Empfehlungen zur Ausbildung von Chemielehrern in CHEMIEDIDAKTIK an Hochschule und Seminar

Die Seite wird erstellt Hannes Pape
 
WEITER LESEN
Empfehlungen zur Ausbildung von Chemielehrern in CHEMIEDIDAKTIK an Hochschule und Seminar
Deutscher Verein zur Förderung des mathematischen
   und naturwissenschaftlichen Unterrichts e. V.

               Fachgruppe Chemieunterricht

     Empfehlungen zur Ausbildung von
    Chemielehrern in CHEMIEDIDAKTIK
       an Hochschule und Seminar
        – Ausbildungsstandards und Projektideen –

           Ergebnisse der gemeinsamen Tagung
              im Physikzentrum Bad Honnef
                    14.–17. März 2004

                         Juli 2004

                                                    I
Förderverein MNU                                                                                Bildungsverlag EINS
       Deutscher Verein zur Förderung des                                                              Sieglarer Straße 2, 53842 Troisdorf
       mathematischen und naturwissen-                                                                 Telefon/Redaktion 02131 1248864
       schaftlichen Unterrichts e.V.                                                                   Telefon/Anzeigen 02131 1248864
                                                                                                       Telefax 02131 1248862
       http://www.mnu.de
                                                                                                       seeberger.neuss@gmx.de

     Der Verein ist durch Verfügung des Finanzamtes für Körper-                                       MNU-Erscheinungsweise:
     schaften in Hamburg als gemeinnützig anerkannt. Die Bei-                                         achtmal jährlich (alle sechs Wochen),
     träge werden nur für satzungsgemäße Zwecke verwendet.
                                                                                                      je 64 Seiten Umfang
     Kontoverbindung: Förderverein MNU, Hamburger Sparkasse,
                      BLZ 200 505 50, Konto-Nr. 1090 213 404
                                                                                                      Heft-Nr. Erscheinungstermin Anzeigenschluss
     Vorstand                                                                                         ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
     Ehrenvorsitzender: OStD i.R. A. KLEIN, Residenz am Festspielhaus,                                1        15. Januar         15. Dezember
                        Josef-Wulff-Str. 75, 45657 Recklinghausen.                                    2         1. März            1. Februar
                        Tel. 02361 9171-195
     1. Vorsitzender:   OStD A. A CAMPO, Kammannstr. 13, 58097 Hagen.
                                                                                                      3        15. April          15. März
                        Tel. 02331 880388, Fax 880395                                                 4         1. Juni            1. Mai
                        aCampo@t-online. de                                                           5        15. Juli           15. Juni
     2. Vorsitzende:    StD SABINE SCHMALSTIEG, Peckhauser Str. 55,
                        40822 Mettmann. Tel. 02104 139649,
                                                                                                      6         1. September       1. August
                        SSgNE@t-online.de                                                             7        15. Oktober        15. September
     Geschäftsführer:   StD KARSTEN RECKLEBEN, Walter-Frahm-Stieg 30,                                 8         1. Dezember        1. November
                        22041 Hamburg. Tel./Fax 040 6570162
                        Reckleben@t-online.de
                                                                                                      MNU-Bezugsbedingungen
     Beisitzer
     Mathematik:                StD HANS-JÜRGEN ELSCHENBROICH, Kirchstr. 26,                          Pro Jahrgang 8 Hefte = 512 Seiten plus 8 Seiten Jahresinhaltsver-
                                41352 Korschenbroich. Tel. 02182 855199                               zeichnis und Archiv-CD-ROM: 54,80 e, Einzelheft 7,20 e, zuzüglich
                                elschenbroich@t-online.de                                             Versandspesen. Hefte früherer Jahrgänge sind zu gleichem Preis teil-
     Physik:                    StD Dr. WOLFGANG PHILIPP, Danziger Str. 6,                            weise noch lieferbar. Für Mitglieder des Fördervereins ist der Be-
                                72622 Nürtingen. Tel. 07022 949691                                    zugspreis im Vereinsbeitrag enthalten (vgl. linke Spalte).
                                WolfgangPhilipp@t-online.de                                           Eine Kündigung des Jahresabonnements kann nur anerkannt wer-
     Chemie:                    ROBERT STEPHANI, Weiherstrasse 33,                                    den, wenn die schriftliche Kündigung für das folgende Jahr am
                                67659 Kaiserslautern. Tel. 06301 37891,                               1. Oktober des laufenden Jahres beim Verlag vorliegt.
                                stephani@rhrk.uni-kl.de
     Biologie:                  StD JÜRGEN LANGLET, Am Hang 17,                                       Anschriftenänderungen
                                21403 Wendisch Evern, Tel. 04131 58404,
                                                                                                      bitte rechtzeitig dem Verlag (nicht dem Geschäftsführer des Förder-
                                langlet@t-online.de
                                                                                                      vereins und nicht der Post) mitteilen. Bei Anschriftenänderungen, die
     Informatik:                StD D. POHLMANN, Friedrich-Naumann-Weg 22,                            nicht mindestens 4 Wochen vor Erscheinen des nächsten Heftes beim
                                25337 Elmshorn. Tel. 04121 470635, Fax 437081                         Verlag gemeldet sind, kann bei Verlust eines Heftes Ersatz nur gegen
                                D.Pohlmann@gmx.de
                                                                                                      Berechnung gestellt werden, da die Post Zeitschriften weder nach-
     Information:               NORBERT FINCK, Wensenbalken 53, 22359 Ham-                            sendet noch an den Verlag zurückgibt.
                                burg, Tel. 040 6914357, NFinck@aol.com
     MNU-Haupt-                 Prof. Dr. BERND RALLE, Kebbestr. 29,                                  Redaktionelle Zuschriften
     Schriftleiter:             44267 Dortmund,
                                Tel. 0231 4755867, Fax 0231 4755868                                   bitte an einen der zuständigen Fachschriftleiter senden.

     Die Mitgliedschaft im Förderverein MNU                                                           Hinweise für Autoren sind in Heft 2 eines Jahrgangs zu finden, au-
     Über den Förderverein MNU informieren wir Sie gerne. Bitte Info-                                 ßerdem im Internet unter:
     Blatt beim MNU-Geschäftsführer anfordern. Nähere Informationen                                   http://www.uni-dortmund.de/MNU
     finden Sie auch im Internet: www.mnu.de.
                                                                                                      Aus Gründen der Lesbarkeit wird in MNU auf die doppelte Nen-
     Geschäftsjahr ist das Kalenderjahr. Der Eintritt von natürlichen Per-                            nung von männlicher und weiblicher Form verzichtet.
     sonen kann jederzeit erfolgen. Der Beginn der Mitgliedschaft rechnet je
     nach Wunsch des Eintretenden vom 1. Januar oder 1. Juli an. Der Austritt
     ist nur zum 31. Dezember möglich und muss bis 1. Oktober dem Ge-                                 Verlag, Anzeigen- und Beilagenverwaltung
     schäftsführer gemeldet werden. Schulen, Institutionen aller Art, Wirt-
     schaftsunternehmen und Verbände können nicht Mitglied werden. Ihnen                              Verlag Anschrift wie oben. Anzeigen- und Beilagenpreise gemäß Ta-
     steht das Abonnement der Zeitschrift über den Verlag offen.                                      rif Nr. 24 vom 1. Jan. 2000. Für Stellengesuche und Behördenanzeigen
                                                                                                      gilt ein ermäßigter Tarif. Anzeigenschluss jeweils vier Wochen vor
     Jahresbeitrag. Ab dem 1.1.2002 beträgt der Jahresbeitrag für                                     Erscheinen (s. obige Termine).
     Mitglieder in den alten Bundesländern                              . . . . . . . . . . .45,– e
     Mitglieder in den neuen Bundesländern, Mitglieder im
     Ausland                                  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .35,– e
     Der ermäßigte Jahresbeitrag beträgt für
     Pensionäre in den alten Bundesländern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .35,– e              Satz, Druck, Bindearbeiten:
     Rentner in den neuen Bundesländern, Studenten und                                                Druck & Media GmbH KRONACH
     Referendare                                . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .25,– e   Güterstraße 8 + 9, 96317 Kronach, Tel. 09261 5068-0
     Ehepartner eines Mitglieds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .10,– e   www.druck-media.de; ISDN-Leonardo: 09261 5068-4698
     Für eine Ermäßigung ist dem Geschäftsführer eine entsprechende
     Bescheinigung einzureichen. Im Beitrag ist die Belieferung mit der
     Zeitschrift ›Der mathematische und naturwissenschaftliche Unter-
     richt‹ eingeschlossen.
     Der Jahresbeitrag ist bis zum 1. Juni im Ganzen zu zahlen – Kto.                                 Copyright / Fotokopien
     10 90 213 404 (BLZ 200 505 50) Hamburger Sparkasse. Später noch                                  Sämtliche Rechte liegen beim Verlag. Die Zeitschrift und ihre Teile
     ausstehende Beiträge werden zuzüglich der Kosten der Einziehung                                  sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung in anderen als
     durch Postnachnahme erhoben.
                                                                                                      den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf deshalb der vorherigen
     An- und Abmeldung sind nur an den Geschäftsführer zu richten.                                    schriftlichen Einwilligung des Verlages.

II
Empfehlungen zur Ausbildung von
                                Chemielehrern in Chemiedidaktik
                                  an Hochschule und Seminar
                                – Ausbildungsstandards und Projektideen –

Die an der Chemielehrerausbildung Beteiligten, die Chemiedidaktiker(innen) der Hochschulen und die Fachlei-
ter(innen) der Seminare, treffen sich seit vielen Jahren bei MNU-Tagungen und bei den Jahrestagungen der Fach-
gruppe Chemieunterricht der GDCh zum fruchtbaren Austausch von Ideen, Forschungsergebnissen und Experi-
mentiervorschlägen. Das eigentliche gemeinsame Anliegen, die Vorbereitung der Studierenden bzw. Referendare
und Referendarinnen auf die Tätigkeit in der Schule, wurde selten thematisiert. Der Förderverein MNU und die
Fachgruppe Chemieunterricht der GDCh beschlossen daher eine gemeinsame Tagung durchzuführen, bei der es
um die Rolle der Chemiedidaktik in der Lehrerausbildung gehen sollte. Die sich verändernde Schulwirklichkeit,
die neuen Anforderungen an die Lehrer durch die Einführung von Bildungsstandards und die Veränderung durch
die Neustrukturierung der Studiengänge sind Anlass genug, sich über dieses gemeinsame Anliegen zu verständi-
gen.
In bewährter Weise arbeiteten die beiden Organisationen bei der Planung und Vorbereitung zusammen. Einen be-
sonders starken Impuls bekam die Veranstaltung durch die "Stimmen aus der Praxis": Zur Eröffnung äußerten sich
junge Kolleg/innen offen über ihre Sicht der Ausbildung, nachdem sie einige Jahre im Beruf standen. Es ist dem
Mut dieser jungen Kollegen zu verdanken, dass bei dieser Tagung in einem guten, kooperativen und produktiven
Klima an vielen Stellen Vorschläge für echte Neuerungen und tiefgreifende Änderungen erarbeitet wurden. Wich-
tige Beiträge lieferten dazu die Referenten Dr. HENRY HILDEBRANDT, VOLKER HOFHEINZ, Prof. Dr. MICHAEL TAUSCH
und Referatsleiter H. LICH vom Pädagogischen Austauschdienst. Das Ambiente des Physikzentrums Bad Honnef
trug zum Gelingen der Tagung entscheidend bei.
Die Vorsitzenden der beiden Organisationen richteten Grußworte und die besten Wünsche an die Teilnehmer aus,
wobei der 1. Vorsitzende des Fördervereins, ARNOLD A CAMPO leider nicht persönlich anwesend sein konnte. Der
Vorsitzende der Fachgruppe Chemieunterricht, Prof. Dr. MONTFORTS nahm aktiv an der Tagung teil und erweiterte
die Diskussion um die Sicht eines Fachwissenschaftlers. Es wurde schnell allen klar, dass als nächster Schritt zur
Verbesserung der Lehrerausbildung eine gemeinsame Tagung mit Fachwissenschaftlern und Chemiedidaktikern
folgen müsse.
Allen Tagungsteilnehmern sei für ihr Engagement und ihren Einsatz herzlich gedankt. Der Förderverein MNU und
die Fachgruppe Chemieunterricht hoffen, mit diesem Papier Impulse für eine effektive und zukunftsorientierte
Lehrerausbildung im Fach Chemiedidaktik geben zu können.

Hagen, Bremen, im Juli 2004

                ARNOLD A CAMPO                      Prof. Dr. FRANZ-PETER MONTFORTS
                Bundesvorsitzender                  Vorsitzender der Fachgruppe Chemieunterricht
                aCampo@t-online.de                  mont@chemie.uni-bremen.de

Tagungsleitung:
Tuttlingen, Frankfurt, Münster, im Juli 2004

Matthias Kremer                  Dr. Marianne Sgoff             Birgitta Krumm             Prof. Dr. H.-D. Barke
MNU-Vorstandsamt Chemie          Vorstandsmitglied der          Frankfurt a. M.            Münster
                                 Fachgruppe Chemieunterricht
Kremer-Tuttlingen@t-online.de    Marianne_Sgoff@web.de          BirgHKrumm@t-online.de     barke@uni-muenster.de

                                                                                                                     III
Nachdenken über Chemiedidaktik?                                            wenigen Jahren im Dienst als Einstieg in die Tagung
                                                                                einen Rückblick auf ihre Ausbildung in Didaktik ge-
     Das Ziel der Lehrerausbildung ist es seit jeher, die zu-                   ben sollten. Als großen Mangel empfanden sie, dass
     künftigen Lehrerinnen und Lehrer1 möglichst umfas-                         Fachwissenschaft und Schulwissen viel zu wenig auf-
     send auf ihre Aufgaben in der Schule vorzubereiten.                        einander bezogen waren, dass sie mangels eigener Er-
     Deshalb stehen die Schüler und die Schule im Zentrum                       fahrungen mit Schülern für die didaktischen Fragen
     der Abbildung 1, die die Elemente der derzeitigen                          an der Universität zu wenig Verständnis aufbrachten
     Lehrerausbildung grafisch darstellt. Allerdings liegt                      und in der Phase der ersten Berufsjahre, in der die Pro-
     der Zielbereich für die Studierenden zunächst in wei-                      bleme massiv auftraten, keine Möglichkeit hatten, Rat
     ter Ferne. Lediglich Schulpraktika, die in der Realität                    und Hilfe zu bekommen. Auf die Schulwirklichkeit
     oftmals stiefmütterlich behandelt werden, bringen                          fühlten sich viele nicht richtig vorbereitet. Dies konnte
     während der Studienzeit die zukünftigen Lehrer in                          Prof. Dr. MICHAEL TAUSCH in seinem Bericht über die
     Kontakt mit ihrer Berufswirklichkeit.                                      Umfrage in PdN-ChiS »Was soll die Chemiedidaktik
                                                                                leisten?« zum großen Teil bestätigen.
                                                                                Somit hatte die Tagung drei Arbeitsschwerpunkte:
                                                                                1. Beschreibung eines Kompetenzprofils zu Beginn
                                                                                   des Referendariats
                                                                                2. Ausarbeitung eines Kerncurriculums Chemiedi-
                                                                                   daktik in der universitären Ausbildung
                                                                                3. Vernetzung der drei Ausbildungsphasen – Beispie-
                                                                                   le und Ideen für die Praxis
                                                                                Die Ergebnisse werden im folgenden Abschnitt aus-
                                                                                führlich dargestellt
                                                                                Die Arbeitsgruppe zum 1. Schwerpunkt erarbeitete
                                                                                eine Liste mit 12 Punkten.
                                                                                Eine zweite Gruppe erarbeitete einen Vorschlag für ein
                                                                                Kerncurriculum Chemiedidaktik, der vom Papier der
                                                                                Gesellschaft für Fachdidaktik e.V. (GFD) »Kerncurri-
                                                                                culum Fachdidaktik – Orientierungsrahmen für alle
                                                                                Fachdidaktiken«3 vom 12.01.2004 ausgeht. Es enthält
                                                                                die wesentlichen Ausbildungsziele und Kompeten-
                                                                                zen, die im Rahmen der Lehrerbildung durch die Che-
                                                                                miedidaktik anzustreben sind und die von allen Lehr-
                                                                                amtsstudierenden mit dem Fach Chemie erreicht
     Abb. 1. Derzeitige Elemente der Chemielehrerausbildung                     werden sollten.
                                                                                Die formulierten Ziele und Kompetenzen gelten so-
                                                                                wohl für die bislang üblichen Modelle der Lehrerbil-
                                                                                dung (»grundständige Lehrerbildung«) als auch für
     In der zweiten Phase, dem Referendariat, spielt der                        eine gestufte Lehrerausbildung nach dem BA/MA-
     Unterricht eine große Rolle, aber viel Zeit für Reflexio-                  Modell in seinen verschiedenen Ausprägungen – aller-
     nen bleibt oft nicht. Und in der so genannten dritten                      dings in unterschiedlicher Sequenzierung.
     Phase ist eine Weiterbildung weitgehend dem einzel-                        Um die bessere Abstimmung und Verzahnung der
     nen Lehrer überlassen. Betrachtet man dieses Ausbil-                       drei Phasen der Lehrerbildung bemühte sich die dritte
     dungssystem, stellen sich einige Fragen:                                   Gruppe. Projekte, die Studierende, Lehrer, Schüler
     – Kann die didaktische Ausbildung ausreichend                              und Referendare in unterschiedlichen Kombinationen
        nachhaltig sein, so dass die jungen Lehrer nicht nur                    zusammenbringen, erweitern den Horizont, sorgen
        so unterrichten, wie sie selber unterrichtet wurden?                    für Realitätsnähe und bringen den Studierenden ihr ei-
     – Was wird in Chemiedidaktik unterrichtet?                                 gentliches Ziel, die Arbeit mit den Schülern immer
     – Wie wird versucht, einen früheren Praxisbezug her-                       wieder ins Bewusstsein. Die Ausführungen von VOL-
        zustellen?                                                              KER HOFHEINZ von der Universität Siegen über das
     Um Material zur Diskussion dieser Fragen zu bekom-                         dortige Science Forum4 legten exemplarisch den
     men, wurden alle Chemiedidaktiker Deutschlands                             Grundstock für eine Sammlung vieler weiterer Ideen
     nach den Inhalten ihrer Veranstaltungen gefragt2. Dr.                      und Beispiele, wie die Lehrerausbildung mit Gewinn
     HENRY HILDEBRANDT von der Universität Paderborn                            bringenden Projekten angereichert werden könnte.
     ergänzte diese Daten durch ein Referat über sein For-                      Eine internationale Dimension brachte im Verlauf der
     schungsprojekt mit dem Titel »Chemiedidaktische                            Tagung der Vortrag des Referatsleiters H. LICH vom
     Ausbildung«. Um eine authentische Rückmeldung zu                           Pädagogischen Austauschdienst (PAD), der über Ko-
     erhalten, wurden junge Lehrer eingeladen, die nach                         ordinationsprojekte der Lehreraus- und weiterbildung

     1   Im Folgenden wird zugunsten besserer Lesbarkeit gelegentlich auf die
         zweite Form verzichtet.                                                3   http://www.didaktik.mathematik.uni-wuerzburg.de/gdm/download/
     2   Eine Zusammenstellung der Rückmeldungen ist bei der Tagungslei-            gfd_kerncurr.pdf
         tung zu erhalten.                                                      4   http://www.science-forum.de/

IV
berichtete, die im Rahmen von Comenius 2 von der EU                   6. haben Einblicke in chemiedidaktische Positionen und
gefördert werden.                                                         Konzeptionen für Chemieunterricht;
Am Ende der Tagung war allen Teilnehmern bewusst,                     7. haben erste Erfahrung mit der Planung einer Unter-
dass eine wirkliche Verbesserung der Unterrichtskul-                      richtsreihe, die sie im Rahmen fachdidaktischer
tur im Fach Chemie nur durch gemeinsame Anstren-                          Lehrveranstaltungen entwickelt, präsentiert und
gungen aller in der Chemiedidaktik Tätigen zu errei-                      diskutiert haben;
chen ist. Ein Ziel, für das es zu arbeiten lohnt, »denn               8. haben erste Erfahrung mit der Planung einer pro-
nur die ernsthafte Wertschätzung der Lehrerbildung                        blemorientierten Unterrichtsstunde und der Auswahl
schafft langfristig gesehen die Basis für das Gewinnen                    bzw. Erstellung der zu Grunde liegenden Medien;
des wissenschaftliches Nachwuchses und damit für                      9. kennen verschiedene Unterrichtsmethoden sowohl
die Zukunftsfähigkeit unseres Landes.«5                                   aus theoretischer Sicht als auch aus der Anwen-
                                                                          dung bei der Gestaltung chemiedidaktischer Semi-
                                                                          nare;
Tagungsergebnisse                                                     10. haben Erfahrungen mit eigenem Unterricht im Rah-
                                                                          men von schulpraktischen Studien und möglichst
                                                                          auch bei der Betreuung von kleineren Schülergrup-
1. Beschreibung eines Kompetenzprofils                                    pen an der Universität im Rahmen von didakti-
   zu Beginn des Referendariats                                           schen Projekten;
                                                                      11. verfügen über ein anwendungsorientiertes Grund-
Der Schwerpunkt der zweiten Ausbildungsphase liegt                        wissen in Erziehungswissenschaft und Lernpsycholo-
auf der Praxis des Unterrichtens. Eine Sensibilisierung                   gie, das an Beispielen mit chemiedidaktischen
für das dafür notwendige Fundament an Wissen,                             Inhalten verknüpft wurde;
Kompetenzen und Fähigkeiten muss daher schon in                       12. sind bekannt gemacht worden mit Ergebnissen der
der ersten Phase an der Universität erfolgen. Die voll-                   fachdidaktischen Forschung zu Lernschwierigkeiten,
ständige Ausbildung der im Folgenden genannten Fä-                        nicht belastbaren Vorstellungen von Schülerinnen
higkeiten erfolgt selbstverständlich erst während der                     und Schülern, sowie zu geeigneten Diagnoseinstru-
praktischen Ausbildung. Die zukünftigen Chemieleh-                        menten.
rer müssen aber schon an der Universität erste Zugän-
ge erfahren und erste Schritte unternommen haben, an                  2. Kerncurriculum Chemiedidaktik in der
die sie in der zweiten Phase sinnvoll und Gewinn brin-                   universitären Ausbildung
gend anknüpfen können. Aus Sicht der Lehrerausbil-
der der zweiten Phase ist in Absprache mit den Che-                   Das Curriculum Chemiedidaktik enthält insgesamt
miedidaktikern der Hochschule folgende Liste in                       drei Module. Das Modul 1 (»Fachbezogene Reflexions- und
diesem Sinne als wünschenswertes Fundament zu-                        Kommunikationskompetenzen«) ist für alle Studierenden
sammengestellt worden, wobei die Reihenfolge keine                    der BA-Phase sinnvoll, also auch für diejenigen, die
Aussage über die Bedeutung enthält.                                   nicht den Lehrerberuf anstreben. Das Modul 1 umfasst
Studieninhalte aus der Fachwissenschaft werden hier                   daher Kompetenzen, die nicht unbedingt in speziell
nicht betrachtet.                                                     ausgewiesenen fachdidaktischen Veranstaltungen
Die Referendarinnen und Referendare zu Beginn des                     grundgelegt werden müssen. Vielmehr geht die Ar-
zweiten Ausbildungsabschnitts …                                       beitsgruppe davon aus, dass die Dozenten der fach-
1. verfügen über ein didaktisch strukturiertes Fachwis-               wissenschaftlichen Disziplinen diese Ziele umsetzen.
    sen zu schulrelevanten, lehrplanorientierten The-                 Fachdidaktik kann und sollte hier beratend wirken.
    men der Chemie;                                                   Vermittelt und gefördert werden allgemeine fachbezo-
2. haben fachliche Grundkenntnisse und Einblick in                    gene Reflexions-, Kommunikations- und Vermitt-
    Konzepte insbesondere der Fächer Biologie, Physik                 lungskompetenzen, wie sie für jeden ausgebildeten
    und Mathematik, um fachübergreifende Themen                       Akademiker im Berufsleben notwendig sind. Die bei-
    unterrichten zu können;                                           den nachfolgenden Module – Modul 2: »Fachdidakti-
3. sind offen für Fragestellungen außerhalb der eigenen               sche unterrichtsbezogene Basiskompetenzen« und Modul
    Fächergrenzen und können in kollegialer Kooperation               3: »Fachdidaktische unterrichtsbezogene Handlungs- und
    und Teamarbeit eigene Kompetenzen einbringen                      Bewertungskompetenzen« – sind für sämtliche Lehramt-
    und weiterentwickeln;                                             studiengänge verpflichtend und von Dozenten der
4. kennen die Sicherheitsrichtlinien für den Chemieun-                Fachdidaktik anzubieten. Während in der grundstän-
    terricht, insbesondere die geltende Gefahrstoffver-               digen Lehrerbildung das Modul 2 dem Grundstudium
    ordnung, haben praktische Erfahrungen und                         und das Modul 3 dem Hauptstudium zuzuordnen ist,
    Fertigkeiten im Experimentieren und verfügen über                 bilden diese beide Module im gestuften BA/MA-Stu-
    ein vielfältiges Repertoire an Schulversuchen;                    diengang das Zentrum der fachdidaktisch-professi-
5. sind vertraut mit der naturwissenschaftlichen Denk-                onsbezogenen Ausbildung in der Masterphase. Je
    und Arbeitsweise sowie insbesondere mit den Me-                   nach örtlichen Gegebenheiten kann das Modul 2
    thoden der Erkenntnisgewinnung in der Chemie;                     (»Fachdidaktische unterrichtsbezogene Basiskompetenzen«)
                                                                      zudem wahlweise ganz oder in Teilen in die BA-Phase
                                                                      vorgezogen werden.
                                                                      Zugrunde gelegt wurde beim vorliegenden Curricu-
5   Zur Bildung der Lehrerinnen und Lehrer am Gymnasium und an ver-
                                                                      lum ein zehnsemestriges Studium. Themen für Lehr-
    gleichbaren Schulformen, MNU 1999

                                                                                                                                 V
veranstaltungen sind für alle drei Module in einer                            – zentrale Konzepte der Chemie aus kulturge-
     Übersicht im Anhang zusammengestellt.                                           schichtlicher und wissenschaftstheoretischer Per-
     Es sei noch einmal betont, dass die im folgenden, ins-                          spektive wieder zu geben,
     besondere in den Modulen 2 und 3, aufgeführten                                – die Rolle des Experiments und der Modellbe-
     Kompetenzziele nicht den Eindruck vermitteln sollen,                            trachtungen in der Wissenschaft Chemie zu re-
     dass die damit erwarteten Kenntnisse, Fähigkeiten                               flektieren.
     und Fertigkeiten bereits in der ersten Phase der Aus-
     bildung erschöpfend erreichbar wären. Im Universi-                         2. Fähigkeit zur Reflexion und Umsetzung von che-
     tätsstudium ist lediglich eine erste Begegnung mit den                        miebezogenen Kommunikationsprozessen in Bezug
     vielfältigen Anforderungen realisierbar, während die                          auf die Vermittlung zwischen Fachwissenschaft
     Kompetenzausschärfung Aufgabe der zweiten und                                 und Öffentlichkeit
     dritten Phase sein wird. Erwartet werden kann aller-                          Die Studierenden sind in der Lage,
     dings eine exemplarische Vertiefung und Reflexion im                          – komplexe chemische Inhalte zu elementarisieren,
     Rahmen von Seminararbeiten und Praxisstudien.                                 – basierend auf ihren Fachkenntnissen in einen an-
     Überprüfung und Evaluation des Lernerfolgs in den je-                           gemessenen Diskurs mit der Öffentlichkeit zu
     weiligen Kompetenzbereichen können auf verschiede-                              treten,
     ne Art und Weise erfolgen, beispielsweise mithilfe ei-                        – komplexe chemische Sachverhalte Adressaten
     ner Klausur, schriftlicher Unterrichtsentwürfe, der                             gerecht zu vermitteln.
     Beurteilung schulpraktischer Studien oder eines ab-
     schließenden modulübergreifenden Kolloquiums.                              Modul 2:     Fachdidaktische unterrichtsbezo-
     Empfohlen wird in diesem Zusammenhang die Ein-                                          gene Basiskompetenzen
     richtung eines Portfolios, um die eigene Entwicklung
     zu dokumentieren.                                                          Das Modul knüpft an bereits vorhandene fachwissen-
     Die genaue Festlegung der Arbeitsbelastungen für die                       schaftliche Kenntnisse an. Es werden folgende Kompe-
     Studierenden (workload) und der jeweils zu erwerben-                       tenzen vermittelt:
     den Leistungspunkte (ECTS6, credit points) bedarf ei-                      1. Fähigkeit, mit den Besonderheiten des Lehrens
     ner realistischen Überprüfung und abschließenden                               und Lernens im Unterrichtsfach Chemie umzuge-
     standortspezifischen Festlegung. In diesem Modell                              hen und diese zu reflektieren
     entspricht ein Kreditpunkt 30 effektiven Arbeitsstun-                          Die Studierenden sind in der Lage,
     den (inklusive Vorbereitung und Durchführung von                               – chemische Sachverhalte auf verschiedenen Abs-
     Prüfungen). Pro Semester wird eine Gesamtbelastung                               traktionsniveaus zu behandeln (Phänomen- und
     von 30 Kreditpunkten zugrunde gelegt, so dass die                                Stoffebene, Teilchenebene, Symbolebene),
     Studierenden z. B. in einem BA-Studiengang von sechs                           – mit Modellen und Modellvorstellungen auf die-
     Semestern insgesamt 180 Kreditpunkte erreichen kön-                              sen Ebenen sachlich angemessen umzugehen,
     nen.                                                                           – das zu vermittelnde chemische Fachwissen an-
     Der Vorschlag, das Modul 1 in der Regel in einen                                 hand der chemischen Fachsystematik und der Ba-
     Wahlpflichtbereich des Bachelor-Studiums einzubet-                               siskonzepte der Chemie zu strukturieren,
     ten, sollte erwogen werden.                                                    – den Problem behafteten Übergang zwischen All-
                                                                                      tags- und chemischer Fachsprache beispielhaft
                                                                                      darzustellen,
     Module, Kompetenzen, Lehrinhalte,                                              – sowohl tragfähige als auch nicht belastbare Schü-
     Leistungspunkte                                                                  lervorstellungen sowie Interessen und Lernvor-
                                                                                      aussetzungen zu erkennen und beim Lernprozess
                                                                                      angemessen zu berücksichtigen,
     Modul 1:            Fachbezogene Reflexions- und                               – relevante pädagogische und psychologische Er-
                         Kommunikationskompetenzen                                    kenntnisse bei der Vermittlung von Chemie an-
                                                                                      zuwenden,
     Das Modul verknüpft fachwissenschaftliche Basis-                               – das schulchemische Experiment in seinen spezifi-
     kenntnisse mit chemiedidaktischen Sichtweisen und                                schen Funktionen und Bedeutungen kritisch zu
     richtet sich an alle Studierenden des Faches Chemie. Es                          reflektieren.
     vermittelt folgende Kompetenzen:
     1. Fähigkeit zur Reflexion über die Bedeutung und                          2. Fähigkeit, den eigenen Rollenwechsel hin zur
         Entwicklung der Chemie                                                    Lehrperson bewusst wahrzunehmen und zu re-
         Die Studierenden sind in der Lage,                                        flektieren
         – die Bedeutung der Naturwissenschaften in einer                          Die Studierenden sind in der Lage,
           Wissensgesellschaft zu reflektieren,                                    – ihre Rolle als Chemielehrer vor dem Hintergrund
         – die Rolle der Chemie innerhalb der Naturwissen-                           verschiedener Perspektiven einzuordnen und
           schaften in Bezug auf Kultur, Gesellschaft, Um-                           daraus situationsgerechte Handlungsweisen ab-
           welt, Natur, Technik und Wirtschaft einzuordnen,                          zuleiten,
                                                                                   – Wertvorstellungen und Einstellungen bezüglich
                                                                                     Schülern und Schule zu artikulieren und zu be-
     6   ECTS = European Credit Transfer System, kurz »Credit Points«, 6 Cre-        schreiben.
         dit Points entsprechen vier Semesterwochenstunden

VI
3. Fähigkeit zur Durchführung und Einordnung            den Modul werden folgende Kompetenzen vermittelt,
   schulchemischer Experimente                          die die Basis für eine Vertiefung in der zweiten Aus-
   Die Studierenden sind in der Lage,                   bildungsphase bilden:
   – die Sicherheitsbestimmungen für die Durchfüh-      1. Fähigkeit zur lern- und erkenntnistheoretisch fun-
     rung von schulchemischen Experimenten ange-            dierten Strukturierung des Lehrens und Lernens
     messen umzusetzen,                                     von Chemie
   – wahrnehmungspsychologische Aspekte bei der             Die Studierenden sind in der Lage,
     Planung und Durchführung von Experimenten              – bei der Entwicklung von Lernumgebungen Vor-
     zu beachten,                                             stellungen und Interessen der Schülerinnen und
   – ausgewählte Experimente als Demonstrations-              Schüler zu berücksichtigen,
     und Schülerexperimente zu planen und durchzu-          – Experimente, Modelle und verschiedene Medien
     führen,                                                  fachdidaktisch reflektiert (wissenschaftlich kon-
   – Experimente mit Theorien und Modellen zur                sistent und didaktisch prägnant) einzusetzen,
     Deutung explizit in Beziehung zu setzen,               – mit schulchemierelevanten Größen und Größen-
   – Experimente gemäß ihrer fachdidaktischen und             gleichungen sicher umzugehen
     curricularen Funktion und Aussagefähigkeit ein-        – die Problematik der Begriffsbildung – auch aus
     zuordnen und einzusetzen.                                historischer und fachübergreifender Sicht – zu re-
                                                              flektieren und auf dieser Grundlage die Fach-
4. Fähigkeit zur Verwendung und Klassifizierung               sprache zu nutzen,
   von Modellen                                             – relevante Unterrichtskonzepte und -methoden
   Die Studierenden sind in der Lage,                         zu reflektieren,
   – angemessen mit Sachmodellen umzugehen, ihre            – verschiedene Lehr- und Lernformen zu beschrei-
     Aussagegrenzen zu beschreiben und den Einsatz            ben und diese exemplarisch im Schulpraktikum
     im Unterricht zu beurteilen,                             zu verwenden.
   – Modellvorstellungen unterschiedlicher Reich-
     weite zu beschreiben und deren Stärken und         2. Fähigkeit zur Rezeption und Interpretation von che-
     Schwächen zu reflektieren.                            miedidaktischen Forschungsarbeiten einschließlich
                                                           der Methoden und Ergebnisse
5. Fähigkeit zur fachdidaktischen Rekonstruktion           Die Studierenden sind in der Lage,
   von chemischen Sachverhalten und von naturwis-          – einschlägige Forschungsarbeiten zu recherchie-
   senschaftlichen Erkenntniswegen im Hinblick auf           ren,
   Planung und Durchführung von Chemieunterricht           – die Bedeutung von Publikationen zur Unter-
   Die Studierenden sind in der Lage,                        richts- und Bildungsforschung zu erfassen und
   – Unterrichtseinheiten Adressaten gerecht zu pla-         für das eigene Handeln zu erschließen,
     nen und zu begründen,                                 – die wesentlichen fachdidaktischen Forschungsme-
   – das Spannungsfeld zwischen Fachsystematik               thoden zu beschreiben sowie die Möglichkeiten
     und Sinn stiftenden Kontexten zu erkennen und           zur Teilnahme an fachdidaktischer Forschung zu
     angemessen zu berücksichtigen,                          erkennen.
   – Unterricht vor dem Hintergrund der kumulati-
     ven Vernetzung von Inhalten zu Basiskonzepten      3. Fähigkeit zur Diagnose von Lernleistungen und
     der Chemie zu planen.                                 Lernschwierigkeiten bei Schülern und Schülerin-
                                                           nen
6. Fähigkeit, mit Bildungszielen, Bildungsstandards,       Die Studierenden sind in der Lage,
   Lehrplänen und anderen administrativen Vorga-           – Kriterien zur Konstruktion von Aufgaben zu be-
   ben umzugehen                                             nennen und anzuwenden,
   Die Studierenden sind in der Lage,                      – erste Kriterien und Instrumente zur Beurteilung
   – Ziele des Chemieunterrichts auf der Basis ver-          von Schülerleistungen kritisch auszuwählen und
     schiedener Bildungskonzeptionen zu benennen,            zu benennen.
   – Lehrpläne und Bildungsstandards kritisch zu re-
     flektieren.                                        4. Fähigkeit zur Beobachtung, Erfassung und Be-
                                                           wertung von Lehr- und Lernprozessen sowie zur
Modul 3:     Fachdidaktische unterrichts-                  Reflexion der Handlungsmöglichkeiten im Unter-
             bezogene Handlungs- und                       richt.
             Bewertungskompetenzen                         Die Studierenden sind in der Lage,
                                                           – Beobachtungs- und Bewertungskriterien für Un-
Voraussetzung für dieses Modul ist der erfolgreiche          terricht anzugeben und auch im Sinne einer
Abschluss des Moduls Fachdidaktische unterrichtsbezo-        Selbstevaluation anzuwenden,
gene Basiskompetenzen. Es baut zudem auf fachwissen-       – einzelne Unterrichtsstunden curricular in einen
schaftlichen, erziehungswissenschaftlichen, psycho-          größeren Zusammenhang einzuordnen,
logischen und sozialwissenschaftlichen Grundlagen-         – unterschiedliche Unterrichtsmethoden zu benen-
kenntnissen auf, die im BA-Studium bzw. im                   nen und diese auf Unterrichtsplanung zu bezie-
Grundstudium vermittelt worden sind. Im vorliegen-           hen.

                                                                                                                   VII
Schriftliche Hausarbeit                                      betreffen dabei völlig verschiedene Bereiche, etwa die
                                                                    Einbindung von Studierenden in Schülerlabore, die
       Es ist wünschenswert, dass die Abschlussarbeit für           Durchführung von Exkursionen an außerschulische
       Chemie-Lehramtsstudierende im Fach Chemiedidak-              Lernorte mit Schüler/innen, die gemeinsame Durch-
       tik verfasst wird. Zur Vorbereitung dieser Schriftli-        führung von Lehrveranstaltungen durch unterschied-
       chen Hausarbeit im Umfang von 3 bis 5 Monaten sind           liche Fachdidaktiken oder die Vorbereitung von und
       Vertiefungsstudien in Chemiedidaktik im Umfang               Teilnahme der Studierenden an Fortbildungsveran-
       von 6 ECTS-Punkten notwendig.                                staltungen. Besonders hervorgehoben wird die Ver-
                                                                    netzung zwischen erster und zweiter Phase.
       3. Vernetzung der drei Ausbildungsphasen –                   Abbildung 2 gibt eine Übersicht über mögliche »Blitz-
          Beispiele und Ideen für die Praxis                        lichter« von Vernetzungen:
                                                                    Die unter den jeweiligen Bereichen ausgeführten Bei-
       Von Studierenden und jungen Lehrkräften wird häu-            spiele dienen allein der Veranschaulichung, sie wurden
       fig der Wunsch geäußert, schon im Studium mehr               weder nach besonderen Wertschätzungen ausgewählt,
       Möglichkeiten für Einblicke in Aufgaben und Anfor-           noch erheben sie einen Anspruch auf Vollständigkeit
       derungen des späteren Berufsfeldes zu bekommen,              Voraussetzung für eine erfolgreiche Vernetzung und
       verbunden mit ersten »Gehversuchen« unter Beglei-            für die erhöhte Wahrscheinlichkeit, dass Studierende
       tung. Damit sind keine theoretischen Ausführungen            oder Referendar/innen zusätzliche Angebote neben
       gemeint, sondern Kontakte zu Schülerinnen und Schü-          ihren Pflichtstudienanteilen wahrnehmen, ist die Be-
       lern, späteren Kollegen und dem Umfeld Schule, die es        dingung, dass alle Beteiligten nach ihren Möglichkei-
       den Studierenden bereits zu einem frühen Zeitpunkt           ten und Angeboten eingebunden und umgekehrt alle
       erlauben, ihre eigene zukünftige Rolle kennen zu ler-        Beteiligten nach ihren Bedürfnissen profitieren kön-
       nen und zu reflektieren.                                     nen. Dies gilt für Lernende und Lehrende gleicherma-
       Die fachdidaktischen Grundlagen des Lehramtsstudi-           ßen!
       ums, die im Kerncurriculum ausgeführt sind, können
       diese Vernetzung zwischen Ausbildung und Berufs-
       feld nur teilweise leisten, etwa durch die Gestaltung               : Studierende arbeiten mit Schüler/innen
       der Schulpraktika.
                                                                    Die üblichste und bedeutsame Möglichkeit, mit Schü-
                                                                    ler/innen zu arbeiten und erste Einblicke in einen
                                                                    Schulalltag aus anderer Perspektive zu erhalten, sind
                                                                    die betreuten Schulpraktika oder schulpraktischen
                                                                    Übungen, die an allen Universitäten als Pflichtelement
                                                                    der Lehrerbildung durchgeführt werden sollten. Dar-
                                                                    über hinaus bieten sich aber verschiedene weitere
                                                                    Möglichkeiten, den Studierenden Möglichkeiten zu
                                                                    geben, mit Schüler/innen zu lernen und zu lehren
                                                                    oder Lernvorgänge zu beobachten. Dabei erlaubt die
                                                                    Arbeit mit Kleingruppen eine besondere Chance der
                                                                    intensiven Beobachtung, wie sie im späteren Berufsall-
                                                                    tag kaum mehr gegeben ist.
                                                                    In den letzten Jahren wurden an verschiedenen Uni-
                                                                    versitäten oder auch Forschungslabors und größeren
                                                                    Industrieunternehmen Schülerlabore eingerichtet.
                                                                    Diese dienten vorrangig dem Zweck, Angebote für
                                                                    Schulen zu gestalten, um etwa das Interesse der Schü-
                                                                    ler/innen für Berufsfelder in Bereichen der Naturwis-
                                                                    senschaften zu wecken. Einige Standorte nutzen diese
                                                                    Labore jedoch darüber hinaus für einen anderen
       Abb. 2. Möglichkeiten zur Vernetzung aller drei Phasen der   Zweck, der hier hervorgehoben werden soll: Studie-
               Lehrerbildung                                        rende erhalten die Möglichkeit, in diesen Laboren
                                                                    mitzuarbeiten und dabei Scheine für ihre Ausbildung
                                                                    zu erwerben. Das Spektrum der Möglichkeiten um-
       Nachfolgend sollen daher Beispiele für weitere, ergän-       fasst dabei sowohl die Gestaltung von Aktivitäten für
       zende Veranstaltungen und Aktivitäten dargestellt            Schüler/innen, die Durchführung und Betreuung von
       werden, die die von Studierenden und Studiensemina-          Praktika als auch die Beobachtung und Anfertigung
       ren gewünschte Vernetzung weiter ausbauen können.            von kleineren Forschungsvorhaben oder Qualifizie-
       Ziel ist dabei nicht die Vorgabe einer einheitlichen         rungsarbeiten. Die Studierenden setzen sich dabei in-
       Struktur, sondern vielmehr die Anregung, Ideen und           tensiv mit Fragen der Gestaltung von Lernangeboten,
       »Good Practice-Beispiele« als Möglichkeiten zu sich-         der Beobachtung von Lernprozessen oder auch der
       ten, die unter den Gegebenheiten der jeweiligen Aus-         Tätigkeit des Lehrens und Unterstützens auseinan-
       bildungsstandorte so oder in abgewandelter Form re-          der. Sie werden frühzeitig für ihre spätere Rolle sensi-
       alisierbar sind. Die unterschiedlichen Aspekte               bilisiert und erhalten somit eine zusätzliche Orientie-

VIII
rung für ihre Berufswahl, etwa durch den Umgang                        gramme, die es zum Beispiel Studierenden an den Uni-
mit Schüler/innen verschiedener Altersstufen. Sinn-                    versitäten Dortmund oder Duisburg-Essen ermögli-
voll ist eine solche Mitwirkung von Studierenden in                    chen, mit interessierten oder hochbegabten Schüler/
Schülerlabors allerdings nur, wenn sie schon didakti-                  innen Experimente und Überlegungen durchzufüh-
sches Grundwissen erworben haben. Es wäre kontra-                      ren, die in einer normalen Schulumgebung eher selten
produktiv, sie unvorbereitet Schülerfragen auszuset-                   möglich sind. Das Spektrum der Lernerfahrungen
zen.                                                                   zeigt damit vielfältige Perspektiven auf.
Auch für die Lehrkräfte, die mit ihren Klassen in Schü-
lerlabore kommen, bietet diese Betreuung eine Mög-                             : Studierende und Referendar/innen lernen
lichkeit der eigenen Weiterbildung in der dritten Pha-                           voneinander und miteinander
se: sie lernen unter Umständen nicht nur neue                                    (vertikale Vernetzung)
Experimente, Materialien und Methoden kennen, son-                     Eine bessere Vernetzung der ersten und zweiten Aus-
dern erhalten auch die Möglichkeit, die Lernprozesse                   bildungsphase sollte an allen Standorten angestrebt
ihrer Schüler/innen intensiv aus einer Beobachterrolle                 werden. Dafür ist es notwendig, die in der Chemieleh-
zu betrachten.                                                         rer/innenausbildung angebotenen Bereiche so aufein-
                                                                       ander abzustimmen, dass die Module anschlussfähig
Beispiele                                                              sind und Lücken und Redundanzen vermieden wer-
Für die Umsetzung der genannten Vorhaben mit dem                       den. In diesem Sinne ist eine kontinuierliche Zusam-
Fokus der Vernetzung von Ausbildung und Schüler-                       menarbeit zwischen den ersten beiden Ausbildungs-
lernen können u. a. genannt werden: das Science Fo-                    phasen erforderlich. Die gemeinsame Reflexion der
rum an der Universität Siegen7 (Förderung Bosch-Stif-                  Inhalte ermöglicht es auch, auf aktuelle bildungspoli-
tung), das Chemol-Projekt an der Universität                           tische und didaktische Entwicklungen zu reagieren.
Oldenburg8 (Förderung durch die EWE-Stiftung), das                     Ein Schwerpunkt der Ausbildung in der 2. Phase ist
ChemolLü-Projekt an der Universität Lüneburg9 (ge-                     die Fähigkeit, Theorie und Praxis des Unterrichtens zu
fördert vom Fonds der Chemischen Industrie), die in-                   verbinden. Daher ergeben sich bei der Zusammenar-
teraktive Chemieausstellung »HaZweiOh!« ein ge-                        beit mit der Hochschule auch Möglichkeiten, For-
meinsames Projekt des Kinder- und Jugendmuseums                        schungsvorhaben anzuregen.
mit der Chemiedidaktik der LMU München, das Biele-                     Über diese notwendige strukturelle Abstimmung hin-
felder Teutolab10, oder das NaT-Lab an der Johannes-                   aus bieten einige Universitäts- und Seminarstandorte
Gutenberg-Universität Mainz11 (Aktionsprogramm                         erste Erfahrungen zu gemeinsam durchgeführten Ver-
»Übergänge« des Stifterverbandes für die Deutsche                      anstaltungen. Dabei werden die Angebote der jeweili-
Wissenschaft; Förderung von Gesamtkonzepten der                        gen Standorte explizit genutzt und der Bedarf der je-
Kooperation zwischen Hochschule und Schule) u. v. a.                   weils anderen Seite angesprochen: Studierende
m. genannt werden.                                                     bekommen in der Regel im Rahmen der fachdidakti-
Projekte des Instituts für Didaktik der Chemie der Uni-                schen Ausbildung Gelegenheit, aktuelle Konzepte,
versität Frankfurt am Main zeigen exemplarisch auf,                    Materialien und Medien kennen zu lernen, auszuwäh-
wie der Besuch von Schüler/innen in einem außer-                       len und ggf. aufzuarbeiten. Ihnen fehlt jedoch die
schulischen Lernort oder sogar in der Schule genutzt                   Möglichkeit der Beurteilung vor dem Hintergrund ei-
werden kann, um Lehrkräften eine gezielte Möglich-                     ner praktischen Erprobung, die wiederum Studienre-
keit der Beobachtung und Reflexion von Lernprozes-                     ferendar/innen bieten. So kann eine Zusammenarbeit
sen mit der Unterstützung von Aufträgen und Video-                     z. B. darin bestehen, dass zu einem gewählten Thema
analysen zu geben.                                                     Ziele festgelegt, Materialien durch die eine Seite vor-
Die Einbeziehung solcher Labore böte ferner die Mög-                   gestellt und durch die andere (auf der Basis gemein-
lichkeit, auch Referendar/innen etwa in der Anfangs-                   sam verabredeter Bewertungskriterien) erprobt wer-
zeit ein Heranführen an das Experimentieren mit                        den. Die Referendar/innen (und die betreuenden
Schüler/innen zu ermöglichen, indem sie zunächst                       Lehrer/innen) erhalten dabei Einblick in aktuelle fach-
Aufsicht und Unterstützung für Kleingruppen über-                      didaktische Entwicklungen, die Studierenden die
nehmen und sie nicht unmittelbar die Klassensituation                  Möglichkeit, Chancen und Schwierigkeiten der Schul-
meistern müssen.                                                       praxis kennen zu lernen.
Auch die Arbeit mit Kindergartenkindern, wie sie                       In der Diskussion der Tagungsgruppe ergaben sich
durch die Universitäten Bielefeld und Konstanz ange-                   folgende weitere Ideen für eine praxisorientierte Ausbil-
boten wurden, bietet Studierenden Möglichkeiten zur                    dung der Studierenden, die zum Teil auch schon prakti-
Erprobung des eigenen Lehrens und zum Beobachten                       ziert werden:
von Interessen und Lernprozessen von Kindern.                          – Lehrbeauftragte an der Universität kommen aus der
Nicht unerwähnt bleiben sollen auch die vom Fonds                         Schulpraxis:
der Chemischen Industrie geförderten Mentoring-Pro-                       Ausbildungslehrer/innen oder Fachleiter/innen
                                                                          beteiligen sich in Form von Lehraufträgen an den
                                                                          Ausbildungsmodulen
7
                                                                       – Hospitationen von Studierenden im Unterricht und bei
   http://www.science-forum.de/forumstudi.html
8  http://www.chemie.uni-oldenburg.de/chemol/html/                        Unterrichtsbesuchen von Referendar/innen:
9 http://www.uni-lueneburg.de/fb4/institut/oekchem/uchemie/mitarbei-      Den Studierenden soll die Möglichkeit gegeben
   ter/steffensky.htm                                                     werden, den Blick frühzeitig für ihr späteres Berufs-
10 http://www.teutolab.de
11 http://www.nat-schuelerlabor.de/natlab.htm
                                                                          feld zu schärfen. Hierbei profitieren sie vor allem

                                                                                                                                   IX
von dem intensiven Beratungsgespräch mit den
      Ausbilder/innen. Sie bekommen Einblicke in die                     : Einblick in Lehrerfortbildungen als
      Komplexität des Unterrichts sowie in die Bedeu-                      Bestandteil von Professionalisierung
      tung von Planungsentscheidungen und deren Um-          Im Unterschied zu einigen anderen Ländern ist in
      setzung.    Diese    Erfahrungen      tragen    zum    Deutschland das Verhältnis von Lehrer-aus- zu Leh-
      Perspektivwechsel in die zukünftige Lehrerrolle bei.   rerweiterbildung extrem verteilt: während die Ausbil-
    – Schulpraktische Studien:                               dung länger dauert als in vielen anderen Ländern, er-
      Im Rahmen eines mehrwöchigen Fachpraktikums            folgt die Weiterbildung in der Regel freiwillig und
      bereiten die Studierenden unter fachlicher Betreu-     unsystematisch. Die Gründe dafür liegen zum einen
      ung eine Unterrichtssequenz vor, führen den Unter-     ganz sicher in der oftmals fehlenden Struktur und den
      richt praktisch durch und reflektieren die             in vielen Fächern unzureichenden Angeboten. Zum
      Unterrichtseinheit.                                    anderen ist aber ebenso zu konstatieren, dass auch vie-
    – Einbeziehen der Referendar/innen in Projekte an        le Lehrkräfte eine regelmäßige Weiterbildung nicht als
      der Hochschule:                                        festen Bestandteil ihres Berufes, sondern eher als »frei-
      Wir regen an, dass Referendar/innen und Fachlei-       willige Zusatzaufgabe« auffassen. Eine Einstellung ge-
      ter/innen eine Abschlusspräsentation fachdidakti-      genüber einem lebenslangen Lernen kann im Studium
      scher Hochschulseminare (z. B. die Entwicklung         ggf. angebahnt werden, indem Studierende in die
      von Unterrichtsvorschlägen) besuchen, dadurch          Möglichkeiten und Angebote von Fortbildungen ein-
      selbst von den erarbeiteten Inhalten profitieren und   bezogen werden. Für die Studierenden bieten sich da-
      ihrerseits den Student/innen ein Feedback über         bei ebenso Gelegenheiten, mit Lehrer/innen aus der
      Schulrelevanz und Praxisnähe geben können.             Praxis gemeinsam Unterricht zu diskutieren sowie
    – Gemeinsame Planung und Durchführung von Ex-            Schwierigkeiten und Erfahrungen aus dem realen
      kursionen für Schüler/innen zu außerschulischen        Schulalltag zu erfahren.
      Lernorten durch Studierende und Referendar/in-
      nen:                                                   Beispiele
      Kontakte und fachliches Know-How der Hochschule        An der Universität Kiel wurde exemplarisch im Rah-
      können ergänzt werden durch die schulpraktischen       men einer Projektveranstaltung mit Studierenden eine
      Notwendigkeiten in Hinsicht auf schulrechtliche As-    Lehrerfortbildung vorbereitet, wobei diese die Aufga-
      pekte einer Exkursion sowie der Organisation der       be erhielten, zu einem vorgegebenen Thema den Stand
      Fahrt.                                                 der Forschung aufzuarbeiten, Materialien zu sichten
                                                             und zusammen zu stellen und Experimente zu erpro-
                                                             ben und – unter Beratung – auszuwählen. Die Studie-
           : Kontakte zwischen zweiter und dritter Phase     renden nahmen auch an der Fortbildung teil, in der sie
                                                             gemeinsam mit den Lehrer/innen anhand der Materi-
    Der von den jungen Lehrkräften stark bedauerten          alien mögliche Unterrichtssequenzen planten und dis-
    »Vernachlässigung« in ihrer Berufseingangsphase          kutierten. Auch Referendare könnten erweiternd in
    lässt sich durch gelegentliche Unterrichtsbesuche zu-    derartige Veranstaltungen einbezogen werden und
    sammen mit den nachrückenden Referendar/innen            von dem Angebot der Fortbildung profitieren.
    ein wenig entgegenwirken. Diese Kontakte können          Ähnliches wird auch in den Lehrerfortbildungszent-
    zum einen diesen gerade erst mit dem vollen Stunden-     ren der GDCh an verschiedenen Standorten erprobt.
    volumen und Aufgabenfeld einer Lehrkraft konfron-        In der Schüler-Labothek Duisburg12 arbeitet die Che-
    tierten Junglehrer/innen die Möglichkeit bieten, auch    miedidaktik der Universität regelmäßig mit Lehrerin-
    zu Beginn der dritten Phase noch einmal eine gemein-     nen und Lehrern der dritten Phase zusammen. Das Be-
    same Reflexion und Tipps für den eigenen Unterricht      sondere an diesem Projekt ist, dass die Experimente
    zu erhalten. Zum anderen eröffnen diese Besuche den      und Themen der Labothek an die konkreten Unter-
    beteiligten Referendar/innen einen Einblick in die Si-   richtsinhalte der jeweiligen Lerngruppe anknüpfen.
    tuation einer »Lehrprobe mit Besprechung«, ohne dass     Die beteiligten und von ihrem Lehrer vorbereiteten
    diese bereits mit emotionalen Belastungen für sie        Schüler erleben somit eine Ergänzung und Erweite-
    selbst einhergeht. Getrennte Nachbesprechungen (mit      rung ihres normalen Unterrichtsstoffes.
    und ohne Lehrkraft/Fachleiter; ggf. auch mit Schü-
    lern) ermöglichen dabei auch die gezielte Beratung der
                                                                         : Vernetzung von Schulpraxis und
    jungen Lehrkraft in einer ebenfalls geschützten At-
                                                                           fachdidaktischer Forschung
    mosphäre. Werden Oberstufenschüler beteiligt, ge-
    winnen sie eine weitere Sichtweise für Unterricht, was   Über Unterrichtspraxis wird häufig ausgesagt, dass sie
    möglicherweise von Bedeutung für ihre Berufswahl         die Erkenntnisse der Lehr- und Lernforschung zu we-
    ist.                                                     nig berücksichtige und umsetze. Diese Erkenntnis
                                                             kann ebenso aus anderer Perspektive formuliert wer-
    Beispiel                                                 den: offenbar gelang es insbesondere der empirischen
    Am Seminar für Didaktik und Lehrerbildung Rottweil       Forschung bislang nur unzureichend, ihre Ergebnisse
    finden seit einigen Jahren regelmäßig Besuche von Re-
    ferendarsgruppen im Unterricht von ehemaligen Refe-
    rendar/innen mit anschließender (mehr oder weniger       12 http://www.theochem.uni-duisburg.de/DC/material/chonline/labo-

    öffentlichen) Analyse statt.                              them.htm

X
in die Praxis einfließen zu lassen und damit die Wei-      Beispiele
terentwicklung von Unterricht zu unterstützen.             Seit drei Jahren gibt es an der Universität Kiel Erfah-
Aktuelle Projekte zur Unterrichtsveränderung setzen        rungen mit der Zusammenarbeit verschiedener Fach-
an dieser beidseitigen Schwierigkeit an, indem sie von     didaktiken z. B. durch gemeinsame Seminare zu fach-
Beginn an Praxis und Forschung enger verschränken.         übergreifenden Unterrichtsthemen, die Studierende
Oftmals werden dabei Gruppen gebildet, in denen            verschiedener Fachrichtungen gemeinsam ausarbei-
Lehrer/innen und fachdidaktische Forscher/innen            ten.
gemeinsam an Unterrichtsprojekten arbeiten. Diese          In Baden-Württemberg wird ein fächerverbindendes
Art der Zusammenarbeit stellt dabei nicht nur eine         Unterrichtsvorhaben derzeit im Rahmen der Einfüh-
Brücke zwischen Forschung und Praxis her, sondern          rung des Faches »Naturwissenschaft und Technik« als
bietet ebenso eine Möglichkeit für einen länger andau-     verbindliches Element der Lehrerausbildung am Se-
ernden und ausbaufähigen Weiterbildungsprozess.            minar installiert.
Forschungsarbeiten können darin stärker auf Praxis-        Die Kooperation von Lehramtsstudierenden in ge-
bedürfnisse bezogen und Ergebnisse gemeinsam dis-          meinsamen Studienprojekten oder auch kleineren
kutiert werden, so dass auch hier das Ziel sein muss,      »Forschungsprojekten« mit Diplomstudierenden oder
dass alle Beteiligten langfristig von einer solchen Koo-   Doktoranden der nichtdidaktischen Forschungsrich-
peration profitieren können.                               tungen der Chemie erscheint ebenfalls als gewinnbrin-
                                                           gende Idee. Studierende erlangen so in ihrer Ausbil-
Beispiele                                                  dung zum Chemielehrer verstärkt Einblick in reale
Eine engere Vernetzung von Forschung und Praxis als        Labor-Forschungsprojekte und erhalten dadurch Ge-
Basis für Professionalisierung und Unterrichtsverän-       legenheit, ihre Kompetenz zum wissenschaftlichen
derung versuchen etwa das BLK-Programm »SINUS /            Arbeiten zu schulen.
SINUS-Transfer«13 oder die Projekte »PIN«14 und
»ChiK«15 (Förderung durch BMBF und Länder) dar.
Auch die systematische Weiterbildung von Betreu-           Blick über die Ländergrenzen
ungslehrkräften für Studierende oder Referendare
könnte durch eine engere Zusammenarbeit zwischen           Zusätzlich zu den sicherlich bekannten Fördermög-
Universität und Hochschule ausgebaut werden.               lichkeiten chemiedidaktischer Projekte gibt es auch be-
                                                           trächtliche Finanzmittel der EU. Seit den Beschlüssen
                                                           von Bologna ist das Ziel einer gegenseitigen Annähe-
            : Horizontale Vernetzungen in der ersten und
                                                           rung der Lehrerausbildung in den Ländern der EU
              zweiten Ausbildungsphase
                                                           klar vorgegeben. Über das Bildungsprogramm SOK-
Gemäß den Erwartungen unter Punkt 2 und 3 am Be-           RATES werden die dazu notwendigen Mittel verteilt.
ginn dieses Papiers sollen die Hochschulabgänger           Projekte der oben beschriebenen Art gehören zum Un-
Kompetenzen über ihr Fach hinaus erlangen. Dies ist        terprogramm COMENIUS 2.1, das für Europäische
auch deswegen von Bedeutung, weil derzeit viele Bun-       Kooperationsprojekte der Lehreraus- und fortbildung
desländer insbesondere für die Jahrgänge 5 und 6 fä-       zuständig ist. Teilnehmen können u. a. Schulen, Hoch-
cherübergreifende oder sogar integrierte naturwissen-      schulen, Aus- und Fortbildungseinrichtungen für Leh-
schaftliche Kurse einführen. Demgegenüber orientiert       rer und schulpädagogisches Personal, also auch Studi-
sich die Lehrerausbildung – bis auf Projekte innerhalb     enseminare. Ansprechpartner für diese Projekte ist in
des Studiums – an den einzelnen Fächern. Solche Pro-       Deutschland der Pädagogische Austauschdienst
jekte sollten demnach fester Bestandteil der Lehrerbil-    PAD16 in Bonn. Von der angegebenen Internetseite
dung sein, die auf einen fachbezogenen wie auf einen       kommt man über SOKRATES und COMENIUS an alle
in früheren Jahrgängen integrierten oder vernetzten        gewünschten Informationen. Es ist sogar eine Partner-
Unterricht vorbereiten muss.                               suchdatenbank17 der EU-Kommission eingerichtet, die
Dabei bietet die Zusammenarbeit verschiedener Fach-        man über das Stichwort »Partnersuche erreicht.
didaktiken bereits im Studium die Möglichkeit, dass        Hauptziele des Programms COMENIUS 2.1 sind die
sich Studierende unterschiedlicher Fächer über ihre        Verbesserung der Qualität und die Stärkung der euro-
Inhalte, Ansätze und Schwierigkeiten informieren           päischen Dimension der Schulbildung. Die Verbesse-
können. Auch in der zweiten Phase könnten Referen-         rung der Lehrerausbildung wird dabei als Grundvor-
dare auf der Basis weniger Pflichtstunden im Ver-          aussetzung angesehen. Dies ist daran zu erkennen,
gleich zu ihrem späteren Schulalltag Erfahrungen mit       dass aus jedem Teilnehmerland mindestens eine Ein-
der gemeinsamen Gestaltung von Unterricht mit ver-         richtung aus dem Bereich der Lehreraus- oder -fortbil-
schiedenen Fächern, nach Möglichkeit verbunden mit         dung mitarbeiten muss.
gegenseitigen Hospitationen, sammeln.

13 http://www.sinus-transfer.de/
14 http://www.pin-konzept.de/                              16 http://www.kmk.org/pad/sokrates2
15 http://www.chemie-im-kontext.de/                        17 http://www.siu.no/socpart

                                                                                                                     XI
Feedback, Evaluation und                                   Teilnehmerinnen und Teilnehmer
      gegenseitige Weiterbildung
                                                                 H.-D. BARKE, Universität Münster (Tagungsleitung)
      Neben den genannten konkreten Ideen und Anregun-           HORST DEIßENBERGER, Ohm-Gymnasium Erlangen
      gen sollte überlegt werden, wie eine engere Zusam-         RUDOLF ENGLER, Universität Wuppertal
      menarbeit zwischen Hochschule und Seminar erreicht         ALFRED FLINT, Universität Rostock
      werden kann. Für eine kontinuierliche Optimierung          BOLKO FLINTJER, Pädagogische Hochschule Weingar-
      sind Feedback und Evaluationsschritte unerlässlich,        ten
      die Aussagen über erfolgreiche Schritte und noch offe-     THEODOR GROFE, Studienseminar Lüneburg
      ne Probleme zulassen.                                      GÜNTER HARSCH, Universität Münster
      Einen Idealfall stellen sicherlich regelmäßige Treffen     REBEKKA HEIMANN, Universität Münster
      zwischen den Ausbilder/innen dar. Fachdidaktik und         FRANK HEMER, Herzog-Ernst-Gymnasium Uelzen
      Fachseminar können sich dabei bzgl. der Ausbil-            CLAUS HILBING, Gymnasium Borken
      dungsinhalte in erster und zweiter Phase abstimmen;        HENRY HILDEBRANDT, Universität Paderborn (Referent)
      dadurch sollte ein gegenseitiges Feedback sichergestellt   KRISTINA HOCK, LMU München
      sein. Das Fachseminar gibt aktuelle Entwicklungen          INES HOEHLER, Studienseminar Frankfurt am Main
      der Schule an die Hochschule zurück (z. B. veränderte      VOLKER HOFHEINZ, Universität Siegen (Referent)
      Arbeitsbedingungen für Lehrer/innen, veränderte            MATTHIAS KREMER, MNU-Vorstandsamt Chemie (Ta-
      Lernbedingungen für Schüler/innen, Bericht der Refe-       gungsleitung, Endredaktion)
      rendar/innen und Fachleiter/innen über aktuelle He-        BIRGITTA KRUMM, Fachgruppe Chemieunterricht der
      rausforderungen an Student/innen) und nimmt dafür          GDCh (Tagungsleitung)
      neue Anregungen seitens der Forschung auf und inte-        BETTINA LABAHN, Staatl. Studienseminar Neuruppin
      griert diese. Wünschenswert ist z. B. eine Erprobung       ARNIM LÜHKEN, Studienseminar Frankfurt am Main
      von an der Hochschule entwickelten Konzepten und           STEFANO MARINO, Goethe-Gymnasium Emmendingen
      Methoden an der Schule. Geeignete Foren für den Aus-       IMKE MEYER, Lessing-Gymnasium Uelzen, Universität
      tausch sind beispielsweise Lehrerfortbildungen, Di-        Lüneburg
      daktik-Projekte an Hochschulen oder die regelmäßige        FRANZ-PETER MONTFORTS, Universität Bremen (Vorsit-
      MNU-Fachleitertagung.                                      zender der Fachgruppe CU)
      Eine andere Möglichkeit stellt die ergänzende Evalua-      ILKA PARCHMANN, IPN an der Universität Kiel
      tion der Ausbildung in der ersten Phase der Lehreraus-     BERND RALLE, Universität Dortmund (Vorstand Ge-
      bildung in Form einer Rückmeldung der Referendar/          sellschaft für Fachdidaktik)
      innen etwa in der Mitte der zweiten Phase über die         REINHARD RÖLLEKE, Abendgymnasium Münster
      Studienseminare an die Fachdidaktiken ihrer Studien-       BURKHARD ROLOFF, Koordinator Fachseminar Berlin
      orte dar, etwa anhand folgender Fragen:                    GUNTHER SACK, Humboldt-Schule Hannover
      Welche Ausbildungsteile der fachdidaktischen Aus-          MARIANNE SGOFF, Vorstandsmitglied der Fachgruppe
      bildung in der ersten Phase waren für den schulischen      CU (Tagungsleitung)
      Alltag hilfreich, worauf könnte verzichtet werden, was     KARIN STACHELSCHEID, Universität Duisburg-Essen
      wurde von Ihnen besonders vermisst?                        ROBERT STEPHANI, Studienseminar Kaiserslautern
      Die Antworten wären sowohl für die Chemiedidaktik          ELISABETH STÖCKL, ISB München
      als auch die Fachwissenschaftler an der Hochschule         MICHAEL TAUSCH, Universität Duisburg-Essen (Refe-
      mit Sicherheit hilfreich. In gleicher Weise könnte         rent)
      durch eine strukturierte Weiterbildung in der sog.         URSULA WEBER-HÜTTENHOFF, Studienseminar Wup-
      dritten Phase eine Rückmeldung an die Studiensemi-         pertal
      nar gegeben werden.                                        HELMUT WENCK, Universität Bielefeld

XII
Sie können auch lesen