Professionalisierung in den Berufspraktischen Studien - Aktuelle Erkenntnisse Prof. Dr. Julia Kosinar - PHBern

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Professionalisierung in den Berufspraktischen Studien - Aktuelle Erkenntnisse Prof. Dr. Julia Kosinar - PHBern
Professionalisierung in den Berufspraktischen Studien -

                     Aktuelle Erkenntnisse

                          Prof. Dr. Julia Kosinar
                   Professur für Professionsentwicklung
              Pädagogische Hochschule FH Nordwestschweiz
Professionalisierung in den Berufspraktischen Studien - Aktuelle Erkenntnisse Prof. Dr. Julia Kosinar - PHBern
Inhalte des Vortrags

1. Berufspraktische Studien – der heilige Gral zur Berufsbefähigung

2. Professionalität und Professionalisierung: Theoretische Rahmung eines
   bewegten Diskurses

3. Das Praktikum aus Sicht von Studierenden:
A) Entwicklungsaufgaben und Anforderungen in den schulpraktischen Studien

B) Typen der Anforderungsbearbeitung.

C) Spannungsfelder zwischen Praxislehrpersonen und Studierenden

4. Implikationen für die berufspraktische Ausbildung

5. Stabilität der Orientierungen = wie geht es weiter im Berufseinstieg?

6. Diskussion

Prof. Dr. Julia Kosinar, Institut Primarstufe, Pädagogische Hochschule FHNW   28.05.18   2
Professionalisierung in den Berufspraktischen Studien - Aktuelle Erkenntnisse Prof. Dr. Julia Kosinar - PHBern
1. Berufspraktische Studien- der heilige Gral zur
Berufsbefähigung?

   PH FHNW, Institut Primarstufe   Professur für Professionsentwicklung 28.05.18   3
Zum Stand der Forschung

Zur Bedeutung von Praktika: z.B. Kosinar, Schmidt & Diebold 2016, Hascher
2012, Arnold et al 2011.
Problem der Bewertung:
Unterricht, der gelingt wird, wichtiger als lernförderlicher Unterricht => Fokus
Performanz
Ungewissheit und Interaktionsdynamik wird durch „Prepen“ versucht zu
vermeiden => Fokus Gewissheit

Zur Wirksamkeit von Praktika: z.B. De Zordo & Hascher 2017, Bach 2013,
Hascher 2011.

Mythos Praktikum (Hascher 2011) – obwohl die Wirksamkeit von Praktika
empirisch nicht eindeutig nachgewiesen wurde, wird davon ausgegangen, dass
Praktika per se wirkungsvoll sind und zur Professionalisierung beitragen.

      PH FHNW, Institut Primarstufe          Professur für Professionsentwicklung 28.05.18   4
Professionshochschulen und Praxisfeld
Erwartungsdruck von Seiten des Praxisfeldes – unausgesprochene Erwartungen
von Seiten der PH (Stichwort: Akademisierte Lehrerbildung)

=> widersprüchliche Erwartungen – fehlende Kommunikation – „Theorie-Praxis-
Problem“.....

Berufspraktische Studien mal anders gedacht (Leonhard u.a. 2016):

-   2 Logiken: der Hochschule(n) und der Schule(n) mit ihren jeweiligen
    Rahmenbedingungen und ihren Akteur/innen.

-   2 Praxen: Wissenschaftspraxis und Berufspraxis

-   2 Theorien: wissenschaftsbasierte Theorien, Konzepte, Empirie und mit
    Praxiserfahrungen angereichertes Erfahrungswissen / kasuistisches Wissen /
    pädagogisches und fachliches sowie fachdidaktisches Wissen

      PH FHNW, Institut Primarstufe         Professur für Professionsentwicklung 28.05.18   5
Ausbildungsformate schulpraktischer Professionalisierung (Kosinar, 2018)

Praktikum                                                  Basis-                   Reflexionsseminar
Als authentischer Erfahrungsraum,                                                   Als Fallwerkstatt: über kasuistische
                                                          seminar                   Zugänge methodisch kontrolliert und
der seiner eigenen Logik und seinen                      Grundlegung
Notwendigkeiten folgt => keine                                                      theoriegeleitet analysieren => keine
                                                           basaler
„Aufträge“ der PH erfüllen                             Wissensbestände              „Planungssitzungen“, kein Austausch
                                                        und Techniken               von „Tipps“

   Kultur der Nähe =                                 Mentorat                            Kultur der Distanz =
   Erfahrungen machen                                Biographisch-                       theoriegeleites Analysieren und
   Aus der                                           reflexive Arbeit;                   Reflektieren; das eigene
   Handlungsnotwendigkeit                            Austausch in                        Handeln / Entscheidungen
   Entscheidungen treffen                            Erfahrungsgemein                    begründen
                                                     -schaften

                                      Praxisbesuche
                                      Reden über Unterricht aus verschiedenen
                                      Begründungszusammenhängen. Gemeinsames
                                      Nachdenken über Folgelektionen und
                                      Handlungsalternativen

  Prof. Dr. Julia Kosinar, Pädagogische Hochschule FHNW, Professur für Professionsentwicklung
Neuere Formen der Zusammenarbeit

Das Partnerschulmodell

•   1 Schule (ein Verbund)

•   12 Studierende

•   6 Praxislehrpersonen

•   1 Koordinationsperson (Schule)
•   1 Moderator/in (PH); zugleich Reflexionsseminarleitung und Mentor/in

•   1 Fachdidaktiker/in

Der hybride Raum: Interinstitutionelle Kooperation und regelmässiger
Austausch aus den jeweiligen Perspektiven, geteiltes
Professionaliserungsverständnis, gemeinsam getragene Verantwortung für
die Ausbildung, gemeinsame Reflexionsseminare, ein Projekt
      PH FHNW, Institut Primarstufe        Professur für Professionsentwicklung 28.05.18   7
2. Professionalität und Professionalisierung -

Theoretische Rahmung eines bewegten Diskurses

    PH FHNW, Institut Primarstufe   Professur für Professionsentwicklung 28.05.18   8
Ein paar einleitende Worte zu Begrifflichkeiten
1. Professionalität
a) eine modellhafte Zusammenstellung verschiedener Wissens-und Inhaltsbereiche
   sowie Dispositionen von Lehrpersonen / Kompetenzen (z.B. Baumert/Kunter
   2006, Bauer 2005, Keller-Schneider 2010, Nieke 2012)

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Modelle lehrberuflicher Professionalität

  Baumert & Kunter 2006, Kunter u.a. 2011

                                                                                                      (Paseka u.a. 2011, 24)

                     Struktur der professionellen pädagogischen Handlungskompetenz (Nieke 2012, 51)

Prof. Dr. Julia Kosinar, Pädagogische Hochschule FHNW, Professur für Professionsentwicklung
Ein paar einleitende Worte zu Begrifflichkeiten
1. Professionalität
a) eine modellhafte Zusammenstellung verschiedener Wissens-und Inhaltsbereiche
   sowie Dispositionen von Lehrpersonen / Kompetenzen (z.B. Baumert/Kunter
   2006, Hericks 2006, Bauer 2005, Keller-Schneider 2010, Nieke 2012)
b) als Qualitätsaussage über das pädagogische Handeln (Helsper/Tippelt 2011)

2. Professionalisierung: (berufliche) Entwicklungsprozesse (angehender) LP –
sehr unspezifische Konzeptionen (z.B. Frey 2002), Stufenmodelle (z.B.
Dreyfus/Dreyfus 1987, Fuller & Brown 1975), komplexere Modelle (z.B. Keller-
Schneider 2010, Kosinar 2014), die die Prozessstruktur aufgreifen.

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Modelle (lehr-)beruflicher Professionalisierung

                                                             3. Stufe
                               2. Stufe                         „routine stage“
  1. Stufe                        „mastery stage“            Die Lehrperson bemüht sich
     „survival stage“
                                                             um die Ausübung
                               Die Lehrperson bemüht sich
                                                             erzieherischer
                               um Beherrschung/ Gestaltung
                                                             Verantwortung. Schülerinnen
  Die Lehrperson ist damit     der Unterrichtssituation.
                                                             und Schüler und deren
  beschäftigt, den Alltag zu   Langsam erfolgt eine
                                                             individuelle Interessen und
  bewältigen und im            Ablösung vom Ich-Bezug
                                                             Nöte stehen im Zentrum.
  Klassenzimmer ‚zu            zum Situationsbezug, vom
                                                             Übergang auf eine
  überleben‘. Sie ist sich     blossen Überleben zur
                                                             individual-pädagogische
  gewissermassen selbst noch   routinierten
                                                             Perspektive.
  das grösste Problem.         Unterrichtsgestaltung.                                               Kompetenzentwicklung nach Frey (2006, 127)

     Stufenmodell nach Fuller/Brown 1975, in Messner/Reusser 2000, 160

                                                                                           Rahmenmodell der Anforderungswahrnehmung und Kompetenzentwicklung
Fünfstufiges Experten-Novizenmodell nach Dreyfus/Dreyfus 1987
                                                                                                                 (Keller-Schneider 2010)

   Prof. Dr. Julia Kosinar, Pädagogische Hochschule FHNW, Professur für Professionsentwicklung
Drei professionstheoretische Zugänge
1. Der strukturtheoretische Ansatz
•   beschreibt im Anschluss an Oevermann (1996) das pädagogische Handeln
    von seiner Strukturproblematik her
•   verweist auf dessen antinomischen (Helsper 1996), diffusen und quasi-
    therapeutischen Strukturen.
2. Der kompetenztheoretische Ansatz
•   setzt bei der Organisation schulischer Lernprozesse an
•   bildet zentrale Kompetenzen und Dispositionen ab, die Lehrpersonen zur
    erfolgreichen Bewältigung ihrer beruflichen Aufgaben mitbringen müssen (vgl.
    Baumert & Kunter 2006).

3. Der berufsbiographische Ansatz
•   Professionalität entwickelt sich im Prozess des Lehrerwerdens (vgl. Terhart 2001, 56)
•   Vollzieht sich auf der Grundlage bisheriger (berufs-)biographischer
    Erfahrungen (vgl. Entwicklungsaufgabenkonzept, Hericks 2006).

Prof. Dr. Julia Kosinar, Pädagogische Hochschule FHNW, Professur für Professionsentwicklung   28.05.18   13
Entwicklungsaufgabentheorie (Havighurst)

Berufliche Entwicklungsaufgaben können definiert werden als (ein Bündel von)
Anforderungen,
     − die individuell als Aufgaben eigener Entwicklung gedeutet werden können.
     − die „unhintergehbar“ sind, „d.h., sie müssen wahrgenommen und bearbeitet
       werden, wenn es zu einer Progression von Kompetenz und zu einer
       Stabilisierung von Identität kommen soll“ (Hericks 2006, 60).
Kanonmodell für den Berufseinstieg von Lehrpersonen (Keller-Schneider                         /Hericks 2011,
Keller-Schneider 2010, Hericks 2006).

                 Identitätsbildende                                     Adressatenbezogene
                     Rollenfindung                                      Vermittlung

                     Anerkennende                                       Mitgestaltende
                    Klassenführung                                      Kooperation

Prof. Dr. Julia Kosinar, Pädagogische Hochschule FHNW, Professur für Professionsentwicklung
Berufsbiographische Prozesstheorie

Für die Prozessstruktur von Anforderungsbearbeitung braucht es eine
berufsbiographische Prozesstheorie, die danach fragt:
1. Wie wird Entwicklung ausgelöst und dauerhaft?

2. Wie lassen sich das Verhältnis äußerer Anlässe und innerer Anstöße und
   deren Nachhaltigkeit beschreiben (vgl. Terhart 2011, 208)?

2. Theorie des Erfahrungslernens (nach Dewey,                              vgl. Combe 2015, Combe / Gebhard
2007)

•     Das Krisenlösungsverlaufsmodell als Heuristik für die Rekonstruktion des
      Umgangs mit berufsphasenspezifischen Anforderungen (z.B. im Referendariat,
      Kosinar 2014, im Studium und im Berufseinstieg, Kosinar & Laros 2018)

Prof. Dr. Julia Kosinar, Pädagogische Hochschule FHNW, Professur für Professionsentwicklung
Theorie des Erfahrungslernens (Combe 2010, 2015)
                        im Kontext lehrberuflicher Professionalisierung (Kosinar 2014, 2018)

               Heuristisches Verlaufsmodell: Professionalisierungsprozess während der Bearbeitung einer Erfahrungskrise (Kosinar 2014, 101)

PH FHNW, Institut Primarstufe                                          Professur für Professionsentwicklung                   21.03.2018      16
3. Das Praktikum aus Sicht der Studierenden

a) Entwicklungsaufgaben und Anforderungen in den
berufspraktischen Studien

Prof. Dr. Julia Kosinar, Pädagogische Hochschule FHNW, Professur für Professionsentwicklung   28.05.18   17
Forschungsdesign des Gesamtprojektes
                 Anforderungen Studierender in den Berufspraktischen Studien

         Projektphase I                      Projektphase II                             Anschlussprojekte

          Narrative                               Fragebogen-
          Interviews                              entwicklung                    Fragebogen-Längsschnittstudie
                          Kategoriale
          mit Studier-                                                           Vollerhebung einer Studienkohorte
                          Auswertung                 Pre-Test
          enden

                                                                                 SNF-Projekt (2017-2020)
         Interview-Längsschnittstudie
                                                                                 Professionalisierungsprozesse ange-
         Fallvergleichende Rekonstruktion und
                                                                                 hender Primarlehrpersonen im Kontext
         Typenbildung n = 25 => n = 14                                           berufspraktischer Studien: Eine
                                                                                 Mehrebenen- und Längsschnittanalyse.

            t1                  t2              t3

      2014                        2015                     2016                      2017     2018      2019         2020
  Studierende in den            Berufseinsteigende
  Praxisphasen 1-4

Prof. Dr. Julia Kosinar, Pädagogische Hochschule FHNW, Professur für Professionsentwicklung
Erkenntnisinteresse und Fragestellungen Projektphase I

 1. Welche Anforderungen erleben Studierenden in ihren Praktika und wie
    deuten sie diese?

 2. Welche Strategien und Praktiken im Umgang mit diesen entwickeln sie?
 3. Welche Rolle spielen die Ausbildenden für die Deutung und Bearbeitung
    von Anforderungen?

 Projektphase I, Teilstudie 1:
 Qualitative induktive kategoriale Auswertung von Anforderungen (N = 20)

 aus ca. 100 identifizierten Anforderungen
 ⇒ Bildung von Oberkategorien (Anforderungsbereiche)
 ⇒ Bildung von Hauptkategorien (Entwicklungsaufgaben)

Prof. Dr. Julia Kosinar, Pädagogische Hochschule FHNW, Professur für Professionsentwicklung   28.05.18   19
Entwicklungsaufgaben Studierender
                                in den berufspraktischen Studien

                               Berufliches
                                                                      Adressatenbezogene
                            Selbstverständnis
                                                                          Vermittlung
                               entwickeln

                                                                      Zusammenarbeit mit
                             Anerkennende
                                                                        verschiedenen
                             Klassenführung
                                                                         Akteur/innen

                                          Sich in Ausbildung befinden

                                                                 (Leineweber, S., Billich-Knapp, M. & Košinár, J. (in Vorbereitung)

Prof. Dr. Julia Kosinar, Pädagogische Hochschule FHNW, Professur für Professionsentwicklung
Vergleich: Entwicklungsaufgaben Studierender –
                      Entwicklungsaufgaben im Berufseinstieg

 Identitätsbildende                                                                                   Adressatenbezogene
   Rollenfindung                                                                                          Vermittlung

                                Berufliches
                                                                       Adressatenbezogene
                             Selbstverständnis
                                                                           Vermittlung
                                entwickeln

Anerkennende                                                                                                    Mitgestaltende
Klassenführung                                                         Zusammenarbeit mit                        Kooperation
                              Anerkennende
                                                                         verschiedenen
                              Klassenführung
                                                                          Akteur/innen

                                           Sich in Ausbildung befinden

                                                               Leineweber, S., Billich-Knapp, M. & Košinár, J. (in Vorbereitung)

 Prof. Dr. Julia Kosinar, Pädagogische Hochschule FHNW, Professur für Professionsentwicklung
3. Das Praktikum aus Sicht der Studierenden

b) Typen der Anforderungsbearbeitung

Prof. Dr. Julia Kosinar, Pädagogische Hochschule FHNW, Professur für Professionsentwicklung   28.05.18   22
Methodologie und Datenanalyse

   Analyse des Textdatenmaterials mit der Dokumentarischen Methode
   (Bohnsack 1999, 2010, Nohl 2009):

   Rekonstruktion habitualisierter Strukturen, die als handlungsleitende
   Orientierungen über Erzählungen und Beschreibungen transportiert werden.

   1) Formulierende Interpretation: WAS wird inhaltlich verhandelt?

   2) Reflektierende Interpretation: Textsortenanalyse und Rekonstruktion des
   Orientierungsrahmens: WIE wird etwas dargestellt / erlebt?

   3) Komparative Analyse – fallübergreifende und fallimmanente Vergleiche
   entlang von Suchstrategien und Vergleichsdimensionen

   4) (Relationale) Typenbildung (vgl. Nohl 2013)

Prof. Dr. Julia Kosinar, Pädagogische Hochschule FHNW, Professur für Professionsentwicklung
Vergleichsdimensionen

  Ausgewählte Suchstrategien dienen als Vergleichsdimensionen für die
  komparative Analyse

  1. Welche Bedeutung haben die Praktika für die Studierenden?

  2. Wie konstituieren sich Anforderungen in den Praktika im Erleben der
     Studierenden und wie bearbeiten sie diese? (subjektive Deutung und
     Lösungssuche)

  3. Welche Rolle haben die Praxislehrpersonen im Rahmen der
     Konstituierung von Anforderungen in den Praktika?

Prof. Dr. Julia Kosinar, Pädagogische Hochschule FHNW, Professur für Professionsentwicklung
Typen der Anforderungsbearbeitung im Überblick

               Typus Selbst-
                                      Vermeidung             Entwicklung            Bewährung
Vergleichs-
                     verwirklichung
Dimensionen

1. Bedeutung
der Praktika

2. Konstituierung und
Bearbeitung von
Anforderungen

3. Rolle der
Praxislehrperson

    PH FHNW, Institut Primarstufe           Professur für Professionsentwicklung   28.05.18     25
Typen der Anforderungsbearbeitung: Selbstverwirklichung

               Typus Selbst-
                                             Vermeidung             Entwicklung            Bewährung
Vergleichs-          verwirklichung
Dimensionen

1. Bedeutung
                         Entfaltungsraum
der Praktika

2. Konstituierung und Sich
Bearbeitung von       Gestaltungsraum
Anforderungen         nehmen

3. Rolle der             Ermöglichende
Praxislehrperson         oder Verhindernde

    PH FHNW, Institut Primarstufe                  Professur für Professionsentwicklung   28.05.18     26
Typus Selbstverwirklichung

Anita Villiger

Also ich habe mich- vielmals im Praktikum fühl ich mich ein bisschen wie in einem
Vogelkäfig. Weil im recht begrenzten Rahmen, den einem die Praxislehrperson
gibt, darf man so probieren zu fliegen, kommt es mir vor. Und da habe ich dann
gedacht, so ja, lass mich doch einfach mal fliegen. Und darum bin ich eigentlich
auch froh, habe ich mein Abschlusspraktikum im Ausland machen können. Weil
nochmals so einen Vogelkäfig brauche ich jetzt nicht unbedingt.

 PH FHNW, Institut Primarstufe        Professur für Professionsentwicklung   28.05.18   27
Typen der Anforderungsbearbeitung: Vermeidung

                Typus Selbst-
                                              Vermeidung              Entwicklung            Bewährung
Vergleichs-           verwirklichung
Dimensionen

1. Bedeutung
                          Entfaltungsraum     Bewertungsraum
der Praktika

2. Konstituierung und Sich                    Von aussen
Bearbeitung von       Gestaltungsraum         herangetragene
Anforderungen         nehmen                  Erwartungen erfüllen

3. Rolle der              Ermöglichende
                                              Bewertungsinstanz
Praxislehrperson          oder Verhindernde

    PH FHNW, Institut Primarstufe                    Professur für Professionsentwicklung   28.05.18     28
Typus: Vermeidung

Natascha Gubler

Man kann ein bisschen mehr sich selber sein, wenn niemand da ist. Man ist sonst
ja auch sich selber, aber, jeder ist anders, wenn er nicht beobachtet wird [...] So,
das ist eigentlich das Positive gewesen an diesen Morgen oder Nachmittagen
[wenn die Praxislehrperson nicht da war, J.K. ] . Ja, dass halt, wenn etwas
passiert, dass du nicht irgendwie das Gefühl hast: Oh Gott, jetzt hat sie es
gesehen, jetzt muss ich schnell es wieder gut machen, sondern du hast einfach
deine Zeit und es ist halt so mehr dein Rhythmus.

 PH FHNW, Institut Primarstufe          Professur für Professionsentwicklung   28.05.18   29
Typen der Anforderungsbearbeitung: Entwicklung

                Typus Selbst-
                                              Vermeidung              Entwicklung            Bewährung
Vergleichs-           verwirklichung
Dimensionen

1. Bedeutung
                          Entfaltungsraum     Bewertungsraum          Entwicklungsraum
der Praktika

2. Konstituierung und Sich                    Von aussen           Berufsbezogene
Bearbeitung von       Gestaltungsraum         herangetragene       Herausforderungen
Anforderungen         nehmen                  Erwartungen erfüllen meistern

3. Rolle der              Ermöglichende                               Beratende im
                                              Bewertungsinstanz
Praxislehrperson          oder Verhindernde                           Entwicklungsprozess

    PH FHNW, Institut Primarstufe                    Professur für Professionsentwicklung   28.05.18     30
Typus: Entwicklung

Pit Santoro

Während dem ersten Praktikum, das ist super gewesen. Dort hat man gesagt was
gut ist was nicht, und vor allem auch wie könnte man's machen, ohne mir gerade
eine Stunde in die Finger zu geben: Schau, mach's so. Aber mehr so auf Fragen:
Überlege mal, wie wie würdest du es machen wenn das und das und das. [Die
Praxislehrperson] hat das irgendwie können, wegen einer Frage von ihr hat man
nachher angefangen zu studieren und ist nachher schlussendlich auf die Lösung
vom Problem gekommen. Das hat mich genial gedünkt. Und das hat mich sehr
sehr weit gebracht.

                                                                                       * Pseudonym

 PH FHNW, Institut Primarstufe       Professur für Professionsentwicklung   28.05.18            31
Typen der Anforderungsbearbeitung: Bewährung

                Typus Selbst-
                                              Vermeidung              Entwicklung            Bewährung
Vergleichs-           verwirklichung
Dimensionen

1. Bedeutung
                          Entfaltungsraum     Bewertungsraum          Entwicklungsraum       Bewährungsraum
der Praktika

2. Konstituierung und Sich                    Von aussen           Berufsbezogene
                                                                                             Berufsbezogene
Bearbeitung von       Gestaltungsraum         herangetragene       Herausforderungen
                                                                                             Defizite aufarbeiten
Anforderungen         nehmen                  Erwartungen erfüllen meistern

3. Rolle der              Ermöglichende                               Beratende im        Einschätzende des
                                              Bewertungsinstanz
Praxislehrperson          oder Verhindernde                           Entwicklungsprozess Entwicklungsbedarfs

    PH FHNW, Institut Primarstufe                    Professur für Professionsentwicklung   28.05.18          32
Relation der Vergleichsdimensionen zueinander

                                Subjektive
                                Bedeutungszuschreibung
                                der Studierenden an die
                                Praktika

    Rollenzuweisung                                                 Verständnis vom eigenen
                                                                       Lernen im Praktikum

           Rolle der                                       Deutung und Bearbeitung von
          Praxislehr-                                      herangetragenen und situativ
            person                   Ressource               erlebten Anforderungen
                                für die Bewältigung

PH FHNW, Institut Primarstufe                 Professur für Professionsentwicklung   28.05.18   33
3. Das Praktikum aus Sicht der Studierenden

c) Spannungsfelder zwischen Studierenden und
Praxislehrpersonen – Nicht-Passung von Orientierungen

Prof. Dr. Julia Kosinar, Pädagogische Hochschule FHNW, Professur für Professionsentwicklung   28.05.18   34
„Man hat es so aus ihr müssen rausziehen“

Giulia Botta:

Im P2 haben wir eine Praxislehrerin gehabt [...] Wir hätten uns dort einfach
gewünscht, oder wir haben sie auch immer wieder darauf aufmerksam gemacht,
dass sie uns ein bisschen mehr begleitet. Nachbesprechungen,
Vorbesprechungen. Weil sie hat wirklich einfach gesagt „macht mal“ und nach
dem Unterricht hat sie gesagt „ja, ist gut gewesen“. Und das ist [...] einfach nicht
sehr befriedigend. Wir haben immer wieder müssen nachfragen und [...] man hat
es so aus ihr müssen rausziehen [...] Auch während dem Unterricht, statt dass sie
uns beobachtet hat, ist sie hinten an den Computer und hat ihre Sachen gemacht.

Studentin: Entwicklungstypus –
Dissens: Praxislehrperson soll Beratende im Entwicklungsprozess sein ABER
Praxislehrperson agiert in der Rolle der Ermöglicherin (Selbstverwirklichungstypus)

 PH FHNW, Institut Primarstufe            Professur für Professionsentwicklung   28.05.18   35
“Ich bekomme eh ein rotes Blitzlein irgendwo“
Anna Fabiano
Mein erstes Praktikum ist wirklich schrecklich gewesen, also ich habe mir dort
überlegt gehabt auszusteigen [...] Ich habe dort eine extrem strenge
Praxislehrperson gehabt, die hat wirklich einfach alles herausgenommen, das
nicht gut gewesen ist: Sie hat so einen Bogen gemacht gehabt mit so Blitzen und
wenn es einen Blitz gegeben hat, dann ist es einfach sehr schlecht gewesen. Und
wenn es ein rotes Minus gehabt hat ist, es einfach schlecht gewesen. Und ein
grünes Plus ist dann gut gewesen [...] Es hat dann immer pro Stunde irgendwie
vier, fünf Zeichen gegeben mit einem Kommentar dazu und ich habe jedes Mal
schon gewusst ich bekomme eh ein rotes Blitzlein irgendwo [...] Ich habe wirklich
am Abend bis weiss ich wann vorbereitet. Habe jedes Mal Angst bekommen vor
dieser Rückmeldung.

Studentin: Entwicklungstypus
Dissens: Praxislehrperson soll Beratende im Entwicklungsprozess sein ABER
Praxislehrperson agiert als Bewertungsinstanz (Vermeidung )
PH FHNW, Institut Primarstufe         Professur für Professionsentwicklung   28.05.18   36
„Das ist dann halt schon schülerrollenmässig“
Tayfun Özdemir*

Im P4 ist es so gewesen [...] wir haben schon alles gegeben, und dann haben sie
irgendwie verlangt, wir sollen noch mehr geben. Und ich habe mich einfach
gefragt, wie will ich noch mehr geben, wenn ich schon alles gebe. Dort habe ich
halt schon gesagt, öhm sorry, ich bin ein bisschen überfordert, ich weiss nicht
ganz genau, was du damit meinst [...] . Aber dann haben sie es auch nachher
gesagt - eben, das eine ist gewesen dann, „nicht immer ständig fragen, was wir
noch müssen machen“. Das ist nämlich der Schüler, wo quasi Aufgaben
bekommt, und die abhäkelt. Sondern, dass man wie Eigeninitiative ergreift. Wenn
ich weiss, was ich muss machen, dann mache ich es. Aber selber würde ich nicht
drauf kommen [...] Und das ist halt schon ein bisschen schülerrollenmässig.

Student: Vermeidungsstypus – Praxislehrperson verteilt Aufgaben.
Dissens: Praxislehrperson agiert in der Rolle der Ermöglicherin
(Selbstverwirklichungstypus) und fordert Eigeninitiative und Selbstverantwortung
 PH FHNW, Institut Primarstufe        Professur für Professionsentwicklung   28.05.18   37
Resümee

Ø Studierende weisen entsprechend ihrer Orientierungen dem Praktikum eine
  ganz unterschiedliche Bedeutung zu.

Ø In Relation hierzu vollzieht sich die Deutung und Relevanzsetzung der sich in
  den Praktika konstituierenden Anforderungen:

1. Anforderungen als Herausforderung mit Blick auf die berufliche Entwicklung
   (Typ Entwicklung, Typ Bewährung)
2. Vermeidung von Anforderungen, Eingeschränkte Bearbeitung (Typ
   Selbstverwirklichung, Typ Vermeidung).

Ø Praxislehrperson werden analog dazu ganz unterschiedlich adressiert –
  unabhängig von deren eigenen Orientierungen.

Ø Probleme entstehen aus Nicht-Passung der Orientierungen (Vorstellungen,
  Haltung, Erwartungen)

Institut   PH FHNW, Institut Primarstufe   Professur für Professionsentwicklung 28.05.18   38
Implikationen für die Ausbildung in den
Berufspraktischen Studien

Bsp: Institut Primarstufe PH FHNW
Das Praktikum als Erfahrungsraum gestalten

  PH FHNW, Institut Primarstufe   Professur für Professionsentwicklung   28.05.18   39
Anforderungen in den Berufspraktischen Studien
                                                              (an die Studierenden herangetragene Aufgaben und (eigene) Erwartungen)

                                  Bedeutsam und
                                                           Widerstand               Sinngebung und
                                  bewältigbar ?                                        Phantasie             Handlung - Reflexion -
                                               Nein                                 (rückgreifender       Sprachschöpfung -Evaluation
                                                                                        Vorgriff)

                                                        Annahme der                Lösungssuche:               Verbegrifflichung/
                                                Ja
                                 Irritation/            Anforderung /          (Gedanken)Experiment                Dialog in            Veränderung
                                   Krise                 Deutung als             /Konstruktion und                Erfahrungs-           Entwicklung
                                                       Herausforderung            Rekonstruktion                gemeinschaften
                                 Einbruch von
                                  Routinen,
                                  Verlust von
                                  Sicherheit           Die Prozessstruktur des Erfahrungslernens /Lösung einer Erfahrungskrise

                                                        Individueller berufsbiographischer Entwicklungsprozess
                                                                         Habituelle Struktur des Subjekts
                                                                           Professionswissen          Ressourcen
                                                                           Erfahrungswissen           Kompetenzen
                                                               Berufliches Selbstverständnis          Selbstwirksamkeit

                                     Institutionelle                                                                             Gesellschaft/
                                     Bedingungen                                                                               soziales Umfeld

                        Professionalisierungsverständnis bildet sich in den Praktika ab

Irritationen zulassen                                                        Irritation/Krise                                                                   Irritationen Raum geben
Selbstverantwortung der                                  Individuelle Deutung und                                                                                    Individuell begleiten
Studierenden einfordern (eigene                       Bearbeitung von Anforderungen                                                                       (individuelle Entwicklungsziele im
Schwerpunktsetzung, Identifizierung von                                                                                                                      Beratungsgespräch erarbeiten)
Entwicklungszielen)
Bewertungsneutralen Fokus                                    Lösungssuche, Dialog in                                                                  Im Co-Planning und Co-Teaching
setzen: Nicht die eigene                                    Erfahrungsgemeinschaften                                                                     Unterrichtsqualität gemeinsam
Performanz, sondern die                                                                                                                                                     verantworten
Unterstützung des Schülerlernens                                                                                                                      (Verabschiedung Meisterlehre-Prinzip)
hat Priorität
Kultur der Nähe im Praktikum:                            Reflexion und Evaluation von                                                                 Kultur der Distanz: Analyse- und
Planungs-, Handlungs-,                                        Praxis-Erfahrungen                                                                           Reflexionskompetenzen im
Entscheidungsfähigkeiten                                                                                                                                             Reflexionsseminar
Aufgaben zur Bearbeitung der Entwicklungsziele
                               aus Sicht der Akteursgruppen

Institut Primarstufe            Professur für Professionsentwicklung   28.05.18   41
Bewertung in den Berufspraktischen Studien IP

                       Basisphase      Partnerschulphase I    Partnerschulphase II           Fokusphase

                            phasenspezifische Entwicklungsziele und Aufgaben zu deren Bearbeitung

Praktikum als Entwicklungsraum

                                                    Angemessene Bearbeitung der Entwicklungsziele

                                                                                                                   Formale Kriterien
   Formale Kriterien

                                    Einschätzungs- -und Feedbackbogen=> kriteriengeleitete
                                          Rückmeldung entlang der Entwicklungsziele

                       Bereitschaft zur Einlassung

                                                                              Praktikum als Bewertungsraum

InstitutPH FHNW, Institut Primarstufe                            Professur für Professionsentwicklung   28.05.18                       42
5. Stabilität der Orientierungen = wie geht es weiter im
Berufseinstieg?

  PH FHNW, Institut Primarstufe   Professur für Professionsentwicklung   28.05.18   43
Typologie im Längsschnitt

                                     Typologie t1 Studienende

  Selbstverwirklichung          Entwicklung                 Bewährung                       Vermeidung

            Gestaltung                        Bewältigung                               An(Passung)

                                Typologie t2 nach 1.5 Berufsjahren

PH FHNW, Institut Primarstufe                    Professur für Professionsentwicklung        21.03.2018   44
Typologie im Längsschnitt: Fallbezogene Bewegungen

PH FHNW, Institut Primarstufe   Professur für Professionsentwicklung   21.03.2018   45
Typologie im Längsschnitt: Fallbezogene Bewegungen

                                                            D
                                                            P

                                                                D
                                                                P

PH FHNW, Institut Primarstufe   Professur für Professionsentwicklung   21.03.2018   46
Prozessverläufe: Typ Bewährung => (An)Passung

Typ Bewährung                   Denise Perrin: Ja, einfach (.) die (.) neuen Unterrichtsformen, die
                                ich nicht gekannt habe, die neue Pädagogik, die ich nicht gekannt
Praktikum als
Bewährungsraum                        hab, das: ganze Schweizer System zum Teil auch […]

                                 Ähm (2) ja, habe mich eigentlich sehr damit auseinandergesetzt,
Berufsbezogene
Defizite aufarbeiten            (.) kann ich überhaupt vor einer Klasse stehen, ähm (.) kommt das
                                   diesen Kindern zugute (. ) Ja. Und das hat mich immer wieder
Praxislehrperson                    zum Zweifeln gebracht auch. […] die Zweifel sind eigentlich
als Einschätzende               während dem ganzen Studium eigentlich immer da gewesen, und
des Entwicklungs-
                                 darum habe ich zum Teil recht mit mir müssen kämpfen. Aber für
bedarfs
                                mich ist es eigentlich auch nicht wirklich eine Option gewesen, das
                                  abzubrechen oder das gar nicht erst studieren. (2) Ja. (.) @(.)@
                                                         (DP_t1_376-394)

    PH FHNW, Institut Primarstufe                  Professur für Professionsentwicklung   21.03.2018   47
Prozessverläufe: Typ Bewährung => (An)Passung

                                        Denise Perrin: dann haben wir dieses Gespräch [mit der
Typ (An)Passung
                                 Schulleitung] gehabt, und sie hat dann (.) gefunden sie finde nicht,
Passung prüfen und Passung
herstellen im (vor-
                                    dass das mein Traumberuf sei, und ja::: das ist dann ein wenig
)gegebenen Rahmen                 heftig gewesen für mich, (.) und=ehm:: (1) dann hat sie gefunden,
Selbstverortung angesichts         (.) dass wir diese Mathestunde, (.) wo sie immer kommt, weil sie
normativer Berufsbilder
                                  gibt noch Förderunterricht bei mir, dass wir die immer gemeinsam
Passung suchen zwischen
Gegenpositionierung und
                                   besprechen […] ich bin dann voll darauf eingegangen und habe
Anpassungsbemühung                gefunden ja (.) sehr gerne (.) eben ich wisse, dass ich noch nicht
Sich zwischen                       perfekt, bin und ich bin (.) dankbar um jeden Tipp oder für jede
„Schülerverhalten“ und
Verantwortungsübernahme
                                     Verbesserung […] und dann irgendwann, (1) haben wir dann
bewegen                           plötzlich aufgehört (.) ich glaube das ist auch gut, weil das heisst
                                 ich habe mich auch ein wenig verbessert also (.) wenn sie es nicht
                                       mehr für nö- wirklich für nötig gehalten hat das zu=machen
                                                              (DP_t2_34-51)

     PH FHNW, Institut Primarstufe                   Professur für Professionsentwicklung   21.03.2018   48
Prozessverläufe: Typ Bewährung => (An)Passung

Typ (An)Passung                              Zur Zusammenarbeit mit der Heilpädagogin
Passung prüfen und Passung
herstellen im (vor-
)gegebenen Rahmen                     Denise Perrin: (...) sie ist ein wenig älter, hat graue Haare und
Selbstverortung angesichts           ich nenne sie immer, (.) meinen Engel mit grauen Haaren, (.) es
normativer Berufsbilder              ist so:: (.) ja:::: immer so ein wenig meine Retterin und wenn ich
Passung suchen zwischen               unterrichte und irgendetwas kommt und ich weiss es nicht oder
Gegenpositionierung und
Anpassungsbemühung                     ich weiss nicht ob=es stimmt oder (1) dann schaue ich immer
                                       sie an und dann: n:ickt sie, oder schüttelt den Kopf, und dann
Sich zwischen
„Schülerverhalten“ und                                weiss ich es immer. (DP_t2_862-872)
Verantwortungsübernahme
bewegen

     PH FHNW, Institut Primarstufe           Professur für Professionsentwicklung    21.03.2018    49
Fallanalyse im Längsschnitt: Denise Perrin
•      keine Veränderung des Orientierungsrahmens erkennbar
•      nimmt nach wie vor auf andere Bezug:
            •   t1 - Praxislehrperson,
            •   t2 - Schulleitung (als kritisch-bestrafende Instanz) und Heilpädagogin
                (als Retterin)
•      reflexive Auseinandersetzung mit beruflicher Entwicklung ist nicht erkennbar
       (sie zeigt sich als entwicklungsbereit gegenüber Schulleitung)

•      hilfsbedürftiges Verhalten als verberuflichte Lehrperson stellt sie nicht infrage

    PH FHNW, Institut Primarstufe   Professur für Professionsentwicklung   21.03.2018      50
Typologie im Längsschnitt: Fallbezogene Bewegungen

                                                       F
                                                       S

                                                   F
                                                   S

PH FHNW, Institut Primarstufe   Professur für Professionsentwicklung   21.03.2018   51
Prozessverläufe: Typ Bewährung => Bewältigung

Typ Bewährung

Praktikum als
Bewährungsraum

                                    Flora Steiger: also mich so zu entfalten in dem Schulzimmer und
Berufsbezogene                      mich zu getrauen einfach so zu machen wie ich denke ist mir dort
Defizite aufarbeiten
                                      sehr schwer gefallen, weil ich nicht aufgefordert worden bin (.)
                                                            (FS_t1_665-670)
Praxislehrperson
als Einschätzende
des Entwicklungs-
bedarfs

    PH FHNW, Institut Primarstufe                      Professur für Professionsentwicklung   21.03.2018   52
Prozessverläufe: Typ Bewährung => Bewältigung

Typ Bewältigung

Sich Einfinden in den Beruf       Flora Steiger: ich möchte möglichst viel hinausgehen mit den
im Realitätsraum Schule          Kindern (.) und erleben (.) und Sachen sehen und erfahren und
Reibung zwischen eigenem         nicht einfach im Schulzimmer zu sitzen vor einem Blatt [...] und
Anspruch und
Möglichkeiten                    auch wenn es vorgegeben ist was man alles sollte schaffen und
                                was man alles sollte thematisieren mit den Kindern ich glaube ich
(Revidierte)
Handlungsentwürfe               m- man muss sich einfach getrauen (2) das nicht genau so wollen
angesichts neuer Aufgaben
und Unwägbarkeiten              zu machen sondern vielleicht auch einen anderen Weg zu finden
                                    den Kindern das beizubringen (.) und das ist so (.) meine
Schule und Unterricht neu
denken innerhalb der             Grundidee (.) ich weiss nicht ob ich das immer schaffe aber ich
(verhindernden)
Rahmenbedingungen                   möchte eigentlich so arbeiten mit ihnen (FS_t2_875-890)

    PH FHNW, Institut Primarstufe                  Professur für Professionsentwicklung   21.03.2018   53
Fallanalyse im Längsschnitt: Flora Steiger

•      weist eine Veränderung ihres Orientierungsrahmens auf.

•      orientiert sich im Berufseinstieg nicht mehr an anderen (Autoritäten), sondern
       an sich selbst (Ressourcen, Vorstellungen von Unterricht)
       • t1 Praxislehrperson
       • t2 eigenen Referenzrahmen
•      reflexive Auseinandersetzung mit beruflicher Entwicklung erkennbar:
       übernimmt Verantwortung für Einfinden im Beruf und setzt sich kritisch mit
       gegebenen Strukturen und Normen auseinander

    PH FHNW, Institut Primarstufe          Professur für Professionsentwicklung   21.03.2018   54
Zusammenfassung und Ausblick
Ø Die Bewertung in den Praktika verführt Studierende (fast) aller Typen zu
  Anpassungsbemühungen

Ø Ziel der Bpst sollte ein Entwicklungsraum sein, in dem Irritationen / Krisen als
  Entwicklungschance gedeutet und genutzt werden
Ø Praxislehrpersonen und Dozierende müssen Orientierungen Studierender
  erkennen können, um sie typengemäss zu fördern und zu fordern

Ø Es braucht eine selbstreflexive Haltung von Praxislehrpersonen ihrer eigenen
  Rolle und ihrem Professionalisierungsverständnis gegenüber

Ø Studierende brauchen Formate in denen ihnen ihre Überzeugungen und
  Orientierungen reflexiv zugänglich werden und sie als selbstkritische
  lebenslang Lernende adressiert werden.
Ø Grösste Herausforderung: Orientierungen sind stabil und vermutlich nur durch
  intensive Krisenerfahrungen zu irritieren (Frage der Einlassung)

Institut   PH FHNW, Institut Primarstufe    Professur für Professionsentwicklung 28.05.18   55
Literatur
Arnold, K.-H., Gröschner, A. & Hascher, T. (2014) (Hrsg.): Schulpraktika in der Lehrerbildung: Theoretische Grundlagen, Konzeptionen,
Prozesse und Effekte. Waxmann.
Bach, A. (2013): Kompetenzentwicklung im Schulpraktikum: Ausmaß und zeitliche Stabilität von Lerneffekten hochschulischer
Praxisphasen. Waxmann.
Bauer, K.-O. (2005): Pädagogische Basiskompetenzen. Theorie und Training. Weinheim und München: Juventa.
Baumert, J. & Kunter, M. (2006): Stichwort: Professionelle Kompetenz von Lehrkräften. In: Zeitschrift für Erziehungswissenschaft 9 (4), S.
469–520.
Bohnsack, R. (2013). Dokumentarische Methode und die Logik der Praxis. In A. Lenger, C. Schneickert & F. Schumacher (Hrsg.), Pierre
Bourdieus Konzeption des Habitus (175-200). Wiesbaden: Springer VS.
Combe, A. (2015): Dialog und Verstehen im Unterricht. Lernen im Raum von Phantasie und Erfahrung. In Gebhard, U. (Hrsg.): Sinn im
Dialog. Zur Möglichkeit sinnkonstituierender Lernprozesse im Fachunterricht. Wiesbaden: Springer VS, 51-66.
Combe, A. & Gebhard, U. (2007): Sinn und Erfahrung. Zum Verständnis fachlicher Lernprozesse in der Schule. Opladen: Barbara Budrich.
Dewey, J. (1994). Erziehung durch und für Erfahrung. Stuttgart: Klett-Cotta.
De Zordo, L. & Hascher, T. (2017). Kooperation lernen im Teampraktikum? Journal für LehrerInnenbildung, 1(17), 20-25.
Dreyfuß, Hubert L.; Dreyfuß, Stuart E. (1987): Künstliche Intelligenz. Von den Grenzen der Denkmaschine und dem Wert der Intuition.
Reinbek bei Hamburg: Rowohlt.
Frey, A. (2002): Berufliche Handlungskompetenz. Kompetenzentwicklung und Kompetenzvorstellungen in der Erzieherinnenausbildung. In:
Empirische Pädagogik 16 (2), S. 139–156.
Fuller, Frances F.; Brown Oliver H. (1975): Becoming a teacher. In: Kevin Ryan (Hg.): Teacher Education, II. Chicago: The university of the
chicago press, S. 25–52.
Hascher, T. (2012) Forschung zur Bedeutung von Schul- und Unterrichtspraktika in der Lehrerinnen- und
Lehrerbildung - In: Beiträge zur Lehrerinnen- und Lehrerbildung 30 (1), S. 87-98
Hascher, T. (2011). Vom "Mythos Praktikum" ... und der Gefahr verpasster Lerngelegenheiten. Journal für Lehrerinnen- und Lehrerbildung.
11. 8-16.
Helsper, W. (1996): Antinomien des Lehrerhandelns in modernisierten pädagogischen Kulturen. Paradoxe Verwendungsweisen von
Autonomie und Selbstverantwortlichkeit. In: A. Combe und W. Helsper (Hg.): Pädagogische Professionalität. Untersuchungen zum Typus
pädagogischen Handelns. Frankfurt am Main: Suhrkamp, S. 521–569.
                                                                                                                   28.05.18                  56
Literatur (Fortsetzung)

Helsper, W. & Tippelt, R. (2011): Ende der Profession und Professionalisierung ohne Ende? Zwischenbilanz einer unabgeschlossenen
Diskussion. In: W. Helsper und R.Tippelt (Hg.): Pädagogische Professionalität. Zeitschrift für Pädagogik (57. Beiheft), S. 268–288.
Hericks, U. (2006): Professionalisierung als Entwicklungsaufgabe. Wiesbaden: Springer VS.
Keller-Schneider, M. (2010): Entwicklungsaufgaben im Berufseinstieg von Lehrpersonen. Münster: Waxmann.
Košinár, J. (2018): Das Mentorat zwischen Individualisierung und Standardisierung – eine empirie- und theoriebasierte Konzeption. In:
Reintjes, Ch., Bellenberg, G. & Im Brahm, G. (Hrsg.): Mentoring und Coaching als Beitrag zur Professionalisierung angehender
Lehrpersonen. Münster: Waxmann.
Košinár, J. (2014): Professionalisierungsverläufe in der Lehrerausbildung. Anforderungsbearbeitung und Kompetenzentwicklung im
Referendariat. Opladen: Barbara Budrich.
Košinár, J. & Schmid, E. (2018). Die Rolle der Praxislehrperson aus Studierendensicht – Rekonstruktionen von Praxiserfahrungen. In:
BzL (3), 459-471.
Košinár, J. & Laros, A. (2018): Orientierungsrahmen im Wandel? Berufsbiografische Verläufe zwischen Studienende und ersten
Berufsjahren. Vortrag im Rahmen des Symposions: (Such-)Bewegungen auf dem Weg zur Professionalität. Längsschnittliche
Rekonstruktionen von Professionalisierungsprozessen in der Lehrkräftebildung. DGfE-Kongress, Essen, 21.3.2018.
Košinár, J. Schmid, E. & Diebold, N. (2016): Anforderungswahrnehmung und -bearbeitung Studierender in den Berufspraktischen
Studien. In: Košinár, J., Leineweber, S. & Schmid, E. (Hrsg.): Schulpraktische Professionalisierung: Entwicklungsprozesse angehender
Lehrpersonen Münster: Waxmann, 139-154.
Leineweber, S., Billich-Knapp, M. & Košinár, J. (in Vorbereitung): Entwicklungsaufgaben Studierender in den Berufspraktischen Studien.
Anforderungsdeutung und -bearbeitung im Studienverlauf.
Leonhard, T., Fraefel, U., Jünger, S., Reintjes, C., Kosinar, J. et al. (2016). Zwischen Wissenschafts- und Berufspraxis. Berufspraktische
Studien als dritter Raum der Professionalisierung von Lehrpersonen. Zeitschrift für Hochschulentwicklung, 11 (1), 79 - 98.
Nieke, W.P (2012): Kompetenz und Kultur. Beiträge zur Orientierung in der Moderne. Wiesbaden: Springer.
Nohl, A.-M. (2013): Relationale Typenbildung und Mehrebenenvergleich. Wiesbaden: Springer VS.
Oevermann, U. (1996). Theoretische Skizze einer revidierten Theorie professionalisierten Handelns. In A.
Terhart, E. (2001): Lehrerberuf und Lehrerbildung. Forschungsbefunde, Problemanalysen, Reformkonzepte. Beltz.

PH FHNW, Institut Primarstufe                                  Professur für Professionsentwicklung             23.11.2017              57
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