte die kohärente Messtechnik liefert, der schen (nicht-kugelförmigen) Oberflächen. (so genannte Regelkörper, wie zum Bei- sich durch das Prinzip der direkten nume- Asphären bieten dem Optikdesigner im spiel Zylinder), wobei Anordnungen mit rischen Wellenfrontrekonstruktion be- Vergleich zu sphärischen Flächen un- streifendem Lichteinfall zur Reduzierung schreiben lässt [10]. Im Unterschied zu gleich mehr Design-Flexibilität, wodurch der interferometrischen Sensitivität ver- allen indirekten Verfahren, die aufgrund sich Systeme mit einer geringeren An- wendet werden. physikalischer Zwänge auf der Auswer- zahl von Flächen bei einer vergleichbaren tung von Intensitätsverteilungen beruhen, oder besseren optischen Funktionalität erlaubt die Digitale Holografie den direk- realisieren lassen. Dieser Größen-, Ge- ten Zugang zur messtechnisch relevan- wichts- und Leistungsvorteil wird zuneh- ten Phase durch die numerische Lösung mend in der gesamten Bandbreite von des Beugungsproblems und eröffnet da- optischen Systemen genutzt, sei es in mit für die holografischen Messverfahren low-cost Konsumerkameras oder high- ein völlig neues Maß an Flexibilität und end Lithografiesystemen. Bei der inter- Praktikabilität. Prinzipiell lässt sich die ferometrischen Vermessung derartiger Methode auf beliebige Objektklassen an- Flächen stellt die große Formvielfalt ein wenden. Die derzeitige hauptsächliche Problem dar. Die Wellenfront des Inter- Konzentration auf geringdimensionierte ferometers muss an den jeweiligen A- WechselWirkungen y Körper ist lediglich eine Konsequenz der sphärentyp angepasst werden, um zu ho- Jahrbuch 2005 y 57
WechselWirkungen y Jahrbuch 2005 y 3a 3b 3c Abb. 3: Adaptierbare Null-Optik auf Basis von Membranspiegeln. a) Membran- spiegel der Firma OKO Techn. Delft. b) Unkompensierte Wellenfront, weite Teile des Interferogramms sind nicht auswertbar. c) Teilkompensation. Der Membran- spiegel reduziert die Streifendichte, so dass das komplette Interferogramm aus- gewertet werden kann. Abb. 4: Asphärenvermessung mit schaltbarem Punktlichtquellen-Array. a) Sche- matischer Aufbau, unter Verwendung des Punktquellen-Arrays lassen sich Punkt- quellen mit unterschiedlicher lateraler Position schalten, die verkippte Referenz- wellen generieren. b) Doppelseitiges Substrat mit diffraktiven Mikrolinsen, her- gestellt am ITO mit Grauton-Lithographie, und präzise angeordneten Pinholes als Teilkomponenten des Punktlichtquellen-Arrays. c) Typisches Interferogramm bei Asphärenmessungen, die Streifendichte überschreitet lokal die Nyquist-Frequenz des Sensors. d) Interferogramm infolge verkippter Referenzwelle, das Gebiet mit auswertbaren Interferenzstreifen lässt sich systematisch über das Objekt ver- schieben. e) Phasenplot einer Messung, die sich aus 25 Einzelmessungen mit verschiedenen Referenzwellenverkippungen zusammensetzt. 4a 4c 4d 4b 4e 58
Die Schwierigkeit besteht in der unter- schiedlichen Mikrostruktur der zu verglei- chenden Oberflächen. Konventionelle in- terferometrische Techniken versagen hier, da die komplizierte Signalstruktur der gewonnenen Interferogramme eine Auswertung im Hinblick auf die Rekon- struktion der Oberflächenform nicht mehr zulässt. Durch die Kombination von Prin- zipien der Digitalen und Vergleichenden Holografie [14] entsteht mit der Verglei- chenden Digitalen Holografie [15] ein fle- xibles Prüfverfahren, das die Grundlage 6a 6b bildet für den kohärenten Vergleich nomi- nell identischer Objekte, deren gleichzeiti- ge physische Präsenz am Ort des Ver- gleichs nicht erforderlich ist. Diese wichti- ge Besonderheit des Verfahrens resultiert aus der Tatsache, dass sich die mittels di- gitaler Holografie rechentechnisch aufge- zeichnete vollständige drei-dimensionale optische Information eines beliebigen Objekts präzise und schnell über digitale Datennetzwerke transportieren lässt. Da- mit können digital gespeicherte Wellen- fronten eines realen Objekts an beliebi- gen Orten sowohl rekonstruiert als auch für den messtechnischen Vergleich zur 6c 6d Verfügung gestellt werden (man spricht Abb. 6: Vergleich zwischen konventioneller kohärent-optischer Formvermessung und Vergleichender Digitaler hier von so genannter tele metrology Holografie. [16]). a) Musterobjekt. b) Vergleichsobjekt mit zwei Fehlern. Die Vergleichende Digitale Holografie c) Konturlinienbild des Vergleichsobjekts. d) Ergebnis nach Anwendung des CDH-Prinzips; es werden nur noch die Formunterschiede zwischen Master macht sich gezielt die Technologie mo- und Sample angezeigt. derner räumlicher Lichtmodulatoren zu- nutze. Indem das zuvor aufgezeichnete digitale Hologramm des Musterobjekts messung lassen sich die Fehler nur sehr (auch bezeichnet als kohärente Maske) in undeutlich anhand der Konturlinien er- einen geeigneten Lichtmodulator ge- kennen (Abb. 6c). Abbildung 6d, die schrieben wird, ergibt sich die Möglich- durch die kohärente Beleuchtung des keit, die konjugierte Welle aktiv zu rekon- Testobjekts mit der entsprechenden kon- struieren, um damit das Testobjekt jugierten Wellenfront des Musterobjekts kohärent zu beleuchten, Abbildung 5. Die zustande kommt, zeigt hingegen deutlich 5a Interferenzphase des schließlich rekon- die Abweichungen zwischen den beiden struierten digitalen Hologramms des Vergleichsobjekten. Testobjekts stellt lediglich die Form- be- ziehungsweise Verformungsdifferenz zwi- schen Muster- und Testobjekt dar. Auf diese Weise lassen sich in Prozess-Echt- zeit Inspektionsergebnisse und Qualitäts- aussagen auch an komplexen Prüfobjek- ten erzielen. Das Ergebnis einer konven- tionellen kohärent-optischen Formver- messung und eines Formvergleichs von Muster- und Testobjekt mittels Verglei- chender Digitaler Holografie zeigt bei- 5b spielhaft Abbildung 6. Es handelt sich bei den Objekten um einen zylindrischen Ke- gel als Musterobjekt (Abb. 6a) und einen Abb. 5: Prinzipdarstellung der Vergleichenden Digita- zylindrischen Kegel mit Fehlern als Test- len Holografie. a) Anordnung zur Aufzeichnung der kohärenten Maske. objekt (Abb. 6b). Im Ergebnis der konven- WechselWirkungen y b) Anordnung zur Vergleichsmessung. tionellen Zwei-Wellenlängen-Formver- Jahrbuch 2005 y 59
WechselWirkungen y ergibt sich natürlicherweise ein Bedarf an Verkehrsmittelbau vorgesehen ist, erfor- Jahrbuch 2005 y angepassten und effizienten Techniken dert die Berücksichtigung wichtiger zur Prüfung der Komponenten im Hin- Randbedingungen im Hinblick auf das blick auf Fertigungsmängel und Betriebs- Prüfobjekt und die Prüfbedingungen schäden. Besonders bei der Kontrolle si- [18,19]. Dazu zählen insbesondere: cherheitsrelevanter Konstruktionselemen- b die Inspektion möglichst großer und te, bei Leichtbaukomponenten (Faserver- gebrauchsüblicher Oberflächen mit auf bundwerkstoffe, dünne Laminate, Sand- das Messverfahren bezogenen teilwei- wichbauweisen), bewegten Teilen, se nicht-kooperativen Reflexions- be- großflächigen Klebungen und geschweiß- ziehungsweise Absorptionseigenschaf- ten Stringern besteht das Erfordernis, ten (zum Beispiel spiegelnde Aluminium- konventionelle Messtechniken wie bei- oberflächen, stark absorbierende CFK- spielsweise Ultraschall und Wirbelstrom Oberflächen, häufig wechselnde Refle- durch flächenhafte, bildgebende Verfah- xionseigenschaften im Messfeld infolge ren zu ergänzen. Dabei ist zu beachten, verschiedener Farbgebungen), dass die zu untersuchende Oberfläche im b die fertigungsnahen Prüfbedingungen, fertigungs- beziehungsweise gebrauchs- die natürliche Licht-, Geräusch- und Er- üblichen Zustand verbleiben muss, so Der Lichtmodulator selbst spielt bei schütterungsverhältnisse bedingen, dass ungünstige Wechselwirkungen wie der aktiven Umsetzung des CDH-Prinzips b die einfache Bedienbarkeit sowie spiegelnde Reflexionen oder starke Ab- eine entscheidende Rolle. Moderne re- schnelle und sichere Ergebnisdarstel- sorptionen zwischen dem zur Beleuch- flektive LCOS-Displays ermöglichen eine lung, einschließlich der Erkennung und tung eingesetzten Licht und der jeweili- nahezu perfekte Anpassung des Orts- Interpretation von Fertigungsmängeln. gen Oberfläche stattfinden können. Diese Bandbreite-Produkts von Sensor und Mo- Eigenschaft der Oberfläche wird mit Neben der Berücksichtigung dieser dulator sowie eine dynamische und linea- nicht-kooperativ im Hinblick auf das opti- Randbedingungen spielt die Bereitstel- re Phasenmodulation im Phase-Mostly- sche Meßverfahren beschrieben. lung einer adäquaten Belastungstechnik Mode. Diese Eigenschaften sind von Moderne Lasermesstechniken bieten eine wichtige Rolle. Der sichere Nach- großer Bedeutung für die Gewährleistung im Vergleich zu den genannten konven- weis von im Allgemeinen unter der Ober- einer hohen Empfindlichkeit des Verfah- tionellen Verfahren den wesentlichen fläche befindlichen Fehlstellen gelingt rens und die Untersuchung ausgedehnter Vorteil der sowohl berührungslosen als nur, wenn Messmethode, konstruktive technischer Objekte. Der mit diesem Ver- auch flächenhaften Wechselwirkung mit und materialtechnische Objekteigen- fahren erstmals realisierbare direkte inter- dem Objekt und liefern zudem in Prozess- schaften, Objektbeleuchtung, Belastung ferometrische Vergleich der Wellenfron- echtzeit übersichtliche und bildhafte Dar- und Auswertung hinreichend aufeinander ten komplizierter technischer Objekte stellungen der Messergebnisse. Als zer- abgestimmt sind. Wesentlich für die Ak- weist in Relation zu der bisher praktizier- störungsfreie Techniken sind sie für einen zeptanz des Systems beim Anwender ist ten aufwendigen numerischen Auswer- Einsatz in der Qualitätskontrolle geradezu neben der Fehlernachweissicherheit die tung der jeweiligen Datensätze erhebli- prädestiniert. Die hohe Empfindlichkeit Bildqualität der Messergebnisse. Letztere che Vorteile auf. Dazu zählen unter ande- im Hinblick auf störende Umgebungsbe- ist bei konventioneller scherografischer rem der direkte Nulltest, die sofortige An- dingungen im Produktionsumfeld lässt Prüftechnik im Allgemeinen ungenügend. zeige von Abweichungen der Vergleichs- sich durch die Kombination von robuster In Abbildung 7 ist das scherografische Er- objekte, die aktive Kompensation von Messmethode mit geeigneten Lichtquel- gebnisbild der Prüfung eines stringerver- Justagefehlern und die Möglichkeit des len erheblich reduzieren. Ein Beispiel für stärkten CFK-Bauteils vom Airbus A330 Vergleichs mit synthetischen Masken, die diese erfolgreiche Kombination ist die unter industrieähnlichen Verhältnissen zu ein ideales Masterobjekt verkörpern. Ins- Speckle-Scherografie [17]. Das Verfah- sehen [20]. Der visuelle Eindruck, der gesamt kann erwartet werden, dass ren arbeitet nach dem Prinzip der Selbst- hierbei erzeugt wird, repräsentiert exakt durch die Vergleichende Digitale Holo- referenz und ist daher unempfindlich ge- die örtliche Lage der Steifigkeitselemente grafie der zerstörungsfreien Prüfung tech- genüber Starrkörperverschiebungen des auf der Rückseite des Prüfkörpers. Der nischer Objekte mit rauen Oberflächen je- Messobjekts. Zur Anzeige gelangen nur Sensor „sieht“ während der Messung kei- nes Potential zugänglich gemacht wird, Änderungen der Verschiebung zwischen ne Struktur, sondern nur die glatte Deck- welches die computergenerierten synthe- den gescherten Bildpunkten, die als Deh- haut. Fehler zwischen Stringer und Deck- tischen Hologramme der konventionellen nungen infolge der angelegten Belastung haut, aber auch Materialungänzen in den interferometrischen Optikprüfung er- interpretiert werden. In Verbindung mit Hautschichten selbst, werden bei richtig schlossen haben. Kenntnissen über material- und konstruk- dosierter Belastung als Dehnungsände- tionstechnische Eigenschaften des Prüf- rung direkt angezeigt. Digitale Scherografie für die zer- körpers lassen sich aus den messbaren Ein sehr attraktives Anwendungsfeld störungsfreie Prüfung komplexer Oberflächenverschiebungen eindeutige eröffnet sich für die optischen Messtech- Objekte Rückschlüsse auf innenliegende Imper- niken im Bereich der Inspektion von fektionen ziehen. Kunstwerken. Im Rahmen einer Koopera- Mit dem Einsatz modernster Fertigungs- Die Umsetzung des scherografischen tion mit dem griechischen Forschungsin- techniken bei der Schaffung neuer kon- Messprinzips in ein industrielles Prüfsys- stitut FORTH in Heraklion (Kreta) ergab struktiver Lösungen im Verkehrsmittelbau tem, das insbesondere für den Einsatz im sich die Möglichkeit, das Scherografie- 60
7a 7b Abb. 7: Scherogramme zum Fehlernachweis an Flugzeugkomponenten. a) verschiedene Fehlstellen an Stringer-Haut-Strukturen. b) identifizierte Reparaturstelle. System an Byzantinischen Ikonen zu tes- zerstörungsfrei zu dokumentieren. In ten [21]. Im Benaki Museum, Athen, Athen konnten die Vorteile der Schero- wurden in enger Zusammenarbeit mit grafie im Vergleich mit anderen opti- den dortigen Konservatoren Untersu- schen Messtechniken wie holografische Abb. 8: Mittels Scherografie untersuchte Ikone 1: chungen an wertvollen Ikonen der Veli- Interferometrie oder der Laser-Doppler-Vi- a) Fotografie, mezis-Kollektion des Museums durchge- brometrie eindrucksvoll demonstriert b) Scherogramm, führt. Die im Allgemeinen aufwändige werden. Verschiedene Fehlstellen wie c) demoduliertes Scherogramm mit fehlerindikativen Regionen. Restauration der Ikonen soll zukünftig Farbablösungen, Risse oder auch Ein- durch den Einsatz optischer Messtechni- schlüsse wurden in wenigen Sekunden ken entscheidend unterstützt werden. detektiert und visualisiert. Beispielhaft Den Grundträger von Ikonen bildet ein et- werden nachfolgend die Testergebnisse wa ein bis zwei Zentimeter dickes Panel, an zwei Ikonen vorgestellt. Neben was in der Regel aus dem Holz der Kiefer, Schichtablösungen und kleineren lokalen Zeder oder des Zypressenbaums gefer- Fehlstellen ist das interessantere Ergeb- tigt wird. Es handelt sich dabei um spezi- nis von Abbildung 8 der quer durch das ell abgelagertes Holz, dessen Oberfläche Bild verlaufende Riss. Der obere Teil bis mit großem Aufwand nach byzantini- zum Knick kann mit bloßem Auge an der scher Tradition vorbehandelt wird. Trotz Ikone selbst beobachtet werden. Die Fort- sorgfältig präpariertem Untergrund lässt setzung des Risses im unteren Teil ver- sich ein Abriss des Farbauftrags und der läuft unter der Oberfläche und konnte nur Blattgold-Applikationen im Laufe einiger mit der Scherografie nachgewiesen wer- Jahrhunderte nicht verhindern. Deswegen den. Die zweite Ikone (Abb. 9) zeigt im wird nach Möglichkeiten gesucht, den unteren Bildteil auffallend starke Delami- 8a Zustand dieser wertvollen Kunstwerke nationen des Farbauftrags. Die ringförmi- ge Struktur in der oberen Hälfte wird nicht durch eine Fehlstelle, sondern durch einen Metallring (Heiligenschein), der vom Künstler auf die Ikone aufge- bracht wurde, hervorgerufen. WechselWirkungen y 8b 8c Jahrbuch 2005 y 61
WechselWirkungen Auflösungsvermögen. Um diesen Sach- y Optische Messtechnik an den Jahrbuch 2005 y verhalt zu verstehen, muss man der Tat- Grenzen zwischen Makro und Nano sache Rechnung tragen, dass kein opti- sches System, sei es ein Fernrohr, ein Mi- Das Auflösungsproblem kroskop oder nur das bloße Auge, das komplette Lichtwellenfeld, das von einem Zwei treibende Kräfte bestimmen zur Zeit beobachteten Objekt ausgeht, auch wirk- die Entwicklung der hochauflösenden op- lich einfangen kann. Vielmehr kommt es tischen Messtechnik: Einerseits die Litho- durch die begrenzte räumliche Ausdeh- graphie zur Strukturierung von Halbleiter- nung der Systeme zu einer Vignettierung oberflächen mit kritischen Strukturgrößen des Feldes und damit zu Beugungser- von derzeit etwa 100 Nanometern und scheinungen. Im Resultat wird eine projektierten Strukturabmessungen von punktförmige Lichtquelle als verbreiterte weniger als 50 Nanometern, andererseits Beugungsfigur, dem so genannten Airy- der Bereich „Life-Science“ mit seinen viel- Scheibchen, abgebildet. Diese Verbreite- fältigen Anwendungsmöglichkeiten in rung sorgt nun dafür, dass sich bei zu- Biologie und Medizin. Auch hier ist die nehmender Annäherung zweier Punkt- immer höher auflösende Abbildung ein lichtquellen die Airy-Scheibchen überla- Schlüssel für weiteren Fortschritt. Die gern und nicht mehr als getrennt wahr- Entwicklung der Mikroskopie ist eng mit genommen werden können. Nach Ray- den Namen Hermann Ludwig Ferdinand leigh [22] sind zwei Objekte eindeutig 9a von Helmholtz, Lord Rayleigh (John Wil- getrennt beziehungsweise aufgelöst, liam Strutt) und Ernst Abbe verknüpft. Sie wenn deren Beugungsscheibchen in der schufen Ende des 19. Jahrhunderts die Bildebene merklich getrennt sind. Man wissenschaftliche Grundlage für den Blick nimmt an, dass diese Trennung mit Si- in den Mikrokosmos und arbeiteten die cherheit gelingt, wenn das Intensitätsma- physikalischen Grenzen der optischen ximum des einen Objekts auf das erste Abbildung heraus. Insbesondere die Ar- Intensitätsminimum des anderen Objekts beiten von Abbe über die mikroskopische fällt. Im Fall inkohärenter Beleuchtung Abbildung sowie die technische Umset- und kreisförmiger Apertur gilt für den Ab- zung durch Carl Zeiss und Otto Schott stand δx zweier Objektpunkte, die von ei- verhalfen der Mikroskopie zu einem enor- nem Mikroskop aufgelöst werden können men Aufschwung, da die bis dahin em- [23] pirischen Fertigungsmethoden auf eine λ δx ≈ κ (2) solide wissenschaftliche Basis gestellt n · sinα wurden. Bis heute gehört die Mikroskopie mit ihren vielseitigen Kontrastverfahren mit λ als der Wellenlänge des verwende- wie Polarisations-, Interferenz-, Phasen- ten Lichts, NA = n · sin α als der numeri- 9b kontrast und Fluoreszenzmikroskopie zu schen Apertur des Objektivs und einem den erfolgreichsten Untersuchungsme- System-abhängigen Prozessfaktor κ, der thoden in Naturwissenschaft und Technik im vorliegenden Fall κ=0.61 beträgt. überhaupt. Den reziproken Wert von Gl. (2) bezeich- net man als Auflösungsvermögen Bei all den Vorteilen und der Leis- tungsfähigkeit der Mikroskopie stellte AVx=(δx)-1. (3) sich schon bei den Pionierarbeiten her- aus, dass nicht beliebig kleine Objekte Hier wird deutlich, dass das Auflösungs- sichtbar gemacht werden können. Be- vermögen um so größer ist, je kleiner die dingt durch die Wellennatur des Lichtes Wellenlänge λ und je größer die Apertur stößt die optische Abbildung beim Vor- n · sin α des optischen Systems sind. dringen zu immer kleiner werdenden Strukturen auf prinzipielle Auflösungs- grenzen. Erhöht man nämlich die Ver- Verschiedene Lösungsansätze größerung eines Mikroskops, so ver- größern sich dadurch nur die Dimensio- Als zentrale Aufgabe für die hoch auflö- nen des Bildes, der Detailreichtum ist da- sende optische Messtechnik ergibt sich 9c von aber unbeeinflusst. Dieser wird nicht daher, die Beugungsbegrenzung der opti- durch die Vergrößerung, sondern viel- schen Abbildung, die sich im Rayleigh- Abb. 9: Mittels Scherografie untersuchte Ikone 2: mehr durch das Sammelvermögen der schen Auflösungskriterium widerspiegelt, a) Fotografie, Optik bestimmt. Je größer der Raumwin- weiter auszuloten und neue Wege der b) Scherogramm, c) demoduliertes Scherogramm mit fehlerindikativen kelbereich ist, den eine Optik bei der Ab- Strukturerkennung und Identifikation mit Regionen. bildung einfangen kann, desto besser das optischen Mitteln zu finden. Betrachtet 62
man Gleichung 2, ergeben sich verschie- Bleibt der Prozessfaktor κ. Hierunter Ist Auflösung wirklich alles? – Neue dene Stoßrichtungen, das Auflösungsver- werden alle Einflüsse des Messverfahrens Ansätze in der Nanometrologie mögen zu verbessern. an sich auf das Auflösungsvermögen des Da die Auflösungsbegrenzung aus der Gesamtsystems zusammengefasst. Ne- Betrachtet man nur das Auflösungsver- Wellennatur des Lichtes resultiert, liegt es ben dem Einsatz optimierter Beleuch- mögen, so sind optische Techniken ge- zunächst nahe, die resultierenden Beu- tungstechniken und Pupillenfiltern sind genüber anderen Messverfahren wie der gungserscheinungen durch eine Reduzie- hierunter insbesondere Techniken ange- Rasterelektronenmikroskopie oder Raster- rung der Wellenlänge λ → 0 zu eliminie- siedelt, die das zu untersuchende Objekt kraftmikroskopie deutlich unterlegen. Das ren. In diesem Grenzfall der so genannten in den eigentlichen Abbildungsprozess Auflösungsvermögen dieser Techniken Strahlenoptik verschwinden die Beu- mit einbeziehen. Um das Auflösungsver- reicht bis unter ein Nanometer. Dass sich gungserscheinungen, und das Auflö- mögen über die klassische Grenze der li- optische Technologien auch im Nanome- sungsvermögen ließe sich zu beliebig ho- nearen Abbildung zu noch kleineren Di- terbereich gegenüber diesen Alternativen hen Werten steigern. In der Tat lässt sich mensionen hin zu verschieben, wurden behaupten können, liegt nicht nur an den dieser Ansatz in der Entwicklung der opti- insbesondere in den letzten zehn bis fünf- Eingangs beschrieben Vorteilen, wie Ro- schen Lithographie im Laufe der letzten zehn Jahren Messtechniken voran getrie- bustheit, Zerstörungsfreiheit, hohen Jahrzehnte beobachten. Getrieben durch ben, die spezielle physikalisch-optische Durchsatz und kostengünstiger Umset- Druck, immer kleinere Strukturen erzeu- Wechselwirkungseigenschaften des zung in fast jeder industriellen Umge- gen zu müssen, wurde die verwendete Messobjekts mit dem Lichtwellenfeld nut- bung, sondern auch an der hohen Präzi- Wellenlänge schrittweise vom sichtbaren zen. Im Bereich der Biologie und Medizin sion und bildhaften Arbeitsweise optischer Spektralbereich in den 80er Jahren in ist in diesem Zusammenhang insbeson- Messtechniken. Obwohl den Konkurrenz- den tiefen UV Bereich von derzeit 193 dere das Feld der konfokalen 3D-Fluores- verfahren im Auflösungsvermögen um Nanometern verkürzt. Im Rahmen massi- zenz-Mikroskopie zu nennen, das sich zwei Größenordungen unterlegen, er- ver Forschungsanstrengungen soll in den nichtlineare Prozesse wie Multiphotonen- reicht die optische Inspektion Genauig- nächsten Jahren ein weiterer Sprung zu anregung oder noch ausgefeiltere Anre- keiten (das heißt die Abweichung des einer Wellenlänge von 13 Nanometern gungssequenzen wie STED (stimulated wahren Wertes vom Messwert) im glei- im extremen Ultraviolett folgen. Die Ver- emission depletion microscopy) zu Nutze chen Größenordnungsbereich. Sie liegt in kürzung der Wellenlänge lässt sich aller- macht [25]. Im letzteren Fall konnten der Inspektion von Lithographiemasken dings neben der Verwendung elektro- Strukturdetails einer Zelle mit einer Auflö- derzeit etwa bei ca. 15-20 Nanometer. magnetischer Strahlung höherer Fre- sung von bis zu 30 Nanometern visuali- Welch weiteres Potential in der optischen quenz auch durch die Einbettung des siert werden. Für technische Oberflächen Messtechnik steckt, wird deutlich, wenn Objekts in ein Trägermedium mit hohem sind derartige Verfahren im Allgemeinen man sich die Wiederholbarkeit optischer Berechnungsindex n bewerkstelligen. weniger geeignet, da sie spezielle, meist Messungen vor Augen hält. So können Hierdurch kommt es zu einer Verkürzung hoch spezifische Probensysteme oder die Strukturbreiten mit einer Langzeitstabi- der Wellenlänge nach λmedium=λ/n im Vorbehandlung des Objektes erfordern. lität drei σ von weniger als fünf Nanome- Vergleich zu Luft. Dieses als Immersions- ter vermessen werden. Eine Präzision von Bei der bisherigen Diskussion des Auf- weniger als einem Nanometer ist tech- technik bezeichnete Verfahren wird ver- lösungsvermögens wurde implizit die An- breitet in der Biologie eingesetzt, findet nisch machbar. nahme getroffen, dass wir eine Beobach- aber auch in der neuesten Generation tung des Objekts in großer Entfernung von Lithographieobjektiven Anwendung. auf der Skala der Wellenlänge vorneh- Mit dieser Technologie sollen in nächster men. Man spricht in diesem Fall vom so Zeit Strukturbreiten von weniger als 45 genannten Fernfeld des Objektes. Dieser Nanometer realisiert werden. Fall trifft für praktische alle optischen Er- Ein zweiter wesentlicher Einflussfaktor scheinungen in der optischen Messtech- auf das Auflösungsvermögen eines opti- nik und in unserem täglichen Leben zu. schen Systems ist die Numerische Aper- Es gibt jedoch auch Ausnahmen. Nähert tur NA. Hiernach korreliert das (dreidi- man sich einem Objekt in einem Abstand mensionale) Auflösungsvermögen unmit- unterhalb der Wellenlänge – das heißt in telbar mit dem Öffnungswinkel des Mi- der Praxis weniger als 100 Nanometer kroskopobjektivs. Eine Abdeckung des –, nimmt der Informationsgehalt des opti- ganzen Raumwinkelbereiches, der 4 π schen Lichtwellenfeldes drastisch zu. auf der gesamten Einheitssphäre ent- Man kann also Strukturinformation ge- spricht, resultiert in einer maximalen Auf- winnen, die prinzipiell keiner Auflösungs- lösung von zirka λ/2 in allen drei Raum- beschränkung mehr unterliegt. Träger dimensionen. Insbesondere das wach- dieser hoch aufgelösten Strukturinforma- sende Interesse der Biologie und Medizin tion sind so genannte evaneszente Fel- an hoch aufgelöster dreidimensionaler In- der, die an der Oberfläche der Struktur lo- formation in Zellstrukturen führte diesem kalisiert sind. Diese Felder macht man Prinzip folgend zur Entwicklung der so sich in der Nahfeldmikroskopie zu Nutze, genannten 4-π Mikroskopie [24], die in die mit einer Sonde das Nahfeld der jüngster Zeit auch kommerziell umge- Struktur abtastet und so Auflösungen von WechselWirkungen y setzt wird. wenigen zehn Nanometern realisiert. Jahrbuch 2005 y 63
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