Pakt der Frauen - Spiegel

Die Seite wird erstellt Lasse Krüger
 
WEITER LESEN
Pakt der Frauen - Spiegel
Pakt der Frauen
Union Mit der Berufung von Annegret Kramp-Karrenbauer will Angela Merkel ihre
Kritiker besänftigen. Doch die designierte Generalsekretärin lehnt einen
Rechtsruck ab, der Konflikt mit dem konservativen Parteiflügel ist nur vertagt.

M
         ontagmorgen im CDU-Präsidium:         weise nährt Erstarrung die Sehnsucht nach    vizes und Anführer der Bundestagsfrak-
         Generalsekretär Peter Tauber ver-     Veränderung. Aber in der CDU wünschen        tion, weihte Merkel erst am Vorabend der
         abschiedet sich unter Applaus,        sich viele deshalb einen Wechsel, weil sie   Präsidiumssitzung ein. Als die CDU-Gran-
dann teilt Angela Merkel mit, was die Par-     finden, dass es Merkel mit dem Wandel        den die Bibliothek im ersten Stock des
teifreunde erst Minuten zuvor per Eilmel-      übertrieben hat.                             Konrad-Adenauer-Hauses betraten, saß
dung erfahren haben: Annegret Kramp-Kar-          Merkel will ihren Gegnern nicht kampf-    dort zu ihrer Überraschung schon eine, die
renbauer soll Taubers Nachfolgerin werden.     los das Feld überlassen, das beweist ihre    eigentlich nicht zu ihrem Kreis zählte:
   Aber das Gremium beschäftigt sich nicht     überraschende Wahl Kramp-Karrenbauers.       Kramp-Karrenbauer.
nur mit Personalien. Es geht mal wieder        Niemand sah die Personalie kommen. Den         „Annegret hatte eine Idee, über die ich
um die Frage, ob die CDU zu links gewor-       engsten CDU-Führungszirkel, die Partei-      mich persönlich sehr gefreut habe“, soll
den sei. Gleich zwei Ministerpräsidenten
hatten sich jüngst gegen einen Rechtsruck
der CDU ausgesprochen: Armin Laschet
aus Nordrhein-Westfalen und sein schles-
wig-holsteinischer Kollege Daniel Günther.
Der Parlamentarische Staatssekretär beim
Bundesfinanzminister, Jens Spahn, fühlte
sich offenbar angesprochen.
   Es werde ja dieser Tage viel von einem
Rechtsruck gesprochen, sagt er. Wer das
Konservative stärken wolle, verlange noch
lange keinen Rechtsruck der Partei. Indem
immer davor gewarnt werde, halte man
das Thema erst recht am Leben.
   Mehrere seiner Kollegen werteten die
Einlassung Spahns als Beweis dafür, dass
der Wortführer des konservativen Partei-
flügels in die Defensive geraten ist.
   Wohin steuert die CDU?
   Anfang der Woche trifft sie sich zu ei-
nem Parteitag in Berlin, es geht – ober-
flächlich betrachtet – um den Koalitions-
vertrag mit der SPD, in Wahrheit aber um
die Frage, welche Partei die CDU eigent-
lich sein will, nach 12 Jahren Kanzlerin,
nach 18 Jahren Parteichefin Merkel.
   Am 10. April 2000 wurde Merkel zur
Vorsitzenden gewählt, sie forderte ihre Par-
tei damals auf, „ins Offene“ zu gehen. Man
kann Merkel nicht vorwerfen, dass die Er-
mahnung folgenlos geblieben wäre. Sie
baute die CDU so gründlich um, dass nun,
da sich das Ende ihrer Ära andeutet, die
Sehnsucht vieler Parteifreunde nach den
konservativen Wurzeln wächst.
   Merkel war in vieler Hinsicht eine un-
wahrscheinliche Parteichefin: weiblich, ost-
deutsch, protestantisch. Sie war das Ge-
genbild zur westdeutschen, männlichen
Parteielite und kam nur zum Zuge, weil
diese in der Spendenaffäre allen morali-
schen Kredit verspielt hatte. Normaler-

CDU-Politikerinnen Kramp-Karrenbauer, Merkel
  „Ich wäre gar nicht auf die Idee gekommen“

16   DER SPIEGEL 9 / 2018
Pakt der Frauen - Spiegel
Deutschland

Merkel gesagt haben. „Sie möchte nach           nie den Weg in den Bundestag gefunden          Eigentlich war es Merkels Wunsch, dass
Berlin kommen, als unsere Generalsekre-         hätte. Merkel aber zählt die Entscheidun- Kramp-Karrenbauer in ein neues schwarz-
tärin.“ Zwar kann Merkel ihre Nachfolge-        gen des Sommers 2015 zu den großen Leis- rotes Kabinett eintritt, die Saarländerin
rin nicht allein bestimmen. Aber sie mach-      tungen ihrer Kanzlerschaft. Und sie sieht sollte Innenministerin werden, so hatte
te nun klar, wem sie die Rolle zutraut.         in Kramp-Karrenbauer eine Frau, die die- Merkel es sogar schon mit CSU-Chef Horst
   Eine Ministerpräsidentin, die ihr Amt        ses Vermächtnis bewahren soll.              Seehofer besprochen. Doch dann, noch
aufgibt, um Generalsekretärin zu werden,           Das Ende einer Regentschaft gerät oft vor Ende der Koalitionsverhandlungen, zo-
das hat es in der Geschichte der CDU noch       zur Tragödie. Der greise Adenauer ver- gen sich die Kanzlerin und Kramp-Karren-
nicht gegeben. Natürlich weiß Kramp-Kar-        suchte – erfolglos – zu verhindern, dass bauer zurück, und die Ministerpräsidentin
renbauer, welches Signal damit verbunden        ihn Ludwig Erhard beerbt. Helmut Kohl signalisierte ihr Interesse am Posten des
ist. Die Partei, die so lange darunter gelit-   tat so, als sähe er in Wolfgang Schäuble Generalsekretärs. Merkel war verdutzt.
ten hat, dass sie nur die Stütze von Merkels    seinen Nachfolger. Doch der kam über die „Ich wäre gar nicht auf die Idee gekommen,
Macht war, soll nun wieder Gesicht und          Rolle des ewigen Kronprinzen nie hinaus. dir das anzubieten“, soll sie gesagt haben.
Stimme erhalten. „Ich habe Angela Merkel        Am Ende übernahm Merkel das Kanzler-           In der Amtszeit von Angela Merkel hat
gesagt, dass ich wegen Heiner Geißler in        amt. Stellt sie es nun geschickter an?      es ganz unterschiedliche Generalsekretäre
die CDU eingetreten bin. Sie weiß also,            Die Präsentation der neuen General- gegeben, den erdverbundenen Volker Kau-
worauf sie sich einlässt“, so Kramp-Kar-        sekretärin war zweifellos ein Coup, aber der, den hochfahrenden Ronald Pofalla, den
renbauer im SPIEGEL-Gespräch (Seite 20).        wirkte eben auch so, als wollte Merkel ihre braven Hermann Gröhe. Was sie aber einte,
   Kann das gut gehen? Zum Erbe der Ära         Thronfolge regeln. „Wir sind doch nicht in war die unbedingte Loyalität zur Vorsitzen-
Merkel gehört eine rechtspopulistische Par-     einer Monarchie“, stichelte vor ein paar den. Keiner nahm es sich heraus, im Kon-
tei, die ohne deren Flüchtlingspolitik wohl     Tagen noch der ewig ehrgeizige Spahn.       rad-Adenauer-Haus Ideen zu entwickeln,
                                                                                            die mit der Arbeit der Regierungszentrale
                                                                                            in Konflikt geraten könnten. Und wenn
                                                                                            doch, sorgte ein Anruf von Merkels Büro-
                                                                                            leiterin Beate Baumann schnell für Ruhe.
                                                                                               Kramp-Karrenbauers Vorbild Heiner
                                                                                            Geißler war der letzte Generalsekretär, der
                                                                                            sich eine eigene Meinung leistete und sich –
                                                                                            zum Ärger Helmut Kohls – gern als „ge-
                                                                                            schäftsführender Parteivorsitzender“ be-
                                                                                            zeichnete. Die Sache nahm bekanntlich
                                                                                            kein gutes Ende. Kohl setzte Geißler 1989
                                                                                            vor die Tür, als er Wind davon bekam, dass
                                                                                            Geißler Teil einer Fronde war, ihn zu stür-
                                                                                            zen. Hat die CDU nun bald wieder eine
                                                                                            „geschäftsführende Parteichefin“?
                                                                                               Es war ein kluger Schachzug Kramp-Kar-
                                                                                            renbauers, nicht nach einem Ministerium
                                                                                            zu greifen, sondern sich mit dem Amt des
                                                                                            Generalsekretärs zu begnügen. Die Partei-
                                                                                            freunde sehnen sich nach den debatten-
                                                                                            armen Merkel-Jahren wieder nach Leben
                                                                                            und Streit. Und sie bewundern Kramp-Kar-
                                                                                            renbauer dafür, ein Mandat und Regierungs-
                                                                                            amt mit üppiger Besoldung dem Partei-
                                                                                            dienst zu opfern. Einmal mehr beweist die
                                                                                            Saarländerin ihre Bereitschaft, in schwieri-
                                                                                            gen Situationen ein Risiko einzugehen und
                                                                                            ihrem politischen Instinkt zu vertrauen.
                                                                                               So war es im Januar 2012, als Kramp-
                                                                                            Karrenbauer nach nur einem halben Jahr
                                                                                            im Amt die Jamaikakoalition im Saarland
                                                                                            aufkündigte, weil ihr die FDP nicht regie-
                                                                                            rungsfähig erschien. Als damals das Kanz-
                                                                                            leramt in Saarbrücken anrief, war es der
                                                                                            erste längere Kontakt Kramp-Karren-
                                                                                            bauers zu Merkel, und der war eher uner-
                                                                                            freulich. Merkel hielt die Entscheidung für
                                                                                            grundfalsch, sie soll laut geworden sein.
                                                                                            Aber Kramp-Karrenbauer ließ sich nicht
                                                                                            umstimmen und behielt recht. Seither re-
                                                                                            giert sie an der Spitze einer Großen Koali-
                                                                                            tion und duzt nun ihre Parteichefin.
                                                                                               Auch im Landtagswahlkampf 2017 ver-
                                                                                         BOILLOT / DAVIDS

                                                                                            traute Kramp-Karrenbauer ihrem politi-
                                                                                            schen Gefühl. Als die SPD in den Umfra-
                                                                                            gen aufholte, setzte sie ganz auf ihre per-
                                                                                                                     DER SPIEGEL 9 / 2018   17
Pakt der Frauen - Spiegel
In der Wüste
     Regierung Lange galt Ursula von der Leyen als Kronprinzessin der Kanzlerin. Doch sie fremdelt mit
     der CDU. Und der Erfolg ihrer Bundeswehrreform lässt auf sich warten.

     A
              m vergangenen Mittwoch tritt
              die Frau, der seit Jahren nachge-
              sagt wird, sie wolle unbedingt
     Kanzlerin werden, vor dem neuen Ver-
     teidigungsausschuss auf. Ursula von der
     Leyen strahlt in die Kameras, dann bü-
     gelt sie hinter geschlossenen Türen rou-
     tiniert die braven Fragen der Abgeord-
     neten ab. Ein kurzes Statement für die
     Mikrofone – und Abgang.
        Die Verteidigungsministerin hat wie-
     der ihre Sturmhaube aufgesetzt. Es ist
     keine schöne Woche für sie, es gibt ein-
     fach zu viele schlechte Nachrichten in
     zu kurzer Zeit: Ausgerechnet dem Ver-
     band, der im nächsten Jahr die neue
     Speerspitze der Nato stellen soll, fehlen
     die Panzer, es gibt zu wenig Schutzwes-
     ten, zu wenig Winterkleidung, zu wenig
     Zelte. Der Wehrbeauftragte bescheinigt
     der Ministerin, von ihrer „Trendwende
     Material“ sei bei den Soldaten bisher
     „nichts oder fast nichts“ zu spüren.
     „‚Dramatisch schlechte‘ Lage“ bei den
     Streitkräften, titeln die Zeitungen.

                                                                                                                                             CHRISTIAN THIEL / DER SPIEGEL
        Kann es schlimmer kommen? Es
     kann. Am Montag wird die saarländi-
     sche Ministerpräsidentin Annegret
     Kramp-Karrenbauer zur neuen CDU-
     Generalsekretärin ausgerufen. Damit ist
     klar, wen Angela Merkel als Nachfolge-
     rin aufbauen will.                               Befehlshaberin von der Leyen: Die Öffentlichkeit mit schlechten Nachrichten geflutet
        Ursula von der Leyen ist es nicht.
        Das dürfte eine Enttäuschung sein,        eine Außenseiterchance auf das wich-            schlechten Nachrichten. Es war ein revo-
     auch wenn sie stets gesagt hatte, es gebe    tigste Staatsamt hat. Sie kann sich auch        lutionärer Ansatz. Niemand sollte ihr
     in jeder Generation nur eine Kanzlerin,      ein anderes mächtiges Amt vorstellen.           vorwerfen, sie verheimliche etwas.
     und das sei in ihrer nun einmal Angela       Nato-Generalsekretär, wie immer wie-               Den Apparat setzte das unter Druck.
     Merkel.                                      der kolportiert wird, gehört nicht dazu.        Der war politisch gewollt. In der Öffent-
        Trotzdem hatte von der Leyen sich in      Zu militärisch und zu wenig Gestal-             lichkeit und im Parlament wuchs die Of-
     Position gebracht, versucht, sich unver-     tungsmacht. Kommissarin in der neuen            fenheit für mehr Geld.
     zichtbar zu machen, bereitgestanden.         EU-Kommission, die im nächsten Jahr                Doch im Herbst 2017 wurde von der
     Gut möglich, dass die Strategie aufge-       ernannt wird, wäre schon eher etwas.            Leyen sich selbst untreu. Statt des übli-
     gangen wäre, wenn ganz plötzlich ein            Doch dafür muss sie in ihrem jetzigen        chen Rüstungsberichts, der alle Groß-
     Merkel-Nachfolger gesucht worden             Job erst mal überleben. Und bisher hat          projekte detailliert nach Pünktlichkeit
     wäre. Wer außer von der Leyen wäre           keiner ihrer 16 Vorgänger volle zwei Le-        und Kosten bewertete, legte sie nur
     geeignet gewesen, das Amt von heute          gislaturperioden durchgehalten. Auch            einen Rumpf-Report vor. Angeblich we-
     auf morgen zu übernehmen?                    von der Leyen steht unter Druck. Sie            gen der stockenden Regierungsbildung.
        Jetzt sieht es so aus, als würde die      hat die richtigen Reformen eingeleitet          In Wahrheit aber scheute sie wohl die
     Partei in einem geordneten Verfahren         und mit diesem Prozess viele gegen sich         schlechten Nachrichten.
     über die Merkel-Nachfolge entscheiden.       aufgebracht. Erfolge sind noch nicht zu            Zwar seien in von der Leyens Amts-
     So will es die Kanzlerin, und sie hat        sehen. Sie steckt damit in der gleichen         zeit „die Grundlagen geschaffen wor-
     Kramp-Karrenbauer zur Kronprinzessin         Falle, die der Agenda-Reformer Ger-             den, um die Leistungsfähigkeit“ bei der
     gemacht. Aufmerksam hatte die Kanzle-        hard Schröder oft genug beklagt hat:            Beschaffung zu erhöhen, heißt es in
     rin registriert, wie wenig die Frau, die     Die politischen Kosten von Reformen             dem vertraulichen Entwurf des Papiers,
     immer als ihre Nachfolgerin gehandelt        werden sofort fällig, der politische Ge-        aber die Erfahrungen der vergangenen
     wurde, mit ihrer Partei anfangen konn-       winn aber erst nach Jahren.                     drei Jahre zeigten, „dass Veränderun-
     te. Und wie wenig die Partei mit ihr.           Gut möglich, dass 2018 für von der           gen Zeit und Geduld benötigen“.
     Am Ende ist es aber die Partei, die den      Leyen zum Jahr der Abrechnung wird.                Viel Zeit und Geduld, das belegt das
     Kanzler bestimmt.                            Kern ihrer Reformen im Rüstungsbe-              Beispiel des Kampfpanzers „Leopard 2“.
        Von der Leyen wird sich fügen. Sie        reich war Transparenz. Sie flutete das          Spätestens seit 2015 ist bekannt, dass
     weiß seit Langem, dass sie allenfalls        Parlament und die Öffentlichkeit mit            die Truppe einen akuten Mangel an

18   DER SPIEGEL 9 / 2018
Pakt der Frauen - Spiegel
Deutschland

Panzern hat. Deshalb unterzeichnete
von der Leyens Rüstungsstaatssekretä-
rin Katrin Suder im Mai 2017 einen           sönliche Beliebtheit und kündigte an, im                 brücker Fastnacht tritt sie als Putzfrau
760-Millionen-Euro-Vertrag mit dem           Fall einer Niederlage aus der Politik aus-               Gretel auf. Merkel dagegen würde wohl
Panzerbauer KMW. Er soll 104 in die          zuscheiden. Im Konrad-Adenauer-Haus                      lieber drei Nächte mit Horst Seehofer über
Jahre gekommene „Leopard 2“ auf              hielt man das für eine Dummheit, da man                  die Obergrenze verhandeln, als in einer
den Stand heutiger Technik bringen.          in Wahlkämpfen nur Optimismus verbrei-                   Faschingssitzung zu gastieren.
   Die Speerspitze der Nato kann al-         ten solle. Kramp-Karrenbauer behielt aber-                  Kramp-Karrenbauer will vor allem da-
lerdings 2019 mit keinem einzigen der        mals recht, ihre CDU bekam mehr als 40                   für sorgen, dass in der CDU mehr debat-
hochmodernen Stahlmonster rech-              Prozent der Stimmen. Nebenbei revitali-                  tiert wird. „Viele Entscheidungen der Ver-
nen. In einem vertraulichen Status-          sierte ihr Sieg auch die Bundespartei: Es                gangenheit hat die CDU aus der Situation
bericht schwärmen die Beamten zwar           war der erste schwere Schlag für die Kam-                heraus getroffen, der normativen Kraft des
von dem optimalen Schutz und der             pagne von SPD-Kanzlerkandidat Martin                     Faktischen folgend“, sagt sie. Einen
Nachtkampffähigkeit des moderni-             Schulz.                                                  Schwenk nach rechts aber lehnt sie kate-
sierten Panzers. Angeblich sei er so-           Aber das Saarland ist nicht Berlin. Die               gorisch ab. Reicht das, um die Partei wie-
gar in der Wüste bei über 50 Grad            Themenpalette, die eine Generalsekretärin                der zu einen – und die AfD zu bekämpfen?
einsetzbar.                                  beherrschen muss, ist noch das geringste                    Kramp-Karrenbauer profitiert erst ein-
   Allerdings: 2019 würden nur zwei          Problem. Kramp-Karrenbauer war schon                     mal davon, dass Merkels Gegner von ihrer
Test-Panzer erwartet, die Serienauslie-      Innen-, Familien-, Bildungs-, Frauen- und                Berufung völlig überrascht wurden. Sogar
ferung beginnt erst 2020 und soll 2023       Arbeitsministerin. Bei den Koalitions-                   der sonst so spitzzüngige Spahn rang sich
abgeschlossen sein, acht Jahre nach          gesprächen leitete sie gleich zwei Arbeits-              ein Kompliment ab. Verteidigungsministe-
der ersten Entscheidung. Für eine Mi-        gruppen, und obwohl sie zwischendurch                    rin Ursula von der Leyen wiederum, die
nisterkarriere ist das viel zu spät.         einen schweren Autounfall hatte und über                 sich auch als mögliche Nachfolgerin sieht,
   Im kommenden Jahr soll die Bun-           Tage eine Halskrause tragen musste, saß                  ist vollauf mit dem Ärger in der Bundes-
deswehr die Speerspitze der Nato stel-       sie in der Schlussrunde wieder dabei.                    wehr beschäftigt (siehe Kasten).
len, für die Deutschen geht es ums              Im beschaulichen Saarbrücken kann es                     Aber der Frieden ist vor allem dem Um-
Prestige. Doch von der Leyen hat die         vorkommen, dass im Sommer ein Enten-                     stand geschuldet, dass die Konservativen
Bedeutung des Projekts offenbar un-          paar ins Büro der Ministerpräsidentin wat-               noch auf den Einzug Spahns ins Kabinett
terschätzt. In ihrem Haus wurde die          schelt. In Berlin erwarten Kramp-Karren-                 hoffen. Am Sonntag will Merkel ihre Mi-
Vorbereitung nur mit mittlerer Priori-       bauer Neider, Heckenschützen und rechte                  nisterliste vorlegen. Davor will man sie
tät vorangetrieben.                          Wutbürger. Ihre Gegner karikieren sie                    nicht unnötig reizen.
   Heute wundern sich Militärs, wa-          schon jetzt als „Mini-Merkel“, die sich bloß                Unter der Hand aber werden schon Ar-
rum die Ministerin nicht erkannte,           in Haarlänge und Sprachfärbung von der                   gumente gegen die neue Generalsekretärin
wie verheerend sich die negativen            Kanzlerin unterscheide.                                  gesammelt. Forderte sie nicht im Jahr 2012
Schlagzeilen über Mangelwirtschaft              Kramp-Karrenbauer weiß, dass die Nähe                 einen höheren Spitzensteuersatz? War sie
auswirken würden. Statt der für Aus-         zu Merkel ihre größte Schwäche werden                    nicht schon für den Mindestlohn, als dieser
landseinsätze zuständigen Abteilung          kann. Ihre völlig andere Biografie wird zur              der CDU noch als „Jobkiller“ galt?
des Ministeriums, die neues Material         Abgrenzung nicht genügen. Kramp-Kar-                        Außerdem pflegen Spahn und die Kon-
unbürokratisch bestellen kann, koor-         renbauer studierte Politik und Jura, hat                 servativen einen engen Draht zu FDP-Chef
dinierten die Kameraden von der Ab-          drei Kinder und sitzt im Zentralkomitee                  Christian Lindner. Sie wünschen sich,
teilung „Führung Streitkräfte“ die           der deutschen Katholiken. In der Saar-                   dass die ewige Große Koalition abgelöst
Vorbereitung des Verbands. Das lief                                                                   wird von einem schwarz-gelben Bündnis.
gemächlicher als angebracht.                                                                          Kramp-Karrenbauer dagegen hat den Li-
   Und schon droht neues Unheil.                                                                      beralen in ihrem Reich einen schweren
   In den Schubladen der Beamten im                                                                   Schlag versetzt, als sie das Saarbrücker
Bendler-Block schlummert ein fast fer-                                                                Jamaikabündnis platzen ließ. Die Eilmel-
tiges Artikelgesetz, das mit Dutzen-                                                                  dung krachte damals ausgerechnet in das
den Maßnahmen die Attraktivität der                                                                   Dreikönigstreffen der Liberalen.
Bundeswehr als Arbeitgeber steigern                                                                      Zwar beteuert Kramp-Karrenbauer, das
soll, dazu will von der Leyen zum Bei-                                                                Timing sei keine böse Absicht gewesen,
spiel das Trennungsgeld für pendeln-                                                                  aber in der Politik zählen nicht Entschul-
de Soldaten oder den Umzugszu-                                                                        digungen, sondern Fakten. Und bei der
schuss deutlich erhöhen.                                                                              Landtagswahl im März 2012 flogen die
   Das Projekt, das nach internen Be-                                                                 Liberalen im hohen Bogen aus dem Saar-
rechnungen mit bis zu einer Milliarde                                                                 brücker Landtag. Seither traut die FDP
Euro pro Jahr zu Buche schlägt und                                                                    Kramp-Karrenbauer jede Gemeinheit zu.
damit einen Großteil der Budgetstei-                                                                     Kramp-Karrenbauer weiß, wie schwer
gerung für das Ressort verschlingt,                                                                   die nächsten Jahre werden. Nirgendwo
kommt zur Unzeit. „Beim desaströsen                                                                   wechseln die Stimmungen so schnell wie
Erscheinungsbild“, das räumen selbst                                                                  in der Politik. Als ihr Vorgänger Peter Tau-
Unterstützer der Ministerin ein,                                                                      ber das Amt des Generalsekretärs über-
„wirkt ein neues Wohlfühlpaket für                                                                    nahm, galt er als junges Talent aus Hessen.
die Soldaten unpassend.“ Zurückneh-                                                                   Nach dem Debakel bei der Bundestagswahl
men aber kann von der Leyen das                                                                       wurde Tauber auf dem Deutschlandtag der
                                                                                        HC PLAMBECK

Vorhaben nur schwer. Es ist im Koali-                                                                 Jungen Union von den eigenen Leuten aus-
tionsvertrag festgeschrieben.                                                                         gebuht. Alle, die es nicht wagten, die Kanz-
                         Matthias Gebauer,                                                            lerin direkt anzugreifen, durften am Gene-
               Konstantin von Hammerstein                Merkel-Rivale Spahn                          ralsekretär ihr Mütchen kühlen.
                                                           Ewig ehrgeizig                                    Melanie Amann, Ralf Neukirch, René Pfister

                                                                                                                                 DER SPIEGEL 9 / 2018   19
Pakt der Frauen - Spiegel Pakt der Frauen - Spiegel Pakt der Frauen - Spiegel
Sie können auch lesen