Pro-Kontra: Braucht die EU eine gemeinsame Armee?

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                                                              Ein Projekt der „Aktion Europa“,
                                                          durchgeführt von Bürger Europas e.V.

                                                                  Pro-Kontra:
                                      Braucht die EU eine gemeinsame Armee?

Hintergrund-Dokument 1:
Die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP)

Nach Unterzeichnung der Römischen Verträge konzentrierte sich das europäische Eini-
gungswerk auf die wirtschaftlichen Aspekte, d.h. die Schaffung eines gemeinsamen Marktes,
auch wenn es bereits Vorstellungen über eine Zusammenarbeit im Bereich der internationa-
len Politik gab. Nahezu vierzig Jahre lang fand in diesem europäischen Ein igungsprozess
der Ausdruck "gemeinsame Außenpolitik" keinen Platz in den Verträgen. Ab Oktober 1970
arbeiteten die Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft in wichtigen weltpolitischen
Fragen zusammen und bemühten sich um gegenseitige Abstimmung. Dies geschah aller-
dings auf zwischenstaatlicher Ebene, im Rahmen der "Europäischen Politischen Zusam-
menarbeit". 1986 wurde dieser zwischenstaatlichen Zusammenarbeit in der Einheitlichen
Europäischen Akte eine förmliche Grundlage gegeben, ohne dass sich jedoch Art und Me-
thoden der Zusammenarbeit änderten. Der Wandel vollzog sich in Maastricht, wo die Mit-
gliedstaaten erstmals das Ziel einer "gemeinsamen Außenpolitik" in den Vertrag aufnahmen.
Seit Inkrafttreten des Vertrags von Maastricht am 1.November 1993 kann die Europä ische
Union als solche auf der internationalen Bühne auftreten und ihren Standpunkt zu bewaffne-
ten Konflikten, zu Menschenrechtsfragen und allen anderen Themen im Zusammenhang mit
den Grundprinzipien und gemeinsamen Werten, auf die sich die Europäische Union gründet
und zu deren Verteidigung sie sich verpflichtet hat, zum Ausdruck bringen.

Durch den Vertrag von Amsterdam, der 1999 in Kraft getreten ist, wurden die GASP-
Bestimmungen revidiert. Die Artikel 11 bis 28 des Vertrags über die Europäische Union sind
seitdem speziell der GASP gewidmet.

Eine wichtige Entscheidung, mit der der Außenpolitik der Union mehr Wirksamkeit und
Profil verliehen wurde, war die Ernennung eines Hohen Vertreters für die GASP (eine Neue-
rung im Vertrag von Amsterdam) in der Person von Javier Solana Madariaga, der dieses
Amt am 18.Oktober 1999 für einen Zeitraum von 5 Jahren übernommen hat.
Der neue Vertrag von Nizza ist am 1.Februar 2003 in Kraft getreten und enthält neue GASP-
Bestimmungen. Er sieht insbesondere eine Ausweitung der Beschlussfassung mit qualifizier-
ter Mehrheit vor und stärkt die Rolle des Politischen und Sicherheitspolitischen Komitees bei
Krisenbewältigungsoperationen.

- Im Vertrag von Nizza (Titel V, Art. 11) werden die Ziele der GASP definiert:
       Ø die Wahrung der gemeinsamen Werte, der grundlegenden Interessen, der Unab-
           hängigkeit und der Unversehrtheit der Union im Einklang mit den Grundsä tzen
           der Charta der Vereinten Nationen,
       Ø die Stärkung der Sicherheit der Union in allen ihren Formen,
       Ø die Wahrung des Friedens und die Stärkung der internationalen Sicherheit ent-
           sprechend den Grundsätzen der Charta der Vereinten Nationen sowie den Prin-
           zipien der Schlussakte von Helsinki und den Zielen der Charta von Paris, ein-
           schließlich derjenigen, welche die Außengrenzen betreffen,
       Ø die Förderung der internationalen Zusammenarbeit,

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                                                               durchgeführt von Bürger Europas e.V.

        Ø die Entwicklung und Stärkung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sowie die
        Ø Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten.

In Artikel 12 sind die Methoden definiert:
        Ø Bestimmung der Grundsätze und der allgemeinen Leitlinien für die Gemeinsame
            Außen- und Sicherheitspolitik,
        Ø Beschlüsse über gemeinsame Strategien,
        Ø Annahme gemeinsamer Aktionen,
        Ø Annahme gemeinsamer Standpunkte

Auszug aus der Europäischen Sicherheitsstrategie (12.12.2003):

Durch die zunehmende Öffnung der Grenzen seit dem Ende des Kalten Krieges ist ein Umfeld ent-
standen, in dem interne und externe Sicherheitsaspekte nicht mehr voneinander zu trennen sind. Die
Handels- und Investitionsströme, die technologische Entwicklung und die Verbreitung der Demokra-
tie haben vielen Menschen Freiheit und Wohlstand gebracht. Aus der Sicht anderer jedoch steht die
Globalisierung für Frustration und Ungerechtigkeit. Diese Entwicklungen haben auch für nichtstaat-
liche Gruppen mehr Spielraum für eine Mitwirkung am internationalen Geschehen entstehen lassen.
Und sie haben die Abhängigkeit Europas – und somit auch seine Anfälligkeit – von vernetzten Infra-
strukturen unter anderem in den Bereichen Verkehr, Energie und Information erhöht. Seit 1990 sind
fast vier Millionen Menschen – zu 90 % Zivilisten – in Kriegen ums Leben gekommen. Weltweit ha-
ben über 18 Millionen Menschen wegen eines Konflikts ihr Heim verlassen.
In weiten Teilen der dritten Welt rufen Armut und Krankheiten unsägliches Leid wie auch dringende
Sicherheitsprobleme hervor. Fast drei Milliarden Menschen und damit die Hälfte der Weltbevölkerung
müssen mit weniger als zwei Euro pro Tag auskommen. Sicherheit ist eine Vorbedingung für Ent-
wicklung. Konflikte zerstören nicht nur Infrastrukturen (einschließlich der sozialen), sondern fördern
auch Kriminalität, schrecken Investoren ab und verhindern ein normales Wirtschaftsleben. Eine Reihe
von Ländern und Regionen bewegen sich in einem Teufelskreis von Konflikten, Unsicherheit und Ar-
mut. Der Wettstreit um Naturressourcen - insbesondere um Wasser -, der sich durch die globale Er-
wärmung in den nächsten Jahrzehnten noch steigern wird, dürfte in verschiedenen Regionen der Welt
für weitere Turbulenzen und Migrationsbewegungen sorgen. Die Energieabhängigkeit gibt Europa in
besonderem Maße Anlass zur Besorgnis. Europa ist der größte Erdöl- und Erdgasimporteur der Welt.
Unser derzeitiger Energieverbrauch wird zu 50 % durch Einfuhren gedeckt. Im Jahr 2030 wird dieser
Anteil 70 % erreicht haben. Die Energieeinfuhren stammen zum größten Teil aus der Golfregion, aus
Russland und aus Nordafrika.

Hauptbedrohungen:
   - Terrorismus
   - Verbreitung von Massenvernichtungswaffen (MVW)
   - Regionale Konflikte
   - Scheitern von Staaten
   - Organisierte Kriminalität

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                                                        durchgeführt von Bürger Europas e.V.

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                                     Braucht die EU eine gemeinsame Armee?

Hintergrund-Dokument 2:
Ein Europäischer Außenminister?

Der Generalsekretär des Rates übernimmt seit dem Inkrafttreten des Vertrags von Amster-
dam die Funktion des Hohen Vertreters für die GASP („EU-Außenminister“). Er unterstützt
den Rat in Angelegenheiten der GASP, indem er insbesondere zur Ausformulierung, Vorbe-
reitung und Durchführung politischer Entscheidungen beiträgt. Auf Ersuchen der Präsident-
schaft handelt er im Namen des Rates und führt den politischen Dialog mit Dritten im Sinne
einer höheren Transparenz und Kohärenz der GASP. Die Repräsentation der GASP nach
außen sowie ihre Durchführung wird von der Arbeit der Troika unterstützt, der der Au-
ßenminister des die Präsidentschaft innehabenden Landes, der Hohe Vertreter der GASP,
das für Außenbeziehungen zuständige Kommissionsmitglied und erforderlichenfalls ein
Vertreter des Landes angehören, das die nächste EU-Präsidentschaft übernimmt.

Diese neue Funktion erforderte eine Neuorganisation der Aufgaben innerhalb des Rates,
wobei die Verwaltung des Generalsekretariats dem stellvertretenden Generalsekretär über-
tragen wurde. Dies schließt jedoch nicht aus, dass der Rat immer, wenn er es für notwendig
erachtet, einen Sonderbeauftragten mit einem Mandat für besondere politische Fragen be-
nennen kann. So wurden u.a. im Rahmen des Friedensprozesses im Nahen Osten, für die
Region der großen afrikanischen Seen und im Rahmen des Stabilitätspakts für Südosteuropa
Sonderbeauftragte ernannt.

Befugnisse
Der Außenminister wird in Zukunft „zwei Hüte" tragen: er wird gleichzeitig Beauftragter
des Ministerrats für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik und einer der Vizeprä-
sidenten der Kommission sein.
Einerseits leitet der Außenminister die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der Uni-
on. Er verfügt diesbezüglich über ein Initiativrecht im Bereich der Außenpolitik und führt
diese Politik im Auftrag des Ministerrates durch. Ebenso handelt er im Bereich der Gemein-
samen Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Wird er im Rahmen dieses Mandats tätig, so
unterliegt der Minister dem für die Kommission geltenden Kollegialitätsprinzip.
Der Verfassungsvertrag sieht vor, dass der Außenminister nicht nur in der Ratsformation
„Auswärtige Angelegenheiten" den Vorsitz führt, sondern auch durch seine Vorschläge zur
Festlegung der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik beiträgt und sicherstellt, dass
die vom Europäischen Rat und vom Ministerrat erlassenen Europäischen Beschlüsse durch-
führt werden.
Andererseits ist der Außenminister der Union auch einer der Vizepräsidenten der Europäi-
schen Kommission. Er ist dort mit den Außenbeziehungen und der Koordinierung der übri-
gen Aspekte des auswärtigen Handelns der Union betraut. Tatsächlich muss die EU auf die
Kohärenz zwischen den einzelnen Bereichen ihres auswärtigen Handelns sowie zwischen
diesen und ih ren übrigen Politikbereichen achten. Der Ministerrat und die Kommission, die
vom Außenminister der Union unterstützt werden, stellen diese Kohärenz sicher und arbei-
ten zu diesem Zweck zusammen.

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                                                        durchgeführt von Bürger Europas e.V.

Wie geht es weiter?
Es ist vorgesehen, einen Europäischen Auswärtigen Dienst zu schaffen, der –in Zusammen-
arbeit mit den nationalen Ministerien für Außenpolitik- eigene EU-Botschaften unterhält und
über einen eigenen Beamtenstab in Brüssel verfügt. Das Hauptproblem der Europäischen
Außenpolitik bleibt aber bestehen: wie viel Entscheidungsfreiheit räumen die nationalen
Regierungen dem EU-Außenminister ein?

Der ehemalige amerikanische Außenminister Henry Kissinger fragte vor 30 Jahren welche
Telefonnummer Europa habe. Mit dieser Frage wollte er deutlich machen, dass die EU-
Staaten nicht zu gemeinsamem außenpolitischem Handeln fähig waren. Spätestens seit der
schmerzlichen Erkenntnis während der 1990er Jahre, als Europa als Ordnungsmacht auf dem
Balkan versagte, sind die EU-Staaten dabei, ihre Telefonnummer zu bestimmen.
Vor und während des Irak-Kriegs hat sich gezeigt, dass die Europäer von einer gemeinsa-
men Antwort auf wic htige außenpolitische Fragen noch weit entfernt sind: Die EU zerfiel in
zwei Lager, von gemeinsamer Lage-Beurteilung und geschlossenem Handeln keine Spur.
Nach dem Irak-Debakel folgte der Schwur der Außenminister, in Zukunft die GASP ernster
zu nehmen. Die Zeit dränge, meinte der deutsche Außenminister Joschka Fischer: "Es geht
um unsere Sicherheit, um unsere Zukunft." Aber auch auf die Gräueltaten im westlichen
Sudan blieb eine gemeinsame Antwort aus: Zu unterschiedlich sind die Interessen Frank-
reichs, Großbritanniens und anderer EU-Staaten. Immerhin, auf militärischem Gebiet ist die
EU in den letzten Jahren dabei, sich erste "Muskeln" anzutrainieren: Im vergangenen Jahr
wurden die ersten Einheiten einer europäischen Eingreiftruppe gegründet. Sie umfasst der-
zeit mehrere 100 Mann und soll bis auf 60.000 Mann anwachsen können. Dabei geht es nicht
um eine stehende Armee, sondern um Truppenkontingente, die die Mitgliedstaaten bei Be-
darf bereitstellen.

Sonderbeauftragte der EU
   - Pierre Morel EU-Sonderbeauftragten (EUSR) für Zentralasien
   - Peter Semneby EUSR für den Südkaukasus
   - Christian Schwarz-Schilling EUSR in Bosnien und Herzegowina
   - Erwan Fouéré EUSR in der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien
   - Pekka Haavisto EUSR für die Republik Sudan
   - Adriaan Jacobovits de Szeged EUSR für die Republik Moldau
   - Marc Otte EUSR für den Nahost-Friedensprozess
   - Francesc Vendrell EUSR in Afghanistan
   - Aldo Ajello EUSR für die afrikanische Region der Großen Seen
   - Stefan Lehne EUSR für den Prozess der Fe stlegung des künftigen Status des Kosovo
   -   Erhard Busek Sonderkoordinator für den Stabilitätspakt für Südosteuropa

Fragen:
   -   Ist eine gesamt-europäische Armee realistisch? Welches Land / Wer hätte das Kom-
       mando?
   -   Welche Art von Wehrdienst muss man dann leisten? Was ist mit den Ländern, in de-
       nen es keinen Wehrdienst gibt?
   -   Könnte eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der EU den Terrorismus
       stoppen oder wenigstens effektiver verhindern?
   -   Sollte es ein europäisches Außenministerium geben?

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                                                             durchgeführt von Bürger Europas e.V.

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                                         Braucht die EU eine gemeinsame Armee?

  Hintergrund-Dokument 3:
  Eine gemeinsame Armee für Europa? (Artikel von Volker Heise)
Die Europäische Union hat in der Vergangenheit ihre Stärke in der Friedens- und Stabilitätssiche-
rung bewiesen. Doch zu einer europäischen Armee ist es noch ein weiter Weg, meint EU-
Sicherheitsexperte Volker Heise.

Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) heißt zwar, dass die Europäische Union
auch militärische Aufgaben zur Konfliktprävention und Friedenssicherung übernehmen kann,
eine europäische Armee gibt es aber nicht. Im Gegenteil: Als die EU im Jahre 1999 die ESVP
beschloss, war es für einige Staaten sehr wichtig zu betonen, dass damit keine supranationale
europäische Armee geschaffen werden solle. Aber die EU-Staaten erklärten sich bereit, militärische
Verbände und Fähigkeiten der EU zur Verfügung zu stellen, sollten diese für eine Operation
benötigt werden. Durch gemeinsame Planungsarbeit wurde ein Verfügungs-Pool von 100.000
Soldaten, 400 Kampfflugzeugen und 100 Schiffen zusammengestellt, aus denen Kräfte jeweils für
eine konkrete Operation ausgewählt werden können. Die Entscheidung, ob und wie sich der
einzelne Staat an einer EU-Operation beteiligt, bleibt jeder Nation vorbehalten.

Der formelle Entscheidungsprozess darüber, ob und wie eine EU-Operation durchgeführt werden
soll, dauert meist relativ lange, da in jedem der politischen und militärischen Gremien Einstim-
migkeit erzielt werden muss, bis hin zu Entscheidungen über Details. Das ist bei der NATO nicht
anders, und auch die Allianz braucht meist viel Zeit für derartige Entschlüsse. Bei der EU wird der
Prozess allerdings noch dadurch kompliziert, dass Kompetenzen auf unterschiedliche Säulen der
Union verteilt sind, wie den Europäischen Rat und die Europäische Kommission, und dass die
Mitglieder im Vergleich zur NATO heterogener sind. So gehören der EU auch vier militärisch
neutrale Staaten (Finnland, Irland, Österreich und Schweden) an. Zypern und Malta beanspruchen
in militärischen Angelegenheiten einen Sonderstatus, und Dänemark nimmt aufgrund eines
Volksentscheids an der militärischen Komponente der ESVP grundsätzlich nicht teil. Trotzdem
kann es in dringenden Fällen auch schnell gehen, wie die erste EU-Operation „Artemis“ 2003 im
Kongo zeigte. Damals vergingen zwischen UN-Mandat und dem Beginn der Operation knapp
zwei Wochen.

Bei allen unterschiedlichen Sichtweisen in der EU über die notwendige Reaktion auf eine Krise
kann man von der grundsätzlichen Bereitschaft der Mitgliedsstaaten ausgehen, Missionen durch-
zuführen, die Frieden und Stabilität sichern oder wiederherstellen sollen. Einen Krieg – wie im
Irak – zu beginnen, wäre allerdings nach den EU-Handlungsprinzipien nicht denkbar.

Der geografische Schwerpunkt möglicher Operationen wurde zunächst in den EU-nahen Regionen
in Europa und seiner unmittelbaren Nachbarschaft gesehen. Diese Begrenzung gilt heute aber
nicht mehr: Die EU soll überall dort tätig werden können, wo ihr Einsatz notwendig und sinnvoll
ist, um Hilfe zu leisten und bewaffnete Konflikte zu verhindern oder zu beenden. Konkret drängt
dabei Afrika auf die Tagesordnung – nicht nur, wie soeben beschlossen, zur Absicherung der
Wahlen im Kongo. Andere Regionen können aber ebenso wenig ausgeschlossen werden.

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                                                                Ein Projekt der „Aktion Europa“,
                                                            durchgeführt von Bürger Europas e.V.

Die Aufgaben, die durch die Einsatzkräfte im Rahmen der ESVP abgedeckt werden sollen, sind
sehr unterschiedlich. Sie reichen von humanitären Einsätzen über Friedenssicherung (Peacekee-
ping) bis hin zu umfangreichen Kampfeinsätzen, um z.B. einen Bürgerkrieg wie 1999 im Kosovo
zu beenden. Die Bekämpfung des Terrorismus gehört ebenfalls zu den Aufgaben der ESVP, nur
wird diese in der EU weniger unter militärischen Aspekten betrachtet.

Für Operationen, die keinen extremen Anspruch stellen, reichen die gegenwärtigen Fähigkeiten
der EU-Staaten aus. Das zeigen neben „Artemis“ auch die erfolgreichen EU-Einsätze auf dem
Balkan, wie die Operation „Althea“, die die NATO-Schutztruppe SFOR 2004 bei der Friedenssi-
cherung in Bosnien-Herzegowina ablöste. Selbst die USA erkennen an, dass die Europäer im
Peacekeeping und in der Stabilitätssicherung besondere Stärken haben. Das gilt auch für die bisher
einzigartige Fähigkeit der EU, sowohl militärische als auch umfangreiche zivile Kräfte und Mittel
im Krisenmanagement einzusetzen. Die herausragende Bedeutung des Einsatzes von Polizeikräf-
ten, Justiz- und Verwaltungsexperten zur langfristigen Stabilitätssicherung steht inzwischen
allgemein außer Zweifel. Im Gegensatz zur EU verfügt die NATO über keine derartigen zivilen
Mittel.

Für intensive umfangreiche Kampfeinsätze zur Friedenssicherung sind die europäischen Streit-
kräfte noch unzureichend ausgerüstet – was natürlich in gleichem Maße die europäischen NATO-
Staaten betrifft. Allerdings können durch die USA in der NATO all die militärischen Fähigkeiten
bereitgestellt werden, an denen es den Europäern fehlt. Deshalb wird die NATO auch auf längere
Sicht die erste Handlungsalternative für solche Kampfeinsätze bleiben.

Die Anstrengungen, die europäischen militärischen Defizite zu überwinden, sind zahlreich. Durch
abgestimmte Planung, durch Koordination und Zusammenführung von verschiedenen nationalen
Einzelfähigkeiten konnten schon eine Reihe der Lücken gefüllt werden. Auch die 2004 geschaffene
Europäische Verteidigungsagentur entwickelt dazu Initiativen. Nur ist das Fortschrittstempo noch
immer sehr gering. Der jetzige EU-Defizitkatalog listet noch über 50 militärische Fähigkeiten als
unzureichend auf, von denen 24 als signifikant eingestuft werden. Die vermeintlich einfache
Lösung, mehr Geld für Verteidigung auszugeben, ist in Anbetracht der wirtschaftlichen Situation
Europas nicht realistisch. Und da die 25 EU-Nationen weiterhin 25 möglichst umfassende nationa-
le Streitkräfte einschließlich der nationalen Befehlsstrukturen erhalten wollen, sind Einsparungen
durch Aufgabenteilung oder Spezialisierung weitgehend ausgeschlossen.

Um diese verschwenderische Vielfalt zu überwinden, müssten die EU-Staaten insgesamt oder
zumindest in kleineren Gruppen Bereitschaft zeigen, sich stärker sicherheitspolitisch zu integrie-
ren. Diese Bereitschaft aber ist zurzeit äußerst gering, wie auch die Diskussion um den Vertrag
einer Europäischen Verfassung zeigt.

Die beste Lösung wäre eine gemeinsame Europäische Armee. Allerdings würde eine solche Armee
eine völlig andere politische Grundlage voraussetzen. Sie bräuchte vor allem: eine gemeinsame
europäische Regierung, ein europäisches Parlament, das anstelle der nationalen Parlamente die
entsprechende Kontrollbefugnis über die Streitkräfte erhält, und nicht zuletzt einen gemeinsamen
Verteidigungshaushalt, der die bisherigen 25 nationalen Verteidigungshaushalte ersetzen würde.
Dies alles ist aber zurzeit noch eine weit entfernte Vision.

(9.5.2006)

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