Hepatits E Virus: Relevanz für das Blutspendewesen ? - PD Dr. phil. nat. Christoph Niederhauser Interregionale Blutspende SRK

Die Seite wird erstellt Lennja Conrad
 
WEITER LESEN
Hepatits E Virus: Relevanz für das Blutspendewesen ? - PD Dr. phil. nat. Christoph Niederhauser Interregionale Blutspende SRK
Hepatits E Virus: Relevanz für das
       Blutspendewesen ?

     PD Dr. phil. nat. Christoph Niederhauser
         Interregionale Blutspende SRK

                                                | page 1
Hepatits E Virus: Relevanz für das Blutspendewesen ? - PD Dr. phil. nat. Christoph Niederhauser Interregionale Blutspende SRK
Inhalt

• Geschichte / Epidemiologie
• Das Virus
• Übertragungswege
• Klinische Verläufe
• Prävalenzen und Inzidenzen bei Blutspendern
• Transfusionsbedingte HEV Infektionen
• Viruslasten / Infektiöse Dosis
• Übertragungsrisiken im Vergleich Lebensmittel / Blutprodukte
• Mögliche Optionen um Patienten möglichst vor HEV Infektionen zu schützen
• Konklusion

                                                          Swissmedic Bern | CNI | Oktober 2015 | page 2
Hepatits E Virus: Relevanz für das Blutspendewesen ? - PD Dr. phil. nat. Christoph Niederhauser Interregionale Blutspende SRK
Geschichte

• Kasmir Indien 1978; Postulation eines fäkal-oral übertragenen Virus, welches
  nicht Hepatits A ist. Ca. 52’000 Patienten mit ikterischer Hepatitis; 1’700
  Todesfälle (Khuroo et Am J Med); vorwiegend junge Menschen betroffen;
  fulminante Verläufe bei schwangeren Frauen

• Ausbruch in einem sowjetischen Militärcamp in Afghanistan 1983, Stuhlproben
  werden elektronenmikroskopisch untersucht, Nachweis des Hepatitis E Virus
  (Balayan et al 1983)

• Identifikation mittels Sequenzierung des Hepatitis E Virus im Jahr 1990 (Reyes
  et al. 1990)

                                                            Swissmedic Bern | CNI | Oktober 2015 | page 3
Hepatits E Virus: Relevanz für das Blutspendewesen ? - PD Dr. phil. nat. Christoph Niederhauser Interregionale Blutspende SRK
Epidemiologie

• ~20 Millionen Hepatitis E Infektionen weltweit/Jahr; davon ca. 3 Millionen
  symptomatisch
• ~70’000 Todesfälle /Jahr
• «Endemie» in den Industrienationen erst ca. 10 Jahren bekannt

                                                            Swissmedic Bern | CNI | Oktober 2015 | page 4
Hepatits E Virus: Relevanz für das Blutspendewesen ? - PD Dr. phil. nat. Christoph Niederhauser Interregionale Blutspende SRK
Das Hepatitis E Virus

•   (s) +RNA Virus, 7.5 kb, Familie Hepeviridae,
    keine Hülle, 27-34 nm
        ORF1 Polyprotein (Methlytransferase, Protease,
         Helikase, Polymerase)
        ORF2 virales Kapsid
        ORF3 Protein für Virionfreisetzung aus den infizierten Zellen

•   Virus selbst nicht zytotoxisch, humorale und zelluläre Immunantwort für Hepatitis
    verantwortlich (Suneetha et al. 2012)

•   4 Genotypen
     Genotypen 1 & 2 Erkrankung beim Menschen
     Genotypen 3 & 4 Erkrankung beim Menschen
      und bei Tieren, i.d.R. aber asymptomatisch (Hausschwein,
         Wildschwein, Hirsch, Hase, Ratte, Fledermäuse, Forelle, Schalentiere etc.)

• Epidemiologie und die klinischen Symptomatik differieren zwischen
  Entwicklungsländern und den Industrienationen, bzw. sind abhängig von den 4
  Genotypen
Kamar et al. Hepatitis E. Lancet. 2012 Jun 30;379(9835):2477-88               Swissmedic Bern | CNI | Oktober 2015 | page 5
Hepatits E Virus: Relevanz für das Blutspendewesen ? - PD Dr. phil. nat. Christoph Niederhauser Interregionale Blutspende SRK
Hepatitis E Virus weltweit

                                      GT 3
                GT 3                   GT 1,2      GT 1
                GT 2                  GT 1          GT 4
                                       GT 2

 Vorkommen der 4 HEV Genotypen weltweit, grundsätzlich alle 4 Genotypen praktisch
 weltweit, aber gewisse Genotypen zeigen verschiedene Präferenzen

                                                              Swissmedic Bern | CNI | Oktober 2015 | page 6
Hepatits E Virus: Relevanz für das Blutspendewesen ? - PD Dr. phil. nat. Christoph Niederhauser Interregionale Blutspende SRK
HEV Genotypen 1 und 2

• Hepatitis E Virus Genotypen 1 und 2 durch fäkal-orale Übertragung in
  Entwicklungsländern weit verbreitet (kontaminiertes Trinkwasser/Schmierinfektion)

• Hohe Mortalitäten bei schwangeren Frauen (25%) und bei Patienten mit vor-
  existierenden Leberschäden (70%)

• GT 1 und 2 werden oftmals als «Reisesouvenir» von Afrika oder Asien nach
  Europa mitgebracht

Kamar et al. Hepatitis E. Lancet. 2012 Jun 30;379(9835):2477-88

                                                                  Swissmedic Bern | CNI | Oktober 2015 | page 7
Hepatits E Virus: Relevanz für das Blutspendewesen ? - PD Dr. phil. nat. Christoph Niederhauser Interregionale Blutspende SRK
HEV Genotyp 3

• Meistens asymptomatischer Verlauf oder dann aber
  milde selbstlimitierende Symptomatik (0.1 – 1.0%)
• Genotyp 3 kann eine Gefahr für Immunsupprimierte
  Patienten und solche mit vorgeschädigter Leber
  darstellen
• Chronische Infektion bei Transplantatempfängern
  und immunsupprimierten Patienten
   Ca. 60% können die Infektion nicht spontan
    eliminieren
   Risiko einer schnellen progressiven Zirrhose
    (10% in 2 Jahren) falls unbehandelt (Kumar et al. 2012)                        Dalton et al. 2014

• Patienten mit existierenden Leberschäden entwickeln
  oftmals eine akutes Leberversagen
• HEV Infektionen werden mit grosser Wahrscheinlichkeit unterdiagnostiziert
• Aktuell nimmt das Wissen über die Symptomatik von HEV Infektionen immer
  noch zu
                                                              Swissmedic Bern | CNI | Oktober 2015 | page 8
Hepatits E Virus: Relevanz für das Blutspendewesen ? - PD Dr. phil. nat. Christoph Niederhauser Interregionale Blutspende SRK
Differenzierung GT 1 / 2 resp. 3/4

  Charakteristik                   Gentoyp 1 und 2                Genotyp 3 und 4
  Rate an ikterischer Erkrankung   Hoch                           Tief

  Altersverteilung                 Erkrankungen am höchsten       Erkrankungen am höchsten
                                   bei Adoleszenten und jungen    bei älteren Erwachsenen
                                   Erwachsenen

  Geschlechtsverteilung            Gleichverteilung Frau / Mann   Mehr Männer betroffen

  Mortalität                       Hoch bei Frauen in der SS      Hoch bei älteren und
                                                                  immunsupprimierten
                                                                  Erwachsenen

  Extrahepatische Symptomatik      Kaum                           Neurologische Komplikationen

  Chronische Infektion             Keine                          Bei Immunsupprimierten
                                                                  Menschen

 Aus Hoofnagle et al. 2012

                                                                         Swissmedic Bern | CNI | Oktober 2015 | page 9
Hepatits E Virus: Relevanz für das Blutspendewesen ? - PD Dr. phil. nat. Christoph Niederhauser Interregionale Blutspende SRK
Infektionsrouten (GT3 und GT 4)

• In Europa vorwiegend eine zoonotische Erkrankung

Dalton et al. 2014

                                                     Swissmedic Bern | CNI | Oktober 2015 | page 10
HEV Genotyp 3 und Lebensmittel

• GB: 85% der Hausschweine betroffen, dazu auch Schinken und Würste

• NL: Fäkalien von 97 Schweinefarmen: 53% HEV RNA positiv,
  Mastschweine bei bis zu 73% HEV im Stuhl nachgewiesen

• FR: Produkte aus Schweinefleisch wie Figatelli 30%;
  Leberwurst 29%; Quenelles 25%, getrocknete
  Leber 3% sind HEV RNA positiv

• SR, GR, PL: Grünes Gemüse 3.4%, Erdbeeren
  HEV RNA positiv

• HEV benötigt 20 Minuten bei 72°C um inaktiviert zu werden

H. Dalton personal communication; Said et al. Epid Inf 2013; Rutjes et al. Em Inf Dis 2009; Pavio eta, Em.Inf.Dis. 2014; Kokkinos ea, Food
Env.Vir. 2012 ; Backer et al. Epidemics 2012

                                                                                                      Swissmedic Bern | CNI | Oktober 2015 | page 11
Nachweismethoden

• Kultur möglich aber nicht
  routinetauglich

• Transaminasen ALT/AST
  (unspezifisch und nicht empfindlich)

• Serologie IgG und IgM
  (Achtung Sensitivität und Spezifität)

• NAT (PCR oder TMA)                      Kamar et al. Lancet. 2012

• Diagnostische Tools wurden verbessert bzw. PCR oder neue EIAs was zu
  einer verändert Ansicht in Bezug auf HEV geführt hat

• Virämie dauert i.d.R. 2 – 6 Wochen

                                                                      Swissmedic Bern | CNI | Oktober 2015 | page 12
Klinische Verläufe 1: der Unkomplizierte

• Inkubationszeit 3 – 8 Wochen

• Akute Hepatitis

• Meistens milde Symptomatik und selbstlimitierend

• Unspezifische prodromale Symptome, danach Übelkeit, Ikterus (häufig in
  Entwicklungsländern)

• Der oben beschriebene Verlauf ist
  bei allen Genotypen möglich

                                                         Swissmedic Bern | CNI | Oktober 2015 | page 13
Klinische Verläufe : die Komplizierten

• Schwangere (2 & 3 Trimenon), Bei GT 1 sind Infektionen mit fulminanten
  Verläufen beschrieben (25% Mortalität)

• Patienten mit chronischer Lebererkrankung (bei allen GT möglich aber
  vorwiegend bei 3 und 4), Leberversagen und Enzephalopathie, Mortalität bis
  zu 70%

• Bei älteren Männern bei GT 3, schwere Erkrankung bei akuten Verläufen

• Extrahepatische Manifestationen insbesondere neurologische Komplikationen
  wie GBS, Polyradikulopathie, aplastische Anämie (GT 3 und 4), nach dem
  Abklingen der Hepatopathie sind diese meist rückläufig

Hoofnagle et al. 2012; Kamar et al. 2011; Bhatia et al. 2008, Peron et al. 2007

                                                                                  Swissmedic Bern | CNI | Oktober 2015 | page 14
Klinische Verläufe : der Chronische

• Immunsupprimierte (Patienten nach Organtransplantationen, Patienten unter
  Chemotherapie, HIV-Patienten), Gefahr der Entwicklung einer chronischen
  Hepatitis E (nur GT 3 und ganz selten GT 4)

• Bei 2/3 der infizierten immunsupprimierten Patienten wird eine autochton
  erworbene Hepatitis E chronisch

             Das kann zu einer raschen progressiven Fibrosierung der Leber oder
             der Entwicklung einer Leberzirrhose führen

Kamar et al. 2011; Dalton et al. 2009

                                                             Swissmedic Bern | CNI | Oktober 2015 | page 15
Differentialdiagnose

• Mögliche Differentialdiagnosen sind:
   virale Hepatitis A, B, C
   Medikamenten bedingte toxische Hepatitis
   andere Lebererkrankungen (bzw. Autoimmunhepatitis, ischämische
     Hepathopathie)
   hepatische GvHD nach HSZT
   Abstossung nach Lebertransplantation
   Chirurgische Komplikationen nach Lebertransplantation

                                                        Swissmedic Bern | CNI | Oktober 2015 | page 16
Prävalenzen
• In Bezug auf die HEV Prävalenzen sind in Europa grosse Differenzen
  zwischen Ländern und sogar Regionen festgestellt worden
     Land                                    Prävalenzen
     Deutschland                             5.5% – 50.7%
     Frankreich                              16.6 – 52.5%
     GB                                      4.7% – 12%
     Niederlande                             0.4% – 46.6%
     Dänemark                                19.8%
     Italien                                 1% – 46%
     Spanien                                 4.7% – 20%
     Schweiz                                 4.2% – 24.5%
    Petrik et al. 2015 und weitere

•   Gründe für diese grossen Differenzen sind:
     Länder / Regionen
     Essgewohnheiten/ Herstellung von Lebensmitteln
     Eingesetzte Tests
     Jahr der Erhebung
     getestete Population (bzw. Alter, Geschlecht, etc.)
     Exposition zu Tieren

                                                            Swissmedic Bern | CNI | Oktober 2015 | page 17
Regionale Unterschiede am Beispiel Frankreich
• Kollaborative Studie im EFS und CNR VHE, CHU Toulouse
• Alle Untersuchungen mit dem gleichen Test (Wantai) durchgeführt

Mansuy et al 2011; Gallian et al 2014

                                                         Swissmedic Bern | CNI | Oktober 2015 | page 18
Prävalenzen in der Schweiz

 Regionen      Prävalenzen    Test                     Spenden   Autoren

 Waadt         4.9 %          MP Diagnostics           550       Schnegg et al. 2013
               4.2 %          Dia.Pro
               21.8 %         Fortress
 Zürich        8.9 %          Recomwell IgG Mikrogen   1484      Gottschalk et al. 2012

 IRB (Basel,   13.7 – 24.5%   Wantai                   715       Gowland and Hotz personal
 Bern, Genf)                                                     communication 2015

• Zürich: Mann / Frau kein Unterschied, ältere Spender mit höherer Seroprevalenz
• Waadt: Mann / Frau und Alter ohne signifikante Differenz
• Bern: noch nicht ausgewertet
                                                                     Swissmedic Bern | CNI | Oktober 2015 | page 19
HEV RNA Inzidenzen bei Blutspendern

    Land              Fälle / Spenden          Prozent positiv   Autoren

    Schweden          1 : 7’986                0.012%            Baylis et al; Vox Sang 2012
    Deutschland       1 : 1’240 – 1 : 6’925    0.014% - 0.080%   Baylis et al; Vox Sang 2012; Vollmer et
                                                                 al; JCM 2012; Corman et al; Vox Sang,
                                                                 2013; Kirchmaier et al. Vox Sang 2015
    Grossbritannien   1 : 2’848 – 1 : 14’520   0.03% - 0.007%    Cleland et al; Vox Sang 2012; Ijaz et al;
                                                                 Vox Sang 2012; Hewitt et al. Lancet
                                                                 2014
    Niederlande       1 : 2’700                0.037%            Slot et al; Eurosurv 2013
    Frankreich        1 : 2’218                0.045%            Gallian et al: Emerg Infect Dis 2014
    Österreich        1 : 8’416                0.010%            Fischer et al; PlosOne 2015
    Spanien           1 : 3’333                0.030%            Sauleda et al; Transfusion 2015

    Niederlande       1 : 611                  0.163%            2014/15 (H. Zaaijer et al. Hepatology)

•    Auch bei den Inzidenzen grosse Unterschiede von 1 : 600 bis 1 : 15’000 in Europa.
     Abhängig von Land, Region, Testsystem (Empfindlichkeit, ID/Minipool) Zeitraum und
     Spenderpopulation

                                                                               Swissmedic Bern | CNI | Oktober 2015 | page 20
Transfusionsbedingte Infektionen

• Mehr als 40 HEV TTIDs publiziert (mit Sicherheit ein Underreporting)

   Frankreich: 19 Fälle (2006 bis Oktober 2014); Erythrozytenkonzentrate,
    Thrombozytenkonzentrate sowie Plasma (SD und Amotosalen) (Djoudi et al. 2015)
                   •   9 Patienten welche die HEV Infektion spontan eliminierten
                   •   10 Patienten (alle immunsupprimiert) mit persistierender
                       chronischer Hepatitis E mit Ribavirin behandelt
                   •   2 davon entwickelten eine Leberzirrhose

   Grossbritannien: 60 Empfänger nachverfolgt, davon 43 mit Daten.
    Transmissionsrate 42% (18 Empfänger) 4 Erythrozytenkonzentrate, 4 gepoolte
    TKs, 7 Apherese-TKs, 2 Plasma, 1 gepooltes Granulozytenkonzentrat (Hewitt et al. 2014)
                   •   1 Empfänger mit einer klinischen Hepatitis
     Annahme dass pro Jahr ~ 1200 Spender bei denen eine asymptomatische HEV
      Infektion vorliegt Blut spenden. Davon werden ~ 500 auf Patienten übertragen

                                                                    Swissmedic Bern | CNI | Oktober 2015 | page 21
Transfusionsbedingte Infektionen

• Beispiel: Lookback Fall mit 2 HEV kontaminierten Aphereseplättchen (DE)
   Präparat 1: 120 IU/ml HEV RNA, immunsupprimierter Patient, welcher eine
    chronische Hepatitis entwickelte
   Präparat 2: 495 IU/ml, HEV RNA immukompeteneter Patient (Kind), Serokonversion
       4 weitere Präparate: Keine Übertragung nachgewiesen

                                                                                          TTID ?

                                                                                          sicher

                                                                                          wahrscheinlich

                                                                                          NA

                                                                                          nein

                                                                                          NÀ

                                                                                          NA

 Huzly et al. 2014
                                                              Swissmedic Bern | CNI | Oktober 2015 | page 22
Hohe Prävalenzen/Inzidenzen/ kaum Meldungen

• Gedanken zu denn doch hohen Prävalenzen und Inzidenzen aber sehr
  wenigen Meldungen

   Die meisten Infektionen verlaufen asymptomatisch !

   Werden relevante Krankheitsfälle nicht gemeldet ?

   In der Schweiz nicht meldepflichtig (sollte das ändern) !?

   Werden Hepatitis E Fälle nicht publiziert ?

   Wird eine Hepatitis E Infektion nicht gesucht, nicht gekannt, verkannt (häufig
    falsche Diagnose einer medikamentös-toxischen Hepatopathie mit spontanen Abklingen nach
    Absetzen des verdächtigen Medikamentes)

                                                                     Swissmedic Bern | CNI | Oktober 2015 | page 23
Infektiöse Dosis                      (Viruslasten welche zu TTIDs führen können)

• Daten von transfusionsbedingten Infektionen aus Grossbritannien und
  Frankreich
                        Grossbritannien                                     Frankreich

                                                                    HEV TTID Fälle
                                                                    1.1 x 105 IU/ml
                                                                    1.1 x 105 IU/ml
                                                                    8.9 x 104 IU/ml
                                                                    3.2 x 104 IU/ml
                                                                    3.2 x 104 IU/ml
                                                                    2.8 x 104 IU/ml
                                                                    1.7 x 104 IU/ml
                                                                    6.5 x 103 IU/ml
                                                                    6.0 x 103 IU/ml
                                                                    3.2 x 103 IU/ml
                                                                    3.0 x 103 IU/ml
                                                                    541 IU/ml
                                                                    380 IU/ml

 Hewitt et al. 2014; Colson et al. 2007; Haim-Boukobza et al.      ASNM: Spende assoziiert mit TTIDs
 2012; Hauser et al. 2014; Feray et al. 2014                       Imputabilität Grad 3, sicher)

                                                                                  Swissmedic Bern | CNI | Oktober 2015 | page 24
Plasma für die Fraktionierung

• Virämie bei den Spendern normalerweise bis 106 IU/ml, ausnahmsweise bis
  107 IU/ml
• Auf Grund der hohen HEV Belastung wurden auch positive Plasmapools mit
  100 bis 1000 IU/ml entdeckt

        (Baylis et al. 2013)

                                                       Swissmedic Bern | CNI | Oktober 2015 | page 25
Plasma / Abreicherungskapazitäten

• Die Neutralisationskapazität von im Plasmapool vorhandenen anti-HEV
  Antikörpern ist nur sehr gering ist (1 – 2 logs) bei nackten Viren, keine bei
  Lipid-assoziierten Virus-Partikeln
• Solvent-Detergent Verfahren sind nicht geeignet um nicht behüllte Viren zu
  inaktivieren (Andonov et al. 2014)
• Amtotosalen ebenfalls nur mit bedingter Inaktivierungskapazität. Beschreibung
  einer HEV-Übertragung trotz Amotosalenbehandlung (Andonov et al. 2014; Hauser et
  al. 2014)

• Riboflavin zeigte ebenfalls nur ein begrenztes Reduktionvermögen von einem
  Faktor 100-1000 (Owada et al. 2014)
• Aktuell ist eine «allgemeine» Pooltestung für die Fraktionierung noch nicht
  vorgeschlagen oder gar obligatorisch

                                                              Swissmedic Bern | CNI | Oktober 2015 | page 26
NAT Testung

• Procleix HEV Test auf dem Panther / Tigris (Grifols)
  ID und Minipooltestung möglich; 8.4 IU/ml (6.3 – 12.8 IU/ml)

• HEV Test auf dem Cobas6800/8800 (Roche Diagnostics)
  ID und Minipooltestung möglich; 18.6 IU/ml (15.9 – 22.6 IU/ml)

• GFE Blut, Xelos

• RealStar HEV RT-PCR (Altona) (37.8 IU/ml)*
  hepatitis@ceeram Tools (CEEram) (86.8 IU/ml)*
  ampliCube HEV RT-PCR (Mikrogen) (180.4 IU/ml)*
  *grosse Abhängigkeit vom eingesetzten Extraktionsverfahren und den entsprechenden Volumina

• Frage: Wie empfindlich muss ein NAT System sein ? ID- oder MP Ansatz ?

                                                                                         Swissmedic Bern | CNI | Oktober 2015 | page 27
Risikovergleich Lebensmittel / Blutkomponenten

•   Lebensmittel: Annahmen für Deutschland, wahrscheinlich vergleichbare Situationen in
    NL, FR, GB, CH, AUT,.…
                ~ 320’000 HEV Infektionen in der Gesamtbevölkerung / Jahr
                ~ jeder 250 Einwohner mit HEV infiziert

•   GB: Infektionen über Lebensmittel. Bei einer Serokonversionsrate von 0.1 bis 0.2 liegt
    das Risiko einer Infektion durch Lebensmittel bei ungefähr 1 auf 500 bis 1’000 (Hewitt et
    al. 2014)

•   Blutprodukte: Annahmen für Deutschland, wahrscheinlich vergleichbare Situationen in
    NL, FR, GB, CH, AUT,….
           ~ 3’750 HEV kontaminierte Blutprodukte / Jahr (Huzly et al. 2014)
                ~ 7.4 Millionen Blutkomponenten / Jahr transfundiert (2013)
                ~ Transmissionsrate bei ~ 40% (Hewitt et al. 2014)
                ~ 1’500 Patienten mit HEV «infiziert»
                ~ 30-40% der Patienten sind immunsupprimiert (Huzly et al. 2014)
                ~ 500 Patienten / pro Jahr in DE, bei denen HEV kontaminierte
                 Blutprodukte zu einer gravierenden Erkrankung führen könnte

                                                                                   Swissmedic Bern | CNI | Oktober 2015 | page 28
Risiko Vergleich Blutprodukte und Lebensmittel

• Vergleichbare Zahlen in anderen europäischen Ländern
   NL: ca. 400 HEV positive Spenden pro Jahr (Slot et al. 2013)
   GB: ~ 1’200 HEV RNA positive Spenden. Im Vergleich dazu wahrscheinlich
    etwa 100’000 Infektion via Lebensmittel (Hewitt et al. 2014)
   CH: ~ 340’000 labile Blutkomponenten transfundiert, 1:2’000 Spenden HEV
    RNA positiv, gut 300 Blutkomponenten HEV positiv, ca. 120 Empfänger
    sollten sich mit HEV infiziert haben

• Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass:
   Ein Patient, welcher eine labile Blutkomponente erhält ein Risiko von 1 : 2’000 hat,
    wird der Patient aber mehrfach transfundiert, bzw. 20 mal, dann steigt das
    theoretische Risiko auf 1 : 100
   Insgesamt scheint also das Transfusionsrisiko bei einer Transfusion mindestens bei
    mehrfach-transfundierten Patienten höher zu sein als durch kontaminierte
    Lebensmittel (1:500 – 1:1’000)

                                                                   Swissmedic Bern | CNI | Oktober 2015 | page 29
Frage: Wo sind die erkrankten Empfänger von HEV
     kontaminierten Blutprodukten ???????

                                    Swissmedic Bern | CNI | Oktober 2015 | page 30
Mögliche Optionen für die Blutspendedienste

• Mögliche Optionen:
   Keine Testung
   Spezifische Testung für Risikopatienten
   Generelles Screening

• Testung für immunkompetente Empfänger ist wahrscheinlich nicht notwendig,
  aber Immunsupprimierte, Transplantierte oder Patienten mit vorgeschädigter
  Leber haben theoretisch ein relativ hohes Risiko
• Spezifische Testung Achtung: Logistik resp. Planbarkeit ist nicht einfach
   (wahrscheinlich könnten vorwiegend planbare Transfusionen HEV getestet ablaufen,
   Blutgruppenkompatibilität, CMV, und weitere Anforderung an die Blutkomponenten)

• Wahl der Methodik: NAT mit einer Empfindlichkeit von 100 IU/ml in der
  Einzelspende (um signifikante Senkung der Transmissionsrate zu erreichen)
• ID oder Minipooltestung je nach System (geforderte Empfindlichkeit)

                                                                        Swissmedic Bern | CNI | Oktober 2015 | page 31
Mögliche Optionen für die Blutspendedienste                   (Forts.)

• Multiplexing mit anderen Viren bzw. HAV/PB19V oder HIV/HCV/HBV ?
• Die Kosteneffizienz wäre sicher erhöht. Die gewählte Poolgrösse ist wichtig in
  Bezug auf:
   a) die Empfindlichkeit (hohe Empfindlichkeit für labile Blutkomponenten
    wichtig)
   b) die Anzahl an Poolauflösungen (hohe Inzidenz muss mit berücksichtigt
    werden)

                                                           Swissmedic Bern | CNI | Oktober 2015 | page 32
Andere Optionen insbesondere für Risikopatienten

• Alle Risikopatienten regelmässig auf HEV testen und falls diese anti-HEV /
  HEV RNA positiv, behandeln. So können über Lebensmittel oder Blutprodukte
  erworbene Infektionen vorsorglich behandelt werden
• «Diät» für Risikopatienten

   Achtung könnte HEV enthalten

                                                        Swissmedic Bern | CNI | Oktober 2015 | page 33
Konklusion

• HEV Infektionen werden mit grosser Wahrscheinlich-
  keit unterdiagnostiziert. Das Wissen über die
  Symptomatik von HEV Infektionen nimmt noch zu
• Virämiedauer 2 bis 6 Wochen. Spender in den
  meisten Fällen mit asymptomatischem Verlauf
• Grosse Verbreitung dieses zoonotischen Virus bei
  Hausschweinen, lässt darauf schliessen, dass die
  Inzidenzen in naher Zukunft nicht abnehmen wird
• Durchschnittlich 1 auf 2’000 Blutspender mit HEV infiziert
• HEV wird von kontaminierten Blutprodukten auf Patienten übertragen. Hauptrisiko
  geht von labilen Blutkomponenten, stabile Blutprodukten aus Plasmapools sind
  weniger betroffen
• ~ 2/3 der Patienten eliminieren HEV spontan
• Immunsupprimierte Patienten, insbesondere Patienten nach
  Organtransplantationen haben ein Risiko (Genotyp 3), eine Behandlung ist aber
  möglich

                                                               Swissmedic Bern | CNI | Oktober 2015 | page 34
Konklusion      (Forts.)

• Damit wir auch bei labilen Blutprodukten diese Übertragung verhindern könnten,
  müssten sehr sensitive NAT Systeme zu Einsatz kommen. Um sicher zu sein sollten
  mindestens 100 IU/ml im Blutprodukt nachgewiesen werden können
• Gefährdete Patienten sollten getestet werden, unabhängig von Bluttransfusionen
  (basierend auf ALT, anti-HEV oder HEV RNA ?)
• Eventuell wäre es besser die Nahrungskette sicherer zu machen, Impfung von
  Schweinen gegen HEV, gewisse Lebensmittel meiden, Herstellungsverfahren ?
• Wer sind die Entscheidungsträger ? Behörden, Blutspendedienste, Spitäler (resp.
  behandelnde Ärzte, etc.)

  Hepatits E Virus: Relevanz für das Blutspendewesen ?

           Hepatitis E Virus: Relevanz für Patienten ?

          D’ont forget about me I might be Hepatitis E
                                                            Swissmedic Bern | CNI | Oktober 2015 | page 35
Vielen Dank für Ihre
Aufmerksamkeit

                       Swissmedic Bern | CNI | Oktober 2015 | page 36
Sie können auch lesen