Parvovirus B19 Stellungnahmen des Arbeitskreises Blut des Bundesministeriums für Gesundheit

 
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Bekanntmachung

    Bundesgesundheitsbl 2010 · 53:944–956            Mitteilungen des Arbeitskreises Blut des Bundesministeriums für Gesundheit
    DOI 10.1007/s00103-010-1109-9
    © Sprin­ger-Ver­lag 2010

                                                     Parvovirus B19
                                                     Stellungnahmen des Arbeitskreises Blut
                                                     des Bundesministeriums für Gesundheit

    D    er Arbeitskreis Blut des Bundes­
    ministeriums für Gesundheit und Soziale
                                                     48, 1082–1090, 2005), Influenzaviren
                                                     (Bundesgesundheitsbl. 50, 1184–
                                                                                                   können. Autonome Parvoviren sind bei
                                                                                                   Wirbeltieren weit verbreitet. Parvoviren,
    Sicherung gibt als nationales Beratungs­         1191, 2007), Arbobakterien (über              die sich nur in erythroiden Zellen
    gremium Stellungnahmen zu neuartigen             Arthropoden übertragbare Bakterien)           (Knochenmark) vermehren, werden dem
    Erregern ab, bewertet neue Erkenntnisse          (Bundesgesundheitsbl. 50, 1192–1207,          Genus Erythrovirus zugeordnet. Hierzu
    zu bekannten Erregern und erarbeitet             2007), Hepatitis-E-Virus (Bundes-             gehören das humane Parvovirus B19 und
    entsprechende Empfehlungen für die               gesundheitsbl. 1, 90–97, 2008), Malaria       Parvoviren von Primaten [3, 4, 5].
    Fachöffentlichkeit. Diese Serie von              (Bundesgesundheitsbl. 2, 236–249, 2008),          Vom Parvovirus B19 werden drei
    Stellungnahmen zu einzelnen Erregern             Arboprotozoen (Bundesgesundheitsbl. 2,        verschiedene Genotypen unterschieden
    wurde als Zusammenfassung des                    123–146, 2009), Humanes Cytomegalievirus      [6]. In letzter Zeit wurden beim
    aktuellen Wissensstandes veröffentlicht,         (HCMV) (Bundesgesundheitsbl. im               Menschen weitere Parvoviren (PARV)
    speziell unter transfusionsmedizinisch           Druck) und Orthopockenviren: Infektionen      identifiziert [7, 8], die sich jedoch vom
    relevanten Aspekten (Bundesgesundhbl.,           des Menschen (Bundesgesundheitsbl. im         Parvovirus B19 molekularbiologisch
    41, 53, 1998).                                   Druck)                                        deutlich unterscheiden. So ist die
        Frühere Beiträge befassten sich                                                            Aminosäurensequenz von PARV4 in
    mit der Creutzfeldt-Jakob-Erkrankung,            1. Wissensstand über den Erreger              weniger als 30 % der Positionen überein-
    dem Parvovirus B19 und dem GB-                                                                 stimmend zu anderen Parvoviren, weshalb
    Virus Typ C (Hepatitis-G-Virus),                 1.1 Erregereigenschaften                      PARV4 zu einer eigenen Virusgattung
    (Bundesgesundheitsbl., 41, 78–90, 1998),                                                       (Genus) zugeordnet wird. Das kürzlich
    HTLV‑I/‑II, (Bundesgesundheitsbl.,               Das humane Parvovirus B19 (B19V) wurde        identifizierte PARV5 unterscheidet sich
    41, 512, 1998), Yersinia enterocoli­tica,        1975 durch Zufall in einem Serum mit          nur in 8–9 % der Nukleotid-Positionen
    (Bundesgesundheitsbl., 42, 613, 1999),           hämagglutinierender Aktivität (Serum          von PARV4 und wird deshalb mit
    TT-Virus (Bundesgesundheitsbl., 43,              Nr. 19 in der Reihe B) bei der Testung        diesem einer gemeinsamen Virusspezies
    154–156, 2000), Hepatitis B Virus (HBV           von Seren entdeckt [1]. Jahre später          zugeordnet. Des Weiteren wurde das
    (Bundesgesundheitsbl., 43, 240–248, 2000).       wurde dieses Virus im Blut von Patienten      humane Bocavirus identifiziert [9],
    Humanes Cytomegalovirus (HCMV),                  mit grippalen Symptomen oder mit              welches sich jedoch klar von den oben
    (Bundesgesundheitsbl., 43, 653–659, 2000),       aplastischen Krisen nachgewiesen. 1983        genannten Parvoviren unterscheidet und
    Hepatitis A Virus (Bundesgesundheitsbl.,         gelang der Nachweis, dass dieses Virus        vornehmlich mit respiratorischen Infekten
    44, 844–850, 2001), Treponema                    die Ringelröteln (Erythema infectiosum)       in Zusammenhang gebracht wird.
    pallidum (Bundesgesundheitsbl. 45,               bei Kindern hervorruft [2].                       Parvoviren sind nicht-umhüllte, iso-
    818–826, 2002), Hepatitis-C-Virus                   Das Parvovirus B19 gehört zur Familie      metrische Viren mit einem Durchmesser
    (Bundesgesundheitsbl. 46, 712–722,               Parvoviridae, Subfamilie Parvovirinae. Die    von 18–26 nm. Die Partikel sind aus 60
    2003), Humanes Immunschwächevirus                Subfamilie der Parvovirinae wird aufgrund     Kopien des Kapsidproteins aufgebaut und
    (HIV) (Bundesgesundheitsbl. 47,                  ihrer biologischen Eigenschaften in drei      enthalten einsträngige DNA positiver oder
    83–95, 2004), Arboviren – durch                  Genera unterteilt: Parvovirus, Erythrovirus   negativer Polarität. Das B19V-Genom hat
    Ar thropoden über tragbare Viren                 und Dependovirus. Dependoviren                eine Länge von 5.596 Nukleotiden (nt).
    (Bundesgesundheitsbl. 47, 910–918,               benötigen für ihre Vermehrung so-             Die kodierende Sequenz von 4.830 nt
    2004), Coxiella burnetii – Erreger des Q-        genannte Helferviren (Adenoviren,             ist rechts und links von terminalen
    (query) Fiebers (Bundesgesundheitsbl.            Herpesviren), während die autonomen           repetitiven Sequenzen mit einer Länge von
    48, 814–821, 2005), Variante Creutzfeldt-        Parvoviren (Genera Parvovirus und             je 383 nt eingegrenzt. Davon besitzen 365
    Jakob-Krankheit (Bundesgesundheitsbl.            Erythrovirus) sich selbständig vermehren      Nukleotide die Sequenz eines Palindroms,

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was zur Bildung einer haarnadelartigen          Nicht-Struktur-Proteine (NS1)                  Zelltropismus des B19V nur zum Teil
Doppelstrang-Struktur an beiden Enden           Zwischen den NS1-Proteinen ver-                wieder. Das P-Antigen findet man auf
des Genoms („terminal hairpins“) führt.         schiedener Parvoviren besteht eine             Erythroblasten und Megakaryozyten
Beim Parvovirus B19 sind DNA-Stränge            hohe Homologie; konservierte Bereiche          sowie auf Endothelzellen und fetalen
mit positiver sowie negativer Polarität in      zeigen eine signifikante Homologie             Myokardzellen. Jedoch sind nicht alle
den Virionen gleich häufig verteilt.            zum T-Antigen von Polyomaviren und             Zellen, welche das P-Antigen exprimieren,
                                                zum E1-Protein von Papillomviren. In           permissiv für die Virusproduk­tion, da die
Replikation                                     B19V-infizierten Zellen ist NS1 im Kern        Expression der viralen Transkripte in
Während der Vermehrung werden                   lokalisiert und an der Regulation der          nicht-erythroiden Zellen geblockt sein
mindestens neun sich überlappende               Genexpression sowie an der Parvovirus-         kann [15]. Möglicherweise ist auch ein
mRNA-Transkripte gebildet, die alle             DNA-Synthese beteiligt. Über die               weiterer Rezeptor für die Einschleusung
an einem Promoter (p6) initiieren [10].         biologische Funktion der 7,5 kDa- und 11       des Virus in die Zelle notwendig [16, 17].
Es gibt zwei Gruppen von gespleisten            kDa-Proteine ist bisher nichts bekannt.
mRNAs, die für die Virusstrukturproteine        Das Gen für das 11 kDa-Protein ist für die     In-vitro-Vermehrung
VP1 und VP2 sowie die beiden Proteine           Vermehrung in Zellkultur essentiell [13].      Parvovirus B19 vermehrt sich in
mit 11 kDa und 7,5 kDa kodieren, jedoch                                                        Vorläuferzellen der roten Blutzellen. Die
nur eine ungespleiste mRNA-Spezies,             Wirtsbereich                                   Vermehrung wurde in primären Kulturen
die für das „Nicht-Strukturprotein“ NS1         Parvovirus B19 ist ein humanpathogenes         von menschlichen Knochenmarkszellen,
mit einem Molekulargewicht von 77 kDa           Virus; andere Wirte als der Mensch sind        fetalen Leberzellen, Nabelschnurzellen
kodiert.                                        nicht bekannt.                                 und peripheren Blutzellen nachgewiesen.
                                                                                               Erythropoetin im Medium ist wichtig, um
Strukturproteine                                Wirtszellbereich                               die erythroide Differenzierung der Zellen
Die beiden Strukturproteine VP1 und             Parvovirus B19 hat einen engen                 zu unterstützen. Des Weiteren wurde eine
VP2 (Kapsidproteine) werden von der 3‘-         Wirtszellbereich mit einem ausgeprägten        begrenzte Virusreplikation auch in wenigen
terminalen Hälfte des Genoms kodiert.           Tropismus zu sich teilenden humanen            permanenten erythroiden leukämischen
Das Hauptstrukturprotein VP2 (58 kDa)           erythroiden Zellen. Das Virus vermehrt         Zelllinien (JK-1 und KU812Ep6) oder
unterscheidet sich von VP1 (84 kDa)             sich im Knochenmark, vor allem in den          in einer megakaryoblastoiden Zelllinie
durch eine Verkürzung des Leserahmens           sogenannten BFU-E (erythroid burst             (UT7/Epo, UT7-EpoS1) beschrieben.
um 226 Aminosäuren. Wie bei allen               forming units) und CFU-E (erythroid               B19V vermehrt sich unter Ausbildung
Parvoviren besteht die Oberfläche von           colony forming units) der erythroiden          eines zytopathischen Effekts. Im
B19V aus 60 Kopien des Kapsidproteins.          Vorläuferzellen.                               Knochenmark werden sogenannte
Viruspräparationen enthalten 95–96 %               Der zelluläre Rezeptor ist das              „Riesen-Pronormoblasten“ (giant
VP2 und 4–5 % VP1. Die Struktur leerer          Blutgruppe-P-Antigen (Globosid,                pronormoblasts) beobachtet, die etwa
rekombinanter Viruspartikel wurde               Tetrahexoseceramid). Personen mit dem          fünfmal so groß wie Lymphozyten
detailliert mittels Röntgenstrukturanalyse      seltenen p-Phänotyp gelten als resistent       sind. Infizierte Zellen enthalten große
beschrieben [11] und infektiöse Partikel        gegenüber B19V-Virusinfektionen [14].          Zellkerne, bei denen das Chromatin in den
wurden mittels Kryoelektronenmikrosko           Die Anwesenheit von P-Antigen in               Randbereich verdrängt ist. Ein ähnlicher
pie charakterisiert [12].                       verschiedenen Geweben spiegelt den             zytopathischer Effekt wird auch in

   Abb. 1 7 Infizierte KU812EP6-
            Zelle (Blümel, Boller)

                                         2 µm                                                250 nm

                                                             Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz 9 · 2010   | 945
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    Zellkulturen beobachtet. Die Viruspartikel           ein Individuum während seines Lebens         mie, Retikulozytopenie, Aplasie der
    akkumulieren in parakristallinen Feldern             infiziert wurde [21].                        roten Blutzellen; es können Knochen-
    im Zellkern (. Abb. 1).                                  Eine Vielzahl klinischer Erkrankungen    marksnekrosen auftreten und der
                                                         ist B19-Virus-bedingt (. Übersicht 1).       Verlauf kann letal sein; Transfusion ist
    1.2 Infektion und Infektions­                        Allgemein kann mit einem etwas               ­eine adäquate Therapie. Die Krank-heit
    krankheit                                            schwereren Krankheitsverlauf gerechnet        ist selbstlimitierend, und die Immun-
                                                         werden, wenn die B19V-Infektion im            antwort schützt vor Rekurrenzen und
    Experimentelle Infektionen von                       höheren Lebensalter erfolgt. Die drei         Neuinfektion. In Einzelfällen wird eine
    Freiwilligen haben Erkenntnisse zu                   Genotypen von B19V scheinen sich              TAC auch bei immunkompetenten
    virologischen, immunologischen,                      im Hinblick auf die hervorgerufenen           Personen beobachtet [22, 23].
    hämatologischen und klinischen                       Krankheitsbilder nicht zu unterscheiden.
    Befunden ergeben [18].                                                                            Hydrops fetalis und kongenitale
       Die Mehrzahl der B19-Virus-                       Erythema infectiosum                         Infektionen
    infektionen verläuft klinisch asymp-                 ­(Ringelröteln, Morbus quintus,              Parvovirus B19-lnfektionen bei nicht-
    tomatisch. Das Auftreten von B19V-                    engl. Fifth Disease)                        immunen schwangeren Frauen können
    spezifischen IgG-Antikörpern weist auf               Das Krankheitsbild (fleckiger maku-          zur Übertragung des Virus auf den
    eine durchgemachte B19-Virusinfektion                lopapulöser Ausschlag, an den Wangen         Fetus führen [24, 25]. Das Risiko einer
    hin. Der Nachweis von spezifischem IgM               beginnend und sich hauptsächlich             Fruchtschädigung ist im ersten und
    oder Virus-DNA durch Hybridisierung                  auf exponierte Teile der Extremitäten        zweiten Trimenon am höchsten. Es wird
    zeigt eine bestehende oder kürzlich                  ausbreitend) (Differentialdiagnose: Röteln   über Hydrops fetalis (etwa 20 %), Fruchttod
    abgelaufene Infektion an. Mit der                    und Enterovirusinfektionen) wird durch       (9 %) bzw. Spontanaborte (5 %) berichtet
    Polymerase-Kettenreaktion (PCR) oder                 Antigen-Antikörperkomplexbildung             [26, 27]. Am besten sind die Infektionen
    anderen Nukleinsäure-Amplifikations-                 und Ablagerung in Haut und Gelenken          im mittleren Trimenon untersucht.
    Techniken (NAT) kann teilweise über                  hervorgerufen. Bei Kindern beobachtet        Beim Fetus sind im Wesentlichen die
    Monate zirkulierende B19V-DNA                        man meist leichtes Fieber und                Leber (Erythrozytenproduktion) und
    nachgewiesen werden, zum Beispiel                    Unwohlsein. Im Erwachsenenalter sind         teilweise das Herz (fetale Myokardzellen
    vier Monate [19]. Interpretationen von               rheumatische Komplikationen häufig           exprimieren das P-Antigen) befallen.
    positiven PCR-Befunden und Schlüsse auf              (Entzündungen der Gelenke vergleichbar       Es kommt bereits im Fetus zur Bildung
    Krankheitsbilder sind daher schwierig.               der rheumatischen Arthritis).                von spezifischen Antikörpern [28].
    Bei Patienten mit persistierender B19V-                                                           Unbehandelte Anämien und Schädigung
    Infektion werden häufig Antikörper                   Transiente aplastische Krise (engl.          des Herzens können zu massiven
    gegen NS1 gefunden [20]. In bestimmten               transient aplastic crisis, TAC)              Ödemen des Fetus und Fruchttod
    Geweben (Haut, Leber) kann B19V-                     Die Erkrankung tritt bei Patienten           in utero oder kurz nach der Geburt
    DNA mit sensitiven PCR-Techniken                     mit ­ einer hämolytischen Anämie,            führen. Eine Therapie ist durch in-
    sogar lebenslang nachgewiesen werden.                verkürzter Erythrozytenüberlebensze          utero-Transfusion möglich, wobei bei
    Dies bedeutet, dass die nachgewiesenen               it, vererbbarer Sphärozytose und bei         behandelten Neugeborenen das Virus
    DNA-Sequenzen ein sogenanntes                        erhöhter Erythrozytenproduktion auf          weiterhin im Knochenmark, nicht aber
    „Bioportfolio“ darstellen, welches DNA               (Eisenmangel, akute Hämorrhagien).           in der Zirkulation nachweisbar war. Auch
    von allen Parvoviren anzeigt, mit denen              TAC manifestiert sich durch Anä-             mit Injektionen von Gammaglobulin
                                                                                                      wurden bei der Behandlung des Hydrops
                                                                                                      fetalis Erfolge erzielt [29].
        Übersicht 1                                                                                       Kongenitale Infektionen können zu
                                                                                                      persistierenden Infektionen führen.
        Krankheitsbilder
        F Erythema infectiosum (Ringelröteln, Morbus quintus, engl. Fifth
                                                                    ��������������
                                                                          Disease)                    Chronische Anämie
                                                                                                      Bei Patienten mit Beeinträchtigung
        F Arthritis, Arthralgie bei 8 % der infizierten Kinder, 80 % bei Erwachsenen)
                                                                                                      des Immunsystems kann es zu einer
        F Aplastische Krise bei Patienten mit chronisch hämolytischen Erkrankungen                    dauerhaften Vermehrung des Virus im
        F Chronische Anämie (bei immunsupprimierten Patienten und Patienten mit Leukämien)            Knochenmark kommen. Dies führt
                                                                                                      zu einer chronischen Anämie (pure
        F Myokarditis
                                                                                                      red cell aplasia, PRCA). Betroffen
        F Vaskulitis                                                                                  sind Patienten mit kongenitalen oder
        F Glomerulonephritis                                                                          erworbenen Immundefekten (HIV-
        F Fetale Anämie, Hydrops fetalis                                                              Infektion), Patienten mit lymphatischen
                                                                                                      Systemerkrankungen unter bzw.
        F Kongenitale Anämie                                                                          nach Chemotherapie sowie Patienten

946 |   Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz 9 · 2010
unter iatrogener Immunsuppression                  Fast alle derzeit charakterisierten          der Hämagglutination interferieren. Der
(zum B eispiel nach Hochdosis-                 Virusproben werden dem Genotyp 1                 Hämagglutinationstest ist daher prinzipiell
Chemotherapie, Blutstammzelltransp             zugeordnet. Genotyp 2 wird sporadisch            nur zur Erkennung hochvirämischer
lantationen, Organtransplantationen            in Europa, den USA und Südamerika                Proben aus der Antikörper-negativen
oder bei Behandlung von Auto-                  gefunden [33, 34, 35, 36, 37, 38]. Eine Studie   Fensterphase geeignet.
immunerkrankungen). Neben einer                an Hautbiopsien zeigte, dass Genotyp 2 in
Unterbrechung der immunsuppressiven            Finnland bis zu den 1940er Jahren weit           Viruspartikel-Nachweis
und/oder zytostatischen Behandlung             verbreitet war. Über 40 % der B19V-DNA-          Die Identifizierung von Parvoviren im
gilt die intravenöse Gabe von Immun-           positiven Proben enthielten Genotyp 2.           Elektronenmikroskop ist wegen der
globulinen, die in der Regel neutra­           Dagegen wird dieser Genotyp in Biopsien          geringen Partikelgröße schwierig. Es
lisierende Antikörper enthalten, als           aus jüngeren Patienten nur noch ganz             werden nur hochvirämische Proben
Therapie der Wahl. Sehr selten kann eine       selten gefunden [21].                            detektiert. In solchen Fällen ist die
PRCA auch bei Immunkompetenten                     Genotyp 3 scheint vor allem in der           Identifizierung mittels Immunelektrone
auftreten. Grundsätzlich sollte bei jeder      nord- bzw. westafrikanischen Region              nmikroskopie prinzipiell möglich, aber
ungeklärten chronischen Anämie das             verbreitet zu sein [39], wurde aber auch in      schwierig.
Parvovirus B19 bei der Diagnostik in           Proben aus Frankreich identifiziert [6].
Betracht gezogen werden.                                                                        Genom-Nachweis
                                               1.4 Nachweismethoden und                         Der Dot-Blot eignet sich zum Nachweis
Weitere Krankheitsbilder                       ­Aussagekraft                                    von B19V-DNA in der virämischen
Im Verlauf von B19V-Infektionen kann                                                            Phase. Die PCR erlaubt einen sensitiven
es selten zu Formen von Vaskulitis,            Antikörper-Nachweis                              Nachweis von B19V-DNA. Zudem
Glomerulonephritis oder Myokarditis            Kommerzielle Tests zum Nachweis von              wurden quantitative PCR-Methoden
(zum Beispiel Pankuweit et al. [30])           IgG- oder IgM-Antikörpern im Serum               etabliert, die eine genaue Bestimmung
kommen. Hier ist die pathogenetische           gegen B19V werden als ELISA oder                 der B19V-DNA-Konzentration erlauben.
Rolle des B19V immer noch nicht klar.          Immunfluoreszenztests von verschiedenen          Bei der Etablierung des internationalen
Es ist fraglich, ob es in den betreffenden     Firmen angeboten. Überwiegend werden             WHO-Standards für B19V-DNA be-
Geweben (Endothel, Myokard) über-              rekombinante Antigene (VP2 und VP1               stimmten die teilnehmenden Labors
haupt zu einer produktiven Virus-              aus Baculovirus oder E. coli-System) in          ein Verhältnis zwischen Internationalen
vermehrung kommt oder ob sekundäre             den Tests eingesetzt. Für die Bestätigung        Einheiten (IU) und Genomäquivalenten
Mechanismen (zum Beispiel Antigen/             positiver Befunde stehen Immunoblot-             (geq) von 1:0,6 bis 1:0,8 [42]. Hochtitrige
Antikörperkomplexe) eine Rolle spielen.        Tests zur Verfügung, die ebenfalls mit           Proben (ab 10 6 IU/mL) weisen auf
Des Weiteren wurden auch schwer                rekombinanten Antigenen ausgerüstet              ein akutes Infektionsgeschehen hin,
verlaufende Fälle von Enzephalitis und         sind.                                            während niedrigtitrige Proben (bis
akutem Herzversagen in Assoziation mit            Die Anwesenheit von IgG-Antikörpern           104 IU/mL) in der späteren Phase von
einer akuten B19V-Infektion beschrieben,       weist auf eine überstandene Infektion            akuten Infektionen oder bei chronischen
ohne dass die ätiologische Rolle des Virus     und Immunität hin. IgM-Antikörper                Infektionen gefunden werden. Im Serum
bekannt ist.                                   zeigen eine bestehende oder kürzlich             bzw. im Plasma kann B19V-DNA für 6
                                               überstandene Infektion an.                       Monate bis mehrere Jahre nach einer
1.3 Epidemiologie                                                                               akuten Infektion nachweisbar sein, in
                                               Antigen-Nachweis                                 bestimmten Geweben (zum Beispiel Haut,
Parvovirus B19 ist weltweit verbreitet. Nach   Monoklonale Antikörper sind für                  Leber) sogar lebenslang.
einer neuen Studie haben in Deutschland        Forschungszwecke kommerziell erhältlich
10–20 % der Kinder unter drei Jahren           und können zum Nachweis von Virus                2. Blut und Plasmaspender
eine Infektion durchgemacht, 10–19             und von infizierten Geweben eingesetzt
Jahre alte Personen zeigten in 66 % und        werden.                                          2.1 Prävalenz und Inzidenz bei
über 65-Jährige in 75 % Antikörper gegen          B19-Viruspartikel haben hämagglu-             Spenderkollektiven
B19V [31, 32]. B19V-Infektionen werden         tinierende Eigenschaften. Es wurden
in Regionen mit gemäßigtem Klima               passive Hämagglutinationstests zum               Grundsätzlich entsprechen Prävalenz
(Europa) hauptsächlich im Spätwinter           Antigennachweis entwickelt und zur               und Inzidenz der B19V-Infektion
bis Frühsommer beobachtet. Epidemien           Erkennung hoch-virämischer Spender               bei Blutspendern denen der Allge-
treten mit einer Periodizität von etwa vier    in Blutbanken angewandt [40, 41].                meinbevölkerung. Personen über 20
bis fünf Jahren auf.                           Der Hämagglutinationstest zeigt nur              Jahre zeigen in 40–60 %, über 70-Jährige
   Das Virus wird hauptsächlich über           hochvirämische Proben an (ab ca. 108–109         in mehr als 85 % Antikörper gegen B19V.
den Speichel beziehungsweise über              Genomäquivalente/mL), außerdem wird              Untersuchungen bei Blutspendern
Tröpfcheninfektion übertragen.                 er negativ, sobald im Patienten Antikörper       weisen im Durchschnitt eine 60 %ige
                                               gebildet werden, da die Antikörper mit           Durchseuchung nach. Die Prävalenz in

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Bekanntmachung

    Europa ist leicht unterschiedlich. In den        verschiedene PCR-Methoden) oft unter-        sowie in Empfehlungen des Europarates
    skandinavischen Ländern (Finnland) wird          scheidet und saisonal sowie örtlich          sowie der WHO zu Blut und
    eine etwas höhere Prävalenz als in anderen       begrenzte Ausbrüche das Ergebnis             Blutzubereitungen nicht vorgeschrieben.
    europäischen Ländern beobachtet [43].            beeinflussen können. Bei Testung von         Plasmaspenden, die zur Produktion von
       Da bei den 18- bis 30-jährigen                Blutspendern auf B19V-DNA mit der PCR        gepooltem virusinaktiviertem Plasma
    Blutspendern eine Durchseuchung von              in Schottland war in der saisonalen Phase    oder zur Herstellung von anti-D-
    nur 40–60 % vorliegt, besteht immer ein          der B19V-Infektion in einem von ca. 300      Immunglobulinpräparaten vorgesehen
    Risiko, dass Blutspender zum Zeitpunkt           Blutspendern B19V-DNA nachgewiesen           sind, werden auf den B19V-DNA-Gehalt
    der Spende eine Primärinfektion                  worden; Yoto und Mitarbeiter [48]            vorgetestet, um eine Überschreitung des
    durchmachen. Ausgehend von den                   berichteten von einer Häufigkeit von         im Europäischen Arzneibuch geforderten
    dokumentierten Infektionsraten bei B19V-         1:167 Spenden. Außerhalb dieser Zeit         Grenzwertes von als 104 IU B19V-DNA
    negativen Frauen bzw. bei Schwangeren,           sollte mit einer Häufigkeit von 1:10.000     per mL zu vermeiden.
    kann man schätzen, dass bis zu 0,5–1 %           bis 1:50.000 gerechnet werden [49, 50,          Mit Testung auf IgG-Antikörper kann
    der Blutspender im Jahr neu infiziert            51]. Bei der Fa. CSL-Behring wurden          der Anteil der immunen Spender erfasst
    werden [44].                                     in den letzten 7 Jahren (Beginn 2000)        werden. Ein Ausschluss von Spendern mit
       Bei der Primärinfektion kommt es zu           ca. 31 Mio. Spenden (vornehmlich aus         IgG-Antikörpern von der Spende ist nicht
    einer kurzen hochvirämischen Phase (bis          den USA und Deutschland) untersucht          wünschenswert, da solche Spenden mit
    1013 Viruspartikel/mL). Mit Einsetzen            und eine Häufigkeit von 1:6.200 B19V-        hoher Wahrscheinlichkeit kein infektiöses
    der humoralen Immunantwort fällt der             DNA (≥2x106 geq/mL) in den Spenden           B19V übertragen (s. 3.2) und die Antikörper
    Virustiter im Blut rasch auf weniger             identifiziert (Gröner, unpubliziert).        in den Spenden ein wichtiger Bestandteil
    als 106 geq/mL ab. Niedrige Virustiter              Der Anteil der varianten Genotypen 2      von Immunglobulinprodukten sind.
    werden in den folgenden Monaten                  und 3 im Spenderkollektiv scheint derzeit    Theoretisch könnte ein Antikörpertest
    (bis zu 12 Monate) beobachtet. In einer          sehr gering. In einer kürzlichen Studie      bei in Quarantäne gelagerten Spenden zur
    Studie an japanischen Blutspendern               wurde in Proben aus den Jahren 2005 bis      Aufdeckung von virämischen Spenden
    wurden niedrigvirämische Titer bis 3             2007 nur in einer von 232 hochvirämischen    eingesetzt werden. In der Praxis hat sich
    Jahre nach Infektion beobachtet [45].            Plasmaspenden Genotyp 2 identifiziert        jedoch zum B19V-Nachweis die Testung mit
    Es ist fraglich, ob niedrigvirämische            [52]. Die Prävalenz von Genotyp 3            Nukleinsäure­nachweissystemen (NAT)
    Spenden, welche bereits virusspezifische         scheint gegenwärtig in der europäischen      gegenüber dem Hämagglutinationstest
    Antikörper enthalten, infek­tiös sind. In        Bevölkerung ebenfalls gering, allerdings     durchgesetzt.
    einer kürzlich erschienenen Studie [46]          muss beachtet werden, dass die derzeit          Die Suche nach virämischen
    fielen die DNA-Spiegel innerhalb der             kommerziell verfügbaren NAT-Systeme          Spenden erfolgt üblicherweise durch
    ersten drei Monate unter 103 geq/mL ab,          Genotyp 3 nicht sicher und Genotyp 2         den Nachweis des Virusgenoms (zum
    persistierten jedoch für einen Zeitraum          auch nur teilweise detektieren. Genotyp 3    Beispiel durch NAT). Wegen den fallweise
    von mindestens sechs Monaten. In dieser          wurde in einer Plasmaspende in den USA       extrem hohen DNA-Konzentrationen
    Studie mit Spenden aus Deutschland und           identifiziert.                               in der Einzelspende sind effektive
    Österreich aus den Jahren 2004 bis 2006             DNA von den anderen humanen               Maßnahmen zur Ver-meidung von
    lag der mittlere Anteil der hochtitrigen         Parvoviren PARV4 wird häufig in              Kreuzkontaminationen wichtig. Im
    Spenden (>10 5 geq/mL) bei 12,7 pro              Plasmapools gefunden (14 % der getesteten    Falle eines positiv getesteten Minipools
    100.000 Spenden und der Anteil der               Pools), im Gegensatz zu Bocaviren, deren     kann dann durch weitere Testung
    Spenden mit
welche gleichzeitig B19V-spezifische         3. Empfänger                                  Komplikationen durch B19V nach der
Antikörper enthalten, fraglich ist.                                                        Verabreichung von niedrigvirämischen
Wahrscheinlich liegen bei diesen             3.1 Prävalenz und Inzidenz                    Blutkomponenten beobachtet [62].
anti-B19V-haltigen Blutspenden die           von blutassoziierten Infektionen                  Übertragungen durch gepooltes
Viruspartikel als neutralisierte Antigen-    und Infektions­krankheiten bei                Plasma, welches nach dem Solvenz-
Antikörperkomplexe vor.                      Empfängerkollektiven                          Detergenz-Verfahren hergestellt wurde
   Der Hämagglutinationstest wurde in                                                      (SD-Plasma), wurden beschrieben [63,
Blutbanken in Japan und Deutschland          Betrachtet man die hohe Frequenz              64, 65]. Zwar enthält gepooltes Plasma
erprobt [40, 41, 56]. Prinzipiell eignet     d e s B 19 V- DNA- Na chwe is e s b e i       allgemein relativ konstante B19V-
er sich zur Detektion hochvirämischer        Blutspendern (s. 2.1) sowie den Anteil        spezifische Antikörperspiegel von ca.
Spenden, seine Sensitivität ist jedoch       noch nicht infizierter Personen in            40 IU B19V-Antikörper per mL [66],
auf hohe Konzentrationen von                 der Empfängerpopulation, müssten              jedoch reichen diese Spiegel nicht aus,
≥108 Genomäquivalente/mL begrenzt.           Infektionen durch zelluläre Blutprodukte      um hochtitrige Viruskontaminationen
Bereits geringe Mengen von Antikörpern       oder Plasma (FFP) relativ oft auftreten.      vollständig zu neutralisieren. In der Studie
führen zu einer Hemmung der                  Fallberichte sind jedoch extrem selten        in den USA wurden Übertragungen
Hämagglutination, weshalb Proben             publiziert worden (s. drei Publikationen      durch SD-Plasma, welches mehr als
mit Antikörpern und/oder mittleren           zitiert in [19, 59]). Seit 2004 sind keine    107 Genome/mL enthielt, beobachtet,
oder niedrigen DNA-Spiegeln nicht            Meldungen über Verdachtsfälle einer           wohingegen Plasma mit 103,5 Genomen/
erkannt werden. Deshalb können               B19V-Infektion im Zusammenhang                mL keine Übertragungen zeigte [63, 65].
auch nur Einzelspenden (und keine            mit der Gabe zellulärer Präparate oder        Als Reaktion auf diese Berichte wurde
Minipools) mit dieser Methode geprüft        FFP im Paul-Ehrlich-Institut (PEI)            von der FDA sowie im Europä­ischen
werden. Übertragungen mit B19V durch         eingegangen, obwohl in einer früheren         Arzneibuch ein Limit von nicht mehr
antikörperhaltiges SD-Plasma mit einer       Publikation dieser Arbeitsgruppe darauf       als 104 IU B19V-DNA für das SD-Plasma
Konzentration von 107 Genomäquivalente/      hingewiesen wurde, die Möglichkeit von        vorgeschrieben.
mL sind beschrieben [57]. Daher besteht      B19V-Infektionen zu berücksichtigen               Bei Hämophilie-A-Patienten, die
eine gewisse Unsicherheit, ob der HA-Test    [60]. Wahrscheinlich wird eine B19V-          langfristig mit Gerinnungsfaktorkonzent
tatsächlich sämtliche infektiöse Spenden     Infektion durch zelluläre Blutprodukte        raten behandelt wurden, wurde von einer
erkennt. Derzeit wird in den meisten         so gut wie nie klinisch erkannt, da           höheren Prävalenz von B19V-Antikörpern,
Einrichtungen die NAT gegenüber dem          eine B19V-Infektion im Rahmen einer           vor allem bei Kindern, berichtet [67, 68].
HA-Test vorgezogen. Im letzten Jahr wurde    Transfusion klinisch ohne spezifische         Diese Ergebnisse weisen darauf hin, dass
ein verbesserter ELISA zum Nachweis          Symptome auftritt. Die Symptomatik            auch mit virusinaktivierten Faktor-VIII-
von Virusantigen erprobt. Dieser Test        einer Anämie bzw. Thrombozytopenie            Konzentraten B19V übertragen worden
zeigt weniger Interferenzen mit B19V-        oder Leukopenie ist im Kontext einer          ist. Übertragungen sind bei Empfängern
spezifischen Antikörpern, die Sensitivität   Transfusion sowieso häufig gegeben.           von Gerinnungsfaktoren (FVIII, FIX,
ist jedoch auch auf ≥108 Genome/mL           Des Weiteren verhindert die Gabe von          PPSB) und Fibrinkleber eindeutig
begrenzt. Der Antigen-Test sollte alle 3     Erythrozyten per se bereits effektiv          dokumentiert [69]. In einzelnen Fällen
Genotypen von Parvovirus B19 erkennen        die mögliche Ausbildung einer durch           wurde die Übertragung von B19V durch
[58].                                        B19V hervorgerufenen aplastischen             Gerinnungsfaktoren mittels DNA-
                                             Krise. B19-IgG positive Präparate, die        Sequenzanalyse belegt [70, 71]. Es gibt
2.4 Spenderbefragung                         bei multiplen Transfusionen fallweise         wenige Berichte, in denen Übertragung
                                             zusätzlich verabreicht werden, tragen         von B19V durch Immunglobuline
Da die B19V-Infektion selbst bei hoher       möglicherweise zur Unterdrückung der          vermutet wird. Hier wurde aber die
Virusbelastung (bis zu 10 13 geq/mL)         Infek­tion bzw. der klinischen Symptome       Übertragungskette nie nachgewiesen.
zu einem großen Teil asymptomatisch          bei.
verläuft, ist die Spenderbefragung zur           In einer retrospektiven Studie            3.2 Abwehrlage (Resistenz, vorhan-
Erkennung von infizierten Spendern           aus USA [61] wurden aus insgesamt             dene Immunität, Immunreaktivität,
nicht sinnvoll.                              12.529 getesteten Blutspenden 24 Fälle        Alter, exogene Faktoren)
                                             identifiziert, bei denen B19V-DNA
2.5 Spenderinformation und                   positive Blutkomponenten an suszeptible       Eine durchgemachte Infektion führt
-beratung                                    Empfänger verabreicht worden waren.           zur Bildung von IgG-Antikörpern und
                                             Alle Spenden waren nicht hochbelastet         Immunität. IgG-Antikörper, insbesondere
Entfällt.                                    (
Bekanntmachung

    besitzen eine kreuzneutralisierende              die im Empfängerblut (transient)             3.4 Therapie und Prophylaxe
    Aktivität gegen die anderen Genotypen            nachgewiesene Virus-DNA lediglich
    [36, 74]. Allerdings deutet eine Studie          das Inokulum oder vorübergehend              Impfstoff
    an Leberbiopsaten darauf hin, dass ein           replizierendes Virus widerspiegelt.          Es gibt Projekte zur Entwicklung eines
    Patient im Laufe seines Lebens auch von                                                       Impfstoffs. Hier werden mit rekombinanter
    mehreren Genotypen infiziert werden              3.3 Schweregrad und Verlauf der              DNA-Technologie produzierte leere
    kann [75], da in der Leber B19V-DNA von          Erkrankung                                   Viruspartikel als Immunogen verwendet.
    zwei Genotypen nachgewiesen werden                                                            Versuche mit experimentellen Vakzinen
    konnte.                                          Einzelheiten zum klinischen Verlauf der      weisen darauf hin, dass das Verhältnis
        Die Bildung von Antikörpern führt            B19V-Infektion sind bereits unter 1.2        der Proteinbausteine VP1 und VP2
    zu einer Verminderung der Virus DNA-             wiedergegeben.                               einen wesentlichen Einfluss auf die
    Konzentration im Blut. Allerdings                   Betrachtet man die nahezu vollständigen   Bildung neutralisierender Antikörper im
    können DNA-Titer im Blut für 6 bis               Durchseuchungsraten bei jungen Kindern,      Tierversuch hat. Ein Immunogen, das ≥25 %
    12 Monate persistieren. Kerr et al. [76]         welche mit Gerinnungsfaktoren behandelt      VP1 enthielt, induzierte neutralisierende
    haben zwei Fälle beschrieben, in denen           wurden [78] und die seltenen Fallberichte    Antikörper [82]. Erste klinische Prüfungen
    trotz Anwesenheit von IgG-Antikörpern            von Übertragungen, so scheint es, dass       wurden unternommen und schienen
    B19V-DNA über einen langen Zeitraum              die Blutprodukt-assoziierte Infektion        erfolgversprechend [83]. Jedoch wird
    von 57 Monaten nachweisbar blieb. Bei            der immunkompetenten Kinder häufig           die Weiterentwicklung eines Impfstoffs
    diesen Patienten bestand keine klinische         asymptomatisch und daher unerkannt           zurzeit von Seiten der Impfstoffhersteller
    Symptomatik. Diese Ergebnisse stellen            verläuft oder mit einer unspezifischen       nicht vorangetrieben. Ein Impfstoff wird
    die bisherige Meinung in Frage, dass             Symptomatik (Fieber, grippaler Infekt)       daher in absehbarer Zukunft nicht zur
    Viruspersistenz und -reaktivierung nur bei       einhergeht, welche nicht als B19V-           Verfügung stehen.
    gestörter immunologischer Abwehrlage             Infektion diagnostiziert wird.
    vorkommen kann. Untersuchungen aus den              Auch wenn bei der B19V-Infektion          Passive Immunisierung und
    letzen Jahren [41, 46] zeigen, dass niedrige     schwere Symptome vornehmlich im              Behandlung mit Antikörpern
    Spiegel von Virus-DNA bei gleichzeitiger         Zusammenhang mit bestehenden                 Die Möglichkeit der passiven Immun-
    Anwesenheit von Antikörpern im Blut              Grunderkrankungen oder iatrogener            isierung mit Antikörperpräparaten scheint
    von asymptomatischen Spendern für                Immunsuppression beobachtet werden, so       prinzipiell gegeben, wurde bislang aber
    6 bis 12 Monate persistieren können.             gibt es doch wenige Fälle einer Infektion    nicht untersucht. Aufgrund der hohen
    In einer kürzlich erschienenen Studie            immunkompetenter hämophiler Patienten        Durchseuchung mit B19V enthalten
    wurden niedrige B19V-DNA-Spiegel mit             mit schwerer, teilweise lebensbedrohlicher   Immunglobulinpräparate, welche aus
    einer sensitiven Methode sogar bei bis zu        Symptomatik [79, 80]. In . Tabelle 1 sind    großen Plasmapools hergestellt werden,
    1 % aller Blutspender nachgewiesen [77],         Fälle von B19V-Infektionen nach Gabe         generell neutralisierende Antikörper.
    was zeigt, dass das B19V nach Ablauf der         von Blutprodukten zusammengefasst.           Es sind sehr viele Fallberichte publiziert
    Primärinfektion nicht immer vollständig          Jedoch ist nicht in allen dieser Fälle die   worden, bei denen durch Gabe von
    eliminiert wird.                                 B19-Übertragung durch Blutprodukte           Immunglobulin eine akute oder
        Bisher nicht untersucht ist die Frage,       mittels DNA-Sequenzierung eindeutig          chronische B19V-Infektion erfolgreich
    ob ein Patient, bei dem IgG-Antikörper           nachgewiesen.                                behandelt werden konnte. Dennoch gibt
    gegen B19V nachgewiesen werden                      Insgesamt entspricht die klinische        es derzeit keine Immunglobulinpräparate,
    können, bei intravenöser Applikation eines       Symptomatik der Blutprodukt-assoziierten     die speziell zur Behandlung einer akuten
    gegebenenfalls kontaminierten Präparates         Infektion der der natürlichen Infektion.     oder persistierenden B19V-Infektion
    vor einer Infektion geschützt ist. Dass nur      Erhöhtes Infektionsrisiko scheint bei        zugelassen sind.
    sehr selten eine B19V-Infektion nach             seronegativen Patienten zu bestehen,
    Applikation von Gerinnungspräparaten             die zum ersten Mal mit plasmatischen         3.5 Übertragbarkeit
    berichtet wird, weist aber darauf hin, dass      Gerinnungsfaktoren behandelt werden,
    eine erworbene Immunität ausreichend             da die Patienten noch empfänglich für        Eine B19V-Infektion erfolgt üblicherweise
    sein sollte, um den Patienten vor einer          eine B19V-Infektion sind.                    über den Speichel beziehungsweise
    erneuten oder zumindest vor einer                   Eine epidemiologische Studie an           über Tröpfcheninfektion bei engem
    symptomatischen Infektion zu bewahren.           über 700 Hämophilie-Patienten [81]           persönlichen Kontakt. Die Häufigkeit der
    In einer retrospektiven Studie [61] wurden       zeigt eine gewisse Assoziation der           Übertragungen durch Blutspenden und
    zwei hochbelastete Spenden identifiziert         B19V-Seropositivität mit verminderter        Blutprodukte ist in 3.1 beschrieben.
    (>107 geq/mL), die an nicht-suszeptible          Beweglichkeit der Gelenke. Inwieweit hier
    (IgG positive) Empfänger verabreicht             aber ein direkter Zusammenhang mit der
    worden waren. Hier kam es zu einem               B19V-Infektion besteht, ist nicht klar.
    vierfachen Anstieg des IgG-Spiegels im
    Patienten, wobei nicht klar ist, inwieweit

950 |   Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz 9 · 2010
Tabelle 1

  Fälle von Plasmaprodukt-assoziierten B19V-Infektionen
  Produkt         Virusinaktivie­     Patient              Grunderkrankung       Symptomatik                               Referenz
                  rungsverfahren      (Geschlecht,
                                      Alter in Jahren)
  FIX             Trockenhitze        w, 39                Hämophilie B          Exanthem, Arthralgie 19d nach Infusion    [101]
                                                           ­(Überträgerin)
                                      m, 11                Hämophilie B          Exanthem, Arthralgie, 35d nach Infusion
                                      m, 20                Hämophilie B          Exanthem, Fieber, 12d nach Infusion
  FVIII           SD                  m, 11                Hämophilie A          hypoplastische Anämie                     [102]
  F VIII          Trockenhitze        m, 33                milde Hämophilie A,   Hepatomegalie,                            [79]
                                                           nicht steroidale      Panzytopenie
                                                           ­Immunsuppression,    hohes Fieber, Exanthem
                                                            Sulfasalazin
  FVIII           SD bzw. Pasteuri-   m, 11                milde Hämophilie A,   Fieber 12 d nach Infusion, Somnolenz,     [80]
                  sierung                                  steroidale Immun­     Verwirrtheit
                                                           suppression           Panzytopenie, Zytolyse in der Leber
  FIX             SD                  f, 31                Hämophilie B          Fieber, Exanthem, Arthralgie,             [103]
                                                           ­(Überträgerin)       ­Lymphadenopathie,
                                                                                  21d nach Infusion
  FVIII           SD                  m, 7                 milde Hämophilie A    Aplastische Krise 16 d nach Infusion      [104]
  Fibrin­kleber   Trockenhitze        f, 3 Fälle (35-42)   Zervixkarzinom,       Fieber, Leukopenie, Erythroblastopenie    [105]
                                                           Ovarialkarzinom,      6–11 Tage nach Anwendung
                                                           Myom
  Plasma          SD                  f, 36                Myasthenia gravis     Exanthem, Arthralgie                      [64]
                                                                                 14d nach Infusion
  Fibrin­kleber   Pasteurisierung     m, 4 Fälle           Lungenkrebs           Retikulozytopenie                         [106]
                                      w, 2 Fälle
                                      >20
  FVIII           Trockenhitze        m, 5                 Hämophilie A          asymptomatisch                            [70]
  FEIBA           „Vapor Heat“        m, 1                 Hämophilie A          asymptomatisch                            [70]
  FVIII           SD                  m, 47                milde Hämophilie A    Fieber, Arthralgie                        [71]
                                                                                 7d nach Infusion

3.6 Häufigkeit und Menge der                   behandelt wurden, ein erhöhtes Risiko für      enthielten und hiervon 35 % mit 106–108
­Applikation sowie Art und Menge               eine B19V-Infektion [81].                      Genomen/mL hoch-kontaminiert waren
 der Blutprodukte                                                                             [47, 66].
                                               4. Blutprodukte                                   Solche hohen Viruskontaminationen
Eine B19V-Kontamination zellulärer                                                            werden durch die üblichen Proteinreinigu
Blutkomponenten ist möglich.                   4.1 Belastung des Ausgangs­                    ngsverfahren, wie sie bei Plasmaprodukten
   Eine Belastung von Plasmaderivaten mit      materials und Testmethoden                     zum Einsatz kommen, nicht ausreichend
B19V ist nach gegenwärtigen Erkenntnissen                                                     ent fer nt. Kont aminat ionen mit
besonders bei Gerinnungspräparaten             Beachtet man, dass eine hochtitrige            B19V wurden durch B19V-DNA-
(Faktor VIII, IX, PPSB) und Fibrinkleber       Einzelspende bis zu 1013 geq/mL enthalten      Nachweis in allen Plasmaprodukten
nicht auszuschließen. Da insbesondere          kann, so führt die Kontamination eines         (Gerinnungsfaktoren, Immunglobulinen,
bei Patienten mit Hämophilie A oder B          Plasmapools aus 10.000 Spenden mit             Albumin etc.) gezeigt [47, 66, 84]. Die
Gerinnungsfaktoren häufig appliziert           nur einer hochtitrigen Spende zu einer         höchsten Kontaminationsraten fand man
werden müssen, ist diese Patientengruppe       Belastung von 108 geq/mL im Plasmapool.        in Gerinnungspräparaten: 50–90 % der
einem besonderen Risiko ausgesetzt.            Untersuchungen an Plasmapools, bei             getesteten Produktchargen waren DNA-
Insgesamt haben Hämophiliepatienten,           denen das Ausgangsmaterial in Bezug auf        positiv mit Maximalwerten von bis zu
die in der Vergangenheit mit hohen             B19V nicht vorgetestet war, zeigen auch,       107 geq/mL, während die maximalen
Dosen plasmatischer Gerinnungsfaktoren         dass 60 % aller Plasmapools B19V-DNA           Kontaminationen bei Immunglobulinen

                                                            Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz 9 · 2010   | 951
Bekanntmachung

    (bis zu 104 geq/mL) und Albumin (bis             Methylenblau/Licht-Verfahren keine oder          Erst in letzter Zeit wurden wenige
    zu 103 geq/mL) wegen den zusätzlichen            eine nur geringe Wirksamkeit hinsichtlich     Zellkultursysteme entwickelt, mit denen
    Aufreinigungsschritten geringer waren            Inaktivierung von animalen Parvoviren         sich die Inaktivierung von B19V bei
    [66, 84].                                        hat, allerdings kann man eine deutliche       der Herstellung von Plasmaprodukten
        Als Reaktion auf die hohen Konta-            Schädigung der B19V-DNA nachweisen.           direkt untersuchen lässt. Es zeigte sich,
    minationsraten der Ausgangs-materialien              Insgesamt existieren also Methoden, die   dass B19V bei der Pasteurisierung
    und Endprodukte haben viele Hersteller           zur effektiven Inaktivierung von Parvovirus   von Albumin (10h bei 60°C) schnell
    auf freiwilliger Basis in den letzten            B19 in Blutkomponenten prinzipiell            inaktiviert wird, während animale
    Jahren ein sogenanntes „Hochtiter-               geeignet scheinen. Da die experimentellen     Parvoviren diese Prozedur weitgehend
    Screening“ eingeführt. Hierbei werden            Verfahren zur Bestimmung der Inak-            unbeschadet überstehen [89, 90]. Bei der
    durch einen geeigneten Testalgorithmus           tivierungskapazität aber aufgrund ihrer       Herstellung einiger Gerinnungsfaktor­
    an Minipools hochtitrige Einzelspenden           technischen Limitierungen nur einen           präparate und Immunglobulinpräparate
    identifiziert und ausgesondert, so dass          Nachweis der Kapazität von bis zu 5–6         wird ebenfalls eine Pasteurisierung für
    die maximale Belastung der Plasmapools           log-Stufen zulassen, bleibt ungewiss, ob      10h bei 60°C angewandt und in vielen
    auf 103-104 geq/mL gesenkt werden kann.          die Inaktivierungskapazität ausreicht,        Fällen auch eine effektive Inaktivierung
    Vom Industrieverband PPTA wurde                  um auch hohe Virusbelastungen, wie            von B19V beobachtet (Gröner et al.,
    ein Grenzwert von nicht mehr als 105             sie in einer Einzelspende auftreten           unveröffentlicht). Allerdings führen hier
    Genomen/mL vorgeschlagen. Dieses                 können (10 13 geq/mL), vollständig            die zugegebenen Stabilisatoren zu einer
    Hochtiter-Screening scheint geeignet, die        zu inaktivieren. Außerdem kann die            Verzögerung in der Inaktivierungskinetik,
    Kontaminationsraten der Plasmapools              Inaktivierungskapazität von spezifischen      und es gibt auch Produkte, bei denen die
    erheblich zu senken, mit maximalen               Anwendungsbedingungen abhängen,               Pasteurisierung nicht effektiv ist (Gröner
    Konzentrationen von nicht mehr als               weshalb eine produktspezifische               et al., unveröffentlicht) [91]. Bei der
    10 4 Genomen/mL im Plasmapool.                   Untersuchung in jedem Fall ratsam ist.        Erhitzung kommt es zu einer Zerstörung
    Die Absenkung der Kontamination                                                                der B19-Viruskapside [70], während die
    des Ausgangsmaterials führt auch zu              4.3 Praktikabilität und Validier-             B19V-DNA unbeschadet bleibt und aus
    einer Absenkung der Kontamination                barkeit der Verfahren zur Elimina-            den geöffneten Kapsiden ausgestoßen
    der Endprodukte, wenn auch nicht                 tion/Inaktivierung von Infektions­            wird [92].
    alle Blutprodukte nach Einführung                erregern                                         Andere Hitzeverfahren scheinen B19V
    des Hochtiter-Screenings komplett                                                              zumindest teilweise zu inaktivieren. Beim
    DNA-negativ getestet werden [47, 85]             Es liegen bisher wenige aussagefähige         sogenannten Dampfverfahren (vapour
    (Blümel, unveröffentlichte Daten).               Studien mit Parvovirus B19 vor. Die Testung   heat) wird das Zwischenprodukt bei
    Inwieweit ein Infektionsrisiko bei solchen       der Abtrennung oder Inaktivierung von         verminderter Restfeuchte mit heißem
    Plasmaprodukten weiterhin besteht,               B19V im Verlauf der Produktion von            Dampf bei 60°C und/oder bis 80°C für
    bleibt abzuwarten.                               Plasmaderivaten ist nicht direkt mit B19V     1–10h behandelt. In bestimmten Fällen
        Ein kürzlich etablierter In-vitro-           zu untersuchen, da die Kultivierung des       wurde hier auch eine effektive B19V-
    Neu­tralisationstest zeigte, dass die in         Virus große Schwierigkeiten bereitet.         Inaktivierung gezeigt [93]. Allerdings
    Plasmapools üblicherweise vorhandenen            Für die Untersuchungen werden daher           ist wegen der produktspezifischen
    B19V-spezifischen Antikörper eine effektiv       üblicherweise tierische Parvoviren            Produktionsbedingungen und Effekte
    neutralisierende Aktivität besitzen [86].        eingesetzt. Im Leitfaden (CPMP/268/95         auch hier eine spezifische Untersuchung
                                                     „Virus Validation Studies: the design,        des Herstellungsverfahrens im Einzelfall
    4.2 Möglichkeiten der Abtrennung                 contribution and interpretation of            geboten.
    und Inaktivierung von Infektions­                studies validating the inactivation and          Beim sogenannten Trockenhitze-
    erregern                                         removal of viruses“) werden als mögliche      verfahren (100°C für 30min oder 80°C
                                                     Modellviren alle bisher für diesen            für 72h) wurde ebenfalls eine partielle
    Zurzeit werden verschiedene Methoden             Zweck verwendeten Viren aufgeführt:           Inaktivierung von B19V beschrieben.
    zur Pathogeninaktivierung in Blut-               canines, murines, bovines und porcines        Hier hängt die Inaktivierung aber sehr
    komponenten eingeführt. Verfahren                Parvovirus. Es scheint Antikörper gegen       stark vom Restfeuchtegehalt ab, der
    mit Psoralenderivaten (Amotosalen +              bovines Parvovirus in Humanserum oder         zwischen 0,3 und 2 % schwanken kann.
    UV-Behandlung) zeigen eine effektive             Antikörper mit Kreuzreaktivität zwischen      Während bei hohen Restfeuchten (1–2 %)
    Inaktivierung von B19V [87], nicht aber          dem humanen und bovinen Parvovirus            B19V signifikant schneller als porcines
    von anderen unbehüllten Viren wie                zu geben, da BPV in humanem Plasma            Parvovirus inaktiviert wird, scheinen
    Enteroviren. Mit Riboflavin wurde eine           inaktiviert werden kann. Daher ist bei        beide Viren bei niedrigen Restfeuchten
    effektive Inaktivierung des porcinen             Verwendung von bovinem Parvovirus             gleich stabil [94, 95, 96].
    Parvovirus gezeigt [88], was vermuten            das Plasma bzw. das entsprechende                Neben hoher Temperatur führen auch
    lässt, dass B19V ebenfalls inaktiviert wird.     Produktintermediat zuvor auf Eignung zu       niedrige pH-Werte zu einer effektiven
    Es wurde weiterhin gezeigt, dass das             prüfen.                                       Inaktivierung von B19V, wenn weitere

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Bedingungen wie geeignete Temperatur         Herstellung von Plasmaprodukten auf            Patienten nach Hochdosis-Chemotherapie
und Inaktivierungszeit eingehalten           104 IU/mL zu begrenzen [100].                  nach Stammzelltransplantation) für
werden [97]. Auch hier zeigte sich               In Immunglobulinpräparaten, lVIG           erforderlich gehalten wird, die mit einer
B19V wesentlich labiler als animale          und IMIG, ist teilweise B19V-DNA               Übertragung verbundenen Risiken zu
Parvoviren.                                  nachgewiesen worden, allerdings in             vermeiden, gibt es die Möglichkeit,
    Als weiteres Inaktivierungsverfahren     deutlich niedrigeren Konzentrationen           mittels NAT negativ getestete Präparate
für B19V wurde die Bestrahlung,              als in Gerinnungsfaktoren. Hier scheint        zu verwenden. Um mehr Daten zu
insbesondere die UV C-Bestrahlung, als       kein Infektionsrisiko zu bestehen.             Übertragungen zu erhalten, werden die
effektives Verfahren beschrieben [98, 99].   Der Gehalt an B19V-Antikörpern mit             Ärzte weiterhin auf die Problematik
Plasmaprodukte mit diesem Virusinaktiv       neutralisierenden Eigenschaften scheint        hingewiesen und gebeten, ihre Patienten
ierungsverfahren befinden sich noch im       dafür verantwortlich zu sein. Zudem            dahingehend zu beobachten und den
Entwicklungsstadium.                         wurden Immunglobulinpräparate                  Verdacht auf eine B19V-Übertragung durch
    Neben den oben genannten In-             erfolgreich für die Therapie der akuten        Blutkomponenten oder Plasmaderivate zu
aktivierungsverfahren kann B19V auch         B19V-Infektion eingesetzt.                     melden.
durch spezielle Virusfilter (Nano-               Albumin gilt als sicher in Bezug auf          Bei Plasmaprodukten, insbesondere
filtration) abgetrennt werden. Da            B19V-Infektionen. Es liegen zwar Berichte      bei Gerinnungsfaktorpräparaten und bei
Parvoviruspartikel aber sehr klein sind,     über den Nachweis geringer B19V-               Fibrinklebern, besteht grundsätzlich ein
besteht hier eine gewisse Limitierung        DNA-Konzentrationen in Albumin vor,            Infektionsrisiko, wenn hochvirämische
der Einsatzmöglichkeit solcher Filter.       allerdings wird B19V durch die im Europä­      Spenden (mehr als 106 IU/mL/Einzel-
Eine Filtration von hochmolekularen          ischen Arzneibuch vorgeschriebene              spende) in die Produktion eingehen und
Gerinnungsfaktoren wie Fibrinogen            Pasteurisierung von Albumin effektiv           die Verfahren zur Virusinaktivierung
oder von-Willebrand-Faktor-haltigen          inaktiviert [90]. B19V-DNA wurde auch          bzw. zur Virusentfernung begrenzt
Komplexen scheint derzeit nicht              in rekombinanten Gerinnungsfaktoren            wirksam sind. Das Hochtiter-Screening
realisierbar. Bei kleinen Molekülen wie      nachgewiesen, welche humanes Albumin           reduziert erheblich die Ausgangsbelastung
Faktor IX, Antithrombin oder sogar           als Stabilisator enthielten [78]. Der          der Plasmapools und entsprechend
noch IgG und PPSB werden diese Filter        Nachweis von B19V-DNA im Albumin               auch die Belastung der Endprodukte
teilweise eingesetzt. Allerdings hängt       spiegelt nicht infektiöses Virus wieder, da    und sollte daher konsequent für alle
auch hier die Effektivität von den exakten   die Pasteurisierung zwar B19V inaktiviert,     Plasmapools zur Fraktionierung
Produktionsbedingungen ab, und häufig        aber nicht die Virus-DNA eliminiert.           durchgeführt werden. Hierdurch
finden sich in Spiking-Experimenten                                                         sowie durch die Implementierung
Restmengen von Virus im Filtrat. In          5. Bewertung                                   eines B19V-reduzierenden Verfahrens
manchen Fällen mussten zwei Filter                                                          kann das Infektionsrisiko durch
hintereinandergeschaltet werden, um          Infektionen mit Parvovirus B19 verlaufen       Gerinnungspräparate wesentlich
eine effektive Virusreduktion von mehr       in der Regel harmlos. Schwere Verläufe         vermindert werden, wenn auch ein
als 4 log-Stufen zu erreichen.               treten nur selten und vor allem bei            theoretisches Restrisiko nicht immer
    In den wenigen Übertragungsfällen,       Patienten mit gestörter Erythropoese, bei      sicher ausgeschlossen werden kann.
bei denen die zugrunde liegenden             immunsupprimierten Patienten sowie bei
Plasmapools (nachträglich) auf B19V-         Feten auf. Parvovirus B19 ist in Deutschland   Forschungsbedar f. E s b e s t e h t
DNA getestet wurden, wurden immer            endemisch, aber nicht alle Blutspender         Forschungsbedarf hinsichtlich der
hochkontaminierte Pools (≥107 Genome/        haben die Infektion bereits in der             Entwicklung wirksamer Methoden zur
mL) als Ausgangsmaterial identifiziert       Kindheit durchgemacht. Es ist daher nicht      Eliminierung/Inaktivierung von B19V und
[70, 71]. In einem Übertragungsfall          auszuschließen, dass virämische Spenden        der Charakterisierung dieser Methoden
durch ein Produkt, welches mit SD            zur Anwendung kommen. Dennoch gibt             durch Modellviren. Da die Modellviren
zur Virusinaktivierung behandelt             es in Deutschland keine Meldungen von          nicht immer das Verhalten vom B19V exakt
worden war, wurde die inokulierte            B19V-Infektionen nach Verabreichung            widerspiegeln ist die Verbesserung der
Menge an Genomäquivalenten mit 104           von Blutkomponenten. Niedrigvirämische         derzeit vorhandenen Zellkultursysteme
Genomen bestimmt [71]. Selbst eine           Spenden, die gleichzeitig virusspezifisches    zum Studium der Virusinaktivierung im
Hitzebehandlung (Trockenhitze, STIM-         Immunglobulin enthalten, scheinen nicht        produktspezifischen Kontext von Interesse,
Verfahren) reichte in einigen Fällen         infektiös, während bei hochvirämischen         um möglichst genau Aussagen zum
nicht aus, um das Infektionsrisiko durch     Spenden von einem Infektionsrisiko             Infektionsrisiko von Plasmaprodukten zu
Plasmaprodukte aus hochbelasteten            ausgegangen werden muss.                       machen.
Plasmapools vollständig zu eliminieren           Wenn es bei der Therapie mit                  Grundlage für eine zuverlässige
[70]. Erst kürzlich wurde von der US-        Blutkomponenten in besonderen Fällen           Aussonderung von hochgradig konta-
amerikanischen Behörde FDA eine              (zum Beispiel bei B19V-Antikörper              minierten Blut- bzw. Plasmaspenden
Empfehlung herausgegeben, den Gehalt         negativen Schwangeren im 1. und 2.             mittels NAT ist die Weiterentwicklung
an B19V-DNA in den Plasmapools zur           Trimenon, bei HIV-Infizierten, bei             von WHO-Standards im Hinblick

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    auf die varianten Genotypen 2 und 3.                           8.	Fryer JF, Kapoor A, Minor PD, Delwart E, Baylis SA      23. Prassouli A, Papadakis V, Tsakris A, Stefanaki K, Ga-
                                                                      (2006) Novel parvovirus and related variant in hu-           roufi A, Haidas S, Dracou C (2005) Classic transient
    Weitere Studien zur Verbreitung und                               man plasma. Emerg Infect 12:151–154                          erythroblastopenia of childhood with human par-
    klinischen Relevanz dieser Genotypen                           9. Allander T, Tammi MT, Eriksson M, Bjerkner A,                vovirus B19 genome detection in the blood and
    sind wünschenswert. Forschungsbedarf                              Tiveljung- Lindell A, Andersson B (2005) Cloning             bone marrow. J Pediatr Hematol Oncol 27:
                                                                      of a human parvovirus by molecular screening of              333–336
    besteht auch hinsichtlich des Beitrags                            respiratory tract samples. Proc Natl Acad Sci USA       24. Török TJ, Wang QJ, Gary Jr. W, Yang CF, Finch TM,
    von Immunglobulinen zur Sicherheit                                102:12891–12896                                              Anderson LJ (1992) Prenatal diagnosis of intra-
    gegenüber Parvovirus B19.                                     10. Ozawa K, Ayub J, Hao YS, Kurtzman G, Shimada T,              uterine infection with parvovirus B19 by the poly-
                                                                      Young N (1987) Novel transcription map for B19               merase chain reaction technique. Clin Infect 14:
       Dieses Papier wurde am 07.10.2009                              (human) pathogenic parvovirus. J Virol 61:                   149–155
    fertig gestellt und vom Arbeitskreis                              2395–2406                                               25. Schneider J, Weitzel H (Hrsg.) (1990) Erkrankungen
    Blut am 07.06.2010 verabschiedet.                             11. Kaufmann B, Simpson AA, Rossmann MG (2004)                   in der Schwangerschaft: Ein Leitfaden mit Thera-
                                                                      The structure of human parvovirus B19. Proc Natl             pieempfehlungen für Klinik und Praxis. Stuttgart,
    Es ersetzt die Arbeit vom 16.04.1997                              Acad Sci USA 101:11628–11633                                 Wiss. Verlagsgesellschaft
    (Bundesgesundheitsbl. (1998) 2/98:83-87).                     12. Kaufmann B, Chipman PR, Kostyuchenko VA, Mod-           26. Hall SM and Public Health Laboratory Service
    Es wurde erarbeitet von den Mitgliedern                           row S, Rossmann MG (2008) Visualization of the               Working Party on Fifth Disease (1990) Prospective
                                                                      externalized VP2 N termini of infectious human               study of human parvovirus (B19) infection in preg-
    der Untergruppe „Bewertung Blut-                                  parvovirus B19. J Virol 82:7306–7312                         nancy. Br Med J 300:1166–1170
    assoziierter Krankheitserreger“ des                           13. Zhi N, Mills IP, Lu J, Wong S, Filippone C, Brown KE    27. Rodis JF, Quinn DL, Gary GW Jr., Anderson LJ
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954 |    Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz 9 · 2010
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