POLITIK UND WIRTSCHAFT - Kerncurriculum gymnasiale Oberstufe - Hessisches ...

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POLITIK UND WIRTSCHAFT - Kerncurriculum gymnasiale Oberstufe - Hessisches ...
Hessisches Kultusministerium

Kerncurriculum
gymnasiale Oberstufe

                               POLITIK UND WIRTSCHAFT
Hessisches Kultusministerium                     Kerncurriculum
                                                              Kern curr icu lum

Politik und Wirtschaft                      gymnasiale Oberstufe

Impressum

Hessisches Kultusministerium
Luisenplatz 10, 65185 Wiesbaden
Tel.: 0611 368-0
Fax: 0611 368-2096

E-Mail: poststelle.hkm@kultus.hessen.de
Internet: www.kultusministerium.hessen.de

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Politik und Wirtschaft                                                                      gymnasiale Oberstufe

Inhaltsverzeichnis

1   Die gymnasiale Oberstufe ............................................................................................ 4
    1.1    Lernen in der gymnasialen Oberstufe .................................................................... 4
    1.2    Strukturelemente des Kerncurriculums .................................................................. 6
    1.3    Überfachliche Kompetenzen .................................................................................. 7

2   Bildungsbeitrag und didaktische Grundlagen des Faches ...................................... 10
    2.1    Beitrag des Faches zur Bildung ........................................................................... 10
    2.2    Kompetenzbereiche ............................................................................................. 12
    2.3    Strukturierung der Fachinhalte ............................................................................. 14
    2.4    Bilingualer Unterricht ............................................................................................ 20

3   Bildungsstandards und Unterrichtsinhalte ............................................................... 22
    3.1    Einführende Erläuterungen .................................................................................. 22
    3.2    Bildungsstandards ............................................................................................... 23
    3.3    Kurshalbjahre und Themenfelder ......................................................................... 27

Hinweis: Anregungen zur Umsetzung des Kerncurriculums im Unterricht sowie weitere Materi-
alien abrufbar im Internet unter: www.kerncurriculum.hessen.de

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Politik und Wirtschaft                                             gymnasiale Oberstufe

1    Die gymnasiale Oberstufe

1.1 Lernen in der gymnasialen Oberstufe
Das Ziel der gymnasialen Oberstufe ist die Allgemeine Hochschulreife, die zum Studium an
einer Hochschule berechtigt, aber auch den Weg in eine berufliche Ausbildung ermöglicht.
Lernende, die die gymnasiale Oberstufe besuchen, wollen auf die damit verbundenen Anfor-
derungen vorbereitet sein. Erwarten können sie daher einen Unterricht, der sie dazu befä-
higt, Fragen nach der Gestaltung des eigenen Lebens und der Zukunft zu stellen und
orientierende Antworten zu finden. Sie erwarten Lernangebote, die in sinnstiftende Zusam-
menhänge eingebettet sind, in einem verbindlichen Rahmen eigene Schwerpunktsetzungen
ermöglichen und Raum für selbstständiges Arbeiten schaffen. Mit diesem berechtigten An-
spruch geht die Verpflichtung der Lernenden einher, die gebotenen Lerngelegenheiten in
eigener Verantwortung zu nutzen und mitzugestalten. Lernen wird so zu einem stetigen, nie
abgeschlossenen Prozess der Selbstbildung und Selbsterziehung, getragen vom Streben
nach Autonomie, Bindung und Kompetenz. In diesem Verständnis wird die Bildung und Er-
ziehung junger Menschen nicht auf zu erreichende Standards reduziert, vielmehr kann Bil-
dung Lernende dazu befähigen, selbstbestimmt und in sozialer Verantwortung, selbstbe-
wusst und resilient, kritisch-reflexiv und engagiert, neugierig und forschend, kreativ und
genussfähig ihr Leben zu gestalten und wirtschaftlich zu sichern.
Für die Lernenden stellt die gymnasiale Oberstufe ein wichtiges Bindeglied dar zwischen
einem zunehmend selbstständigen, dennoch geleiteten Lernen in der Sekundarstufe I und
dem selbstständigen und eigenverantwortlichen Weiterlernen, wie es mit der Aufnahme ei-
nes Studiums oder einer beruflichen Ausbildung verbunden ist. Auf der Grundlage bereits
erworbener Kompetenzen zielt der Unterricht in der gymnasialen Oberstufe auf eine vertiefte
Allgemeinbildung, eine allgemeine Studierfähigkeit sowie eine fachlich fundierte wissen-
schaftspropädeutische Bildung. Dabei gilt es in besonderem Maße, die Potenziale der Ju-
gendlichen zu entdecken und zu stärken sowie die Bereitschaft zu beständigem Weiterlernen
zu wecken, damit die jungen Erwachsenen selbstbewusste, ihre Neigungen und Stärken
berücksichtigende Entscheidungen über ihre individuellen Bildungs- und Berufswege treffen
können. Gleichermaßen bietet der Unterricht in der Auseinandersetzung mit ethischen Fra-
gen die zur Bildung reflektierter Werthaltungen notwendigen Impulse – den Lernenden kann
so die ihnen zukommende Verantwortung für Staat, Gesellschaft und das Leben zukünftiger
Generationen bewusst werden. Auf diese Weise nimmt die gymnasiale Oberstufe den ihr in
den §§ 2 und 3 des Hessischen Schulgesetzes (HSchG) aufgegebenen Erziehungsauftrag
wahr.
Im Sinne konsistenter Bildungsbemühungen knüpft das Lernen in der gymnasialen Oberstufe
an die Inhalte und die Lern- und Arbeitsweisen der Sekundarstufe I an und differenziert sie
weiter aus. So zielt der Unterricht auf den Erwerb profunden Wissens sowie auf die Vertie-
fung bzw. Erweiterung von Sprachkompetenz, verstanden als das Beherrschen kulturell be-
deutsamer Zeichensysteme. Der Unterricht fördert Team- und Kommunikationsfähigkeit,
lernstrategische und wissenschaftspropädeutische Fähigkeiten und Fertigkeiten, um zuneh-
mend selbstständig lernen zu können, sowie die Fähigkeit, das eigene Denken und Handeln
zu reflektieren. Ein breites, in sich gut organisiertes und vernetztes sowie in unterschiedli-
chen Anwendungssituationen erprobtes Orientierungswissen hilft dabei, unterschiedliche,
auch interkulturelle Horizonte des Weltverstehens zu erschließen. Daraus leiten sich die di-
daktischen Aufgaben der gymnasialen Oberstufe ab. Diese spiegeln sich in den Aktivitäten
der Lernenden, wenn sie

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-   sich aktiv und selbstständig mit bedeutsamen Gegenständen und Fragestellungen zent-
    raler Wissensdomänen auseinandersetzen,
-   wissenschaftlich geprägte Kenntnisse für die Bewältigung persönlicher und gesellschaft-
    licher Herausforderungen nutzen,
-   Inhalte und Methoden kritisch reflektieren sowie Erkenntnisse und Erkenntnisweisen
    auswerten und bewerten,
-   in kommunikativen Prozessen sowohl aus der Perspektive aufgeklärter Laien als auch
    aus der Expertenperspektive agieren.
Schulische Bildung eröffnet den Lernenden unterschiedliche Dimensionen von Erkenntnis
und Verstehen. Bildungsprozesse zielen so auf die reflexive Beschäftigung mit verschiede-
nen „Modi der Weltbegegnung und -erschließung“, für die – in flexibler bzw. mehrfacher Zu-
ordnung – jeweils bestimmte Unterrichtsfächer und ihre Bezugswissenschaften stehen.
Folgende vier Modi werden als orientierende Grundlage angesehen:
(1) kognitiv-instrumentelle Modellierung der Welt (Mathematik, Informatik, Naturwissen-
    schaften)
(2) ästhetisch-expressive Begegnung und Gestaltung (Sprache / Literatur, Musik / bildende
    und theatrale Kunst / physische Expression)
(3) normativ-evaluative Auseinandersetzung mit Wirtschaft und Gesellschaft (Geschichte,
    Politik, Ökonomie, Recht)
(4) deskriptiv-exploratorische Begegnung und Auseinandersetzung mit existentiellen Fragen
    der Weltdeutung und Sinnfindung (Religion, Ethik, Philosophie)
Diese vier Modi folgen keiner Hierarchie und können einander nicht ersetzen. Jeder Modus
bietet eine eigene Art und Weise, die Wirklichkeit zu konstituieren – aus einer jeweils beson-
deren Perspektive, mit den jeweils individuellen Erschließungsmustern und Erkenntnisräu-
men. Lehr-Lern-Prozesse initiieren die reflexive Begegnung mit diesen unterschiedlichen,
sich ergänzenden Zugängen, womit das Ziel verbunden ist, den Lernenden Möglichkeiten für
eine mehrperspektivische Betrachtung und Gestaltung von Wirklichkeit zu eröffnen.
In der Verschränkung mit den o. g. Sprachkompetenzen und lernstrategischen Fähigkeiten
bilden diese vier Modi die Grundstruktur der Allgemeinbildung und geben damit einen Orien-
tierungsrahmen für die schulische Bildung. Darauf gründen die Bildungsstandards, die am
Ende der gymnasialen Oberstufe zu erreichen sind und als Grundlage für die Abiturprüfung
dienen. Mit deren Bestehen dokumentieren die Lernenden, dass sie ihre fundierten Fach-
kenntnisse und Kompetenzen in innerfachlichen, fachübergreifenden und fächerverbinden-
den Zusammenhängen verständig nutzen können.
In der Realisierung eines diesem Verständnis folgenden Bildungsanspruchs verbinden sich
zum einen Erwartungen der Schule an die Lernenden, zum anderen aber auch Erwartungen
der Lernenden an die Schule.
Den Lehrkräften kommt die Aufgabe zu,
-   Lernende darin zu unterstützen, sich aktiv und selbstbestimmt die Welt fortwährend ler-
    nend zu erschließen, eine Fragehaltung zu entwickeln sowie sich reflexiv und zuneh-
    mend differenziert mit den unterschiedlichen Modi der Weltbegegnung und
    Welterschließung zu beschäftigen,
-   Lernende mit Respekt, Geduld und Offenheit sowie durch Anerkennung ihrer Leistungen
    und förderliche Kritik darin zu unterstützen, in einer komplexen Welt mit Herausforderun-

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    gen wie fortschreitender Technisierung, beschleunigtem globalen Wandel, der Notwen-
    digkeit erhöhter Flexibilität und Mobilität, diversifizierten Formen der Lebensgestaltung
    angemessen umgehen zu lernen sowie kultureller Heterogenität und weltanschaulich-
    religiöser Pluralität mit Offenheit und Toleranz zu begegnen,
-   Lernen in Gemeinschaft und das Schulleben mitzugestalten.
Aufgabe der Lernenden ist es,
-   schulische Lernangebote als Herausforderungen zu verstehen und zu nutzen; dabei Dis-
    ziplin und Durchhaltevermögen zu beweisen; das eigene Lernen und die Lernumgebun-
    gen aktiv mitzugestalten sowie eigene Fragen und Interessen, Fähigkeiten und
    Fertigkeiten bewusst einzubringen und zu mobilisieren; sich zu engagieren und sich an-
    zustrengen,
-   Lern- und Beurteilungssituationen zum Anlass zu nehmen, ein an Kriterien orientiertes
    Feedback einzuholen, konstruktiv mit Kritik umzugehen, sich neue Ziele zu setzen und
    diese konsequent zu verfolgen,
-   Lernen in Gemeinschaft und das Schulleben mitzugestalten.
Die Entwicklung von Kompetenzen wird möglich, wenn Lernende sich mit komplexen und
herausfordernden Aufgabenstellungen, die Problemlösen erfordern, auseinandersetzen,
wenn sie dazu angeleitet werden, ihre eigenen Lernprozesse zu steuern sowie sich selbst
innerhalb der curricularen und pädagogischen Rahmensetzungen Ziele zu setzen und damit
an der Gestaltung des Unterrichts aktiv mitzuwirken. Solchermaßen gestalteter Unterricht
bietet Lernenden Arbeitsformen und Strukturen, in denen sie wissenschaftspropädeutisches
und berufsbezogenes Arbeiten in realitätsnahen Kontexten erproben und erlernen können.
Es bedarf der Bereitstellung einer motivierenden Lernumgebung, die neugierig macht auf die
Entdeckung bisher unbekannten Wissens, in der die Suche nach Verständnis bestärkt und
Selbstreflexion gefördert wird. Und es bedarf Formen der Instruktion, der Interaktion und
Kommunikation, die Diskurs und gemeinsame Wissensaneignung, aber auch das Selbststu-
dium und die Konzentration auf das eigene Lernen ermöglichen.

1.2 Strukturelemente des Kerncurriculums
Das Kerncurriculum für die gymnasiale Oberstufe formuliert Bildungsziele für fachliches
(Bildungsstandards) und überfachliches Lernen sowie inhaltliche Vorgaben als verbindliche
Grundlage für die Prüfungen im Rahmen des Landesabiturs. Die Leistungserwartungen wer-
den auf diese Weise für alle, Lehrende wie Lernende, transparent und nachvollziehbar. Das
Kerncurriculum ist in mehrfacher Hinsicht anschlussfähig: Es nimmt zum einen die Vorgaben
in den Einheitlichen Prüfungsanforderungen in der Abiturprüfung (EPA) und den Beschluss
der Kultusministerkonferenz (KMK) vom 18.10.2012 zu den Bildungsstandards für die Allge-
meine Hochschulreife in den Fächern Deutsch und Mathematik sowie in der fortgeführten
Fremdsprache (Englisch, Französisch) auf. Zum anderen setzt sich in Anlage und Aufbau
des Kerncurriculums die Kompetenzorientierung, wie bereits im Kerncurriculum für die Se-
kundarstufe I umgesetzt, konsequent fort – modifiziert in Darstellungsformat und Präzisions-
grad der verbindlichen inhaltlichen Vorgaben gemäß den Anforderungen in der gymnasialen
Oberstufe und mit Blick auf die Abiturprüfung.
Das pädagogisch-didaktische Konzept der gymnasialen Oberstufe in Hessen, wie in Ab-
schnitt 1.1 gekennzeichnet, bildet den Legitimationszusammenhang für das auf den Erwerb

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von Kompetenzen ausgerichtete Kerncurriculum mit seinen curricularen Festlegungen. Dies
spiegelt sich in den einzelnen Strukturelementen wider:
Überfachliche Kompetenzen (Abschn. 1.3): Bildung, verstanden als sozialer Prozess fort-
währender Selbstbildung und Selbsterziehung, zielt auf fachlichen und überfachlichen Kom-
petenzerwerb gleichermaßen. Daher sind im Kerncurriculum für die gymnasiale Oberstufe
neben den fachlichen Leistungserwartungen zunächst die wesentlichen Dimensionen und
Aspekte überfachlicher Kompetenzentwicklung beschrieben.
Bildungsbeitrag und didaktische Grundlagen des Faches (Abschn. 2): Der „Beitrag des
Faches zur Bildung“ (Abschn. 2.1) beschreibt den Bildungsanspruch und die wesentlichen
Bildungsziele des Faches. Dies spiegelt sich in den Kompetenzbereichen (Abschn. 2.2 bzw.
Abschn. 2.3 Naturwissenschaften, Mathematik, Informatik) und der Strukturierung der
Fachinhalte (Abschn. 2.3 bzw. Abschn. 2.4 Naturwissenschaften, Mathematik, Informatik)
wider. Die didaktischen Grundlagen, durch den Bildungsbeitrag fundiert, bilden ihrerseits die
Bezugsfolie für die Konkretisierung in Bildungsstandards und Unterrichtsinhalte.
Bildungsstandards und Unterrichtsinhalte (Abschn. 3): Bildungsstandards weisen die Erwar-
tungen an das fachbezogene Können der Lernenden am Ende der gymnasialen Oberstufe
aus (Abschn. 3.2). Sie konkretisieren die Kompetenzbereiche und zielen grundsätzlich auf
kritische Reflexionsfähigkeit sowie den Transfer bzw. das Nutzen von Wissen für die Bewäl-
tigung persönlicher und gesellschaftlicher Herausforderungen. In den vier Fächern, für die
Bildungsstandards für die Allgemeine Hochschulreife (Beschluss der KMK vom 18.10.2012)
vorliegen, werden diese i. d. R. wörtlich übernommen.
Die Lernenden setzen sich mit geeigneten und repräsentativen Lerninhalten und Themen,
deren Sachaspekten und darauf bezogenen Fragestellungen auseinander und entwickeln
auf diese Weise die in den Bildungsstandards formulierten fachlichen Kompetenzen. Ent-
sprechend gestaltete Lernarrangements zielen auf den Erwerb jeweils bestimmter Kompe-
tenzen aus i. d. R. unterschiedlichen Kompetenzbereichen. Auf diese Weise können alle
Bildungsstandards mehrfach und in unterschiedlichen inhaltlichen Zusammenhängen erar-
beitet werden. Hieraus erklärt sich, dass Bildungsstandards und Unterrichtsinhalte nicht be-
reits im Kerncurriculum miteinander verknüpft werden, sondern dies erst sinnvoll auf der
Unterrichtsebene erfolgen kann.
Die Lerninhalte sind in unmittelbarer Nähe zu den Bildungsstandards in Form verbindlicher
Themen der Kurshalbjahre, gegliedert nach Themenfeldern, ausgewiesen (Abschn. 3.3).
Hinweise zur Verbindlichkeit der Themenfelder finden sich im einleitenden Text zu Abschnitt
3.3 sowie in jedem Kurshalbjahr. Die Thematik eines Kurshalbjahres wird jeweils in einem
einführenden Text skizziert und begründet. Im Sinne eines Leitgedankens stellt er die einzel-
nen Themenfelder in einen inhaltlichen Zusammenhang und zeigt Schwerpunktsetzungen für
die Kompetenzanbahnung auf. Die Lerninhalte sind immer rückgebunden an die übergeord-
neten Erschließungskategorien bzw. Wissensdimensionen des Faches, um einen strukturier-
ten und systematischen Wissensaufbau zu gewährleisten.

1.3 Überfachliche Kompetenzen
Für Lernende, die nach dem erfolgreichen Abschluss der gymnasialen Oberstufe ein Studi-
um oder eine Berufsausbildung beginnen und die damit verbundenen Anforderungen erfolg-
reich meistern wollen, kommt dem Erwerb all jener Kompetenzen, die über das rein
Fachliche hinausgehen, eine fundamentale Bedeutung zu – nur in der Verknüpfung mit per-
sonalen und sozialen Kompetenzen kann sich fachliche Expertise adäquat entfalten.

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Daher liegt es in der Verantwortung aller Fächer, dass Lernende im fachgebundenen wie
auch im projektorientiert ausgerichteten fachübergreifenden und fächerverbindenden Unter-
richt ihre überfachlichen Kompetenzen weiterentwickeln können, auch im Hinblick auf eine
kompetenz- und interessenorientierte sowie praxisbezogene Studien- und Berufsorientie-
rung. Dabei kommt den Fächern Politik und Wirtschaft sowie Deutsch als „Kernfächer“ eine
besondere Verantwortung zu, Lernangebote bereitzustellen, die den Lernenden die Möglich-
keit eröffnen, ihre Interessen und Neigungen zu entdecken und die gewonnenen Informatio-
nen mit Blick auf ihre Ziele zu nutzen.
Überfachliche Kompetenzen umspannen ein weites Spektrum: Es handelt sich dabei um
Fähigkeiten und Fertigkeiten genauso wie um Haltungen und Einstellungen. Mit ihnen stehen
kulturelle Werkzeuge zur Verfügung, in denen sich auch normative Ansprüche widerspiegeln.
Im Folgenden werden die anzustrebenden überfachlichen Kompetenzen in sich ergänzenden
und ineinandergreifenden gleichrangigen Dimensionen beschrieben:
Soziale Kompetenzen: sich verständigen und kooperieren; Verantwortung übernehmen und
Rücksichtnahme praktizieren; im Team agieren; Konflikte aushalten, austragen und lösen;
andere Perspektiven einnehmen; von Empathie geleitet handeln; sich durchsetzen; Toleranz
üben; Zivilcourage zeigen: sich einmischen und in zentralen Fragen das Miteinander betref-
fend Stellung beziehen
Personale Kompetenzen: eigenständig und verantwortlich handeln und entscheiden; wider-
standsfähig und widerständig sein; mit Irritationen umgehen; Dissonanzen aushalten; sich
zutrauen, die eigene Person und inneres Erleben kreativ auszudrücken; divergent denken;
fähig sein zu naturbezogenem sowie ästhetisch ausgerichtetem Erleben; sensibel sein für
eigene Körperlichkeit und psychische Verfasstheit
Sprachkompetenzen (im Sinne eines erweiterten Sprachbegriffs): unterschiedliche Zei-
chensysteme beherrschen (literacy): Verkehrssprache, Mathematik, Fremdsprachen, Natur-
wissenschaften, symbolisch-analoges Sprechen (wie etwa in religiösen Kontexten), Ästhetik,
Informations- und Kommunikationstechnologien; sich in den unterschiedlichen Symbol- und
Zeichengefügen ausdrücken und verständigen; Übersetzungsleistungen erbringen: Verstän-
digung zwischen unterschiedlichen Sprachniveaus und Zeichensystemen ermöglichen
Wissenschaftspropädeutische Kompetenzen: fachliches Wissen nutzen und bewerten;
die Perspektivität fachlichen Wissens reflektieren; Verfahren und Strategien der Argumenta-
tion anwenden; Zitierweisen beherrschen; Verständigung zwischen Laien und Experten initi-
ieren und praktizieren; auf einem entwickelten / gesteigerten Niveau abstrahieren; in Mo-
dellen denken und modellhafte Vorstellungen als solche erkennen
Selbstregulationskompetenzen: Wissen unter Nutzung von Methoden der Selbstregulation
erwerben; Lernstrategien sowohl der Zielsetzung und Zielbindung als auch der Selbstbe-
obachtung (self-monitoring) anwenden; Probleme im Lernprozess wahrnehmen, analysieren
und Lösungsstrategien entwickeln; eine positive Fehler-Kultur aufbauen; mit Enttäuschungen
und Rückschlägen umgehen; sich im Spannungsverhältnis zwischen Fremd- und Selbstbe-
stimmung orientieren
Involvement: sich (auf etwas) einlassen; für eine Sache fiebern; sich motiviert fühlen und
andere motivieren; von epistemischer Neugier geleitete Fragen formulieren; sich vertiefen,
etwas herausbekommen, einer Sache / Fragestellung auf den Grund gehen; etwas vollen-
den; (etwas) durchhalten; eine Arbeitshaltung kultivieren (sich Arbeitsschritte vornehmen,
Arbeitserfolg kontrollieren)

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Wertbewusste Haltungen: um Kategorien wie Respekt, Gerechtigkeit, Fairness, Kostbar-
keit, Eigentum und deren Stellenwert für das Miteinander wissen; friedliche Gesinnung im
Geiste der Völkerverständigung praktizieren, ethische Normen sowie kulturelle und religiöse
Werte kennen, reflektieren und auf dieser Grundlage eine Orientierung für das eigene Han-
deln gewinnen; demokratische Normen und Werthaltungen im Sinne einer historischen Welt-
sicht reflektieren und Rückschlüsse auf das eigene Leben in der Gemeinschaft ziehen;
selbstbestimmt urteilen und handeln
Interkulturelle Kompetenz (im Sinne des Stiftens kultureller Kohärenz): Menschen aus
verschiedenen soziokulturellen Kontexten und Kulturen vorurteilsfrei und im Handeln reflek-
tiert begegnen; sich kulturell unterschiedlich geprägter Identitäten, einschließlich der eige-
nen, bewusst sein; die unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechte achten und
sich an den wesentlichen Traditionen der Aufklärung orientieren; wechselnde kulturelle Per-
spektiven einnehmen, empathisch und offen das Andere erleben; Ambiguitätstoleranz üben

Mit Blick auf gesellschaftliche Entwicklungen und die vielfältigen damit verbundenen Heraus-
forderungen für junge Erwachsene zielt der Erwerb fachlicher und überfachlicher Kompeten-
zen insbesondere auf die folgenden drei Dimensionen, die von übergreifender Bedeutung
sind:
Demokratie und Teilhabe / zivilgesellschaftliches Engagement: sozial handeln, politi-
sche Verantwortung übernehmen; Rechte und Pflichten in der Gesellschaft wahrnehmen;
sich einmischen, mitentscheiden und mitgestalten; sich persönlich für das Gemeinwohl en-
gagieren (aktive Bürgerschaft); Fragen des Zusammenlebens der Geschlechter / Generatio-
nen / sozialen Gruppierungen reflektieren; Innovationspotenzial zur Lösung gesellschaftlicher
Probleme des sozialen Miteinanders entfalten und einsetzen; entsprechende Kriterien des
Wünschenswerten und Machbaren differenziert bedenken
Nachhaltigkeit / Lernen in globalen Zusammenhängen: globale Zusammenhänge bezo-
gen auf ökologische, soziale und ökonomische Fragestellungen wahrnehmen, analysieren
und darüber urteilen; Rückschlüsse auf das eigene Handeln ziehen; sich mit den Fragen, die
im Zusammenhang des wissenschaftlich-technischen Fortschritts aufgeworfen werden, aus-
einandersetzen; sich dem Diskurs zur nachhaltigen Entwicklung stellen, sich für nachhaltige
Entwicklung engagieren
Selbstbestimmtes Leben in der mediatisierten Welt: den Einfluss von digitaler Kommuni-
kation auf eigenes Erleben und persönliche Erfahrungen wahrnehmen und reflektieren; den
medialen Einfluss auf Alltag und soziale Beziehungen sowie Kultur und Politik wahrnehmen,
analysieren und beurteilen, damit verbundene Chancen und Risiken erkennen; Unterschiede
zwischen unmittelbaren persönlichen Erfahrungen und solchen in „digitalen Welten“ iden-
tifizieren und auch im „online-Modus“ ethisch verantwortungsvoll handeln; einen selbstbe-
stimmten Umgang mit sozialen Netzwerken im Spannungsfeld zwischen Wahrung der Pri-
vatsphäre und Teilhabe an einer globalisierten Öffentlichkeit praktizieren; in der media-
tisierten Welt eigene Interessen und Bedürfnisse wahrnehmen

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2     Bildungsbeitrag und didaktische Grundlagen des Faches

2.1 Beitrag des Faches zur Bildung
Das Fach Politik und Wirtschaft nimmt im Fächerkanon der Schule und damit auch in der
gymnasialen Oberstufe eine besondere Stellung ein. Die zu erschließenden Themen und
Problemstellungen haben grundlegende Bedeutung nicht nur für die Lebensverhältnisse der
Lernenden, sondern sind konstitutiv für den Erhalt und die Entwicklung von Demokratie und
Gesellschaft. Im Zentrum des Unterrichts im Fach Politik und Wirtschaft stehen eine entspre-
chende Qualifikation, Sozialisation und Enkulturation der Lernenden als Voraussetzungen
eines demokratischen, gestaltbaren und zukunftsfähigen Gemeinwesens.
Der Unterricht im Fach Politik und Wirtschaft ist an dem Ziel ausgerichtet, Lernende als zu-
künftige mündige, d. h. autonome und gesellschaftlich verantwortungsbewusste Bürgerinnen
und Bürger und zugleich tragende Akteure politischer und wirtschaftlicher Handlungen und
Prozesse dazu zu befähigen,
– gegenwärtige Politik, Wirtschaft und Gesellschaft angemessen wahrzunehmen und sich in
  diesen Domänen zu orientieren, d. h. individuelle Handlungen in die Zusammenhänge ge-
  sellschaftlicher Strukturen sowie Macht- und Herrschaftsverhältnisse einzuordnen und
  damit die eigenen politischen und wirtschaftlichen Lebensbedingungen zu verstehen,
– aktiv und verantwortungsvoll an den gesellschaftlichen Selbstverständigungsdiskursen
  sowie Entscheidungsprozessen teilzunehmen (politisches Engagement), Gesellschaft
  bewusst aufgrund der eigenen Interessenlage im Rahmen des Verfassungskerns des
  Grundgesetzes demokratisch mit zu entwickeln („Demokratie lernen“),
– die zentrale Bedeutung des Wirtschaftssystems, dessen Entwicklung und Gestaltungsop-
  tionen für den Einzelnen und die gesamte Gesellschaft zu erkennen,
– wirtschaftlich geprägte gegenwärtige und zukünftige Lebenssituationen durch individuelles
  und kollektives Handeln selbst- und mitverantwortlich zu bewältigen und zu gestalten,
– Ansätze zur Lösung nationaler, europäischer und globaler Herausforderungen zu verste-
  hen und sich mit unterschiedlichen Lösungsperspektiven auseinanderzusetzen, dabei
– eine Widerstandshaltung gegen inhumane und undemokratische Verhaltensweisen zu
  entwickeln, aber auch demokratisch legitimierte Herrschaft und ökonomische Entschei-
  dungen kritisch zu begleiten,
– soziale Ungerechtigkeiten, Unterdrückungs- und Ausgrenzungsmechanismen (wie etwa
  Sexismus und Rassismus) und Demokratiedefizite zu erkennen und gegebenenfalls in der
  Perspektive einer Ausweitung gesellschaftlicher und demokratischer Teilhabe überwinden
  zu helfen
– sowie bei der Inklusion von Menschen mit Behinderung aktiv und verantwortungsbewusst
  mitzuwirken und sie bei der Durchsetzung ihrer Rechte solidarisch zu unterstützen.
Politische und ökonomische Bildung im Fach Politik und Wirtschaft der gymnasialen Ober-
stufe
– ist integrativ, da sie politische, rechtliche, wirtschaftliche und gesellschaftliche Teilsysteme
  von Gesellschaft (einschließlich des Mensch-Natur-Verhältnisses) als wechselseitiges,
  von Menschen gestaltetes und gestaltbares Wirkungs- und Bedingungsgefüge begreift
  und dabei das Ringen unterschiedlicher Interessen um Macht, Herrschaft, Einfluss und
  die Regeln und Verfahren der Entscheidungsfindung mit dem Ziel der Gestaltung normati-
  ver Ordnungen zum Gegenstand hat,

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Politik und Wirtschaft                                              gymnasiale Oberstufe

– reflektiert die Wechselwirkung von lebensweltlicher und institutioneller Gestaltung norma-
  tiver Ordnungen durch Gesellschaft, Wirtschaft und Politik,
– generalisiert individuell erlebbare lebensweltliche Zugänge zu sozialen Phänomenen, in-
  dem relevante Teilbereiche der Gesellschaft, deren Wirkungszusammenhänge, Wechsel-
  beziehungen und Strukturen, die durch Politik und Wirtschaft bedingt werden,
  Gegenstand der Beschreibung, Analyse und Bewertung sind,
– berücksichtigt die relative Autonomie des politischen Systems und der politischen Öffent-
  lichkeit, deren eigene Funktionslogiken, Institutionen und Diskurse, ohne dabei deren so-
  ziale und ökonomische Voraussetzungen außer Acht zu lassen,
– unterscheidet zwischen konstituierender und konstituierter Politik,
– zielt auf ein grundlegendes Verständnis von Funktionsweisen, Mechanismen, Stärken und
  Problembereichen konkreter Wirtschaftsordnungen ab, die als Herrschaftsstrukturen ge-
  sellschaftliche und politische Interessenlagen sowie kulturelle und normative Werte institu-
  tionalisieren,
– weiß um die wechselseitige Durchdringung und Beeinflussung von nationalstaatlichen und
  transnationalen Prozessen von Politik und Wirtschaft bei immer stärkeren globalen Ein-
  flüssen,
– reflektiert unter Einbezug historischer Erkenntnisse das Verhältnis von Kontinuität und
  Wandel des Sozialen, des Ökonomischen sowie des Politischen und
– versteht sich schließlich selbst als Reflexionsraum politischer und ökonomischer Prozesse
  sowie der damit verbundenen gesellschaftlichen Interessenlagen und reflektiert die
  grundsätzliche Pluralität und Kontroversität politikwissenschaftlicher, wirtschaftswissen-
  schaftlicher und soziologischer Handlungen, Haltungen, Sinnvorstellungen und Theorien.
Um die genannten Zielsetzungen zu erreichen, ist der Erwerb fachlichen Wissens (fachspezi-
fische Inhalte und Kategorien) und fachlicher Kompetenzen (Analysekompetenz, Urteilskom-
petenz, Handlungskompetenz und Methodenkompetenz) unabdingbar.
Der Unterricht im Fach Politik und Wirtschaft realisiert die fachdidaktischen Prinzipien Pro-
blemorientierung, Handlungsorientierung, Schülerorientierung und Wissenschaftspropädeutik
unter Beachtung des Kontroversitätsgebots. Korrespondierende Lehr- und Lernprozesse
konkretisieren die Frage- und Problemstellungen der Themenfelder exemplarisch und leisten
zugleich angemessene Modellbildung und Generalisierung. Entsprechende Lernwege orien-
tieren sich an den differenzierten Fachmethodiken der politischen und ökonomischen Bil-
dung. Indem ihre Interessen in die thematisch-inhaltliche und methodische Gestaltung des
Unterrichts einbezogen werden, erweitern die Lernenden ihre Fähigkeiten zur Mitbestim-
mung und Mitverantwortung schulischen Lernens.
Stärker als in der Sekundarstufe I erfordert das Fach dabei die Ordnung und Strukturierung
von Wissen (Kategorienbildung), vor allem aber die Kenntnis und Auseinandersetzung mit
vertiefenden Kausal- und Begründungszusammenhängen, d. h. mit sozialwissenschaftlichen
Theorien – unter Einbezug der diese begründenden Welt- und Menschenbilder sowie der
daraus abgeleiteten Prämissen (Wissenschaftspropädeutik). Zentral sind der Rückbezug
wissenschaftlicher Erklärungsmodelle auf die jeweiligen Problemzusammenhänge und die
Reflexion der Entstehung und Funktion entsprechender Theorien. Dabei ist der den gesell-
schaftlichen Phänomenen innewohnenden Kontroversität auf ihren jeweiligen Ebenen (Dar-
stellung / Analyse / Beurteilung / Folgerungen / Theoriebezug) Rechnung zu tragen.

                                                                                           11
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Politik und Wirtschaft                                             gymnasiale Oberstufe

2.2 Kompetenzbereiche
Analysekompetenz
Analysekompetenz bezeichnet die Fähigkeit der Lernenden, politische, ökonomische, ökolo-
gische und gesellschaftliche Probleme, Konflikte, Handlungs- und Entscheidungssituationen
mit Hilfe der Fachkategorien eigenständig wahrzunehmen und zu erschließen, Akteure und
deren Interessen zu identifizieren, Ursachen gesellschaftlichen Wandels zu verstehen und
die Ergebnisse ihrer Analyse fachsprachlich zu beschreiben.
Die Lernenden analysieren dabei auch ihre eigenen sowie fremde politische und ökonomi-
sche Sinnvorstellungen (z. B. Manifestationen, Deutungsmuster, Theorien, Ideologien, Vorur-
teile, Stereotype). Ziel ist es, die Rationalität und Kontroversität von Sinnvorstellungen und
rechtlichen Normierungen mit wissenschaftlichen Verfahrensweisen zu überprüfen. Die Ler-
nenden untersuchen Zusammenhänge, Wechselwirkungen und Dependenzen zwischen ge-
sellschaftlichen Teilbereichen (z. B. Gesellschaft, Wirtschaft, Ökologie) und unterschied-
lichen Handlungsebenen (z. B. Nationalstaat, internationale Organisationen). Durch derartige
Analyseprozesse können Lernende Strukturwissen ausbilden.

Urteilskompetenz
Urteilskompetenz bezeichnet die Fähigkeit der Lernenden, eine eigenständige Position zu
politischen, ökonomischen, ökologischen und gesellschaftlichen Problemen, Konflikten,
Handlungs- und Entscheidungssituationen einzunehmen und diese argumentativ begründen
zu können. Die Lernenden stützen sich auf Analyseergebnisse, beziehen Handlungsalterna-
tiven in ihre Urteilsfindung ein und verschränken in ihrem Urteil unterschiedliche deskriptive
und normative Argumente (Sach- und Werturteil). Urteilskompetenz integriert die Fähigkeit
zu Kritik und diejenige zur Entwicklung von Gestaltungsvorschlägen zur politischen und öko-
nomischen Ordnung (Gestaltungsurteil).
Grundlage hierfür ist Strukturwissen, so dass ein Abwägen anhand verschiedener Fachkate-
gorien unter Einbeziehung der Fachsprache stattfinden kann. Das Urteilen der Lernenden
vollzieht sich im Spannungsfeld von partikularen, teilweise gegenläufigen Interessen und
gesellschaftlichem Gemeinwohl.

Handlungskompetenz
Handlungskompetenz bezeichnet die Fähigkeit und Bereitschaft, eigene Positionen auf
Grundlage einer fundierten Analyse zu beziehen und im Diskurs zu vertreten sowie anderen
Positionen tolerant und ggf. kritisch zu begegnen. Die Lernenden entwickeln Handlungsmög-
lichkeiten, gegebenenfalls alternative Konzepte, und reflektieren diese. Sie setzen dabei ihr
Handeln gemäß eigener Ziele, Interessen und Werte in Beziehung zu unterschiedlichen Vor-
stellungen von Gemeinwohl, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit im Rahmen rechtstaatlicher
Demokratie. Verantwortungsvolles Handeln schließt die Fähigkeit und Bereitschaft zu Kon-
troversität, Konsens und Toleranz mit ein.
Die Lernenden kennen entsprechende Institutionen, Wege und Verfahren zur Realisierung
ihrer Handlungsabsichten.

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Politik und Wirtschaft                                                  gymnasiale Oberstufe

Methodenkompetenz
Methodenkompetenz umfasst die Fähigkeit, die vielfältigen Arbeitstechniken, Fachmethoden
(Makromethoden, Mikromethoden) und Methoden forschenden Lernens zur selbstständigen
Wahrnehmung, Analyse und Beurteilung der Lerngegenstände des Faches zielführend zu
nutzen und entsprechende Handlungsmöglichkeiten zu erproben.
Fachspezifische Methoden strukturieren die Erschließung der besonderen Lerngegenstände
des Faches und prägen die Lernwege. Dazu gehören insbesondere Fallstudien, Konfliktana-
lysen, Planspiele, simulative Kontroversverfahren (Rollenspiel, Planspiel, Debatte, Diskussi-
on, Talkshow), interpretativ-hermeneutische Verfahren sowie forschendes Lernen (Beob-
achtung, Befragung, Experiment), die je nach den jeweiligen Gegenstandsbereichen und
Schwerpunkten des Kompetenzerwerbs ausgewählt werden. Stärker als in der Sekundarstu-
fe I stehen dabei die Reflexion des Zusammenhangs von Inhalt und Methode sowie ein kriti-
sches Überprüfen der Möglichkeiten und Grenzen der jeweiligen Methode im Vordergrund
(Wissenschaftspropädeutik).

Kompetenzerwerb in fachübergreifenden und fächerverbindenden Zusammenhängen
Fachübergreifende und fächerverbindende Lernformen ergänzen fachliches Lernen in der
gymnasialen Oberstufe und sind unverzichtbarer Bestandteil des Unterrichts (vgl. § 7 Abs. 7
OAVO1). In diesem Zusammenhang gilt es insbesondere auch, die Kompetenzbereiche der
Fächer zu verbinden und dabei zugleich die Dimensionen überfachlichen Lernens sowie die
besonderen Bildungs- und Erziehungsaufgaben, erfasst in Aufgabengebieten (vgl. § 6 Abs. 4
HSchG), zu berücksichtigen. So können Synergiemöglichkeiten ermittelt und genutzt wer-
den. Für die Lernenden ist diese Vernetzung zugleich Voraussetzung und Bedingung dafür,
Kompetenzen in vielfältigen und vielschichtigen inhaltlichen Zusammenhängen und Anforde-
rungssituationen zu erwerben.
Damit sind zum einen Unterrichtsvorhaben gemeint, die mehrere Fächer gleichermaßen be-
rühren und unterschiedliche Zugangsweisen der Fächer integrieren. So lassen sich z. B. in
Projekten – ausgehend von einer komplexen problemhaltigen Fragestellung – fachübergrei-
fend und fächerverbindend und unter Bezugnahme auf die drei herausgehobenen überfach-
lichen Dimensionen komplexere inhaltliche Zusammenhänge und damit Bildungsstandards
aus den unterschiedlichen Kompetenzbereichen der Fächer erarbeiten (vgl. Abschn. 1.3).
Zum anderen können im Fachunterricht Themenstellungen bearbeitet werden, die – ausge-
hend vom Fach und einem bestimmten Themenfeld – auch andere, eher benachbarte Fä-
cher berühren. Dies erweitert und ergänzt die jeweilige Fachperspektive und trägt damit zum
vernetzten Lernen bei.

1   Oberstufen- und Abiturverordnung (OAVO) in der jeweils geltenden Fassung

                                                                                           13
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Politik und Wirtschaft                                                      gymnasiale Oberstufe

2.3 Strukturierung der Fachinhalte
Die folgende Übersicht visualisiert die Zusammenhänge zwischen den Kompetenzbereichen
(Abschn. 2.2), den im Folgenden dargestellten Grundproblemen des Faches, den Basiskon-
zepten und Fachkategorien sowie den in den Abschnitten 3.2 und 3.3 aufgeführten Bildungs-
standards und Themenfeldern. Sie zeigt damit auf, wie kompetenzorientierte Lernwege
angelegt werden können.

                             Abb. 1: Fachdidaktische Struktur (Übersicht)

Domänen des Faches und Grundprobleme
Das Unterrichtsfach Politik und Wirtschaft bezieht sich als sozialwissenschaftliches Integrati-
onsfach auf die drei Domänen Politik, Wirtschaft und Gesellschaft sowie auf die Wechselwir-
kung von Gesamtgesellschaft und natürlicher Umwelt (d. h. gesellschaftliche Naturver-
hältnisse). Die einzelnen Domänen weisen jeweils spezifische Grundprobleme auf, die von
entsprechenden sozialwissenschaftlichen Bezugsdisziplinen wie der Politikwissenschaft, den
Wirtschaftswissenschaften und der Soziologie mit je eigenen Fragestellungen und Methoden
erforscht werden, wobei in der modernen Wissenschaftswelt zugleich interdisziplinäres wis-
senschaftliches Arbeiten der Regelfall ist. Für einen problemorientierten, handlungsorientier-
ten und wissenschaftspropädeutischen Unterricht im Integrationsfach Politik und Wirtschaft
ist es daher erforderlich, sowohl domänenspezifische als auch domänenvernetzende Unter-
suchungsperspektiven einzunehmen.
Allgemeines Grundproblem der Domäne Politik ist die Gestaltung und Regelung menschli-
cher Gemeinwesen. Politik in einem weiten Sinne bezeichnet zunächst jegliche Art der Ein-

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Politik und Wirtschaft                                              gymnasiale Oberstufe

flussnahme und Gestaltung sowie die Durchsetzung von Forderungen und Zielen, sei es in
privaten oder öffentlichen Bereichen. In modernen Gesellschaften vollzieht sich Politik über-
wiegend im Rahmen eines institutionell eigenständigen politischen Systems mit verfassten
Verfahren und spezialisierten Akteuren unter dem Anspruch allgemeiner Gesetzgebung.
Moderne Politikbegriffe betonen daher die Bedeutung öffentlicher Austragung und Regelung
von Konflikten angesichts des gesellschaftlichen Pluralismus von Interessen und Werten.
Zentrale Probleme der Domäne Politik in modernen Gesellschaften sind entsprechend die
diskursive Problembearbeitung, das kollektive Entscheiden und die Implementation von Ge-
setzen:
– Wie kann Politik Probleme und Herausforderungen bearbeiten?
– Wie können allgemeinverbindliche Entscheidungen getroffen werden?
– Wie können politische Entscheidungen wirksam durchgesetzt werden?
Die moderne Politikwissenschaft legt keinen einheitlichen Politikbegriff zu Grunde, sondern
fasst den fachwissenschaftlichen Pluralismus in Form von drei adjektivischen Gegensatzpaa-
ren, die unterschiedliche Perspektiven politischer Analyse und Theoriebildung akzentuieren:
– gouvernementale (staatszentrierte: Führung, Macht, Herrschaft, Hierarchie) versus eman-
  zipatorische (staatskritische: Teilhabe, Partizipation, Gleichheit, Demokratisierung),
– normative (wertbezogene: Kampf um gute Ordnung, Freiheit, Friede, Gerechtigkeit) ver-
  sus deskriptive (beschreibende: verbindliche Konfliktregelung mittels Gesetzen und Ver-
  fahren),
– konfliktorientierte (Interessensgegensätze, Klassenkampf, Krieg) versus konsensbezoge-
  ne (Gemeinwohl, Ausgleich).
Das Spektrum unterschiedlicher Grundverständnisse und Betrachtungsweisen von Politik
findet sich im Unterricht wieder, auch weil deren Relevanz und Gültigkeit für die zu untersu-
chenden Themenfelder und Herausforderungen verschieden ist. Im Sinne anspruchsvoller
Wissenschaftspropädeutik wird die deskriptive, analytische und normative Bedeutung jewei-
liger Politikbegriffe im Untersuchungszusammenhang reflektiert.
Das Fach Politik und Wirtschaft reflektiert als Fach der politischen Bildung die Bedeutung der
Werte Frieden, Freiheit, Sicherheit und gerecht verteilter Wohlstand gerade angesichts der
bestehenden Ungleichzeitigkeiten in der politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen
Entwicklung von Staaten und Regionen. Der Unterricht vergegenwärtigt gegenüber einer
bloß analytischen Betrachtung von Politik daher die Bedeutung lebendiger Demokratie, ma-
terieller Rechtsstaatlichkeit, sozialer Gerechtigkeit und ökologischer Nachhaltigkeit als Vo-
raussetzungen würdevollen und selbst bestimmten Lebens.
Ein erstes Grundproblem der Domäne Wirtschaft ist die Interaktion unterschiedlicher wirt-
schaftlicher Akteure zur Ermöglichung wechselseitig vorteilhafter Kooperation angesichts von
Knappheit und wirtschaftlichem Opportunismus (Ausrichtung wirtschaftlichen Handelns an
subjektiven Kosten-Nutzen-Kalkülen). Damit verbunden sind zentrale Fragen nach einem
effizienten, stabilen und die Wohlfahrt steigernden Funktionieren von Märkten sowie ganzer
– zunehmend offener – Volkswirtschaften:
– Wie treffen Haushalte und Unternehmen ihre ökonomischen Entscheidungen angesichts
  des grundlegenden Problems der Knappheit?
– Wie funktioniert der dezentrale Koordinationsmechanismus eines Marktes? (Mikroökono-
  mie)
– Wie wirken sich die Entscheidungen von Unternehmen, Haushalten und Staaten in ihrer
  Gesamtheit (in aggregierter Betrachtungsweise) aus?

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Politik und Wirtschaft                                             gymnasiale Oberstufe

– Wie kommt es zu gesamtwirtschaftlichen Phänomenen wie beispielsweise Wachstum,
  Konjunktur, Inflation? (Makroökonomie)
– Wie wirkt sich die Öffnung einer Volkswirtschaft aus?
– Was bestimmt die Handels- und Kapitalströme? Wie bildet sich ein Wechselkurs?
  (Außenwirtschaftstheorie)
Zur Analyse dieser Fragestellungen sind die mikroökonomische und die makroökonomische
Betrachtungsweise gleichermaßen erforderlich. Die mikroökonomische Analyse untersucht
die Entscheidungen der Haushalte und Unternehmen sowie das Zusammentreffen der Aktivi-
täten auf Märkten. Die makroökonomische Analyse untersucht dagegen gesamtwirtschaftli-
che Phänomene auf aggregierter Ebene, wie beispielsweise Wirtschaftswachstum, Arbeits-
losigkeit oder Inflation. Die betriebswirtschaftliche Betrachtungsweise ist dabei insbesondere
für ein tieferes Verständnis unternehmerischen Entscheidungshandelns von Bedeutung –
und zwar bezüglich der vier Zentralbereiche der Beschaffung, der Produktion, des Absatzes
sowie der Leitung und Organisation von Unternehmen.
Wirtschaftliches Handeln von Haushalten, Unternehmen, des Staates und anderer Akteure in
Marktwirtschaften und auch in anderen Wirtschaftsordnungen führt im internationalen und im
historischen Vergleich zu vielfältigen Antworten im Zusammenhang dreier elementarer Fra-
gestellungen: Was soll produziert werden? Welche Produktionsverfahren sollen im Rahmen
welcher Produktionsverhältnisse verwendet werden? Für wen soll produziert werden? Die
konkrete Gestalt und die wirtschaftliche Entwicklung von Volkswirtschaften und deren au-
ßenwirtschaftliche Interdependenz sind dabei auch wesentlich von der jeweiligen Wirt-
schaftsordnung und der realisierten Wirtschaftspolitik abhängig. Die wirtschaftspolitische
Gestaltung, Ordnung und gegebenenfalls Steuerung von Märkten und anderer wirtschaftli-
cher Institutionen vor dem Hintergrund wirtschaftlicher und sozialer Ziel- und Interessenskon-
flikte ist daher ein zweites Grundproblem der Domäne Wirtschaft. Insbesondere die Frage
nach der politischen Rahmensteuerung individuellen Handelns zur Förderung erwünschter
Aggregationseffekte in Marktwirtschaften ist ein zentrales Thema der Volkswirtschaftslehre:
– Wie soll die Wirtschaftspolitik angesichts der Erkenntnisse der Theorie handeln, um den
  volkswirtschaftlichen Koordinationsmechanismus zur Beantwortung der drei Grundfragen
  nach dem „Was“, „Wie“ und „Für wen“ des Wirtschaftens zu verbessern? (Wirtschaftspoli-
  tik)
– Wie wirkt sich die staatliche Tätigkeit in einer Volkswirtschaft auf die Einnahmeseite und
  die Ausgabeseite staatlicher Haushalte aus?
– Wie sollte die staatliche Aktivität hinsichtlich Niveau und Struktur gestaltet werden? (Fi-
  nanzwissenschaft)
Der domänenvernetzende Bereich der Wirtschaftspolitik umfasst darüber hinaus auch die
Aufgabe einer langfristigen Gestaltung und rechtlichen Kodifizierung der Wirtschaftsordnung
mit ihren Teilbereichen und Institutionen (Eigentumsordnung, gesamtwirtschaftliche Koordi-
nation, Geld). Entsprechende wirtschaftswissenschaftliche Aspekte werden nicht nur in den
Wirtschaftswissenschaften, sondern auch in anderen sozialwissenschaftlichen Disziplinen
untersucht, beispielsweise in der Soziologie, der Politikwissenschaft, der Rechtswissenschaft
und der Geschichtswissenschaft.
Ein Grundproblem der Domäne Gesellschaft ist die soziale Integration angesichts dynami-
schen gesellschaftlichen Wandels, beispielsweise in Form von Individualisierungsprozessen
und funktionaler Differenzierung von Teilbereichen der Gesellschaft. Die Soziologie unter-
sucht entsprechende Veränderungen der Gesellschaftsstruktur (Makrosoziologie) sowie das
Handeln, die Sinn- und Wertvorstellungen von Individuen und Akteuren (Mikrosoziologie)

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Politik und Wirtschaft                                             gymnasiale Oberstufe

und deren Sozialisation. Von besonderer didaktischer Bedeutung sind dabei Teilprobleme,
die aufgrund gesellschaftlicher Öffnung (Internationalisierung und Globalisierung) eine neue
Dynamik entwickeln können:
– Wie entwickelt sich soziale Ungleichheit bezüglich unterschiedlicher Dimensionen?
– Warum kommt es zur Exklusion marginalisierter gesellschaftlicher Gruppen und wie ist
  Integration bzw. Inklusion möglich?
– Welche Chancen und Risiken sind mit der gleichzeitigen Vereinheitlichung und Diversifi-
  zierung von Kulturen verbunden?
– Wie kann eine nachhaltige Entwicklung von Gesellschaften aussehen?
Die wissenschaftliche Soziologie formuliert auf Grundlage empirischer und theoretischer
Forschung Beschreibungen der Gegenwartsgesellschaft, die für die politische Bildung wich-
tig sind. Soziologische Gegenwartsdiagnosen und Theorien dienen nicht nur der diskursiven
Selbstverständigung der Gesellschaft. Mit ihren häufig domänenübergreifenden Perspekti-
ven, oft verbunden mit empirisch oder normativ begründeten Handlungsempfehlungen, tra-
gen sie auch zu einer der Komplexität gesellschaftlicher Entwicklungen angemessenen und
rationaler Entscheidungsfindung verpflichteten Gestaltung der Gesellschaft bei.
Die angeführten Grundprobleme der drei Domänen stehen nicht isoliert, sondern sind eng
aufeinander bezogen. Sie können aus einer domänenvernetzenden Perspektive zu überge-
ordneten Leitfragen des Faches Politik und Wirtschaft verdichtet werden:
– Wie können normative Ordnungen gesellschaftlicher Teilbereiche demokratisch gestaltet
  und legitimiert sowie unter Beachtung rechtsstaatlicher Grundsätze durchgesetzt werden?
– Wie können rechtliche, kulturelle und materielle Bedürfnisse von Individuen und Gesell-
  schaften befriedigt werden?
– Wie ist soziale Integration angesichts von sozialer Ungleichheit, Individualisierungsten-
  denzen und gesellschaftlich-funktionaler Differenzierung möglich?
– Wie kann sozialer Wandel im Sinne nachhaltiger Entwicklung gestaltet werden?
Das vorliegende Kerncurriculum gewinnt aus den drei Domänen Politik, Wirtschaft und Ge-
sellschaft und deren jeweiligen Grundproblemen thematische Schwerpunkte für die einzel-
nen Kurshalbjahre. Diese beziehen sich in den Kurshalbjahren E1 bis Q2 besonders auf eine
Domäne und konkretisieren entsprechende Herausforderungen in Form problemhaltiger
Themenfelder (E1: Gesellschaft, E2: Wirtschaft und Ökologie, Q1: Politik, Q2: Wirtschaft).
Dabei werden relevante Zusammenhänge und Wechselwirkungen mit anderen gesellschaft-
lichen Teilbereichen selbstverständlich thematisiert.
Die Kurshalbjahre Q3 und Q4 sind im Sinne didaktischer Progression und interdisziplinären
Lernens ausdrücklich domänenübergreifend angelegt.

Basiskonzepte und Fachkategorien
Die Domänen Politik, Wirtschaft und Gesellschaft werden mittels der Basiskonzepte Sys-
tem und Struktur, Akteure und Dispositionen sowie Prozesse und Handeln konzeptuell ge-
fasst. Als grundlegende Elemente sozialer Systeme bilden sie einen in sich geordneten
Zusammenhang:
Politik, Wirtschaft und Gesellschaft weisen als soziale Systeme je eigene Strukturen auf, vor
deren Hintergrund sich das Handeln entsprechender Akteure vollzieht und zu Prozessen
verdichtet. Ein viertes Basiskonzept Wandel bezeichnet das Phänomen, dass sich einzelne
Akteure, deren jeweilige Dispositionen, das aggregierte Handeln von mehreren Akteuren in

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Politik und Wirtschaft                                                     gymnasiale Oberstufe

Prozessen und auch gesamte soziale Systeme mit ihren Strukturen in ihrer grundsätzlichen
Qualität verändern können. (Autoritäre Regime können sich beispielsweise in Demokratien
transformieren und umgekehrt.) Als Gesamtzusammenhang stellen die vier Basiskonzepte
eine wesentliche Voraussetzung dar für eine strukturierte Wahrnehmung, Analyse und Beur-
teilung sozialer Phänomene der Domänen des Faches Politik und Wirtschaft durch Lehrkräf-
te und Lernende. Diese Basiskonzepte korrespondieren mit der in der Politikwissenschaft
gängigen Unterscheidung von drei analytischen Dimensionen des Politischen – polity, poli-
tics, policy.
Die Basiskonzepte werden durch eine Auswahl von Fachkategorien konkretisiert, welchen in
den einzelnen Domänen eine besondere Bedeutung bei der Untersuchung der problemhalti-
gen Themenfelder zukommt. Als sprachliche Mittel haben sie im Unterricht eine Brücken-
funktion, indem sie eine Verbindung zwischen sozialwissenschaftlicher Fachsprache und
alltagssprachlicher Begriffsverwendung der Lernenden entsprechend ihrer Vorkonzepte er-
möglichen. Das politische Konzeptwissen der Sekundarstufe I wird durch Verwendung beim
Analysieren und Urteilen differenziert, reflektiert und ggf. modifiziert. Lernende erarbeiten
sich auf diese Weise einen Kernbestand an fachsprachlichen Mitteln und sind so in der Lage,
entsprechende Fragestellungen der politischen und ökonomischen Bildung zu formulieren
und zu bearbeiten sowie an fachwissenschaftlichen und politischen Diskursen zunehmend
teilzunehmen.

Basis-       Beispiele              zentrale Fachkate-            mögliche, fachlich-kategoriale
konzepte                            gorien                        Fragestellungen
System       – politisches Sys-     – politische Herrschaft       – Welche politischen Herrschafts-
und Struk-     tem der Bundes-          und Ordnung                   formen liegen vor?
tur            republik Deutsch-    –   Institutionen             –   Sind politische oder wirtschaftli-
               land und anderer     –   Recht / Normen                che Ordnungen demokratisch le-
               Staaten              –   Legitimität und Effizi-       gitimiert?
             – die wirtschaftspo-       enz                       –   Welche Institutionen sind für ein
               litische Konzepti-   –   Arbeitsteilung                effizientes Funktionieren des Sys-
               on der Sozialen      –   Koordination und In-          tems wichtig?
               Marktwirtschaft          terdependenz durch        –   Welche Rechte sind für die politi-
             – Struktur von Un-         Märkte und Kreisläu-          sche oder wirtschaftliche Ord-
               ternehmen                fe                            nung grundlegend?
                                    –   Anreize und Restrik-      –   Wie werden wirtschaftliche Hand-
                                        tionen durch Staats-          lungen koordiniert?
                                        eingriffe                 –   Welche Instrumente sollen einge-
                                    –   externe Effekte und           setzt werden, um negative exter-
                                        Internalisierung              ne Effekte zu reduzieren?
                                    –   Wirtschaftsordnung/       –   Welche ordnungspolitischen
                                        Ordnungspolitik               Konzeptionen sind bedeutsam?

                                                                                                      18
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