Prävention schwerer Infektionen bei anatomischer oder funktioneller Asplenie - PIGS
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Übertragbare Krankheiten Prävention schwerer Infektionen bei anatomischer oder funktioneller Asplenie Empfehlungen der Schweizerischen Gesellschaft für Infektiologie (SGINF), der Eidgenössischen Kommission für Impffragen (EKIF)1 und des Bundesamtes für Gesundheit (BAG). Stand 2015 Patienten mit anatomischer oder funk- Infektionsrisiko Das Risiko einer lebensbedrohlichen tioneller Asplenie haben ein erhöhtes Risiko, an einer Infektion bei anatomischer oder fulminant verlaufenden, lebensbedrohlichen Infektion funktioneller Asplenie, fortan nur durch bestimmte Bakterien (vor allem Pneumokokken) noch Asplenie genannt, wird durch die fehlende oder reduzierte Funkti- oder Protozoen zu erkranken. Das Risiko ist in den ers- on der Milz bestimmt. Nach Splen- ten zwei Jahren nach Ausfall der Milz am höchsten, ektomie können Grundkrankheiten besteht aber lebenslang. Untersuchungen zeigen, dass oder deren Therapie, wie zum Bei- spiel Hämoglobinopathien, hämato- Patienten mit Asplenie über ihr Risiko ungenügend infor- logische Neoplasien, Chemothera- miert sind. Zu den Präventionsmassnahmen gehören pie oder Steroidtherapie, welche bei die Aufklärung der Patienten, Impfungen gegen Pneu- nicht-traumatischer Splenektomie häufig vorhanden sind, entschei- mokokken, Meningokokken und Influenza sowie eine dend zum Infektionsrisiko beitragen. Notfallantibiotikatherapie bzw. für bestimmte Patienten- Die Inzidenz einer lebensbedrohli- chen Infektion bei Asplenie wird auf gruppen eine Antibiotikaprophylaxe und eine besonders 0,23 %–0,42 % pro Jahr (etwa ein Fall gewissenhafte Malariaprophylaxe in Risikogebieten. pro 300–500 Patientenjahre) ge- schätzt. Das lebenslange Risiko be- trägt 5 %. Das Infektionsrisiko ist in EINFÜHRUNG Impfempfehlungen überarbeitete den ersten 2 bis 3 Jahren nach Eintre- 2. März 2015 Vorversion von 2006. ten der Asplenie/Splenektomie am Patienten mit anatomischer (ange- höchsten: Etwa 30 % der Infektionen borener oder erworbener) oder treten im ersten Jahr und etwa 50 % funktioneller Asplenie haben ein SCHWERE INFEKTIONEN in den ersten zwei Jahren auf. Das lebenslang erhöhtes Risiko, bei In- BEI ASPLENIE erhöhte Infektionsrisiko bleibt aber fektionen durch eine Reihe bekap- lebenslang bestehen. Die Letalität ei- selter oder intrazellulär lebender Die Funktion der Milz bei ner «overwhelming postsplenectomy Bakterien und Protozoen einen der Infektabwehr infection» beträgt etwa 50 % [2]. schweren Krankheitsverlauf durch- Die erhöhte Infektionsanfälligkeit bei Infektionsrisiko und Letalität variie- zumachen [1, 2]. Diese Infektionen Asplenie ergibt sich aus der Funktion ren nach Grundkrankheit. Das relati- können sich unter dem Bild der der Milz bei der Infektionsabwehr, ve Risiko ist am niedrigsten nach «overwhelming postsplenectomy der Filtration und Phagozytose von traumatischer Splenektomie oder infection» (OSPI) manifestieren, Bakterien aus der Blutbahn und der Splenektomie wegen idiopathischer, welches innert Stunden zur irrever- Produktion opsonisierender Antikör- thrombozytopenischer Purpura. Am siblen Sepsis mit Multiorganversa- per und Komponenten des alternati- höchsten ist es bei funktioneller As- gen und zum Tod führen kann. Der ven Komplementsystems [7]. Diese plenie wie Thalassämie, Sichelzellan- Bulletin 10 fulminante Verlauf, die hohe Morbi- Aufgaben können durch andere Or- ämie (homozygote Sichelzellanämie dität und die Letalität solcher Infek- gane des retikuloendothelialen Sys- und Compound-Hämoglobinopathi- tionen unterstreichen die Wichtig- tems nur unvollständig kompensiert en wie HbS/C,und HbS/Thalassä- keit der Prävention [3]. Verschiedene werden. Nach Splenektomie und Er- mie, nicht aber bei klinisch asympto- nationale und internationale Erhe- krankungen mit funktioneller Asple- matischen heterozygoten Formen), bungen haben gezeigt, dass Kennt- nie (z. B. Status nach Bestrahlung bei einer lymphoproliferativen Er- nisse über die empfohlenen Prä- der Milz) besteht deshalb lebenslang krankung [2] in den ersten 6–12 Mo- ventionsmassnahmen bei Ärzten eine erhöhte Infektanfälligkeit. Dem- naten nach Stammzelltransplantation und Patienten ungenügend veran- gegenüber scheint nach subtotaler [13, 14], bei chronischer Graft-ver- kert sind [4–6]. Dieser Beitrag for- Splenektomie die Funktion der Milz sus-Host-Erkrankung (GvHD) und bei muliert Empfehlungen zu Präventi- erhalten zu bleiben [8, 9]. Experimen- komplizierter Zöliakie oder assoziiert onsmassnahmen bei Patienten mit telle Arbeiten zur Reimplantation von mit anderen Autoimmunerkrankun- anatomischer oder funktioneller Milzgewebe zeigten eine Korrelation gen [13, 15–17]. Die Letalität ist zu- Asplenie und ersetzt die generell zwischen Infektionsrisiko und der dem bei Kindern höher als bei Er- und insbesondere in Bezug auf die Menge des Milzgewebes sowie ei- wachsenen [2]. ner intakten Gefässversorgung [10, 1 Mitglieder der federführenden 11]. Die Schutzwirkung nach ektopi- Infektionserreger gemeinsamen Arbeitsgruppe: C. Berger, scher Autotransplantation der Milz Infektionen bei Asplenie können 155 H. Furrer, C. Hauser, C.-A. Siegrist scheint unzuverlässig zu sein [12]. grundsätzlich durch eine breite Pa-
▶▶▶▶▶▶ Übertragbare Krankheiten lette von Bakterien, Viren, Pilzen und naloperationen sowie bei klinischen sind. Alle Impfungen sollten im Protozoen verursacht werden [7]. Hinweisen (abdominale Narben, Impfausweis dokumentiert sein. Lebensbedrohliche Infektionen wer- Howell-Jolly-Einschlusskörper in den jedoch mit Abstand am häufigs- den Erythrozyten) sollte nach einer Diese Empfehlungen sind im Patien- ten, in bis zu 90 % der Fälle, in Zu- Asplenie gesucht werden. teninformationsblatt respektive ei- sammenhang mit Streptococcus nem Asplenie-Ausweis (siehe An- pneumoniae beobachtet. Die Rolle hang) zusammengefasst. anderer bekapselter Bakterien ist PRÄVENTIONSMASSNAHMEN demgegenüber eher gering. Das er- Antibiotikaprophylaxe und höhte Infektionsrisiko durch Prinzipien Notfalltherapie Neisseria meningitidis ist nicht un- Die Präventionsmassnahmen ge- In einer Zeit zunehmender Antibio- umstritten [14], wird aber in Analo- gen schwere Infektionen bei Asple- tikaresistenz gilt es, Antibiotika zur gie zu den Pneumokokken abgelei- nie basieren auf Prophylaxe oder Therapie immer tet. Infektionen durch Haemophilus – wiederholter Patienteninformation; unter Berücksichtigung der lokalen influenzae Typ b sind seit Einführung – Antibiotika als Prophylaxe oder als Antibiotikaresistenzlage zu wäh- der Routineimpfung für Kinder unter Notfalltherapie bei Warnzeichen len. Die Dosierung muss an indivi- 5 Jahren sehr selten geworden. Das einer Infektion; duelle pharmakokinetische Situati- bakterielle Keimspektrum schliesst – spezifischer Antibiotikaprophyla- onen (Alter, Niereninsuffizienz daneben auch Streptokokken der xe und präventiver Therapie bei usw.) angepasst werden. Faktoren Gruppe B, Staphylococcus aureus, Biss- und Kratzverletzungen durch wie Allergien und Compliance Salmonella species und Escherichia ein Tier; müssen berücksichtigt werden. coli mit ein. Die Literatur enthält zahl- – Impfungen gegen Pneumokok- Bei anamnestischen Angaben der reiche Fallbeschreibungen von le- ken, Meningokokken und der jähr- Patienten über das Vorliegen einer bensgefährlichen invasiven Infektio- lichen Grippeimpfung. Antibiotikaunverträglichkeit soll nen mit Capnocytophaga canimorsus sorgfältig geprüft werden, ob eine nach Biss-/Kratzverletzungen durch Keine dieser Präventionsmassnah- Allergie vorliegt oder ob es sich um Hunde und Katzen. Auch eine Mala- men garantiert eine absolute eine andere Art einer unerwünsch- ria kann bei Asplenie schwerer und Schutzwirkung und Sicherheit vor ten Arzneimittelwirkung handelt. 2. März 2015 protrahierter verlaufen. schweren Infektionen. Es ist ent- Im Zweifelsfall empfiehlt sich eine scheidend, dass die Patienten über allergologische Abklärung. Klinische Präsentation das Infektionsrisiko, die Frühzeichen Eine overwhelming postsplenectomy einer Infektion und das Verhalten bei Antibiotika-Dauerprophylaxe infection (OPSI) kann sich initial mit Fieber, Reisen und nach Biss-/Kratz- Die Wirksamkeit einer antibioti- unspezifischen Symptomen wie verletzungen durch Tiere wiederholt schen Langzeitprophylaxe wurde leichtem Fieber, Muskelschmerzen informiert werden. nur für Kinder mit Sichelzellanämie und Pharyngitis präsentieren. Innert in einer kontrollierten Studie belegt Stunden entwickelt sich ein lebens- Patienteninformation [19]. Ähnliche Studien für Asplenie bedrohliches Krankheitsbild mit Mul- Jeder asplenische Patient und des- anderer Ursache bei Kindern und tiorganversagen. Fieber ist beim as- sen Angehörige müssen über das Erwachsenen fehlen. Eine Lang- plenischen Patienten deshalb immer lebenslang erhöhte Risiko einer zeitprophylaxe ist dennoch für alle als Warnzeichen für eine mögliche schweren, lebensbedrohlichen In- Kinder mit vollständiger Splenekto- fulminant verlaufende bakterielle In- fektion informiert sein. Folgende mie oder funktioneller Asplenie fektion zu interpretieren. Auch gast- Verhaltensregeln sollen während empfohlen (Tabelle 1). Diese sollte rointestinale Beschwerden können medizinischen Konsultationen wie- mindestens während der ersten 5 Bulletin 10 Ausdruck einer beginnenden Sepsis derholt vermittelt werden: Lebensjahre und während der ers- sein [18]. Die laborchemischen Ent- – Bei Fieber oder « grippalen Symp- ten 3 Jahre nach Splenektomie zündungsparameter (z. B. CRP) sind tomen » muss so rasch wie mög- durchgeführt werden. Eine Verlän- anfänglich wegen des raschen Ver- lich ein Arzt beigezogen werden. gerung der Prophylaxe bis zur Ado- laufs normal oder kaum erhöht und Ist dies nicht innerhalb einer Stun- leszenz kann individuell abgewo- verleiten dadurch eventuell zu fal- de möglich, soll der Patient eine gen werden. scher Sicherheit. Splenektomierte Notfallantibiotikatherapie begin- Bei mangelhafter Compliance mit Patienten sind häufig ungenügend nen (siehe unten) und so rasch wie der Prophylaxe oder bei einer doku- über die Auswirkungen einer fehlen- möglich einen Arzt aufsuchen. mentierten Penicillinallergie ist die den Milz und das damit verbundene – Bei Biss-/Kratzverletzungen durch Notfalltherapie (siehe unten) auf- Infektionsrisiko informiert, was zu Tiere muss immer rasch ein Arzt grund der heutigen Antibiotikaresis- einer entscheidenden Verzögerung aufgesucht werden. tenzlage der Pneumokokken vorzu- einer Arztkonsultation und der Diag- – Bei Reisen in Malariagebiete sind ziehen. nose einer OPSI führen kann. Bei prophylaktische Massnahmen be- Für Erwachsene gibt es keine ana- anamnestischen Angaben über inva- sonders gewissenhaft zu befolgen. loge Empfehlung einer Dauerantibio- sive Pneumokokkeninfektionen, – Dem asplenischen Patienten oder tikaprophylaxe [20]. Die perioperati- Lymphomerkrankung, Magen- und seinen Sorgeberechtigten muss ve Antibiotikaprophylaxe im Rahmen 156 Pankreastumore, Magenoperatio- bekannt sein, dass Impfungen not- der Splenektomie oder anderer Ein- nen oder posttraumatische Abdomi- wendig und evtl. zu wiederholen griffe bei Asplenie richtet sich nach
▶▶▶▶▶▶ Übertragbare Krankheiten Tabelle 1 Antibiotika-Dauerprophylaxe bei Asplenie Kinder: Start sofort ab Splenektomie* Alter 0–5 Jahre : Penicillin 2 x 125 mg/Tag po (= 2 x 200 000 I.E.) oder Amoxicillin 1 x 20 mg/kg KG/Tag po Alter >5 Jahre : Penicillin 2 x 250 mg/Tag po (= 2 x 400 000 I.E.) oder Amoxicillin 1 x 20 mg/kg KG/Tag po Erwachsene : grundsätzlich keine Dauerprophylaxe * Für die Dauer der Langzeitprophylaxe existieren keine Studien. Es muss individuell entschieden werden, ob die Dauerprophylaxe vor der Adoleszenz beendet werden soll. Mindestens in den ersten 5 Lebensjahren und während der ersten 3 Jahre nach Splenektomie soll eine Dauerprophylaxe durchgeführt werden. Bei dokumentierter Penicillinallergie soll anstatt einer Dauerprophylaxe eine Notfalltherapie verschrieben werden. Tabelle 2 Notfall-Antibiotikatherapie bei Asplenie Kinder : Amoxicillin/Clavulansäure (50–)80 mg/kg KG in 2–3 Dosen/Tag po Erwachsene : Amoxicillin/Clavulansäure (Tbl. à 875/125mg): initial 1 x 2 Tbl, dann 8h später 3 x 1 Tbl/Tag po oder Amoxicillin (Tbl. à 1000mg): initial 1 x 2 Tbl, dann 8h später 3 x 1 Tbl/Tag po Alternativen bei Penicillinallergie Kinder : – Milde Penicillinallergie (nicht IgE-vermittelt) Cefprozil 3 x 30 mg/kg KG/Tag po – Schwere Penicillinallergie (Typ 1, Soforttyp) Clarithromycin 2 x 7,5 mg/kg KG/Tag po oder Clindamycin 3 x 10 mg/kg KG/Tag po Erwachsene : Moxifloxacin 1 x 400 mg/Tag po 2. März 2015 den lokalen Empfehlungen. Es be- ver Pneumokokkenerkrankungen (IPE) tem Risiko zu verwenden («off-label steht keine Indikation für eine verlän- bei allen Personen unabhängig von use») [22]. gerte perioperative Prophylaxe. deren Alter (≥ 2 Monate). Der 23-valen- Asplenikern soll zudem die jährli- te Polysaccharidimpfstoff (PPV23) che Grippeimpfung verabreicht wer- Notfall-Antibiotikatherapie wird zurzeit nicht mehr empfohlen. den, da eine Influenzainfektion das Asplenische Kinder und Erwachsene Für Meningokokken stehen drei Risiko einer bakteriellen Sekundärin- sollen über eine Antibiotikareserve konjugierte Polysaccharidimpfstof- fektion mit Pneumokokken und Me- zur Notfalltherapie verfügen. Diese ist fe gegen die Gruppe C (MCV-C, Zu- ningokokken erhöht. Nach Möglich- bei Fieber oder « grippalen » Symp- lassung ab dem Alter von 2 Mona- keit ist ein Abstand von mindestens tomen und nach Biss-/Kratzverletzun- ten) sowie ein je quadrivalenter einem Monat zwischen Grippeimp- gen durch Tiere als Notfallselbstthera- konjugierter Impfstoff gegen die fung und Pneumokokkenimpfung pie einzunehmen, falls nicht innerhalb Gruppen A, C, W135 und Y (MCV- einzuhalten [21, 23]. einer Stunde ärztlicher Rat eingeholt ACWY, ab dem Alter von 2 Jahren) Die Impfung gegen Haemophilus werden kann (Tabelle 2). Die Selbst- und ein quadrivalenter nicht-konju- influenzae Typ b wird bei aspleni- Bulletin 10 therapie soll erst nach ärztlicher Kon- gierter Impfstoff (MPV-ACWY, ab schen Erwachsenen nicht empfoh- sultation abgesetzt werden. dem Alter von 2 Jahren) zur Verfü- len, da das Infektionsrisiko aufgrund gung. Bei Asplenie wird sowohl zur der derzeitigen Epidemiologie als Primovakzination als auch zur Auf- sehr gering eingeschätzt wird [24]. IMPFUNGEN frischimpfung nur die Verwendung von Konjugatimpfstoffen empfoh- Impfschemata Spezifisch empfohlene len. Polysacharidimpfstoffe werden Anzahl und Intervalle der verabreich- Impfungen wegen der fehlenden Induktion ei- ten Dosen richten sich nach den gel- In der Schweiz sind bei Patienten mit nes immunologischen Gedächtnis- tenden Empfehlungen [25]. Sie sind Asplenie offiziell die Impfungen ge- ses und des Risikos einer Hypore- für die Pneumokokken- und Menin- gen Streptococcus pneumoniae ponsiveness nicht mehr empfohlen gokokkenimpfung in den Tabellen (Pneumokokken) und Neisseria [22]. Aufgrund der bisher vorhande- 3a und 3b zusammengefasst. meningitidis (Meningokokken) emp- nen Daten zur Impfsicherheit von fohlen (Tabellen 3a und 3b) [21, 22]. MCV-ACWY und der verminderten Wirksamkeit und Verträglichkeit Neu im Vergleich zu der Richtlinie von Wirkung von MPV-ACWY bei Kin- der Impfungen bei Asplenie 2006 erachten EKIF, SGINF und BAG dern unter 2 Jahren und bei Asple- Die Vorteile von konjugierten Pneu- den 13- valenten Pneumokokken- nikern gilt die Empfehlung, MCV- mokokkenimpfstoffen (PCV7 res- Konjugatimpfstoff (PCV13) aktuell als ACWY ab dem Alter von 12 pektive 13) gegenüber PPV23 bei 157 die beste Wahl zur Prävention invasi- Monaten bei Personen mit erhöh- Personen mit Risikofaktoren für ei-
▶▶▶▶▶▶ Übertragbare Krankheiten Tabelle 3a Impfschema für die Pneumokokkenimpfung bei Asplenie [21] Alter bei Impfbeginn Primovakzination PCV13 Auffrischimpfung PCV13 Intervall Dosen Dosen Zeitpunkt (Alter) (Wochen) 2–6 Monate 1) 3 4–8 1 12 Monate 7–11 Monate 2 4 1 12 Mo, mind. 8 Wo nach 2. Dosis 12–23 Monate 1 1 mind. 8 Wo nach 1. Dosis ≥ 2 Jahre und 1 x 4) Erwachsene 2) 3) 1) Säuglinge 2 Wochen) und hochdo- und eines immunologischen Ge- zur Splenektomie sierter Steroidtherapie (≥ 2 mg/kg/Tag dächtnisses für eine nachfolgen- Falls möglich sollte die Primovakzina- Prednison für Kinder bis 10 kg KG bzw. de Exposition oder gegebenen- tion gegen Pneumokokken und Me- ≥ 20 mg Prednison/Tag für Personen ab falls notwendige Boosterdosis, im ningokokken mindestens 2 Wochen 10 kg KG) oder bei Lymphompatienten Gegensatz zur durch PPV23 aus- vor Splenektomie abgeschlossen mit Chemo- oder Steroidtherapie die gelösten Hyporesponsiveness. sein [34] (Tabelle 4). Falls die Impfun- zeitliche Abfolge der Impfungen unter – Reduktion der Kolonisation des gen erst nach Splenektomie stattfin- Berücksichtigung der voraussichtlichen Nasopharynx mit Impfserotypen. den können, sollte wegen der post- Dauer der Immunsuppression individu- – Ebenbürtige oder geringere Häu- operativen katabolen Phase einige ell geplant werden. Grundsätzlich sollte figkeit unerwünschter Impfer- Tage gewartet werden. Der Vorteil mit der Impfung 3 Monate nach Sistie- scheinungen von PCV13 im Ver- eines Intervalls von zwei Wochen ren einer Chemotherapie und mindes- gleich zu PPV23 [21]. nach Splenektomie für höhere Anti- tens 1 Monat nach Sistieren einer Ste- körpertiter ist kontrovers [35 – 37]. roidtherapie zugewartet werden. Bei Die Meningokokkenimpfstoffe MCV- Diese Praxis birgt das Risiko, die Imp- Patienten, welche aufgrund ihrer 158 C, MCV-ACWY und MPV-ACWY zei- fung zu versäumen. Bei Patienten Grundkrankheit oder deren Therapien, gen eine gute Immunogenität bei ohne zusätzliche Immunsuppression wie beispielsweise repetitive Anwen-
▶▶▶▶▶▶ Übertragbare Krankheiten Tabelle 4 Zeitpunkt der Impfung vor/nach Splenektomie 1. Splenektomie ohne Immunsuppression oder mit chronischer (zeitlich nicht limitierter) Immunsuppression: − falls möglich, mindestens 2 Wochen vor Splenektomie; sonst: − nach postoperativer (kataboler) Phase, jedoch vor Spitalaustritt 2. Splenektomie unter zeitlich limitierter Immunsuppression (Kortikosteroidtherapie, Chemotherapie): − mit 1. Dosis warten bis 1 Monat nach Sistieren einer Steroidtherapie und bis 3 Monate nach einer Chemotherapie 3. Splenektomie mit zeitlich unlimitierter schwerer Immunsuppression: − alternative Präventionsmassnahmen evaluieren wie Antibiotikaprophylaxe, Verabreichung von parenteralen Immunoglobulinen, vgl. Text Tabelle 5 Indikationen für weitere Auffrischimpfungen gegen Pneumokokken bei Asplenie Indikation Kinder ab dem Alter von 24 Monaten und Erwachsene mit Pneumokokkeninfektion trotz altersgerecht durchgeführten Pneumokokkenimpfungen mit PCV13 Vorgehen – Bestimmung serotypspezifischer Polysaccharidantikörper(*) 4 Wochen nach Verabreichung von PCV13 (bei Patienten mit invasiver Pneumokokkeninfektion, sobald rekonvaleszent, 1 Dosis PCV13 verabreichen). – Bei einer Antikörperantwort im positiven Bereich (Titer für die Mehrheit der bestimmten Typen > 1 µg/ml) sind nach aktuellem Stand der Empfehlungen keine weiteren Nachimpfungen vorgesehen. – Bei einer Antikörperantwort im negativen oder niedrigen Bereich kann die Verabreichung von 1–2 Dosen PCV13 erwogen werden, jeweils gefolgt von einer Antikörpertiterbestimmung nach 4 Wochen. Falls kein signifikanter Titeranstieg erfolgt, sind weitere Impfdosen nicht sinnvoll. Die Infektionsprävention stützt sich in diesen Fällen auf die Antibiotikaprophylaxe respektive Notfalltherapie und je nach Grundkrankheit auf die regelmässige Verabreichung von parenteralen Immunglobulinen. 2. März 2015 Bemerkungen *Bei der Bestimmung von Serumantikörpern gegen Pneumokokkenpolysaccharide ist auf die Wahl des Tests zu achten. Kommerzielle Tests, welche Antikörper gegen einen Pool von Kapselserotypen messen, sind zur Abwägung einer Pneumokokkennachimpfung nicht geeignet. Dazu müssen serotyp-spezifische Antikörpertiter bestimmt werden. Solche spezifische Analysen werden in der Schweiz durch das Laboratoire de Vaccinologie, Hôpitaux Universitaires de Genève (HUG), durchgeführt. dung von Biologicals, welche die Anti- Ausgangswert gesunken sind [38, Nachholimpfung/weitere körperbildung oder die Th17-CD4 Ant- 39], wird bei allen bereits PPV23- Auffrischimpfungen gegen wort verhindern, keine Aussicht auf geimpften Asplenikern einmalig eine Meningokokken mit MCV-ACWY eine jemals erfolgversprechende Imp- Nachimpfung mit PCV13 empfohlen. Bei allen bereits mit MPV-ACWY ge- fung haben, ist eine Rücksprache mit Gegenüber der letzten PPV23-Imp- impften Asplenikern wird eine Nach- Spezialisten empfohlen. In speziellen fung ist wegen der von PPV23 aus- impfung mit dem konjugierten Impf- Einzelfällen mit möglichem, aber unsi- gelösten Hyporesponsiveness ein stoff MCV-ACW Y empfohlen. cherem Ansprechen erlaubt die Be- Mindestintervall von einem Jahr ein- Gegenüber der letzten MPV-Impfung stimmung der Antikörperantwort auf zuhalten, damit eine optimale ist wegen der von MPV-ACWY aus- Bulletin 10 die Pneumokokken-Impfung, diejeni- Immunantwort durch PCV13 ge- gelösten Hyporesponsivness ein gen Patienten zu ermitteln, welche auf währleistet werden kann [40]. Mindestintervall von einem Jahr ein- die Impfung keine oder eine nur unge- Wer mit PCV7 grundimmunisiert zuhalten, damit eine optimale Immu- nügende Antikörperantwort gegen wurde, soll einmalig PCV13 zur Er- nantwort durch MCV-ACWY ge- Pneumokokken entwickeln. Ihnen kön- weiterung der Serotypenabdeckung währleistet werden kann [32, 33, 40]. nen alternative präventive Strategien erhalten. Die Aufrechterhaltung des Schutzes wie zusätzliche Impfungen mit PCV13, Nach einmaliger PCV13-Impfung kann nicht durch eine Serologie be- verlängerte Antibiotikaprophylaxe oder wird eine PCV13-Auffrischimpfung stimmt werden; die anschliessenden die Verabreichung von parenteralen Im- bei über 5-Jährigen vorläufig auf- Auffrischimpfungen werden alle 5 munglobulinen angeboten werden. grund noch ausstehender Daten Jahre mit MCV-ACWY durchgeführt. zurzeit nicht empfohlen. Nachholimpfungen/Auffrisch- Im Falle des Auftretens einer Kostenübernahme der Pneumo- impfungen gegen Pneumokok- Pneumokokkeninfektion bei PCV13- kokken- und Meningokokken- ken mit PCV13 und Indikationen Geimpften sollen individuell sero- impfung für die Bestimmung von Serum- typ-spezifische Antikörpertiter be- Die für Risikogruppen empfohlenen Antikörpertitern stimmt werden, um Seroprotektion Impfungen werden durch die obliga- Beruhend auf der Beobachtung, und die Notwendigkeit einer allfälli- torische Krankenpflegeversicherung dass 5 Jahre nach der ersten PPV23- gen Auffrischimpfung mit PCV13 zu übernommen. Diese Vergütung er- 159 Impfung die Antikörpertiter auf den klären (Tabelle 5) [21]. folgt nur für jene Altersgruppen, für
▶▶▶▶▶▶ Übertragbare Krankheiten die der Impfstoff von Swissmedic 9. Resende V, Petroianu A. Functions 23. Frenck RW, Jr., Gurtman A, Rubino J, zugelassen ist [41]; bei «Off-Label»- of the splenic remnant after subtotal et al. Randomized, controlled trial of Verwendung werden die Kosten splenectomy for treatment of severe a 13-valent pneumococcal conjugate splenic injuries. Am J Surg 2003; 185: vaccine administered concomitantly nicht übernommen. Zurzeit, in 2015, 311–5. with an influenza vaccine in healthy ist die Pneumokokkenimpfung mit 10. Iinuma H, Okinaga K, Sato S, Tomioka adults. Clin Vaccine Immunol 2012; PCV13 bis zum Alter von 5 Jahren zu- M, Matsumoto K. Optimal site and 19: 1296–303. gelassen und die Impfung mit MCV- amount of splenic tissue for auto- 24. Collins S, Ramsay M, Campbell ACWY erst ab dem Alter von 2 Jah- transplantation. J Surg Res 1992; 53: H, Slack MP, Ladhani SN. Invasi- ren. Die Kosten der Impfung mit 109–16. ve Haemophilus influenzae type b 11. 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▶▶▶▶▶▶ Übertragbare Krankheiten ANHANG Merkblatt für Patienten nach Milzentfernung Liebe Patientin Lieber Patient Ihnen wurde durch eine Operation die Milz entfernt. Auch ohne Milz können Sie ein ganz normales Leben führen. Das Fehlen der Milz erhöht aber lebenslang das Risiko, an einer Infektion durch bestimmte Infektionserreger (z. B. Pneumokokken) schwer zu erkranken. Es ist deshalb wichtig, dass Sie folgende Verhaltensregeln beachten : 1. Informieren Sie Ihre Ärztin/Ihren Arzt bei einer Konsultation darüber, dass bei Ihnen die Milz entfernt wurde. 2. Lassen Sie sich von Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt ein Antibiotikum als Notfalltherapie verschreiben. Dieses Antibioti- kum sollten Sie immer verfügbar haben und in den unter Punkt 3 beschriebenen Situationen einnehmen. 3. Suchen Sie bei Auftreten von Fieber, Fiebergefühl oder wenn Sie von einem Tier gebissen/gekratzt wurden, so rasch wie möglich Ihre Hausärztin/Ihren Hausarzt auf (bei Abwesenheit deren Vertretung oder eine Notfall- station). Sollte innerhalb einer Stunde keine Ärztin/kein Arzt erreichbar sein, beginnen Sie mit der Antibiotika- therapie (s. Punkt 2). Suchen Sie trotzdem so rasch wie möglich eine Ärztin/einen Arzt auf. 4. Versichern Sie sich, dass Sie die empfohlenen Impfungen gegen Pneumokokken und Meningokokken (bei Menin- gokokkenimpfung: Auffrischimpfung alle 5 Jahre) erhalten haben und diese im Impfausweis eingetragen sind. Zusätzlich sollten Sie jeden Herbst eine Grippeimpfung erhalten, weil die Grippe eine schwere Infektion durch 2. März 2015 Bakterien wie Pneumokokken begünstigen kann. 5. Melden Sie sich vor einer Tropenreise bei Ihrer Hausärztin/Ihrem Hausarzt oder bei einer reisemedizinischen Beratungsstelle. Bulletin 10 162
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