PÄDIATRISCHE ALLERGOLOGIE - NAHRUNGSMITTELALLERGIE - IN KLINIK UND PRAXIS - Pädiatrische ...

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PÄDIATRISCHE ALLERGOLOGIE
                         IN KLINIK UND PRAXIS

SONDERHEFT

NAHRUNGSMITTELALLERGIE
PÄDIATRISCHE ALLERGOLOGIE - NAHRUNGSMITTELALLERGIE - IN KLINIK UND PRAXIS - Pädiatrische ...
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GPA » Sonderheft „Nahrungsmittelallergie“ » Editorial     3

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,
die Diagnostik und Behandlung von Kin-        onen, einen Standard zu schaffen. Das               weisen bei der Diagnosestellung und
dern und Jugendlichen mit Nahrungsmit-        Manual sollte dazu dienen, die Prozedur             Provokation notwendig, die erstmalig für
telallergien ist ein hochaktuelles Thema.     der Provokationstestung in Deutschland              Deutschland festgelegt werden.
Verschiedene Ernährungsformen, echte          zu vereinheitlichen und damit auch Hür-
und vermutete Unverträglichkeiten und         den abzubauen, die durch Unsicherheit               Dieses Heft soll Ihnen als kompaktes
Allergien sind in Mode und demzufolge         bei den ärztlichen Kolleginnen bestehen             Nachschlagewerk für das wichtige und
nahezu täglich Thema in den Medien. Die       könnten.                                            komplexe Gebiet der Nahrungsmittel-
Eltern und Patienten kommen in unsere                                                             allergie dienen. Sie finden neben dem
Sprechstunde und suchen den Rat ihres         Bereits 2012 erfolgte wegen des großen              Manual aktuelle Übersichten zu den ver-
Kinderarztes oder Allergologen .*
                                              Erfolgs eine Neuauflage des Sonder-                 schiedenen Formen der Nahrungsmit-
                                              hefts und nun, 10 Jahre nach der ersten             telallergie, zur Diagnostik, Beratung und
Unsere Aufgabe ist es, auf diesem Gebiet      Veröffentlichung, ist eine runderneuerte            Therapie, an denen die Mitglieder der
kompetent zu sein und aus den zahlrei-        Version des Hefts und des Manuals ent-              WAG Nahrungsmittelallergie mitgearbei-
chen, in verschiedenen Medien veröffent-      standen, in die die wissenschaftlichen              tet haben.
lichten Informationen das herauszufil-        Entwicklungen und Ergebnisse der letz-
tern und weiterzugeben, was zuverlässig       ten 10 Jahre eingeflossen sind. Zusätz-             Wir wünschen Ihnen mit der Lektüre viel
ist, dem Stand der wissenschaftlichen         lich wurde das Manual erweitert um ein              Vergnügen und viele neue und interes-
Medizin entspricht und konkret hilft.         Krankheitsbild, das erst in den letzten             sante Einsichten in die große Welt der
                                              Jahren zunehmend in den Fokus geraten               Nahrungsmittelallergie!
Verschiedene Studien zeigen immer wie-        ist: das Food Protein-induced Enterocoli-
der, dass sich die Rate an vermuteten         tis Syndrome, abgekürzt FPIES. Hier sind            Ihre / Eure
und tatsächlichen Nahrungsmittelun-           aufgrund des anderen Verlaufs und an-
verträglichkeiten stark unterscheidet.        derer Beschwerden andere Vorgehens-                 Lars Lange und Kirsten Beyer
Schon eine gute Anamnese ist der ers-
te Schritt, um viele vermutete Allergien
auszuschließen.     Moderne     Methoden
der differenzierten allergologischen Di-
                                                   Dr. med. Lars Lange                               Prof. Dr. med. Kirsten Beyer
agnostik erlauben es uns immer besser
einzuschätzen, ob eine Sensibilisierung
für die Patienten relevant ist oder nicht.
Trotzdem bleibt es in vielen Fällen bei der
Notwendigkeit, die klinische Relevanz
einer Sensibilisierung durch eine Nah-
rungsmittelprovokation zu bestätigen
oder auszuschließen, oder aber nachzu-
weisen, ob unsere Patientinnen in Laufe
der Zeit wieder tolerant geworden sind.            St.-Marien-Hospital                               Charité Universitätsmedizin Berlin
                                                   Robert-Koch-Str. 1 | 53115 Bonn                   Klinik für Pädiatrie m. S. Pneumologie,
                                                   lars.lange@gfo-kliniken-bonn.de                   Immunologie und Intensivmedizin
Die Idee der wissenschaftlichen Arbeits-
                                                                                                     Augustenburger Platz 1 | 13353 Berlin
gruppe Nahrungsmittelallergie der GPA                                                                kirsten.beyer@charite.de
war es bereits bei der ersten Auflage
des Sonderhefts Nahrungsmittelallergie
der Pädiatrischen Allergologie im Jahr        *
                                                  In allen Texten zum Thema dieses Sonderhefts, die von Frau Prof. Beyer (mit-)verfasst
2009, mit dem Herzstück des Hefts,                wurden, wird für Personen die weibliche Form genutzt, in den anderen Texten die
dem Manual Nahrungsmittelprovokati-               männliche. In allen Fällen sind jeweils alle Geschlechter gemeint.
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Nr. 1               Nr. 1
     Höchster            Bester
 Hydrolysegrad      Geschmack unter
für den Therapie-   den Aminosäure-
      erfolg2           formula3
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GPA » Sonderheft „Nahrungsmittelallergie“ » Inhalt / Impressum                          5

Inhalt / Impressum

Editorial  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   3

Primäre Nahrungsmittelallergien im Kindes- und Jugendalter  . . . . . . . . . . . . .                                                        6

Sekundäre Nahrungsmittelallergien bei Kindern und Jugendlichen  . . . . . . . . 10

Die wichtigsten Nahrungsmittel, die Allergien auslösen können  . . . . . . . . . . . 16

Diagnostik bei Nahrungsmittelallergien  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21

Die Rolle der Ernährung in der Prävention der Nahrungsmittelallergie  . . . . . 31

Manual:
Orale Nahrungsmittelprovokationen bei Verdacht
auf eine Nahrungsmittelallergie im Säuglings- und Kindesalter  . . . . . . . . . . . 32

Ernährungstherapie  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48

Zukünftige Therapieoptionen für Erdnussallergiker:
Fakt oder Fiktion? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53

Das Leitbild der GPA  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59

Pädiatrische Allergologie in Klinik und Praxis,
Sonderheft „Nahrungsmittelallergie“

Herausgeber:                                                               Schriftleitung:                                                       Bildnachweis: Titel: st-fotograf – stock.adobe.com, |
Gesellschaft für Pädiatrische Allergologie                                 Dr. med. Lars Lange                                                   Prof. K. Beyer: S. 3 rechts | Dr. S. Büsing: S. 7 |
und Umweltmedizin e. V., Rathausstraße 10,                                 St.-Marien-Hospital                                                   Fotolia: S. 62: StingerMKO (verändert iKOMM) |
52072 Aachen, Tel. 02 41 / 98 00-4 86,                                     Robert-Koch-Str. 1, 53115 Bonn,                                       Dr. L. Lange: S. 3 links | stock.adobe.com: S. 13:
Fax 02 41 / 98 00-2 59, gpa.ev@t-online.de,                                lars.lange@gfo-kliniken-bonn.de                                       Prikhodko, S. 14 links: katharinarau, S. 14 Mitte:
www.gpau.de                                                                Prof. Dr. med. Kirsten Beyer                                          Li-Bro, S. 14 rechts: Chris, S. 15: peterschreiber.media,
                                                                           Charité Universitätsmedizin Berlin                                    S. 16 rechts: Ildi, S. 17: pamela_d_mcadams, S. 18
Verlag:                                                                    Klinik für Pädiatrie m. S. Pneumologie,                               Mitte: 13threephotography, S. 19 links: L.Bouvier, S. 19
iKOMM • Information und Kommunikation                                      Immunologie und Intensivmedizin                                       Mitte: nadianb, S. 19 rechts: sriba3, S. 20 links: Vitalii,
im Gesundheitswesen GmbH, Friesenstraße 14,                                Augustenburger Platz 1, 13353 Berlin,                                 S. 20 rechts: Dmytro, S. 21: gpointstudio, S. 49: Vasyl,
53175 Bonn, Tel. 02 28  / 37 38 41, Fax 02 28  / 37 38 40,                 kirsten.beyer@charite.de                                              S. 50: Ermolaev Alexandr | PantherMedia: S. 16 links:
info@ikomm.info, www.ikomm.info                                                                                                                  Valentyn_Volkov, S. 18 links: DmitryRukhlenko, S. 18
Verlagsleitung: Dr. Ulrich Kümmel                                          Redaktion:                                                            rechts: stevanovicigor
                                                                           Dr. med. Susanne Meinrenken,
                                                                                                                                                 Layout: kippconcept gmbh, Bonn
                                                                           28759 Bremen,
                                                                           susanne.meinrenken@sprachzeug.de                                      ISSN: 2364-3455

                                                                                                                                                 Stand: September 2019
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6      GPA » Sonderheft „Nahrungsmittelallergie“ » Primäre Nahrungsmittelallergien

Primäre Nahrungsmittelallergien
im Kindes- und Jugendalter
Susanne Büsing und Kirsten Beyer

Prinzipiell kann man IgE-vermittelte von Nicht-IgE-vermittelten Nahrungsmittelallergien unterscheiden (Abb. 1). Bei den IgE-vermittelten
Nahrungsmittelallergien wiederum unterscheidet man eine primäre von einer sekundären Form. Primäre Nahrungsmittel­allergien
entstehen primär infolge gastrointestinaler oder kutaner Sensibilisierungen auf vorwiegend stabile Nahrungsmittelallergene [2, 8].
Demgegenüber entwickelt sich eine sekundäre Nahrungsmittelallergie infolge einer Sensibilisierung gegenüber Aeroallergenen
(z. B. Pollenallergenen) mit anschließenden Reaktionen (sog. Kreuzallergien) auf strukturverwandte, häufig instabile Allergene in (pflanz-
lichen) Lebensmittel (s. „Sekundäre Nahrungsmittelallergien“, S. 10).

Häufige Auslöser im Kindes-                       Häufigkeit der primären                         eine Prävalenz einer durch eine doppel­
alter                                             Nahrungsmittelallergie                          blinde, plazebokontrollierte Provokatio-
                                                                                                  nen gesicherte Nahrungsmittelallergie
Häufige Auslöser primärer Nahrungsmit-            Die Prävalenz von primären Nahrungs-            von 4,2 % [9].
telallergien im Kindesalter sind:                 mittelallergien ist regional unterschied-
❙❙ Hühnerei                                       lich und bei Kindern grundsätzlich höher        In Bezug auf einzelne Nahrungsmittel
❙❙ Kuhmilch                                       als bei Erwachsenen. Sie hängt enorm            konnte in der EuroPrevall Geburtsko-
❙❙ Erdnüsse                                       von den Kriterien ab, mit denen die Nah-        horte, die über 12.000 Säuglinge aus 9
❙❙ Schalenfrüchte,                                rungsmittelallergie erfasst wurde. So           verschiedenen europäischen Ländern
    z. B. Haselnuss, Cashew                       berichten Eltern viel häufiger von der          eingeschlossen hat [4], gezeigt werden,
❙❙ Weizen                                         Nahrungsmittelallergie ihrer Kinder als         dass europaweit und auch in Deutsch-
❙❙ Soja                                           letztendlich durch eine orale Nahrungs-         land die Hühnereiallergie mit einer In-
❙❙ Fisch                                          mittelprovokation     bestätigt      werden     zidenz von 1,2 % bzw. 2 % die häufigs-
❙❙ Schalentiere, z. B. Shrimps                    konnte [10]. Eine Untersuchung von 2004         te Nahrungsmittelallergie ist [16]. Die
❙❙ Samen, z. B. Sesam                             ergab für deutsche Kinder insgesamt             Kuhmilchallergie kommt in Deutschland

    Abbildung 1. Unterscheidung zwischen IgE-vermittelten und Nicht-IgE-vermittelten Nahrungsmittelallergien

    IgE-vermittelte                                                                                                Nicht-IgE-vermittelte
       Allergie                                                                                                            Allergie

                                 Anaphylaxie

                              Pollenassoziierte
                          Nahrungsmittelallergie

                                                         Atopische Dermatitis

                                                      Eosinophile Ösophagitis /
                                                             Enteropathie

                                                                                             FPIES /
                                                                                     allergische Proktokolitis

                                                                                                                   mit frdl. Genehmigung aus [6]
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  Übersicht: Typische Reaktionen

  Haut                               Verdauungstrakt                     Atemwege                            Herz-Kreislaufsystem
  (85–95 %):                         (20–45 %):                          (10–40 %):                          (5–15 %):
  ❙❙ Urtikaria (Abb. 2)              ❙❙ Juckreiz am Gaumen               ❙❙ Rhinokonjunktivitis              ❙❙ Schwindel, Blässe,
  ❙❙ Flush                           ❙❙ Übelkeit, Erbrechen              ❙❙ Larynxödem, Stridor,               Bewusstseinstrübung
  ❙❙ Quinckeödem                     ❙❙ Bauchkrämpfe, Durchfall            Heiserkeit                        ❙❙ Blutdruckabfall,
  ❙❙ Pruritus                                                            ❙❙ Husten                             Tachykardie
  ❙❙ Ekzemverschlechterung                                               ❙❙ Bronchiale Obstruktionen,        ❙❙ Herz-Kreislauf-Stillstand
    bei bestehender                                                        Atemnot
    Atopischer Dermatitis                                                ❙❙ Zyanose, Atemstillstand

auf 0,5 % [11]. Geografisch gibt es bei der                                                       Diagnostik
Prävalenz ein Nord-Süd-Gefälle.                  Abbildung 2. Urticae bei Nah-
                                                 rungsmittelallergie                              Bei der Diagnostik der primären Nah-
Besonders häufig tritt eine Nahrungs-                                                             rungsmittelallergie sind die wichtigsten
mittelallergie bei Kindern mit Atopischer                                                         Bausteine die Anamnese, der Nachweis
Dermatitis (AD) auf. Eine australische                                                            einer Sensibilisierung und ggf. eine orale
Studie konnte kürzlich zeigen, das eines                                                          Nahrungsmittelprovokation (Abb. 3) [15].
von 5 Kindern mit AD, aber nur eines von                                                          Dieses wird ausführlich im Manual zur
25 Kindern ohne AD eine Nahrungsmittel-                                                           Nahrungsmittelprovokation in diesem
allergie entwickelt [7]. Erklärt wird dieses                                                      Heft behandelt (S. 32).
wahrscheinlich durch die Funktionsstö-
rung der Hautbarriere, die eine Sensibili-                                                        Karenz und ggf. ein Notfallset
sierung gegen Allergene aus der Umwelt
begünstigt [5, 8]. Es konnte auch gezeigt                                                         Das Langzeitmanagement der Nahrungs-
werden, das Erdnuss- und Hühnereipro-          Augmentationsfaktoren                              mittelallergie umfasst
teine in den Betten der Kinder vorhanden
sind und dass deren Konzentration nach         Bestimmte Faktoren können die Schwel-              ❙❙ die Karenz des auslösenden Nah-
dem Konsum von Erdnussflips oder Rühr­         le einer Reaktion herabsetzen, soge-                  rungsmittels (Eliminationsdiät),
ei im Essbereich ansteigen [12, 13].           nannte Augmentationsfaktoren [14]. Die-            ❙❙ ggf. den Ersatz durch geeignete Nah-
                                               ses sind u. a.:                                       rungsmittel,
Sehr variable Symptome                         ❙❙ Körperliche Anstrengung                         ❙❙ ggf.   Verordnung      eines    Adrenalin-
                                               ❙❙ Infektionen                                        Autoinjektors und
Die Symptome bei der IgE-vermittelten          ❙❙ Medikamente, z. B. NSAR, Protonen-              ❙❙ Schulung.
primären Nahrungsmittelallergie können            pumpenhemmer
sich an jedem Organsystem manifestieren,       ❙❙ Alkohol                                         Die Eliminationsdiät ist zurzeit die einzig
sind im Schweregrad variabel und reichen       ❙❙ Mastozytose                                     anerkannte Therapieoption [15]. Die diäte-
von lokalen Symptomen bis zur lebensbe-                                                           tische Beratung sollte durch eine allergo-
drohlichen Anaphylaxie [2, 8]. Bestimmte       Der wichtigste Augmentationsfaktor ist             logisch erfahrene Ernährungsfachkraft
Nahrungsmittel neigen dazu Reaktionen          die körperliche Anstrengung. Bei der               erfolgen, um akzidentellen Reaktionen
an bestimmten Organen auszulösen [1].          „food-dependant exercise-induced ana-              und Mangelerscheinungen vorzubeugen
Am häufigsten kommt es zu einer Sofort-        phylaxis (FDEIA)“, die meist erst ab dem           (s. „Ernährungstherapie“, S. 48). Zurzeit
typ-Reaktion. Spätreaktionen betreffen         Jugendlichenalter auftritt, kommt es nur           werden jedoch kausale Therapien entwi-
v. a. die Haut mit einer Verschlechterung      zu einer anaphylaktischen Reaktion, wenn           ckelt (s. „Zukünftige Therapieoptionen
der Atopischen Dermatitis oder den Ma-         30–60 Minuten nach der Aufnahme des                für Erdnussallergiker“, S. 53).
gen-Darm-Trakt (s. Übersicht).                 Nahrungsmittels Sport betrieben wird.
8      GPA » Sonderheft „Nahrungsmittelallergie“ » Primäre Nahrungsmittelallergien

    Abbildung 3. Diagnostik der primären Nahrungsmittelallergie

                                                                                 Anamnese

                                                           evtl. mit Symptom- u. Nahrungsmittelprotokoll
                                                                           bzw. Karenzversuch

                   Hauttests                                                                                                           In-vitro-Diagnostik

                z. B. Pricktests                                                                                                            Bestimmung
      mit nativen Nahrungsmitteln                                                                                                     des spezifischen IgE
     (oder kommerziellen Extrakten)

                                                                   Kontrollierte orale Provokation /
                                                                    Überprüfen der klin. Relevanz

                                                      Übereinstimmung von diagnostischen Parametern
                                                                      und klinischen Symptomen

                                                                                                                                 mit frdl. Genehmigung aus [15] (übersetzt)

Patientinnen mit erhöhtem Ana­
                             phy­                            Prognose
                                                                                                                          Dr. med. Susanne Büsing
laxierisiko benötigen ein Notfallset
mit einem Adrenalin-Autoinjektor und                         Die     Prognose         der     Nahrungsmittel­             Christliches Kinderhospital Osnabrück GmbH

sollten im Umgang mit den Notfall­
                                 -                           allergien ist abhängig vom Nahrungs-                         Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin
                                                                                                                          Johannisfreiheit 1 | 49074 Osnabrück
medikamenten            geschult        sein      [15].      mittel. Kuhmilch-, Weizen- und Hühne-
                                                                                                                          s.buesing@ckos.de
Es sollte ein entsprechender Ana-                            reiallergie haben eine gute Prognose.
phylaxie-Pass          ausgestellt          werden.          70 % der Kinder mit Kuhmilchallergie
                                                                                                                          Prof. Dr. med. Kirsten Beyer
Des Weiteren hat die Arbeitsgemein-                          und 50 % mit Hühnereiallergie werden
schaft Anaphylaxie-Training und Edu­-                        innerhalb von einem Jahr tolerant                            Charité Universitätsmedizin Berlin
kation       (AGATE)          ein      Schulungs­
                                                - [11, 16]. Hingegen ist die Toleranz­                                    Klinik für Pädiatrie m. S. Pneumologie,
                                                                                                                          Immunologie und Intensivmedizin
programm für die Patientinnen und
­                                                            entwicklung bei Erdnuss- und Schalen­
                                                                                                                          Augustenburger Platz 1 | 13353 Berlin
ihre Betreuerinnen (Eltern, Erzieherin-                      fruchtallergie        mit      10–20 %      deutlich
                                                                                                                          kirsten.beyer@charite.de
nen) entwickelt [3].                                         schlechter [7].

Literatur
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  Gesundheitsschutz 2016; 59: 732–6                             2018; 4: 17098
                                                                                                                        14 Worm M, Scherer K, Köhli-Wiesner A, Ruëff F,
3 Brockow K, Schallmayer S, Beyer K et al. Effects of         9 Roehr CC, Edenharter G, Reimann S et al. Food aller-       Mahler V, Lange L, et al. Food-induced anaphylaxis
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4 Keil T, McBride D, Grimshaw K et al. The multination-         food allergy: a meta-analysis. Journal of Allergy and      schoff SC, Classen M, et al. Guidelines on the man-
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  Lange L. Kinderallergologie in Klinik und Praxis. Hei-     12 Trendelenburg V, Ahrens B, Wehrmann A-K, Kalb B,           2 years of life – the EuroPrevall birth cohort study.
  delberg: Springer Verlag 2014                                 Niggemann B, Beyer K. Peanut allergen in house             Allergy 2016; 71(3): 350-7
Nr. 1               Nr. 1
     Höchster            Bester
 Hydrolysegrad      Geschmack unter
für den Therapie-   den Aminosäure-
      erfolg1           formula2
10    GPA » Sonderheft „Nahrungsmittelallergie“ » Sekundäre Nahrungsmittelallergien

Sekundäre Nahrungsmittelallergien
bei Kindern und Jugendlichen
Anne K. Striegel, Peter J. Fischer, Otto Laub und Katja Nemat

Nahrungsmittelallergien werden in primäre und sekundäre Allergien unterteilt. Bei der primären Nahrungsmittelallergie erfolgt die Sen-
sibilisierung transkutan oder über den Gastrointestinaltrakt direkt gegen das Nahrungsmittelallergen. Die häufigsten Allergene einer
primären Nahrungsmittelallergie sind Hühnerei, Kuhmilch und Erdnuss (s. „Primäre Nahrungsmittelallergien“, S. 6). Im Gegensatz dazu
erfolgt die Sensibilisierung bei den sekundären Nahrungsmittelallergien inhalativ gegen Aeroallergene (z. B. Pollenallergene). Die Symp­
tomatik entsteht schließlich infolge der molekularen Verwandtschaft von inhalativen und nutritiven Allergenstrukturen. Allergische Re-
aktionen durch Nahrungsmittel sind mit steigendem Lebensalter in bis zu 60 % der Fälle durch solche Kreuzreaktionen ausgelöst.

Typische Kreuzallergien                         nische Symptomatik nicht durch eine               Das Allergen wird meistens nur in roher
                                                einzelne   Sensibilisierung     verursacht.       Form und oft nur in der entsprechenden
Zahlreiche Homologien, vor allem zu Struk-      Die Kenntnis über die allergologischen            Pollenflugzeit (z. B. Apfel in der Frühblü-
turen in Kern- und Steinobst, sind z. B. für    Zusammenhänge auf molekularer Ebene               hersaison) nicht vertragen [10, 11].
das Majorallergen Bet v 1 aus der Birke         hat in den letzten Jahren erheblich zuge-
bekannt. Die homologen Moleküle werden          nommen [10, 11].                                  Diagnostik
hier der „Pathogenesis-related-protein-10“
(PR-10)-Familie zugeordnet. Andere Bei-         Symptome                                          Im Vordergrund der Diagnostik steht
spiele für solche Proteinfamilien struktur-                                                       eine ausführliche Anamnese sowohl der
verwandter Allergene, die in pflanzlichen       Häufigstes       Symptom     einer    pollen­     Symptome auf Aeroallergene als auch
Nahrungsmitteln     und     Aeroallergenen      assoziierten Nahrungsmittelallergie ist           auf Nahrungsmittel. Zum Nachweis einer
vorkommen, sind die „nichtspezifischen          die Kontakturtikaria der Mundschleim-             pollenassoziierten Nahrungsmittelaller-
Lipid-Transfer-Proteine“   (ns-LTP,   meist     haut   (auch     orales    Allergiesyndrom,       gie sollte dann ein Allergietest (Hauttest
LTP genannt). Die pollenassoziierte Nah-        OAS, genannt), welche meist sofort                und / oder Bestimmung des spezifischen
rungsmittelallergie kommt abhängig von          bzw. innerhalb weniger Minuten nach               IgE) durchgeführt werden. Im Haut-Prick-
der geografischen Verteilung der Pollen         Kontakt    mit    dem     Allergen    auftritt.   test können sowohl die inhalativen Al-
und den regionalen Ernährungsgewohn-            Das klinische Bild reicht von enoralem            lergene als auch native Nahrungsmittel
heiten in unterschiedlicher Form zur Aus-       Juckreiz, lokalen Sensibilitätsstörungen,         mittels Prick-to-Prick-Test getestet wer-
prägung. Ein Beispiel hierfür ist die Ha-       Schleimhaut- und Lippenschwel­
                                                                             lungen               den [12].
selnussallergie. In Nordeuropa zeigt sich       bis zu kleinen Vesikeln an Mund- und
häufig eine birkenpollenassoziierte Cor a       Rachenschleimhaut oder Engegefühl                 Kommerziell     hergestellte    Allergenex-
1-Sensibilisierung, in Südeuropa dagegen        im Hals. Systemische Reaktionen treten            trakte für Nahrungsmittel haben den
sind eher Sensibilisierungen auf das LTP        im Kindes- und Jugendalter eher selten            Nachteil, dass sie aufgrund der in vielen
Cor a 8 nachweisbar.                            auf. Akut kann sich eine generalisier-            Fällen geringen Stabilität der enthalte-
                                                te Urtikaria, seltener auch ein Angio-            nen Allergene eine geringe Sensitivität
Kreuzreaktionen gegenüber Kohlenhy-             ödem präsentieren. In wenigen Fällen              haben bzw. oft auch nicht zur Verfügung
dratseitenketten (CCD) sind auch be-            treten Erbrechen oder Luftnot infolge             stehen. Durch die komponentenbasierte
schrieben, meist jedoch klinisch nicht          einer bronchialen Obstruktion auf (da-            Diagnostik hat sich die In-vitro-IgE-Dia-
relevant. Sie sind jedoch bei der Bewer-        von abzugrenzen wäre eine erweiter-               gnostik deutlich erweitert und hilft nun
tung allergologischer Diagnostik zu be-         te lokale Symptomatik aufgrund eines              Kreuzallergien besser zu verstehen. Es
rücksichtigen.                                  Larynxödems). Auch Verschlechterun-               erfordert jedoch eine gute Kenntnis der
                                                gen einer Atopischen Dermatitis auf-              einzelnen Allergenfamilien, um eine un-
Pollenassoziierte    Nahrungsmittelaller-       grund pollenassoziierter Allergene tre-           selektive Bestimmung spezifischer IgE
gien sind komplex. Oftmals ist die kli-         ten auf.                                          zu vermeiden (Tab. 1) [2, 7, 8, 11].
GPA » Sonderheft „Nahrungsmittelallergie“ » Sekundäre Nahrungsmittelallergien            11

  Tabelle 1. Allergenfamilien in der Diagnostik von Obst-, Gemüse-, Nuss- und Erdnussallergien

  Allergenfamilie                   Eigenschaften                                   Klinik                                 In-vitro-Diagnostik
                                                                                                                           (Beispiele)
  PR-10 Protein                     Majorallergen aus der Birke = Bet v 1           Meist oropharyngeale Kontakt­          Birke Bet v 1
                                    Homologe Allergene in Obst, Gemüse              urtikaria                              Soja Gly m 4
                                    und Nüssen                                      Selten systemische Symptome            Haselnuss Cor a 1
                                    Hitzelabil                                                                             Apfel Mal d 1
                                                                                                                           Pfirsich Pru p 1
  LTP                               Sensibilisierung wahrscheinlich                 Orale und / oder systemische           Pfirsich Pru p 3
                                    über GIT z.B. durch Pfirsichverzehr             Symptome                               Beifuß Art v 3
                                    Sensibilisierungen auf Beifuß,                                                         Erdnuss Ara h 9
                                    Zypresse, Olive, Platane in Diskussion
                                                                                                                           Walnuss Jug r 3
                                    Im Mittelmeerraum
                                                                                                                           Haselnuss Cor a 8
                                    häufiger vorkommend
                                    Hitzestabil
  2S Albumin                        Sensibilisierung meist transkutan               Systemische Symptome                   Erdnuss Ara h 2, Ara h 6
  (Samenspeicherprotein)            Hitzestabil                                                                            Haselnuss Cor a 14
                                    Teilweise hohe Kreuzreaktivität unter-                                                 Cashew Ana o 3
                                    einander, z. B. Cashew-Pistazie oder                                                   Walnuss Jug r 1
                                    Walnuss-Pekannuss
                                    Vorkommen in Samen
                                    (Schalen-, Hülsenfrüchte, Sesam, Senf)
  Thaumatinartige Proteine          In Platanen, Zypressen, Birken und              Klinische Relevanz unklar              Platane Pla a 3
  (TLP)                             Beifuß sowie in Kiwi, Apfel, Banane,                                                   Kiwi Act d 2
                                    Pfirsich und Kirsche vorkommend
                                    Hitzestabil
                                    PR-5 Protein
  Profiline                         Ubiquitär in Pflanzen und Nahrungs-             Selten klinische Symptome              Birke Bet v 2
                                    mitteln vorkommend („Panallergene“)             Lokale und systemische                 Lieschgras Phl p 12
                                                                                    Reaktionen beschrieben                 Erdnuss Ara h 5
                                                                                                                           Pfirsich Pru p 4
  Kohlenhydrat-                     Panallergene, besonders in Gräsern              Klinische Relevanz fraglich            MUXF3
  Determinanten                     und Ambrosia sowie zahlreichen
                                    pflanzlichen Nahrungsmitteln vorkom-
                                    mend
                                    Bei Insektengift- und Latexallergie
                                    diagnostisch relevant
                                    Hohe Rate an Kreuzsensibilisierungen
  Oleosine                          In Ölkörpern, z. B. Samen oder Pollen,          Schwere systemische                    Erdnuss Ara h 10, 11, 14, 15
                                    vorkommend                                      Reaktionen                             Haselnuss Cor a 12
                                    Lipophil                                                                               (Diagnostik durch Lipophilie
                                    Rösten steigert allergene Potenz                                                       erschwert)

Abkürzungen: GIT Gastrointestinaltrakt, PR Pathogenesis-related, LTP Lipidtransfer-Proteine; fettgedruckte Komponenten kommerziell erhältlich

Die Bestimmung von nahrungsmittelspe-                werden. Ungeklärt ist weiterhin, warum                Pollensaison die klinische Symptomatik
                                                                                                           ­
zifischem IgG oder IgG4 ist zur Diagnos-             die Patienten meistens nur auf einzel-                ausgeprägter und die sIgE-Level höher
tik einer Nahrungsmittelallergie ungeeig-            ne Nahrungsmittel klinische Symptome                  sein können.
net und meist in der Konsequenz nicht                entwickeln, obwohl die kreuzreaktiven
zielführend [12].                                    Proteine in mehreren Lebensmitteln vor-               Bei bestehender unklarer Anamnese ist der
                                                     kommen (und Hautpricktestungen sowie                  Goldstandard in der Allergiediagnostik die
Die Befunde der Allergiediagnostik müs-              sIgE hierfür auch positiv sind). Es ist auch          orale Provokationstestung mit Nahrungs-
sen immer mit der Anamnese korreliert                zu berücksichtigen, dass während der                  mitteln (s. „Manual Orale Nahrungsmittel-
12       GPA » Sonderheft „Nahrungsmittelallergie“ » Sekundäre Nahrungsmittelallergien

provokationen“, S. 32). Meistens ist diese           schwerden die Mahlzeit zu stoppen und                weise Angst auslösenden Beschwerden
jedoch bei sekundären Nahrungsmittel­                ggf. ein orales Antihistaminikum einzuneh-           einer pollenassoziierten Nahrungsmittel-
allergien verzichtbar. Wenn aufgrund un-             men. Eine strenge Karenzempfehlung wür-              allergie ein hoher Stellenwert. Hilfreich
sicherer Anamnese oder bei stattgehabten             de hier über das Ziel hinausschießen. Auch           ist zusätzlich zur mündlichen Aufklärung
systemischen Reaktionen eine orale Pro-              bei Atopischer Dermatitis muss meist kei-            die Ausgabe des GPA-Elternratgebers zur
vokation zur Diagnosesicherung durchge-              ne generelle Meidungsempfehlung der                  Kreuzallergien zwischen Pollen und Nah-
führt werden muss, muss das Allergen auf-            Allergene, für die Sensibilisierungen nach-          rungsmitteln [3] (www.gpau.de/fileadmin/
grund der Instabilität der Proteine frisch,          gewiesen wurden, ausgesprochen werden.               user_ upload/GPA /dateien _ indizier t /
nicht erhitzt und unverarbeitet verabreicht          Oft reicht hier auch eine mengenmäßige               Elternratgeber/ER_2009_2-09.pdf).
werden. Bei Verdacht auf relevante Aug-              Begrenzung symptomauslösender Nah-
mentationsfaktoren müssen diese bei der              rungsmittel oder eine saisonale Diät in Zei-         Meistens ist zur Bedarfstherapie ein ora-
Provokation mitgetestet werden [4].                  ten hoher Ekzemaktivität. Gerade bei mul-            les Antihistaminikum als Notfallmedika-
                                                     tiplen Sensibilisierungen kann vor allem             ment ausreichend. Dieses kann in flüs-
Therapie                                             im Kindesalter eine Meidung essenzieller             siger Form, als Tablette, Lutschtablette
                                                     Nahrungsmittel sogar zu Vitamin- und                 oder Schmelztablette verordnet werden.
Bei     diagnostizierter    pollenassoziierter       Nährstoffmangel führen.                              Nach stattgehabter Anaphylaxie bzw.
Nahrungsmittelallergie wird eine individu-                                                                hohem Risiko, eine schwere Reaktion zu
ell angepasste Karenzempfehlung ausge-                                                                    entwickeln, sollte der Patient zusätzlich
                                                       Es gilt der allgemeine Grundsatz, dass
sprochen, bei der das jeweilige Risiko sys-                                                               einen Adrenalin-Autoinjektor sowie ein
                                                       eine dauerhafte Eliminationsdiät nur
temischer allergischer Reaktionen sowie                                                                   orales Kortikosteroid erhalten und in die
                                                       bei klinisch relevanter Nahrungsmit-
die individuelle Bandbreite der symptom-                                                                  Handhabung der Medikamente eingewie-
                                                       telallergie empfehlenswert ist. Eine
auslösenden Lebensmittel und der hiermit                                                                  sen werden (Tab. 2). In diesem Fällen ist
                                                       professionelle      Ernährungsberatung
verbundene Leidensdruck berücksichtigt                                                                    auch eine Anaphylaxieschulung nach
                                                       ist in diesem Falle unbedingt empfeh-
werden müssen. Bei nur intermittierend                                                                    AGATE-Curriculum angezeigt [10, 11].
                                                       lenswert, um Diätfehler zu vermeiden.
oder inkonsistent auftretenden und dann
milden enoralen Symptomen reicht häufig                                                                   In verschiedenen Studien konnte bei ein-
eine Aufklärung über das Krankheitsbild              Der Aufklärung über das Krankheitsbild               zelnen Patienten gezeigt werden, dass
und der Hinweis, bei Auftreten von Be-               gebührt bei den oft harmlosen, aber teil-            durch eine Spezifische Immun­therapie

     Tabelle 2. Tipps für die Beratung

     Klinik                        Diagnostik                                     Medikation                             Beratung
     Klinisch relevante Pollen-    Pricktest oder spezifisches IgE                Bedarfsmedikation orales               Meidung des Nahrungs­
     allergie und lokale Reakti-   des Inhalationsallergens                       Antihistaminikum                       mittels in roher Form
     on durch kreuzreaktive/s      Beispiel:                                      Beispiel:
     Nahrungsmittel                Prick Birkenpollen, sIgE Bet v 1               Cetirizin als Saft, Tablette,
                                                                                  Lutsch- oder Schmelztablette
     Klinisch relevante Pollen-    Pricktest oder spezifisches IgE                Notfallset ggf. inkl. Adrenalin-       Meidung des Nahrungs­
     allergie und Anaphylaxie      des Inhalationsallergens                       Autoinjektor*                          mittels in roher Form
     durch kreuzreaktive/s         und des Nahrungsmittels                                                               bei hitzelabilen Nahrungs-
     Nahrungsmittel                                                                                                      mitteln, professionelle
                                                                                                                         Ernährungsberatung
     Unklare Symptome              Screening infrage kommender                    Notfallset ggf. inkl. Adrenalin-       Bei positiver Provokations­
     auf Inhalationsallergene      Inhalationsallergene und Nahrungs-             Autoinjektor*                          testung Meidung des
     Anaphylaxie auf ein           mittel,                                                                               Nahrungsmittels in roher
     kreuzreaktives Nahrungs-      ggf. Nahrungsmittelprovokation                                                        Form bei hitzelabilen Nah-
     mittel                                                                                                              rungsmitteln, professionelle
                                                                                                                         Ernährungsberatung

* Abhängig von der Schwere der Anaphylaxie (Einteilung nach Messmer und Ring) und individuellen Risikofaktoren muss die Verordnung eines Adrenalin-
  Autoinjektors individuell abgewogen werden.
                                                                                                                                         modifiziert aus [11]
GPA » Sonderheft „Nahrungsmittelallergie“ » Sekundäre Nahrungsmittelallergien    13

(SIT) mit Pollen auch die Symptome einer       Symptome auf, in der Literatur sind jedoch         nachweisbar. Das PR10-Protein Bet v 1
assoziierten Nahrungsmittelallergie redu-      auch schwere Anaphylaxien z. B. auf Hasel-         kommt in vielen Nahrungsmitteln vor, u. a.
ziert werden. Die Ergebnisse sind jedoch       nuss, Karotte und Soja beschrieben. Eine           in Äpfeln, Karotten und Soja (Tab. 3). Bet
sehr unterschiedlich und der Effekt im         Sensibilisierung für das Majorallergen Bet         v 1-homologe Allergene in Nahrungsmit-
Sinne der tolerierten Allergenmenge auch       v 1 ist bei 95 % aller Birkenpollenallergiker      teln sind meistens hitzelabil und werden
teilweise nicht sehr groß, weshalb die In-
dikation zur SIT mit Aeroallergenen aktu-
ell nur bei allergischer Rhinokonjunktivitis     Tabelle 3. Pollenassoziierte Nahrungsmittelallergene (Auswahl)
oder allergischem Asthma bronchiale ge-          Familie                  Nahrungsmittel             Allergenfamilie          Einzel-
stellt werden kann [9].                                                   (Beispiele)                                         allergen
                                                 Rosaceae                 Pfirsich                   PR-10 Protein            Pru p 1
Zudem konnte gezeigt werden, dass                                                                    TLP                      Pru p 2
bei Patienten mit OAS durch Apfel                                                                    LTP                      Pru p 3
und nachgewiesener Birkenpollen­
                               aller-                                                                Profilin                 Pru p 4
gie durch eine orale Immuntherapie                                        Apfel                      PR-10 Protein            Mal d 1
(OIT) eine sichere Verträglichkeit des                                                               TLP                      Mal d 2
Nahrungsmittels erreicht werden kann.                                                                Profilin                 Mal d 4
Die Verträglichkeit ist allerdings auf die                                Kirsche                    TLP                      Pru av 2
Dauer der OIT beschränkt [5]. Auch ge-           Cucurbitaceae            Melone                     Profilin                 Cuc m 2
lang es mittlerweile, durch genetische           Leguminosen              Erdnuss                    Samenspeicherprotein     Ara h 2
Veränderungen z. B. den Gehalt des Mal                                                               Profilin                 Ara h 5
d 1 im Apfel oder Lyc c 1 in der Tomate                                                              PR-10 Protein            Ara h 8
die Allergenität herabzusetzen, jedoch                                                               LTP                      Ara h 9
sind diese Nahrungsmittel aktuell noch                                    Soja                       PR-10 Protein            Gly m 4
nicht erhältlich [6]. Es ist jedoch hilf-                                                            Samenspeicherprotein     Gly m 5, 6, 8
reich die Patienten darauf hinzuweisen,          Fagales                  Haselnuss                  PR-10 Protein            Cor a 1

dass der Gehalt an Mal d 1 verschiede-                                                               LTP                      Cor a 8

ner Äpfel (abhängig von Lagerung und                                                                 Samenspeicherprotein     Cor a 9
                                                                                                     Samenspeicherprotein     Cor a 14
Jahr) und v. a. Apfelsorten sehr unter-
                                                 Juglandaceae             Walnuss                    Samenspeicherprotein     Jug r 1
schiedlich sein kann.
                                                                                                     LTP                      Jug r 3
                                                 Anacardiaceae            Cashewnuss                 Samenspeicherprotein     Ana o 3
Einzelallergene
                                                 Actinidiaceae            Kiwi                       TLP                      Act d 2
                                                                                                     PR-10 Protein            Act d 8
Birke
                                                                                                     Profilin                 Act d 9
Baumpollenassoziierte Nahrungsmittel­
                                                 Apiaceae                 Sellerie                   PR-10 Protein            Api g 1
allergien sind die häufigsten pollen­                                                                LTP                      Api g 2
assoziierten     Nahrungsmittelallergien.                                                            Profilin                 Api g 4
Meistens    treten   nur   oropharyngeale                                                            LTP                      Api g 6
                                                                          Karotte                    PR-10 Protein            Dau c 1
                                                                                                     Profilin                 Dau c 4
                                                                                                     LTP                      Dau c 3
                                                                          Tomate                     Profilin                 Sola l 1
                                                                                                     LTP                      Sola l 3
                                                                                                     PR-10 Protein            Sola l 4
                                                 Solanaceae               Paprika                    TLP                      Cap a 1
                                                                                                     Profilin                 Cap a 2
                                                 Krustentiere             Garnelen                   Tropomyosin              Pen a 1

                                               Fettgedruckte Komponenten kommerziell erhältlich
14       GPA » Sonderheft „Nahrungsmittelallergie“ » Sekundäre Nahrungsmittelallergien

somit in erhitzter oder verarbeiteter Form         der, Fenchel, Petersilie etc.) als Auslöser     konjunktivitis. Profiline verursachen eine
vertragen. 10–32 % aller Birkenpollen­             nahrungsmittelinduzierter Anaphylaxien          Kreuzreaktivität gegenüber Gräserpollen
allergiker zeigen Sensibilisierungen gegen         spielen vor allem im Erwachsenenalter           (Phl p 12) und führen – in seltenen Fällen
Minorallergene der Birke, die ebenfalls,           eine Rolle. Geografische Unterschiede           – nach Verzehr von z. B. Melone, Banane
jedoch seltener, Kreuzreaktionen gegen-            im   Auftreten    dieses    „Sellerie-Beifuß-   und Mango zu oropharyngealen Symp-
über Nahrungsmitteln über das Profilin             Gewürz-Syndroms“        spiegeln      hierbei   tomen. Es gibt auch kreuzreaktive IgE
Bet v 2 auslösen können [11].                      auch     unterschiedliche    Ernährungsge-      gegenüber Kohlenhydratdeterminanten
                                                   wohnheiten wider. Sensibilisierungen auf        von Glykoproteinen, die jedoch eine ge-
Beifuß                                             das Lipidtransferprotein Art v 3 wurden         ringe biologische Aktivität und klinische
Beifußpollenassoziierte Nahrungsmittel­            im Rahmen einer LTP-Allergie bei Pfirsich­      Relevanz haben [1, 10].
allergien sind im Kindesalter deutlich             allergikern nachgewiesen [10, 11].
seltener beschrieben. 95 % aller Beifuß­                                                           Latex
allergiker sind auf das Major­
                             allergen              Gräser                                          Kreuzreaktive     Sensibilisierungen        ge-
Art v 1 (Defensin) sensibilisiert. Sellerie        Die Majorallergene der Gräser sind Phl p        genüber Nahrungsmitteln haben etwa
und Gewürze aus der Familie der Dol-               1 und p 5 und verursachen die klassische        30–40 % aller Latexallergiker (sog. „Latex-
dengewächse (Kümmel, Anis, Korian-                 Symptomatik einer allergischen Rhino-           Frucht-Syndrom”). Es spielen viele Früch-

     Tabelle 4. Kreuzallergien/Klinische Syndrome

     Klinik                           Primäre Sensibilisierung             Auslöser allergischer Reaktion                    Diagnostik

     Birkenpollenassoziierte          Birke                                Kern-, Steinobst, Kiwi, Haselnuss, Mandel,        Bet v 1
     Nahrungsmittelallergie                                                Karotten, Sellerie                                (PR-10 Protein)

     Sellerie-Beifuß-Gewürz-          Beifuß                               Sellerie, Paprika, Pfeffer, Mango, Knoblauch,     Art v 1
     Syndrom                                                               Zwiebel                                           (Defensin)

     Gräserpollenassoziierte          Gräser                               Tomate, rohe Kartoffel, Melone, Mango,            Phl p 12
     Nahrungsmittelallergie                                                Banane                                            (Profilin)

     Hausstaubmilbenassoziierte       Hausstaubmilbe oder Krusten- /       Krusten-/Schalentiere (Schrimps, Hummer,          Der p 10
     Nahrungsmittelallergie           Schalen- / Weichtiere                Krabbe, Krebs) Weichtiere (Tintenfisch,           (Tropomyosin)
                                                                           Schnecke, Muscheln)

     Latex-Frucht-Syndrom             Latex                                Rohe Kartoffel, Karotte, Tomate, Sellerie,        Hev b 6.02
                                                                           Zucchini, Apfel, Birne, Melone, Kiwi, Papaya,     Hev b 8 (Profilin)
                                                                           Feige, Passionsfrucht, Banane, Avocado,
                                                                                                                             Hev b 11
                                                                           Acerola, Esskastanie

     Schweine-Katzen-Syndrom          Katzenhaare                          Albumin im Schweinefleisch                        Fel d 2
                                                                                                                             (Serumalbumin)

     Vogel-Ei-Syndrom                 Vogelfedern / Vogelkot               Eigelb                                            Gal d 5
                                                                                                                             (Serumalbumin,
                                                                                                                             alpha-Livetin)

Fettgedruckte Komponenten kommerziell erhältlich
GPA » Sonderheft „Nahrungsmittelallergie“ » Sekundäre Nahrungsmittelallergien                          15

te, aber auch einige Gemüsesorten eine       Aktuell sind vor allem Der p 1/2 in den Hy-               zen-Schweine-Syndrom“) (Tab. 4). Auch
Rolle (Apfel, Birne, Melone, Kiwi, Papaya,   posensibilisierungslösungen enthalten.                    für andere Tiere, z. B. Hunde (Can f 3), und
Feige, Passionsfrucht, Banane und Zuc-       Ob eine SIT mit Milbenextrakt daher die                   andere Fleischsorten wurde es beschrie-
chini, Karotte, Kartoffel, Tomate und        Symptome einer sekundären Nahrungs-                       ben, jedoch deutlich seltener. Des Weite-
Sellerie). Die Sensibilisierung auf Latex    mittelallergie verbessert, die auf der Sen-               ren gibt es das „Vogel-Ei-Syndrom“, bei
beruht häufig auf CCD oder Profilinen,       sibilisierung gegen Der p 10 beruht, ist                  dem die primäre Sensibilisierung über
weshalb die klinische Relevanz mittels       nicht untersucht [11].                                    den Vogelkot und die Vogelfedern er-
Provokation überprüft werden sollte. Bei                                                               folgt. Das Vogelserumalbumin zeigt sich
Patienten mit einer relevanten Natur­        Tierepithelien                                            kreuzreaktiv zum im Eigelb enthaltenen
latexallergie ist eine Sensibilisierung      Insgesamt sind inhalative Allergien ge-                   Allergen Gal d 5, dem alpha-Livetin [11].
auf die Majorallergene Hev b 5 oder Hev      genüber Tierepithelien häufig, jedoch als
b 6.01 / Hev b 6.02 nachweisbar. Patien-     Ursache von sekundären Nahrungsmit-
ten mit Spina bifida mit häufigen Ope-       telallergien vor allem bei Kindern selten.                   Dr. med. Anne Kathrin Striegel
rationen in frühem Lebensalter zeigten       Bei gegen Katzenhaar sensibilisierten
                                                                                                          Uniklinik Köln
früher häufig sIgE für die Majorallergene    Patienten (Fel d 2) wurde nach Verzehr                       Pädiatrische Pneumologie und Allergologie
Hev b 1 und Hev b 3.                         von Schweinefleisch eine allergische                         Kerpener Str. 62 | 50937 Köln

                                             Reaktion durch das im Schweinefleisch                        Tel. 0221-478-6083
                                                                                                          anne.striegel@uk-koeln.de
Mit Einführung von latexfreien Mate-         enthaltene Albumin beschrieben („Kat-
rialien während der Operationen und
Pflege dieser Risikopatienten wurde die
Sensibilisierungs- und Allergierate deut-    Literatur
lich gesenkt [11].                           1 Asero R et al. Prevalance and Clinical Relevance of        Allergologie und Umweltmedizin (GPA), der Österrei-
                                               IgE Sensitization to Profilin in Childhood: A Multi-       chischen Gesellschaft für Allergologie und Immuno-
                                               center Study. Int Arch Allergy Immunol 2015; 168:          logie (ÖGAI) und der Schweizerischen Gesellschaft
Hausstaubmilbe                                 25-31                                                      für Allergologie und Immunologie (SGAI). Allergo
                                             2 Beyer K, Grabenhenrich L, Härtl M et al. Predictive        J Int 2014; 23: 282−319 (https://www.awmf.org/
Das sowohl in der Hausstaubmilbe (Der
                                               values of component-specific IgE for the outcome           uploads/tx_szleitlinien/061-004l_S2k_SIT_2014-
p 10) als auch in Schalen- und Krusten-        of peanut and hazelnut food challenges in children.        12.pdf)

tieren enthaltene Tropomyosin zeigt eine       Allergy 2015; 70; 90-98
                                                                                                       10 Treudler R, Simon J.-C. Pollenassoziierte Nahrungs-
                                             3 Friedrichs F, Pfannenstiel C. GPA-Elternratgeber zur
ausgeprägte Homologie und ist ursäch-                                                                     mittelallergie aktuell sortiert. Allergo J Int 2017; 26:
                                               Kreuzallergien zwischen Pollen und Nahrungsmit-
                                                                                                          273-82
lich für schwere allergische Reaktionen.       teln: Das Birken-Früchte-Nüsse-Gemüse-Syndrom.
                                               Pädiatrische Allergologie 12; 2/2009 (www.gpau.         11 Worm M, Jappe U, Kleine-Tebbe J et al. Food aller-
Die Sensibilisierung kann sowohl primär
                                               de/fileadmin/user_upload/GPA /dateien _indi-               gies resulting from immunological cross-reactivity
über die Hausstaubmilbe (dann wäre die         ziert/Elternratgeber/ER_2009_2-09.pdf)                     with inhalant allergens. Allergo J Int 2014; 23: 1–16
Reaktion auf das Krustentier eine sekun-     4 Gernert S, Lange L. Allergene und Kreuzallergien.
                                               Monatsschr Kinderheilkd 2017; 165: 124-130              12 Worm M, Reese I, Ballmer-Weber B et al. Guide-
däre Nahrungsmittelallergie) als auch        5 Kopac P, Rudin M, Gentinetta T et al. Continuous ap-       lines on the management of IgE-mediated food
                                                                                                          allergies. S2K-Guidelines of the German Society
über das Krustentier erfolgen. Die Kom-        ple consumption induces oral tolerance in birch-pol-
                                               len-associated apple allergy. Allergy 2012; 67: 280-5      for Allergology and Clinical Immunology (DGAKI) in
ponenten Der p 1, Der p 2 und Der p 23                                                                    collaboration with the German Medical Association
                                             6 Le LQ, Mahler V, Lorenz Y et al. Reduced allergenic-
sind die Auslöser einer durch die Haus-                                                                   of Allergologists (AeDA), the German Professional
                                               ity of tomato fruits harvested from Lyc e 1-silenced
                                                                                                          Association of Pediatricians (BVKJ), the German
staubmilbe    verursachten   perennialen       transgenic tomato plants. J Allergy Clin Immunol
                                                                                                          Allergy and Asthma Association (DAAB), German
                                               2006; 118: 1176-83
Rhinokonjunktivitis oder eines Asthmas.                                                                   Dermatological Society (DDG), the German Society
                                             7 Masthoff L, Mattsson L, Zuidmeer-Jongejan L et al.         for Nutrition (DGE), the German Society for Gas-
                                               Sensitization to Cor a 9 and Cor a 14 is highly spe-       troenterology, Digestive and Metabolic Diseases
                                               cific for a hazelnut allergy with objective symptoms       (DGVS), the German Society for Oto-Rhino-Laryn-
                                               in Dutch children and adults. J Allergy Clin Immunol       gology, Head and Neck Surgery, the German Society
                                               2013; 132: 393-399                                         for Pediatric and Adolescent Medicine (DGKJ), the
                                             8 Mastoorilli C et al. Endotypes of pollen-food syn-         German Society for Pediatric Allergology and Envi-
                                               drome in children with seasonal allergic rhinocon-         ronmental Medicine (GPA), the German Society for
                                               juntivitis: a molecular classification. Allergy 2016;      Pneumology (DGP), the German Society for Pediat-
                                               71: 1181-1191                                              ric Gastroenterology and Nutrition (GPGE), German
                                             9 Pfaar O, Bachert C, Bufe A et al. Die (allergen-)          Contact Allergy Group (DKG), the Austrian Society
                                               spezifische Immuntherapie bei IgE-vermittelten             for Allergology and Immunology (ÖGAI), German
                                               allergischen Erkrankungen. Leitlinie der Deutschen         Professional Association of Nutritional Sciences
                                               Gesellschaft für Allergologie und klinische Immu-          (VDOE) and the Association of the Scientific Medi-
                                               nologie (DGAKI), des Ärzteverbandes Deutscher Al-          cal Societies Germany (AWMF). Allergo J Int 2015;
                                               lergologen (ÄDA), der Gesellschaft für Pädiatrische        24: 256-93
16    GPA » Sonderheft „Nahrungsmittelallergie“ » Nahrungsmittel, die Allergien auslösen können

Die wichtigsten Nahrungsmittel,
die Allergien auslösen können
Ingo Löttrich, Lars Lange, Kirsten Beyer und Antje Schuster

Die Vielfalt der Nahrungsmittel heutzutage ist fast unüberschaubar. Gerade im Kleinkindesalter muss sich das Immunsystem ständig
mit neuen Proteinen auseinandersetzen, die über den Gastrointestinaltrakt aufgenommen werden. Dennoch ist die Liste derjenigen
Nahrungsmittel, die häufig Allergien auslösen, übersichtlich. Diese Liste ist natürlich abhängig von den Ernährungsgewohnheiten. So
ist in Singapur Vogelnest das häufigste allergieauslösende Nahrungsmittel. In dieser kurzen Übersicht werden die 11 Nahrungsmittel
und -gruppen vorgestellt, die für mitteleuropäische Kinder und Jugendliche relevant sind.

Kuhmilch                                        Eine IgE-vermittelte Kuhmilchallergie             der Patientinnen mit Kuhmilchallergie
                                                kann neben dem Triggern allergischer              liegt eine Toleranz für stark erhitzte
Kuhmilchprotein ist eines der häu-              Sofortreaktionen auch eine Rolle bei              bzw. verbackene Milch vor. Bei Kuh­
figsten zu Allergien führenden Nah-             Säuglingen mit AD spielen: Insbeson-              milchallergie besteht eine hohe Rate
rungsmittel im Säuglings- und frü-              dere bei Säuglingen mit schwerer AD               an klinisch relevanten Kreuzreaktionen
hen Kleinkindalter. In der Regel ist es         ist die Möglichkeit einer Kuhmilchaller-          zu anderen Tiermilchen wie Schafs-
das erste Nahrungsmittelallergen, mit           gie in Erwägung zu ziehen; hier ist auf           oder Ziegenmilch. Die Prognose der
dem der Säugling in Kontakt kommt.              einen potenziellen zeitlichen Zusam-              Kuhmilchallergie ist sehr gut: Mindes-
In   der   EuroPrevall     Geburtskohorte,      menhang mit dem Einführen von indus-              tens 80 % der Kinder haben bis zum
die über 12.000 Kinder aus 9 europäi-           triell    hergestellter    Säuglingsnahrung       5. Lebensjahr eine Toleranz auch für
schen Ländern beobachtet hat, konn-             zu achten. Neben IgE-vermittelten Al-             frische Milch entwickelt. In der Euro-
te   mittels   oraler    Provokationstests      lergien kommen Nicht-IgE-vermittelte              Prevall Geburtskohorte konnte sogar
gezeigt werden, dass ungefähr jedes             Nahrungsmittel­allergien vor: Kuhmilch-           gezeigt werden, dass knapp 70 % der
200. Kind eine Kuhmilchallergie ent-            protein zählt zu den wichtigsten Auslö-           Kinder innerhalb eines Jahres tolerant
wickelt    [17].   Die   Sensibilisierungen     sern für die nahrungsproteininduzierte            wurden [17].
können     durch     perorale   Aufnahme,       Proktokolitis, das food protein-induced
möglicherweise auch bei nur kurz-               enterocolitis syndrome (FPIES) und die
fristiger oder intermittierender Gabe           nahrungs­proteininduzierte         Enteropa-      Hühnerei
von Formulanahrung auf Kuhmilch­                thie.
basis, und ggf. auch durch Übertra-                                                               Hühnereiprotein    zählt   ebenfalls   zu
gung von Protein über die Muttermilch           Für eine Eliminationsdiät im Säuglings­           den   häufigsten   allergieauslösenden
entstehen. Aber auch eine Sensibilisie-         alter stehen verschiedene Vollhydro­              Nahrungs­
                                                                                                          mittel­
                                                                                                                allergenen in den ers-
rung über die Haut, insbesondere bei            lysatnahrungen und Aminosäureformula              ten Lebensjahren. In der Euro­
                                                                                                                               Prevall
Kindern mit Atopischer Dermatitis (AD),         zur Verfügung (s. „Ernährungstherapie“,           Geburtskohorte konnte gezeigt werden,
wird diskutiert.                                S. 48).                                           dass in Deutschland jedes 50. Kind

                                                Hauptallergene       der    Kuhmilch     sind
                                                Caseine (alpha s1-, alpha s2-, beta-
                                                und kappa-Casein), Alpha-Lactalbumin
                                                und Beta-Lactoglobulin. Während die
                                                beiden letzteren Proteine weitgehend
                                                hitzelabil sind, sind erstere relativ hit-
                                                zestabil. Bei einem relevanten Anteil
GPA » Sonderheft „Nahrungsmittelallergie“ » Nahrungsmittel, die Allergien auslösen können      17

eine Hühnereiallergie entwickelt [20].        Erdnuss
Klinische Reaktionen sind zumeist ty-
pische IgE-vermittelte Sofortreaktio-         Gemäß den Daten des europäischen
nen mit Urtikaria und / oder Erbrechen.       Anaphylaxieregisters ist die Erdnuss
Genau wie Kuhmilch gehört aber auch           mit Abstand das Nahrungsmittel, das
Hühner­ei zu den häufigsten Auslö-            bei Kindern und Jugendlichen in allen
sern einer anaphylaktischen Reaktion          Altersgruppen ab 2 Jahren am häu-
in den ersten Lebensjahren [8]. Auch          figsten Anaphylaxien auslöst [8]. Dabei
eine negative Beeinflussung des Haut-         können schon kleine Mengen des Al-                vanz, da das Allergen hitzelabil ist und
bildes bei Atopischer Dermatitis kann         lergens eine Reaktion auslösen, da die            Erdnüsse als Hülsenfrucht nicht roh
vor­
   kommen. Je nach untersuchtem               Hauptallergene in hoher Konzentration             verzehrt werden.
Kollektiv sind bis zu 40 % der Kinder
­                                             in der Erdnuss vorhanden sind.
mit einer Atopischen Dermatitis sen-                                                            Die Prognose der Erdnussallergie ist
sibilisiert [5]. Eine Sensibilisierung ist    Die Erdnuss zählt biologisch zu den               eher ungünstig: Nur rund 20 % der Kin-
häufig vorhanden, ohne dass eine be-          Hülsenfrüchten und nicht zu Nüssen                der entwickeln eine Toleranz [14].
wusste Exposition stattgefunden hat           im eigentlichen Sinne. Es gibt jedoch
oder dass den Eltern klinische Reak-          trotzdem selten Kreuzreaktionen zu
tionen erinnerlich sind. Eine kürzlich        anderen Hülsenfrüchten wie Soja und               Schalenfrüchte
in Deutschland durchgeführte Studie           Lupine.
konnte zeigen, dass 5,7 % der Kinder                                                            Die    heterogene     Gruppe     der      kenn­
der Normalbevölkerung zwischen dem            Rund 10 % der deutschen Kinder und                zeichnungspflichtigen Schalenfrüchte
4. und 6. Lebensmonat bereits gegen           Jugendlichen sind auf Erdnuss sensibi-            besteht aus den echten Nüssen (Ha-
Hühnerei sensibilisiert sind, ohne dass       lisiert, die Mehrzahl von ihnen aufgrund          selnuss, Walnuss, Pekannuss, Macada-
sie zuvor Beikost erhalten haben [2].         von klinisch irrelevanten Kreuzreaktio-           mianuss), den Steinfrüchten (Mandel,
Hauptrisikofaktor für diese frühzeitige       nen zu Pollenallergenen [16]. Sensibi-            Cashew, Pistazie) und der Kapselfrucht
Sensibilisierung war das Vorhanden-           lisierungsweg bei primären Allergien              Paranuss. Das Spektrum der klinischen
sein einer Atopischen Dermatitis, ge-         scheint vor allem die Exposition über             Reaktionen reicht von milden oralen
folgt vom Kaiserschnitt. Bei unklarer         die Haut, besonders wenn deren Bar-               Allergiesymptomen (insbesondere bei
klinischer Relevanz positiver allergolo-      rierefunktion im Rahmen einer Atopi-              der pollenassoziierten Schalenfrucht­
gischer Testbefunde für Hühnereipro-          schen Dermatitis gestört ist [6].                 allergie) bis hin zur Anaphylaxie.
tein ist in der Regel eine orale Provokati-
onstestung unumgänglich (s. „Manual:          Die allergologische Komponentendi-                Als    wichtiger    Auslöser     von      Ana­
Orale   Nahrungsmittelprovokationen“,         agnostik ermöglicht die Bestimmung                phylaxien ist Haselnuss zu nennen.
S. 32). Ein relevanter Anteil von Kindern     von spezifischem IgE auf die wichtigs-            Die    Bestimmung       des    spezifischen
mit Hühnereiallergie ist tolerant für ver-    ten Allergene der Erdnuss, z. B. Ara              IgE für die Speicherproteine rCor a
backenes Ei [11]. Die Hauptallergene im       h 2 (Speicherprotein), Ara h 9 (nsLTP)            9 und rCor a 14 hat sich in der Dia-
Hühnerei sind Ovomucoid (hitzestabil)         und Ara h 8 (PR10-Protein). Dabei hat             gnostik der Haselnuss­allergie als hilf-
und Ovalbumin, Ovotransferrin und             sich eine Erhöhung des spezifischen               reich erwiesen: So konnte gezeigt wer-
Lysozym (hitze­labil).                        IgE für rAra h 2 als aussagekräftigster           den, dass eine Erhöhung von rCor a
                                              Marker für das Risiko einer schweren              14-spezifischem IgE auf ≥47,8 kU / l mit
Die Prognose der Hühnereiallergie ist         systemischen Reaktion erwiesen: Es                einer 90 %igen Wahrscheinlichkeit einer
recht gut: Eine Toleranzentwicklung           konnte gezeigt werden, dass Patien-               klinisch relevanten Haselnussallergie
auch für frisches Hühnereieiweiß ist bis      tinnen mit einem spezifischen IgE für             mit systemischer Reaktion einhergeht
zum Schuleintritt in rund 70 % der Fälle      rAra h 2 von ≥14,4 kU / ml mit einer              [3].
zu erwarten. In der EuroPrevall Geburts-      90 %igen Wahrscheinlichkeit eine kli-
kohorte konnte gezeigt werden, dass           nisch relevante Erdnussallergie haben             Häufig besteht eine Sensibilisierung
ungefähr 50 % der Kinder innerhalb eines      [3]. Eine Sensibilisierung auf Ara h 8            auf das PR-10 Protein Cor a 1 als Homo-
Jahres tolerant wurden [20].                  dagegen hat in aller Regel keine Rele-            log des Birkenpollen-Hauptallergens
18    GPA » Sonderheft „Nahrungsmittelallergie“ » Nahrungsmittel, die Allergien auslösen können

Bet v 1. Dieses ist hitzelabil, sodass Pa-      typ­
                                                   reaktion, der Verschlechterung ei-             Soja
tientinnen mit einer Birkenpollen-asso-         ner Atopischen Dermatitis über ein
ziierten Nussallergie erhitzte Produkte         FPIES bis zur anstrengungsinduzierten             Die Hülsenfrucht Soja spielt eine Rolle
wie Nuss-Nougat-Cremes problemlos               Anaphylaxie (wheat dependent excer-               als primäres und als sekundäres Aller-
konsumieren können.                             cise induced anaphylaxis / WDEIA) bei             gen.
                                                älteren Jugendlichen. Beim WDEIA
Darüber hinaus bestehen Kreuzreakti-            liegt zumeist eine IgE-vermittelte Sen-           Einen     zuverlässigen      serologischen
onen zwischen den unterschiedlichen             sibilisierung auf Omega-5-Gliadin, ein            Risikoparameter gibt es für die ­
                                                                                                                                  pri-
Schalenfrüchten. Dabei ist die aller-           Protein des Weizens, vor; ansonsten               märe Sojaallergie zurzeit nicht.
gologische Verwandtschaft zwischen              hat die Bestimmung von Omega-5-
Walnuss und Pekannuss sowie zwi-                Gliadin-spezifischem IgE bei Kindern              Die Speicherproteine Gly m 5 und
schen Cashew und Pistazie so hoch,              bislang keine relevanten Vorteile ge-             Gly m 6 zeigen keine zuverlässige
dass der jeweilige Gegenspieler bei             bracht [4]. Insgesamt lässt sich sagen,           Trennschärfe zwischen tolerant und
Nachweis einer Allergie meist ebenfalls         dass die Kinder mit Weizenallergie eine           allergisch.
streng zu meiden ist.                           Vielzahl an wasserlöslichen und -un­
                                                löslichen Proteinen erkennen [19].                Vielversprechend sind die Daten zum
Haselnussallergien, die durch eine Cor                                                            2S-Albumin Gly m 8 [7, 10]. Dieses
a 8-Sensibilisierung ausgelöst werden,          Bei Gräserpollenallergie kommen posi-             ist    aber   noch   nicht    kommerziell
können auch mit Symptomen auf an-               tive allergologische Laborbefunde auf             verfügbar.
dere nsLTP-haltige Nahrungsmittel wie           Weizen im Sinne serologischer Kreuz­
Pfirsich, Apfel, Erdnuss, Walnuss und           reaktion vor, die nicht klinisch relevant         Ein erhöhtes IgE gegen Gly m 4,
Kirsche einhergehen. Das Allergen Cor           ist. Fast immer liegt auch eine Kreuzre-          ein     Bet   v   1-Homologon,     spricht
a 8 ist hitzestabil. Eine relevante Sen-        aktivität zu Dinkel als Urform des Wei-           für eine sekundäre Allergie, die meist
sibilisierung auf Cor a 8 ist in Deutsch-       zens vor, seltener zu anderen gluten-             nur mit lokalen Reaktionen wie einem
land sehr selten.                               haltigen Getreiden wie Roggen, Gerste             oralen Allergiesyndrom (OAS) einher-
                                                oder Hafer.                                       geht. Zu beachten ist jedoch, dass
Über die Prognose der Schalenfrucht­                                                              der Konsum größerer Mengen nicht-
allergien ist wenig bekannt, sie scheint        Wenige Lebensmittel sind in den letz-             fermentierter Sojaprodukte, wie z. B. das
aber kaum günstiger als die der Erd-            ten Jahren so stark wie Weizen als po-            Trinken von Sojamilch oder soja­haltiger
nussallergie zu sein.                           tenziell schädlich in den Fokus gerückt.          Eiweißshakes, auch bei „nur“ Gly m
                                                Dabei wird häufig ohne überzeugende               4-sensibilisierten Individuen zu schwe-
                                                Rationale eine glutenfreie Diät als allge-        ren systemischen Reaktionen wie bei
Weizen                                          mein förderlich postuliert. Im Hinblick           einer „echten“ Sojaallergie führen kann.
                                                auf die Einschränkung der Lebensqua-
Allergische Sensibilisierungen auf Wei-         lität unserer Patienten ist die weltan-           Die Ernährung von Säuglingen mit
zen sind häufig und kommen bei ca.              schaulich motivierte Verordnung einer             sojabasierten Formulanahrungen wird
                                                                                                  ­
10% der Kinder vor. Eine klinische Re-          Diät streng abzulehnen; eine sinnvolle            – auch bei gesicherter Kuhmilcheiweiß­-
levanz ist dagegen deutlich seltener.           Diagnostik hat an erster Stelle zu ste-           allergie – aus ernährungsphysiologi-
Das Spektrum potenzieller Sympto-               hen, sofern hierfür überhaupt eine Indi-          schen Gründen im ersten Lebensjahr
me reicht von der klassischen Sofort­-          kation besteht [15].                              nicht mehr empfohlen.
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