Otto-, Dieseloder Elektromotor - wer macht das Rennen? - Handlungsfelder zur Sicherung des Automobilstandorts Region Stuttgart
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Otto-, Diesel- oder Elektromotor - wer macht das Rennen? Handlungsfelder zur Sicherung des Automobilstandorts Region Stuttgart
Herausgeber Industrie- und Handelskammer Region Stuttgart Jägerstraße 30, 70174 Stuttgart Postfach 10 24 44, 70020 Stuttgart Telefon 0711 2005-0 Telefax 0711 2005-354 www.stuttgart.ihk.de info@stuttgart.ihk.de Konzeption Abteilung Industrie und Verkehr Autoren Prof. Dr. Willi Diez Dipl.-Bw. (FH) Markus Kohler Institut für Automobilwirtschaft (IFA), Geislingen an der Steige Redaktion Abteilung Industrie und Verkehr IHK Region Stuttgart Stand September 2010 © 2010 Industrie- und Handelskammer Region Stuttgart Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck oder Vervielfältigung auf Papier und elektronischen Datenträgern sowie Einspeisungen in Datennetze nur mit Genehmigung des Herausgebers. Alle Angaben wurden mit größter Sorgfalt erarbeitet und zusammengestellt. Für die Richtigkeit und Vollständigkeit des Inhalts sowie für zwischenzeitliche Änderungen übernimmt die Industrie- und Handels- kammer Region Stuttgart keine Gewähr. Zertifizierte Qualität bei Service, Beratung und Interessenvertretung
Inhaltsverzeichnis und Abbildungen Vorwort 5 1. Ergebnisse und Handlungsempfehlungen 6 1.1 Förderung ohne Diskriminierung umsetzen 12 1.2 Innovationsfreundliche Rahmenbedingungen schaffen 13 1.3 Staatliche Forschungsförderung und Wissenstransfer optimieren 13 1.4 Gezielte staatliche Kaufhilfen und Investitionsanreize setzen 14 1.5 Öffentliches Beschaffungsverhalten zur Demonstration alternativer Antriebe nutzen 14 1.6 Nutzervorteile für alternative Antriebe schaffen 15 1.7 Notwendige Infrastruktur aufbauen 15 1.8 Sicherung des Automobilstandorts Baden-Württemberg vorantreiben 16 1.9 Harmonisierung technischer Vorschriften unterstützen 16 1.10 Energie- und Rohstoffstrategie entwickeln 16 2. Mobilität der Zukunft - Zukunft der Mobilität 20 2.1 Überblick 20 2.2 Energiepolitische Rahmenbedingungen 21 2.3 Gesellschaftspolitische Rahmenbedingungen 24 2.4 Politische Rahmenbedingungen 30 2.5 Technologische Rahmenbedingungen 33 2.6 Wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen 34 3. Neue Antriebstechnologien auf dem Prüfstand 37 3.1 „Grüne“ Mobilität als Entwicklungsziel 37 3.2 Technologische Potenziale 38 3.2.1 Weitere Optimierung von Verbrennungsmotoren 38 3.2.2 Einsatz alternativer Kraftstoffe 39 3.2.3 Voll-Hybrid 40 3.2.4 Elektroauto 41 3.2.5 Plug-in-Hybride 46 3.2.6 Brennstoffzelle 47
Inhaltsverzeichnis und Abbildungen 3.3 Kostenanalyse alternativer Kraftstoffe und Antriebe 49 3.3.1 Annahmen zur Entwicklung der Kosten von Benzin- und Dieselfahrzeugen 49 3.3.2 Kostenanalyse gegenüber Autogas und Erdgas 50 3.3.3 Kostenanalyse gegenüber Voll-Hybrid und Plug-in-Hybrid 53 3.3.4 Kostenanalyse gegenüber batteriebetriebenem Elektroauto 54 3.3.5 Kostenanalyse gegenüber Brennstoffzellenfahrzeuge 56 3.3.6 Fazit „Grüne Mobilität“ für automobile Kaufentscheider 57 4. Antriebstechnologien - Was kommt, was geht, was bleibt? 62 4.1 Szenarien im Überblick 62 4.2 Szenario I: Evolution 65 4.3 Szenario II: Zeitenwende 66 4.4 Szenario III: Strukturbruch 68 4.5 Zusammenfassung und Bewertung der Szenarien 70 Abkürzungsverzeichnis und Erklärungen 77
Inhaltsverzeichnis und Abbildungen Abbildungen Abbildung 1: Politische Handlungsfelder im Überblick........................................................... 6 Abbildung 2a: Überblick über die Szenarien I – III (Basis: global) ......................................... 10 Abbildung 2b: Überblick über die Szenarien I – III (Basis: Deutschland)).............................. 10 Abbildung 3: Einflussfaktoren auf künftige Antriebstechnologien im Überblick.................... 20 Abbildung 4: Statische Reichweite von Erdöl zwischen 1945 und 2008.............................. 21 Abbildung 5: Aufsuchungs- und Entwicklungskosten, Förderkosten und spezifische Ge- samtgewinnungskosten................................................................................... 22 Abbildung 6: Weltweites Gesamtpotenzial von konventionellem Erdöl sowie Ölsand, Schwerstöl und Ölschiefer für 2007 ................................................................ 23 Abbildung 7: Verteilung der Reserven an konventionellem Erdöl 2007 nach Regionen...... 24 Abbildung 8: Entwicklung des Verbraucher- und Kraftfahrerpreis-Indexes 2000-2009 ....... 25 Abbildung 9: Bevölkerung in Deutschland ........................................................................... 26 Abbildung 10: Entwicklung der „Car-Sharing“-Nutzung in Deutschland................................. 27 Abbildung 11: Einfluss ökologischer Aspekte auf die Kaufentscheidung............................... 29 Abbildung 12: Ausgabenbereitschaft für umweltverträgliche Technologien........................... 29 Abbildung 13: EU-Richtlinie zu CO2-Grenzwerten (Zusammenfassung) ............................... 31 Abbildung 14: CO2-Grenzwerte Bonus-Malussystem in Frankreich (Bonus 2010) ................ 32 Abbildung 15: Lage und Entwicklung auf dem Weltautomobilmarkt ...................................... 35 Abbildung 16: Kraftstoffverbrauch von PKW (NEFZ1) aus deutscher Produktion zwischen 1978 und 2008 in Litern/100 Kilometern ......................................................... 37 Abbildung 17: CO2-Reduktionspotenziale auf Basis des Verbrennungsmotors..................... 38 Abbildung 18: CO2-Reduktion durch Fahrzeugtechnologie.................................................... 39 Abbildung 19: Treibhausgasreduktion verschiedener Biokraftstoffe gegenüber fossilem Benzin in Prozent ............................................................................................ 40 Abbildung 20: Reduzierung der Hybrid-Systemkosten am Beispiel Prius.............................. 41 Abbildung 21: CO2-Emissionen Elektroantrieb nach jeweiligem Strom-Mix........................... 42 Abbildung 22: Vergleich der „mobilen“ Energiespeicher ........................................................ 43 Abbildung 23: Motorisierte Mobilität als System .................................................................... 44 Abbildung 24: System Transformation durch „E-Mobility“...................................................... 45 Abbildung 25: „Steuerbilanz“ Elektroauto gegenüber Verbrennungsmotoren........................ 46 Abbildung 26: CO2-Zertifizierung von Plug-in-Hybriden ......................................................... 47 Abbildung 27: Elektroautos gegenüber Verbrennungsmotoren ............................................. 48 1 Neuer Europäischer Fahr-Zyklus
Inhaltsverzeichnis und Abbildungen Abbildung 28: Annahmen zur Kostenentwicklung bei Benzin- und Dieselfahrzeugen........... 50 Abbildung 29: Annahmen zur Kostenentwicklung bei LPG-Fahrzeugen (Autogas)............... 51 Abbildung 30: Annahmen zur Kostenentwicklung bei CNG-Fahrzeugen (Erdgas)................ 52 Abbildung 31: Annahmen zur Kostenentwicklung bei Voll-Hybrid-Fahrzeugen (Benzin)....... 53 Abbildung 32: Annahmen zur Kostenentwicklung bei Plug-in-Fahrzeugen ........................... 54 Abbildung 33: Annahmen zur Kostenentwicklung bei Elektro-Fahrzeugen ........................... 55 Abbildung 34: Amortisationslaufleistung für Elektroautos mit und ohne Anschubfinan- zierung ............................................................................................................ 56 Abbildung 35: Annahmen zur Kostenentwicklung von Brennstoffzellen-Fahrzeugen............ 57 Abbildung 36a:Vergleich der Amortisationslaufleistungen der verschiedenen Antriebs- technologien.................................................................................................... 60 Abbildung 36b:Technologie- und Kostenprofile „grüner“ Antriebstechnologien und Kraftstoffe im Überblick ................................................................................... 61 Abbildung 37: Systemanalytische Darstellung der Szenario-Variablen ................................. 62 Abbildung 38: Diffusionsrelevante Schlüsselvariablen........................................................... 63 Abbildung 39: Szenario I: Evolution (Basis: global) ............................................................... 66 Abbildung 40: Szenario II: Zeitenwende (Basis: global)......................................................... 68 Abbildung 41: Szenario III: Strukturbruch (Basis: global)....................................................... 70 Abbildung 42: Szenario-Ergebnisse im Überblick .................................................................. 70 Abbildung 43: Verkaufsvolumina der verschiedenen Antriebstechnologien .......................... 71 Abbildung 44: OECD/IEA-Szenario Antriebstechnologien 2030 ............................................ 72 Abbildung 45a:Bestand an Personenkraftwagen mit Gasantrieb in den Jahren 2001 bis 2010.................................................................................................. 73 Abbildung 45b:Szenario Antriebstechnologien in Deutschland.............................................. 74 Abbildung 46: Bestand an Personenkraftwagen mit Elektro- oder Hybrid-Antrieb in den Jahren 2006 bis 2010...................................................................................... 75
Vorwort Elektromobilität ist „in“, der Verbrennungsmotor aber nicht „out“. „Grüne“ Mobilität ist auch mit Verbrennungsmotoren machbar und notwendig. Die Verbrennungstechnolo- gie hat noch großes Verbesserungspotenzial und kann in Verbindung mit alternativen Kraftstoffen die Anforderungen der Klimapolitik erfüllen helfen. Dennoch wird dem Au- tomobilstandort Region Stuttgart ohne massive Investitionen in die Elektromobilität in wenigen Jahren hier und dort ein wirtschaftlicher Abstieg vorhergesagt. Das ist vorei- lig und wissenschaftlich so nicht haltbar, wie das vorliegende Gutachten beweist. Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren werden in den nächsten Jahrzehnten weiterhin eine entscheidende Rolle spielen. Zu groß sind die Probleme bei der Fahrzeugtech- nik von Elektro- und Brennstoffzellenfahrzeugen, zu sehr fehlt es an einem flächen- deckenden Netz von Strom-, Wasserstoff- oder Erdgastankstellen, zu offen sind die Fragen zur Förderung und Besteuerung von Elektrofahrzeugen, als dass Fahrzeuge mit alternativen Antriebskonzepten auf breiter Front zum Einsatz kommen könnten. Eine einseitige Förderung des Elektroantriebs könnte sich deshalb als Irrweg erweisen. Die öffentliche Unterstützung umweltverträglicher Antriebstechnologien muss technolo- gieoffen und ohne Diskriminierung der vorhandenen Technologien erfolgen. Entschei- dend für die mittelfristige Zukunft des Automobilstandorts Baden-Württemberg ist vor allem die Weiterentwicklung des Verbrennungsmotors und seiner Hybridisierungsvari- anten. Daher sollte die gegenwärtig schon fast inflationär ansteigende Zahl von Aktivi- täten auf dem Gebiet des Elektroantriebs nüchtern abgewogen und vor allem besser gebündelt werden. Die Politik sollte nicht die zukünftige Fahrzeugtechnologie vorschreiben, sondern in erster Linie umweltpolitische Ziele vorgeben und die Umset- zung den Forschungsabteilungen der Industrie auferlegen - durchaus mit der Flankie- rung durch geeignete Förderinstrumente. Technologische Vielfalt zur Erfüllung der Umweltvorgaben ist für Produzenten und Verbraucher besser, als die politische Vision einer technologischen Monokultur. Stuttgart im September 2010 Dr. Herbert Müller Andreas Richter Präsident Hauptgeschäftsführer 5
1. Ergebnisse und Handlungsempfehlungen Die tabellarische Kurzdarstellung gibt einen ersten Überblick über die wichtigsten Hand- lungsfelder, den abgeleiteten Handlungsempfehlungen und Handlungsfeldern sowie auf die Akteure, welche bei der Umsetzung der empfohlenen Maßnahmen maßgeblich aktiv werden müssen. Handlungsfelder Handlungsempfehlungen Was getan werden muss Wer aktiv werden muss Weiterentwickelte kon- Förderung ohne Diskri- Versachlichung der Staatsministerium, Wis- ventionelle Antriebs- minierung: Effiziente „E-Hype“-Diskussion und senschafts- und Wirt- technologie mittelfristig Mobilität erfordert Tech- Imageaufwertung für mo- schaftsministerium Ba- mit erheblichem Poten- nologievielfalt dernen Benzin- und Diesel- den-Württemberg, zial antrieb und seiner Hybrid- Landesagentur e-mobil Varianten Baden-Württemberg Diffusion Elektro- und Keine weitere Erhöhung Bund über Staats- und Brennstoffzellenautos der Mineralölsteuer zur Finanzministerium führt zu Steuerausfall bei Kompensation möglicher Mineralölsteuer Steuerausfälle durch Aus- breitung von E-Autos „E-Mobility“-Initiativen Bestandsaufnahme, Bewer- Landesagentur e-mobil werden zu „Mode- tung, Priorisierung und Baden-Württemberg erscheinungen“ auf stärkere Bündelung landes- regionaler, lokaler und und bundesweiter Aktivitä- bundesweiter Ebene ten zur E-Mobilität Hohe finanzielle Vorleis- Innovationsfreundliche Einsatz von Steuergut- Bund über Finanzministe- tungen durch parallele Rahmenbedingungen schriften zur Förderung rium Baden-Württemberg, Technikentwicklung, schaffen eines innovationsfreund- Wirtschaftsministerium insbesondere für KMU- lichen Klimas; Vergabe von Baden-Württemberg, Zulieferer Darlehen zur Innovations- L-Bank Baden- finanzierung für Automobil- Württemberg zulieferer erleichtern Elektrifizierung erfordert Staatliche Forschungs- Identifikation von For- Wissenschafts- und Wirt- Aufbau neuer Kernkom- förderung und schungs- und Know-how- schaftsministerium Baden petenzen zur Standortsi- Wissenstransfer Defiziten im Bereich alter- Württemberg, Landes- cherung optimieren nativer Antriebe; Bewertung agentur e-mobil Baden- und Abschätzung von Akti- Württemberg, Industrie- vitäten in diesen Bereichen und Handelskammern Überwindung der wirt- Förderung der Brennstoff- Landesagentur e-mobil schaftlichen Diffusions- zelle in stationären Anwen- Baden-Württemberg, barrieren für Brennstoff- dungen (z. B. Gewerbeim- Wissenschaftsministerium zellenantrieb mobilien, Wohnungsbau) Baden Württemberg Ganzheitliche Bewer- Einrichtung eines Lehr- Wissenschaftsministerium tung (technisch, ökono- stuhls für „E-Mobility“ mit Baden-Württemberg, misch, ökologisch, betriebswirtschaftlicher und Unternehmen der Ener- gesellschaftlich) von gesellschaftswissenschaft- gie- und Automobilwirt- Elektromobilität licher Ausrichtung, ggfs. als schaft Stiftungsprofessur Neue Technologien Staatliche Investitionsan- Fokussierung auf gewerbli- Bund über Wirtschafts- kostenseitig zunächst reize setzen che Kunden und Einräu- und Finanzministerium nicht wettbewerbsfähig mung besonderer Ab- Baden-Württemberg gegenüber konventio- schreibungsvorteile für neller Antriebstechnik Plug-in-Hybride, E-Auto und Brennstoffzellenfahr- zeuge 6
1. Ergebnisse und Handlungsempfehlungen Handlungsfelder Handlungsempfehlungen Was getan werden muss Wer aktiv werden muss Popularisierung alternati- Öffentliches Beschaf- Demonstration sinnvoller Land und Kommunen ver Antriebe unter An- fungsverhalten zur Einsatzzwecke im Rahmen wendung des Gesetzes Demonstration alternati- öffentlichen Beschaffungs- zur Modernisierung des ver Antriebe nutzen verhaltens unter Berücksich- Vergaberechts (2009) tigung wirtschaftlicher As- pekte (z. B. Erdgasfahrzeu- ge, Voll-Hybride im kommu- nalen Bereich) Schaffung von Anreizen Benutzervorteile für Freigabe von Verkehrsflä- Stadt Stuttgart und für innovative Technolo- alternative Antriebe und chen zur Parkierung von Car Kommunen, Staats- und gien und Mobilitäts- Nutzungsmodelle Sharing Fahrzeugen mit Finanzministerium Ba- konzepte schaffen alternativem Antrieb; Fortfüh- den-Württemberg rung der Steuerbefreiung für Elektro- und Brennstoffzel- lenfahrzeuge Aufbau einer Versor- Notwendige Infrastruktur Ausweisung geeigneter Stadt Stuttgart und gungsinfrastruktur für aufbauen Standorte und Flächen für Kommunen, Wirt- Elektro- und Brennstoff- private Betreiber schaftsministerium Ba- zellenfahrzeuge den-Württemberg Sicherung des Automo- Standortsicherung „Runder Tisch“ der Automo- Wirtschaftsministerium bilstandorts Metropol- vorantreiben bilhersteller und Zulieferer Baden-Württemberg, region Stuttgart sowie der landespolitischen Landesagentur e-mobil Entscheidungsträger; An- Baden-Württemberg, siedlung von Entwicklungs- Industrie- und Handels- bereichen und Niederlas- kammern und kommuna- sungen internationaler Tech- le Wirtschaftsförderer nologieführer im Bereich der Elektromobilität Verschwendung von Harmonisierung techni- Beschleunigung der Ver- Bund über Staatsminis- Forschungs- und Ent- scher Vorschriften voran- handlungen auf globaler und terium Baden-Württem- wicklungskapazitäten treiben europäischer Ebene über berg durch weltweit unter- einheitliche technische Nor- schiedliche technische men für Fahrzeuge mit alter- Vorschriften und Normen nativen Antrieben, insbeson- dere Elektrofahrzeuge Alternative Antriebe sind Energie- und Rohstoff- Ökologische Bewertung aller Wirtschaftsministerium nur so umweltverträglich strategie entwickeln Antriebskonzepte auf Basis und Ministerium für Um- wie die Energie, mit der des „Well-to-Wheel“- welt, Naturschutz und sie betrieben werden; bei Ansatzes; konsistente Stra- Verkehr Baden- Elektroautomobilen stellt tegie hinsichtlich Strom- und Württemberg sich zusätzlich die Her- Wasserstofferzeugung sowie ausforderung des Batte- Entsorgungskonzept für rie-Recyclings Altbatterien Abbildung 1: Politische Handlungsfelder im Überblick Quelle: Institut für Automobilwirtschaft 7
1. Ergebnisse und Handlungsempfehlungen Ziel der Untersuchung war es, Entwicklungspfade im Hinblick auf die Ausbreitung unter- schiedlicher Antriebstechnologien zu ermitteln und politische Handlungsfelder zur Förderung nachhaltiger Mobilität aufzuzeigen. Darüber hinaus sollen auch sich daraus ergebenden Konsequenzen für künftige Investitionsentscheidungen von gewerblichen Fuhrpark- und Flot- tenbetreibern, im Spannungsfeld von Ökologie und Ökonomie, dargestellt werden. Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse Der aktuelle Hype um das Elektroauto und die Fokussierung der politischen Aktivitäten auf die Förderung des Elektroantriebs könnte sich schon in wenigen Jahren als ein fataler Irrweg er- weisen. Angesichts der großen technischen und wirtschaftlichen Herausforderungen wird das rein batteriebetriebene Elektroauto auf eine absehbare Zeit hin eine zwar wichtige, aber doch letztlich Nische bleiben. Entscheidend für die Zukunft des Automobilstandorts Baden- Württemberg ist die Weiterentwicklung des Verbrennungsmotors und seiner Hybrid- isierungsvarianten. Daher sollten die gegenwärtig schon fast inflationär ansteigende Zahl von Aktivitäten auf dem Gebiet des Elektroantriebs auf ihre Zukunftsrelevanz hin bewertet und ge- bündelt werden. Gleichzeitig sollte die öffentliche Diskussion um das Elektroauto nicht zuletzt durch die politischen Entscheidungsträger versachlicht und ein Beitrag zur Imageaufwertung von Benzin- und Dieselfahrzeugen geleistet werden. „Grüne“ Mobilität ist machbar. Um eine weitere Absenkung der verkehrsspezifischen Schadstoff- und CO2-Emissionen zu erreichen, bedarf es jedoch eines breit angelegten, technologieoffenen Konzepts. Eine Fokussierung auf einzelne alternative Antriebs- technologien ist kontraproduktiv, da sich die nachhaltigsten ökologische Effekte erzielen lassen, wenn nicht nur neue, sondern der Gesamtbestand an Fahrzeugen umweltfreundlicher wird. Eine Strategie zur Emissionsminderung muss weiterhin langfristig angelegt sein, da sich neue Technologien aus technischen wie auch aus wirtschaftlichen Gründen erst langsam am Markt durchsetzen werden. Alternative Antriebskonzepte und Kraftstoffe können einen wichtigen Beitrag zur Verringerung der Abhängigkeit vom Öl leisten. Mit Biokraftstoffen der zweiten Generation, die nicht in Konkurrenz mit der menschlichen Nahrungskette stehen, können die CO2- Emissionen deutlich reduziert werden. Aber auch Autogas und Erdgas verfügen über eine gute Öko-Bilanz. Auf der Antriebsseite bieten Plug-in-Hybride mit sogenannten „Range Extendern” sowie das batteriebetriebe Elektroauto und Brennstoffzellenfahrzeuge ein großes Potenzial zur Emissionsminderung. Allerdings stehen einer schnellen Ausbreitung dieser Antriebstechnologien heute noch gewichtige Diffusionsbarrieren im Wege. Diese sind: die fehlende Alltagstauglichkeit aufgrund geringer Reichweiten und langer Ladezeiten, 8
1. Ergebnisse und Handlungsempfehlungen die fehlende Infrastruktur, insbesondere für den Wasserstoff bei Brennstoffzellen- fahrzeugen, die hohen Anschaffungskosten. Im Rahmen der vorliegenden Studie wurden zur Abschätzung der künftigen Bedeutung der verschiedenen Antriebstechnologien drei Szenarien entwickelt: Szenario I „Evolution“: Dieses Szenario basiert auf einer Fortschreibung der in den letzten Jahren erkennbaren politischen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und technischen Trends. Es geht zwar von einer Verschärfung der gesetzlichen Vorgaben hinsichtlich der CO2-Emissionen sowie einem steigenden Ölpreis aus. Doch wird unterstellt, dass diese Herausforderungen im Rahmen einer kontinuierlichen Weiterentwicklung der heutigen technischen Möglichkeiten bewältigt werden können. Szenario II „Zeitenwende“: Dieses Szenario geht davon aus, dass ein sich beschleunigender Klimawandel die Politik zu einer deutlichen Verschärfung gesetzlicher Vorgaben hinsichtlich der CO2-Emissionen zwingt und sich Rohöl auf eine Preis von über 200 Dollar/Barrel bis zum Jahr 2020 verteuert. Diese Veränderungen führen auch zu einer wachsenden Akzeptanz neuer Antriebstechnologien, was sich aber aufgrund der notwendigen technischen Ausreifezeit und dem notwendigen Aufbau einer alternativen Infrastruktur erst im Zeitraum zwischen 2020 bis 2030 stärker auswirkt. Szenario III „Strukturbruch“: In diesem Szenario wird nicht nur ein verstärkter Druck auf die politischen Entscheidungsträger und die Automobilunternehmen erwartet, sondern auch das Auftreten von neuen Akteuren, die mit ungewöhnlichen Geschäftsmodellen für eine schnelle Akzeptanz neuer Antriebstechnologien sorgen. Die Kosten für motorisierte Mobilität steigen in diesem Szenario sehr stark an und führen unter anderen zu einem verstärkten Auto-Verzicht, insbesondere in den Ballungszentren. Dies hat eine deutliche Abschwächung des Wachstums des weltweiten Automobilmarkts und gleichzeitig eine massive Verschiebung bei den Antriebstechnologien zur Folge. Die Ergebnisse dieser Szenarien zeigen, dass Fahrzeuge mit alternativen Antriebskonzepten durchaus über ein erhebliches Marktpotenzial verfügen. So könnte der Anteil von Hybrid- Fahrzeugen (Voll-Hybride und Plug-in-Hybride) an den Gesamtverkäufen von Automobilen bis zum Jahr 2030 weltweit im Szenario I auf 30 und im Szenario II sogar auf bis zu 68 Pro- zent steigen. Andererseits sind aber die Wachstumspotenziale für batteriebetriebene Elektro- fahrzeuge (BEV) und Brennstoffzellenfahrzeuge (FCV) aufgrund der genannten Kosten und Nutzungsnachteile beschränkt. Im Szenario I wird deren Anteil an den Gesamtverkäufen bis zum Jahr 2030 auf weltweit fünf, im Szenario III auf 12 Prozent geschätzt. 9
1. Ergebnisse und Handlungsempfehlungen Szenario I Szenario II Szenario III 100,0 100,0 100,0 80,0 80,0 80,0 60,0 60,0 60,0 40,0 40,0 40,0 20,0 20,0 20,0 0,0 0,0 0,0 2010 2020 2030 2010 2020 2030 2010 2020 2030 ICE HEV PHEV BEV/FC ICE : Verbrennungsmotor (Benzin und Diesel) mit „milder“ Hybridisierung und alternativen Kraftstoffen HEV : Voll‐Hybrid PHEV : Plug‐In‐Hybrid (mit Range Extender) BEV : Batteriebetriebenes Elektroauto FCV : Brennstoffzelle Abbildung 2a: Überblick über die Szenarien I – III (Basis: global) Quelle: Institut für Automobilwirtschaft (IFA) Antriebstechnologie-Szenario für Deutschland (Kurzfassung)* Im Vergleich zur globalen Entwicklung wird die Ausbreitung alternativer Antriebstechnologien in Deutschland langsamer verlaufen. Dafür spricht zum einen die hohe Diesel-Affinität der deutschen Autofahrer. Der Diesel steht in einem direkten Wettbewerbsverhältnis mit den Voll-Hybriden. Außerdem sind in Deutschland - anders als in anderen großen Automobil- märkten - über die fünfjährige Befreiung von der Kfz-Steuer hinaus derzeit keine staatlichen Kaufhilfen für die Anschaffung von Elektroautos zu erwarten. Erst ab dem Jahr 2020, wenn in Europa voraussichtlich verschärfte CO2-Flottengrenzwerte in Kraft treten werden, ist mit einer stärkeren Marktpenetration durch Elektrofahrzeuge und Plug-in-Hybride zu rechnen (Abbildung 2b). - Anteile in vH - 2010 2020 2030 Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor 99,0 92,0 80,0 (Benzin und Diesel), mit „milder“ Hybridisierung und alternativen Kraft- stoffen (bspw. Gas/Bio) Voll-Hybrid-Fahrzeuge 0,5 5,0 3,0 Plug-in-Hybrid-Fahrzeuge 0,0 1,5 12,5 (mit „Range Extender“) Batteriebetriebene Elektroautos/ 0,0 1,5 4,5 Brennstoffzellenfahrzeuge Gesamtmarkt Fahrzeuge(in Mio.) 2,95 3,00 2,85 Abbildung 2b: Szenario II (Basis: Deutschland) Quelle: Institut für Automobilwirtschaft (IFA) 10
1. Ergebnisse und Handlungsempfehlungen Insgesamt ist festzustellen, dass der Verbrennungsmotor noch lange die Basis des motori- sierten Individualverkehrs bleiben wird. Nach den dargestellten Szenarien werden auch im Jahr 2030 noch rund 90 Prozent aller weltweit verkauften Automobile über einen Verbren- nungsmotor verfügen, wenn man berücksichtigt, dass auch elektrifizierte Antriebskonzepte wie der Voll-Hybrid und der Plug-in-Hybrid weiterhin einen Benzin- oder Dieselmotor benöti- gen. Der Trend zur „Elektrifizierung des Antriebsstrangs“ ist daher auf mittlere Sicht keine Bedrohung des Automobilstandorts Baden-Württemberg und der Automobilregion Stuttgart, sondern eine Chance. Sollte sich insbesondere die Brennstoffzelle durchsetzen, würde dies den Automobil- standort Baden-Württemberg sogar stärken, da nach einer jahrzehntelangen Forschungs- und Entwicklungsarbeit in diesem Technologiebereich ein großes Know-how in der Region vorhan- den ist. Eine zukunftsorientierte Strategie zur Bewältigung der ökologischen Herausforderungen und der Reduktion der Ölabhängigkeit darf nicht dem Prinzip des „Entweder-Oder“, sondern sie muss dem Grundsatz des „Sowohl-als-auch“ folgen. Das bedeutet, dass der konventionelle Verbrennungsmotors weiterentwickelt und optimiert werden muss, während zugleich ver- stärkte Aktivitäten im Bereich alternativer Antriebskonzepte und Kraftstoffe unternommen werden müssen. 11
1. Ergebnisse und Handlungsempfehlungen Handlungsempfehlungen Ob und mit welchen Auswirkungen auf Produktion und Beschäftigung am Automobilstandort Stuttgart die weitere Steigerung der Umweltverträglichkeit des motorisierten Individualver- kehrs erreicht werden kann, hängt nicht zuletzt von der Gestaltung der politischen Rahmen- bedingungen ab, denen sich die Automobilhersteller und ihre Zulieferer künftig gegenüber- sehen. Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass zur Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit tech- nologische Umstellungsprozesse immer der Marktentwicklung folgen müssen und nicht um- gekehrt. Die hohe Marktakzeptanz des Verbrennungsmotors und die vorhandenen Potenzia- le zur weiteren Reduktion der spezifischen Verbräuche von Benzin- und Dieselmotoren, soll- ten auch im Rahmen einer Strategie zur Förderung der Elektromobilität nicht übersehen werden. Aus dieser Grundeinsicht leiten sich die folgenden Anforderungen an eine Politik für „Grüne“ Mobilität ab. 1.1 Förderung ohne Diskriminierung umsetzen Die Entwicklung und Durchsetzung neuer Antriebstechnologien erfordert staatliches Han- deln. Dabei gilt es aber immer im Auge zu behalten, dass Benzin- und Dieselmotoren noch über viele Jahre und möglicherweise Jahrzehnte hinweg die Hauptantriebsquellen für Auto- mobile sein werden. Dementsprechend muss der Grundsatz gelten: Neue Technologien för- dern ohne vermeintlich „alte“ Technologien zu diskriminieren. Entscheidend für die Zukunft des Automobilstandorts Baden-Württemberg sind der Aufbau von Kompetenzen im Bereich der Batterietechnologie und der Leistungselektronik sowie die Weiterentwicklung des Verbren- nungsmotors. Konventionell betriebene Benzin- und Dieselfahrzeuge bieten noch ein enor- mes Potenzial zur Verbrauchseinsparung und damit auch zur Senkung der spezifischen CO2-Emissionen. Sie sollten daher nicht durch staatliche Maßnahmen verdrängt werden. Notwendig ist insbesondere eine Versachlichung der Diskussion um das Zukunftspotenzial von Elektroautos. Der aktuell auch von der Politik geschürte „E-Hype“ droht, die erheblichen Erfolge bei der Verbrauchs- und Emissionsminderung bei konventionell angetriebenen Fahr- zeugen aus der öffentlichen Wahrnehmung zu verdrängen. Weiterhin dürfen die zu erwar- tenden Steuerausfälle durch eine Ausbreitung von Elektrofahrzeugen nicht durch eine Erhö- hung der Mineralöl- oder Energiesteuer (Kfz-Steuer) finanziert werden, da dies zu einer wei- teren Erhöhung der Mobilitäts- und Transportkosten führen würde. Schließlich muss der fast schon inflationären Ausbreitung von „E-Mobility“-Initiativen auf regionaler und lokaler Ebene, so gut gemeint diese im Einzelnen auch sein mögen, entgegengewirkt werden. Die Gefahr einer Fehlallokation öffentlicher Mittel in diesem Bereich ist hoch, da durch isolierte Einzelak- tivitäten kein nachhaltiger ökologischer Effekt erzielt und auch keine neuen Erkenntnisse über die Diffusionsbarrieren von Elektromobilität gewonnen werden. 12
1. Ergebnisse und Handlungsempfehlungen 1.2 Innovationsfreundliche Rahmenbedingungen schaffen Wichtigster Stellhebel einer zukunftsorientierten Wirtschafts- und Technologiepolitik ist die staatliche Forschungsförderung. Dabei sollte die Schaffung eines insgesamt innovations- und investitionsfreundlichen Klimas zum Beispiel durch Verbesserung von Abschreibungsmöglich- keiten Vorrang vor einer selektiven Förderung einzelner Technologien haben. Nicht selten hat die Förderung einzelner Technologien in der Vergangenheit zu einer Fehlallokation von Res- sourcen geführt. Stattdessen sollte die Politik langfristig verlässliche umweltpolitische Ziele vorgeben, so dass die Unternehmen ihre Entwicklungs- und Investitionsstrategien darauf aus- richten können. Automotive-Unternehmen müssen zukünftig neben der Weiterentwicklung und Optimierung des konventionellen Verbrennungsmotors parallel auch gleichzeitig ihre Aktivitä- ten im Bereich alternativer Antriebskonzepte und Kraftstoffe verstärken. Vor allem für die überwiegend mittelständischen Zulieferer der Region stellt eine solche Doppelstrategie eine große finanzielle Herausforderung dar. Durch Steuergutschriften, deren Höhe von den Auf- wendungen für Forschung und Entwicklung (F&E) abhängig ist, könnte gerade für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) ein innovationsfreundliches Klima geschaffen werden. Neben dem Einsatz von Steuergutschriften zur Förderung von Innovationen sollte auch die Vergabe von Darlehen zur Innovationsfinanzierung für Automobilzulieferer erleichtert werden. Die IHK Region Stuttgart hat dazu in ihrer Studie „Mittelstandsfinanzierung“ aus dem Jahr 2009 entsprechende Vorschläge vorgelegt. 1.3 Staatliche Forschungsförderung und Wissenstransfer optimieren Eine selektive staatliche Forschungsförderung ist dort angezeigt, wo es nachweisbar Defizite gibt, die eine schnelle Entwicklung von Technologien zur Marktreife behindern. Solche Defi- zite lassen sich aber nur in einer engen Abstimmung zwischen Unternehmen, Forschung und den politischen Entscheidungsträgern feststellen. Notwendig ist hier vor allem eine Identifika- tion von Forschungs- und Know-how-Defiziten im Bereich alternativer Antriebe. Erst wenn dies erfolgt ist, lassen sich notwendige Aktivitäten im Hinblick auf die Sicherung des Auto- mobilstandorts Baden-Württemberg bewerten. Speziell im Bereich Brennstoffzellentechnologie verfügt die Region Stuttgart über ein ver- gleichsweise hohes Know-how. Hier geht es nicht nur um die weitere Förderung von For- schungsaktivitäten, sondern insbesondere darum, die Anwendung der Brennstoffzelle zu unterstützen. Dabei sollte nicht allein der Automobilbereich im Mittelpunkt stehen. Brenn- stoffzellen eignen sich auch und gerade für die Energiegewinnung in stationären Anwendun- gen, wie zum Beispiel im Immobilienbereich. Würde es gelingen, die Anwendung der Brenn- stoffzellentechnologie im Bereich gewerblicher und privat genutzter Immobilien über Pilotpro- 13
1. Ergebnisse und Handlungsempfehlungen jekte hinaus zu erhöhen, hätte dies auch positive (Kosten-)Auswirkungen auf den Einsatz der Brennstoffzellentechnologie im Automobil. Schließlich sollte die Einrichtung eines Lehrstuhls für „E-Mobility“ mit betriebswirtschaftlicher und gesellschaftswissenschaftlicher Ausrichtung betrieben werden. Die Diffusion der Elek- tromobilität ist nicht allein eine technische Herausforderung. Wie bereits erwähnt, stellt Elek- tromobilität einen Systemwechsel dar, der ganzheitlich gesteuert werden muss. Dies erfor- dert über technisches Wissen hinaus auch eine Analyse der ökonomischen und gesellschaft- lichen Aspekte einer solchen Systemtransformation. 1.4 Gezielte staatliche Kaufhilfen und Investitionsanreize setzen Viele Fahrzeuge mit neuen Antriebstechnologien, vor allem batteriebetriebene Elektrofahr- zeuge und Brennstoffzellenfahrzeuge, sind aus heutiger Sicht gegenüber konventionell be- triebenen Benzin- und Dieselfahrzeugen kostenseitig nicht wettbewerbsfähig. Die notwendi- gen Kostensenkungen bei diesen Technologien lassen sich nur realisieren, wenn es eine ausreichende Nachfrage gibt. Um diesen circulus vitiosus zu durchbrechen kann es sinnvoll sein, temporär staatliche Kaufhilfen für private Käufer beziehungsweise Investitionsanreize für gewerbliche Nutzer einzuführen. Die Investitionsanreize für gewerbliche Käufer könnten auch in der Einführung spezifischer Abschreibungsmöglichkeiten für Fahrzeuge mit alternati- ven Kraftstoffen und Antriebstechnologien bestehen. 1.5 Öffentliches Beschaffungsverhalten zur Demonstration alternativer Antriebe nutzen Um das Marktpotenzial für Fahrzeuge mit alternativen Antrieben zu vergrößern, sollten Be- hörden, Kommunen und öffentliche Unternehmen dort, wo dies von den Einsatzzwecken her Sinn macht, Fahrzeuge mit alternativen Antrieben einsetzen. Selbstverständlich steht diese Forderung angesichts der schwierigen Lage der öffentlichen Haushalte unter dem Vorbehalt der Wirtschaftlichkeit und der Finanzierbarkeit. Allerdings lassen sich durchaus Felder identi- fizieren, in denen der Einsatz alternativer Antriebe und Kraftstoffe auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten sinnvoll sein kann. So könnten zum Beispiel Erdgasfahrzeuge oder auch Voll-Hybride bei Kommunalfahrzeugen im Kurzstreckenverkehr günstiger sein als Fahrzeuge mit konventionellem Antrieb. 14
1. Ergebnisse und Handlungsempfehlungen 1.6 Nutzervorteile für alternative Antriebe schaffen Die Einräumung von Nutzervorteilen von Fahrzeugen mit besonderen technischen Spezifika- tionen können die Attraktivität der begünstigten Fahrzeugkategorien erhöhen, sollten aber nicht mit Einschränkungen für die Betreiber von Fahrzeugen mit anderen Technologien ver- bunden werden. Andernfalls besteht die Gefahr, dass effiziente logistische Strukturen behin- dert oder gar zerstört werden. Nutzungsmodelle wie etwa „Car-Sharing“können für sich genommen zu einer Verkehrentlas- tung mit positiven ökologischen Effekten in Ballungszentren führen. Werden im Rahmen sol- cher gemeinsamen Nutzungsmodelle Fahrzeuge mit alternativen Antrieben eingesetzt, er- höht sich der positive ökologische Effekt nochmals. Die Ausbreitung solcher Nutzungsmodel- le kann unterstützt werden, wenn die Fahrzeuge dezentral verfügbar sind. Dies erfordert je- doch unter Umständen die Freigabe von Verkehrsflächen zur Parkierung von „Car-Sharing“- Fahrzeugen, wie dies etwa im Rahmen des Projekts „car2Go“ in Ulm der Fall ist. 1.7 Notwendige Infrastruktur aufbauen Vor allem die Ausbreitung von Elektro- und Brennstoffzellenfahrzeugen erfordert den Aufbau einer flächendeckenden Infrastruktur mit Strom- und Wasserstofftankstellen. Die Politik kann dies durch die Ausweisung entsprechender Flächen und die Umsetzung sonstiger infrastruk- tureller Maßnahmen unterstützen. Grundsätzlich sollten der Aufbau und der Betrieb einer entsprechenden Versorgungsinfrastruktur nach privatwirtschaftlichen Grundsätzen erfolgen. Dementsprechend sind hier die Unternehmen der Energiewirtschaft gefordert, denen sich hier auch die Chance bietet, neue Geschäftsfelder zu entwickeln. So stellt das Elektroauto nicht nur einen Strom-Abnehmer dar, sondern auch einen potenziel- len mobilen Energiespeicher. Durch bidirektionale Ladesysteme ist es möglich, in einem Elektroauto gespeicherte Energie wieder in das Stromnetz zurück zu speisen. Dadurch kann eine optimierte Auslastung des Stromnetzes sichergestellt werden. Allerdings stellt sich auch hier das „Henne-Ei“-Problem: Ohne ein ausreichendes Angebot an Versorgungstankstellen werden sich die entsprechenden Antriebskonzepte nicht ausbreiten und ohne deren Ausbrei- tung rechnet sich der Aufbau einer flächendeckenden Infrastruktur nicht. Eine Lösung dieses Problems kann nur durch eine enge Zusammenarbeit zwischen Staat und privater Wirtschaft erreicht werden. Konkret bedeutet dies, dass gezielt Standorte für Strom- und Wasserstofftankstellen definiert und deren potenzielle Auslastung über einen Zeitraum von fünf bis zehn Jahren ermittelt wird. Die öffentliche Hand kann die Ausbreitung der entsprechenden Tankstellen dadurch unterstützen, dass sie Flächen für diese Zwecke ausweist und den Infrastrukturbetreibern kostengünstig zur Verfügung stellt. 15
1. Ergebnisse und Handlungsempfehlungen 1.8 Sicherung des Automobilstandorts Baden-Württemberg vorantreiben Der Automobilstandort Baden-Württemberg verfügt über ein weltweit einmaliges Netzwerk aus Automobilherstellern, Automobilzulieferern sowie automobilnahen Dienstleistern und Forschungseinrichtungen. Im Zentrum steht dabei das Automobil mit Benzin- oder Dieselmo- tor. Es gilt ein solches Netzwerk auch für den Bereich der alternativen Antriebstechnik, ins- besondere der Elektromobilität, aufzubauen. Dazu ist es notwendig, Unternehmen mit be- sonderer Kompetenz im Bereich der Elektromobilität in Baden-Württemberg anzusiedeln. Hier geht es insbesondere um die Batterietechnologie sowie die Leistungselektronik für Elektrofahrzeuge. Es gilt solche Unternehmen gezielt zu akquirieren und von den Vorteilen, Entwicklungs- und Produktionskapazitäten in Baden-Württemberg aufzubauen, zu überzeu- gen. 1.9 Harmonisierung technischer Vorschriften unterstützen Eine wichtige Aufgabe zur Weiterentwicklung umweltverträglicher Fahrzeuge und zur Durch- setzung neuer Antriebstechnologien ist die Harmonisierung technischer Vorschriften sowohl auf nationaler, als auch auf internationaler Ebene. Noch immer müssen Millionen von Ent- wicklungsstunden bei den Automobilherstellern und ihren Zulieferern dafür verschwendet werden, Fahrzeuge an unterschiedliche technische Vorgaben anzupassen, ohne das da- durch deren Umweltverträglichkeit substanziell gesteigert wird. Höchste Priorität hat im Be- reich der Elektromobilität die Vereinheitlichung von Vorschriften und die Normung der ein- schlägigen technischen Bauteile, insbesondere eines einheitlichen Steckers zur Aufladung der Fahrzeuge. Entsprechende Aktivitäten laufen auf europäischer Ebene. Diese müssen von der baden-württembergischen Politik in enger Zusammenarbeit mit der Wirtschaft und dem Bund aktiv unterstützt werden. 1.10 Energie- und Rohstoffstrategie entwickeln Alternative Antriebe sind nur so ökologisch wie die Energie, mit der sie betrieben werden. Dies gilt vor allem für Elektro- und Brennstoffzellenautos, deren Umweltbilanz sehr stark da- von abhängt, wie der Strom beziehungsweise Wasserstoff für ihren Betrieb hergestellt wird. Dementsprechend darf bei einer ökologischen Bilanzierung der verschiedenen Antriebskon- zepte nicht allein das jeweilige lokale Emissionsverhalten („Tank-to-Wheel“) berücksichtigt werden. Vielmehr muss die gesamte Energiekette von der Förderung bis zur Nutzung analy- siert werden („Well-to-Wheel“). Notwendig für eine effiziente Absenkung der verkehrsbeding- ten Schadstoff- und CO2-Emissionen ist eine konsistente Energiepolitik, die neben den öko- logischen auch die ökonomischen Auswirkungen einer Umstellung auf regenerative Energie- 16
1. Ergebnisse und Handlungsempfehlungen träger berücksichtigen muss. Andernfalls besteht die Gefahr, dass ältere Fahrzeuge mit hö- heren Emissionen immer länger genutzt werden. Weiterhin gilt es bei Elektrofahrzeugen auch die Entsorgungs- und vor allem die Recyclingmöglichkeiten bei der Batterieentwicklung zu berücksichtigen. 17
1. Ergebnisse und Handlungsempfehlungen Fazit und Ausblick Die Erhöhung der Umweltverträglichkeit und Verbrauchssparsamkeit ist - neben der weiteren Erhöhung der Sicherheit und des Fahrkomforts - schon seit vielen Jahren ein zentrales Entwicklungsziel in der Automobilindustrie. Im Vordergrund stand dabei bislang die Weiterentwicklung konventioneller Benzin- und Dieselmotoren, vor allem durch moderne Einspritzsysteme und innermotorische Optimierungsmaßnahmen. Dadurch konnte eine deutliche Reduktion der Schadstoffemissionen sowie des Kraftstoffverbrauchs erreicht werden. Vor dem Hintergrund des weltweit dramatisch zunehmenden Motorisierungsgrads reichen die bislang erreichten Fortschritte im Hinblick auf die Antriebs- und Fahrzeugtechnik nicht aus, die Zukunft des Automobils unter den zu erwartenden energie- und klimapolitischen Rahmenbedingungen zu sichern. Die künftige technologische Entwicklung in der Automobilindustrie wird daher vor allem von dem Ziel geprägt sein, die automobilspezifischen CO2-Emissionen und die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern, insbesondere Rohöl, nachhaltig zu reduzieren. 18
2. Mobilität der Zukunft – Zukunft der Mobilität Fahren wir in Zukunft nur noch elektrisch und wird damit der Verbrennungsmotor zum Aus- laufmodell? Folgt man der aktuellen öffentlichen Diskussion, so könnte man in der Tat mei- nen, die Antriebstechnologie für PKW und Nutzfahrzeuge stünde unmittelbar vor eine Revo- lution. In einer breit gestreuten Anzeige verbannt die Landesregierung von Baden- Württemberg den Benzinmotor schon ins Museum: „Benzingeruch“, so heißt es da, „ist bald nur noch etwas für Nostalgiker“. Die Automobilindustrie steht ohne Zweifel technisch wie ökonomisch in einer Phase des Umbruchs. Kaum eine andere Region ist so vom Automobil im Allgemeinen und der Entwick- lung und Produktion von Verbrennungsmotoren im Besonderen abhängig wie die Region Stuttgart. Über viele Jahrzehnte waren moderne Benzin- und Dieselmotoren die technologi- sche Basis für den wirtschaftlichen Erfolg der in der Region beheimateten Automobilherstel- ler und vor allem auch Automobilzulieferer. Soll das nun zu Ende sein? Während die öffentliche Diskussion um das Elektroauto beginnt geradezu irrationale Züge anzunehmen, scheint es notwendig und sinnvoll, die Chancen und Perspektiven für künftige Antriebstechnologien faktenbasiert abzuschätzen und zu bewerten. Dabei steht außer Frage, dass Klimapolitik und knapper werdende fossile Energieträger zu einem Umdenken zwingen und den Handlungsdruck auf die Automobilindustrie erhöhen. Dabei sollte aber nicht verges- sen werden, dass die Politik ganz wesentlichen Einfluss darauf hat, wie der sich abzeich- nende Strukturwandel in einer der Schlüsselbranchen der deutschen Wirtschaft bewältigt wird. In der vorliegenden Studie sollen Entwicklungspfade im Hinblick auf die Ausbreitung unter- schiedlicher Antriebstechnologen aufgezeigt und die sich daraus ergebenden Konsequenzen für künftige Investitionsentscheidungen von gewerblichen Fuhrpark- und Flottenbetreibern im Spannungsfeld von Ökologie und Ökonomie dargestellt werden. Darüber hinaus sollen aber auch politische Handlungsfelder zur Förderung nachhaltiger Mobilität aufgezeigt werden. Die Studie basiert auf Expertengesprächen und einer umfassenden Analyse der ökonomi- schen Vorteilhaftigkeit unterschiedlicher Energieträger und Antriebskonzepte. Die dazu ent- wickelten Szenarien und betriebswirtschaftlichen Berechnungen können dazu beitragen, die wirtschaftlichen Implikationen von Investitionsentscheidungen transparenter zu machen und damit Risiken zu minimieren. Die Botschaft dieser Studie ist klar und eindeutig: „Grüne“ Mobilität ist machbar. Allerdings helfen der Umwelt nur Fahrzeuge mit niedrigeren Schadstoffemissionen und Kraftstoff- verbräuchen, die auch wirklich auf der Straße fahren. Futuristische Studien von vermeintli- chen „Zero Emission“-Fahrzeugen, die nicht alltagstauglich oder nicht bezahlbar sind, mögen die Fantasie und den Forschergeist beflügeln, sind jedoch kaum geeignet, die Umweltbelas- tungen durch den motorisierten Individual- und Güterverkehr zu senken. Um „Grüne“ Mobili- 19
2. Mobilität der Zukunft – Zukunft der Mobilität tät heute umzusetzen, bedarf es langfristiger Weichenstellungen in der Wirtschaft wie auch in der Politik, auf Basis realistischer Annahmen. 2.1 Überblick Die Ausbreitung neuer Technologien ist ein komplexer Prozess. Letztlich sind es die Nutzer - private oder gewerbliche Kunden - die darüber entscheiden, ob sich neue technische Kon- zepte durchsetzen oder nicht. Der Antrieb mit Verbrennungsmotoren wurde und wird seit über einhundert Jahren weiterentwickelt und optimiert und verfügt daher über einen hohen Ausreifungsgrad. Moderne Benzin- und Dieselmotoren sind High-Tech-Produkte, die in der Summe ihrer positiven Eigenschaften von anderen Antriebstechnologien erst übertroffen werden müssen. Das einzelwirtschaftliche Kalkül privater oder gewerblicher Entscheidungsträger, das über die Ausbreitung einer neuen Technologie bestimmt und in dessen Mittelpunkt immer Kosten- und Nutzenüberlegungen stehen, wird jedoch von einer Vielzahl von makroökonomischen und politischen Faktoren bestimmt, die dem Einfluss der einzelnen Wirtschaftssubjekte ent- zogen sind. Neben der Verfügbarkeit von Energieressourcen und der Veränderung gesell- schaftlicher Werthaltungen spielen technologische und wirtschaftliche Einflussfaktoren eine zentrale Rolle. Darüber hinaus kommt der Umwelt-, Verkehrs- und Steuerpolitik eine wichtige Steuerungsfunktion zu (Abbildung 3). Energiepolitische Einflussfaktoren Umwelt-, verkehrs- und Gesellschaftspolitische steuerpolitische Einflussfaktoren Einflussfaktoren Antriebstechnologie Technologische Wirtschaftliche Einflussfaktoren Einflussfaktoren Abbildung 3: Einflussfaktoren auf künftige Antriebstechnologien im Überblick Quelle: Institut für Automobilwirtschaft (IFA) Im Folgenden sollen die wesentlichen Entwicklungstrends in diesem Bereich aufgezeigt wer- den, bevor dann in Kapitel 3 die für private Haushalte und Unternehmen entscheidungsrele- vanten Faktoren behandelt werden. 20
2. Mobilität der Zukunft – Zukunft der Mobilität 2.2 Energiepolitische Rahmenbedingungen Zwar haben Gottlieb Daimler und Karl Benz das Automobil erfunden, den Prozess der Mas- senmotorisierung haben aber zwei Amerikaner eingeleitet: Henry Ford und John D. Rocke- feller. Henry Ford dadurch, dass er das Automobil durch die Einführung der Fließbandferti- gung für jeden erschwinglich gemacht hat und John D. Rockefeller, indem er für einen uni- versell einsetzbaren und preiswerten Kraftstoff gesorgt hat. Die Verbindung von Auto und Öl ist seit hundert Jahren die Basis motorisierter Mobilität. Könnten ein sich abzeichnendes Versiegen der Rohölreserven und eine Treibstoff- Verknappung für ein Ende dieser Symbiose sorgen? Die sogenannte statische Reichweite von Erdöl, definiert als das Verhältnis zwischen den Reserven und der aktuellen Jahrespro- duktion, bewegt sich seit Ende der 80er Jahre relativ konstant zwischen 40 und 45 Jahren (Abbildung 4). Dazu trägt nicht nur die Tatsache bei, dass ständig neue Vorkommen ent- deckt werden, sondern auch, dass durch technische Maßnahmen das Potenzial der bereits in Produktion befindlichen Lagerstätten erhöht wird. Abbildung 4: Statische Reichweite von Erdöl zwischen 1945 und 2008 Quelle: Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR), 2009 Trotz dieser auf den ersten Blick beruhigenden Prognose gilt als unstrittig, dass die Ölpreise in den nächsten Jahren und Jahrzehnten deutlich ansteigen werden. Verantwortlich dafür ist zum einen der weltweit steigende Ölverbrauch. Dazu trägt nicht zuletzt die rasch voran- schreitende Motorisierung in vielen Entwicklungs- und Schwellenländern bei. So wird der weltweite Automobilbestand, der heute bei etwa 750 Millionen Fahrzeugen liegt, bis zum Jahr 2050 auf über zwei Milliarden Fahrzeuge zunehmen. Die Internationale Energie Agentur (IEA) geht daher davon aus, dass der Weltrohölverbrauch bis zum Jahr 2030 um jährlich ein bis zwei Prozent ansteigen wird. 21
2. Mobilität der Zukunft – Zukunft der Mobilität Als weiterer Grund für einen deutlichen Anstieg des Ölpreises werden die steigenden Explo- rations- und Förderkosten genannt. So sind bereits in den letzten Jahren als Folge der immer schwerer zugänglichen und erschließbaren Ölfelder vor allem die Aufsuchungs- und Entwick- lungskosten deutlich angestiegen (Abbildung 5). Es ist davon auszugehen, dass die Ölka- tastrophe im Golf von Mexiko („Deepwater Horizon“) zu weiter steigenden Sicherheitsaufla- gen führen wird, was den Ölpreisanstieg zusätzlich beschleunigen könnte. USD je Barrel Abbildung 5: Aufsuchungs- und Entwicklungskosten, Förderkosten und spezifische Gesamtgewinnungskosten Quelle: Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR), 2009 Nach zahlreichen Prognosen wird die Erschließung neuer Ölfelder in den nächsten Jahren nicht mehr mit der steigenden Produktion Schritt halten, so dass die Ölförderung zurückge- hen wird. Wann und ob dieser als „Peak Oil“ bezeichnete Punkt schon eingetreten ist oder eintreten wird ist allerdings umstritten. Mit den wachsenden Problemen bei der Erschließung und Förderung konventionellen Erdöls könnte die Ölgewinnung aus Ölsanden und Ölschiefer an Bedeutung gewinnen. Die Potenzi- ale werden als erheblich angesehen und übertreffen die Ressourcen und Reserven von kon- ventionellem Erdöl (Abbildung 6). Allerdings sind die Gewinnungskosten bei Ölsanden und Ölschiefer sehr hoch, so dass auch von deren verstärkten Nutzung eine kosten- und preis- treibende Wirkung ausgeht. 22
2. Mobilität der Zukunft – Zukunft der Mobilität Giga Tonnen Abbildung 6: Weltweites Gesamtpotenzial von konventionellem Erdöl sowie Ölsand, Schwerstöl und Ölschiefer für 2007 Quelle: Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR), 2009 So unstrittig die Feststellung ist, dass der Ölpreis steigen wird, so wenig zuverlässig waren Ölpreisprognosen in der Vergangenheit. Dazu haben nicht zuletzt spekulativ bedingte Ver- zerrungen beigetragen. Nach verschiedenen Prognosen könnte der Ölpreis bis zum Jahr 2020 auf 180 bis 200 US-Dollar je Barrel steigen. Dies würde gegenüber dem heutigen Ni- veau nahezu eine Verdreifachung bedeuten. Neben der „natürlichen“ gilt es im Zeitalter globalisierter Konflikte auch die „politische“ Ver- fügbarkeit der Energieressourcen im Auge zu behalten. Denn auch davon hängt ab, ob und zu welchem Preis künftig Energie für den motorisierten Individualverkehr und Gütertransport auf der Straße zur Verfügung steht. Die Ungleichverteilung zwischen Förder- und Verbrauchsregionen und insbesondere die starke Konzentration der Ölreserven in den OPEC-Staaten macht die politischen Risiken der künftigen Ölversorgung deutlich (Abbil- dung 7). 23
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