PRESS REVIEW Wednesday, January 6, 2021 - Daniel Barenboim Stiftung Barenboim-Said Akademie & Pierre Boulez Saal - Index of

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PRESS REVIEW Wednesday, January 6, 2021 - Daniel Barenboim Stiftung Barenboim-Said Akademie & Pierre Boulez Saal - Index of
PRESS REVIEW

         Daniel Barenboim Stiftung
Barenboim-Said Akademie & Pierre Boulez Saal

       Wednesday, January 6, 2021
PRESS REVIEW Wednesday, January 6, 2021 - Daniel Barenboim Stiftung Barenboim-Said Akademie & Pierre Boulez Saal - Index of
PRESS REVIEW                                                  Wednesday, January 6, 2021

Der Tagesspiegel, DB
Es geht auch um Bildung: Nach der Verlängerung des Shutdowns muss es differenziertere Lösungen für
die Kultur geben

Tagblatt, DB
Festspielsommer 2021: Nach Verbier – oder in den siebten Himmel?

Frankfurter Allgemeine Zeitung
Bewegungsfreiheit wird eingeschränkt. Auch Kontaktregelnverschärft /„Keine Zeit für
Halbherzigkeit“/Mehr Impfstoffproduktion?

Frankfurter Allgemeine Zeitung
Wirklich richtig verärgert?

Rbb Inforadio
Die Konzertreihe Unerhörte Musik macht auch im Lockdown weiter und streamt jeden Dienstag aus

Der Tagesspiegel
Ein Berliner Musiker reist in die Ost-Ukraine und nimmt mit Schülern Lieder auf – sein
Erfahrungsbericht

Der Tagesspiegel
Techno-Museum in Frankfurt: Eröffnung im Sommer geplant
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6.1.2021                                         https://epaper.tagesspiegel.de//webreader-v3/index.html#/473935/18-19

        Mittwoch, 06.01.2021, Tagesspiegel / Kultur

        Chance 2021
        Es geht auch um Bildung: Nach der Verlängerung des Shutdowns muss es
        differenziertere Lösungen für die Kultur geben
        Von Peter von Becker

                                                                                                   © Kitty Kleist-Heinrich
                     Die Leere vor den Museen während des Shutdowns. Der seitliche Eingang des Kulturforums in
                                                           Tiergarten.

        Als im Frühjahr der erste Lockdown begann, stand auf dem Banner, das sich im
        Halbrund des Mendelsohn-Baus um den Eingang der Berliner Schaubühne zieht, der
        Satz „Die Vernunft ist tot“. Das war ein Zitat aus dem wilden, durch die Pandemie
        gestoppten „Peer Gynt“ von und mit Lars Eidinger. Heute steht an derselben Stelle „Das
        Rätsel ist ungelöst“. Zitat aus einem kurz vorm zweiten Shutdown von Thomas
        Ostermeier inszenierten Text der französischen Autorin Virginie Despentes.

        Direkt gegenüber der Schaubühne haben am Kurfürstendamm inzwischen die ersten
        Läden zugemacht. Aus einer Bankfiliale ist über Nacht ein DHL-Shop samt Tabak- und
        Getränkehandel geworden. Ein paar Meter weiter aber zeigt eine Glasfront gähnende
        Leere. „Reisebüro & Theaterkasse“ ist noch über den Schaufenstern zu lesen. Bis vor
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        Kurzem lockten hier die Ansichten riesiger Kreuzfahrtschiffe. Daneben annoncierten
        zahllose bunte Klebezettel, wann in den nächsten Monaten Daniel Barenboim in der
        Waldbühne, Lady Gaga oder Helene Fischer im Olympiastadion auftreten würden. Die
        Namen und Spielorte auch bereits verschollen geglaubter Rockbands, Clubevents,
        Soloprogramme von TV-Kabarettisten oder die kommenden Heimspiele von Hertha,
        Alba, den Eisbären oder Union – tausend Reisen durch den Berliner
        Veranstaltungsdschungel waren hier zu buchen. Nun wird die Leere, drinnen und
        draußen, noch länger herrschen.

        Die Vernunft ist tot, das Rätsel ungelöst? Als noch viele Theater- und
        Opernintendanten sowie die Leiter von Privatbühnen ihre vorbildlichen
        Abstandsregeln und neu installierten Lüftungen priesen und die schnellstmögliche
        Öffnung aller Häuser forderten, war Schaubühnen-Direktor Thomas Ostermeier einer
        der ersten, wenigen Skeptiker. Er mahnte zu Realismus und Vernunft, solange das
        Virus noch immer mehr Rätsel als Lösungen aufgab. Aufgibt. Über der Schaubühne
        steht unter dem genannten Slogan als Neujahrsgruß immerhin „Wir freuen uns auf Sie
        2021!“. Ein Aushang an den Kassentüren informierte freilich schon vor den jüngsten
        Beschlüssen der Ministerpräsidenten, dass eine Wiederaufnahme des Spielbetriebs
        zunächst nicht realistisch sei.

        Statt Krieg haben wir das. Dieser zu Beginn der Coronakrise zitierte Satz aus Botho
        Strauß’ Drama „Groß und klein“ vom Ende der 1970er Jahre bleibt symbolisch aktuell.
        Es ist jetzt im Winter ein kalter Unfrieden. Und selbst wenn die meisten einmal geimpft
        sind, mit unserem dope for hope, hat das Virus nicht kapituliert. Es lässt sich erst mal
        nur verdrängen. Der Shutdown, nahe am Lockdown, dauert wohl noch mindestens bis
        zum Frühjahr.

        Das trifft weiterhin auch die Kultur. Wobei die Lebenswelt der Künstler wiederum in
        zwei soziale Welten zerfällt. In Reich und Arm, wie in der übrigen Gesellschaft. Zu den
        vergleichsweise Reichen oder wenigstens materiell Gesicherten gehören die mit
        Steuergeldern subventionierten Häuser oder etablierten Festivals samt ihren fest
        angestellten Ensemblemitgliedern und Betriebsangehörigen. Die anderen sind, Stars
        ausgenommen, die vogelfreien oder bestenfalls teilsubventionierten Kunsthäuser,
        Kinos, Musik- und Theatergruppen, die Schausteller, Artisten, freien Künstler,
        Fotografen und andere Soloselbstständige. Ungeachtet gewisser finanzieller Hilfen hat
        sich die Szene darüber erregt, dass Kulturinstitutionen nicht zu den
        „systemrelevanten“ Unternehmen gezählt wurden. Anders als etwa Baumärkte.
        Protestiert haben natürlich auch die Systemsprenger – das aber gehört zum kulturellen
        Wechselspiel: Künstler sind eher in der Opposition, doch zugleich gilt „Die Kunst geht
        nach Brot“, wie es schon bei Lessing heißt.

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        Tatsächlich ist es illusorisch, in nächster Zukunft wieder auf abendliche
        Theatervorstellungen und Konzerte zu hoffen. Dabei sind die Aufführungsorte selbst
        eher nicht die gefährlichen Infektiosquellen. Insoweit sind die Verweise auf Abstands-
        und Lüftungskonzepte berechtigt. Aber die Publikumskontakte vor und nach den
        Veranstaltungen und die Bewegungen in öffentlichen Verkehrsmitteln sind als
        Gefährdungen weiterhin nicht auszuschließen. Deshalb hat ein einsichtiger (und
        eingestandenermaßen privilegierter) Theaterdirektor wie Thomas Ostermeier schon
        eine freiwillige Schließung der öffentlichen Subventionsbühnen bis zum Ende der
        (Nicht-)Spielzeit im Sommer dieses Jahres angeregt.

        Wahrscheinlich ist auch, dass im Mai wie schon 2020 das Berliner Theatertreffen nicht
        oder nicht wie üblich stattfinden wird. Eine sinnvolle Auswahl von Aufführungen aus
        der Stummelsaison ist ja nicht möglich. Und überhaupt wirkt Theater auf hygienischen
        Abstand inszeniert wie „Backen ohne Mehl“. So nannte einst Christoph Marthaler eine
        sehr komische Szene seines berühmten „Murx!“-Spektakels an der Berliner
        Volksbühne.

        An Backen ohne Mehl – gemeint war damals Sexmurks ohne Partner – gemahnen
        mittlerweile auch viele gut gemeinte Streaming-Versuche von live nicht erlebbaren
        Aufführungen. Weil es für den gemeinsam geteilten oder gar angehaltenen Atem, den
        das Theater, Konzerte oder auch das Kino als ihre kommunikative künstlerische
        Eigenart bezeichnen, eben keinen virtuellen Ersatz gibt. Im Gegenteil: Was filmisch zu
        klar und gar kostenlos von der Bühne nach Hause rüberkommt, lässt einen oft fragen,
        ob man das noch mit Geld und Aufwand in der Realität sehen und hören muss.
        Besonders für ein jüngeres, wenig theatererfahrenes Publikum sind abgefilmte
        Bühnenbilder und Theatertöne sogar abtörnend. Erscheinen oft zu laut, zu pathetisch.
        Sind weder Kino noch leibhaftige Performance.

        Bedenklicher wirken allerdings die neuen Strategien großer Filmkonzerne wie etwa
        Warner Bros., ihre Produkte auch in Zukunft sofort zu streamen. Als eigene
        Vermarktung in direkter Konkurrenz zum Filmstart in den Kinos. Das bedroht das
        Kulturinstitut Kino nun über die Pandemie hinaus – wenn die ästhetische Erfahrung
        mit Filmen auf Großleinwänden durch die Gewöhnung ans heimische Couchkino
        verloren geht.

        Viel intelligenter, viel verantwortlicher ist hingegen, wie Milo Rau seinen jüngsten Film
        „Das neue Evangelium“ im Shutdown veröffentlicht. Man kauft seinen Stream-Zugang
        als Online-Ticket und wählt dabei aus einer Liste sein Lieblingskino vor Ort, das damit
        am Kartenpreis partizipiert. Ein Modell, so einfach wie genial. Kultur bedeutet zugleich
        Bildung. Insofern ist sie höchst systemrelevant. Dass Berlin und Sachsen-Anhalt schon
        beim ersten Shutdown deshalb die Buchläden offen hielten, war und ist nun ganz
        richtig. Es wird in der Krise eher mehr gelesen und vorgelesen: wichtig für die ohnehin
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        durch Kita- und Schulschließungen betroffenen Kinder. Wer nicht zuletzt an sie denkt,
        sollte daher auch für die Wiederöffnung der Museen plädieren.

        Museen sind wie Buchläden Orte der stillen Information und Kontemplation. Mangels
        Reisen gibt es derzeit kaum Touristen. Museen bieten meist hohe, große, klimatisierte
        Räume, Zeitfenster und Online-Tickets gehören längst zum Repertoire, Masken sind
        Pflicht und die über den Tag verteilten Besucher verursachen nirgendwo massenhafte
        Kontakte. Für Erwachsene und Kinder aber blieben diese Refugien der Anregung,
        Wissensvermittlung und Fantasie in der Pandemie ohne Sinn verschlossen. Jeder
        Supermarktbesuch wirkt im Vergleich viel gefährlicher. Kulturstaatsministerin Monika
        Grütters und ihre Kolleginnen und Kollegen in den Landeskultusministerien sollten
        darum fordern: Öffnet wieder die Museen!

        Fast alles, was öffentlich Spaß macht, ist ansonsten leider gefährlich. Und nicht
        abzutun als allgemeines Lebensrisiko. Doch zur Krisenkultur gehört auch die derzeit
        beliebte Formel der „Krise als Chance“. Mit ihr beginnt 2021. Denn ohne Corona hätte
        vermutlich auch ab dem 20. Januar noch vier weitere Jahre die Trump-Seuche
        grassiert. Ihr Virus ist noch nicht besiegt, aber die Chancen stehen besser. Zumindest
        für eine andere politische Kultur.

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6.1.2021                                    Festspielsommer 2021: Nach Verbier – oder in den siebten Himmel? | St.Galler Tagblatt

                        KLASSIKFESTIVALS
                        Festspielsommer 2021: Nach Verbier – oder in den siebten Himmel?

                        Schweizer Klassikfestivals sind optimistisch und legen komplette Programme für den
                        Sommer vor. Das erste will schon Ende Januar starten.
                        Christian Berzins

                        05.01.2021, 14.05 Uhr

                        Gute Aussichten: Musiker der Verbier Festival Academy spielen im Sommer 2019 vor einer
                        Skulptur.
                        Jean-Christophe Bott/Keystone

                        Wenn wir nicht mehr träumen, sind wir tot. Und so träumen wir von
                        einem strahlend hellen Sommertag: 16. Juli zeigt der Kalender. Wir
                        verlassen in Martigny am frühen Nachmittag den Zug, wechseln ins
                        Postauto und alsbald steigen wir aus auf fast 1800 Meter über Meer
                        – und sind in Verbier. Keine Erinnerungen an den Winter trüben jetzt

https://www.tagblatt.ch/kultur/klassikfestivals-festspielsommer-2021-nach-verbier-oder-in-den-siebten-himmel-ld.2082548             1/7
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                        die Aussicht. Noch ist Zeit zum Flanieren, erst um 19 Uhr wird die 28.
                        Ausgabe des Verbier Festivals starten.

                        So jedenfalls könnte es sein, wenn wir der frohen Botschaft, die am
                        4. November verschickt wurde, glauben wollen: «Die 28. Ausgabe des
                        Verbier Festivals wird vom 16. Juli bis zum 1. August 2021
                        stattfinden.»
                        Martin Engstroem ist zögerlich optimistisch, obwohl dem
                        Festivalintendanten klar ist, dass man noch nicht aus dem Sturm
                        heraus ist. Mutig (und traurig) sagte er letztes Jahr als erster sein
                        Sommerfestival ab.

                        Patricia Kopatchinskaja wird beim Menuhin Festival Gstaad auftreten.
                        Lukas Fierz

                        Wenn es in Verbier «bling bling» macht, dann macht Gstaad sogleich
                        «bam bam». Auch am 16. Juli 2021 wird dort das Menuhin Festival
                        starten, unter dem Thema «London» bis 4. September Musik von der
                        Spätrenaissance bis zur Moderne zu hören sein. Daniel Hope, Geiger
                        und Zürcher-Kammerorchester-Leiter, eröffnet das Festival. Nach
                        ihm tritt eine ganze Armada von grossen Musikern und Musikerinnen
                        auf, von Julia Fischer bis Patricia Kopatchinskaja, von Maria João

https://www.tagblatt.ch/kultur/klassikfestivals-festspielsommer-2021-nach-verbier-oder-in-den-siebten-himmel-ld.2082548            2/7
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                        Pires zu Chick Corea. Überall, wo es Geld und russische Freunde
                        (sprich: Sponsoren oder Mäzene) gibt, ist auch Valery Gergiev und
                        sein Orchester aus St. Petersburg zu Gast: sowohl in Verbier wie in
                        Gstaad.

                            (M)ein Festspielsommer

                            16. Juli Menuhin Festival Gstaad

                            17. Juli Verbier Festival

                            18. Juli Musikdorf Ernen

                            25. Juli Bayreuther Festspiele

                            26. Juli bis 2. August: Salzburger Festspiele

                            6. August Klosters Music

                            7./8. August August Davos Festival

                            13. August Lucerne Festival

                            14. August Lucerne Festival

                            15. August Murten Classics

                            21. August Lucerne Festival

                            23. August Lucerne Festival

                            5. September Lucerne Festival

                            18. September Septembre Musical: Montreux-Vevey

                        Bei dieser Ankündigungswelle gab auch Lucerne Festival nicht klein
                        bei und präsentierte am 2. Dezember ein komplettes Festival, das
                        vom 10. August bis 12. September dauert. Der Vorverkauf startet am
                        27. April (Verbier am 28.1. und Gstaad am 1.2.). Allerdings läuft der
                        Verkauf spezieller Abo-Angebote für das Sommer-Festival mit einem
                        Rabatt bereits jetzt. Doch sorgenfrei ist man in Luzern nicht. Gestern

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6.1.2021                                   Festspielsommer 2021: Nach Verbier – oder in den siebten Himmel? | St.Galler Tagblatt

                        hätte der Online-Vorverkauf für die Andras-Schiff-Tage (26.3. bis
                        28.3.) starten sollen, nun ist er auf den 2. Februar verschoben
                        worden.

                        Die Welt ist im Sommer zu Gast in Luzern

                        Zur Eröffnung soll im Sommer das Lucerne Festival Orchestra mit
                        Chefdirigent Riccardo Chailly aufspielen. Und das Denken (oder
                        Träumen), wie man dannzumal vor dem KKL stehen wird, die Leute
                        lachen und plaudern hört, alsbald den musikalischen Kuckucks-Ruf im
                        KKL vernehmen, will kein Ende nehmen.

                        Riccardo Chailly und das Lucerne Festival Orchestra werden
                        Lucerne Festival eröffnen (Bild aus dem Sommer 2018).
                        Priska Ketterer / LUCERNE FESTIVAL

                        Schon schaut man sich das Programm online an, bucht auch gleich
                        den 14. August, will man doch die Mezzosopranistin Elīna Garanča
                        nicht verpassen. Und wie wäre es, am 15. Patricia Kopatchinskaja zu

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                        hören, am 16. Lang Lang, am 17. Daniel Barenboim, am 18. Igor Levit?
                        Und so geht das weiter, als wäre nie etwas gewesen: Gergiev mit den
                        Russen, die Berliner Philharmoniker, London Symphonie, die
                        Amsterdamer, die Wiener, sogar das Orchester aus Chicago ... Die
                        Welt ist zu Gast in Luzern. Verrückt?

                        «Verrückt» heisst das Festivalthema des Lucerne Festival – und
                        erstaunlicherweise war es schon vor Covid-19 erdacht. Das
                        Musikdorf Ernen will uns 2021 am 2. Juli gar in den siebten Himmel
                        verführen, lautet doch das Thema der 48. Festivalausgabe «Im
                        siebten Himmel». Die Konzertprogramme – von «Kammermusik
                        kompakt», zur Klavierwoche, der Barockkonzerte und «Kammermusik
                        plus» – sind bereits auf der Website abrufbar, der Vorverkauf läuft.
                        Der Versand erfolgt spätestens Mitte Mai 2021. Gar viel
                        Optimismus? Im Sommer 2020 machte er sich bezahlt.

                        Die legendäre Davoser Box aus dem Jahr 2019: Ein Pianist, ein Zuhörer.
                        ho

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6.1.2021                                   Festspielsommer 2021: Nach Verbier – oder in den siebten Himmel? | St.Galler Tagblatt

                        Seit 29. November 2020 steht bis ins Detail das Programm des Davos
                        Festival, das vom 7. bis 21. August ein prächtig verspieltes Programm
                        bietet. Der Stars liebende Konkurrent in Klosters, «Klosters Music»,
                        beginnt schon am 31. Juli, spielt bis zum 8. August.

                        Mit einer Preisreduktion ein Schritt zum Publikum

                        Vom 15. August bis 5. September sollen die Murten Classics
                        stattinden: Das Programm ist noch offen. Und wer meint, er könne im
                        September endlich in die Herbstferien, irrt sich. Vom 18. bis 30.
                        September findet an verschiedenen Spielorten der Waadtländer
                        Riviera in der Schweiz die 75. Ausgabe des Festivals Septembre
                        Musical Montreux-Vevey statt.

                        Themenschwerpunkt wird die Schweiz sein. «Die nunmehr seit neun
                        Monaten andauernde Gesundheitskrise hat uns die Bedeutung einer
                        Branche vor Augen geführt, die sich in einer beispiellosen kritischen
                        Lage befindet. Das Erleben von Kultur ist ein wesentliches
                        menschliches Bedürfnis. Wir sind überzeugt, dass unsere
                        Unterstützung der Schweizer Kultur zum jetzigen Zeitpunkt uns
                        dabei hilft, positiv in die Zukunft schauen zu können», schreibt
                        Mischa Damev, Direktor des Festivals Septembre Musical.

                        Und noch ein Detail, dass man in der Westschweiz die Zeichen der
                        Zeit erkannt hat: Die Preise der Konzertkarten wurden deutlich
                        gesenkt – im Durchschnitt um 20 Prozent.

                        Das erste Festival, das 2021 ansteht, sind die Sommets Musicaux in
                        Gstaad (29.1.–6.2.). Etwas verrückt, welche Stars Ende Januar ins
                        Berneroberland zum Geige spielenden Festivalleiter Renaud Capuçon
                        kommen sollen. Allerdings wollen die Veranstalter nur ein Festival
                        vor anwesendem Publikum. Und noch ein Festival soll Ende Januar

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                        starten: das verschobene sommerliche Murten Classics 2020: fünf
                        Konzerte plus ein Komponistentag.

                        Ob gespielt wird, weiss noch niemand. Träumen darf man. «Das Leben
                        geht weiter!», hiess der erste Satz in der Festival-Ankündigung aus
                        Gstaad. Es fragt sich nur: Wie geht es weiter? Sollte wie im Sommer
                        2020 erneut eine Besuchergrenze drohen, werden sich wohl auch die
                        grossen in Verbier, Gstaad und Luzern ihre Gedanken machen
                        müssen.

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        F.A.Z. - Politik                                                                                                Mittwoch, 06.01.2021

                             Bewegungsfreiheit wird eingeschränkt
           Auch Kontaktregelnverschärft/„Keine Zeit für Halbherzigkeit“/Mehr Impfstoffproduktion?

        elo./oll./pca. BERLIN. Viele Deutsche werden sich vorerst nicht weiter als 15 Kilometer von
        ihrem Wohnort entfernt aufhalten dürfen. Bund und Länder haben sich am Dienstag bei ihrer
        Videokonferenz zum Umgang mit der Corona-Pandemie auf eine entsprechende Einschrän-
        kung der Bewegungsfreiheit geeinigt, die in Stadt- und Landkreisen mit einer Inzidenz von 200
        Neuinfizierten pro 100000 Einwohner binnen sieben Tagen an gelten soll. In Sachsen gibt es
        bereits eine entsprechende Regelung, in einigen europäischen Nachbarländern ist der Radius
        noch kleiner. Beschlossen wurden auf der Konferenz von Bundeskanzlerin Angela Merkel
        (CDU) mit den Ministerpräsidenten der Länder auch verschärfte Beschränkungen der privaten
        Kontakte. Sie sind dann außer mit den Angehörigen des eigenen Hausstandes nur noch mit
        einer weiteren Person erlaubt. Alten- und Pflegeheime sollen durchgehend durch Schnelltests
        geschützt werden, bis allen Bewohnern beide Impfdosen verabreicht werden konnten, was
        nicht vor Anfang März der Fall sein wird. Alle bisherigen Einschränkungen behalten bis zum
        31. Januar ihre Gültigkeit.

        „Die Maßnahmen, die wir heute getroffen haben, sind einschneidend“, sagte Merkel nach dem
        Treffen. Der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Berlins Regierender Bürgermeis-
        ter Michael Müller (SPD) äußerte, das Treffen sei „konstruktiv, aber schwer“ gewesen. Die
        beschlossenen Beschränkungen seien „nicht ohne“. Es sei aber „keine Zeit für Halbherzigkeit“.
        Durch die bisherigen Maßnahmen habe man „temporäre Erfolge“ erzielt. „Große Schritte nach
        vorne“ könne man nur mit Impfungen machen. Merkel sagte, man habe sich lange mit dem
        Thema Impfen beschäftigt.

        Schulen und Kindertagesstätten sollen bis Ende Januar weitgehend geschlossen bleiben, die
        Präsenzpflicht an Schulen ist ausgesetzt, gesondert behandelt werden die Abschlussklassen,
        deren Prüfungen gesichert werden sollen. Es wird befürchtet, dass das mutierte Virus sich in
        Kitas und Schulen besonders rasch ausbreiten könnte. Daher soll es Distanzunterricht und
        allenfalls eine Notbetreuung geben. Einzelne Bundesländer signalisierten am Abend gleich-
        wohl, Grundschulen und Kitas schon früher wieder öffnen zu wollen. Um Eltern die Betreuung
        der Kinder zu Hause zu ermöglichen, wird das Kinderkrankengeld um zehn zusätzliche Tage
        (bei Alleinerziehenden um 20 Tage) ausgeweitet. Zudem sind finanzielle Hilfen des Bundes
        und der Länder geplant. Die vollständige Auszahlung der beantragten Novemberhilfe soll
        spätestens vom 10. Januar an gewährleistet sein. Für Einreisen aus Risikogebieten soll zur
        ohnehin nötigen Quarantäne eine Testpflicht hinzukommen. Kommt man aus Gebieten, in
        denen die ansteckendere Mutation des Virus verbreitet ist, sollen auch die Quarantänevor-
        schriften verstärkt kontrolliert werden.

        Merkel will an diesem Mittwoch mit einer kleinen Ministerrunde im Kanzleramt beraten, wie
        die Impfstoffproduktion in Deutschland beschleunigt werden kann. Dabei sind neben Kanzler-

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        amtschef Helge Braun Gesundheitsminister Jens Spahn und Wirtschaftsminister Peter Altmai-
        er, alle gehören der CDU an. Einziger Sozialdemokrat ist Finanzminister Olaf Scholz. Er und
        seine Partei befeuern die Kritik am bisherigen Verlauf der Impfungen und der Beschaffung des
        Impfstoffs und greifen dabei Spahn immer schärfer an. Spahn will sich am Mittwochmittag
        zum Fortgang der Impfungen äußern. Der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion
        Georg Nüßlein (CSU) wandte sich gegen die Kritik. „Die noch existierenden Engpässe beim
        Impfstoff sind nicht durch größere Bestellungen, sondern durch ein Hochfahren der Produkti-
        on zu beseitigen“, sagte Nüßlein.

        Scholz, der als Vizekanzler und Finanzminister dem Kabinett angehört, richtete einen umfas-
        senden Fragenkatalog an Spahn, in dem vor allem der europaweite Bestellvorgang für Impf-
        stoffe thematisiert wird. Spahn wies die SPD-Kritik zurück und sagte, in einer „echt schweren
        Phase der Pandemie“ erwarteten die Bürger Geschlossenheit und Entschlossenheit ihrer Regie-
        rung. „Es funktioniert in so einer Phase nicht gut, gleichzeitig Regierung und Opposition sein
        zu wollen.“ Allerdings hieß es in Regierungskreisen, das Gesundheitsministerium werde den
        Fragenkatalog von Scholz dennoch beantworten.

        Die SPD-Parteivorsitzende Saskia Esken sagte nach Agenturangaben, es bestünden Fragen in
        Bezug aufs Impfen, die Beschaffung der Vakzine und die Priorisierung. Zwar sei die SPD Teil
        der Regierung, aber „es ist schon in der Umsetzung jeweils der Minister zuständig“. Spahn
        müsse jetzt Fragen beantworten. SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil hatte zuvor die bisheri-
        gen Impfergebnisse kritisiert und von „chaotischen Zuständen“ gesprochen. Er forderte eine
        „nationale Kraftanstrengung“ unter Leitung von Merkel.

        Der Abgeordnete Florian Post, Mitglied der SPD-Fraktion, verlangte einen Untersuchungsaus-
        schuss. Er sagte der „Bild“- Zeitung: „Frau Merkel und Herr Spahn haben in ihrem Amtseid
        geschworen, Schaden vom deutschen Volk abzuwenden. Doch beide haben die Impfstoff-
        Beschaffung den Dilettanten um EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen anvertraut.“
        Dieser Skandal müsse „in Untersuchungsausschüssen im Bundestag und im EU-Parlament
        aufgeklärt werden“. (Siehe Seiten 2 bis 4 sowie Wirtschaft, Seiten 15 und 16.)

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        F.A.Z. - Feuilleton                                                                                             Mittwoch, 06.01.2021

                                            Wirklich richtig verärgert?

        Je länger die Theater geschlossen bleiben, desto verzweifelter und ratloser wird ihr Protest.
        Anlässlich der jetzt bekanntgegebenen Verlängerung des Shutdowns in Österreich wandte sich
        Burgtheater-Direktor Martin Kušej mit unüberlegter Verve an die Öffentlichkeit: Dass der Zeit-
        punkt für die Wiedereröffnung der Theater nun „wieder ungewiss“ sei, habe ihn „wirklich rich-
        tig verärgert“. Bereits Mitte Dezember habe man doch auf die Planungsbedingungen für das
        Burgtheater hingewiesen und nach Rücksprache mit der Politik Vorstellungen ab dem 22.
        Januar 2021 geplant. Wie komme sie jetzt dazu, diese Verabredung nicht einzuhalten. Da spre-
        che er sicher für alle Menschen, die in Theatern arbeiteten, wenn er rufe: „Wie lange sollen wir
        uns noch verschaukeln lassen? Wie lange sollen wir noch über die Stöckchen springen, die man
        uns hinhält?“ Stöckchen, verschaukeln, „wirklich richtig“ – sind das die passenden Worte für
        die derzeitige Lage? Wenn nicht mal Schulen geöffnet werden und Intensivbetten knapper
        denn je sind? Eher nicht.stra.

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Mi 06.01.2021 | 06:55 | Kultur
Trio Yabe/Steuber/Theodorakis spielen "Unerhörte Musik"
Seit 1989 wird in der Konzertreihe "Unerhörte Musik!" sogenannte Neue Musik vorgestellt –
auch in Corona-Zeiten. Am Dienstag streamte das Trio Yabe/Steuber/Theodorakis live aus
dem BKA Kreuzberg. Von Hendrik Schröder.

Stand vom 06.01.2021

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https://www.inforadio.de/programm/schema/sendungen/kultur/202101/06/6-55-unerhoerte-musik--yabe-steuber-theodorakis.html   1/1
6.1.2021                                         https://epaper.tagesspiegel.de//webreader-v3/index.html#/473935/20-21

        Mittwoch, 06.01.2021, Tagesspiegel / Kultur

        Expedition in die Graue Zone
        Ein Berliner Musiker reist in die Ost-Ukraine und nimmt mit Schülern
        Lieder auf – sein Erfahrungsbericht / Von Yuriy Gurzhy

                                                                        © Den Gumennyi und Anastasia Tarkhanova
                                         Harte Bedingungen. Der Spielplatz einer Schule in Troitskoe.

        Seit dem vergangenen Sommer herrscht im Donbass ein offizieller Waffenstillstand.
        Diese Nachricht bekam nur wenig Aufmerksamkeit in den europäischen Medien, die in
        den letzten sechs Jahren meist von einem „Konflikt“ und nicht von einem „Krieg“ in der
        Ost-Ukraine gesprochen haben. Wahrscheinlich weil sich ein „Konflikt“ leichter
        ignorieren lässt als ein „Krieg“. Im Donbass selbst haben die Menschen immer „Krieg“
        gesagt.

        Ende des Jahres bin ich für ein Musikprojekt dorthin gereist. Flug nach Kiew,
        Expresszug nach Kostjantyniwka – und schon sitze ich in einem Taxi, das mich nach
        Popasna bringen soll, eine Stadt mit 20 600 Einwohnern im Verwaltungsbezirk
        Luhansk. Nach einer halben Stunde erreichen wir den ersten Kontrollpunkt. Ein
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        Häuschen am Straßenrand, zwei Männer in Militäruniformen und mit
        Maschinenpistolen. Sie wollen meine Papiere sehen. Bitte schön, ich habe eine ganze
        Menge davon, mein frisches negatives Coronatest- Ergebnis, Krankenversicherung,
        Briefe aus Schulen. Was habe ich in Popasna vor?

        Ich bin Musiker aus Berlin, erzähle ich. Um bei einem deutsch-ukrainischen
        Theaterprojekt Musik zu komponieren, reise ich hierher. Nicht dass ich etwas falsch
        gemacht habe, aber ich habe Angst. Ich plappere auf Ukrainisch und hoffe dabei sehr,
        dass es überzeugend klingt. Gott sei Dank, sind die Papiere in Ordnung, ich darf
        weiterfahren. Willkommen im Donbass!

        Die Straße ist die schlechteste, auf der ich je gefahren bin. Wann wurde hier zum
        letzten Mal saniert, frage ich den Fahrer. „Vor 20 Jahren vielleicht“, meint er. „Und
        während des Krieges fuhren die Militärfahrzeuge hin und her, der Asphalt ist komplett
        im Arsch“. Na, großartig! Der Wagen hüpft, wir auch.

        In Popasna wartet der Regisseur Georg Genoux auf mich. Kennen gelernt haben wir uns
        vor drei Jahren, als seine Dokumentation „School Number 3“ Premiere auf der Berlinale
        hatte und den Großen Preis der Sektion Generation 14plus gewann. Georg kommt seit
        2015 jedes Jahr ins Donbass, um an Schulen Theaterprojekte zu realisieren. Wegen der
        Pandemie ist das diesmal unmöglich. Stattdessen werden Georg und sein Team kleine
        Filme über die Orte produzieren, in denen ich mit den Kindern Songs schreibe. Wenn
        alles gut läuft, bringen wir am Ende einen Film und ein Album heraus.

        Ab nächsten Tag geht es an die Arbeit. Jeden Morgen fahren wir jetzt um 7.40 Uhr mit
        dem Schulbus nach Troitske. Draußen schneit es, drin ist die Heizung kaputt, wir
        frieren, aber nach einer halben Stunde steigen so viele Schüler ein, dass es langsam
        wärmer wird. Man sagt, dies sei das optimale Transportmittel, um ungefährdet ans Ziel
        zu kommen, denn alle gehen davon aus, dass ein Schulbus mit Kindern an Bord nicht
        beschossen wird.

        Irgendwann hält der Bus im Schulhof, direkt vor dem Mahnmal für den 31-jährigen
        Soldaten, der vor einigen Monaten bei einem Artilleriebeschuss ums Leben kam. Auch
        in der Schule sind Minen, Bomben und Raketen nach wie vor ein Thema. So wie in jeder
        Berliner Schule Plakate hängen, die zeigen wie man die Hände richtig wäscht, hängt
        hier in jedem Klassenzimmer ein Poster mit Hinweisen, was zu tun ist, wenn man ein
        bombenähnliches Objekt auf der Straße findet.

        Vor dem Schulfenster sieht man einen verschneiten Hügel, dahinter liegt die von
        prorussischen Separatisten ausgerufene „Lugansker Volksrepublik“. Troitske gehört
        zur „Grauen Zone“, also zum neutralen Territorium, in dem noch regelmäßig
        geschossen wird. In dieser verrückten Zeit ist es nicht schwer, mit den Bezeichnungen

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        durcheinander zu kommen, denn nach der neuesten Corona-Terminologie liegt
        Troitske gerade in der Roten Zone. Masken tragen hier jedoch wenige, der Alltag ist
        schon turbulent genug, um auch noch diese „neue Grippe“ wahrzunehmen.

        „Viele Dorfbewohner haben ihre Häuser verlassen und sind we gezogen“, erzählt die
        Schuldirektorin in der Pause bei Instantkaffee und Keksen. „Aber wenn man mich
        fragt, warum ich geblieben bin, dann sage ich, jemand muss doch bleiben, um das
        Ganze nach dem Krieg wieder aufzubauen“. Sie wohnt in Popasna und kommt täglich
        mit dem Schulbus nach Troitske. Ihr Ehemann wurde 2014 durch einen
        Bombensplitter verletzt, erzählt sie. Seither kann er sich nur noch im Rollstuhl
        fortbewegen. Die Schulglocke klingelt, wir gehen ins Klassenzimmer.

        Es ist nicht das erste Mal, dass ich mit Kindern arbeite, ich bin aber trotzdem aufgeregt.
        Ich stelle mich vor, die Schüler zeigen mir ihre Playlists. Ich spiele ihnen meine eigenen
        Berlin-Lieder mit kleinen, an das Smartphone angeschlossenen Boxen vor. Als ich
        frage, ob wir vielleicht Songs hören können, in denen es um ihre Heimatorte geht, stellt
        sich heraus, dass es solche gar nicht gibt. Dann können wir sie vielleicht zusammen
        schreiben, schlage ich vor. Die Schülerinnen und Schüler nehmen diese
        Herausforderung an, und es geht los, mit einer Geschwindigkeit, die ich nicht erwartet
        hatte. Selten habe ich erlebt, dass Lieder so schnell entstehen. Was noch erstaunlicher
        ist, wenn man bedenkt, dass die Jugendlichen keinerlei Erfahrung im Songschreiben
        haben. Vor allem die Mädchen sind sehr motiviert und produktiv.

        Sie schreiben über Frauenfußball, Jungs, Quarantäne, Fernunterricht und über eine
        winterliche Fahrt mit dem Schulbus. Mit Egor komponieren wir „Miss Popasna“, ein
        Liebeslied: „Du bist so toll, Miss Popasna / Aber auch gefährlich / Das ist die Rote Zone,
        Miss Popasna / Gar nicht so ungefährlich.“

        Diana und Lina, beide 15 und ebenfalls aus Popasna, wollen über den Krieg rappen. Bei
        dem Thema werden sie sehr ernst: „Es gibt einen Krieg in der Ukraine / Einen Krieg,
        der Leben klaut / Der Krieg, Du gemeine Bestie / Du bist zu uns aus dem Bruderland
        gekommen / Wir haben Dich nicht erwartet!“

        Auch der 13-jährige Dima aus Troitske möchte bei unserem Projekt mitmachen, will
        aber nicht singen, dafür kann er verschiedene Sounds imitieren. Interessant, sage ich,
        und was für Sounds sind das? Fliegende und fallende Minen, antwortet er. Wir nehmen
        Dima auf. Ich habe dafür ein Mikrofon und einen Laptop mit Musiksoftware im
        Klassenzimmer aufgebaut. Das Lied, in dem er zu hören ist, heißt „Neue Donbass
        Symphonie“ und wird am Ende des gleichnamigen Albums stehen.

        Nach vier Wochen muss ich zurück nach Berlin. Ich verbringe die zehn Quarantäne-
        Tage in meinem Studio bei der Abmischung unserer Songs. Während ich mir die

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6.1.2021                                         https://epaper.tagesspiegel.de//webreader-v3/index.html#/473935/20-21

        Spuren anhöre, die wir im Donbass aufgenommen haben, staune ich ein weiteres Mal
        darüber, wie talentiert meine jungen Kolleginnen und Kollegen sind. Ich hoffe sehr,
        dass die Veröffentlichung unseres Albums nicht das Ende unseres Projektes ist und
        dass wir uns noch in diesem Jahr wiedersehen. Yuriy Gurzhy, 1975 in der Ukraine
        geboren, kam 1995 nach Deutschland. Mit

        Wladimir Kaminer

        veranstaltete er die

        „Russendisko“-Partyreihe. Gurzhy spielt in der Band Rotfront.

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        Mittwoch, 06.01.2021, Tagesspiegel / Kultur

        NACHRICHT

        Techno-Museum in Frankfurt: Eröffnung im Sommer geplant

        Nach mehrmaligen Verzögerungen hoffen die Macher von Deutschlands erstem
        Museum für elektronische Musik in Frankfurt auf eine Eröffnung im zweiten
        Quartal 2021. „Momentan haben wir Ende Mai, Anfang Juni im Auge. Ob das
        funktioniert, wird sich in den nächsten Wochen zeigen“, sagte der Vorsitzende des
        Vereins „Friends of Momem“, Alex Azary. „Der Termin steht und fällt mit der
        Corona-Situation. Wir stehen in den Startlöchern.“ Das Museum Of Modern
        Electronic Music (Momem) entsteht in der Zwischenebene an der Hauptwache.
        Der Umbau sei so gut wie abgeschlossen, sagte Azary. Ursprünglich sollte das
        Momem 2019 an den Start gehen. Wegen Streitereien um die Finanzierung und
        wegen der Coronakrise verzögerte sich der Termin aber. Mit Clubs wie Dorina
        Gray, Omen und U60311 ist Frankfurt einer der Geburtsorte von elektronischer
        Musik in Deutschland. dpa

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