PFLEGEIMMOBILIEN VOM NISCHENPRODUKT ZUM LIEBLING INSTITUTIONELLER INVESTOREN - REPORT
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INHALT 01 VORWORT S. 04 02 PFLEGEIMMOBILIEN: MARKT & TREIBER S. 06 1. LÄNGER SELBSTSTÄNDIG LEBEN S. 08 2. INVESTMENTMARKT PFLEGEIMMOBILIEN S. 14 3. EXPERTENMEINUNG: ZÄHLEN ESG-KRITERIEN BEI PFLEGEIMMOBILIEN? S. 16 4. IM INTERVIEW S. 20 03 STATIONÄR, AMBULANT ODER HYBRID: PFLEGEFORMEN IM WANDEL S. 22 1. AMBULANT, STATIONÄR ODER DURCH ANGEHÖRIGE: WIE ENTWICKELN SICH PFLEGEMODELLE? S. 24 2. BETREUTES WOHNEN: PFLEGE, DIE SKALIERBAR IST S. 30 3. EXKURS: DAS LUXUSSEGMENT S. 36 4. IM INTERVIEW S. 38 5. INTENSIVPFLEGE S. 42 PFLEGE 04 DAS C&W- PFLEGEBAROMETER S. 44 05 IMMOBILIEN FAZIT & AUSBLICK S. 48 06 KONTAKT S. 52 02 PFLEGEIMMOBILIEN REPORT I CUSHMAN & WAKEFIELD PFLEGEIMMOBILIEN REPORT I CUSHMAN & WAKEFIELD 03
VORWORT Klatschen für die Pflegeberufe. Die Covid-19-Pan- institutioneller Investoren entwickelt. Das In- demie rückt Krankenhäuser, Pflegeheime und die vestitionsvolumen H1 2021 in Höhe von 920 Mil- Menschen, die in diesen Immobilien arbeiten und lionen Euro wurde lediglich durch den massiven leben, noch einmal in den Fokus. Auch wenn po- Produktmangel limitiert. Im Jahr 2020 wurde litische Debatten um Gehälter in diesen Berufen die Spitzenrendite für Pflegeimmobilientrans- älter sind als das Corona-Virus, geht es jetzt er- aktionen nochmals unterboten und erreichte die neut um Fragen wie: Was ist gute Pflege wert? 4,0 Prozent-Marke. Wir erwarten, dass diese im Wie muss der Betreuungsschlüssel aussehen? Jahr 2021 nochmals unterschritten wird. Und für uns auch: Was bedeutet diese Entwick- lung für Immobilien? COVID-19 hat nicht nur Deutschland, sondern Pflegeimmobilien die gesamte Welt verändert. Seit Anfang 2020 haben wir die wirtschaftlichen, aber auch die haben sich in den vergangenen Jahren gesellschaftlichen Folgen der Pandemie zu spü- ren bekommen. Schnell war klar: Die Altersgrup- vom Nischenprodukt pen der über 65-Jährigen besitzen das höchste Mortalitätsrisiko. Bewohner von Pflegeheimen zum Liebling vieler benötigen deshalb kollektiven Schutz. Mit die- sem Report analysieren wir den Pflege-Sektor, betrachten aktuelle Marktdaten und analysieren die Branche auch mit Hilfe unseres neuen Pfle- gebarometers. Dabei werfen wir auch immer institutioneller wieder einen Blick auf die Auswirkungen der Pandemie auf den Sektor. Investoren entwickelt. Lesen Sie mehr zur aufstrebenden Asset-Klas- Außerdem: Welche alternativen Pflege- und se in unserem Interview mit Valérie Bensiek und Wohnformen fördern Eigenständigkeit und Felix von Braun. Valérie Bensiek, Head of As- Selbstbestimmung im Alter? Betreutes Wohnen set Management Germany des französischen oder Pflegewohngemeinschaften gewinnen an Healthcare-Immobilien Investors Icade, ist für Beliebtheit und verzeichneten in den vergange- die Expansion im deutschen Markt zuständig nen Jahren steigende Marktanteile. Und auch in und ordnet den hiesigen Markt aus Sicht eines der Intensivpflege tut sich einiges. Erfahren Sie internationalen Investors für uns ein. Felix von mehr über die ambulante Intensivpflege in den ei- Braun, CEO der DPF AG, spricht mit uns über genen vier Wänden und die 24-Stunden-Betreu- innovative Konzepte des Betreuten Wohnens PFLEGE ung in speziellen Intensivpflege-Einrichtungen. im Luxus-Segment. Zudem freuen wir uns, eine Experteneinschätzung des marktführenden Pro- Mit der Corona-Pandemie werden Gesund- jektentwicklers Cureus zur Pflegeimmobilie der heitsimmobilien einmal mehr ein krisensicheres Zukunft mit Ihnen zu teilen. Investment für Investoren. Pflegeimmobilien sind Deutschlands Wachstumsmarkt Nummer Wir wünschen viel Spaß bei der Lektüre. eins und haben sich in den vergangenen Jah- IMMOBILIEN ren vom Nischenprodukt zum Liebling vieler Jan-Bastian Knod Head of Healthcare Advisory Co-Head of Residential Advisory 04 PFLEGEIMMOBILIEN REPORT I CUSHMAN & WAKEFIELD PFLEGEIMMOBILIEN REPORT I CUSHMAN & WAKEFIELD 05
02 06 PFLEGEIMMOBILIEN REPORT I CUSHMAN & WAKEFIELD MARKT & TREIBER PFLEGEIMMOBILIEN: PFLEGEIMMOBILIEN REPORT I CUSHMAN & WAKEFIELD 07
MARKT & TREIBER 1. LÄNGER SELBSTSTÄNDIG LEBEN Der Anteil der Generation 60+ wächst. Und mit ihm wächst auch die Nachfrage nach stationären Pflegeheimen und alternativen Pflegewohnfor- men in Deutschland. Bereits im Jahr 2019 zählten fast 30 Prozent der Bevölkerung zu den Ü60ern. Das entspricht circa 24,1 Millionen Bundesbür- gern. Die geburtenstarken Jahrgänge der Jahre 1946 bis 1967 – die sogenannten Babyboomer – erreichen jedoch erst jetzt das Rentenalter und steigern dann in zehn bis fünfzehn Jahren noch einmal die Nachfrage nach Pflegeleistungen. 83,2 MIO. MENSCHEN 90 90 90 80 80 80 70 70 70 60 60 60 50 50 50 40 40 40 DER DEMOGRAFISCHE 30 30 30 20 20 20 10 10 10 2019 2030 2060 WANDEL WIRKT SICH DRASTISCH AUF DAS ■ Frauen ■ Männer Quelle: Statistisches Bundesamt (Destatis), Cushman & Wakefield RENTENSYSTEM AUS. 08 PFLEGEIMMOBILIEN REPORT I CUSHMAN & WAKEFIELD PFLEGEIMMOBILIEN REPORT I CUSHMAN & WAKEFIELD 09
MARKT & TREIBER Verhältnis Beitragszahler zu Altersrentnern der Altersgruppen 1871 bis 2060 gesetzlichen Rentenversicherung (1962 bis 2019) 50 45 2019 1:2,1 40 35 30 25 1992 20 1:2,7 15 10 5 - 1871 1939 1960 1980 2000 2010 2019 2030 2040 2060 ■ unter 20 Jahre ■ 65 – 79 Jahre ■ ab 80 Jahren Quelle: Statistisches Bundesamt (Destatis), 1982 1:3,5 Cushman & Wakefield Engpass bei der Altersrente Der demografische Wandel wirkt sich dras- ergeben sich auch zwischen ländlichen Regio- tisch auf das Rentensystem aus. Lag das Ver- nen und großen Städten: Stark urbanisierte Re- hältnis der Beitragszahler zu Altersrentnern gionen wie Hamburg oder München sind jünger im Jahr 1960 noch bei einem Altersrentner je als die ländlichen Regionen. Grund sind die hö- sechs Beitragszahlern, waren es 2019 lediglich noch 2,1 Beitragszahler je Altersrentner. Diese here Lebensqualität und ein besseres Arbeits- und Ausbildungsangebot in den Städten und 1972 1:4,2 Entwicklung wird sich verstärken. Damit steht Zuzugsregionen. Diese Faktoren ziehen junge das Umlageverfahren zur Finanzierung unse- Menschen an. Weiterer Verjüngungseffekt: Die res Sozialversicherungssystems auf schwachen Migration. Migranten sind häufig jünger als die Beinen. Um dem drohenden Engpass entgegen- deutsche Durchschnittsbevölkerung. zuwirken, gilt seit Anfang 2018 ein Beitragssatz von 18,6 Prozent. Dennoch: Laut der Deutschen 1962 Rentenversicherung muss dieser Wert bis 2023 auf bis zu 19,3 Prozent steigen, um die Alters- 1:6,0 rente mittelfristig zu sichern. Dieser demografische Wandel ist ein bundes- ■ Bezieher einer Altersrente ■ Beitragszahler weites Phänomen. Dennoch gibt es regionale Unterschiede. Vor allem in den neuen Bundes- Quelle: Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung, ländern steht die Alterspyramide Kopf. Doch Cushman & Wakefield auch die alten Bundesländer werden in den kommenden Jahren nachziehen. Unterschiede 10 PFLEGEIMMOBILIEN REPORT I CUSHMAN & WAKEFIELD PFLEGEIMMOBILIEN REPORT I CUSHMAN & WAKEFIELD 11
MARKT & TREIBER Länger selbstständig leben Die Angehörigen-Pflege nimmt weiter ab: Grund Und somit auch der Anteil der Pflegebedürfti- sind kleinere Haushalte, in denen nur eine Gene- gen. Zwischen 2003 und 2019 stieg dieser Wert ration lebt. Hinzu kommt, dass Menschen heu- um ganze 99 Prozent. Doch auch in jüngeren te für ihren Beruf häufiger von der Herkunfts- Bevölkerungsgruppen wächst die Zahl: bei den region wegziehen. Ältere Menschen sind in den unter 75-Jährigen zwischen 2003 und 2019 um letzen Jahren ihres Lebens dann alleine. mehr als 71 Prozent auf knapp 1,32 Millionen. Die gestiegene Lebenserwartung sorgt dafür, dass der Anteil der über 65-Jährigen zunimmt. 1991 bis 2035 Entwicklung Haushaltsgröße und -anzahl 20 18 16 14 in Millionen 12 DIE ZAHL DER EIN- UND 10 8 6 4 ZWEI-PERSONEN-HAUS- 2 - 1 Person 2 Personen 3 Personen 4 Personen und mehr ■ 1991 ■ 2019 ■ 2035 HALTE NIMMT BIS 2035 Quelle: Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung, Cushman & Wakefield 2003 bis 2019 Entwicklung Pflegebedürftiger 4.500.000 DRASTISCH ZU. DIE PFLEGE DURCH ANGE- Anzahl Pflegebedürftige 4.000.000 3.500.000 3.000.000 2.500.000 HÖRIGE WIRD DADURCH 2.000.000 1.500.000 1.000.000 ERSCHWERT. 500.000 - 2003 2005 2007 2009 2011 2013 2015 2017 2019 ■ Unter 75 Jahre ■ 75 bis 85 Jahre ■ 85 bis 90 Jahre ■ 90 Jahre oder älter Quelle: Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung, Cushman & Wakefield 12 PFLEGEIMMOBILIEN REPORT I CUSHMAN & WAKEFIELD PFLEGEIMMOBILIEN REPORT I CUSHMAN & WAKEFIELD 13
MARKT & TREIBER 2. INVESTMENTMARKT PFLEGEIMMOBILIEN Aber auch die Reputation und Marktdurchdrin- Pflegeimmobilien haben sich in den letzten Jah- gung der Träger sind entscheidend: Insbeson- ren von einem Nischenprodukt hin zu einer äu- dere regionale, private Träger tun sich schwer ßerst nachgefragten Asset-Klasse entwickelt. im Gegensatz zu den freigemeinnützigen, öf- Dominierten vor einigen Jahren Spezialinvesto- fentlich-rechtlichen Betreibern – sie haben eine ren den Markt, haben sich nun auch institutio- deutlich höhere Auslastung. Synergie- und nelle Investoren etabliert. Sie streben nach Si- Kopplungseffekte mit anderen Einrichtungen im cherheit, Stabilität und Planbarkeit besonders Gesundheitssegment, beispielsweise Kranken- in einem durch Corona unsicheren Umfeld – ein häuser oder Dienste in der ambulanten medizini- Bedürfnis, das durch die langfristig wertgesi- schen Versorgung, binden Pflegebedürftige teils cherten Mietverträge der Pflegeimmobilien ge- früh an einen öffentlich-rechtlichen Betreiber. stillt werden kann. So lag das Transaktionsvolumen für Pflegeim- mobilien im Jahr 2020 bei einem Rekordwert von circa 3,16 Milliarden Euro, was le- diglich durch den Mangel an Produkt Der Betreibermarkt in Deutschland hat sich in pandierende große Betreiberketten. Auch wenn am Markt limitiert wurde. Dieser Wert war nicht nur der höchste der letz- Projektentwicklungen den letzten Jahren zwar konsolidiert, dennoch ist er weiterhin sehr kleinteilig. Treiber dieses freigemeinnützige Träger 2019 mit einem Markt- anteil von 54 Prozent dominierten, verzeichne- ten zehn Jahre, sondern auch ein An- stieg um 88 Prozent im Vergleich zu und Forward Deals dynamischen Marktes sind insbesondere priva- tes Kapital aus dem In- und Ausland sowie ex- ten die privaten Träger in den vergangen 10 Jah- ren ein weitaus dynamischeres Wachstum. 2019. Dieses überaus hohe Transak- tionsvolumen ist auf den gestiegenen sind für Investoren sehr attraktiv. Und 2003 bis 2019 Anteil von Portfoliotransaktionen – 78 Prozent in 2020 – zurückzuführen. Entwicklung Pflegebedürftiger nach Pflegeart das selbst mit einem Auch das erste Halbjahr 2021 startete stark mit einem Pflegetransaktionsvo- Projektierungshorizont lumen von 920 Millionen Euro. Spitzen- 3.500 9,00 % renditen sind seit 2010 um 48 Prozent gesunken und lagen im ersten Halbjahr von bis zu 36 Monaten. 8,00 % 2021 bei 4,0 Prozent. 3.000 7,00 % Bestandsimmobilien in guten Lagen, auch 2.500 wenn Sie einen Instandhaltungsstau mitbringen, 6,00 % in Millionen Euro sind äußerst attraktiv für Investoren. Auch Pro- 2.000 in Prozent jektentwicklungen und Forward Deals sind für 5,00 % Investoren mit einem Projektierungshorizont von bis zu 36 Monaten von sehr großem Interes- 4,00 % 1.500 se. Klassische Core-Investoren erwarben in den 3,00 % vergangenen Jahren Projektentwicklungen mit 1.000 Projektierungshorizonten von bis zu 36 Mona- 2,00 % ten. Doch wo lohnt sich ein Investment? Je nach Standort und Träger schwankt die Auslastung. 500 1,00 % Auch sozio-demografischen Daten beeinflussen die Nachfrage. So sind Teile der neuen Bundes- - - länder, Nordrhein-Westfalens oder Baden-Würt- 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 H1 tembergs überdurchschnittlich stark ausgelastet. 2021 ■ Pflegeheime ■ Seniorenresidenzen Spitzenrendite Pflegeheime 14 PFLEGEIMMOBILIEN REPORT I CUSHMAN & WAKEFIELD PFLEGEIMMOBILIEN REPORT I CUSHMAN & WAKEFIELD 15
MARKT & TREIBER 3. EXPERTENMEINUNG: ZÄHLEN ESG-KRITERIEN BEI PFLEGEIMMOBILIEN? Expertenmeinung Zur Person Immer mehr institutionelle Immobilien-Investo- Christian Möhrke ist Chief Operating Officer ren streben nach nachhaltigen und effizienten (COO) der Cureus GmbH und für das operati- Objekten – insbesondere im Hinblick auf ESG- ve Geschäft verantwortlich. Er hat 20 Jahre Be- Konformität. Erfahren Sie von Christian Möhrke, rufs- und Führungserfahrung in Unternehmen Chief Operating Officer der Cureus GmbH, wie im In- und Ausland, davon 15 Jahre im Bereich die Pflegeimmobilie der Zukunft aus baulicher Immobilien, Projektentwicklung und Bau. Perspektive aussieht und welchen Beitrag zu dieser Entwicklung Cureus leistet. Zum Unternehmen Die unverzichtbare Basis für den Aufbau nach- Pflegeplatzversorgung im ganzen Land. So Die Cureus GmbH ist ein führender Entwickler rungen des Gesetzgebers sowie den Bedürfnis- haltiger Pflegeheimkapazitäten ist und bleibt entsteht ein langfristig kosteneffizientes und von Pflegeimmobilien mit mehr als 15 Jahren Er- sen von Betreibern, Investoren und Bewohnern, die Wirtschaftlichkeit der Immobilien. Dies gilt ESG-konformes Angebot, das schnelle Fertig- fahrung und einem Team von derzeit mehr als 100 etabliert die Cureus GmbH durch ihre Projekt- bereits bei Planung und Herstellung: Der Neu- stellungszeiten und große Projektkapazitäten Mitarbeitern, der seinen operativen Hauptsitz in entwicklungen neue, einheitliche Maßstäbe für bau einer Pflegeimmobilie muss sich rechnen, vereint. Entscheidende Bausteine dazu sind Hamburg hat. Das Unternehmen hat mit der Sys- Qualität. Sie bietet damit ein hocheffizientes sonst wird die benötigte Zahl an Einrichtungen die permanente Analyse und Verbesserung des tempflegeimmobilie einen neuen Standard für Produkt, das in der Pflege höhere Wirtschaft- nicht realisiert. Zugleich entfaltet dieser grund- Systems – bis hin zur genauen Optimierung der Immobilien der vollstationären Pflege und des lichkeit zu geringeren Kostenstrukturen mit ver- legende ökonomische Aspekt unmittelbare Wir- Laufwege des Pflegepersonals – sowie der KfW- Service-Wohnens entwickelt, der sich als ska- besserter Wohn- und Servicequalität vereint. kung auf die Kalkulation der Betreiber, die im 40-Standard und die Konformität mit den regu- lierbare Lösung standortunabhängig umsetzen www.cureus.de Falle höherer Baukosten höhere Pachten stem- latorischen Anforderungen aller Bundesländer. lässt. Ausgerichtet an den geltenden Anforde- men müssen. Im schlechtesten Fall wird folglich entweder zu wenig gebaut – oder es entstehen Charakteristisch für das Cureus-Prinzip ist der deshalb keine nachhaltig bedarfsdeckenden kritische Blick auf all jene Bereiche, in denen Pflegeplätze, weil Betreiber nicht wirtschaftlich wirksame Verbesserungen am effektivsten rea- Charakteristisch für das Cureus- arbeiten können. Ohne ökonomische Effizienz lisierbar sind. Denn gerade hinsichtlich der Per- ist somit keine echte Nachhaltigkeit zu erzielen. fektionierung beim Klimaschutz bringen De- tailverbesserungen ab einem gewissen Niveau Prinzip ist der kritische Blick auf Der Cureus-Ansatz der Systempflegeimmobi- nur noch geringe Effizienzgewinne, obwohl sie lie liefert eine Antwort auf diese Herausforde- signifikante Steigerungen bei den Baukosten rung. Der Name bezieht sich nicht etwa auf eine verursachen. Auch im Sinne der sozialen Nach- all jene Bereiche, in denen modulare und uniforme Bauweise, sondern auf haltigkeit, für die der Preis und die Wohn- und die umfassende Standardisierung der Gebäu- Servicequalität im Vordergrund stehen sollten, destrukturen und der immobilienwirtschaft- liefert ein perfekt aufeinander abgestimmtes wirksame Verbesserungen am lichen Prozesse im Hintergrund. Es entstehen System sicherlich das bessere Gesamtergebnis technisch ausgereifte Immobilien, die sich äu- als ein kompromisslos auf die Ökologie hin op- ßerlich individuell an ihr Umfeld anpassen und timiertes Spezialprodukt. Die Systempflegeim- effektivsten realisierbar sind. die konsequent auf die Betreiberanforderun- mobilie steht für Nachhaltigkeit mit Augenmaß gen hin optimiert sind. Sie bilden das Funda- und nicht um jeden Preis. ment für eine ökologisch und sozial nachhaltige 16 PFLEGEIMMOBILIEN REPORT I CUSHMAN & WAKEFIELD PFLEGEIMMOBILIEN REPORT I CUSHMAN & WAKEFIELD 17
MARKT & TREIBER Marktanteil freigemeinnützige Träger In den vergangen Jahren wurde die Konsolidierung des Marktes von einer Vielzahl an Übernahmen –14 % durch Finanzinvestoren und private Betreibergesellschaften aus dem Ausland bestimmt. Die Jahre 2017 und 2018 waren geprägt von Unternehmensübernahmen durch ausländische Akteure, zumeist aus dem Private Equity-Bereich. Privatwirtschaftliche Unternehmen sehen in der Kleinteiligkeit des Betreibermarktes ihre Chance. Denn insbesondere regional operierende, mittelgroße Unternehmen können für sie aussichtsreiche Investitionsziele sein. Der Aufbau einer profitablen Plattform bezie- 2009 2019 hungsweise Betreiberkette ist somit in Deutschland attraktiv. Transaktionen 2019 übernahm unter anderem das italienische Gesund- Marktanteil öffentliche Träger heitsunternehmen KOS den Pflegeheimbetreiber Charles- –7 % ton Gruppe von EQT Infrastructure. Die Charleston Gruppe betreibt 47 Senioren- und Pflegezentren mit über 4.000 Pflegeplätzen sowie sieben ambulante Pflegedienste und vier teilstationäre Tagespflegeeinrichtungen. Auch im Co- rona-Jahr 2020 gab es eine Vielzahl von Übernahmen im 2009 2019 Bereich der stationären Pflege, Betreutem Wohnen und ambulanten Pflegediensten. Anfang 2020 übernahm die Alloheim-Gruppe die Mohring Gruppe und die Vital Woh- nen Gruppe mit insgesamt 16 stationären Pflegeeinrich- tungen und circa 1.200 Betten sowie Angeboten in den Bereichen Betreutes Wohnen, ambulante Pflege und Ta- Marktanteil private Träger gesspflege. Zudem erwarb Korian die Qualivita Ag mit 13 Pflegeheimen und 800 Betten. Durch die Übernahme der +14 % Deutsche Pflege und Wohnen gehört Argentum seit 2020 zu den Top 30-Betreibern. 2009 2019 Die Privatisierung des Betreibermarktes in Deutschland ist in vollem Gange. 18 PFLEGEIMMOBILIEN REPORT I CUSHMAN & WAKEFIELD PFLEGEIMMOBILIEN REPORT I CUSHMAN & WAKEFIELD 19
MARKT & TREIBER Wie unterscheiden sich Marktumfeld und Betreibermarkt im europäischen Vergleich? gute Beziehungen zwischen Investoren und Betrei- bern sind. Und allen Einschränkungen zum Trotz war Zum einen punktet der deutsche Markt natürlich mit 2020 ein sehr produktives Jahr: Wir haben weitere 4. Größe. Was das Marktumfeld angeht: Das föderale Investments getätigt durch unsere Partnerschaft mit System bringt eine gewisse Komplexität mit sich – Orpea und unsere lokale Präsenz in Deutschland auf- IM INTERVIEW ein wesentlicher Unterschied zu anderen Ländern, gebaut. Das macht uns zuversichtlich, dass wir auch der auch Herausforderungen birgt. Beispielsweise 2021 erfolgreich sein werden. durch unterschiedliche Anforderungen an Bau und Beschaffenheit von Pflegeheimen. Diese Besonder- Wo liegen die Hürden? Valérie Bensiek heiten machen es fast unmöglich, diesen Markt aus Die skizzierten Herausforderungen beim Aufbau un- Asset Management Germany bei Icade, der Ferne zu bearbeiten. Die lokale Präsenz ist enorm seres Portfolios werden sich weiterhin verschärfen: ein Immobilieninvestment-Unternehmen entscheidend. Der Druck auf die Preise und die Konkurrenz dürften mit Fokus auf Healthcare-Portfolios. Über nicht nachlassen. Wir sind zuversichtlich: den deutschen Pflegeimmobilien-Markt aus Schreckt das ausländische Investoren ab? der Sicht eines internationalen Investors. Nein, gar nicht. Der Markt ist sehr international, mit In Frankreich gehört Icade bereits zu den vielen, hochprofessionellen Akteuren: Asset Manager, börsennotierte Investoren, Private Equity-Fonds. Bei einem Großteil der Transaktionen kommt das Kapital Icade hat mehr zu bieten als „nur“ Kapital: zudem aus dem Ausland. Das ist in anderen europäi- schen Ländern nicht immer der Fall. Was prägt den Markt auf der Betreiberseite? einen langfristigen Hori- Was macht den deutschen Pflegemarkt für Konsolidierung weiter voranschreitet. Viele Betrei- Im Unterschied zu anderen europäischen Ländern gibt es in Deutschland mehr private Anbieter. Ein zont für Betreiber, Unter- Sie als Pflege-Investor so attraktiv? Allen voran die Größe des Marktes: Deutschland ist, ber erkennen, dass Partnerschaften mit Immobilien- Investoren eine attraktive Möglichkeit sind, sich auf Zeichen für eine Konsolidierung und ein attraktives Merkmal für uns als Investoren. Interessant ist auch, stützung beim Wachstum gemessen am Transaktionsvolumen, der größte Markt für Gesundheitsimmobilien in Europa. Aus der de- ihr Kerngeschäft, die Pflege, zu konzentrieren – eine klassische Win-Win-Situation. dass in den deutschen Top 5 gleich zwei französische Betreiber gelistet sind – Korian und Orpea. und einen klaren Fokus mografischen Entwicklung und den zur Verfügung stehenden Pflegeplätzen ergibt sich außerdem eine Was ist die größte Herausforderung beim Was sind für eine Investmentopportunität auf ESG-Themen. Lücke, die gefüllt werden muss. Aus diesen beiden As- Aufbau eines Immobilienbestands in dieser die kritischsten immobilien-, standort- und pekten folgt ganz automatisch viel Potenzial für uns. Asset-Klasse in Deutschland? betreiberspezifischen Aspekte? führenden Investoren in Gesundheits- Eine der größten Herausforderungen aktuell ist es, An erster Stelle steht für uns immer der partner- immobilien. Haben Sie vor, Ihre Marktpräsenz Auch weil der Markt noch jung ist? die geeigneten Investmentopportunitäten auf dem schaftliche Ansatz. Der Betreiber, seine Strategie und in Deutschland weiter auszubauen? Genau. Der deutsche Markt hat sich erst relativ spät Markt zu finden. Das gilt sowohl für die Qualität der die Marktpräsenz spielen eine entscheidende Rolle Ja, wir möchten unser Portfolio weiter ausbauen und für institutionelle Investoren geöffnet. Vor zehn Jah- Immobilien – wir können selbst keine Entwicklungs- bei der Bewertung von Investmentopportunitäten. mit unseren bestehenden Partnern wachsen. Aber ren gab es kaum große Transaktionen. In den letzten risiken eingehen – als auch für das Preisniveau. Die Was den Standort angeht, ist die Nachfrage im Ein- auch die Zusammenarbeit mit neuen Partnern – Be- fünf Jahren haben sich Verkäufer und Käufer stark Renditen sind im letzten Jahr stark gesunken. Die zugsgebiet entscheidend – die Konkurrenzsituation treibern und Entwicklern – wollen wir vorantreiben. professionalisiert. Das zeigt sich auch im Transak- vorher bereits begonnene Abwärtsbewegung wurde und die Kaufkraft. Wichtig ist auch die Lebensqualität Gleichzeitig prüfen wir aufkommende Investment- tionsvolumen, an der steigenden Zahl der Portfolio- durch die Corona-Krise beschleunigt. Viele neue Ak- der Bewohner. Eine Innenstadt-Lage ist nicht immer opportunitäten, off-market oder im Rahmen struktu- Transaktionen und am Anteil ausländischer Investo- teure drängen auf der Suche nach sicheren Invest- von Vorteil: Kaufpreise für Immobilien sind dort über- rierter Ankaufsprozesse. Unser lokales Team möch- ren. Letzter Punkt ist für uns wichtig: Deutschland ist ments auf den Markt für Pflegeimmobilien. Die Kon- proportional hoch, ohne dass die Lage einen Vorteil ten wir weiter ausbauen und unter anderem durch ein Markt, der es mittlerweile gewohnt ist, mit auslän- kurrenz ist insgesamt angestiegen. Es ist außerdem für die Bewohner bietet. Teilweise sogar einen Nach- technische Profile ergänzen, die uns bei Renovierun- dischem Kapital zu arbeiten. Insbesondere die fran- schwer, Portfolios zu finden, die eine gewisse Größe teil, zum Beispiel durch eine hohe Lärmbelastung. gen und sonstigen CAPEX-Maßnahmen sowie Inves- zösischsprachigen Investoren haben sich hier etab- aufweisen. Viele Transaktionen, die wir angeboten Eine zu ländliche Gegend ohne gute Anbindung kann titionen in verbesserte Nachhaltigkeit unterstützen. liert und genießen einen guten Ruf. bekommen, betreffen einzelne Immobilien. sich jedoch ebenfalls negativ auswirken, sei es durch Obwohl wir in Deutschland bisher ausschließlich in weniger Besuch und Abwechslung für noch mobile Pflegeheime investieren, möchten wir in diesem Jahr Schätzen ausländische Investoren auch Woran hapert es in Sachen Qualität? Bewohner etc. auch in einer anderen Nische des Gesundheitsmarkt die Stabilität der Branche? Da spielen die Anforderungen der Landesheimbau- Fuß fassen: Kliniken wie die Akutversorgung, Psychi- Sehr. Das System der Pflege ist professionell und zu- verordnungen in den unterschiedlichen Bundeslän- Wie haben Sie das Corona-Jahr 2020 atrie und Rehabilitation. verlässig durch die Pflegeversicherung und staatliche dern eine Rolle. Einige Pflegeheime müssen erst noch wahrgenommen und was sind die Chancen und Hilfe finanziert. Aus Investorensicht außerdem inter- auf den neuesten Stand gebracht werden, was Einzel- Herausforderungen des Jahres 2021? essant: In Deutschland generieren Pflegeimmobilien zimmerquoten oder Zimmergrößen angeht. Und auch 2020 war für alle ein Jahr der Umbrüche und Unsi- langfristige, stabile Erträge, da Mietverträge traditio- die Lokalisierung zählt: In einigen Regionen wird es zu- cherheiten. Dank der Professionalität und Zuverläs- nell sehr lange laufen. Hinzu kommt, dass sich auch nehmend schwer, qualifiziertes Personal zu finden. sigkeit unserer Betreiber fällt unsere Bilanz jedoch der Betreibermarkt professionalisiert hat und die . nicht negativ aus. Das Jahr hat gezeigt, wie wichtig 20 PFLEGEIMMOBILIEN REPORT I CUSHMAN & WAKEFIELD PFLEGEIMMOBILIEN REPORT I CUSHMAN & WAKEFIELD 21
03 PFLEGE STATIONÄR, AMBULANT ODER HYBRID: FORMEN IM 22 PFLEGEIMMOBILIEN REPORT I CUSHMAN & WAKEFIELD WANDEL PFLEGEIMMOBILIEN REPORT I CUSHMAN & WAKEFIELD 23
PFLEGEFORMEN IM WANDEL Auslastung stationärer Pflegeheime (in %) 2020 1. AMBULANT, STATIONÄR ODER DURCH ANGEHÖRIGE: WIE ENTWICKELN SICH PFLEGEMODELLE? Verschiebung der Gibt es mancherorts bereits jetzt lange Wartelisten für einen voll- Altersstruktur stationären Pflegeplatz, wird die Schlange in Zukunft noch länger. Eine veränderte Rechtslage in vielen Bundesländern verschärft den Engpass: Weil Heimbewohner ein Recht auf Privatsphäre und einen persönlichen Rückzugort haben, gibt es in vielen Bun- desländern eine verpflichtende Einzelzimmerquote. Beispielswei- Zunehmende se darf in Nordrhein-Westfalen die Einzelzimmerquote seit dem 1. Pflegebedürftigkeit August 2018 die 80-Prozent-Marke bei Bestandsgebäuden nicht jüngerer Menschen unterschreiten. Bei Neubauten liegt sie sogar bei 100 Prozent. In Baden-Württemberg gilt grundsätzlich eine 100-prozentige Ein- zelzimmerquote. Nur auf ausdrücklichen Wunsch der Bewohner dürfen Doppelzimmer angeboten werden. Um den resultieren- den Nachfrageüberhang zu regulieren, gibt es eine Ausnahme: Zimmer für die Kurzzeitpflege mit über 22 Quadratmetern. Weniger Angehörigenpflege 2003 bis 2019 Entwicklung Pflegebedürftiger nach Pflegeart 1.100.000 170 1.000.000 160 900.000 150 Anzahl Pflegebedürftige 800.000 140 700.000 130 600.000 120 500.000 400.000 110 ■ bis 80,75 ■ 80,75 - 83,5 300.000 100 ■ 83,50 - 84,94 2003 2005 2007 2009 2011 2013 2015 2017 2019 ■ 84,94 - 86,67 ■ 86,67 - 88,09 ■ 88,09 - 90,22 ■ ambulant ■ stationär Pflegedienste Pflegeheime ■ über 90,22 Quelle: Statistisches Bundesamt (Destatis), Cushman & Wakefield Quelle: Riwis, Cushman & Wakefield 24 PFLEGEIMMOBILIEN REPORT I CUSHMAN & WAKEFIELD PFLEGEIMMOBILIEN REPORT I CUSHMAN & WAKEFIELD 25
PFLEGEFORMEN IM WANDEL Pflegebedürftige nach Art der Versorgung 2019 100 % 94 % 6 % 16 % 17 % 17 % 90 % 19 % 21 % Um Menschen dennoch möglichst gute Pflegebedingungen 26 % im Alter zu bieten, hat die Politik mit den Pflegestärkungs- 80 % 36 % 84 % 83 % 83 % gesetzen eine bessere finanzielle Unterstützung für den 81 % 79 % Bereich zugesichert – auch für die Betreuung durch ambu- 70 % 74 % lante Pflegdienste in den eigenen vier Wänden. 60 % 64 % So ist die ambulante Betreuung bereits zwischen 2013 und 50 % 2019 um 60 Prozent gestiegen. In der stationären Pflege ging die Zahl um lediglich 7 Prozent hoch. Dauerhaft über- 40 % holt hat die ambulante Versorgung den stationären Auf- 30 % enthalt seit 2017. Im Jahr 2019 gab es in Deutschland über 980.000 ambulant gepflegte und nur knapp 820.000 sta- 20 % tionär gepflegte Menschen. 10 % Trotz dieser Entwicklung: Die Zahl der stationären Pflegein- - richtungen ist im genannten Zeitraum um 18 Prozent ge- 90 stiegen, die der ambulanten Pflegedienste jedoch lediglich um 15 Prozent. Professionelle ambulante Pflege kombiniert mit einer teilstationären Betreuung und altersgerechtem ■ Angehörigenpflege/ ambulante Pflege ■ Vollstationäre Pflege Quelle: Riwis, Cushman & Wakefield Wohnen ist also gefragt wie nie zuvor. Eine echte Chance für Investoren. 54 % 25 % 21 % Angehörigenpflege Ambulante Pflege Vollstationäre Pflege Ambulante Pflege mit teilstationärer Betreuung undBetreuung teilstationärer altersgerechtem Ambulante Pflegedienste bieten älteren Menschen eine Al- ternative zum Pflegeheim – häufig mit einer höheren Selbst- ständigkeit. Eine Hürde ist oftmals die Ausstattung der Wohnen und ist gefragt wie nie zuvor. Eine altersgerechtem eigenen vier Wände, die es den Pflegebedürftigen nicht er- möglicht, auch bei eingeschränkter Mobilität ein selbststän- echte Chance Wohnen für Investoren. ist gefragt wie diges Leben zu führen. Lediglich 15 Prozent aller Wohnun- gen von Menschen ab 65 Jahren verfügen laut statistischem Bundesamt über einen barrierefreien Zugang – insgesamt nie zuvor. Eine echte sogar nur 10 Prozent aller Wohnungen in Deutschland. Doch hier tut sich einiges: Verfügen nur etwa 5 Prozent der vor 1948 errichteten Gebäude über einen barrierefreien Zugang, Chance für Investoren. waren das bei den im Jahr 2011 oder später gebauten Objek- ten bereits 44 Prozent. 26 PFLEGEIMMOBILIEN REPORT I CUSHMAN & WAKEFIELD PFLEGEIMMOBILIEN REPORT I CUSHMAN & WAKEFIELD 27
PFLEGEFORMEN IM WANDEL Ein Blick in die Wohnungen hinein zeigt noch deutlichere Defizite: Nur zwei Prozent aller Wohnungen in Deutschland waren 2018 auch Barrierefreies Wohnen in den Innenräumen barrierearm gebaut. Je- Barrierefreies Wohnen heißt: Die Wohnung ist doch gilt: Je neuer die Wohnung, desto höher ohne Stufen und Schwellen erreichbar. Flure und die Quote. Nur ein Prozent aller Wohnungen, Türen verfügen über eine ausreichende Breite, die bis 1948 errichtet wurden, sind barrierefrei, Küche und Bad bieten Platz für Menschen in ganze 18 Prozent der 2011 oder später errich- Rollstühlen oder mit Rollatoren. Die Dusche hat tet Wohnungen sind es. Die Lücke zwischen einen ebenerdigen Einstieg. Investitionen in dieses Angebot und Bedarf ist weiterhin riesig: Laut statistischem Bundesamt waren im Segment sind dann eine Jahr 2018 lediglich zwei Prozent aller Woh- nungen in Deutschland barrierearm – das sind etwa 740.000 Millionen Wohnungen. Laut KfW Research mangelt es bis 2035 an circa zwei Millionen weiteren altersge- gesellschaftlich sinnvolle rechten Wohnungen. und gleichermaßen ertragreiche Strategie. Barrierefreie Wohnungen nach Baujahr (in %) 1991 bis 2035 Wohnungen mit barrierefreiem Zugang nach Baujahr % 50 % 78 2 – 9 1 s%1948 45 % 44 % 1 49 19 49%1–201 40 % 35 % bi 0 REI 19 EF 30 % 25 % IER R 2 9%0 BAR 20 % 18 % 15 % 11 % 10 % –1 9 10 % 79 5% 8% 19 5% - 8 %r 1 te 2% bis 1948 1949 - 1978 1979 - 1990 1991 - 2010 2011 und später Insgesamt A MT s pä S E d G Quelle: Statistischen Bundesamt (Destatis), Cushman & Wakefield 1 un I NS 1 20 28 PFLEGEIMMOBILIEN REPORT I CUSHMAN & WAKEFIELD PFLEGEIMMOBILIEN REPORT I CUSHMAN & WAKEFIELD 29
PFLEGEFORMEN IM WANDEL 2. BETREUTES WOHNEN: PFLEGE, DIE SKALIERBAR IST Einrichtungen für Betreutes Wohnen sind häu- Zwischen 2009 und 2019 stieg die Zahl der Pfle- fig einem ambulanten Pflegedienst oder einem geheime mit angeschlossener Wohneinrichtung -heim angeschlossen, nicht nur räumlich, sondern um 12 Prozent von 2.380 auf 2.657. Die Zahl der auch betrieblich. So können Pflegedienstleistun- Pflegeheime insgesamt ist um 32 Prozent ge- gen je nach Bedarf verstärkt oder reduziert wer- wachsen. Damit verfügen lediglich circa 17 Pro- den. Auch eine Verlegung in den stationären Be- zent aller Pflegeheime über eine angegliederte reich ist dann unkompliziert möglich. Wohneinrichtung. Eigenständige ambulante Pflegedienste an einer Wohneinrichtung wer- Die barrierefreien Wohnungen können Pflege- den also insgesamt stärker auch losgelöst von bedürftige alleine oder als Paar beziehen. Neben stationären Pflegeheimen betrieben. einer Küchenzeile stehen den Bewohnern in der Regel ein bis zwei Zimmer zur Verfügung, die selbst möbliert werden können. Je nach Pflege- stufe können ältere Menschen mit diesem Kon- zept länger selbstständig leben und jederzeit pflegerische oder hauswirtschaftliche Unterstüt- zung buchen. 2009 bis 2019 Entwicklung von Pflegeheimen, Pflege- und Betreuungsdiensten sowie Wohneinrichtungen Qualitätsstandards Betreutes Wohnen ist kein gesetzlich definier- 18.000 16.000 ter Begriff, es gibt keine bundesweit geltenden baulichen Standards oder baulichen Voraus- 16.000 14.000 setzungen für dieses Segment. Dennoch haben 14.000 Pflege - und Betreuungsdienste sich landesspezifische Siegel wie beispielsweise 12.000 das baden-württembergische Qualitätssiegel 12.000 für Betreutes Wohnen etabliert. Einheitlicher 10.000 Pflegeheime Standard ist außerdem die DIN 77800, die seit 10.000 2006 alle Leistungen und die Vertragsgestal- 8.000 tung nach „Qualitätsanforderungen an Anbie- 8.000 ter der Wohnform Betreutes Wohnen für ältere 6.000 Menschen“ definiert. Für das barrierefreie Woh- 6.000 nen gilt die DIN 18040 Teil 2 als baulicher Quali- 4.000 tätsmaßstab. 4.000 2.000 2.000 - - 2009 2011 2013 2015 2017 2019 ■ Pflegeheime ■ In Anbindung an eine Wohneinrichtung (Altenheim, Altenwohnheim, betreutes Wohnen) Ambulante Pflege- und Betreuungsdienste (gesamt) Als eigenstädiger Dienst an einer Wohneinrichtung (Altenheim, Altenwohnheim, Betreutes Wohnen) Quelle: Statistischen Bundesamt (Destatis); Cushman & Wakefield 30 PFLEGEIMMOBILIEN REPORT I CUSHMAN & WAKEFIELD PFLEGEIMMOBILIEN REPORT I CUSHMAN & WAKEFIELD 31
PFLEGEFORMEN IM WANDEL Auch die Neubaubau-Pipeline für das Betreute Wohnen füllt sich – mit 340 Projekten im Bau und weiteren 390 in der Planung in 2020. In Be- trieb sind außerdem über 7.000 Einrichtungen mit etwa 315.000 Einheiten. 2018, 2020, Zukünftig Entwicklung Betreutes Wohnen 2018 2020 Zukünftig Standorte 6.444 +9,5 % 7.056 +10,6 % 7.803 Standorte Standorte Standorte IN BETRIEB SIND A k tiv, im B ÜBER 7.000 EINRICHTUNGEN au Wohneinheiten & in P 315.153 337.787 Betreute 295.047 la nung MIT ETWA 315.000 Betreute +6,8 % Betreute +7,2 % Betreute Wohneinheiten Wohneinheiten Wohneinheiten EINHEITEN. 315.153 10.929 Aktiv Im Bau 11.705 In Planung Quelle: Pflegemarkt.com; Cushman & Wakefield 32 PFLEGEIMMOBILIEN REPORT I CUSHMAN & WAKEFIELD PFLEGEIMMOBILIEN REPORT I CUSHMAN & WAKEFIELD 33
PFLEGEFORMEN IM WANDEL Wie pachten die Betreiber? Wie mieten die Bewohner? Betreiber einer Einrichtung für Betreu- Der Bewohner schließt einen Wohnungs- tes Wohnen schließen in der Regel einen mietvertrag mit dem Betreiber der Ein- Miet- oder Pachtvertrag über bis zu 20 richtung ab. Darüber hinaus unterzeich- Jahre mit dem Eigentümer der Immobi- net er einen Vertrag über Pflege- und lie ab. Eine mieterseitige Option von fünf Betreuungs- sowie hauswirtschaftliche bzw. zehn Jahren geben ihm die Mög- Zusatzleistungen. Die Kosten variie- lichkeit auch über diesen Zeitraum hin- ren je nach Größe und Ausstattung der aus zu verlängern. Der Vertrag wird häu- Wohnung sowie den gewünschten Zu- fig als Double oder Triple Net mit einer satzleistungen. Letztere können von jährlichen Indexierung der Miete um 80 einfachen Betreuungsleistungen bis zu bis 100 Prozent entsprechend der Ver- teilstationären Pflegeleistungen reichen: änderung des Verbraucherpreisindexes das Reinigen der Wohnung, ein Wäsche- Betreutes Wohnen unterliegt nicht abgeschlossen. Der Betreiber schließt reiservice, aber auch regelmäßige ge- den gleichen strengen, regulatori- seinerseits Untermietverträge mit den meinsame Mahlzeiten und Gruppenakti- schen Einschränkungen wie Pflege- Bewohnern der Einrichtung und den vitäten. Die Kosten für Wohnungsmiete, heime. Zwar ist Heimgesetzgebung Leistungserbringern – beispielsweise ei- eine Betreuungspauschale und die haus- Ländersache, Betreutes Wohnen fällt nem ambulanten Pflegedienst – ab. wirtschaftlichen Zusatzleistungen trägt jedoch nicht darunter. Der Grund: Der der Bewohner selbst. Im Falle einer Pfle- Versorgungsvertrag ist vom wohnwirt- gebedürftigkeit übernimmt die Versi- schaftlichen Vertrag entkoppelt. Denn Beispielhafte Pachtvertragssituation für Betreutes cherung den Pflegedienst. nur wenn die individuellen Pflegeleis- Wohnen mit ambulantem Pflegedienst tungen im Mietvertrag geregelt wä- ren, würde die Einrichtung unter die landesspezifische Heimgesetzgebung 2020 fallen. Und auch das Wohn- und Be- Top-Betreiber treuungsvertragsgesetz (WBVG) re- gelt nicht den Bereich des Betreuten Leistungserbringer BETREIBER 2020 Wohnens. Diese regulatorische Lücke bietet Betreibern und Immobilienin- vestoren einen attraktiven Vorteil. Augustinum 7.530 Convivo Unternehmensgruppe 4.768 Die Zahl an Einrichtungen ist regional Betreiber der sehr unterschiedlich: Während Nord- Wohnungsmieter 1 Korian Deutschland 3.083 rhein-Westfalen, Mecklenburg-Vor- Einrichtung pommer und Sachsen nahezu über ein Alloheim Senioren-Residenzen 2.550 flächendeckendes Angebot verfügen, für Betreutes weisen viele Landkreise in Bayern, ASB Lv Baden-Württemberg 2.537 Thüringen und Rheinland-Pfalz bereits Wohnungsmieter 2 Wohnen AWO Westliches Westfalen 2.335 heute starke Defizite auf. Und der Be- darf wird weiter steigen. Im Jahr 2019 KWA Kuratorium Wohnen im Alter 2.024 wiesen bereits 95 Prozent aller Ge- meinden eine Versorgungslücke auf, GDA-Gesellschaft für Dienste im Alter 2.010 die in den kommenden Jahren noch Wohnungsmieter N Advita Pflegedienst 1.653 weiter wachsen wird. Am stärksten werden künftig die strukturschwachen Regionen mit einer hohen Abwande- Johanniter Seniorenhäuser 1.619 rung betroffen sein. Quelle: Care Invest, Cushman & Wakefield 34 PFLEGEIMMOBILIEN REPORT I CUSHMAN & WAKEFIELD PFLEGEIMMOBILIEN REPORT I CUSHMAN & WAKEFIELD 35
PFLEGEFORMEN IM WANDEL 3. EXKURS: DAS LUXUS-SEGMENT Eine Nische mit wachsender Nachfrage: Betreutes Wohnen im Luxus-Segment zeichnet sich durch erstklassige Lagen in attraktiven Städten oder landschaft- lich reizvollen ländlichen Regionen aus. Die Anlage und die großzügigen Woh- nungen sind hochwertig aus- Betreutes Wohnen im gestattet und exklusiv designt. Der Service ähnelt dem eines Fünf-Sterne-Hotels mit einem 24/7-Concierge-Service, kulina- rischer Verpflegung auf dem Luxus-Segment zeichnet sich Niveau eines Sternerestau- rants, einem Wellnessbereich durch erstklassige und einem ansprechenden kul- turellen Angebot. Marktführer in Lagen in attraktiven Städten diesem Segment ist der in Berlin ansässige Betreiber Tertianum. oder landschaftlich reizvollen ländlichen Regionen aus. LUXUS 36 PFLEGEIMMOBILIEN REPORT I CUSHMAN & WAKEFIELD SEGMENT PFLEGEIMMOBILIEN REPORT I CUSHMAN & WAKEFIELD 37
PFLEGEFORMEN IM WANDEL 4. IM INTERVIEW beziffert Terragon, die ebenfalls im Markt für qualita- tiv hochwertige Senioren- und Pflegeimmobilien seit Felix von Braun Jahren aktiv sind, den Bedarf im Premium-Segment Vorstandsvorsitzender DPF AG, auf 100.000 Service-Wohnungen. Allerdings definie- Betreiber der Marken Tertianum ren wir den Begriff Premium dann doch anders und und Livree im Luxus-Segment sehen den Bedarf bei eher 30.000 Wohnungen. Aber Betreutes Wohnen. Über innovative auch das macht immerhin 120 bis 150 Häuser aus. Konzepte des Betreuten Wohnens im Luxussegment. Was unterscheidet Tertianum von anderen Be- treibern im Luxus-Segment? Hier muss ich die Frage schon korrigieren, es gibt keinen weiteren Betreiber im Premiumbereich – oder wie wir es sagen im „Luxus-Segment“. Dies ist zwei- fellos eine Frage der Perspektive. Im Segment Senio- renresidenzen im klassischen Sinn gibt es natürlich Mitbewerber. Diese bieten altersgerechte Wohnfor- Was macht den Pflegemarkt und staltung. Zum anderen ist der Personalbedarf ge- men mit wertigen Dienstleistungen, kulturellen An- insbesondere das Betreute Wohnen so ringer als im Pflegebereich. Schließlich liegt die geboten, ambulanter oder gegebenenfalls stationä- interessant für Betreiber, aber auch für Verweildauer beim Betreuten Wohnen bei circa rer Pflege. Vergleichen wir unser Segment mit dem institutionelle Immobilieninvestoren? zehn Jahren – anders als bei Pflegeimmobilien – Hotelbereich, dann gibt es hier 3-Sterne-Häuser aus Beide Bereiche, Pflege und Betreutes Wohnen, sind und das Produkt adressiert in der Regel Selbstzahler. den 60er Jahren in ländlichen Regionen, oder eben konjunkturunabhängige Wachstumsmärkte. Die Be- Daher kann man beim Service und der Preisgestaltung das Mandarin Oriental in München. Dies sind beides darfe sind in Deutschland so gut wie flächendeckend. flexibler agieren. Betreutes Wohnen hat sich als Asset- Hotels, aber mit unterschiedlichen Zielgruppen. Und Wir sehen bereits jetzt eine große Versorgungslücke, klasse bei Investoren etabliert und wird in den kom- wir sehen uns eher als Mandarin Oriental, im über- die künftig aufgrund des demografischen Wandels – menden Jahren eine größere Nachfrage erleben. Als tragenden Sinne. also der Alterung der Gesellschaft – noch weiter zu- nachhaltig stabiles Investment. nehmen dürfte. Experten beziffern den Neubaubedarf Jedoch hat die Produkt-Differenzierung noch nicht im Pflegesegment mit 250.000 Betten und im Be- Was waren Ihre Gründe sich mit der DPF AG wirklich stattgefunden. Wir sind hier Vorreiter, in dem treuten Wohnen mit 600.000 Wohnungen. Dies ent- auf das Betreute Wohnen im Luxus-Segment wir zielgruppenorientierte Produkte schaffen. Diese spricht einem Investitionsbedarf im dreistelligen Mil- zu spezialisieren? nehmen Bezug auf den jeweiligen Standort und die liarden-Euro-Bereich auf der Immobilienseite in den Ganz klar, weil der Bedarf in diesem Segment am Bedürfnisse unserer Kundengruppe. Denn auch die kommenden zehn bis 15 Jahren. größten ist. Das hängt auch mit der Entwicklung der Senioren entwickeln sich weiter und es entstehen Gesellschaft und den sich verändernden Bedürfnis- ganz neue Zielgruppen, die es vor zehn Jahren noch Gesundheitsimmobilien sind krisenfest und konjunk- sen der Senioren zusammen. Die Art und Weise, wie gar nicht gab. Beispiele sind die Silver Ager zwischen turunabhängig und damit auch bei institutionellen Im- Senioren leben und alt werden wollen, hat sich im 50 und 70 Jahren und Golden Ager zwischen 70 und mobilien-Investoren gefragt. So hat dieser Markt 2020 Laufe der Jahre komplett verändert. Die Menschen 80 Jahren. Für alle gilt jedoch, dass sie viel länger ak- aktuellen Analysen zufolge neue Rekordwerte beim werden nicht nur älter, sie bleiben auch länger ge- tiv am Leben teilnehmen wollen und auch das Thema Investitionsvolumen von mehr als drei Milliarden Euro sund und agil und haben andere Ansprüche an den Digitalisierung immer wichtiger wird. Da setzen auch verzeichnet. Investoren finden im klassischen Pflege- Wohnkomfort, den Service und an die Freizeitaktivi- wir an mit innovativen Lösungen, wie unserem Con- segment, also der stationären Pflege, eine Assetklasse täten. Und 2014 hatten wir die Chance, die einzige cierge-Angebot und di- mit noch akzeptablen Renditen und langfristigen Miet- Premium-Marke Deutschlands im Seniorenresidenz- gitalisierten Services, die Denn auch die Senioren entwickeln verträgen. Andererseits haben Betreiber mit Personal- Bereich kaufen zu können: Tertianum. In einem wohl- immer auf den Kunden mangel zu kämpfen und unterliegen unterschiedlichs- habenden Land wie Deutschland war es für mich und ausgerichtet und stetig ten staatlichen Auflagen. mein Team unvorstellbar, wie wenig gute Angebote es im gehobenen Seniorenresidenz-Bereich gibt. Wir verbessert und erweitert werden. sich weiter und es entstehen ganz Was ist der Vorteil des Betreuten Wohnens? Im Vergleich zu Pflegeimmobilien sind es vor al- haben hier eine hervorragende Möglichkeit gesehen, die Marke Tertianum weiter zu stärken und dann aus- neue Zielgruppen, die es vor zehn lem die geringeren regulatorischen Vorgaben. Zum einen verschafft das den Betreibern eine freiere Ge- zubauen. Denn die Nachfrage nach gehobenen al- tersgerechten Wohnformen ist immens. Immerhin Jahren noch gar nicht gab. 38 PFLEGEIMMOBILIEN REPORT I CUSHMAN & WAKEFIELD PFLEGEIMMOBILIEN REPORT I CUSHMAN & WAKEFIELD 39
PFLEGEFORMEN IM WANDEL 2020 hat aber auch dazu geführt, dass wir digital Neben Tertianum haben Sie auch die Marke aufgerüstet haben. Das umfasst zum einen Techno- Livree entwickelt. Was macht Livree so logien, wie die digitale Sturzpräventionsapp oder einzigartig und welche Lücke im Markt Lösungen aus dem Bereich Ambient Assistet Living, füllt das Konzept? um den Komfort in unseren Premium-Residenzen zu Livree ist ein 3-Sterne-Produkt im Segment Betreu- erhöhen. Wir haben aber auch unsere internen Pro- tes Wohnen beziehungsweise Service-Wohnen für Wie hat sich aus Ihrer Sicht die deutsche Welche Potenziale birgt der Markt? zesse weiter optimiert, Software-Umstellungen vor- die Generation 65 plus. Während wir für Tertianum Pflegelandschaft in den vergangenen zehn Das Potenzial ist aufgrund der hohen Nachfrage bei gezogen und beispielsweise unseren Posteingang die Top-10-Städte und Metropolregionen in Deutsch- Jahren verändert? gleichzeitigem Angebotsmangel außerordentlich und Ablage digitalisiert. land anvisieren, haben wir für Livree den regionalen Insgesamt betrachtet kann man sagen, dass individua- hoch. Es wird künftig noch eine breitere Ausdifferen- Fokus erweitert und schauen uns Städte ab 50.000 lisierte, servicestarke und altersgerechte Wohnformen zierung der Produkte geben, ähnlich wie wir es im ge- In vielen Branchen wirkt die Corona- Einwohner an. Dabei setzen wir auf den Erfahrungen immer stärker gefragt sind. Gleichzeitig hinkt das An- werblichen Wohnen – etwa bei Hotels- oder Boarding- Pandemie wie ein Beschleuniger für von Tertianum auf: Wir möchten unsere Expertise gebot noch immer deutlich hinterher und es existie- konzepten – gesehen haben. Das finden wir spannend Veränderungen. Wie wird sich der Markt für aus dem Premium-Segment einerseits und ander- ren zum Teil lange Wartelisten für Seniorenresidenzen. und es birgt Chancen für Investoren und Betreiber. Betreutes Wohnen nach der Corona-Pandemie seits die Dienstleistungskompetenz unseres exklusi- Beim Betreuten Wohnen beziehungsweise im Bereich Und es bedeutet gleichzeitig die Aussicht für die al- weiterentwickeln? Was sind die Chancen, ven Concierge-Dienstleisters RAS kombinieren und Premium-Residenzen zeigen neben der steigenden ternde Bevölkerung, akzeptable Wohnformen im Alter was sind der Herausforderungen? in dieses Wohnprodukt Livree implementieren. Und Nachfrage der Kunden auch zunehmend klassische zu finden. Aber das ist noch ein weites Feld, das es zu Ja, in vielen Bereichen wirkt die Krise als Beschleu- dies zu einem Preis, den sich eine breitere Zielgruppe Pflegekonzerne Interesse, in den Markt einzusteigen. erschließen gilt. Denn derzeit gibt es bei Weitem noch niger, vor allem in der Digitalisierung. Die Art der leisten kann. Dienstleistungen können „on demand“ nicht genügend annehmbare Angebote. Kommunikation untereinander, nun gezwungenerma- geordert werden und unser Concierge kümmert sich Sozusagen Rückenwind erhalten betreute Wohnfor- ßen über Chats und Videoscreens, wird sich auch in um alle Belange des täglichen Bedarfs. Unterstützt men mit optionalem Service auch durch die Politik diesem Segment fortsetzen beziehungsweise weiter durch unsere Kommunikations-App kann der Bewoh- Das Potenzial ist aufgrund mit der Strategie „Ambulant vor stationär“. Das hat etablieren. Und das Interesse von Immobilieninves- ner, wenn er möchte, auf diesem Weg seine Wünsche Spuren im Markt hinterlassen. Das macht sich zum toren wird weiter steigen, da einige Anlageklassen äußern oder mit dem Concierge direkt sprechen. der hohen Nachfrage bei einen in einer zunehmenden Professionalität der Be- nicht mehr so attraktiv sind – etwa die Bereiche Hotel Pflegerische Angebote binden wir nach Bedarf ein treiber bemerkbar. Zum anderen ist das Interesse von und Einzelhandel. Diese sind von den Einschränkun- und unser geschultes Fachpersonal steht für Themen gleichzeitigem Angebots- nationalen und internationalen Immobilieninvestoren gen durch die Corona-Pandemie besonders betrof- rund um Pflege, Betreuung etc. zur Verfügung. Wir im Laufe der vergangenen Jahre deutlich gestiegen fen und unter Druck geraten. fördern die Gemeinschaft, aber geben Rückzugs- und es besteht ein erheblicher Nachfrageüberhang. Das wiederum führt zu sinkenden Renditen. mangel außerordentlich Da durch die Reisebeschränkungen nicht nur Tou- möglichkeiten – das Ganze auf technischem und äs- thetischem Niveau des 21. Jahrhunderts. Hierbei ver- Wie wirkt sich der Fachkräftemangel im hoch. Es wird künftig noch risten wegbleiben, sondern auch Geschäftsleute, Messen abgesagt werden und Meetings größten- gessen wir nie unsere Zielgruppe, auf die wir unsere Angebote und Dienstleistungen zuschneidern. Wir Bereich Pflege auf Ihr Unternehmen aus? Spüren Sie hier geographische Unterschiede eine breitere Ausdiffe- teils virtuell stattfinden, haben Business-Hotels auch weiterhin Schwierigkeiten. Und auch der seit langem wollen ein Zuhause schaffen, in dem auch wir gerne Wohnen möchten. Das ist unser Anspruch. und wie gehen Sie diese Thematik an? Generell ist zwar der Bereich, in dem wir aktiv sind, renzierung der Produkte schwächelnde stationäre Einzelhandel – ausgenom- men Lebensmittler – strauchelt. Sicherlich macht es Geben Sie uns doch einen kleinen Einblick in weniger personalintensiv als im klassischen Pflege- geben. Sinn, sich über Nachnutzungsmöglichkeiten Gedan- Ihre Erfolgsgeschichte. Wie schaffen Sie es, segment. Allerdings erfordert unser breites Leis- ken zu machen, ob diese Liegenschaften zum Bei- Tertianum als Marktführer für Betreutes tungsspektrum und der gehobene Service auch die spiel in Betreutes Wohnen konvertiert werden kön- Wohnen im Luxus-Segment in Deutschland entsprechende Expertise und qualifizierte Mitarbei- Wie haben Sie das Corona-Jahr 2020 nen. Aber das lässt sich pauschal nicht sagen, es zu etablieren? ter. Die Rekrutierung qualifizierter Kräfte ist auch für wahrgenommen? Wie waren die Auswirkungen kommt jeweils auf das einzelne Objekt, die Lage und Das geht nur mit Leidenschaft und einem guten uns keine einfache Aufgabe. Ich muss aber dazu sa- auf das Betreute Wohnen im Luxus-Segment die bauliche Beschaffenheit etc. an. Team, das das gleiche Ziel verfolgt und unterschied- gen, dass wir auch viel unternehmen, um Mitarbeiter und auf Tertianum im Speziellen? liche Stärken besitzt. Und natürlich mit Fleiß und der zu halten und neue Fachkräfte zu gewinnen. Genannt Für uns als Investor, aber vor allem als Betreiber von Liebe zum Detail. Essenziell sind aber auch unsere sei hier beispielsweise die „care back“ Kampagne Seniorenresidenzen, war das vergangene Jahr eine langjährige Erfahrung und die Kompetenz im gesam- bei Tertianum care, unserem innovativen, mobilen Herausforderung. Es galt, unsere Bewohner und auch ten Feld des Wohnens im Alter – auf der Immobilien- Pflegedienst. Dabei bieten wir unseren Mitarbeitern unsere Mitarbeiter bestmöglich zu schützen und zu und Betreiberseite. Darüber hinaus betrachten wir Unterstützungsleistungen im Alltag, dazu gehört unterstützen. Wir waren mit Pandemieplänen, Be- unseren Markt und die Kunden aus den unterschied- ein Concierge-Service, ein Lieferdienst für Lebens- schaffung von Schutzanzügen, Masken und Hand- lichsten Blickwinkeln. Das Wichtigste ist der Zielkun- mitteleinkäufe oder Restaurantbestellungen sowie schuhen beschäftigt. Und natürlich waren unsere de und dessen Bedürfnisse. Daran orientieren wir uns Haushaltshilfen. Damit wollen wir unseren Mitarbei- Mitarbeiter verunsichert. Gleichzeitig sind wir sehr und entwickeln unsere Produkte und Services konti- tern wertvolle Zeit für beispielsweise Erholung oder stolz auf unsere Mitarbeiter und dankbar für ihr gro- nuierlich weiter. die eigene Familie zurückgeben und einfach unsere ßes Engagement, trotz der zusätzlichen Maßnahmen Wertschätzung zum Ausdruck bringen. immer die individuellen Wünsche unserer Bewohner im Blick zu behalten. 40 PFLEGEIMMOBILIEN REPORT I CUSHMAN & WAKEFIELD PFLEGEIMMOBILIEN REPORT I CUSHMAN & WAKEFIELD 41
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