PERSPEKTIVEN FÜR DEN OTC-MARKT IN ÖSTERREICH - STUDIE VON IM AUFTRAG DER - IGEPHA
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Perspektiven für den OTC-Markt in Österreich Studie von iN Zusammenarbeit mit im Auftrag der IGEPHA The Austrian Self Care Association
-1- PROLOG In vielen europäischen Märkten haben sich die Vertriebs- Im Auftrag der IGEPHA hat sich der renommierte kanäle für OTC-Präparate in den vergangenen 30 bis 40 OTC-Markt-Experte Nicholas Hall auf die Suche nach Ant- Jahren deutlich verändert. Bei uns in Österreich sieht das worten gemacht. Gemeinsam mit der OTC-Beratungsgrup- allerdings anders aus: Hier blieb man weitgehend den pe Compass Healthcare analysierte er unterschiedliche herkömmlichen Lösungen treu; ein Wandel fand nur zö- Vertriebsmodelle. Daraus leitete er mögliche Szenarien gerlich statt – wenn überhaupt. für Österreich ab. Es fehlen europaweite Richtlinien; jedes EU-Mitgliedsland Seine darauf basierenden Empfehlungen für den öster- kann im Gesundheitswesen weitgehend unabhängig reichischen Markt zeichnen einen konkreten Weg für die agieren. In Folge finden wir heute in Europa die unter- nächsten Jahre. schiedlichsten Vertriebsmodelle für OTC-Produkte vor. Dennoch drängt die zunehmende Globalisierung auf eine Harmonisierung dieser Vertriebsmodelle. Damit sind auch Änderungen in Österreich zu diskutieren. Aber wie könnten solch neue Vertriebsmodelle aus- sehen? Welche Modelle existieren bereits und wel- che davon sind für uns in Österreich wirklich gangbar? Und nicht zuletzt die wichtige Frage: Wohin müssten sich die allgemeinen Rahmenbedingungen ändern, damit der OTC-Markt auch hier bei uns sein volles Potenzial ent- wickeln kann? IGEPHA The Austrian Self Care Association
-2- -3- INHALTSVERZEICHNIS EDITORIAL NICHOLAS HALL ANALYSIERT OTC-VERTRIEBsformen FÜR IGEPHA Prolog 1 Standort-Apotheken sind in Österreich die erste vor allem in Österreich. Anlaufstelle, wenn es darum geht, verschreibungs- Modelle unterschiedlich liberalisierter Märkte lie- frei erhältliche Arzneimittel, Nahrungsergänzungs- ferten hierzu dabei folgende EU-Mitgliedsländer: Inhaltsverzeichnis 2 mittel, Medizinprodukte, gesundheitlich relevante • Deutschland, Kosmetika und andere Self Care-Produkte käuflich • Tschechien und Editorial 3 zu erwerben. Ergänzend wurde in den vergange- • UK. nen Jahren der Onlinemarkt als zusätzlicher Ver- triebskanal erschlossen. Im Vergleich zu anderen Die Studie beinhaltet umfangreiches Datenmate- Daten und Fakten 4/5 europäischen Ländern ist der Variantenreichtum rial: Marktdaten, relevante Schlüsselfaktoren und des OTC-Vertriebs in unserem Land damit durchaus Perspektiven. Sie ermöglichen es, Vor- und Nach- Konzept der Studie 6/7 überschaubar. teile diverser Entwicklungstendenzen abzuwägen, vorbereitend Maßnahmen zu ergreifen und sich in Dennoch ist davon auszugehen, dass Liberali- Diskussions- und Änderungsprozesse einzubringen Deutschland 8–11 sierungstendenzen nicht vor den österreichi- – kurz gesagt: einen Fahrplan in Richtung Zukunft schen Grenzen Halt machen werden. Für die von zu entwickeln. Tschechien 12–15 der IGEPHA vertretenen OTC-Hersteller sind Infor- mationen und Prognosen hinsichtlich möglicher Auf den folgenden Seiten haben wir die wichtigs- Entwicklungsszenarien daher von großem Interes- ten Inhalte der Studie für Sie zusammengefasst – UK 16/17 se. Zum einen untermauern sie Argumente im be- und nicht zuletzt den Weg visualisiert, den Nicholas reits geführten Diskussionsprozess. Zum anderen Hall für Österreich skizziert. Eine spannende Lek- Österreich 18 ermöglichen sie es den Unternehmen, rechtzeitig türe erwartet Sie – und ich bin gespannt auf einen die Weichen für notwendige Änderungen zu stellen. anschließenden Austausch! Liberalisierung 19 Nicholas Hall hat gemeinsam mit Compass Healthcare potenzielle Entwicklungsperspektiven Ihre Jetzt und in Zukunft – Szenarien 20–23 des OTC-Marktes in Österreich beleuchtet, aktuelle wirtschaftliche Rahmenbedingungen geprüft und Chancen und Risiken anhand unterschiedlicher Auf einen Blick – Fazit 24 Marktszenarien in europäischen Nachbarländern ausgelotet. Mag. Christina Nageler Geschäftsführerin Dabei hat er vor allem jene Faktoren in den Blick der IGEPHA genommen, die essenziell für eine positive Wirt- schaftsentwicklung sind – weltweit, in Europa und IGEPHA The Austrian Self Care Association IGEPHA The Austrian Self Care Association
-4- -5- Daten UND DEUTSCHLAND Fakten 85 % der Apotheken sind Teil einer Einkaufsgemeinschaft. In 4.475 Drogerien finden 7 % des OTC-Umsatzes statt (16 % der OTC-Packungen). Pro-Kopf-Ausgaben für OTC im Vergleich 77 % der Ärzte stellen Grüne Rezepte aus. mit dem Bruttoinlandsprodukt 110 70 Anzahl der Quelle: Nicholas Hall & Co, DB6 2017 (MSP) 100 60 Standortapotheken 90 Ausgaben für OTC pro Kopf und Jahr 80 TSCHECHIEN (Kaufkraftparität) in Tausend Euro 46 45 50 Bruttoinlandsprodukt pro Kopf 70 40 Österreich: 1.352 60 57 40 Apothekenketten dominieren – zwei führende Ketten decken Quelle: CIA Factbook 2017 51 31 45 % des OTC-Umsatzes ab: 50 43 30 Deutschland: 20.429 40 36 Dr. Max: 390 Outlets – 33 % des gesamten OTC-Umsatzes 30 20 Benu: 200 Outlets – 12 % des gesamten OTC-Umsatzes Tschechien: 2.630 Apothekenketten insgesamt: 660 Outlets – 49 % des Umsatzes 20 10 10 UK: 14.208 Apothekengruppen: 1.314 Outlets – 34 % des Umsatzes 0 EUROPA unabhängige Apotheken: 680 Outlets – 17 % des Umsatzes n GESAMT nd ich nd ie 7 % des OTC-Umsatzes finden im Mass Market statt. 86 % des OTC- hl a rre la ech t sc te Eng ch Umsatzes finden in u Ös Ts Europaweit werden De Apotheken statt. pro Kopf und Jahr UK 42,20 Euro für OTC- Produkte ausgegeben. OTC-Umsatz nach Wert: 47 % in Apotheken 53 % im Mass Market Großhandel betreibt Apothekenketten: Entwicklung des OTC-Umsatzes von Anzahl der durchschnittlich von einer Walgreens Boots Alliance: Apothekenkette Boots – 2.376 Outlets 2012 bis 2016 Apotheke versorgten Personen Celesio: Apothekenkette Lloyds Pharmacy – 1.576 Outlets (jährliche Wachstumsrate) Phoenix: Rowlands – 519 Outlets Österreich: + 6,3 % Österreich: 6.418* Deutschland: + 2,4 % Deutschland: 3.970 Tschechien: + 4,3 % Tschechien: 4.030 Österreich 8 % der öffentlichen Apotheken gehören einer Gruppe an, UK: + 2,4 % UK: 4.582 außerdem gibt es 871 ärztliche Hausapotheken – vorwiegend in ländlichen Regionen. (*ohne Hausapotheken) IGEPHA The Austrian Self Care Association IGEPHA The Austrian Self Care Association
-6- - 7- Konzept der Studie Stark regulierter OTC-Markt Die Studie beleuchtet zunächst unterschiedlich liberalisierte OTC-Märkte. Verschiedene Entwicklungstendenzen lassen sich so gut skizzieren. Und Eigenschaften: was können wir aus diesen Erfahrungen unserer europäischen Nachbarn lernen? Diese Frage haben wir Nicholas Hall abschließend gestellt. Ba- • Kein OTC-Verkauf im Mass Market, • keine Deregulierung, CLUSTER 1 sierend auf den Erkenntnissen der Studie hat er für uns wertvolle Emp- • hauptsächlich unabhängige Apotheken, fehlungen für den österreichischen Markt abgeleitet. • Kooperation im Rahmen von Apothekengruppen gestattet sowie • OTC-Freiwahl nicht oder nur eingeschränkt gestattet. Beispiele: In einem ersten Schritt wurden drei Cluster definiert: Deutschland, Österreich, Spanien, Belgien, Frankreich 1. Stark regulierter OTC-Markt, 2. teilweise liberalisierter OTC-Markt und TEILWEISE LIBERALISIERTER OTC-Markt 3. weitgehend liberalisierter OTC-Markt. Eigenschaften: • OTC-Umsatz teilweise im Mass Market, • Deregulierung in einigen Bereichen, CLUSTER 2 Diese drei OTC-Märkte weisen nicht ohne Grund große Unterschiede auf: Durch Vorgaben im Bereich • zunehmend Apothekenketten, der Gesundheitsökonomie und des Sozialwesens nimmt die jeweilige Regierung eines Landes entspre- • mehr Produkte in der Freiwahl sowie chenden Einfluss. Von großer Bedeutung sind auch länderspezifische Gepflogenheiten und traditionell • Dichte der Apothekenstandorte mittelmäßig stark ausgeprägt. praktizierte Lösungen. Das eigentliche Maß an Liberalisierung wird dabei durch unterschiedliche Fakto- Beispiele: ren beeinflusst. Da sind zum einen über Jahrzehnte und Generationen entstandene Verhaltensmuster der Tschechien, Portugal, Finnland, Polen, Schweiz, Italien Konsumenten bzw. Patienten. Sie prägen den OTC-Markt nachhaltig. Doch auch das Ausmaß des Apothe- ken-Monopols ist von großer Bedeutung. Nicholas Hall und sein Team wählten pro Cluster je ein Land aus. Sie beleuchteten zunächst den Status WEITGEHEND LIBERALISIERTER OTC-Markt quo seines OTC-Marktes, um relevante Kennzahlen und Merkmale anschließend mit der Marktsituation in Österreich zu vergleichen. Basierend auf diesen Informationen entwickelten sie schließlich drei mögliche Eigenschaften: Szenarien für die Weiterentwicklung des OTC-Vertriebs in Österreich. Eines davon stellte sich als beson- ders vielversprechend heraus. • OTC-Geschäft im Mass Market bereits hoch entwickelt, • Deregulierung weit fortgeschritten, CLUSTER 3 • Ketten dominieren, sowohl im Bereich der Apotheken als auch bei Drogerien und Supermärkten, sowie Stellvertretend für Cluster 1 wurde der OTC-Markt in Deutschland betrachtet, für Cluster 2 Tschechien und • hohe Konzentration des Einzelhandels. für Cluster 3 UK. Die folgenden Seiten bieten Ihnen einen Überblick über diese drei so unterschiedlichen Beispiele: OTC-Märkte. UK, Schweden, Niederlande, Norwegen IGEPHA The Austrian Self Care Association IGEPHA The Austrian Self Care Association
-8- -9- DEUTSCHLAND: REFORMEN LIESSEN UMSATZ Hochgradig reguliert – damit lässt sich der OTC-Markt in EINBRECHEN Etwa 20.430 Apotheken versorgen in Deutschland 85 % der Apotheken sind in Einkaufsgruppen oder Deutschland wohl am besten beschreiben. Dabei spielt die Bevölkerung mit Arzneimitteln und Gesund- anderen Netzwerken organisiert. Dieser hohe An- der OTC-Umsatz im Mass Market keine große Rolle. heitsprodukten. Damit ist jede Apotheke für die teil erklärt sich aus den Vorteilen, die teilnehmen- Anders sieht es dagegen im Online-Verkauf aus: Hier sind Beratung und medizinische Versorgung von 3.970 de Apotheken aus dieser Einrichtung haben: Einige steigende Tendenzen zu verzeichnen. Deutsche Apothe- Personen zuständig. Hinsichtlich der Standort- dieser Netzwerke wurden vom Großhandel gegrün- ken sind weitgehend unabhängig, organisieren sich aber wahl gibt es keinerlei Einschränkungen. In den In- det und geführt; der damit verbundene vertikale vermehrt in Einkaufsgruppen. nenstädten ist die Apothekendichte entsprechend Support lockt. hoch, während in ländlichen Regionen mehr und Das Jahr 2004 war kein gutes für OTC-Anbieter in Deutschland: Infolge der in diesem Jahr in Kraft mehr Apotheken vor den schwierigen wirtschaftli- Obwohl die Gruppenbildung die Entwicklung von getretenen Reformen erstatteten Krankenkassen nicht länger Ausgaben für OTC-Präparate, die Preisbil- chen Bedingungen kapitulieren. Eigenmarken fördert, spielen Private Label-OTCs dung wurde freigegeben, Online- und Satellitenapotheken wurden legalisiert. Die Folge: Der OTC-Jah- in Deutschland nur eine untergeordnete Rolle: Sie resumsatz erlitt einen gewaltigen Einbruch – er sank um rund 400 Millionen Euro. Es dauerte zehn Jahre, Langsam, aber stetig nimmt die Gesamtzahl der schlagen lediglich mit einem Anteil von 4,4 % am bis dieser Verlust wettgemacht werden konnte. Erst in den Jahren 2011/2012 pendelte sich der OTC-Markt Apotheken in Deutschland ab: 2016 wurden um Umsatz und von 13,5 % an den insgesamt verkauf- wieder auf dem Niveau von 2003 ein. 491 Apotheken weniger gezählt als im Jahr 2013. ten Packungen zu Buche. Nachdem die Reformen im Jahr 2004 den Weg frei machten, richteten 3.117 Hauptstandort- In der Apotheken-Freiwahl sind OTC-Präparate nur apotheken insgesamt 4.281 Satellitenapotheken eingeschränkt verfügbar. Deutschlands OTC-Markt ist der ein. größte Europas Das klassische Bild des erfahrenen Apothekers, der Überraschenderweise führte die Erlaubnis zur am besten weiß, was für den Verbraucher gut und freien Preiskalkulation keineswegs zu einer ech- richtig ist, hat in Deutschland weiterhin Bestand. So Er macht 16 % des gesamteuropäischen ten Preiskonkurrenz zwischen den Apotheken. wundert es nicht, dass sowohl Ärzte als auch Apo- OTC-Umsatzes aus. 2016 betrug der OTC- Ein apothekenpflichtiges OTC-Arzneimittel kos- theker mit ihrer jeweiligen Expertise von den Kon- Umsatz 4,7 Milliarden Euro. Die Deut- tet in Deutschland durchschnittlich 8,78 Euro. Bei sumenten hoch geschätzt sind. Der Empfehlung schen gaben in diesem Jahr pro Kopf nicht-apothekenpflichtigen Produkten ist die Kon- beider Experten wird in der Regel vertraut. durchschnittlich 57,10 Euro für OTC-Pro- kurrenz durch die Vertriebsmöglichkeit im Mass dukte aus. Dies stellt eine deutliche Zu- Market spürbar: Hier liegt der Durchschnittspreis nahme gegenüber 2012 dar: Damals deutlich niedriger, nämlich bei 7,98 Euro. wurden die OTC-Ausgaben mit 52,30 Euro pro Person und Jahr beziffert. Zum Spielte der Preis für Apothekenkunden in Deutsch- Vergleich: Bei uns in Österreich liegen land früher nur eine untergeordnete Rolle, ist heute die Pro-Kopf-Ausgaben für OTC derzeit ein Wandel wahrnehmbar: Die junge Generation um sechs Euro unter denen unserer agiert zunehmend preisbewusster. Onlineapothe- Nachbarn – bei ähnlich hohem BIP. ken und Outlets im Diskontformat können hier- durch an Bedeutung gewinnen. IGEPHA The Austrian Self Care Association IGEPHA The Austrian Self Care Association
- 10 - - 11 - GRÜnes rezept Neu am Markt etabliert hat sich die „Easy“-Apothe- ke mit dem Image eines Diskonters und 115 Out- Die Apotheker greifen auch schon einmal zum Mit- tel des Handelsboykotts. So üben sie Druck auf Her- als erfolgsmodell lets. Viele Produkte sind in der Freiwahl erhältlich. steller aus, die darüber nachdenken, ihre Produkte Zusätzlich werden am Schalter apothekenpflichtige im Mass Market anzubieten. OTC-Arzneimittel ausgegeben. Der Onlinehandel mit OTC-Präparaten gewinnt in Das OTC-Angebot im Mass Market konzentriert sich Deutschland an Bedeutung. Typisch für den Online- in Deutschland auf Nahrungsergänzungsmittel und handel sind aggressive Preisstrategien. Seit 2008 Hautpflegeprodukte, Präparate auf Heilkräuterbasis sind in Deutschland Click&Collect-Systeme mit (beispielsweise Lutschtabletten), Medizinprodukte Pickup-Stellen in Drogeriemärkten gestattet. Hier und Diagnostika. In den 4.475 Drogeriemarkt-Out- können online bestellte Arzneimittel abgeholt wer- lets erzielen 16 % der Packungsverkäufe 7 % des den. Experten rechnen damit, dass sich im Fernab- OTC-Umsatzes. Deutsche Apotheker stehen dem satz der OTC-Markt mit der größten Dynamik wei- OTC-Verkauf im Mass Market naturgemäß kritisch terentwickeln wird. Dies liegt nicht zuletzt an den gegenüber. bei den Verbrauchern attraktiven wettbewerbsfähi- gen Preisen. Nur wenigen Marken gelingt es, in beiden Märkten Präsenz zu zeigen. Seitens der Hersteller erfordert 13 Großhändler versorgen den Apothekenmarkt, dies ein sorgfältiges Management von Strategie und wobei 90 % des Marktes von den fünf größten Un- Portfolio. Oft muss die Entscheidung gefällt werden: ternehmen (Phönix, Walgreens Boots Alliance, Ce- apothekenexklusiv oder im Mass Market platziert? lesio/McKesson, Noweda und Sanacorp) beherrscht werden. Eine Besonderheit bei unseren deutschen Nachbarn stellt das Grüne Rezept dar. 77 % der Ärzte greifen auf diese T Möglichkeit zurück, die Anwendung eines OTC-Präparates zu empfehlen. Das Grüne Rezept erfreut sich auch bei den Z I A Konsumenten großer Beliebtheit: Neun von zehn Grünen Rezepten werden in der Apotheke vorgelegt. Experten sind sich einig: Das Grüne Rezept stärkt nicht nur das Vertrauen Die Rahmenbedingungen F in OTC-Präparate. Es trägt auch dazu bei, die Autorität des Arztes zu unterstreichen und OTC-Verkäufe anzukurbeln. des deutschen OTC-Marktes haben sich seit den Reformen im Jahr 2004 verbessert und sind patientenfreund- licher geworden. Trotz hoher Regle- mentierung und Fragmentierung bietet der deutsche OTC-Markt ein gutes Wachstumspotenzial. Nicholas Hall IGEPHA The Austrian Self Care Association IGEPHA The Austrian Self Care Association
- 12 - - 13 - TSCHECHIEN: Ketten dominieren Apothekenmarkt Ein gut entwickelter und wettbewerbsstarker OTC-Markt Tschechien kämpft mit der Herausforderung stei- Die meisten OTC-Arzneimittel sind in Tschechien – so lässt sich die Lage in Tschechien beschreiben. gender Gesundheitsausgaben – ein Problem, das apothekenpflichtig. Die seit 1998 gültige General Dabei finden nur 7,3 % des OTC-Umsatzes im Mass Market wir in Österreich nur zu gut kennen. In unserem Sales List enthält 51 OTC-Arzneimittel, die auch im statt. Apothekenketten – das ist das Mittel erster Wahl des Nachbarland hatte diese Problematik einerseits Mass Market erhältlich sind. Hier dürfen allerdings tschechischen OTC-Marktes. zur Folge, dass sich die Einstellung gegenüber OTC nur Kleinpackungen und geringere Dosierungen stark verbesserte. abgegeben werden. Insgesamt spielt der Verkauf Selbstmedikation hat in Tschechien eine lange Tradition. Rezeptfreie Arzneimittel und Gesundheitspro- von Arzneimitteln und Gesundheitsprodukten im dukte sind am Markt gut eingeführt. Sie werden klar als Teil des Gesundheitsversorgungssystems akzep- Auf der anderen Seite wurde die Preiserstattung für Mass Market bei unseren tschechischen Nachbarn tiert. Das tschechische Gesundheitssystem insgesamt gilt als gut entwickelt: Es verfügt über eine ver- OTC-Produkte weitgehend abgeschafft. In Tsche- keine große Rolle. Ein Grund dafür findet sich im pflichtende Krankenversicherung und einen kostenlosen Zugang. Seit einiger Zeit wird der Selbstbehalt chien ist außerdem eine verstärkte Bereitschaft zu traditionell hohen Ansehen der Apothekerschaft: für Arzneimittelverschreibungen und Arztbesuche den Verbrauchern nicht mehr in Rechnung gestellt. Er verzeichnen, Arzneimittel aus der Rezeptpflicht zu Der Apotheker gilt als vertrauenswürdiger Gesund- wurde zuvor in Höhe von 30 tschechischen Kronen (1,12 Euro) fällig. entlassen (Rx-to-OTC-Switch). heitsberater. An dieser engen Bindung hat sich bis heute nicht viel geändert. Das Apothekeneigentumsrecht ist in Tschechi- en nicht eingeschränkt, der Mehrfachbesitz von Bis zum Beginn der 2000er-Jahre war die Nachbar- Apotheken möglich. Die Anzahl der Apotheken in schaftsapotheke der Ort, an dem Tschechen tradi- Tschechien veränderte sich in den letzten zehn Jah- tionellerweise OTC-Produkte erwarben. Heute do- Tschechiens OTC-Markt liegt an ren kaum (von 2.617 Apotheken im Jahr 2007 auf minieren die beiden Apothekenketten Dr. Max und 14. Stelle in Europa 2.630 Apotheken im Jahr 2017). Benu sowie die Apothekengruppen Moje lékárna, Alphega, PharmaPoint u. a. den OTC-Vertrieb. OTC-Präparate unterliegen auch in Tschechien einer 1,5 % des gesamteuropäischen OTC-Um- Mit Ausgaben von durchschnittlich freien Preiskalkulation. Preiskonkurrenz findet statt, satzes werden in Tschechien erzielt. Mit 43,06 Euro für OTC-Präparate pro Kopf die Verbraucher suchen nach dem besten Angebot. einem jährlichen Umsatz von 456 Milli- und Jahr liegt Tschechien in der Grup- Für eine abnehmende Zahl an OTC-Präparaten (ak- onen Euro belegt Tschechien so Platz 14 pe der CEE-Staaten weit vorne. Ebenso tuell sind es noch rund 20) wird der Preis von den der europäischen OTC-Märkte. Zum Ver- nimmt Tschechien mit einem OTC-Anteil Krankenkassen zurückerstattet, für diese Produkte gleich: Der österreichische OTC-Markt von 19 % am gesamten Pharmamarkt gilt die Preisregulierung. erreicht einen ganz ähnlichen Jahresum- europaweit eine führende Position ein. satz (451 Millionen Euro). IGEPHA The Austrian Self Care Association IGEPHA The Austrian Self Care Association
- 14 - - 15 - GröSSte apothekenkette: Die Kette Benu, ein Unternehmen der Phoenix Group mit 790 Apotheken in neun Ländern, be- gen werden den Herstellern entsprechende Gebüh- ren verrechnet – hierzu einige Beispiele: Dr. Max treibt 200 Apotheken in Tschechien. Mit einem mo- dernen interaktiven Lagerkonzept, großer Freiwahl, • Produktaufstellung im Regal: 25–35 Euro pro einem hohen Qualitätsanspruch und Angeboten im Monat, Bereich „Dienstleistung und Beratung“ positionie- • sekundäre Platzierung am Schalter und in Gon- ren sich die Kettenapotheken als „Nachbarschafts- deln: 50–100 Euro pro Produkt, Monat und Apo- apotheken“. 600.000 Kunden verwenden die Kun- theke, denkarte „Benu Plus“. • TV-Kampagnen: 40.000–60.000 Euro pro Monat und Rabatte von 10–20 %, Benu bringt 49 Eigenmarkenprodukte in Verkehr. • Flugblatt-Aktionen: 3.000–6.000 Euro und Ra- Hierbei handelt es sich großteils um Nahrungser- batte von 10–20 %. gänzungsmittel. Der Fernabsatz von OTC-Arzneimitteln und Gesund- Der 2008 gegründeten Gruppe Moje lékárna ge- heitsprodukten ist in Tschechien seit 2006 gestat- hören hauptsächlich unabhängige Apotheken an. tet. Der Anteil wird auf 5 % des OTC-Gesamtmarktes Außerdem werden elf eigene Apotheken betrieben. geschätzt. Marktführer im Onlinehandel ist pilulka. Zielgruppe sind Personen im Alter 60+. Moje lékár- cz, ein Webshop, der erst 2015 gelauncht wurde und na arbeitet mit Ärzten zusammen. So kann eine Be- rasch eine führende Position einnahm. Er bedient ratung zu Medikamenteninteraktion, Inkontinenz, sich neuester Technologien und Marketingstrate- Depression, Osteoporose etc. angeboten werden. gien. Pilulka Street betreibt zusätzlich 56 Standort- apotheken. Bewerbung einzelner Produkte lohnt sich für tsche- chische Apothekenketten: Für Promotionsleistun- Die größte Apothekenkette ist Dr. Max Pharmacy mit IT 1.000 Outlets in Tschechien, der Slowakei und Polen, Der Anteil von OTC-Präparaten in Dr. Max-Apotheken Z 6.200 Angestellten und einem Umsatz von 1,05 Mil- ist hoch, dem qualifizierten Personal werden über- A liarden Euro. In Tschechien erzielte Dr. Max 2016 ei- durchschnittliche Gehälter bezahlt. Dafür müssen sie nen Umsatz von 518 Millionen Euro. Das entspricht sich an zentral vorgegebene Empfehlungsrichtlinien einem Plus von 14 % im Vergleich zu 2015. Die Kette halten. Dabei wird die Eigenmarke von „Dr. Max“ for- Die Apothekenketten werden in Tschechien weiter F Dr. Max wurde 2004 gegründet. Ihr rasches Wachstum ciert. Ein Bonusprogramm setzt zusätzliche Anreize. verdankt sie einer aggressiven Strategie: 2012 erwarb wachsen, die Bedeutung von Eigen- das Unternehmen 55 Apotheken von Lloyds und zu- Das 2011 gegründete Unternehmen Dr. Max Pharma sätzlich das pharmazeutische Großhandelsgeschäft gilt als führender Eigenmarkenerzeuger in CEE. Her- marken zunehmen. Bei einem solchen von Gehe. gestellt werden 200 Produkte in allen OTC-Kategorien, Markt wird Eigenmarketing zur die exklusiv in den Apotheken von Dr. Max und im Dr. Kernkompetenz der Industrie. Achtung: Die hochfrequentierten Kettenapotheken erzielen Ein- Max-Onlineshop vertrieben werden. 2016 wurde mit nahmen, die zwei- bis dreimal über dem Marktdurch- dem Verkauf der „Dr. Max“-Eigenmarke ein Umsatz von Zunehmende Erfolge von Eigenmarken schnitt liegen. Der Fokus liegt auf Outlets in Einkaufs- 11 Millionen Euro erzielt. 57 % davon betrafen Nah- können zu Marktanteilsverlusten zentren, die an sieben Tagen pro Woche von 8 bis 20 rungsergänzungsmittel, 18 % rezeptfreie Arzneimittel. für Konkurrenzprodukte führen und Uhr geöffnet haben. mittelgroße Marken generell gefährden! Nicholas Hall IGEPHA The Austrian Self Care Association IGEPHA The Austrian Self Care Association
- 16 - - 17 - UK: 1985 wurde mit der Selected List zusätzlich die Zahl der verschreibungspflichtigen OTC-Präpa- Der Blick auf die Wachstumszahlen im OTC-Markt zeigt aber gleichzeitig die große Bedeutung dieses Eigeninitiative rate eingegrenzt. Für ein weiteres Wachstum des OTC-Marktes sorgen Rx-to-OTC-Switches. UK be- Mass Markets in UK: Die OTC-Umsätze in diesem Vertriebskanal stiegen von 2007 bis 2016 um 26 %. statt rezeptpflicht dient sich dabei eines klar definierten Switch- Vor allem Schmerz-, Erkältungs- und Grippemittel, Verfahrens. Dabei werden generell nur individuel- Präparate zur Linderung von Sodbrennen, Antazi- le Produkte geswitcht, Wirkstoffe an sich hingegen de und Vitaminpräparate werden hauptsächlich im nicht. Was nicht in der Freiwahl angeboten werden Mass Market erstanden. darf und apothekenpflichtig ist, ist ebenfalls klar definiert: neue OTC-Präparate, große Packungsvo- OTC-Eigenmarken sind in UK wirtschaftlich sehr er- lumina und höhere Dosierungen. folgreich. Sie erweisen sich als führend in etlichen Von „alles auf Rezept“ zu „Ich kann meine Medikamente auch selbst kaufen!“ – in UK wurde dieser Schritt be- Kategorien (z. B. Analgetika). Eigenmarken bieten reits vollzogen. Das Ergebnis: ein weitgehend liberalisierter OTC-Markt. Der Hintergrund: notwendige Spar- Der Apotheker als erste Anlaufstelle in Gesund- ein großes Umsatzpotenzial: Die Zahl der verkauf- maßnahmen bei den öffentlichen Ausgaben für Medikamente. Nur mehr 47 % des OTC-Umsatzes finden heitsfragen – auch in UK ein erklärtes Ziel. 2003 ten Packungen blieb bei Eigenmarken-Produkten heutzutage noch in Apotheken des UK statt. wurden Pharmazeuten in dieser Rolle durch ein von 2012 bis 2016 zwar gleich. Der Umsatz nahm neues Gesetz gestärkt. Dies blieb nicht ohne Fol- gleichzeitig aber um 11 % zu. Preiswerte Produkte, gen: Bis 2005 hatten sich bereits 95 % der Apothe- die gleichzeitig als vertrauenswürdig und wirksam ker vertraglich für die Bereitstellung von Pharmacy gelten – das ist es, wonach Verbraucher vor allem UK ist der fünftgrößte OTC-Markt Von den 14.200 vorhandenen Apotheken in UK Services verpflichtet. Ganz uneigennützig musste in wirtschaftlich unruhigen Zeiten suchen. Dies ist in Europa gehört fast jede zweite einer Kette an. Die stärksten dies nicht erfolgen: Zusätzliche finanzielle Unter- sicherlich einer der Gründe für den wirtschaftlichen fünf Apothekenketten stellen damit 38 % aller stützung lockte. Da die Apotheken in UK im Preis- Erfolg der Eigenmarken. Apotheken. kampf mit dem Mass Market nahezu chancenlos Sein Anteil von 2,4 Milliarden Euro machen sind, bietet sich ihnen hier außerdem eine neue Sechs Monate Exklusivität bei Neueinführung eines 8 % des europäischen Gesamtumsatzes UK ist Europas Vorreiter in Sachen Deregulierung Profilierungsmöglichkeit gegenüber diesem ihrem Produktes – der Traum jedes Apothekers! Für die aus. Dabei liegen die Pro-Kopf-Ausgaben und Liberalisierung des OTC-Marktes. Bereits 1968 stärksten Konkurrenten: Als „Points of Care“ kön- UK-Apothekenkette Boots ist dies gelebte Wirklich- für OTC bei mäßigen 36,48 Euro pro Jahr. wurde eine General Sales List für OTC-Präparate ge- nen sie fundierte Beratung durch Fachpersonal als keit – und nur ein Beispiel für die ungeheuer starke Der Markt wächst zudem nur schwach. schaffen. Damit waren dem Mass Market Tür und Tor stärksten Aktivposten ausspielen. Verhandlungsposition der großen Apotheken- und Eine wichtige Rolle spielen Eigenmarken. geöffnet. Jedes eingetragene Einzelhandelsgeschäft Supermarktketten gegenüber der Industrie in UK. IT Sie waren 2016 für 11 % des OTC-Umsat- – sei es Supermarkt, Reformhaus, Drogerie oder re- Z zes verantwortlich und machten so 27 % gionales Geschäft – darf sämtliche auf der General A der verkauften Packungen aus. Die Preise Sales List befindliche Präparate anbieten. Ibuprofen OTC-Hersteller können für OTC dürfen frei kalkuliert werden. Dies neben Waschmittel und Haferflocken im Einkaufs- führt nicht nur zu hoher Preiskonkurrenz nur dann Produkte erfolgreich wagen – in UK ganz normaler Alltag. F in den einzelnen Vertriebskanälen. Auch am UK-Markt positionieren, wenn das OTC-Wertwachstum fällt nur beschei- sie in ihrer Marketingstrategie mehrere den aus. Vertriebskanäle berücksichtigen. Nur so können sie möglichst große Zielgruppen erreichen und den Zugang zu den Produkten flächendeckend ermöglichen. Zentrales Marketingziel: Marken in den Regalen der führenden Ketten prominent zu platzieren! Nicholas Hall IGEPHA The Austrian Self Care Association IGEPHA The Austrian Self Care Association
- 18 - - 19 - Österreich: Liberalisierung – Konservativ, aber nicht unbedingt der erfolgreich Stein der Weisen Überdurchschnittlich gute wertmäßige Entwicklung im OTC-Markt – das zeichnete Österreich in den letz- Wie sähe aber nun der optimale Weg für Österreich aus? Welche Weiterentwicklung ist wünschenswert? ten Jahren aus. Von Wandel ist in unserem Land allerdings nicht viel zu spüren. Für eingetragene OTC-Arz- Der Vergleich mit den unterschiedlich stark liberalisierten anderen europäischen Märkten liefert hier viele neimittel gilt wie eh und je die Apothekenpflicht. Ansätze. Bei unseren europäischen Nachbarn sind derzeit • qualitativ hohe Gesundheitsstandards gewähr- Außerdem ist Kettenbildung bei Apotheken nicht Österreich belegt Platz 10 des euro- unter schiedliche Entwicklungen im Bereich des leistet sind, zulässig, Preiskonkurrenz aufgrund verbotener päischen OTC-Marktes OTC-Vertriebs zu beobachten: • Gewinninteressen nicht der Vorzug gegenüber freier Preisbewerbung kaum vorhanden, Freiwahl Vorteilen für die Volksgesundheit gegeben wird für Arzneimittel nicht erlaubt. Einzig der Fern- Auch wenn der Zuwachs bei den verkauften • Deutschland, Frankreich und Spanien behal- und absatz von rezeptfreien Arzneimitteln bietet seit Packungen geringer ausfiel – mit 51 Euro ten den aktuellen Status quo mit weitgehender • funktionierende Strukturen erhalten bleiben. 2015 österreichischen Apotheken eine neue Ab- durchschnittlichen Pro-Kopf-Ausgaben für Regulierung bei, obwohl auch Frankreich die satzform. Doch beim hart umkämpften Online- OTC-Präparate steht unser Land europaweit OTC-Freiwahl in Apotheken eingeführt hat, Dennoch sollten wir zwei Triebkräfte nicht außer handel stehen hiesige Anbieter in Konkurrenz zu an 10. Stelle. • Ungarn und Polen nehmen den aktuellen dere- Acht lassen, die auf Wandel drängen – wie auch im- anderen europäischen Playern. gulierten Status quo wieder zurück, mer er aussehen mag: • UK und die Niederlande halten am aktuellen de- regulierten Status quo fest, • Wir werden älter. Durchschnittlich erreichen wir • die Schweiz baut auf weitere Liberalisierung. heute ein höheres Alter als noch unsere Großel- Auffallend ist die wesentlich geringere Dichte an Für Arzneimittel gelten festgesetzte Höchstpreise, tern. Das ist wunderbar, stellt aber das öffentli- Apotheken in Österreich im Vergleich zu ande- die nicht überschritten werden dürfen. Zwar sind Liberalisierung also das Mittel der Wahl? che Gesundheitssystem vor die wachsende He- ren europäischen Märkten – und das, obwohl die Preisnachlässe für bestimmte Kundengruppen rausforderung, diese Entwicklung zu finanzieren. Zahl der Apotheken von 2007 bis 2016 bereits um zulässig. Doch da diese nicht beworben werden Liberalisierung scheint schon seit Jahren europa- • Wir interessieren uns für unsere Gesundheit. 11 % auf 1.352 anstieg. Der Gesetzgeber gestattet dürfen – auch nicht in den Online-Shops –, sind weit das Zauberwort zu sein, wenn es um Weiter- Und damit sind wir quasi mündig geworden. pro Hauptapotheke zusätzlich eine Filialapotheke österreichische Onlineapotheken gegenüber ihrer entwicklung geht – egal, ob im Bankengeschäft, bei Wir informieren uns aktiv über Gesundheit und im Umkreis von vier Kilometern. Von dieser Mög- ausländischen Konkurrenz klar benachteiligt. der Grundversorgung mit Trinkwasser und Energie Self Care und befassen uns mit neuen Optionen lichkeit machten 2016 insgesamt 28 Apotheken oder eben bei der Gesundheitsversorgung. Doch und Lösungen. Das dabei angestrebte Ziel: unser Gebrauch. 2016 gehörten 8 % der österreichischen Apothe- negative Erfahrungen sorgten sehr schnell für eine ganz persönliches Wohlbefinden, unsere Fitness ken einer Gruppe an. Hervorzuheben sind die Rat Entzauberung: Ohne entsprechende Kontrolle er- und unsere Lebensqualität zu verbessern. Hinzu kommen allerdings in ländlichen Gebieten & Tat-Gruppe mit 93 Mitgliedern und die Team wiesen sich viele Liberalisierungsmaßnahmen bald 871 von Ärzten geführte sogenannte „Hausapothe- Santé-Gruppe mit 11 Mitgliedsapotheken. als kontraproduktiv. Wie könnte angesichts dieser Entwicklung nun also ken“. Ihre Besitzer sind befugt, Arzneimittel an Pati- ein passendes Szenario für uns in Österreich aus- enten abzugeben. Vor allem hinsichtlich der Gesundheitsversorgung sehen? sind Politik und Bevölkerung inzwischen zu der Überzeugung gelangt, dass Kontrolle in diesem Be- reich wichtig ist. Dadurch kann sichergestellt wer- den, dass IGEPHA The Austrian Self Care Association IGEPHA The Austrian Self Care Association
- 20 - - 21 - Jetzt und in zukunft: Szenario 1 apotheken bleiben Kein Wandel – keinerlei Liberalisierung erste anlaufstelle VISION Unabhängig von unterschiedlichen Liberalisierungstendenzen scheint eines sicher: In den meis- An den regulativen Rahmenbedingungen ändert sich ten europäischen Ländern behält die Apotheke ihre Schlüsselfunktion im OTC-Geschäft. Europa- nichts. Weiterhin ist der Verkauf von OTC-Arzneimitteln weit sind Apotheken für 86 % des OTC-Umsatzes verantwortlich. Woran sonst wäre deutlicher zu im Mass Market verboten. Die Apotheken bleiben un- erkennen: Apotheken sind und bleiben der wichtigste Partner für die OTC-Industrie. abhängig und dürfen auch keine OTC-Arzneimittel in der Freiwahl anbieten. Preisaktionen dürfen weiterhin Um das beste Szenario für den OTC-Vertrieb in Österreich zu entwickeln, müssen wir zunächst nicht beworben werden. Die Aktivität der Onlineapo- die Faktoren betrachten, die kurz- und mittelfristig Einflüsse auf den Markt haben können. Fol- theken bleibt auf demselben Stand wie heute. Ärztli- gende Faktoren würden das OTC-Geschäft stark beeinflussen: che Hausapotheken bleiben bestehen und die öffentli- chen Apotheken konzentrieren sich auf Rx. Kettenbildung, OTC-Verkauf multinationale verstärkte Zunahme auch im Mass Besitzverhältnisse Präsenz von des Online- Market in Bezug auf Apo- Eigenmarken geschäfts theken Folgen für die OTC-Industrie Folgende Faktoren zeichnen sich durch einen geringeren Einfluss aus: Contra Pro Angebot von Lockerung von Das volle Potenzial des OTC-Geschäf- Das bisherige, erfolgreiche OTC-Geschäft Beschränkungen rückläufige Zahl freie Preis- OTC-Arznei- der ärztlichen tes entfaltet sich nicht. wird fortgesetzt. mitteln in der zur Neugründung kalkulation von Apotheken Hausapotheken Freiwahl Es besteht die Gefahr von negativen Die starke Marktposition der Industrie im äußeren Einflüssen (Onlineapothe- Dialog mit voneinander unabhängig agie- Aufheben der Forcierung ken) bei gleichzeitigem internen Still- renden Apotheken bleibt erhalten. Stärkung der Beschränkungen einer Koopera- stand. Rolle der Apo- hinsichtlich der tion zwischen theke als „Point Es gibt kaum Konkurrenz durch Eigenmar- Bewerbung von Apotheken und of Care“ Der wirtschaftliche Erfolg der Apothe- ken. Preisaktionen OTC-Industrie ken geht auf Dauer zurück. Umsatz und Gewinnspannen bleiben stabil. Je nach Kombination der genannten Faktoren ergeben sich so drei unterschiedliche Szenarien: IGEPHA The Austrian Self Care Association IGEPHA The Austrian Self Care Association
- 22 - - 23 - Szenario 2 Szenario 3 Allmählicher Wandel – leichte Liberali- Radikale Änderungen – sierung mit entsprechender Kontrolle vollständige Liberalisierung VISION VISION Die Rahmenbedingungen bleiben gleich: Es gibt kein OTC im Mass Durch massive Deregulierung der Rahmenbedingungen wird der OTC-Verkauf für Market, Apotheken bleiben unabhängig. Als Neuerungen werden nun den Mass Market freigegeben. Beschränkungen für den Apothekenbesitz fallen aber OTC-Arzneimittel in der Freiwahl angeboten. Außerdem dürfen und OTC-Arzneimittel sind in der Freiwahl verfügbar. Es entsteht eine Preiskon- Preisaktionen beworben werden. Die Apotheke darf „Point of Care“- kurrenz durch Erlaubnis einer freien Preisgestaltung. Apothekenketten erobern Dienstleistungen anbieten und empfiehlt verstärkt OTC-Produkte. Dabei Österreich. Dadurch stehen unabhängige Apotheken vor der Entscheidung, sich finden mehr verkaufsfördernde Aktivitäten am Point of Sale statt. Um einer Kette anzuschließen oder zu schließen. Drogeriemärkte steigen ins OTC- die Produkte entsprechend zu bewerben, wird eine engere Kooperation Geschäft ein und treten mit den neuen Apothekenketten hinsichtlich des OTC- zwischen Apotheke und Industrie aufgebaut. Außerdem werden Koopera- Geschäftes in Konkurrenz. Infolgedessen platzieren die Ketten sich mit Eigen- tionen zwischen Apotheken sowie Franchisemodelle forciert. marken in den OTC-Regalen und diktieren der Industrie die Kooperationsregeln. Folgen für die OTC-Industrie Folgen für die OTC-Industrie Contra Pro Contra Pro Kooperationen zwischen Apotheken und Das aktuell unterentwickelte Potenzial von Industrie verliert an Einflussmöglichkeiten, OTC ist breiter verfügbar (durch zusätzlichen Franchisemodelle könnten den Erfolg der OTC kann sich frei entfalten. die Abhängigkeit von einigen wenigen Ein- Verkauf in Drogerien, Tankstellen und Super- Industrie einschränken, vor allem wenn zelhandelsorganisationen nimmt zu. märkten). Das OTC-Geschäft entwickelt sich positiv weiter. die Konkurrenz durch Eigenmarken zu- Die bisherige Marktposition der Industrie im Preiskonkurrenz drückt die Gewinnspannen. nimmt und der Preisdruck steigt. Durch das Key Account Management in Zu- Dialog mit den unabhängigen Apotheken Eigenmarken bremsen den Erfolg von sammenarbeit mit den Apothekenketten sind Mehrkosten durch einen differenzierteren bleibt erhalten. Gleichzeitig erhält das Key Ac- herkömmlichen OTC-Marken. in einem solchen Szenario die Aktivitäten in Marketing-Mix, Rabattaktionen und In- count Management in der Zusammenarbeit Österreich leichter umzusetzen. vestitionen am Point of Sale sind denkbar. Das gesamte OTC-Geschäft wird zuneh- mit Gruppen und Apotheken-Kooperationen mend international, Vereinbarungen wer- Gewinnspannen könnten unter Druck ge- einen neuen Stellenwert. den für Gesamteuropa getroffen. raten. Eigenmarken und Preiskriege stellen keine Marketingausgaben der OTC-Firmen für große Bedrohung dar. Gleichzeitig eröffnet ein den Handel steigen. detailreicher Marketing-Mix mehr Chancen. Profite gehen zurück. Die Partnerschaft zwischen Industrie und Apo- theke wird gestärkt, wodurch der wirtschaftli- Kleine und mittlere OTC-Unternehmen che Erfolg des OTC-Verkaufs beschleunigt wird. geraten in wirtschaftliche Bedrängnis. IGEPHA The Austrian Self Care Association IGEPHA The Austrian Self Care Association
- 24 - AUF einen Blick Empfehlungen für Österreich FAZ IT Volles Potenzial des OTC-Geschäfts entfalten Ein allmählicher, nachhaltiger Wandel im Be- reich der Vertriebswege hin zu einer entspre- chend regulierten Liberalisierung kann das OTC-Geschäft in Österreich optimal fördern. Dies führt zu einer sicheren Wachstumspro- gnose für die Zukunft. Dazu ist es unbedingt erforderlich, die Zusammenarbeit mit den Apotheken weiter zu stärken! Nicholas Hall umfassenden AllmählicheN wandel an- streben – So könnte es aussehen: Die Schlüsselregulierungen bleiben unverändert: 1 Die Apotheken verstärken ihr Engagement in Sachen „OTC“ und sorgen für eine professionelle 3 • kein OTC auf dem Massenmarkt Präsentation der OTC-Produkte: • unabhängige Apotheken • aktive Empfehlung und Beratung • OTC Category Management 2 • Aktivierung des Point of Sale (OTC-Freiwahl, Opti- Eine selektive Deregulierung stimuliert mierung der Warenpräsentation und der Gestaltung den OTC-Markt: des Verkaufsraumes) • OTC-Freiwahl in Apotheken • voller Marketing-Mix (einschließlich selektiver Preis- promotion) • konkrete Bewerbung preislicher Angebote erlaubt (Ende der Diskriminierung österreichischer Apothe- • Industrie-Kooperationen ken gegenüber ausländischen Onlineapotheken) • Stärken der rechtlichen Stellung der Pharmazeutisch- Kaufmännischen Assistenten (PKAs) Dies alles geht Hand in Hand mit der 4 verstärkten Rolle der Apotheken als • gesetzliche Öffnung für ausgewählte Gesundheits- Gesundheitsdienstleister: IMPRESSUM dienstleistungen in der Apotheke („Pharmacy Perspektiven für den OTC-Markt in Österreich | Studie von Nicholas Hall – Benchmarking the world of OTC – in Zusammenarbeit mit Denkbar wäre, dass in der Apotheke in Zukunft Impfungen Point of Care“) Compass Healthcare, im Auftrag der IGEPHA 2017 | Verantwortlich für den Inhalt: IGEPHA – The Austrian Self Care Association | Dornbacher vorgenommen, Folgerezepte ausgestellt und Leistungen Straße 49/1, 1170 Wien | Tel.: +43 1 914 95 12 | Fax: +43 1 914 95 12-12 | office@igepha.at | www.igepha.at | Redaktion: Mag. Christina der Gesundheitsvorsorge erbracht werden können. Nageler | Fotos: Fotolia, IGEPHA, Grünes Rezept: Kaspar Müller-Bringmann, Apotheke Tschechien: APATYKÁŘ® | Gestaltung: Renate Majer, www.highdesign.at | Druck: Johann Sandler GesmbH & Co KG, www.sandler.at | Die in dieser Publikation verwendeten Personen- und IGEPHA The Austrian Self Care Association Berufsbezeichnungen treten der besseren Lesbarkeit halber nur in der männlichen Form auf, sind aber natürlich gleichwertig auf beide Geschlechter bezogen.
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