Phase-Out von Öl im Gebäudesektor als Chance für die heimische Biomassebranche
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Impressum Medieninhaber, Verleger und Herausgeber: Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK), Radetzkystraße 2, 1030 Wien Autoren: DI Herbert Tretter, Alexander Harrucksteiner, B.Sc.; mit freundlicher Unterstützung von DI Johannes Schmidl (EEÖ) Wesentliche Teile der in diesem Report angeführten Erkenntnisse stammen von dem von der Europäischen Kommission geförderten Horizon 2020 Projekt REPLACE mit der Vertragsnummer 847087 (replace-project.eu). Gesamtumsetzung: DI Lorenz Strimitzer Fotonachweis: Bernhard Kern/BMLRT Wien, Oktober 2020 Copyright und Haftung: Auszugsweiser Abdruck ist nur mit Quellenangabe gestattet, alle sonstigen Rechte sind ohne schriftliche Zustimmung des Medieninhabers unzulässig. Es wird darauf verwiesen, dass alle Angaben in dieser Publikation trotz sorgfältiger Bearbeitung ohne Gewähr erfolgen und eine Haftung des BMK und der Autorin/des Autors ausgeschlossen ist. Rechtausführungen stellen die unverbindliche Meinung der Autorin/des Autors dar und können der Rechtsprechung der unabhängigen Gerichte keinesfalls vorgreifen. Rückmeldungen: Ihre Überlegungen zu vorliegender Publikation übermitteln Sie bitte an energieholz@klimaaktiv.at
Inhalt 1 Vorwort...................................................................................................................... 4 2 Phase-Out Öl in Österreich ......................................................................................... 6 3 Entwicklung des Ölkesselbestands .............................................................................. 7 4 Der Phase-Out Öl wird gefördert............................................................................... 12 5 Herausforderung Ölkesselaustausch ......................................................................... 15 6 Rund-um-Sorglos Pakete für Haushalte, Gewerbe & Tourismus ................................. 18 7 Neue Ansätze zu Finanzierung und Leistbarkeit sind gefragt ...................................... 22 8 Chance für die Biomassebranche .............................................................................. 24 Über klimaaktiv ........................................................................................................... 26 Phase-Out von Öl im Gebäudesektor als Chance für die heimische Biomassebranche 3 von 27
1 Vorwort Das im Jahr 2015 beschlossene Pariser Klimaabkommen legt das Ziel fest, die globale Erderwärmung auf vorzugsweise 1,5 (bis maximal 2) Grad Celsius zu begrenzen. Um dieses Ziel zu erreichen, bedarf es gezielter Anstrengungen aller Nationen und rascher Treibhausgas(THG)-Reduktionen in THG-intensiven Sektoren. Weltweit ist sich die Wissenschaft darin einig, dass der globale CO2-Gehalt in der Atmosphäre auf maximal 430 ppm (1,5°C-Ziel) bzw. 450 ppm (2°C-Ziel) zu begrenzen ist, um eine menschengemachte Klimakatastrophe abzuwenden. 430 ppm ist ein CO2-Gehalt bei dem davon ausgegangen wird, dass das Pariser Klimaabkommen erfüllt und unumkehrbare Prozesse (Kippelemente) in unserem Ökosystem (z. B. Verlangsamung des Golfstroms, Austrocknung des Amazonas Regenwaldes, Methanemissionen durch Auftauen von Permafrostböden in Sibirien, das Abschmelzen des Eispanzers auf Grönland und der Antarktis etc.) abgewandt werden. Einzelnen Kippelemente wie dem Tod des Great Barrier Riffs und dem großflächigen Abtauen des Eises in der Arktis nähern wir uns schon gefährlich an. Derzeit stehen wir bereits bei über 400 ppm (2.11.2020: 411,55 ppm; vgl. Keeling-Curve). Vereinfacht lässt sich die Herausforderung anhand des globalen CO2-Budgets erklären. Global darf die Menschheit maximal noch 800 Mrd. t CO2 in der Atmosphäre deponieren. Bezogen auf Österreich würde das bei weltweit gleich hohen pro-Kopf CO2-Budgets und unter Annahme einer Fortschreibung des derzeitigen CO2-Ausstoßniveaus der Österreicherinnen und Österreicher bedeuten, dass wir in 10 Jahren von Österreich aus nachhaltig keine einzige Tonne CO2 mehr in die Atmosphäre entlassen dürfen. 4 von 27 Phase-Out von Öl im Gebäudesektor als Chance für die heimische Biomassebranche
Abbildung 1: CO2-Budget in Österreich und Zielpfad zur Emissionsreduktion Quelle: Land Salzburg, angepasst durch Österreichische Energieagentur Es bedarf überall auf der Erde entschiedener, erheblicher und rascher THG-Reduktionen, um die Klimakatastrophe abzuwenden. Auch wenn dies herausfordernd ist, es ist jedenfalls zu schaffen. Gleichzeit bestehen in solch einem Wandel auch große Chancen, die eine nachhaltige Lebensweise immanent mit sich bringt. Phase-Out von Öl im Gebäudesektor als Chance für die heimische Biomassebranche 5 von 27
2 Phase-Out Öl in Österreich Österreichs Gebäudesektor emittiert ca. 8 Mio. t CO2 pro Jahr. Ende 2019 hat Österreich seinen Nationalen Energie- und Klimaplan (NEKP) nach Brüssel gemeldet. Darin ist festgehalten, dass in Österreich 2030 um 50 % weniger Ölkessel in Betrieb sein werden. Die Bundesregierung hat in ihrem Regierungsprogramm dazu einen Stufenplan fixiert. Im Jahr 2017 betrugen die THG-Emissionen aus dem Gebäudesektor in Österreich gemäß Daten des Umweltbundesamts rund 8,3 Mio. Tonnen CO2-Äquivalente. Das entspricht einem Anteil von 10,1 % an der gesamten THG-Bilanz Österreichs. Ein großer Teil der THG- Emissionen des Gebäudesektors stammt aus Ölheizungen, welche eine besonders schlechte Klimabilanz aufweisen. Der Großteil dieser Anlagen befindet sich in den westlichen und alpinen Regionen Österreichs. Österreich hat Ende 2019 einen umfassenden Plan zur Erreichung der Klimaziele 2030 nach Brüssel übermittelt. In diesem integrierten Nationalen Energie- und Klimaplan (NEKP) ist bezüglich des Ausstiegs aus fossilen flüssigen Brennstoffen für Österreich festgelegt, dass bis 2030 etwa die Hälfte der gegenwärtig rund 700.000 Ölheizungen durch innovative Energiesysteme auf Basis erneuerbarer Energie bzw. durch effiziente Fernwärme (insbesondere auf Basis erneuerbarer Energieträger) ersetzt werden. 2035 keine Öl-Heizungen mehr in Österreich Laut aktuellem Regierungsprogramm sollen in Österreich schon ab 2020 keine Ölheizungen mehr in Neubauten installiert werden. Dies ist in den meisten Bundesländern bereits gesetzlich geregelt und ist auch praktisch schon der Fall. Ab 2021 soll die Installation auch bei einer anstehenden Erneuerung eines Ölkessels in Bestandsgebäuden untersagt sein. Salzburg dürfte das erste Bundesland sein, das dies im Baurecht verankert. Ab 2025 soll der verpflichtende Austausch von Kesseln, die über 25 Jahre alt sind, in Form eines Stufenplans umgesetzt werden. Der Stufenplan ist derzeit im Rahmen der Erstellung der Wärmestrategie in Bearbeitung. Spätestens 2035 sollen dann alle derzeit noch bestehenden heimischen Ölkessel aus dem Niedertemperatur-Wärmemarkt verschwinden. 6 von 27 Phase-Out von Öl im Gebäudesektor als Chance für die heimische Biomassebranche
3 Entwicklung des Ölkesselbestands Der Großteil der Ölkessel befindet sich in den westlichen und alpinen Regionen Österreichs. Die meisten Ölkessel sind zudem oft schon älter als 20 Jahre. Das hohe Alter der vielen Bestandsölkessel stellt ein ernsthaftes Problem dar, da diese Anlagen den heutigen Ansprüchen bezüglich Wirkungsgrad, Energieverbrauch und CO2-Emissionen nicht mehr gerecht werden. Wie in Abbildung 2 ersichtlich, ist der Anteil der (Hauptwohnsitz-)Wohnungen mit Öl-oder Flüssiggas-Zentralheizung in den Bundesländern Vorarlberg, Tirol, Salzburg, Kärnten und Steiermark am höchsten. In diesen fünf Bundesländern werden noch 19 bis 35 % aller Hauptwohnsitze mit Öl oder Flüssiggas beheizt. Abbildung 2: Anteil der Wohnungen in Hauptwohnsitzen mit Öl- oder Flüssiggas- Zentralheizungen in Österreich nach Bundesländern 2017/2018 Quelle: Österreichische Energieagentur auf Basis des Mikrozensus zum Energieeinsatz der Haushalte der Statistik Austria, Erfassungsjahr 2017/2018 Phase-Out von Öl im Gebäudesektor als Chance für die heimische Biomassebranche 7 von 27
Tabelle 1 zeigt, dass in diesen Bundesländern neben den Haushalten auch viel Heizöl im Tourismusbereich (diese sind zum Teil im öffentlichen und privaten Dienstleistungssektor enthalten) eingesetzt wird. Relevant ist zum Teil auch der Einsatz im Gewerbebereich. Tabelle 1: Verbrauch an Gasöl für Heizzwecke – d. h. Heizöl Extra Leicht in westlichen und alpinen Regionen Ölverbrauch in t Vorarlberg Tirol Salzburg Steiermark Kärnten Dienstleistungen 5.293 15.595 13.069 15.488 8.531 (öffentl./privat) Haushalte 48.780 126.929 73.056 165.461 93.017 Landwirtschaft 175 453 222 502 282 Gesamt 54.248 142.978 86.347 181.451 101.830 Summe der 751 094 Bundesländer Quelle: Österreichische Energieagentur auf Basis Bundesländer-Energiebilanzen der Statistik Austria, Erfassungsjahr 2018 (ohne Heizgradtag-Bereinigung), Datenstand Juni 2020. Betrachtet man den österreichischen Heizkesselmarkt z. B. anhand der Haushalte, stellt sich heraus, dass die meisten bestehenden Ölkessel in den Jahren zwischen 1989 und 2003 installiert wurden und somit ein Durchschnittsalter von zumindest 20 Jahren besitzen (siehe Abbildung 3). 8 von 27 Phase-Out von Öl im Gebäudesektor als Chance für die heimische Biomassebranche
Abbildung 3: Bestand an Ölkesseln in Österreichs Haushalten nach Installationsjahr (Stand 2016). Quelle: Factsheet Ölheizung, Klima- und Energiefonds (2016) Öl ist einer der CO2-intensivsten Energieträger in Österreichs Energiemix Heizöl ist am Raumwärmemarkt, gemessen an seiner Relevanz am gesamten Brennstoffeinsatz, mit 3,1 t CO2e1/1.000 l Endenergie (1 l entspricht ca. 10 kWh Heizöl) der Brennstoff mit dem schlechtesten Emissionsfaktor aller relevanten Energieträger (Kohle hat praktisch keine Bedeutung mehr). In der nachfolgenden Tabelle wird dies verdeutlicht. Dargestellt sind die CO2-äquivalenten Emissionen von Energieträgern inklusive der CO2- äquivalenten Wirkung der ebenfalls emittierten Kyotogase (Methan, Lachgas etc.). 1 CO2e … CO2-äquivalente Emissionen des Energieträgers. Treibhausgas-Emissionen des Energieträgers aller 227 emittierten Kyotogase (CO2, Methan, Lachgas, etc.), bezogen auf das THG-Potential von CO2. Phase-Out von Öl im Gebäudesektor als Chance für die heimische Biomassebranche 9 von 27
Tabelle 2: Emissionsfaktoren von Energieträgern für Heizzwecke, bezogen auf Endenergie. Energieträger fCO2-eq [g/kWh] Kohle 375 Heizöl 310 Erdgas 247 Biomasse (Biobrennstoffe fest) 17 Biobrennstoffe flüssig (Inselbetrieb) 70 Biobrennstoffe gasförmig (Inselbetrieb) 100 Strom (Liefermix) 227 Fernwärme aus Heizwerk (erneuerbar) 59 Fernwärme aus Heizwerk (nicht erneuerbar) 310 Fernwärme aus hocheffizienter KWK 75 Abwärme 22 Quelle: OIB Richtlinie 6, Stand April 2019, eigene Darstellung. In Tabelle 3 ist ersichtlich, dass bei typischen Bestands-Einfamilienhäusern, die mit Heizöl extra leicht heizen, je nach Gebäudequalität und erneuerbarem Energieträger, auf den gewechselt wird (ohne vorhergehende thermische Gebäudesanierung, unsaniert) grob 4 bis 8 t CO2eq an Netto-CO2eq-Reduktion pro Jahr möglich sind. Mit einer vorhergehenden (laut OIB Richtlinie 6 förderfähigen) thermischen Gebäudesanierung sind noch höhere CO2eq-Reduktionen realisierbar. 10 von 27 Phase-Out von Öl im Gebäudesektor als Chance für die heimische Biomassebranche
Tabelle 3: Endenergieverbrauch und THG-Emission (CO2eq) eines typischen Einfamilienhauses (unsaniert, saniert) bei Einsatz unterschiedlicher Energieträger. Kategorie Gebäudetyp Heizöl Pellets Fern- WP WP Einheit EL wärme S/W L/W saniert 14.343 15.064 13.506 3.700 4.000 kWh/a Endenergie- verbrauch unsaniert 30.806 34.153 30.857 8.800 10.600 kWh/a saniert 4,4 0,3 0,9 1,2 1,2 t CO2-eq/a THG- Emissionen unsaniert 9,5 0,6 2,1 2,7 3,3 t CO2-eq/a Quelle: Österreichische Energieagentur Da eine Heizung typischerweise gut 70 % des Endenergieverbrauchs (ohne Mobilität) 2 eines Haushaltes ausmacht, ist die Entscheidung für eine alternative Heizungsart eine Entscheidung mit großer Tragweite. In Österreich werden derzeit noch über 700.000 Haushalte mit Heizöl beheizt. Beim Großteil dieser Haushalte handelt es sich um Ein- und Zweifamilienhäuser. 3 Diese Zahlen veranschaulichen die hohe Bedeutung der Substitution von Heizöl durch Energie aus erneuerbaren Quellen und Fernwärme (die ebenfalls sukzessive von Öl und Erdgas auf CO2-arme Energieträger umgestellt wird). 2 bmwfw, Sektion III (Energie und Bergbau): Energieland Österreich, Wien, Nov. 2014 3 Im großvolumigen Wohnbau ist Heizöl nicht mehr so weit verbreitet (in Salzburg werden z. B. nur etwa 10 % des Heizöls für Haushalte dort verbraucht). Phase-Out von Öl im Gebäudesektor als Chance für die heimische Biomassebranche 11 von 27
4 Der Phase-Out Öl wird gefördert Anfang 2021 soll es von Seiten des Bundes (und auch der Länder) erweiterte Angebote geben, damit ein Umstieg von Öl auf CO2-arme Heizsysteme (auch) für (einkommensschwache) Haushalte finanzierbar wird. Darüber hinaus wird auch die betriebliche Umweltförderung für energetische Maßnahmen im Bereich gewerblicher, touristischer, konfessioneller sowie landwirtschaftlicher Betriebe und kommunaler Einrichtungen fortgesetzt. Vor allem im Zuge der in diesem Herbst im Parlament diskutierten Änderung des Umweltförderungsgesetzes soll es zu einer Erweiterung der bestehenden Anreize zu Phase-Out von Öl kommen4: • Für die Sanierungsoffensive 2021 und 2022 wird ein Gesamtzusagerahmen in Höhe von 650 Mio. Euro gesetzlich festgelegt. Hiervon sollen voraussichtlich rund 400 Mio. Euro für die Förderung des Austauschs fossiler Heizkessel durch klimafreundliche Heizsysteme sowie voraussichtlich etwa 250 Mio. Euro für die Förderung von Investitionen zur thermischen Sanierung von Gebäuden eingesetzt werden. • Um Investitionen in klimafreundliche Heizsysteme auch einkommensschwachen Haushalten zu ermöglichen, ist es erforderlich, diese Bevölkerungsgruppe ergänzend zu den Investitionszuschüssen von Bund und Ländern zu unterstützen. Für diese Zwecke werden in den Jahren 2021 und 2022 insgesamt 100 Mio. Euro zur Verfügung gestellt, die im Weg der Länder an die adressierten Haushalte ausgezahlt werden sollen. • Haftungsrahmen für Energie-Contracting: Gewerbebetriebe und private Haushalte verfügen oft nicht über die notwendigen Mittel zur Investition in den Umstieg auf klimafreundliche Heizsysteme bzw. in eine thermische Gebäudesanierung. Umgekehrt ist für Contractorinnen und Contractoren, die 4 Stand vor der Budgetrede im Oktober 2020. Das Gesetz ist am 14.10.2020 im Instanzenzug durch den Bundesrat gegangen und somit beschlossen. Was zum Zeitpunkt des Verfassens des vorliegenden Dokuments noch ausstand, ist eine Anpassung der Förderrichtlinien. 12 von 27 Phase-Out von Öl im Gebäudesektor als Chance für die heimische Biomassebranche
zur Übernahme der Investitionen in diesem Segment grundsätzlich bereit wären, das Ausfallsrisiko zu hoch, um Investitionen in diesem Segment zu setzen. Vor diesem Hintergrund soll ein Haftungsrahmen iHv von 50 Mio. Euro (Barwert) eingerichtet werden. • Die Förderung betrieblicher (einschließlich kommunaler) Umwelt- und Klimaschutzprojekte (Nicht-Emissionshandels-Sektor) adressiert insbesondere Investitionen zur Verbesserung der Energieeffizienz bzw. zur Energieeinsparung sowie zum Umstieg auf erneuerbare Energieträger. Der gesetzliche Zusagerahmen für die reguläre Umweltförderung im Inland ist für 2020 mit 90,2 Mio. Euro begrenzt. Dieser soll um 20 Mio. Euro angehoben werden, wobei in diesem Ausmaß biogene Nahwärme- und Abwärmeprojekte gefördert werden sollen. Der Zusagerahmen in den Jahren 2021 und 2022 wird mit 110,2 Mio. Euro p.a. festgelegt, wobei jeweils ca. 20 Mio. Euro für biogene Nahwärme- und Abwärmeprojekte gewidmet werden sollen. Die 14 %ige Investitionsprämie für Wachstums- und Beschäftigungsimpulse soll ein verstärktes Engagement von Contracting-Unternehmen im Bereich des Kesseltausches bewirken. Die Förderungen beim Ölkesseltausch sind ein großer Schritt zum Ersatz von Heizöl im Raumwärmemarkt. In Kombination mit Landesförderungen können Haushalte hierfür mit bis zu 11.000 Euro (d. h. mit 30 % Förderung und mehr) rechnen. Tabelle 4: Investitionszuschüsse für den Ersatz einer fossil befeuerten Heizungsanlage für Ein- und Zweifamilienhäuser (Voraussetzung für den Bundeszuschuss ist eine Sanierung der Gebäudehülle) am Beispiel des Landes Salzburg. TH Spalte + links Zuschuss vom Zusätzlicher Öl- Bundes-Zuschuss Gesamtzuschuss Land Salzburg Raus-Bonus aus „Raus aus Öl“ Salzburg Scheitholz 2.000 2.020 5.000 9.020 Holzpellets 3.000 2.020 5.000 10.020 Holzhackgut 4.500 2.020 5.000 11.520 Luft- 0 2.020 5.000 7.020 Wärmepumpe Phase-Out von Öl im Gebäudesektor als Chance für die heimische Biomassebranche 13 von 27
TH Spalte + links Zuschuss vom Zusätzlicher Öl- Bundes-Zuschuss Gesamtzuschuss Land Salzburg Raus-Bonus aus „Raus aus Öl“ Salzburg Andere 3.000 2.020 5.000 10.020 Wärmepumpen Anschluss an 3.000 2.020 5.000 10.020 Biomasse-Fern- oder Abwärme Anschluss an 2.000 2.020 5.000 9.020 Fernwärme der Stadt Salzburg Quelle: Land Salzburg. Ohne entsprechende Begleitmaßnahmen wird auch das oben beschriebene, erweiterte Förderpaket nicht seine volle Wirksamkeit entfalten können – vor allem in den Folgejahren, falls Förderungen nicht mehr so „üppig“ ausfallen sollten oder bei bestimmten Zielgruppen, die sich mit einer Vielzahl an sonstigen Hürden konfrontiert sehen. 14 von 27 Phase-Out von Öl im Gebäudesektor als Chance für die heimische Biomassebranche
5 Herausforderung Ölkesselaustausch Ölheizkessel sind in der Regel robuste, langlebige Geräte, die mit Hilfe kleinerer Reparaturen eine hohe Lebensdauer von über 30 Jahren erreichen können. Ein Umstieg auf erneuerbare Energie benötigt ggf. kurzfristig viel Informations-, Zeit-, und Koordinationsaufwand und finanzielle Mittel (bei Haushalten ca. 10.000 bis 30.000 EUR). Zusammen mit einer 3-5 tägigen Baustelle bereitet dies wenig Freude. Zudem erreichen zielführende Informationen zum Ölkesseltausch Zielgruppen bisher unzureichend. Es wird auch mehr gut ausgebildete Fachkräfte brauchen. Bisher findet ein Ölkesseltausch noch zumeist erst infolge eines nicht mehr behebbaren Gebrechens ungeplant statt. In den vergangenen Jahren wurden 15.000 bis 20.000 Öl- Kessel pro Jahr ersetzt, ca. 5.000 wurden pro Jahr v. a. in Bestandsgebäuden neu installiert. Bis vor Kurzem förderte die Mineralölindustrie den Ersatz alter Öl- durch neue Ölkessel – insgesamt wurde so bei über 50.000 privatwirtschaftlich geförderten Anlagen ein Lock-in auf ein CO2-intensives System erzeugt. Spätestens 2035 sollen laut Regierung alle noch in Betreib befindlichen Heizöl-Kessel (es sind ca. 600.000 bis 700.000 Stück) aus dem Wärmemarkt verschwinden. 100 Öl-Kessel pro Tag weniger Um die Regierungsziele beim Phase-Out der Öl-Kessel zu erreichen, muss deren Anzahl österreichweit (bei Unterstellung eines linearen Aussteigspfades) durchschnittlich um über 40.000 Stück pro Jahr sinken. Das sind im Durchschnitt immerhin über 100 Kessel täglich. Die Ziele der Regierung stellen auch die Installateurinnen und Installateure vor eine Herausforderung. Es gilt, deren Anzahl deutlich zu steigern und den Beruf imagemäßig der Bevölkerung attraktiver zu präsentieren und für entsprechende Ausbildungsplätze zu sorgen. Damit der Ausstieg aus Öl-Kesseln bis 2035 gelingen kann, bedarf es zudem klarer Vorgaben für Planungssicherheit und auch neuer Gebote mit entsprechenden Abfederungen für Härtefälle sowie wirksamer begleitender Maßnahmen (mehr dazu in Kapitel 6 und 7). Phase-Out von Öl im Gebäudesektor als Chance für die heimische Biomassebranche 15 von 27
Beim Ölkessel-Ausstieg gilt es mitunter viel zu organisieren Bei einem Ölkesselaustausch sind viele Gewerke zu organisieren und terminlich aufeinander abzustimmen. Bei Heizungssystemen auf Basis von Biomasse ist die Aufgabestellung recht umfangreich, da neben dem Heizungsraum auch ein Lagerraum einzurichten ist und entsprechende Umbauten (zum Teil auch am Kamin) vorzunehmen sind. Unter anderem werden dann ggf. folgende Aufgaben/Gewerke zu koordinieren sein: • Entrümpelung des Kellers • Entsorger, Ölkessel und Öltank rausschneiden und Geräte/Öl entsorgen/verwerten • Baumeister für Neu-/Umbau des Lagerraums für Biomasse • Kaminsanierer und ev. Dachdecker, Bauspengler) • Rauchfangkehrer • Installateur für den Einbau der neuen Heizung • Elektriker • Servicetechniker des Herstellers • Rohrleitungsdämmer • Bodenleger, Malereibetrieb usw. Viele vor einer Umstellung stehende Haushalte, aber auch Gewerbe- und Tourismusbetriebe, haben (neben der schlichtweg benötigten Zeit auch) nicht die notwendigen Eigenmittel, bekommen aus Alters- oder anderen Gründen keinen Kredit, können sich folglich einen Tausch nicht leisten. Oder er macht auch keinen Sinn mehr, weil nicht klar ist, wie und von wem das Gebäude weiter genutzt werden wird. Zudem erreichen zielführende Informationen zum Austausch die Zielgruppen bisher unzureichend. Weitere wesentliche Engpässe bei der Umsetzung des Phase-Outs von Ölheizungen die durch entsprechende Begleitmaßnahmen behoben bzw. gemindert werden sollten, sind: 16 von 27 Phase-Out von Öl im Gebäudesektor als Chance für die heimische Biomassebranche
• Die Datenlage: es gibt keine zentrale Datenbank des Ölkesselbestandes • Der Mangel an Facharbeitskräften für die Umsetzung: dieser kann durch mehr Facharbeitskräfte und durch die bessere Nutzung der Zeit für den Kesseltausch (z. B. auch während Heizperiode) entschärft werden. • Die Kurzfristigkeit einer notwendigen Ersatzinvestition: Ölkessel werden oft bis zu ihrem technischen Ende betrieben. Dies tritt dann plötzlich ein, eine Ersatzinvestition muss dann rasch erfolgen. Oft ohne detaillierte Planung und ohne Umstellung des Energieträgers. • Förderbestimmungen: In der seitens mancher Förderstellen geforderten kurzen Zeit kann ein Tausch bei einer umfassenden Sanierung kaum geplant und umgesetzt werden, die Kontinuität der Förderungsverfügbarkeit (Stop- and-go der Bundesförderung) war in der Vergangenheit oft unbefriedigend (monatelange Unterbrechungen der Verfügbarkeit von Förderungen). • Komplexität des Heizungstausches: Diese kann durch die Vorab-Koordination aller notwendigen Gewerke (siehe Kapitel 6) und durch Contractinglösungen (für Gewerbe und Tourismus, siehe Kapitel 7) gemildert werden. Ohne weitere geeignete Begleitmaßnahmen bleibt der Aufwand für einen Kesseltausch für Haushalte sowie Gewerbe- und Tourismusbetriebe – trotz der begrüßenswerten finanziellen Anreize und Haftungsübernahmen – oft zu hoch. Lösungsansätze werden in Kapitel 6 und 7 vorgeschlagen. Phase-Out von Öl im Gebäudesektor als Chance für die heimische Biomassebranche 17 von 27
6 Rund-um-Sorglos Pakete für Haushalte, Gewerbe & Tourismus Ein Abbau der bestehenden Komplexität des Ölkesselaustausches z.B. durch den Aufbau von Kooperationsmodellen auf Seite der Fachkräfte im Sinne von Rund-um- Sorglos Paketen (RSP) und die Integration sowie Verbreitung von Lösungen im Bereich Finanzierung/Leistbarkeit könnte vor allem Heizungsanlagen auf Basis von Biomasse zu Gute kommen. Ziel einer Einführung von Rund-um-Sorglos Paketen ist: Gemeinsam, in Kooperation mit lokalen Partnerinnen und Partnern der Angebotsseite, die Zielgruppen Haushalte, Gewerbe- und Tourismusbetriebe mit Ölkesseln aktiv zu informieren und diesen attraktive Umstiegsangebote anzubieten. Es sollte auf Basis solcher Kooperationsmodelle für die Zielgruppen klar, einfach und vorteilhaft werden, sich innerhalb der nächsten 15 Jahre vom Ölkessel zu verabschieden. Ein Rundum-Sorglos-Paket (RSP) ist ein Kooperationsmodell, das darin besteht: Alle Angebote, die Konsumierende für einen Umstieg brauchen, aus einer Hand, transparent, zuverlässig, planbar und in hoher Qualität anbieten zu können. Installateurbetriebe, Zusammenschlüsse von beteiligten Handwerkerinnen und Handwerkern oder Lieferanten von Heizsystemen sollen jeweils mit Banken und Contractoren zusammenarbeiten und für die Zielgruppen RSP schnüren, die die wesentlichen Hemmnisse adressieren und die den Umstieg von Heizöl auf Fernwärme oder Heizsysteme auf Basis von Energie aus erneuerbaren Quellen deutlich erleichtern. Zu den wesentlichen Hemmnissen zählen unter anderem der Informationsbedarf zur Technologiewahl, zum Fördersystem und zur Entscheidungsfindung. Die Komplexität bei der Umsetzung – es sind viele Gewerke notwendig und unter Umständen auch selbst zu koordinieren – sowie wichtige Themen wie Leistbarkeit und die Finanzierung. Alle an derartigen RSP Mitwirkende (unabhängige Energieberatung, Installateure, Rauchfangkehrer und Hersteller etc.) sollten idealerweise eine gemeinsame Lösung für einen betreffenden Haushalt oder auch Gewerbe- oder Tourismusbetrieb entwickeln und 18 von 27 Phase-Out von Öl im Gebäudesektor als Chance für die heimische Biomassebranche
dabei eine gemeinsame Sprache sprechen. Das beginnt bei der unabhängigen Beratung. Die Informationen der unabhängigen Beratung könnten über eine gemeinsame Informations-Plattform, wie z. B. ZEUS5, digital zur Verfügung gestellt werden. RSP könnten idealerweise u.a. folgende Vorteile für Kundinnen und Kunden bieten: • Wiedererkennbarkeit und Vertrauen (transparente - von Vertretern und Vertreterinnen der Anbieter, z. B. gemeinsam mit dem betreffenden Bundesland entwickelte - Mindest- und Qualitätskriterien für RSP und Anbieter, damit Paketanbieter offiziell gelistet werden können), • Neben der unabhängigen Energieberatung eine zentrale Ansprechperson für die gesamte Abwicklung des Kesseltausches, von Inbetriebnahme bis hin zu Übergabe • Reduktion des Zeit- und Informationsaufwandes sowie ein gut koordinierter, effizienter Baustellenbetrieb (kurze Baustellendauer) durch zentrale Koordination sämtlicher benötigter Gewerke und Akteure und Akteurinnen, • Risiko- und Garantieleistungsübernahme durch gemeinsame Paketanbietende, ähnlich wie bei einer/m Generalunternehmer und Generalunternehmerinnen für die technische – und im Falle von Contracting – auch wirtschaftliche Zuverlässigkeit der Anlage (dies kann auch über den reinen Kesseltausch hinausgehende Energieeffizienz-Maßnahmen inkludieren) • Klar definierter Paket-Mindestleistungsumfang (Anbot von mobilen Überbrückungs-Heizsystemen, Übernahme der Förderabwicklung, Vermittlung von Finanzierungsoptionen – bis hin zur Übernahme der Finanzierung, bei Bedarf von Contracting; Inbetriebnahme, Entsorgung der Altanlage inkl. Tank und Verwertung des Heizöl-Restbestandes, bis hin zum hydraulischen Abgleich sowie einer Schulung zur Energieeffizienzsicherung im Betrieb bei Übergabe etc.); Definition von Standards- und zusätzlichen Sonderleistungspaketen • Angebote für Härtefälle im Falle von Austauschgeboten (weg von Öl, hin zu Erneuerbaren Energieträgern und Fernwärme). Derartige Angebote können durch die geplanten Haftungsübernahmen durch den Bund für Contractingprojekte, die Kesseltäusche und/oder thermische Sanierungen an Gebäuden, in denen einkommensschwache Haushalte oder auch 5 ZEUS Online-Datenbank energieausweise.net ist eine Energieausweisdatenbank und wird aktuell von den Bundesländern Kärnten, Steiermark und Salzburg eingesetzt. Phase-Out von Öl im Gebäudesektor als Chance für die heimische Biomassebranche 19 von 27
Gewerbebetreibende situiert sind zum Gegenstand haben, erleichtert werden (mehr dazu siehe in Kapitel 7). Vorteile für kooperierende Gewerke • Attraktives Angebot mit Vorteilen für alle Kooperationspartner möglich: Das Gesamtpaket ist als Produkt besser als einzelne Fachlösungen; was benötigt wird, könnte modular wählbar sein (Standard-, Sonderlösung) • Gemeinsames Tun spart Kosten: Skaleneffekte durch gemeinsame Büroangestellte für die Abwicklung der Angebote, Termine, Einkäufe, Arbeitskoordination, Abrechnungen etc.; Marketing und Bewerbung durch eine gemeinsame Stelle; Kundinnen und Kunden werden auf gemeinsamer Website vorinformiert; Mit Erstkontakt liegen bereits Daten zur Kundensituation vor; Weniger Regiekosten, geringere Angebotsausfallrisiken ls bei Einzelgewerken • Werbewert: Gemeinsamer, professioneller Auftritt; Vorschlag: Listung von RSP-Anbieterinnen und Anbietern auf öffentlicher Website; Unabhängige Beraterinnen und Berater der Bundesländer können auf diese Website bei der Beratung verweisen (sofern genügend Anbieterinnen und Anbieter gelistet sind) Potentielle RSP-Kooperationsmodelle • Bürogemeinschaft lokaler Gewerke bieten RSP an (z. B. hand-in-hand- werker.at in Tamsweg) • Heizungssystem-Hersteller bieten RSP in Kooperation mit Installateurpartnerbetrieben an • Installateurs- oder andere Betriebe bieten RSP an (z. B. con4.at in NÖ) Ein Heizkesseltausch kann auch während der Heizsaison im Winter problemlos erfolgen. Die Heizung und Warmwasseraufbereitung werden nur wenige Stunden oder Tage 20 von 27 Phase-Out von Öl im Gebäudesektor als Chance für die heimische Biomassebranche
unterbrochen. Ein mobiles Heiz- und Warmwasserversorgungssystem kann während des Kesseltausches die Versorgung des Gebäudes übernehmen; derartige Mobil-Geräte können auch gemietet werden. Mobile Heiz- und Warmwassersysteme für die Überbrückung von unvorhergesehenen Heizungsgebrechen entschärfen auch das Problem des Facharbeitermangels, weil es damit in der Heizsaison möglich wird, Kessel zu ersetzen und Facharbeitskräfte saisonal besser ausgelastet werden können (By-Pass-Betrieb mit Überbrückungssystem in der Heizsaison; flatten the curve). Hexit: der „Raus aus dem Öl“ Heizrechner von klimaaktiv Ein überaus nützliches Tool für Konsumierende ist der klimaaktiv-Heizrechner „Hexit“. Mit diesem kostenlosen online-Tool können mögliche Heizungsalternativen für Gebäude schnell verglichen werden. Wesentlich ist, dass das Tool stark auf die individuellen Bedürfnisse und Vorlieben der Nutzerinnen und Nutzer eingehen kann, da man verschiedene Kriterien individuell gewichten kann. Das Ergebnis ist sowohl eine finanzielle Betrachtung der Investitions-, Betriebs- und Vollkosten, sowie der jährlichen Kosten- Ersparnis, aber auch eine Darstellung der jährlichen CO2-Emissionen. Damit bekommen Kundinnen und Kunden auch Auskunft über die „Enkel-Tauglichkeit“ ihrer neuen Heizungsanlage. Die klimaaktiv-Heizungsmatrix Ein weiteres, bewährtes Tool stellt die klimaaktiv-Heizungsmatrix dar. Hier können Kundinnen und Kunden einfach feststellen, welches Heizungssystem für Ihr Haus empfehlenswert ist. Phase-Out von Öl im Gebäudesektor als Chance für die heimische Biomassebranche 21 von 27
7 Neue Ansätze zur Finanzierung und Leistbarkeit sind gefragt Hintergrund: Trotz aktuell attraktiver Investitionsförderungen für einen Umstieg von Ölheizungen auf Heizsysteme auf Basis von Energie aus erneuerbaren Quellen oder Fernwärme – sowohl im Gewerbe- und Tourismusbereich als auch im Bereich der Einzelanlagen in Haushalten – können sich nicht alle Ölheizungsbesitzerinnen und Ölheizungsbesitzer – aufgrund ihrer Einkommenssituation oder mangelnder Kreditfähigkeit – einen Umstieg auf diese leisten bzw. diesen finanzieren. Das BMK plant im Rahmen des Umweltförderungsgesetzes einen mit 50 Mio. EUR dotierten Fonds für Haftungsübernahmen durch den Bund für Contracting-Projekte, die Kesseltäusche und/oder thermische Sanierungen bei Gewerbebetrieben, zum Gegenstand haben. Für Gebäude, in denen einkommensschwache Haushalte situiert sind, sollen die Bundesländer 100 Mio. EUR für Maßnahmen zur Verfügung gestellt bekommen. Anlagen- und Liefercontracting sind bisher lediglich im Bereich von Gewerbetrieben verbreitet. Bei größeren Wohnbauten ist Contracting unter anderem aufgrund von gesetzlichen Regelungen bisher oft eingeschränkt möglich. Branchenvertretende sehen im Tourismusbereich Bonitätsprobleme, die Anlagen- bzw. Liefercontracting bisher häufig verhindern.6 Die konkrete Ausgestaltung des Rechtsrahmens für Haftungsübernahmen durch den Bund erfolgt derzeit federführend durch das Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK), in Abstimmung mit den Bundesländern und relevanten Akteurinnen und Akteuren. In dem Gesetzespaket sollen u. a. Musterverträge für Contracting und Regelungen für die Haftungsübernahme fixiert werden. Das neue Energieeffizienzgesetz, dessen Ausgestaltung ebenfalls im Entstehen ist, soll Maßnahmen zur Unterstützung energiearmer Haushalte enthalten. Auf Basis des in Ausarbeitung befindlichen gesetzlichen Rahmens sollten geeignete Contracting-Angebote 6 Quelle: Gespräch mit DECA-Mitgliedsbetrieben (Dachverband der Energiecontactoren, deca.at), Okt. 2020 22 von 27 Phase-Out von Öl im Gebäudesektor als Chance für die heimische Biomassebranche
für Gewerbe und Tourismus und Finanzierungsoptionen für energiearme Haushalte unter Einbindung lokaler Banken aufbereitet, verbreitet und kommuniziert werden. Dadurch soll sich die Sozialverträglichkeit und Leistbarkeit des Ausstiegs aus Öl im Wohnbau-, Gewerbe- und Tourismussektor und im Bereich von Einzelhaushalten erhöhen. Einerseits bedarf es Maßnahmen zur Verbreitung von Anlagen- bzw. Liefercontracting für den Umstieg von Ölheizungen auf Wärmeversorgungsanlagen auf Basis erneuerbarer Energie im Bereich von Gewerbe- und Tourismusbetrieben. Im Sinne des gesetzlichen Rechtsrahmens, der derzeit geschaffen wird, braucht es Musterverträge, die es (qualifizierten) Contracting-Anbieterinnen und -Anbietern ermöglichen, Heizungsumstellungen an größeren Gebäuden durchzuführen. In Summe vermindert die geplante Ausfallhaftung das Risiko und damit die Kosten des Contracting-Angebots und eröffnet Gewerbe- und Tourismusbetrieben mit geringer Bonität das Instrument des Liefercontractings. Andererseits braucht es Maßnahmen für Anbieterinnen und Anbieter von RSP für die Unterstützung energiearmer Haushalte beim Umstieg von Ölheizungen auf Wärmeversorgungsanlagen auf Basis erneuerbarer Energie. Für die Realisierung von Anlagen in Haushalten ist das Liefercontracting nach bisherigem Kenntnisstand nicht geeignet und es gibt keine positiven Erfahrungen dazu. Allerdings sind aktuell gesetzliche Grundlagen in Ausarbeitung, die den Kesseltausch auch in energiearmen Haushalten oder solchen mit schlechter Bonität (z. B. aufgrund des Alters der Bewohnenden) unterstützen sollen, beispielsweise im Rahmen des neuen Energieeffizienzgesetzes, das 2021 in Kraft treten soll. Phase-Out von Öl im Gebäudesektor als Chance für die heimische Biomassebranche 23 von 27
8 Chance für die Biomassebranche In der Bevölkerung gibt es ein starkes Bewusstsein, dass der Einsatz von Öl ein Ablaufdatum hat. Auch Betriebe setzen verstärkt auf Nachhaltigkeit. Andererseits ist das für viele Ölheizungsbetreiber eine finanzielle Herausforderung. Gelingt es, diese und weitere Hürden durch entsprechende Angebote zu bewältigen, bestehen auch gute Chancen, dass Biomasse einen wesentlichen Beitrag zum Phase-Out von Öl im Gebäudebereich leisten kann. Biomasse-Heizungsanlagen konkurrieren im Gebäudeneubau zunehmend mit Wärmepumpen. Auch für Biomasse-Fernwärme wird der Zugang zu diesem Markt zunehmend schwieriger. Neubauten stellen, aufgrund der steigenden energetischen Gebäudequalität und des damit einhergehenden geringeren Energieverbrauchs, für die Biomasse-Branche perspektivisch einen deutlich kleineren Markt als der Gebäudebestand dar. Bestandsgebäude mit Ölheizungen gelten als besonders interessant, da diese Gebäude bereits über Zufahrtsmöglichkeiten und Räumlichkeiten verfügen. Wo in vielen Fällen anstatt des Öltanks Pellets oder Hackgutlager eingerichtet werden können. Biomasselösungen sind grundsätzlich relevant und attraktiv, bedürfen jedoch aufgrund ihres erhöhten Umfangs einer guten Planung und Koordinierung, damit wirtschaftliche Potentiale auch ausgeschöpft werden können. Rund-um-Sorglos Pakete (die auch Finanzierungs- und Leistbarkeitsaspekte adressieren) können generell dazu beitragen, dass die Biomasse-Branche interessante Umstiegs-Angebote beisteuern und eine bedeutende Rolle beim Phase-Out von Öl einnehmen kann. Bei größeren Gebäuden fallen Mehraufwände aufgrund dieser erhöhten Komplexität weniger ins Gewicht. So sind insbesondere Gewerbe- und Tourismusbetriebe mit Verbräuchen von mehreren zehntausend bis zig-hunderttausend Liter Öl pro Jahr besonders interessant. Hier könnte der in Erarbeitung befindliche Rechtsrahmen im Bereich des Anlagen- und Liefercontracting attraktive Perspektiven für die Biomasse-Branche eröffnen. Contracting- Unternehmen setzen schon jetzt bei größeren Versorgungsanlagen auf Biomasse, fallweise sogar im Wettbewerb mit Erdgas. Rohstoffpotentiale – in Form von Pellets aus einer intensivierten Holzverarbeitung für mehr Holzbauten, die als CO2-Senken dienen sowie in Form von Scheitholz und Hackgut 24 von 27 Phase-Out von Öl im Gebäudesektor als Chance für die heimische Biomassebranche
aus dem klimabedingt erhöhten Schadholzanfall, d.h. zum Zwecke einer Stabilisierung des Holzmarktes an sich – sind perspektivisch ausreichend vorhanden bzw. werden durch parallel zum oder gemeinsam mit dem Kesseltausch forcierte thermische Gebäudesanierungen und weitere Energieeffizienzsteigerungen in relevantem Ausmaß frei. Phase-Out von Öl im Gebäudesektor als Chance für die heimische Biomassebranche 25 von 27
Über klimaaktiv klimaaktiv ist die Klimaschutzinitiative des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK). Seit 2004 bietet sie in den Themenschwerpunkten „Bauen und Sanieren“, „Energiesparen“, „Erneuerbare Energie“ und „Mobilität“ ein umfassendes, ständig wachsendes Spektrum an Information, Beratung sowie Weiterbildung und setzt Standards, die international Vorbildcharakter haben. klimaaktiv zeigt, dass jede Tat zählt: Jede und Jeder in Kommunen, Unternehmen, Vereinen und Haushalten kann einen aktiven Beitrag zur Erreichung der Klimaziele leisten. Damit trägt die Initiative zur Umsetzung des nationalen Energie- und Klimaplans (NEKP) für Österreich bei. Näheres unter klimaaktiv.at Das Programm klimaaktiv Energieholz zielt auf die nachhaltige Mobilisierung ungenutzter Holzressourcen sowie die Vermarktung klar definierter Energieholzsortimente. Dazu zählt unter anderem die zielgruppengerechte Aufbereitung von Fachwissen und Verbreitung von Information zu aktuellen Bedingungen und Entwicklungen am Energieholzmarkt. Beratung und weiterführende Informationen erhalten Sie unter klimaaktiv.at/energieholz. Kontakt Strategische Gesamtsteuerung klimaaktiv Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Abteilung VI/3 – Grüne Finanzen und nachhaltige Wirtschaft Stubenbastei 5, 1010 Wien Programmmanagement klimaaktiv Energieholz Österreichische Energieagentur – Austrian Energy Agency DI Lorenz Strimitzer energieholz@energyagency.at klimaaktiv.at/energieholz 26 von 27 Phase-Out von Öl im Gebäudesektor als Chance für die heimische Biomassebranche
Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Radetzkystraße 2, 1030 Wien bmk.gv.at
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