PROGRAMMÜBERSICHT WOCHE 1 / BÜHNENPROGRAMM - Feist - Kampnagel
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INTERNATIONALES SOMMERFESTIVAL KAMPNAGEL 4. BIS 22. AUGUST 2021 TOGETHERNESS PROGRAMMÜBERSICHT WOCHE 1 / BÜHNENPROGRAMM Feist MULTITUDES FEAT. TODD DAHLHOFF AND AMIR YAGHMAI Mi 04.08. – So 08.08. / k6 Weltpremiere und Koproduktion Im intimen Rahmen mit reduzierter Sitzplatzkapazität lädt Feist das Publikum ein, gemeinsam mit ihr die Bühne zurückzuerobern – in einer musikalischen Performance mit komplett neuen Songs. Weltpremiere! Leslie Feist, eine der gefeiertsten Musik-Künstlerinnen Nordamerikas, eröffnet das Sommerfestival mit MULTITUDES. Konzipiert während und als Antwort auf eine Pandemie bedingte Zeit, in der die Bühnen leer bleiben und Gemeinschaftserlebnisse ausfallen mussten, schafft MULTITUDES eine gemeinschaftliche Rückeroberung der Bühne. Mit komplett neuer Musik, geschrieben und aufgeführt von Feist, und begleitet von Todd Dahlhoff und Amir Yaghmai, entwirft die kanadische Künstlerin eine intime, radikal gemeinschaftliche und auf den Kopf gestellte Produktion, die die Rollen zwischen Publikum und Performer, Beobachter und Subjekt durcheinander bringt. Das Publikum lädt sie ein, sich zurückzulehnen und zuzusehen oder die Stimme in kollektiver Anonymität zu erheben. Ein neuer Möglichkeitsraum. „Wir betreten einen höhlenartigen Raum, der unerklärlich durcheinander ist, und fragen uns, ob es sich um eine Reihe von Hinweisen, eine Schnitzeljagd oder die geläuterte Luft einer Auktion handelt. Der Auftritt der Musikerin ist getarnt als fast traditionelle Soloshow, sie singt aus einem zentralen Kreis, wie zur Vorlesestunde in der Bibliothek. Innerhalb einer Kaskade archaischer Technologien und einer an das Heidentum erinnernden Erdverehrung werden Themen wie Kommunikation, schwerwiegende Konsequenzen und gewählter Optimismus, Empathie und Individualismus, Tod und die Unlust zu reifen erkundet. Die Worte betreten den Raum, um auf den Detritus der Bedeutungsgebung zu treffen, und wir sind frei, entweder zu beobachten oder dazuzugehören. Durch eine Makro-Linse, die so intim ist wie Bettgeflüster, betrachten wir die Beziehung zwischen dem Subjektiven und dem Universellen, den Rubik's Cube jedes einzelnen Lebens und unsere vielschichtigen Beziehungen zueinander.“ Leslie Feist 1
Susie Wang LICHT UND LIEBE Do 05.08. – So 08.08. / k1 Deutschlandpremiere Die Deutschen und ihr Urlaub: Im neuen Bühnen-Streich der norwegischen Theaterkampfgruppe Susie Wang geht das nicht gut – sehr zum Spaß des Publikums. Nach dem überraschenden Horror-Theater-Festival-Hit von 2019, MUMMY BROWN, kommt Susie Wang mit einer neuen Arbeit zurück nach Hamburg. Die norwegische Gruppe besteht zum Teil aus Mitgliedern der legendären Baktruppen, die in den 90er Jahren mit der Zerstörung aller Bühnen-Standards Theatergeschichte geschrieben haben, und widmet sich nun dem perfektionierten Schauspiel-Illusionstheater. Basierend auf der traditionellen Horrorformel “take a happy place and take the happy out of it” transformieren sie Avantgarde-Theater in nicht Spitzenunterhaltung mit übernatürlichen Phänomenen. In den Arbeiten von Susie Wang geht es um verborgene Emotionen und Sehnsüchte, und mit LICHT UND LIEBE hat die Gruppe nun ein unterhaltsames Psycho-Kammerspiel über die Urlaubs-Sehnsucht in Zeiten globaler Katastrophen inszeniert. Der Text ist für den renommierten Ibsen-Preis nominiert: Ein deutsches Pärchen sitzt mit Sonnenbrand im fernen Urlaubsparadies und die beiden machen sich Gedanken, ob sie kochen oder essen gehen sollen. Da kommt die Vermieterin vorbei, informiert die beiden über die bevorstehende Sonnenfinsternis – und die Dinge fangen an, schief zu laufen. Christoph Marthaler DAS WEINEN (DAS WÄHNEN) – NACH TEXTEN VON DIETER ROTH Fr 06.08. - So 08.08. / k2 Deutschlandpremiere und Koproduktion „Marthaler at his best“ beschrieb der Deutschlandfunk diesen Theater-Abend – ein künstlerisches Gipfeltreffen der Schweizer Alltags-Transzendierer Christoph Marthaler und Dieter Roth in der Apotheke. Niemand rechnete mit einer Pandemie, als Christoph Marthaler seine neue Produktion in einem Apotheken-Bühnenbild plante und im Januar 2020 auf Kampnagel zu proben anfing. Die aseptische, neutrale Apotheke war für Marthaler ein Raum, mit dem er sich Dieter Roth annähern konnte: Dieser andere große Schweizer Künstler hatte mit seinen Schimmelbildern die Kunst des 20. Jahrhunderts geprägt und ist mit seiner Verneigung vor dem Schmutz und dem Nicht- Perfekten ein künstlerischer Seelenverwandter von Marthaler. Diesem schenkte Roth, der als interdisziplinär arbeitender Künstler auch ein großes dichterisches Werk hinterließ, zu Lebzeiten sein Buch „Das Weinen (Das Wähnen), Band 2A (Tränenmeer 4)“ – eine Sammlung wortakrobatischer Szenen mit Rollenbezeichnungen wie „Setzei“, „Dochherein“ oder „Einerdemschwindelt 1“. In Marthalers Inszenierung wird aus dieser Vorlage durch fünf Schauspielerinnen und einen eher stummen Mann virtuose Sprachkunst; die Roth’schen Texte offenbaren gesprochen ihre polysemantische Qualität, gleichzeitig konkret und abstrakt, eindeutig und vieldeutig zu sein. Hier wird auch einmal mehr das musikalische Gestaltungsprinzip deutlich, das wesentlich für 2
Marthaler-Inszenierungen ist, jüngere Theatermacher wie Thom Luz geprägt hat und einen fließenden Übergang von gesprochenem zu gesungenem Text schafft. Eine Art Leitmotiv ist in DAS WEINEN (DAS WÄHNEN) das Lacrimosa aus dem REQUIEM – Mozarts Totenmesse, die auch die Grundlage für die Uraufführung von Kyle Abraham und Jlin in der dritten Festivalwoche ist. Mit einem Jahr Verspätung zeigt Marthaler nun sein „Stück der Stunde“ (SRF) am Entstehungsort Kampnagel – in der Stadt, mit der Marthaler seit längerem privat und beruflich verbunden ist. So wie es auch Dieter Roth war, in dessen Hamburger Museum das Sommerfestival weitere künstlerische Arbeiten präsentiert. Patrick Folkerts, Jan Logemann und Manuel Muerte ILLUSIONEN Do 05.08. – So 08.08. / P1 Weltpremiere und Koproduktion Drei Meisterzauberer gehen dem Wesen der Täuschung auf den Grund und reflektieren ihre eigene Rolle in Zeiten von Fake News. Kann man eine Pistolenkugel mit den Zähnen fangen? Wie sieht das Unsichtbare aus? Was ist schöner –Täuschung oder Enttäuschung? In ILLUSIONEN re-enacten die drei Meistermagier Patrick Folkerts, Jan Logemann und Manuel Muerte – letzterer mit dem wichtigen Siegfried and Roy Award ausgezeichnet und bekannt durch zahlreiche Salonformate auf Kampnagel – historische Tricks aus der glanzvollen Geschichte der Zauberei und reflektieren gleichzeitig über die Realität und Wahrnehmung der Gegenwart. ILLUSIONEN ist dabei genauso Zaubershow wie auch eine Show über das Zaubern. In der Zauberei drücken sich häufig der technische Fortschritt, die Politik und Geisteshaltung ihrer jeweiligen Zeit aus. Bevor Zauberei zum bloßen Entertainment degradiert wurde, hatte sie lange eine vermittelnde Rolle zwischen Aufklärung und Mystizismus, Wissenschaft und Magie. In Zeiten einer Politik der Fake News wird ihr wieder die Aufgabe zuteil, trickreich unseren Blick für die Wahrheit zu schärfen und unsere Grenzen der Wahrnehmung neu auszuloten. 3
WOCHE 2 / BÜHNENPROGRAMM BALLET NATIONAL DE MARSEILLE - (LA)HORDE CHILDS / CARVALHO / LASSEINDRA / DOHERTY Mi 11.08. - Sa 14.08. / k6 Deutschlandpremiere Das Ballet national de Marseille zeigt eine Feier der Tanz-Stile mit vier neuen Arbeiten von der Postmodern Dance Ikone Lucinda Childs bis zur Voguing-Größe Leissendra Ninja. Das französische Trio (LA)HORDE steht für eine der wirksamsten Frischzellenkuren im zeitgenössischen Tanz der vergangenen Jahre und war bereits mit drei eigenen Arbeiten auf dem Sommerfestival zu Gast. Inzwischen hat das Kunst-Kollektiv die Leitung des Ballet national de Marseille übernommen und präsentiert nun einen Abend mit neuen Arbeiten von vier stilprägenden Choreografinnen verschiedener Stile und Generationen. Die Ikone des Postmodern Dance Lucinda Childs hat zuletzt 2015 mit AVAILABLE LIGHT ein Meisterwerk der Tanzgeschichte auf die Sommerfestival-Bühne gebracht. Vor 11 Jahren hat sie TEMPO VICINO für das Ballet national de Marseille entworfen und jetzt mit dem jungen Ensemble in die Gegenwart überführt: Ein gleichberechtigter Dialog zwischen Childs‘ geometrisch-präzisen choreografischen Patterns und den unregelmäßigen Rhythmen des Minimal-Musik-Protagonisten John Adams. ONE OF FOUR PERIODS IN TIME (ELLIPSIS) von der formstrengen Expressionistin Tânia Carvalho skizziert einen geisterhaften Gruppentanz, in dem die ausdruckstarken Gesten der einzelnen Tänzer*innen zu choreografischen Tableaus und Erzählungen verbunden werden. Die allererste Gruppenchoreografie der Ballroom-Größe Frankreichs und Mother des „House of Ninja“ Lasseindra Ninja, MOOD, ist eine Feier inklusiver, befreiter Sexualität und der Voguing-, Ballroom-, Club- und Fetischkultur. Und die Belfaster Sozialrealsitin Oona Doherty hat Teile ihres energischen Solos über die ambivalenten Konstruktionen von Geschlecht und Klasse HOPE HUNT, mit dem sie bereits 2020 Sommerfestival-Publikum und Nachbarschaft beeindruckte, jetzt unter dem Titel LAZARUS zu einer Gruppenchoreografie weiterentwickelt. Und verleiht damit dieser vierteiligen Feier der Unterschiedlichkeit ein fast spirituelles Ende. 4
Gisèle Vienne DER TEICH (von Robert Walser) Do 12.08. - So 15.08. / k2 Deutschlandpremiere und Koproduktion „Ein Ereignis“ (Nachtkritik): Gisèle Vienne, Theaterkunst-Spezialistin für seelische Abgründe, zeigt ein verstörend-beglückendes Kammerspiel mit den Schauspielerinnen Adèle Haenel und Ruth Vega Fernandez. Mit der Party-in-Slow-Motion-Choreografie CROWD schuf Gisèle Vienne 2018 beim Sommerfestival einen Meilenstein der jüngeren Tanz-Geschichte, der auch fürs Kino verfilmt wurde. Drei Jahre später kehrt die französisch-österreichische Bühnenkünstlerin, die Philosophie, Musik und Puppenspiel studierte, mit einem psychoaktiven Kammerspiel nach Hamburg zurück. In dem Stück, das Robert Walser in Berner Mundart geschrieben und Vienne auf Französisch inszeniert hat, täuscht ein Junge seinen Selbstmord vor, weil er sich ungeliebt fühlt. Vienne zoomt in den Kopf des Jungen, lässt Monolog und Dialog verschwimmen und zeigt, wie sich das Selbst im emotionalen Taumel auflöst und die Realität verschwimmt. Wie bereits bei CROWD entwirft Vienne in DER TEICH ein komplexes Psychogramm mit den Mitteln des Theaters: der Variation der Bewegungs-Tempi, tranceartigem Lichteinsatz und einer raumgreifenden Psychoakustik ihres langjährigen Vertrauten und Drone-Metal Halbgotts Stephen O’Malley. Zum „Ereignis“ (nachtkritik.de) machen den Abend auch die beiden Protagonistinnen: Auf der Bühne stehen Adèle Haenel („Porträt einer jungen Frau in Flammen“) und die schwedisch-spanische Film- und Theaterschauspielerin Ruth Vega Fernandez. Miet Warlop AFTER ALL SPRINGVILLE Fr 13.08. - So 15.08. / k1 Weltpremiere & Koproduktion Ein anarchisches Theaterbühnenhappening mit einem laufenden Tisch, einem bunt-rauchenden Häuschen und einem frustrierten Sicherungskasten über das Scheitern einer Gemeinschaft. Miet Warlop bevölkert mittlerweile bereits seit über 20 Jahren die europäischen Performance- und Galerie-Bühnen mit ihren absurd-bunten Figuren, lebendigen Objekten und Form- und Farbspektakeln. Auch die Zuschauer*innen des Sommerfestivals hat sie schon dreimal in ihre anarchischen Fantasiewelten entführt (2013 mit MYSTERY MAGNET, 2016 mit FRUITS OF LABOR und 2018 mit dem Kinder-Bühnenhappening BIG BEARS CRY TOO). Eine ihrer ersten Arbeiten, die 2009 internationale Aufmerksamkeit erlangte, heißt SPRINGVILLE. Darin entwickelt sich eine explosive Erzählung rund um ein bunt-rauchendes Papp-Häuschen, seine Bewohner*innen und die Nachbarschaft: Ein eleganter laufender Tisch, der nichts lieber möchte, als gedeckt zu werden, ein Mann, der den Müll rausbringen will, ein frustrierter Sicherungskasten und eine sehr lange Hose durchlaufen große und kleine Dramen mit unterschiedlichem Slapstick- und Katastrophen-Potenzial. Mit der Leichtigkeit eines Zeichentrickfilms wird die tragische Geschichte einer gescheiterten Gemeinschaft erzählt. Und weil das alles aktueller kaum sein könnte, inszeniert Warlop ihre ikonische Arbeit 12 Jahre nach der Weltpremiere jetzt unter dem Titel AFTER ALL SPRINGVILLE noch einmal neu. 5
Konferenz THE FUTURE OF CODE POLITICS Neue Zukunftsvisionen von Künstlicher Intelligenz, Algorithmen und Codes Fr 13.08. – So 15.08. / P1 Themenschwerpunkt / Konferenz Neue Zukunftsvisionen von Künstlicher Intelligenz, Algorithmen und Codes. THE FUTURE OF CODE POLITICS ist ein 3-tägiger Schwerpunkt zu neuen Perspektiven auf Technologien und ihre gesellschaftspolitischen Auswirkungen: Im Mittelpunkt der Debatte um Künstliche Intelligenz, Codes und algorithmische Systeme stehen in Europa meist Fragen nach Effizienz und technischem Fortschritt – selten geht es um Resilienz und Nachhaltigkeit. Aber der Einfluss neuer Technologien auf soziale Systeme, Politiken, gesellschaftliche Prozesse und unser Zusammenleben nicht erst seit der Pandemie massiv. Technologien schaffen neue Realitäten und verfestigen Strukturen, die längst abgeschafft zu sein schienen. Sie können diskriminieren, haben ökologische Folgen, sind in neo-kolonialen Strukturen verankert, und das Machtmonopol über unsere Daten liegt bei großen Tech-Firmen. Diese Technologien bilden dabei aber Infrastrukturen, die unser Leben für die Zukunft ordnen und die Bedingungen unseres Zusammenlebens nachhaltig bestimmen. THE FUTURE OF CODE POLITICS stellt darum jetzt Protagonist*innen in den Mittelpunkt, die sich genau mit diesen, für Laien oft undurchsichtigen, Strukturen kritisch und aus oft marginalisierten Perspektiven auseinandersetzen. Die eingeladenen Speaker*innen und Künstler*innen arbeiten an der Dekolonisierung von Technologien und an transfeministischen Zukunftsvisionen, und sie zeigen die gesellschaftlichen und planetaren Kosten der technologischen Infrastruktur unserer täglichen Umgebung auf. Das Programm aus Vorträgen, Diskussionen, Workshops und künstlerischen Interventionen entsteht in Kooperation mit der Gründerin der Ethical Tech Society Lorena Jaume-Palasí, der Techniksoziologin Fiona Krakenbürger und den global vernetzten Initiativen CodingRights, Musea M.A.M.I. und Indigenous AI. Zu den eingeladenen Speaker*innen zählen die nigerianisch- amerikanische Autorin Nnedi Okorafor, eine der wichtigsten Vertreter*innen des Africanfuturism und u.a. Miterfinderin des Wakanda-Universums (Marvels „Black Panther“); die australische Publizistin, Komponistin, Journalistin und Autorin des kürzlich erschienenen „Atlas of AI“ (April 2021), Kate Crawford; die Informatikerin und Forscherin auf dem Gebiet der künstlichen Intelligenz Timnit Gebru, die bis Anfang Dezember 2020 Co-Leiterin der Abteilung für Ethik in der KI (Ethical AI Intelligence Team) bei Google war und in einem weltweit diskutierten Skandal entlassen wurde; die amerikanische Aktivistin und Autorin Jillian C. York („Silicon Values”, März 2021); Wendy Hui Kyong Chun (u.a. Autorin von „Discriminating Data“, Nov. 2021); der Maori- Linguist Prof. Hēmi Whaanga; der Softwaredesigner, Data Scientist und Dichter Jason Edward Lewis und viele mehr. Das gesamte Programm mit allen Daten und Uhrzeiten wird am 1. Juli hier veröffentlicht. 6
WOCHE 3 / BÜHNENPROGRAMM Kyle Abraham / A.I.M REQUIEM: FIRE IN THE AIR OF THE EARTH Fr 20.08. bis So 22.08. / K6 Weltpremiere & Koproduktion Mit formaler Coolness und inhaltlicher Relevanz choreografiert Kyle Abraham weltweit zeitgenössischen Tanz und Ballett – und entwirft nun ein postpandemisches Requiem für die große Bühne zur Mozart Re-Komposition der Footwork-Pionierin Jlin. In seiner fluiden choreografischen Sprache bedient sich Kyle Abraham stilsicher aus dem Repertoire des klassischen Ballett, des HipHop, des Modern Dance und von Volks- und Straßentänzen. Neben zahlreichen Aufträgen für große Ensembles wie das New York City Ballet, entwickelt Abraham mit seiner eigenen Company A.I.M politisch-poetische Arbeiten, die sich mit den Themen Schwarzer Communities in den USA beschäftigen. Für REQUIEM arbeitet er erstmals mit Jlin zusammen: Die Dance-Music Produzentin aus Indiana hat auf dem Fundament des in den 90er Jahren in Chicago entstandenen House-/Street-Dance Stils, Chicago-Footwork einen einzigartig experimentellen Sound mit Einflüssen aus Drum Corps, Fife-and-Drum-Blues, westafrikanischer Perkussion und Free-Jazz-Drumming entwickelt und war bereits 2018 mit der Komposition zu Wayne McGregors AUTOBIOGRAPHY beim Sommerfestival zu hören. Nun re- komponiert sie Mozarts Totenmesse-Klassiker zu einem elektronischen Tanzstück, aus dem die Vorlage als Geist aus der Vergangenheit erscheint. In Folge des Jahres 2020 – geprägt durch die COVID-19 Pandemie und die weltweiten Black Lives Matter Proteste – beschäftigen sich Abraham und Jlin aus explizit Schwarzer Perspektive mit dem zentralen Thema eines der kanonischsten Werke der weißen, westlichen klassischen Musik: dem Tod und den Mythen von Reinkarnation. In Zusammenarbeit mit dem Fashion Designer Giles Deacon, der mit seinen ausladenden Prints und Pop-Referenzen für sein eigenes Label und zahlreiche Modehäuser als Erneuerer der Pariser Couture Szene gilt, Lichtdesigner und Bühnenbildner Dan Scully und 10 Tänzer*innen wird die Arbeit in Hamburg geprobt, und anschließend auf der großen Bühne uraufgeführt. 7
Thom Luz LIEDER OHNE WORTE Do 19.08. - Sa 21.08. / K2 Deutschlandpremiere in Kooperation mit Hellerau - Europäisches Zentrum der Künste Dresden Der Unfall der Gegenwart lässt sich am besten mit einer Inszenierung aus großen Bildern und Musik überwinden: Thom Luz zeigt sein neustes Bühnenkunststück! Der Schweizer Regisseur Thom Luz entwirft Theaterbühnenkunstwerke, in denen die Metaphysik des Alltags hör- und sichtbar wird. Wie auch die anderen diesjährigen Schweizer Festival- Künstler, Christoph Marthaler, Dieter Roth und Brandão/Faber/Hunger, verarbeitet Luz die Tragik des Lebens mit seelenvollem Humor – oder zumindest einem guten Song. Nachdem seine vorerst letzte Sommerfestival-Arbeit über eine Nebelmaschinenfabrik 2019 zum Berliner Theatertreffen eingeladen wurde, kommt Thom Luz jetzt zurück nach Hamburg mit einem Unfall: Die Gegenwart ist gegen die Wand gefahren und auf der Bühne steht ein rauchendes Autowrack, aus dessen Autoradio Felix Mendelssohn Bartholdys Klavierzyklus „Lieder ohne Worte“ tönt. Diese musikalischen Salonträume sind die Grundlage einer Katastrophenrekonstruktion von fünf Musik- und Illusionsexpert*innen in Form einer bildgewaltigen Inszenierung; sie zeigt einmal mehr das Potential des Mediums Theater, den Schock der Gegenwart mit Musik, Texten und Nebelmaschinen zu überwinden. Gabriela Carneiro da Cunha ALTAMIRA 2042 Do 19.08. – So 22.08. / k1 Europapremiere In einem techno-schamanistischen Ritual bringt die brasilianische Künstlerin Gabriela Carneiro da Cunha den bedrohten Fluss Rio Xingu in den Amazonas-Gebieten zum Sprechen. Die Künstlerin, Schauspielerin und Regisseurin Gabriela Carneiro da Cunha arbeitet seit acht Jahren an einem künstlerischen Forschungsprojekt zu den bedrohten Flusslandschaften in Brasilien. Dafür bereist sie regelmäßig die Amazonas-Gebiete und vernetzt sich Widerstandskämpfer*innen im ganzen Land. In ALTAMIRA 2042 beschäftigt sie sich mit einem Nebenfluss des Amazonas, dem Rio Xingu, und dem Belo Monte Dammbau-Projekt, das die Lebensräume und Regenwaldgebiete an seinen Ufern massiv bedroht. Als Zeremonienmeisterin in einem techno-schamanistischen Ritual präsentiert Gabriela Carneiro da Cunha dokumentarisches Material über den Fluss selbst, die indigenen Bewonhner*innen seiner Ufer und deren mythische Wesen. Aus bunt leuchtenden LED-Lautsprechern dringen die Stimmen des Wassers, der Tiere, der Pflanzen, der Anwohnerinnen und der Vertriebenen und Verstorbenen, aber auch die Sounds der Maschinen und der Krach der Zerstörung. Es entfaltet sich eine vielstimmige mythologisch-spirituelle Erzählung über die Bedeutung des Flusses als Träger der Geschichte, für das Biotop und die Umwelt – und über die Möglichkeiten des Widerstandes und einer anderen Zukunft im spekulativen Jahr 2042. 8
Christoph Faulhaber SAAI - SUPER ARTISTIC AI - FACTORY Hackaton on ART & AI Fr 20.08. bis So 22.08. / P1 In seiner neusten Aktion bringt Christoph Faulhaber Künstler*innen und Programmier*innen zusammen, um das Potenzial von künstlicher Intelligenz für die künstlerische Praxis zu untersuchen. Mit seinen überraschenden Aktionen treibt der Hamburger Künstler Christoph Faulhaber immer wieder interessante gesellschaftliche und künstlerische Debatten voran. Seine neuste Aktion beschäftigt sich mit dem (u.a. auch auf unserer Festival-Konferenz) viel diskutierten Themenkomplex der künstlichen Intelligenz (KI) und mit künstlerischer Produktion – vor dem Hintergrund, dass KI selbstständig neue Welten schaffen kann und damit altgediente Definitionen des Verhältnises von Werk und Autor*innenschaft vollkommen hinter sich lässt. Faulhaber bringt per weltweiter Ausschreibung und mit einem Netzwerk internationaler Partner- Institutionen Künstler*innen aus verschiedenen Disziplinen mit Programmierer*innen zusammen, die gemeinsam auf einem hybriden und weltweit an unterschiedlichen Orten zeitgleich stattfindenden Hackathon künstlerische Arbeiten mit Hilfe von künstlicher Intelligenz kreieren. Begleitet wird der Prozess von Expert*innen aus den Bereichen Kunst, Künstliche Intelligenz, Technologie und Wissenschaft, die den Teams beratend zur Seite stehen. Auf dem Internationalen Sommerfestival kann das Publikum in einer raumgreifenden Installation zwei Tage lang den Entstehungsprozess der künstlerischen Arbeiten begleiten. Dafür werden die verschiedenen Kunst- und Programmier-Teams in einem moderierten Prozess persönlich oder via Videostream in der Kampnagel Halle arbeiten. Im Anschluss an den Hackathon werden die fertigen digitalen Arbeiten u.a. im Hertz-Labor des ZKM in Karlsruhe zu sehen sein. 9
WOCHE 1 BIS 3 / AUF KAMPNAGEL Susanne Kennedy & Markus Selg mit Rodrick Biersteker I AM (VR) Mi 04.08. – So 22.08. / k4 Koproduktion Psychedelische Virtual Reality Performance über die Untiefen der menschlichen Sehnsucht von drei der innovativsten Bühnenkünstler*innen des europäischen Theaters. Die Theatermacherin Susanne Kennedy ist bekannt für ihre hyperrealistisch-verfremdenden Inszenierungen auf den großen Schauspiel-Bühnen Europas, mit denen sie das Medium Theater in die digitale Gegenwart gebracht und eine breite Diskussion über die Zukunft des Theaters angestoßen hat. Seit einiger Zeit arbeitet sie mit dem Künstler Markus Selg und an experimentell- immersiven Spiel-Settings; nun setzt die mehrfach zum Berliner Theatertreffen eingeladene Regisseurin zum ersten Mal auf die Synthese aus Virtual Reality und Theater. In Kooperation mit Selg und dem VR-Designer Rodrik Biersteker kreiert sie mit I AM (VR) einen psychedelischen Selbsterfahrungstrip für je eine Person über die ältesten philosophischen Fragen der Menschheit: Wo fange ich an, wo höre ich auf? Was macht die Realität aus, und was ist Fiktion, was ist virtuell? Auf einem meditativen Weg durch eine Art digitale Version des Höhlengleichnisses werden visuell überhöhte spirituell-mythologische Settings durchlaufen, und die Grundannahmen des menschlichen Bewusstseins hinterfragt. Bis die Teilnehmenden endlich bereit sind, dem digitalen Orakel gegenüber zu treten und die Frage aller Fragen zu stellen. Abhishek Thapar BELASTBAR UND SAUBER, DRINGEND GESUCHT Mi 04.08. – So 21.08. / Piazza Weltpremiere und Koproduktion Audio-Installation für je eine Person mit unerzählten Geschichten aus den lokalen Restaurant- Küchen von besseren Restaurants – über unsichtbare Arbeit und das Leben im Exil. In Kooperation mit der Körber-Stiftung laden Kampnagel und Sommerfestival seit diesem Jahr unter dem Titel EXIL HEUTE regelmäßig Theatermacher*innen zu Residenzen ein, um Arbeiten über das Leben im Exil zu entwickeln. Mit Abhishek Thapar ist ein Künstler zu Gast, der im indischen Bundesstaat Punjab geboren und aufgewachsen ist, welcher Schauplatz einer der größten Massenmigrationen der Geschichte war. Nach über 13 Stationen in verschiedenen Städten der Welt hat er in Amsterdam seinen Lebensmittelpunkt gefunden. In BELASTBAR UND SAUBER, DRINGEND GESUCHT thematisiert er die Lebenserfahrung vieler exilierter Menschen in Europa: Unabhängig von Ausbildung, Wissen und Erfahrung arbeiten sie häufig als sogenannte „Geringqualifizierte“ in Hilfsjobs – zum Beispiel als Küchenhilfen oder Spülkräfte. Was für die Restaurantgäste nur selten sicht- bzw. hörbar wird, wenn sie zufällig an den Hintereingängen dieser Etablissements vorbeigehen, wird jetzt zum Thema einer Audio- Installation für jeweils eine Person: An einem elegant gedeckten Tisch bekommen Sie ein Menü serviert, das aus den Geschichten und Erzählungen von Küchenkräften in Hamburger Restaurants besteht. Die Träger*innen dieser Geschichten mögen unsichtbar sein und ihre Arbeit auch. Und dennoch sind sie real. Ihre Stimmen fordern Sie auf, genau zuzuhören und sich hinter die geschlossenen Küchentüren zu versetzen. Am FR 21.08. sind die Gäste außerdem zum Abendessen mit den Performer*innen im Festival- Avant-Garten eingeladen, um die Stimmen hinter der Installation kennenzulernen. 10
PROGRAMM IN DER STADT Nesterval & Queereeoké SEX, DRUGS & BUDD’N‘BROOKS Do 05.08. – 22.08. / Club Uebel&Gefährlich Weltpremiere und Koproduktion Zusammen mit dem Karaoke-Party-Urgestein Queereoké erzählt die queere Volkstheater-Guerilla Nesterval die Buddenbrooks weiter – als immersives Theaterstück im Hinterzimmer des Hamburger Vergnügungsviertels. Nachdem das Wiener Performance Ensemble Nesterval auf dem vergangenen Sommerfestival die europäische Sozialdemokratie in die Zukunft gerettet hat (und dafür den österreichischen Nestroy-Theaterpreis bekam), knöpfen sie sich dieses Mal in Zusammenarbeit mit dem queeren Hamburger Karaoke-Party-Urgestein Queereeoké die Buddenbrooks von Thomas Mann vor. Das norddeutsche Nationalepos bildet aber nur den Ausgangspunkt für ein immersives Theater- Game, mit dem die kanonische Untergangs-Geschichte der Kaufmanns-Familie Buddenbrook im St.Pauli der Gegenwart weitererzählt wird: Am Rande des Vergnügungsviertels kommen im Budd’n’brooks (angesiedelt im Hamburger Club Übel&Gefährlich) allabendlich die Gestrandeten der Gesellschaft zusammen, um im Schutze des Neon-Lichts ihr Stück vom Glück zu finden. Lange überstrahlte das glänzende Licht des Big Business der Vergnügungsindustrie die Schattenseite des familiär geführten Etablissements. Die Regeln des Marktes sind die gleichen geblieben, doch die Geschäfte laufen nicht mehr. Manch eine*r hat viel zu verlieren, viele aber auch nichts mehr. Wer profitiert also von der Ohnmacht der Untergehenden, wer unterwirft sich den Verlockungen des Aufstiegs? Und wer entscheidet darüber, wie es weitergeht? Die Theaterbesucher*innen treffen in dieser aufwendigen immersiven Theater-Game-Produktion auf bekannte Charaktere, Sexarbeit und Rave-Exzesse; und sie werden selbst zu Protagonist*innen, die das Schicksal Einzelner bzw. der gesamten Familie und dieses Theaterstücks verändern können. LIGNA DIE GESPENSTER DES KONSUMISMUS Do 05.08. – So 22.08. / Kaufhof in der Mönckebergstraße Weltpremiere & Koproduktion Per Kopfhörer leitet LIGNA das Publikum durch den leerstehenden Kaufhof in der Innenstadt: eine Audiowalk-Performance über die ereignisreiche Vergangenheit des Gebäudes und die Zukunft der Innenstadt. Das Hamburger Medien- und Performancekunst Kollektiv LIGNA erforscht in Performances für die Bühne und den Stadtraum die Handlungsmöglichkeiten zerstreuter oder temporär assoziierender Kollektive. Mit dem Publikum in Bewegung entstehen so kluge Reflektionen, die Gesellschaftskritik mit wissensreichen Referenzen aus z.B. Film, Literatur und Kunst zusammendenken, diese aber oftmals in überraschend sinnlichen Momenten auflösen. Unter dem Titel DIE GESPENSTER DES KONSUMISMUS laden LIGNA auf der diesjährigen 11
Festivalausgabe zu einem performativen Audiowalk in die verborgenen Abgründe unter dem glänzenden Pflaster der Innenstadt. Im Souterrain des ehemaligen Kaufhofs tun sich die Pforten zu einer Unterwelt auf: Die Hamburger Stadtgeschichte mit dem Wüten der Cholera, dem Abriss der Gänge und der Vertreibung der verarmten Bevölkerung aus der Innenstadt, sowie dem Bau des Klöpperhauses – einem Wollhandelskontor – durch Fritz Höger wird gespiegelt mit der Entwicklung des Warenhandels und der internationalen Immobilienspekulation. Nach der von zahlreichen Stadtdiskursen und Arbeitskämpfen begleiteten Schließung des Hauses in seiner bisherigen Form, bietet sich jetzt die Chance über eine Utopie jenseits der warenförmigen Stadt nachzudenken. Welche Räume braucht die Hamburger Innenstadt in der Zukunft? N. Breithaupt, A. Kahrs, F. Kubin, M. Melián, W. Müller, J. Palminger FÜR DIETER ROTH Do 05.08. – So 15.08. / DIETER ROTH MUSEUM (Abteistraße 57) Koproduktion Das Sommerfestival hat sechs künstlerische Arbeiten in Auftrag gegeben, die in Form von Audio- Guides durch das Hamburger Dieter Roth Museum führen. Der Schweizer Künstler Dieter Roth hat das 20. Jahrhundert mit einem umfangreichen Werk geprägt, das neben Zeichnungen, Malerei und Skulpturen auch Tonkunst, Film und Texte umfasst. Im Hamburger Dieter Roth Museum, das der Künstler zu Lebzeiten hier in einem mehrstöckigen Privathaus einrichtete und das heute von der Dieter Roth Foundation betreut wird, sind signifikante Roth-Arbeiten zu sehen, darunter Schokoladenskulpturen, Schimmelbilder und Instrumenten-Reliefs. Wie auch die anderen Schweizer Festivalkünstler Thom Luz («Lieder ohne Worte») und Christoph Marthaler, der das Sommerfestival mit einer Inszenierung von Dieter Roth Texten eröffnet, hat Roth mit subtilem Humor den Alltag künstlerisch verarbeitet und der Musik eine entscheidende Rolle eingeräumt – im eigenen Tonstudio oder als Teil des Kollektivs «Selten gehörte Musik». In Kooperation mit der Dieter Roth Foundation, hat das Sommerfestival nun sechs Künstler*innen aus Bildender Kunst und Musik eingeladen, sich mit dem Werk Roths in Form von künstlerischen Audioguides auseinanderzusetzen: die bildenden Künstlerin Annika Kahrs, den Experimentalmusiker Felix Kubin, die Künstlerin Michaela Melián in einem Gespräch mit dem Künstler Wolfgang Müller, die Soundkünstlerin Nika Breithaupt und den Humorkünstler Jaques Palminger. Ihre Audio-Arbeiten, welche die vielfältige künstlerische Praxis Dieter Roths reflektieren und die anhaltende Relevanz seiner Arbeit für die zeitgenössische Kunst verdeutlichen, sind exklusiv zu hören bei einem Rundgang durch die Dieter Roth Foundation in Hamburg Harvestehude. 12
Juan Dominguez & Arantxa Martínez THIS IS NOT NORMAL Mi 04.08. – Sa 21.08. / Gerhart-Hauptmann-Platz / Hein Köllisch Platz / Schwanenwik Weltpremiere & Koproduktion Das charmante Konzeptkunst-Duo Juan Dominguez & Arantxa Martínez beleben den postpandemischen Stadtraum mit lebendigen Skulpturen und zwischenmenschlicher Nähe. Im Sommer 2017 war Juan Dominguez in ganz Hamburg zu sehen: Als Portrait im Politiker-Stil der Sommerfestival-Plakat-Kampagne, und als Künstler im Festivalgarten, wo er bereits lebendige Skulpturen inszenierte. In die Herzen des Publikums hatte er sich schon in den Jahren davor gespielt mit seiner mehrteiligen, humorvoll-konzeptuellen Community-Building-Serie CLEAN ROOM. Nun kehrt der Konzeptkünstler, Kurator und Performance-Humorist Juan Dominguez mit seiner künstlerischen Partnerin Arantxa Martínez nach Hamburg zurück, um die Stadt als postpandemische Bühne zu bespielen. Mit acht lokalen Performer*innen entwerfen die beiden in Hamburg über drei Wochen lebendige Skulpturen, die Intimität, Sexualität und zwischenmenschliche Nähe in den Hamburger Stadtraum zurück bringen. Während in den Monaten des Social Distancing der öffentliche Raum zur potenziellen Gefahr und körperliche Nähe zum absoluten No-Go geworden ist, begegnet THIS IS NOT NORMAL dem Verlust der Nähe mit choreografierter Intimität als Intervention im öffentlichen Raum. Graindelavoix THE LIBERATION OF THE GOTHIC Sa 07.08. und So 08.08. / St. Gertrud Kirche Das aktuell innovativste Vokalensemble für Alte Musik aus Antwerpen inszeniert Konzerte als raumgreifende Performances und schafft entfesselte Klangerlebnisse. In der St. Getrud-Kirche präsentiert es mit The Liberation of the Gothic ein Programm mit überwältigender englischer flamboyanter Polyphonie, die von Thomas Ashwell und John Browne kurz vor der englischen Reformation im 16. Jahrhundert geschrieben wurde und wie durch ein Wunder den Bildersturm überlebte. Der belgische Musiker, Anthropologe und Musikethnologe Björn Schmelzer gilt mit seinem 1999 gegründeten Vokalensemble Graindelavoix als Spezialist auf dem Gebiet der sogenannten Alten Musik, also der Musik des ausgehenden Mittelalters, der Renaissance und des Barock. Statt des Versuches exakter Reproduktion historischer Stücke setzt das Ensemble auf eine zeitgenössische Aufführungspraxis mit Stimmen verschiedener Geschlechter und musikalischer Kulturen, deren besondere Gesangstechniken, Ornamentierungen und Improvisationsmethoden das vokale Klangspektrum beeindruckend erweitern. Im heterogenen Klangbild drückt sich die Individualität der Beteiligten aus und ermöglicht eine emanzipatorische Teilhabe anstatt der bloßen Unterwerfung vor der historischen Größe des Ausgangsmaterials. Eine intensive Auseinandersetzung mit der Architektur und dem Klang der Aufführungsorte hat Graindelavoix zu einem der Aufsehen erregendsten und unkonventionellsten Ensembles gemacht, in deren Live- Interpretationen die Qualität der Stücke auch physisch erfahrbar wird. Nachdem die Gruppe um Schmelzer bereits im vergangenen Jahr mit einer Arbeit im Hamburger Kunstverein beim Sommerfestival vertreten war, kommt sie jetzt für zwei Konzerte nach Hamburg in die St. Gertrud Kirche. The Liberation of the Gothic wurde 2019 auch als Album veröffentlicht und euphorisch in der Presse besprochen. 13
Michael Schönheit & P.A. Hülsenbeck REAPING FROM THE CONFLUX Di 17.08. / St. Gertrud Kirche Im Aufeinandertreffen des Gewandhaus-Organisten Michael Schönheit und des Multinstrumentalisten P.A. Hülsenbeck entsteht Genre übergreifende Musik zwischen Sakralität, Popharmonik und freier Improvisation. REAPING FROM THE CONFLUX ist eine Zusammenarbeit zwischen dem Gewandhaus- Organisten Michael Schönheit und dem Multiinstrumentalisten P.A. Hülsenbeck. Die beiden Musiker entstammen aus komplett unterschiedlichen musikalischen Welten und Generationen, aber beide eint eine große Lust an musikalischen Experimenten. Auf der Grundlage von Improvisation, die im Orgelspiel traditionell eine große Rolle spielt, entstand eine Genre übergreifende Musik zwischen Sakralität, Popharmonik und freier Improvisation. P.A. Hülsenbeck spielt Gitarre und Electronics u.a. bei der Indie-Formation Jungstötter und seinem eigenen Bandprojekt (beide zu Gast auf dem Internationalen Sommerfestival 2019), beschäftigte sich darüber hinaus aber auch immer mit zeitgenössischen Komponisten wie Philip Glass oder Clara-Lis Coverdale und den unendlichen klanglichen Ausdrucksmöglichkeiten eines Modular-Synthesizers. Michael Schönheit ist Organist im Leipziger Gewandhausorchester und als künstlerischer Leiter außerdem für die Merseburger Orgeltage verantwortlich. Von 1998 bis 2005 leitete er außerdem den Carl-Philipp-Emanuel-Bach-Chor Hamburg, mit dem er zahlreiche Werke der Oratorienliteratur des 18. und 19. Jahrhunderts zur Aufführung brachte. Im Rahmen des diesjährigen Internationalen Sommerfestivals gibt es in der wunderschönen St. Gertrud Kirche nun die seltene Gelegenheit die beiden live zu hören. Rimini Protokoll THE WALKS 04.08. – 22.08 / in der Stadt Koproduktion Die Theatererneuerungs-Gruppe Rimini Protokoll verwandelt mit einer App und zehn Audio- Walks das pandemie-sichere Ritual des Spaziergangs in ein Theaterstück und verbindet Menschen auf der ganzen Welt. Mit ihren vielfach ausgezeichneten und aufwendig recherchierten dokumentarischen Theaterarbeiten gehört die Berliner Gruppe Rimini Protokoll zu den Stammgästen weltweiter Festivals und Theaterhäuser und war 2000 erstmals auf Kampnagel zu Gast. Auf dem Internationalen Sommerfestival haben sie mit ihrer aufwendigen iPad-Inszenierung SITUATION ROOMS im Jahr 2014 in die Untiefen des Waffenhandels entführt, mit DO’S AND DON’TS 2018 in einer Bustour Kinder als Expert*innen der Stadt ernstgenommen und zuletzt mit UNCANNY VALLEY ein elektronisches Double des Autors Thomas Melle in der K1 inszeniert. Ihre neuste Arbeit THE WALKS ist eine App für zehn ca. 20-minütige Audio-Walks als Kurzhörspiele für bestimmte Orte in Hamburg, die zeitgleich von Menschen in anderen Städten weltweit an ähnlichen Orten erlebt werden können – und so durch die gemeinsame Handlung des Gehens miteinander verbinden. Das in der Pandemie so zentral gewordene Ritual des Spaziergangs als sichere soziale Interaktion wird dadurch zu einem theatralen Szenario, versetzt mit Erzählungen, dialogischen Situationen und choreografischen Erkundungen. 14
Yolanda Gutierrez BISMARCK-DEKOLONIAL ALS LIVE-FORUM Fr 13.08. – So 15.08 / Bismarck Denkmal Weltpremiere Mit Videomappings und Performances setzen sich acht Künstler*innen aus fünf ehemaligen deutschen Kolonien kritisch mit der Bismarck-Statue und dem Umgang Deutschlands mit seiner eigenen Kolonialgeschichte auseinander. Otto von Bismarck ist eine der Schlüsselfiguren der Kolonialisierung Afrikas. Und die riesige Bismarck-Statue mitten in Hamburg wird von 2020 bis 2022 für rund neun Millionen Euro restauriert. Sie steht aktuell symbolisch im Mittelpunkt der Debatte darum, wie wir als Gesellschaft mit der deutschen Kolonialgeschichte umgehen. Mit BISMARCK DEKOLONIAL wird jetzt ein Perspektivwechsel angeregt und künstlerische Narrative ehemals Kolonisierter rücken ins Zentrum der Auseinandersetzung: Seit April diesen Jahres arbeitet die mexikanisch-deutsche Choreografin und Kuratorin Yolanda Gutiérrez mit dem Musiker und Tänzer „Stone“ aus Kamerun, der bildenden Künstlerin Vitjitua Ndjiharine aus Namibia, dem Musiker, Tänzer und Choreografen Isack Peter Abeneko aus Tansania, dem Tänzer und Choreografen Moussa Issiaka aus Togo, dem ruandischen Illustrator Dolph Banza und dem mexikanischen Multimedia Künstler Fabian Villasana aka Calavera in Form eines Labs an kollektiven, dekolonisierenden künstlerischen Gegenstimmen. Diese werden im August in Form von Videomappings auf der Statue selbst und live als Interventionen und Performances rund um ihren Sockel zur Aufführung gebracht. Kotka Gudmon AGENCY (Installation) / AGENTS (VR-Performance) Sa 14.08. – Mi 01.09. / Magellan-Terrassen (in zwei Containern) Die Hamburger Künstlerin zeigt zwei Arbeiten zu kollektiver Handlungsfähigkeit: eine begehbare Installation an den Magellan-Terrassen und eine immersive VR-Performance in der Hauptkirche St. Katharinen. Mit der Installation AGENCY und der partizipativen VR-Performance AGENTS eröffnet die Künstlerin Kotka Gudmon mit ihrem deutsch-kanadisch-ungarischen Team immersive Räume, die sich mit dem Konzept der „Agency“ beschäftigen – also der Handlungsfähigkeit von Subjekten. Wo die Handlungs- und Gestaltungsfähigkeit von Einzelnen anfängt und aufhört, ist eine zentrale Frage in der weltweiten Pandemie, stellt sich aber auch im Kontext des Klimawandels oder staatlicher Strukturen, denen Menschen ausgeliefert sind. In der multimedialen Installation AGENCY an den Magellan-Terrassen können die Zuschauer*innen in Form eines multimedialen Agent*innen-Eignungstests an der Schwelle von Digitalität und Realität zu zweit die Handlungs- und Kooperationsfähigkeit testen. In der Hauptkirche St. Katharinen Hamburg wiederum können alle Agent*innen werden und sich in der immersiven Performance AGENTS einem Agent*innen-Training unterziehen: Zwischen VR- Game-Event, Detektiv-Thriller und Elektro-Jazz-Oper werden Handlungsfähigkeit und Glaube an eine kollektive Zukunft getestet. Wer Agent*in werden will, braucht keine technischen Expertisen, nur Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und die Bereitschaft zur Transformation. VR-Brillen gibt es vor Ort. 15
Geheimagentur HAMBURGER SEEFRAUENPARADE So 08.08. / Online-Syposium So 22.08. / Parade Die erste Hamburger Seefrauen*parade setzt ein Zeichen für feministische Perspektiven auf Meer und Hafen. Auf allen sieben Meeren und auch in Hamburg haben sich in den vergangenen Jahren Künstler*innen, Aktivist*innen und Forscher*innen aufs Wasser aufgemacht. Sie setzen sich für ein Recht auf Hafen ein, für die Wiedergewinnung des Wassers als öffentlichen Raum, für Seenotrettung, fairen Handel, für die Aufarbeitung kolonialer Strukturen und gegen die Zerstörung maritimer Lebensräume. Die patriarchale Geschichte der See ist kein maritimes Abenteuer, sondern von Krieg, Kolonialismus und Ausbeutung geprägt. Auch der Hamburger Hafen steht in dieser patriarchalen Tradition, und weiterhin sind HPA, Eurogate, Hapag Lloyd und so mancher Bootsverein männlich dominiert. Gibt es eine alternative, feministische Perspektive auf Meer und Hafen? Mit der 1. HAMBURGER SEEFRAUEN*PARADE soll ein Zeichen dafür gesetzt werden. Macht die Synchronschwimmstaffeln und die Leuchtraketen klar! Die 1. HAMBURGER SEEFRAUENPARADE wird vom Hamburger Kollektiv geheimagentur im Kontext des Projekts „Women of the Seven Seas“ initiiert. Mit dem alternativen Kreuzfahrtterminal AKT war die geheimagentur bereits 2015, mit PORTS 2016, und dem FREE PORT Baakenhöft 2017 auf dem Internationalen Sommerfestival zu Gast und hat sich für ein Recht auf Meer und Hafen eingesetzt. Mit dem Projekt „Women of the Seven Seas“ bringt die geheimagentur Künstler*innen und Forscher*innen und Seefrauen aus aller Welt zusammen, und zwar zunächst online auf der gleichnamigen Online-Plattform. Am 8. August von 14:00 bis 18:00 wird die Plattform mit einer Reihe von maritimen, feministischen Dialogen gelauncht. Und am 22.08., zum Abschluss des Festivals, zieht sie mit der Seefrauen*parade durch die Wasserwege Hamburgs. Ein Kurzfilm-Parcours von A Wall is a Screen. IT’S A MATCH! BRENNENDE FRAGEN DER KUNST. SERIE 0: CHOREOGRAF*INNEN Fr 20.08 / in der Stadt Das Hamburger Künstler*innen-Kollektiv A Wall is a Screen, berüchtigt für seine Interventionen im Stadtraum, projiziert die Kurzfilmserie IT’S A MATCH! BRENNENDE FRAGEN DER KUNST auf Gebäude und urbane Strukturen. Die Zuschauer*innen wandern in einer Kombination aus Stadtführung, Filmnacht und Demonstration auf unbekannten Wegen durch die Stadt und sehen die Gedanken und Bewegungen von Choreograf*innen auf den dunklen Fassaden tanzen. Vorab haben fünfzig Künstler*innen unterschiedlichster Stilrichtungen und Generationen eine Streichholzschachtel mit Fragen zu ihren aktuellen Projekten, den Auswirkungen der Pandemie auf ihre Arbeit, zu gesellschaftlichen und persönlichen Themen erhalten. Für die Dauer der brennenden Streichhölzer enthüllen sie ihre Erfahrungen in Zeiten des Stillstands und werden dabei gefilmt. Das sichtbare Ablaufen der Zeit beschleunigt ihre Antworten. Zweifel, Geistesblitze und andere ungeahnte Bewegungen kommen zum Vorschein. Und zeichnet ein vielschichtiges Porträt aus Stimmen u.a. aus dem Kampnagel-Programm bekannter Choreograf*innen und einiger Special Guests, die auch im Festival-Programm zu sehen sein werden. 16
PROGRAMM IM AVANT GARTEN Hamburgs Perle der künstlerischen Freiheitsparks wird wie im vergangenen Jahr von JASCHA&FRANZ gestaltet – konzeptuell begleitet von der langjährigen Festival- Performancegruppe JAJAJA (die an allen Festivalabenden ab 22:00 Programm mit wechselnden Gästen macht) und erweitert um eine neue Waldbühne von Urs Amadeus Ulbrich und Gras & Steine. Mit Referenzen an Jahrmärkte und Freizeitparks und einem Konzept für Barrierefreiheit bietet der Festival Avant-Garten diverse Spielflächen mit Installationen, Performances, Kulinarik vom Peacetanbul-Restaurant und einem täglich wechselnden Programm auf mehreren Open-Air- Bühnen und dem Migrantpolitan-Gebäude (Details in der Programmübersicht auf kampnagel.de). SOMMERFESTIVAL KONZERTE IN KOOPERATION MIT DER ELBPHILHARMONIE Dino Brandão, Faber, Sophie Hunger ICH LIEBE DICH Do 05.08. / Elbphilharmonie Selten ist die Liebe so herzzerreißend, klug und selbstironisch in Töne gebettet worden wie von der Schweizer Supergruppe aus Dino Brandão, Faber und Sophie Hunger. Die drei trafen sich im vergangenen Sommer nach abgesagten Tourneen und Alben am Zürichsee und beschlossen, die Kälte und Distanz des Pandemie-Lockdowns mit einem Liebesmanifest aus 12 Liedern in Schweizer Mundart zu überwinden. „Ich liebe Dich“ heißt es bestechend einfach und ist geprägt von lyrischer Ehrlichkeit, die in Mundart eine Manni-Matter-hafte poetische Klangwucht erreicht: "Ich ha probiert mich selber zsi, aber ich han g'merkt es isch de Horror" singt Faber, „S'tropft Bluet vu eusem Rosegarte / S'Läbe isch es Risiko / Was hesch erwartet“ singt Brandão, „Z'Glück isch Begehre / S'wird grösser wenn's schwer isch“, singt Hunger. Die Unmittelbarkeit und Fragilität der Lieder wird verstärkt, weil die drei alle Instrumente (bis auf die Streicherarrangements) selbst spielen. Nun führen Brandão, Faber und Hunger ihr Liebesmanifest im Großen Saal der Elbphilharmonie auf – das erste von vier Kooperations- Konzerten mit dem Kampnagel Sommerfestival. Martha & Rufus Wainwright MOTHER Mi 11.08. / Elbphilharmonie "I will try to stay alive / To see as much through your eyes / But one day you know I will go" singt Martha Wainwright mit atemberaubend durchdringender Stimme. Der Song, in dem sie sich selbst als Mutter spiegelt, ist einer von fast 20 (eigenen und gecoverten) Songs und klassischen Liedern über Mütter und Mutterschaft, mit denen Martha und ihr Bruder Rufus ihrer verstorbenen 17
Mutter gedenken – der legendären Folksängerin Kate McGarrigle. „Mother“ wurde erstmals 2019 für die Kathedrale in St. Denis konzipiert, wo traditionell die französischen Adeligen beigesetzt wurden. Nun kommen die Geschwister in den Großen Saal der Elbphilharmonie, wo Rufus bereits 2017 ein umjubeltes Konzert gab, ebenfalls in Zusammenarbeit mit dem Kampnagel Sommerfestival. Begleitet vom Pianisten und Arrangeur Laurence Bekk-Day lassen die beiden in persönlichen Anekdoten, Geschichten und Liedern von Gounods "Ave Maria" über Queens "Bohemian Rhapsody" bis zu John Lennons "Mother" alle Mütter lebendig werden. Rufus, dessen Werk als Sänger und Komponist zwei Opern, sinfonische Werke, Filmmusik und inzwischen neun Studioalben umfasst, sagt: "Kate liebte es, Martha und mich zusammen singen zu hören, genau wie sie mit ihrer Schwester Anna sang. Sie ist leider verstorben, bevor wir diesen Abend entworfen haben; aber sie ist überall in diesem Programm, und ich hoffe, dass sie da oben zuhört und zu uns herunter lächelt." Dave Longstreth / Dirty Projectors acoustic / stargaze THE SONG OF THE EARTH IN CRISIS Do 12.08. Elbphilharmonie "Let’s do something new", sagten sich Dave Longstreth von den Dirty Projectors und André de Ridder, Leiter des experimentierfreudigen Berliner Orchesterkollektivs Stargaze, als sie sich 2013 beim Sidney Festival trafen. Und tatsächlich hielt der Komponist und Frontmann der berühmten amerikanischen Rockband Wort: Anschließend an eine seiner jüngsten Singles "Earth Crisis" schuf er für die Musikerinnen und Musiker von Stargaze nun "Song of the Earth in Crisis". Longstreth, der die Dirty Projectors bereits 2002 in New York gründete, erklärt: "In den 111 Jahren seit der Uraufführung von Gustav Mahlers „Lied von der Erde“ hat sich unser Verhältnis zur Erde dramatisch verändert. Es schien also an der Zeit, diese Idee neu zu formulieren." Gaye Su Akyol REBELLION MANIFESTO Di 24.08. / Elbphilharmonie Die Musikerin Gaye Su Akyol zählt zu den aktuell interessantesten künstlerischen Stimmen der Türkei. In ihrer Musik verbinden sich Einflüsse aus nahöstlicher Volksmusik mit Post-Punk, Grunge oder psychedelischem Surf-Rock zu einem kosmopolitischen Soundentwurf. Nach ihrem ausverkauften Konzert im Knust 2019 spielt sie mit ihrer Band nun in Kooperation mit dem Kampnagel Sommerfestival zum ersten Mal im Großen Saal der Elbphilharmonie. Mit einer starken Livepräsenz und avantgardistischen Musikvideos erspielte sich die gelernte Malerin aus dem hippen Kadiköy-Viertel Istanbuls heraus eine globale Anhängerschaft. Lobeshymnen unter anderem in der New York Times beschrieben sie als "Turkish rock music’s biggest hope", die an die Psychedelic-Musik der 70er in der Türkei und an Folk-Ikonen wie Selda Bağcan anknüpfe. Iggy Pop sagte über Akyols Musik, sie sei "viel erfüllender als jede populäre Musik aus dem erschöpften Westen heute". 18
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