Der Herzinfarkt als Psychotrauma: ein unterschätztes klinisches Phänomen

 
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Der Herzinfarkt als Psychotrauma: ein unterschätztes klinisches Phänomen
Der Herzinfarkt als Psychotrauma:
ein unterschätztes klinisches Phänomen

                  Roland von Känel
      Kompetenzbereich für Psychosomatische Medizin
       Universitätsklinik für Allgemeine Innere Medizin
                       Inselspital Bern

       Dienstagmittag-Fortbildung Psychosomatik Basel
                    Universitätsspital Basel
                       18. Februar 2014
Der Herzinfarkt als Psychotrauma: ein unterschätztes klinisches Phänomen
Charlie Daniels Band «Still in Saigon» 1982, written by Dan Daley

                                                         No place to run to where I did not feel that war.
                                                         When I got home I stayed alone and checked behind
                                                         each door.

                                                         Still in Saigon
                                                         Still in Saigon
                                                         I am Still in Saigon in my mind!

                                                         The ground at home was covered with snow. And I was
                                                         covered in sweat.
                                                         My younger brother calls me a killer and my daddy calls
                                                         me a vet.
                                                         Everybody says that I'm someone else that I'm sick and
                                                         there's no cure.
                                                         Damned if I know who I am. There was only one place
                                                         I was sure
                                                         When I was … I am still in Saigon in my mind!

'Got on a plane in Frisco and got off in Vietnam…        Every summer when it rains, I smell the jungle, I hear
I walked into a different world, the past forever        the planes.
gone.                                                    I can't tell no one I feel ashamed. Afraid someday I'll go
I could have gone to Canada or I could have stayed       insane.
in school.
But I was brought up differently. I couldn't break the   That's been ten long years ago and time has gone on
rules.                                                   by.
                                                         But now and then I catch myself
Thirteen months and fifteen days, the last ones were     Eyes searchin' through the sky.
the worst.                                               All the sounds of long ago will be forever in my head.
One minute I kneel down and pray                         Mingled with the wounded's cries and the silence of the
And the next I stand and curse.                          dead…
Der Herzinfarkt als Psychotrauma: ein unterschätztes klinisches Phänomen
Prospektive Studien bei initial anderweitig gesunden
männlichen US Kriegsveteranen

   Vietnamveteranen (n=7,924)
    PTBS assoziiert mit adjustierter Gesamtmortalität (HR 2.2)
    und kardiovaskulärer Mortalität (HR 1.9) n. 30 J Follow-up.

   Veterans Affairs Normative Aging Study (n=1,002)
    1 SD erhöhte PTBS Symptomatik assoziert (adjustiert) mit
    26% erhöhtem RR für nicht-fatalen MI plus fatale KHK und
    21% erhöhtem RR für kombinierten KHK Endpunkt (nicht-
    fataler MI, fatale KHK, AP) n. 15 J Follow-up.

          Boscarino, Ann Epidemiol 2006; Kubzansky et al, Arch Gen Psychiatry, 2007
Der Herzinfarkt als Psychotrauma: ein unterschätztes klinisches Phänomen
Meta-Analyse: PTBS als Risikofaktor für das erstmalige
Auftreten einer KHK

>400’000 Individuen, 4 Veteranenpopulationen, Follow-up 3-15 Jahre
5 Studien kontrollierten auch für Depression: HR = 1.27 (95% CI 1.08-1.49)

                       Edmondson et al, Am Heart J 2013
Der Herzinfarkt als Psychotrauma: ein unterschätztes klinisches Phänomen
Der Herzinfarkt als Psychotrauma: ein unterschätztes klinisches Phänomen
Charakteristika eines Psychotraumas

Ein Erlebnis kann traumatisierend sein, wenn es:
   ausserhalb der üblichen menschlichen Erfahrung
    liegt.
   die Bewältigungsmechanismen auf der seelischen
    und biologischen Ebene übersteigt
   das Leben od. die körperliche Unversehrtheit
    bedroht.
   den betroffenen Menschen in extreme Hilflosigkeit
    und Angst versetzt  Todesangst
Der Herzinfarkt als Psychotrauma: ein unterschätztes klinisches Phänomen
DSM-IV Kriterien, APA 1994

  Definition
      Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS)
       Posttraumatic Stress Disorder (PTSD)

      Definitionskriterien
       (Symptomatik hält für mind. 1 Monat nach dem traumatischen Ereignis an)
       A: Trauma
       B: Wiedererleben
       C: Vermeidungsverhalten / emotionale Abflachung
       D: Hyperarousal

      Subsyndromale PTBS = A + B + entweder C od. D erfüllt

Funktionelle Einschränkung in wichtigen Lebensbereichen ist klinisch bedeutsam
Der Herzinfarkt als Psychotrauma: ein unterschätztes klinisches Phänomen
Was hat mit DSM-5 geändert (seit Mai 2013)?
   Die PTBS wird im DSM-5 nicht mehr im Kapitel der
    Angststörungen aufgeführt sondern gemeinsam mit der Akuten
    Belastungsstörung und den Anpassungsstörungen in einem
    neuen Kapitel: Trauma- and Stressor-Related Disorders.
   Das Kriterium A2 (subjektive Reaktion auf das Ereignis) wurde
    gestrichen: «Die Reaktion der Person umfasste intensive
    Furcht, Hilflosigkeit oder Entsetzen.»
   Wiedererleben Items teilw. umformuliert
   Vermeidungsverhalten und emotionale Abflachung wurden in
    separate Symptomcluster aufgeteilt
   Hyperarousal nun mit 6 Symptomen: Selbstschädigendes
    Verhalten!
   Spezifizieren: mit od. ohne dissoziative Symptome
   Separate PTBS Kategorie für Kinder ≤6 Jahre
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Einteilung von Psychotraumata

   “Man-Made”: Gewalttaten durch andere Menschen
    (z.B. Folter, Vergewaltigung, Kriegshandlungen, Unfälle)

   “Non-Man-Made”: Naturkatastrophen
    (z.B. Tsunami, Hurrikan, Lawinenniedergang)

   “Disease-Made”: Körperliche Krankheiten
    (z.B. Mitteilung einer Diagnose, Erleben von therapeutischen
    Prozeduren, Überleben einer Krankheit)
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Gefährdete Patientengruppen für PTBS
   Maligne Tumore („Sie haben Krebs“)
   HIV+
   Verbrennungsopfer
   Polytrauma
   M. Crohn
   Hirnschlag

   Herzinfarkt
 Herz-OP (ACB, Klappenersatz)
 ICD-Implantation                          Tedstone & Tarrier, Clin Psychol Rev 2003
                                         Spindler & Pedersen, Psychosom Med 2005
 Herztransplantation                                       Gander & von Känel, 2006
                                            Cámara et al, Frotline Gastroenterol 2011
                                                 von Känel et al, J Affect Disord 2011
 Überlebter plötzlicher Herzstillstand     Edmondson et al, PLoS One 2012 & 2013
A1: Der Herzinfarkt ist ein traumatisch erlebtes Ereignis, das eine
Bedrohung an Leib und Leben mit möglicher Todesfolge beinhaltet.

A2: Patienten erleben sich dem Ereignis „Herzinfarkt“ gegenüber in
der Regel hilflos ausgeliefert und „ohnmächtig“.
Sie fürchten intensiv um ihr Leben (im DSM-5 nicht mehr nötig!)

               Whitehead et al, Am J Cardiol 2005; von Känel et al, BMC Psychiatry 2011
Die Patientin erinnert sich immer wieder, wie der Infarkt „aus
heiterem Himmel“ eintrat, als sie am Tisch sass, und wie sie auf
den Notfall gebracht wurde.

Sie kriegt Herzklopfen, wenn sie eine Ambulanz hört und verlässt
das Wohnzimmer, wenn am Fernsehen über Herzkrankheiten
gesprochen wird.
Die Patientin will mit den Angehörigen nicht über den Infarkt und
den Spitalaufenthalt sprechen.

Sie kommt nur unwillig in die ambulante kardiale Rehabilitation.
Sie nimmt die kardialen Medikamente unregelmässig ein, weil
diese sie an den Infarkt erinnern.

Der Infarktpatient distanziert sich von seinem Umfeld.
Der Patient reagiert gereizt und kann nicht mehr gut schlafen.

Er ist mit der Wahrnehmung auf den Thorax und die dortigen
Empfindungen fixiert; er interpretiert diese „katastrophisierend“
als Zeichen für einen erneuten Infarkt.
4 Screening-Fragen für PTBS
Haben Sie Ihren Herzinfarkt so schlimm erlebt, dass
Sie im letzten Monat:
1) Albträume davon hatten oder daran denken mussten, obwohl
     Sie nicht wollten?
2) Situationen vermieden haben, die Sie an den Herzinfarkt
      erinnerten?
3) Dauernd in erhöhter Alarmbereitschaft oder schreckhaft
     waren?
4) Sich von Mitmenschen entfremdet haben oder weniger
     Gefühle empfinden konnten?

3x „Ja“: Sensitivität = 78%, Spezifität = 87%

       Prins et al. The Primary Care PTSD Screen. Primary Care Psychiatry 2004
Selbst-Rating Instrumente / Fragebogen für
posttraumatischen Stress

   Impact of Event Scale Revised (IES-R)
   Posttraumatic Diagnostic Scale (PDS)

 Schweregrad der PTSD Symptomatik
  (z.B. 0-51 für PDS)
 “Case definitions” gemäss Schwellenwerten
  (z.B. ≥15 od. ≥18 für PDS)

              Weiss & Marmar, Guilford Press, 1997
                Foa et al, Psychol Assess 1997
Typische Items (PDS)

   Wiedererleben: “Hatten Sie belastende Gedanken
    oder Erinnerungen an den Herzinfarkt, die ungewollt
    auftraten und Ihnen durch den Kopf gingen, obwohl
    Sie nicht daran denken wollten?“
   Vermeidung: “Haben Sie sich bemüht, nicht an den
    Herzinfarkt zu denken, nicht darüber zu reden oder
    damit verbundene Gefühle zu unterdrücken?“

0 = überhaupt nicht oder nur einmal im letzten Monat
1 = einmal pro Woche oder seltener / manchmal
2 = 2 bis 4 mal pro Woche / die Hälfte der Zeit
3 = 5 mal oder öfter pro Woche / fast immer

                                   Foa et al, Psychol Assess 1997; McCarthy S, Occup Med 2008
Symptome des Wiedererlebens
(PDS Item Scores: 0-3, n=297, 1-12 Monate nach Infarkt)

   Intrusive Gedanken und Erinnerungen an
    den Infarkt (0.82±0.88)
   Emotional belastet gefühlt, wenn an den
    Infarkt erinnert (0.75±0.87)
   Durchleben des Infarkts (0.44±0.71)
   Körperliche Reaktionen, wenn an den Infarkt
    erinnert (0.41±0.76)
   Albträume über den Infarkt (0.29±0.66)

                        von Känel et al, J Cardiol 2011
Klinische PTSD Diagnostik (DSM-IV)

   “Gold Standard”
   Strukturiertes klinisches Interview; z.B.
    Clinician Administered PTSD Scale (CAPS)
   Benötigt 20 - 45 min
   Quantifiziert die Häufigkeit und Intensität der
    17 Symptome für PTSD nach DSM-IV
   Schweregrad einer PTSD durch Aufaddieren
    der Symptomscores

         Blake et al, J Trauma Stress, 1995; Schnyder & Moergeli, J Trauma Stress 2002
Wie häufig entwickelt sich eine PTBS nach
Herzinfarkt?

                                      Systematische Literaturübersicht
                                       Zeitraum: 1980 – Mai 2005
                                      PTBS Symptomatik nach DSM-IV
                                       Kriterien erhoben
                                      Interview bzw. Fragebogen (cut-off)
                                      13 Studien
                                      Total 827 Patienten nach Infarkt

                                      Gewichtete Prävalenz für
                                       PTBS = 14.7% (range 0-25%)

           Gander & von Känel, Eur J Cardiovasc Prev Rehabil 2006
   Einschluss von 951 konsekutiven Patienten der Kardiologie
    am Universitätsspital Bern über 18 Monate
   Einschlusskriterien: Akuter Herzinfarkt, PTCA, genügend
    Deutschkenntnisse, max. 1 ½ h Anfahrt
   Screening Fragebogen (Posttraumatic Diagnostic Scale, PDS)
    frühestens 30 Tage nach Infarkt ausgesandt → Rücklauf 45%
   Alter 61 ± 10 Jahre, 83% Männer
   20% ≥15 Punkte auf der PDS = Cut-off für CAPS Interview.
   3.6% syndromale PTBS & 6.6% subsyndromale PTBS
   10.2% der erreichten Patienten mit klinisch relevanter PTBS

                    Guler et al, Clin Cardiol 2009
Meta-Analyse: Prävalenz klinisch signifikanter Symptome
einer PTSD getriggert durch ein akutes Koronarsyndrom

                                                   Alle Studien
                                                   (n=24):
                                                   12 %
                                                   (95% CI 9-16)

                                                   Fragebogen
                                                   (n=16):
                                                   16%
                                                   (95% CI 13-20)

                                                   Interview
                                                   (n=8):
                                                   4%
                                                   (95% CI 3-5)

                  Edmondson et al, PLoS One 2012
Verlauf von selbstgeratetem posttraumatischem
Stress nach akutem Koronarsyndrom

    24% von 102 Patienten mit PTBS 4-6 Wochen nach
     MI. 14% hatten PTBS 9 Monate nach MI.
    19% von 274 Patienten mit PTBS 2 Monate nach MI.
     10% hatten PTBS 36 Monate nach MI.
    12% von 213 Patienten mit PTBS 12 Monate nach
     AKS (MI/instabile AP). 13% von 179 erreichbaren
     Patienten hatten PTBS 36 Monate nach AKS.

 Natürlicher Verlauf von klinisch relevanten PTSD
  Symptomen ist eindrücklich persisitierend
Pedersen et al, Scand J Psychol 2004; Hari et al, J Psychosom Res 2010; Wikman et al, Psychosom Med 2008
Verlauf der PTBS nach Herzinfarkt
   40 Patienten mit (sub)syndromaler PTBS nach
    einem mittleren Follow-up von 26±6 Monaten
    (12-36 Monate) erneut eingeladen.

   24 Patienten willigten für CAPS Interview ein.

   Längerer Follow-up assoziiert mit Abnahme im
    Vermeidungsverhalten (r2=.20, p=.029) und
    Wiedererleben (r2=.15, p
Personality
                       - Type D personality
                       - Neuroticism                          Aspects related to the cardiac event
                       - Low agreeableness                    - Subjective perception of the cardiac event
                       - Non-repressive coping style          - Subjective reaction to the cardiac event
                       - Alexithymia

                                                                           Comorbidity
                                                                           - Dissociative Symptoms
Prior History                                                              - Acute stress disorder
- Prior MI                                                                 - Depression
- Prior cardiac hospitalization                                            - Anxiety
- Recurrence of cardiac symptoms
- Recurrent medical intervention
                                                       PTSD                - Somatic complaints (incl. pain)
- Previous traumatization, PTSD
- Life events

                  Sociodemographic factors                    Lack of social support
                  - Younger age
                  - Ethnic origin

           von Känel R & Gander ML. Posttraumatic Stress Disorder: Emerging Risk Factor and
                 Mechanisms. In: Paul Hjemdahl, Annika Rosengren, Andrew Steptoe (Eds.):
                      Stress and Cardiovascular Disease. Springer: London, U.K., 2012.
Signifikante Korrelate von posttraumatischem Stress (p‘s ≤.010)

                         r=-.19                                   r=.56

                           r=.64                                   r=.31

    Keine signifikante Beziehung mit LVEF, CK, Troponin-T
PTBS Symptome: ein Risikofaktor für kardiovaskulär-bedingte
Rehospitalisationen bei 297 Patienten mit Myokardinfarkt?

          43 Patienten (14.5%) hatten Rehospitalisation w.
           mittlerem Follow-up von 2.8 J (range 1.3-3.8):
           - 10 (3.4%) Zweitinfarkte
           - 13 (4.4%) nicht-elektive Stents
           - 11 (3.7%) elektive Stents
           - 4 (1.3%) aortokoronare Bypassoperationen
           - 1 (0.3%) Schrittmacher-Implantation
           - 1 (0.3%) kardiale Arhythmie
           - 3 (1.0%) zerebrovaskuläre Ereignisse

          Keine Rehospitalisationen wegen Herzstillstand,
           hypertensiver Krise und Herzinsuffizienz

von Känel, Hari R, Schmid JP, Wiedemar L, Guler E, Barth J, Saner H, Schnyder U, Begré S. J Cardiol 2011
Alle Modelle sind für Geschlecht und Alter kontrolliert   von Känel et al, J Cardiol 2011
PTBS Fälle und kardiovaskulär-bedingte
Rehospitalisationen (n=297, 43 Ereignisse)

                                           n=252

                                            n=45

         Kontrolliert für Alter, Geschlecht und Hypertonie
Meta-Analyse: PTBS und schlechter klinischer
Verlauf nach akutem Koronarsyndrom

Total 609 Patienten, FUP 1-3 Jahre; 2-fach erhöhtes relatives Risiko

                      Edmondson et al, PLoS One 2012
Warum sollte die PTBS „kardiotoxisch“ sein?

      PTBS zeigt Assoziationen mit:
          ungünstigem Gesundheitsverhalten
          Schlafstörungen
          etablierten kardiovaskulären Risikofaktoren
          psychosozialen Risikofaktoren
          verminderte Compliance mit kardialer
           Therapie
          pathophysiologischen Veränderungen

 Gander & von Känel, Eur J Cardiovasc Prev Rehabil 2006; Edmondson & Cohen, Prog Cardiovasc Dis 2013
   Dysregulationen in der HPA-Achse und dem ANS:
    Hypokortisolismus → reduzierte Unterdrückung entzündlicher Aktivität.
    Sympathische Hyperaktivität → vermehrte Produktion
    proinflammatorischer Zytokine und Gerinnungsaktivierung
    Entzug vagaler Aktivität → verminderte Hemmung der Produktion
    proinflammatorischer Zytokine.

   Zusammenhang mit Schweregrad der PTBS
    Symptomatik:
    (Messung verschiedener Biomarker im Plasma)

    Verstärkte Entzündungsaktivität: ↑TNF-α, ↑IL-1β, ↓IL-4
    Aktivierte Blutgerinnung: ↑FVIII:C, ↑Fibrinogen
    Endotheliale Dysfunktion: ↑VWF, ↑löslicher Tissue Factor

                      Gander & von Känel, Eur J Cardiovasc Prev Rehabil 2006
         von Känel et al, Psychosom Med 2006, J Psychiatry Res 2007, Psychiatry Res 2008
Biomarker (Plasma) bei 44 post-MI Patienten mit
und ohne Infarkt-verursachte DSM-IV PTBS

               von Känel et al, J Affect Disord 2010
Cortisol bei post-MI Patienten

                                          Sample:
                                          15 post-MI Patienten mit PTBS und
                                          29 post-MI Patienten ohne PTBS
                                          Methode:
                                          CAPS Interview
                                          Hospital Anxiety and Depression Scale
                                          HPLC (High performance liquid
                                          chromatography) für totales Cortisol

                                          Resultate:
                                          Sig. Hypokortisolismus bei PTBS,
                                          wenn für Depressivität kontrolliert wird.
                                          Positive Korrelation zw. Depressivität
                                          und Cortisol, wenn für PTBS kontrolliert
                                          wird (r=.36, p=.019)

  von Känel et al, J Affect Disord 2010
Interleukin-6 bei post-MI Patienten
                                          Sample:
                                          15 post-MI Patienten mit PTBS und
                                          29 post-MI Patienten ohne PTBS
                                          Methode:
                                          CAPS Interview
                                          Hospital Anxiety and Depression Scale
                                          Hochsensitives IL-6 bestimmt mittels
                                          Durchflusszytometrie (multi beads)

                                          Resultate:
                                          Sig. höhere IL-6 Spiegel bei PTBS
                                          (Kontrolliert für Depressivität und Rauchen)

           von Känel et al, Neuroimmunomodulation 2010
   Psychotherapie
    (Allgemein bei PTBS)
    - Beratungsgespräche (Edukation)
    - kognitive Verhaltenstherapie (KVT)
    - interpersonelle Psychotherapie (IPT)
    - Trauma-fokussierte Therapien           Yehuda, N Engl J Med 2002

   Psychopharmakologie
    (nach Herzinfarkt)
    - Sertralin 50-200 mg/d für 24 Wochen     Glassman et al, JAMA 2002

    - Citalopram 20-40 mg/d für 12 Wochen     Lesperance et al, JAMA 2007
Traumatherapie nach Herzinfarkt
   PTBS Screening bei 65 Patienten 6-9 Monate nach Infarkt;
    14 (22%) hatten eine PTBS gemäss cut-off auf der IES

   6 Patienten willigten in trauma-fokussierte KVT + Edukation ein;
    8 Patienten erhielten nur Edukation (d.h. willigten nicht in KVT ein)

   4-5 Sitzungen manualisierte KVT:
    Prinzipien der Traumatherapie n. Foa: Abbreviated relaxation /
    exposure / cognitive-reprocessing approach

   Outcome nach 6 Monaten: PTSD Symptome, kardiovaskuläre
    Risikofaktoren, Compliance für Medikamenteneinnahme

                         Cotter et al, Psychosomatics 2006
Resultate “sprechen” für trauma-fokussierte KVT

     KVT + Edukation vs. alleinige Edukation
      ↓ Posttraumatischer Stress (PDS)
      ↓ Hoher Blutdruck (%)
      ↓ Rauchen (%)
      ↓ LDL-Cholesterinspiegel

     ↑ Aspirinadhärenz in beiden Gruppen

                 Cotter et al, Psychosomatics 2006
«Psychokardiologische» Behandlung von posttraumatischem
Stress – wann indiziert?

    Schweregrad der PTBS Symptomatik
    Ausmass der Einschränkungen im Alltag
    Psychiatrische und psychosoziale Komorbidität
    Verfügbarkeit eines “Psychokardiologen” im
     kardiologischen Setting (kardiale Rehabilitation)
         Braucht therapeutische Fertigkeiten und Erfahrung mit
         den spezifischen psychologischen Bedürfnissen
         traumatisierter Herzpatienten

    Cave: Vermeidung von Retraumatisierungen!
Notfallpsychologie: Frühintervention nach
Herzinfarkt zur Vermeidung einer PTBS?
   Dramatik vermeiden (Spitaleinweisung, Aussagen von
    Medizinalpersonen)
   Sicheren Ort vermitteln, weiteren Stress und Ängste
    reduzieren, körperliche Bedürfnisse berücksichtigen
    (Schmerz!), informieren, soziale Unterstützung rekrutieren.
   Betonen der Rückkehr zur Normalität: Patient zeigt eine
    normale psychologische Reaktion auf eine abnorme Situation.
   Kein erzwungenes psychologisches Debriefing des
    traumatisierten Herzpatienten

   Pharmakotherapie: Betablocker, Cortisol, Opioide sind alle
    experimentell; Benzodiazepine vermeiden

          Zohar et al, CNS Spectr 2009; Rose et al, Cochrane Database Syst Rev 2002
Acknowledgements
                                  The MI-SPRINT study is funded by the Swiss National Science
                                  Foundation (project number 140960, principal investigator: RvK).
Trial registration                Additional financial support comes from the Teaching and
ClinicalTrials.gov: NCT01781247   Research Directorate, Bern University Hospital, Switzerland.
Zusammenfassung Studienprotokoll (SNF Website)
Aim of the study: The overarching aim of the planned randomized controlled trial is to test
whether a single counseling session of 45 minutes delivered at bedside within 48 hours
after myocardial infarction in patients at a high risk to develop PTSD reduces the
development of posttraumatic stress.

Study design: High-risk patients are defined as those scoring on a numeric rating scale
(range 0-10) with at least 5 for chest pain plus at least 5 for fear of dying and/or
helplessness. All counseling sessions will take place on the coronary care unit of a
university hospital. The verum intervention targets traumatic reactions triggered by acute
myocardial infarction, whereas the control intervention targets the broader role of
psychological stress in cardiovascular disease. A complementary information booklet about
stress and how to deal with stress also will be handed out to all patients. The project will run
for a period of 36 months, whereby 426 patients aged 18 and older will be enrolled.

Study hyotheses: Our primary hypothesis is that interviewer-rated posttraumatic stress
levels at the 3-month follow-up (primary outcome) will be significantly lower in the
intervention group than in the control group, and that this effect will last up to 12 months
after the intervention. Our secondary hypothesis is that the intervention group will show
better psychosocial functioning, and a more favourable cardiometabolic biomarker profile
(i.e. metabolic factors, biomarkers of endothelial dysfunction, inflammation and coagulation)
(all secondary outcomes) than the control group.
Erste Resultate von 50 Patienten bei Eintritt, wovon 30
mit 3-Monats Follow-up (CAPS Interview)
    Patienten, die mit der Ambulanz eingewiesen werden, zeigen
     eine erhöhte Leukozytenzahl («Stress-Leukozytose»)
    Depressive Symptome positiv assoziiert mit VWF:Ag Spiegeln
    Verminderte HRV assoziiert mit höheren Glukose- und
     Triglyzeridspiegeln

    Erhöhte D-dimer Werte bei Eintritt assoziiert mit höheren CAPS
     scores.
    Mehr psychologischer Distress bei Eintritt assoziiert mit höheren
     CAPS scores.
    Mehr wahrgenommene soziale Unterstützung bei Eintritt
     assoziiert mit tieferen CAPS scores.

Abstracts accepted for the 72nd Annual Scientific Meeting of the American Psychosomatic Society,
San Francisco CA, March 12-15, 2014 / First authors: PhD students Rebecca Meister & Mary Princip
Die durch Herzinfarkt getriggerte PTBS:

   ist klinisch von Bedeutung
    → in ca. 10-15% d. F. findet sich eine PTBS; Screening im
    klinischen Kontext scheint angebracht
   steht überwiegend mit dem subjektiven Erleben des
    Infarkts im Zusammenhang
    → objektive kardiale Parameter bisher ohne prädiktiven Wert
   hat womöglich eine prognostische Bedeutung
    → verminderte Compliance, Life Style, Psychobiologie
   bedarf therapeutischer (präventiver?) Interventionen
    → störungsspezifische Traumatherapie und/oder SSRI?

    von Känel R & Gander ML. Posttraumatic Stress Disorder: Emerging Risk Factor and
          Mechanisms. In: Paul Hjemdahl, Annika Rosengren, Andrew Steptoe (Eds.):
               Stress and Cardiovascular Disease. Springer: London, U.K., 2012
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