Programmheft 22.07.2022 Junge Elite: Le Consort

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Programmheft 22.07.2022 Junge Elite: Le Consort
Programmheft 22.07.2022
Junge Elite: Le Consort

                          Finanzgruppe Mecklenburg-Vorpommern
Programmheft 22.07.2022 Junge Elite: Le Consort
Freitag, 22.07.2022, 19:00 Uhr · Fincken, Kirche

              Junge Elite: Le Consort
              Vivaldi und Reali

              Le Consort Barockensemble
                  Sophie de Bardonnèche Violine
                  Théotime Langlois de Swarte Violine
                  Hanna Salzenstein Violoncello
                  Justin Taylor Cembalo

Die Konzertreihe »Junge Elite« wird ermöglicht durch die CENTOGENE GmbH.
Mit freundlicher Unterstützung von Marie-Luise Hunke
Programmheft 22.07.2022 Junge Elite: Le Consort
Antonio Vivaldi (1678–1741)
Triosonate g-Moll op. 1 Nr. 1 RV 73
   Preludio
   Allemanda
   Adagio
   Capriccio
   Gavotta

Giovanni Battista Reali (1681–1715)
Triosonate D-Dur op. 1 Nr. 4
   Grave — Allegro — Grave — Allegro

Antonio Vivaldi
Sonate Nr. 5 e-Moll für Violoncello und Basso continuo op. 14 Nr. 5 RV 40 (Auszug)
   Largo

Giovanni Battista Reali
Triosonate A-Dur op. 1 Nr. 10
   Grave — Allegro — Grave — Allegro

Triosonate d-Moll op. 1 Nr. 2
   Grave e staccato — Vivace — Grave — Allegro

Triosonate d-Moll op. 1 Nr. 12
   Tema (Andante) con Variazioni

Pause
Programmheft 22.07.2022 Junge Elite: Le Consort
Giovanni Battista Reali
Triosonate D-Dur op. 1 Nr. 1
   Grave — Allegro — Grave — Allegro

Antonio Vivaldi
Triosonate F-Dur RV 68 (Auszug)
   Andante

Giovanni Battista Reali
Triosonate d-Moll op. 1 Nr. 9
   Grave — Allegro — Grave — Allegro

Antonio Vivaldi
Konzert D-Dur für Cembalo solo op. 3 Nr. 9 RV 230
(Auszug; orig. für Violine, Streicher und Basso continuo, Fassung von Johann
Sebastian Bach)
   Larghetto

Triosonate d-Moll op. 1 Nr. 12 RV 63 »La Follia«
   Tema (Adagio) con Variazioni

Bild- & Tonaufnahmen — auch mit dem Handy — sind untersagt.
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Programmeinführung

»Rivalità« im Speccio Veneziano
»Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist der beste Violinist
im Veneto-Land?« Frei nach dem Märchen Schneewittchen,
das in einer italienischen Variante »Bella Venezia« heißt,
stellt das heutige Programm zwei junge Venezianer gegen-
über. Fast zeitgleich stellten sich die beiden Geigenvirtuosen
mit ihren exzellenten Erstlingswerken der Öffentlichkeit
vor. Während der Glanz des einen seit etwa 70 Jahren in der
Ruhmeshalle ungebrochen reflektiert wird, verblasste das
Abbild des Anderen zusehends im blinden Spiegel der Ver-
gessenheit. Die Musikgeschichtsschreibung kann mitunter
ein trügerisches Zerrbild sein. Welche Werke sichtbar bleiben,
entscheidet sich oft sehr früh. Im barocken Venedig waren
die Erfolgsmechanismen vermutlich ähnlich wie heute:
Nicht der beste Musiker landet automatisch einen Hit, sondern
wer aus der Masse der Oberflächlichkeit hervorsticht. Der
etwas exzentrische Vivaldi hatte hier klare Vorteile, fiel er
doch schon mit seinen langen roten Haaren auf. Sensations-
lüstern wartete das Publikum bei Aufführungen auf einen
erneuten Schwächeanfall des chronisch kränklichen Maestros.
Oder man tuschelte, der Priester sei mal wieder mit zwei
Frauen gesehen worden. Seine ganze Erscheinung machte
ihn zum Gesprächsthema der Lagunenstadt. Vivaldis Be-
gabung, seine Beharrlichkeit und Beziehungen mögen die
Karriere ebenfalls befördert haben. Reali war dagegen offen-
bar einfach nur eines: ein guter Violinist.
   Realis Leben liegt entsprechend weitgehend im Dunkeln.
Er war drei Jahre jünger als Vivaldi und überlebte seinen
berühmten Gegenspieler um zehn Jahre. 1709 druckte Giu-
seppe Sala Realis Opus 1. Der Titel des Erstdrucks bezeichnet
Reali als »Professore Venezo«. Das gleiche Attribut erhält
Vivaldi in einem Roger-Druck von 1710. Wir können nur spe-
kulieren: War Reali wie Vivaldi Lehrer an einem Waisenhaus
oder privater Musikdozent? 1711 wird Reali als Violinist am
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Programmeinführung

Teatro San Fantin aufgeführt, einem kleinen Vorläufer des
berühmten La Fenice. Im September 1727 kam seine ver-
schollene Oper »Il regno galante« nach einem Libretto von
Boccardi im Teatro San Moisè zur Aufführung, wo auch
Vivaldi-Opern debütierten. Man lobte die »virtuosen Har-
monien« Realis. Laut Libretto war Reali nun Maestro di cap-
pella im Dienste des Herzogs von Guastalla. Doch der junge
Antonio Ferdinando Gonzaga kam zwei Jahre später bei
einem Brand ums Leben. Danach verschwindet Reali im
toten Winkel der Geschichte.
   Norditalien, vor allem die Republik Venedig, war seiner-
zeit eine ideale Projektionsfläche für Violinisten. Es gab
unzählige Stellen in den Ensembles der Palazzi, Kirchen-
spiele und Theater. Wer als Geiger etwas auf sich hielt, pub-
lizierte eigene Werke. Vivaldi und Reali veröffentlichten ihre
Erstlingswerke mit nur vier Jahren Abstand. Beide Musiker
widmeten die Triosonaten dem großen Arcangelo Corelli.
Und noch eines eint die Violinisten: Sie sind mit den ver-
alteten italienischen Drucktechniken und den unzureichenden
Vertriebswegen unzufrieden und lassen ihr jeweiliges Opus
1 kurz nach der Erstauflage in Amsterdam bei Estienne
Roger im modernsten Kupferstich neuauflegen (Vivaldi
1715, Reali 1710). Doch während Vivaldis Drucke zum Best-
seller werden, finden Realis Werke offenbar keinen großen
Absatz. An Rogers Marketing hat es nicht gelegen. Für das
internationale Publikum pries er die »X Suonate a Tre« des
»Zuanne Reali« selbstbewusst im perfekten Druck an: »Edition
corrigée trez exactement sur la Participation par Estienne
Roger«. In der Neuauflage fehlte die Folia, weil sie ein weiteres
Violoncello vorschreibt. Damit erschien sie Roger wohl für
potenzielle Kunden einer Sammlung mit Triobesetzung als
ungeeignet.
   Beide jungen Geiger setzten sich offensichtlich intensiv
mit Corelli, Gentili, Ruggieri oder Albinoni auseinander. Sie
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versuchten jeweils, die Triosonate aus einem persönlichen
Blickwinkel zu betrachten. Bereits formal gibt es Unter-
schiede. Während Vivaldi neue Tanzsätze einfließen lässt,
folgt Reali konsequent der altmodischen Sonata da chiesa
mit der Folge langsam-schnell-langsam-schnell. Einige Sätze
spiegeln wiederum ähnliche Ansichten wider, so hören wir
den gleichen Staccato-Effekt im ersten Grave der zweiten
Reali-Sonate und im Adagio der ersten Vivaldi-Sonate. Viele
Sätze, besonders deutlich in der vierten Sonate, entwickelt
Reali aus einer Spielfigur heraus, etwa aus punktierten Ton-
repetitionen oder Arpeggien, wobei er es versteht, effektvoll
klangliche Glanzlichter zu setzen. Auch rhythmische Bass-
Modelle dienen ihm als Grundlage. Die mittleren Grave-
Abschnitte haben eher einen Episoden-Charakter und sorgen
mit kunstvoll platzierten Dissonanzen für herzergreifende
Stimmungen. Expressive Tiefe erreichen auch Realis strin-
gente Fugati, besonders in der neunten Sonate. Sein be-
rühmter Antipode scheint ihm technisch überlegen zu sein,
wenngleich Reali ungewöhnlich hohe Passagen vorschreibt.
Vivaldi ist zudem harmonisch kühner und abwechslungs-
reicher, schon im Preludio der ersten Sonate ist dies deutlich
zu hören. Einige Ideen sind so originell — man achte etwa auf
einige Schluss-Kadenzen oder die Harmonien im Capriccio
der ersten Sonate— dass wir im Opus 1 bereits typisch »vival-
desque« Stilmittel wiedererkennen.
   Typisch für Reali ist eine gewisse Vorliebe für das Cello,
so bietet es sich an, einen Satz aus einer Vivaldi-Cellosonate
gegenüberzustellen. Die Sonate in e-Moll scheint stilistisch
auf frühere Kompositionen zurückzugehen. Mit einigen auf-
fälligen Phrasierungen und Wendungen zur Doppeldominante
oder zum Neapolitaner zeigt sich Vivaldi im sanglichen
Kopfsatz von einer ungewohnt empfindsamen Seite. Die
Sonate RV 68 ist dem Spätwerk zuzuordnen. Der Bass ist gemäß
der Angabe »anco senza Basso« ad libitum zu verwenden,
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womit das innig-zärtliche Adagio wie ein Bicinium einer
Telemann-Etüde ausgeführt werden kann. So wie sich
Vivaldi hier der kopflastigen Musik nördlich der Alpen
zuwandte, so transkribierte Bach im BWV 972 für Cembalo
eine Sonate aus Vivaldis temperamentvoller Sammlung
L’estro armonico von 1711.
   In der wechselseitigen Betrachtung der Folia-Variationen
werden die Unterschiede zwischen Vivaldi und Reali
besonders deutlich. Beide Komponisten zeigen sich hier von
ihrer einfallsreichsten Seite, um sich von Corellis Vorbild aus
Opus 5 Nr. 12 abzusetzen. Die Komponisten übertreffen sich
gegenseitig mit der Auswahl an spieltechnischen Figuren
und Effekten, satztechnischen Modellen und klanglichen
Ausschmückungen. Vivaldi reizt das Thema allerdings mehr
aus und bewirkt etwa in der neunten Variation eine größere
Tiefe. Allenthalben scheint sein unnachahmlicher Personal-
stil durch, vor allem gegen Ende ist sein Gegenentwurf
virtuoser.
   Wie oft wurde Vivaldi als mittelmäßiger Komponist dar-
gestellt, als unreflektierter Wiederkäuer, der »500 Mal das-
selbe Konzert geschrieben« habe, wie Strawinski einst aus
seiner Perspektive lästerte. Der direkte Vergleich mit Reali
zeigt, dass Vivaldi zurecht einen Ehrenplatz in der Musik-
geschichte einnimmt. Dennoch muss sich Reali nicht vor
dem großen venezianischen Spiegelbild verstecken. Seine
Werke stehen vielen anderen Repertoire-Stücken in nichts
nach, wenn sie wie von Le Consort vorbildlich ins rechte
Licht gerückt werden. Im Märchen Bella Venezia wird die
schöne Tochter übrigens in der Verbannung immer schöner,
bis sie von einem Prinzen erlöst wird. Dem Ensemble Le
Consort kann nicht genug gedankt werden, dass es Realis
fabelhafte Sonaten wie die schlafende Schönheit aus den
Tiefen der Schattenwelt wachgeküsst hat.
heiko maus
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Biografien

Le Consort
Barockensemble
Das 2016 gegründete Le Consort ist ein einzigartiges Kammer-
musikensemble, das aus Sophie de Bardonnèche und
Théotime Langlois de Swarte (Violinen), Louise Pierrard
(Viola) oder Hanna Salzenstein (Violoncello) und Justin Tay-
lor (Cembalo) besteht und Kammermusik aus dem 17. und
18. Jahrhundert aufführt.
   Die Ensemblemitglieder kombinieren die Werke bekannter
Komponisten wie Corelli, Vivaldi und Purcell mit Komposi-
tionen weniger bekannter Zeitgenossen wie Reali und
Dandrieu. In ihrer Interpretation schaffen sie Dialoge mit
den beiden Violinen und dem Basso continuo, um eine Fülle
von Kontrasten zwischen Vokalität und Virtuosität zu ent-
falten. Le Consort greift die Form der Triosonate, die Quint-
essenz der barocken Kammermusik, auf und spielt sie mit
einer persönlichen, dynamischen und farbenreichen Sprache.
   Zu den aktuellen Höhepunkten gehören Auftritte bei
Festivals wie den Gstaad Sommets Musicaux, den Inns-
brucker Festwochen der Alten Musik, der Philharmonie de
Paris, bei La Seine Musicale, DeBijloke Gent, den Llums
d’Antiga in Barcelona, Sevilla (ICAS), bei Milano Arte
Musica, bei den Settimane Musicali Meranesi in Meran, bei
der Unione Musicale Torino, bei den Settimane Barrocche di
Brescia, im Teatro di Verona und beim Wonderfeel Festival
in Amsterdam.
   Im Juni 2017 gewann Le Consort sowohl den Ersten Preis
als auch den Publikumspreis beim Internationalen Wett-
bewerb für Alte Musik Val de Loire und wurde seitdem zu
Auftritten in Paris (Louvre Auditorium), an der Oper von
Dijon, beim Osterfestival in Deauville, im Arsenal in Metz,
beim MA Festival in Brügge, beim Sablé Festival, bei der Pau
Casals Stiftung, im Anvers de Singel und im Misteria Pascha-
lia Festival in Krakau eingeladen.
Spielstätte

                                     Fincken, Kirche
                                     1801 wurde das Gutshaus in Fincken errichtet und zwischen
                                     1850 und 1860 mit einem saalartigen Anbau im Stil der
                                     Tudorgotik erweitert. Heute wartet es darauf, wieder mit
Die Kirche in Fincken war am         Leben gefüllt zu werden. Der schöne Landschaftspark mit
30. Juni 2010 erstmals Spielstätte   seltenen Bäumen wurde in der ersten Hälfte des 19. Jahr-
der Festspiele Mecklenburg-          hunderts angelegt. Auf einem kleinen Hügel findet man die
Vorpommern.                          Kirche, ein schmucker, verputzter Backsteinbau aus dem
                                     18. Jahrhundert, dessen Ursprünge aber deutlich älter sind.
                                     Der Chor aus Feldstein soll bereits zwischen 1290 und 1310
                                     erbaut worden sein. Die Ausstattung der Kirche stammt aus
                                     der Zeit nach 1850. Blickfang im Inneren ist der Altar mit den
                                     Putten und der Engelsgruppe.
»Die Musik spricht für sich allein.
 Vorausgesetzt, wir geben ihr eine Chance.«
 Lord Yehudi Menuhin

Seit 2010 unterstützt die Stiftung der Festspiele Mecklenburg-Vorpommern das
Festival dabei, Musik erklingen zu lassen und das Publikum zu begeistern. Mit dem
Stiftungsvermögen wird eine langfristige Finanzierung gesichert. Mit dem Kauf
der ehemaligen »Ersparnisanstalt« in der Schweriner Lindenstraße konnte dem
Festival ein Zuhause gegeben werden. So tun wir das Unsrige, um der Musik eine
Chance zu geben. Seien Sie ein Teil davon.
Das Stiftungskonzert im Festspielsommer und das Stifterfest im November bieten
Raum und Rahmen für Austausch und Begegnung.

Zustiftungen sind ab 500 Euro möglich. Dabei gibt es verschiedene Kategorien von
Andante (ab 500 Euro) bis Platin (ab 100.000 Euro). Eine Nennung im Stiftungsver-
zeichnis ist möglich. Über die vielfältigen Möglichkeiten einer einmaligen, regel-
mäßigen oder testamentarischen Zustiftung beraten wir Sie gerne persönlich.

Werden Sie Stifter, werden Sie Stifterin!

 kontakt Bianca Wagner · Lindenstraße 1 · 19055 Schwerin · t 0385 5918530 · f 0385 5918510 · stiftung@festspiele-mv.de
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Intendantin Ursula Haselböck KAUFMÄNNISCHER DIREKTOR Toni Berndt
redaktion und satz Isabel Schubert · i.schubert@festspiele-mv.de
Anzeigen Luisa Zimmermann · l.zimmermann@hne-sponsorenpool.de
druck Digital Design — Druck und Medien GmbH
fotos und abbildungen Julien Benhamou (Le Consort) · Holger Martens (Kirche Fincken)

Änderungen vorbehalten.
Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung des Herausgebers.

wir danken
unserem partner
    Finanzgruppe Mecklenburg-Vorpommern

unseren hauptsponsoren und -förderern

unseren medienpartnern

sowie
Wir engagieren uns für die Diagnose und Erforschung
 seltener Krankheiten, mit dem Ziel, die Entwicklung
         neuer Therapien zu beschleunigen.

Wir wünschen allen Besuchern der Festspiele MV ein
          unvergessliches Hörerlebnis.
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