Publik MAGAZIN DER UNI KASSEL

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Publik MAGAZIN DER UNI KASSEL
publik
                                                Nummer 2
                                              3. Juni 2019
                                             42. Jahrgang
                                               PVSt. DPAG
                                                    H2630
                                            Entgelt bezahlt

                   MAGAZIN DER UNI KASSEL

Lässt sich das Altern
von Zellen steuern?

Kassels erster TEDx Talk

Sven Plöger
auf dem ­Campusfest
Publik MAGAZIN DER UNI KASSEL
Editorial

                                                                                                                                                                     Dass die Beschäftigung mit großen gesellschaftsrelevanten
                                                                                                                                                                     Fragen eines unserer Kernanliegen bleibt, werden wir auch
                                                                                                                                                                     beim diesjährigen Campusfest zeigen. Der Klimawandel wird
                                                                                                                                                                     im Zentrum der Hauptveranstaltung mit dem bekannten
                                                                                                                                                                     ­Meteorologen Sven Plöger sowie Prof. Dr. Uwe ­Schneidewind
                                                                                                                                                                     stehen. Ich freue mich über die schöne Entwicklung unseres
                                                                                                                                                                     Campusfestes, danke ausdrücklich dem Organisationsteam
                                                                                                      Ein Blick in die vorliegende Ausgabe der publik zeigt: Die     und allen Beteiligten und lade Sie ganz herzlich ein, die
                                                                                                      Universität Kassel setzt ihre dynamische Entwicklung           ­Universität noch besser kennenzulernen und am 6. Juni mit
                                                                                                      ­konsequent fort. Nicht nur in Studium und Lehre sowie der     uns zu feiern.
                                                                                                      Forschung, sondern auch in wichtigen Querschnittsbereichen
                                                                                                      – und die Gleichstellung gehört sicher dazu – und in unserer   Trotz erfreulicher Entwicklungen mit Blick auf Gleichstellung
                                                                                                      Wissenschaftskommunikation setzen wir neue Akzente.            in den letzten Jahren sind wir noch lange nicht am Ziel. Das
                                                                                                                                                                     Jubiläum unseres Gleichstellungsbüros ist daher Grund
                                                                                                      Gemeinsame Forschung in großen Verbünden mit heraus­           ­genug, sowohl zurück als auch nach vorne zu blicken. Neben
                                                                                                      ragenden Partnern schärft unser Profil und macht uns           der Gleichstellung werden mehr und mehr auch Fragen zur
                                                                                                      ­national und international noch sichtbarer. Ich hatte die     Diversität an der Universität in den Blick genommen.
                                                                                                      ­Gelegenheit, im letzten Jahr an der Begutachtung des CALAS
                                                                                                      in Guadalajara, Mexiko, mitzuwirken. Im CALAS – dem Maria      Lassen Sie mich daher mit der Bitte an Sie schließen, sich
                                                                                                      Sybilla Merian Center for Advanced Studies in the Humanities   auch weiterhin nachdrücklich, klar und manchmal auch laut
                                                                                                      and Social Sciences – werden gemeinsam mit der Universität     zu einer vielfältigen Universität zu bekennen, die die Unter­
                                                                                                      Bielefeld und weiteren Partnern Krisen und die Reaktionen      schiedlichkeit ihrer Mitglieder als wesentliche Ressource für
                                                                                                      auf Krisen in Lateinamerika untersucht. Mit diesem hochak­     ihren Erfolg versteht und entsprechend fördert. An diesem
                                                                                                      tuellen Thema, dem stark transdisziplinären Ansatz und der     Grundsatz werden wir, mancher Provokation von innen und
                                                                                                      engen Kooperation insbesondere auch mit unseren Partner­       außen zum Trotz, festhalten.
                                                                                                      institutionen in Lateinamerika passt das Projekt, welches
                                                                                                      sich nach erfolgreicher Evaluation nun in der Hauptphase
                                                                                                      ­befindet, hervorragend in unser gesellschafts- und geistes­

Jetzt im shop @ uni-kassel                                                                            wissenschaftliches Profil.

                                                                                                      Ein Beispiel dafür, wie wichtig auch herausragende

Fair und ökologisch                                           Eine Kooperation der
                                                              Universität Kassel
                                                                                                      ­Forschung von Teams innerhalb der Universität ist, sind
                                                                                                      die Forschungen zur Zellalterung. Auch künftig wird der        Prof. Dr. Reiner Finkeldey

produzierte Rucksäcke                                         mit Melawear GmbH
                                                                                                      ­richtige Mix aus erfolgreicher Verbund- und Einzelforschung
                                                                                                      in allen W
                                                                                                               ­ issenschaftsbereichen für unsere Entwicklung als
                                                                                                                                                                     Präsident der Universität Kassel

                                                                                                      ­forschungsstarke Universität entscheidend bleiben.

Limitierte Auflage
ANSVAR II ( altrosa, schwarz, petrol ) zum Vorzugspreis von 60 Euro
ANSVAR I ( schwarz, dunkelblau ) zum Vorzugspreis von 75 Euro
                                                                                                                                                                                                                                     3
shop@uni-kassel   Mönchebergstraße 19   Raum 2550   Mo – Fr 8.00 – 12.00   uni-kassel.de /go / shop
Publik MAGAZIN DER UNI KASSEL
publik 02/ 19 | Inhaltsverzeichnis

                                                                   Campus
                                                                   16 Gute Ideen zum Anfassen | Das Campusfest am 6. Juni

                                                                   18 Gute Ideen verbreiten | TEDx-Talks in Kassel

                                                                   20 Jubiläum | Vor 30 Jahren wurde Hessens
                                                                      erste Frauenbeauftragte berufen

                                                                                                                                                                                            18
                                                                   Debatte
                                                                   24 Eine starke Region braucht starke Lehrkräfte |
                                                                      Ein Essay von Dorit Bosse

                                                                   Menschen
                                                                   26 Waltraud Sennebogen                                                                                                   24
                                                              16      leitet die Abteilung E
                                                                                           ­ ntwicklungsplanung

                                                                   28 Die Künstlerin Echo Can Luo kritisiert
                                                                      die Macht von Algorithmen

                                                                   30 Was mich antreibt | Lenora Micah Jordan

Forschung

                                                                                                                                                                                            28
06 Projekt „Clocks“ | Lässt sich die Zell-Alterung steuern?

10 Paradigmenwechsel | Open Access etabliert sich

International
12 Krisen und Lösungen |
    Lateinamerika-Forschung im CALAS
                                                                                                                            Impressum

Studium                                                                                                                     Verlag und Herausgeber: Universität Kassel,
                                                                                                                            Kommunikation, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
                                                                                                                            Redaktion: Sebastian Mense (verantwortlich), Beate Hentschel
                                                                                                                            Mönchebergstraße 19, 34109 Kassel | presse@uni-kassel.de
14 Schon wieder Kassel |
                                                                                                                            Gestaltung: Nina Sangenstedt | gestaltvoll.de
    Hochschulpreise für Exzellenz in der Lehre                                                                              Titelfoto: Fachgebiet Mikrobiologie / Bearbeitung Nina Sangenstedt

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                                                                                                                            Foto Editorial: Sonja Rode / Lichtfang
                                                                                                                            Fotos S. 4 / 5: Sebastian Knoth / FG Makromolekulare Chemie /
                                                                                                                            Erik Charlton / Sebastian Mense
                                                                                                                            Druck: Druck- u. Verlagshaus Thiele & Schwarz GmbH | Kassel-Waldau
                                                                                                                            Anzeigen: Thiele & Schwarz, Helmut Wiegand | Telefon 0561 95925-0
                                                                                                                            www.thiele-schwarz.de

                                                              14
                                                                                                                            Erscheinungsweise: viermal jährlich, Bezugspreis 9,– Euro jährlich.
                                                                                                                            Namentlich gezeichnete ­Beiträge stimmen nicht unbedingt mit
                                                                                                                            der Auf­fassung der Redaktion überein. Bei Nachdruck Belegexemplar
                                                                                                                            ­erwünscht.­

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Publik MAGAZIN DER UNI KASSEL
publik 02 / 19 | Forschung

Wer hat an der Uhr gedreht?
… wahrscheinlich Naturwissenschaftlerinnen
und -wissenschaftler der Uni Kassel.
Gemeinsam ­erforschen sie biologische ­Uhren
an verschiedenen einzelligen Organismen.

TEXT David Wüstehube                                                                                  Hilft nicht nur beim
FOTOS FG Mikrobiologie / Wüstehube                                                                    ­Brotbacken

                                                                                                                                                                                                                                            Dr. Roland Klassen erläutert an e
                                                                                                                                                                                                                                                                            ­ inem
Die biologische Uhr tickt. Alles Leben­            Prof. Dr. Raffael Schaffrath und Dr. Ro­           Wie macht man das? Wie schaut man                                                                                                     sogenannten Mikromanipulator die
                                                                                                                                                                                                                                            Arbeit mit einzelnen Zellen.
dige altert. Vom Einzeller bis zum Ele­            land Klassen vom Fachgebiet Mikrobio­              der biologischen Uhr ins Uhrwerk? Zu­
fanten – alle Lebewesen sind d
                             ­ iesem               logie erklären, wie man die Uhrzeiger              nächst einmal braucht man ein Modell,
Naturgesetz unterworfen. Das Vor­                  vor- und zurückdrehen kann. „Wir unter­            an dem man Theorien erproben kann
rücken der Uhrzeiger kann niemand                  suchen Faktoren, die einen Einfluss auf            – und das kennt jeder, der schon mal ein
beeinflussen, weder stoppen noch                   die Zellalterung haben“, sagt Klassen.             Brot gebacken hat. „Als Modellsystem                                                    Zelltod beeinflussen
beschleunigen. Oder? Nicht ganz. Bei               „Die durchschnittliche Lebensdauer                 für unsere Forschung benutzen wir
kleinsten Lebewesen sieht es anders                eines Lebewesens ist genetisch vorpro­             Backhefe“, so Klassen. Für die Alte­
aus. Die Mitarbeiter der Fachgebiete               grammiert. Elefanten werden beispiels­             rungsforschung ist die Hefe besonders       „Backhefe wurde als erster Eukaryot         „Memento mori“, gedenke deines To­        Welche Möglichkeiten bietet diese
Mikrobiologie und Makromolekulare                  weise sehr alt, anders als Nagetiere, die          gut geeignet. Für Forscher, die untersu­    komplett sequenziert“, erklärt Klassen.     des, sagte man im Mittelalter. Diese      Arbeit? Wohin führen die Ergebnisse?
Chemie untersuchen Faktoren, die die               oft nur wenige Jahre oder Monate alt               chen, wie Zellen sich entwickeln, ist sie   „Sie wurde also in all ihren Einzelteilen   Regel gilt auch heute noch. Aber unsere   Festlegen können sich die Wissen­
Zellalterung beeinflussen. Diese For­              werden“, so der Biologe. „Wir wollten              das ideale Modell. Ein Vorteil: Sie lebt    komplett erfasst und untersucht.“ Ein       Möglichkeiten, auf den Tod – zumindest    schaftlerinnen und Wissenschaftler
schungsarbeit führen sie im Rahmen                 wissen, ob man das ändern kann.“                   nicht allzu lange. Sie hat eine Lebens­     Eukaryot ist ein Lebewesen mit einem        den Tod einer Zelle – Einfluss zu neh­    nicht. Empirische Forschung ist nicht
des Graduiertenkollegs „Clocks“ durch.                                                                dauer von etwa einem Monat. Man kann        Zellkern, dazu gehören Einzeller und        men, sind größer geworden. Zum Bei­       die Suche nach dem Jungbrunnen.
                                                                                                      also ihren kompletten Lebenszyklus in       Pflanzen, aber auch der Mensch. Alte­       spiel mit Rapamycin. Dieses Präparat      „Unser Ziel ist es nicht, direkt nach
                                                                                                      kurzer Zeit untersuchen.                    rungsforscher haben bereits andere          hat das Team an der Hefe angewandt.       Wegen zu suchen, um das menschliche
                                                                                                                                                  Dinge an der Backhefe entdeckt: „Bei­       „Wir haben Experimente mit verschie­      Leben zu verlängern“, betont Klassen.
                                                                                                                                                  spielsweise, dass eine verringerte Kalo­    denen Mitteln durchgeführt und gezielt    Aber ihre Arbeit könnte spannende
                                                                                                                                                  rienzufuhr das Leben verlängert“, sagt      nach Faktoren gesucht, die den Zelltod    Forschungen ermöglichen. „Möglicher­
                                                                                                                                                  Schaffrath. „Die einzelligen Lebewesen      beschleunigen oder hinauszögern kön­      weise könnte man unsere Ergebnisse
                                                                                                                                                  stellen wertvolle Werkzeuge zur Erfor­      nen. Mit Rapamycin hatten wir Erfolg“,    beispielsweise in der Krebsforschung
                                                                                                                                                  schung von Mechanismen der Zellalte­        so Klassen. Das Präparat verlängerte      nutzen. Wenn wir lernen, den Zelltod
                                                                                                                                                  rung dar“, so der Biologe.                  den Lebenszyklus der Hefezellen.          effektiv zu beeinflussen, etwa zu be­
                                                                                                                                                                                                                                        schleunigen, könnte man mit diesem
                                                                                                                                                                                                                                        Wissen vielleicht wuchernde Geschwü­
                                                                                                                                                                                                                                        re bekämpfen.“
Zur Markierung der Zellen werden fluoreszierende Farbstoffe eingesetzt. In Grün leuchtet hier beispielsweise der Zellkern einer Hefezelle.

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Publik MAGAZIN DER UNI KASSEL
publik 02 / 19 | Forschung

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                                                                                                                                                  unsere Arbeit“

                                                                                                                                                  Die Zusammenarbeit mit den Kollegen
                                                                                                                                                  der anderen Fachgebiete ist dabei hilf­
                                                                                                                                                  reich. „Am Anfang konnte ich mir gar
                                                                                                                                                  nicht vorstellen, mit dem Fachgebiet
                                                                                                                                                  Mikrobiologie zusammenzuarbeiten“,
                                                                                                                                                  sagt Fuhrmann-Lieker. „Wir sind ja doch
                                                                              Bilder auf dieser Doppelseite zeigen die Teilung einer Hefezelle.   methodisch relativ weit von der Biologie
                                                     Oben sind der Zellkern (links) bzw. das Zytoskelett sichtbar gemacht (Mitte und rechts).
                                                                                                                                                  entfernt. Aber die Methoden der Kolle­
                                                                                                                                                  gen sind auch für unsere Arbeit eine
„Wie eine Uhr“                                                                                                                                    Bereicherung. Die Kooperation erweitert
                                                                                                                                                  unseren Horizont.“

Dr. Thomas Fuhrmann-Lieker ist Pro­         „Die Zellwand der Kieselalgen, auch               Für die Zucht spielt die Zellteilung eine           Die biologische Uhr tickt. Stoppen kann
fessor am Fachgebiet Makromolekulare        Diatomeen genannt, entsteht einer                 besondere Rolle. „Die Zellteilung der               man sie nicht. Doch durch die Forschung
Chemie und Molekulare Materialien.          Theorie zufolge mit dem Auftreten von             Kieselalgen weist Gemeinsamkeiten,                  der Kasseler Naturwissen­schaftler ler­
Sein Untersuchungsgegenstand sind           Instabilitäten und periodischen Tren­             aber durch ihren einzigartigen Ver­                 nen wir vielleicht, das Uhrwerk langsa­
Kieselalgen. Diese Lebewesen bilden         nungen von wasser- und ölhaltigen                 mehrungszyklus auch Unterschiede                    mer oder schneller zu machen.
den typischen braunen Belag, den wir        Bestandteilen“, so der Chemiker. Damit            zu anderen einzelligen Eukaryoten im
aus unseren Aquarien kennen, und sind       seien die Algen in der Lage, durch mög­           Hinblick auf die Zellalterung auf“, so
das Modellsystem für die Forschung          lichst wenig genetische Kontrolle regel­          Fuhrmann-Lieker. „Zellzyklus und Gene­
von Fuhrmann-Liekers Team.                  mäßige Porenmuster in ihrer Zellwand              rationenzyklus funktionieren ineinander
                                            zu erzeugen. Fuhrmann-Lieker geht hier            geschachtelt wie das Räderwerk einer                                                           Das Graduiertenkolleg Clocks
Das Team untersucht die Selbstorgani­       noch einen Schritt weiter: Durch geziel­          Uhr.“ Die Chemiker bestrahlen die Kie­
sation von Stoffen, also wie verschiede­    te Zugaben von speziell funktionalisier­          selalgen mit blauem Licht, also Lichts­                                                        Das Graduiertenkolleg „biologische Uhren“ (Kurz:
ne Stoffe feste Strukturen bilden. „Wir     ten Molekülen bei der Zucht der Algen             trahlen einer bestimmten Wellenlänge.                                                          „Clocks“) der Universität Kassel wurde 2017 ins Leben
untersuchen, wie Materialien sich auf       werden diese in die Schale eingelagert,           So bringen sie die Zellen dazu, sich alle                                                      gerufen. Das Gesamt-Konsortium setzt sich aus Arbeits­
der Nanometerskala organisieren kön­        so dass neuartige Kompositmaterialien             gleichzeitig zu teilen. Wie auf Komman­                                                        gruppen der Biologie, der Chemie, der Physik und der Elek­
nen, um diese Strukturen in möglichen       mit selbstorganisierten Nanostrukturen            do. „So können wir den Faktor Zeit bei                                                         trotechnik z­ usammen und wird von Prof. Dr. Monika Stengl
Anwendungen zu nutzen, etwa in der          entstehen.                                        der Zellentwicklung beeinflussen.“                                                             (Fach­gebiet Tierphysiologie) koordiniert; sie erforscht seit
Photovoltaik“, sagt Fuhrmann-Lieker.                                                                                                                                                         langem, wie innere Uhren physiologische Prozesse steu­
„Wir wollen wissen, wie sich sogenann­                                                                                                                                                       ern. Aufgeteilt auf vier Projekte, sammeln die Forscherin­
te ‚weiche Materialien‘ – also Stoffe die                                                                                                                                                    nen und Forscher Daten über zelluläre Uhren und die zeit­
weder gasförmig noch kristallin sind –                                                                                                                                                       liche Steuerung biologischer Prozesse auf verschiedenen
zu festen Materialien organisieren.“                                                                                                                                                         Ebenen der Komplexität, wie dem neuronal gesteuerten
                                                                                                                                                                                             Verhalten, dem Stoffwechsel, der Entwicklung und der
                                                                                                                                                                                             Zell-Vermehrung. Die meisten Mitglieder des Graduierten­
                                                                                                                                                                                             kollegs sind auch Mitglieder im Center for Interdisciplinary
                                                                                                                                                                                             Nanostructure Science and Technology (CINSaT).

                                                           Prof. Dr. Raffael Schaffrath.     apl. Prof. Dr. Thomas
                                                                                             Fuhrmann-Lieker.

8                                                                                                                                                                                                                                                         9
Publik MAGAZIN DER UNI KASSEL
publik 02 / 19 | Forschung

Open Access in Bewegung
Immer mehr Forschungsergebnisse werden
in OA-Verlagen veröffentlicht

                                                                                                                                                      30%

                                                                                                                                                      25%
TEXT Tobias Pohlmann
                                                                                                                                                      20%
FOTO Uni Kassel
                                                                                                                                                      15%

                                                                                                                                                      10%
Was gibt es Neues zu Open                  Wie sieht die Entwicklung der                    Gemäß Analyse der im Web of S
                                                                                                                        ­ cience                       5%
Access (OA) an der Uni Kassel?             letzten Jahre konkret aus?                       verzeichneten Zeitschriftenartikel hat                                                                                                        Was ist das Projekt DEAL und
                                                                                                                                                       0%
                                                                                            die Universität Kassel inzwischen ­einen                         2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018*                                wie ist der aktuelle Stand?
Die Nutzung des OA-Publikationsfonds,      2018 wurden insgesamt 53 Artikel aus             OA-Anteil von 25 Prozent erreicht und
                                                                                                                                                                              global       Uni Kassel
der Gebühren für Artikel in OA-Zeit­       dem Fonds bezahlt, fast genauso viele            rangiert damit auf inter­nationalem                                                                                                           Die Hochschulrektorenkonferenz
schriften übernimmt, entwickelt sich       wie in den beiden Vorjahren zusammen.            ­Niveau.                                                                                                                                      verhandelt nationale Transforma­
                                                                                                                                            Open-Access-Anteile am Publikationsaufkommen (Zeitschriftenbeiträge;
erfreu­lich gut. Immer mehr Kasseler       Und die Nachfrage nimmt weiter zu.                                                               inkl. Zweitveröffentlichungen). * Stand Februar 2019. Quelle: Web of Science, Clarivate.      tionsverträge mit den drei großen
Wissenschaftlerinnen und Wissen­           ­Allein im ersten Quartal 2019 waren es          Warum unterstützt                                                                                                                             Wissenschaftsver­lagen. Im Januar
schaftler entscheiden sich für das         bereits 26 Artikel. Größte Nutzer sind           die Uni Kassel OA?                                                                                                                            2019 gab es einen ersten Abschluss mit
zukunftsweisende Publikationsmodell.       nach wie vor die Naturwissenschaf­ten                                                                                                                                                          Wiley, der den Zugriff auf die meisten
Schon jetzt liegt die Nachfrage nach       und die Ökologischen Agrar­wissen­               Seit Jahrzehnten wird der campusweite         dauerhaft tragbar ist“, so Dr. Axel Halle,         Welche Maßnahmen sieht die                   Zeitschriften des Verlags wie auch ab
Förderung durch den Fonds weit über        schaften, aber selbstverständlich steht          Zugriff auf Zeitschriften der großen          Leitender Bibliotheksdirektor der UB.              ­OA-Strategie der Universität                Juli die sofortige OA-Freischaltung aller
den Prognosen. Ab 2020 entfällt je­        der Fonds auch allen anderen Diszipli­nen        Wissenschaftsverlage aufgrund von             Auch die Fördermittelgeber reagieren                Kassel vor?                                 Zeitschriftenartikel umfasst, deren „cor­
doch die anteilige Förderung der DFG.      offen. Zu den meist­genutzten Ver­lagen          Marktkonzentrationen immer teurer.            zunehmend auf dieses Dilemma. Das                                                               responding author“ Mitglied einer par­
Der Fonds wird dann vollständig aus        zählen drei reine OA-Verlage: MDPI               „Wir und viele andere wissenschaftli­         BMBF und die EU erwarten von ihren                 Ein Baustein ist der Fonds. Außerdem         tizipierenden Einrichtung ist. Mit Sprin­
Mitteln der Universitätsbibliothek (UB)    ­(Multidisciplinary Digital Publish­ing Ins-     che Einrichtungen weltweit stoßen an          Fördermittelnehmern die ­Publikation               ermöglicht der Doku­mentenserver KOB­        gerNature wird noch in diesem Jahr ein
finanziert. Forscherinnen und Forscher     titute), Frontiers und PLOS (Public Library      die Grenzen des Finanzierbaren und            von Forschungsergebnissen nach                     RA die frei zugängliche Erst- bzw. Zweit­    ähnlicher Vertragsabschluss erwartet.
sollten deshalb in Projektförderanträ­     of Science). Aber auch SpringerNature            konstatieren schon seit Längerem, dass        OA-Prinzipien. Die DFG empfiehlt die­              veröffentlichung von z. B. Dissertatio­      Mit Elsevier liegen die Verhandlungen
gen immer auch Sachmittel für Publika­     und IOP (Institute of Physics) rangieren         ein nachhaltiges wissenschaftliches           sen Weg ebenfalls.                                 nen, Reports und Zeitschriftenartikeln.      seit Juli 2018 auf Eis. Zusammen mit
tionskosten beantragen. Der Fonds soll     unter den Top 5.                                 Publikationswesen in dieser Form nicht                                                           Mit Open Journal Systems bietet die UB       rund 200 anderen deutschen Einrich­
nur dann genutzt werden, wenn keine                                                                                                       Um die OA-Transformation zu fördern                Hochschulangehörigen eine Plattform          tungen befindet sich die Uni Kassel in
eigenen Mittel zur Verfügung stehen.                                                                                                      und den wissenschaftlichen Diskurs,                zur Herausgabe eigener OA-Zeitschrif­        vertragslosem Zustand.
                                                                                                                                          aber auch die Sichtbarkeit der eigenen             ten. OA-Monografien können bei kassel
                                                      70.000                                                                70
Auch Qualitätssicherung wird in der                                                                                                       Forschungsleistung zu verbessen, hat               university press veröffentlicht werden.
OA-Servicestelle der UB großgeschrie­                 60.000                                                                60            die Universität Kassel unter anderem               Nicht zuletzt ist die Universität Teilneh­
ben: Um nicht auf betrügerische Raub­                 50.000                                                                50            die von der Max-Planck-Gesellschaft                merin am Projekt DEAL.
                                                                                                                                 Anzahl

                                                      40.000                                                                40
                                               Euro

verlage hereinzufallen, die ein Peer Re­                                                                                                  ­initiierte OA2020-Mission unterzeich­
view nur vortäuschen, werden nur noch                 30.000                                                                30            net. Zudem hat der Senat im Sommer
                                                                                                                                                                                                                                          Kontakt:
Artikel in Zeitschriften gefördert, die               20.000                                                                20            2018 eine neue OA-Policy verabschie­
                                                                                                                                                                                                                                          Dr. Tobias Pohlmann
im Directory of Open Access Journals                  10.000                                                                10            det, die das P
                                                                                                                                                       ­ ublizieren nach diesem
                                                                                                                                                                                                                                          OA-Beauftragter
gelistet sind.                                            0                                                                 0             Modell empfiehlt.
                                                               2013    2014     2015      2016    2017    2018      2019                                                                                                                  openaccess@bibliothek.uni-kassel.de
                                                                                                                                                                                                                                          Telefon 0561 804-2529
                                                                        Volumen           Ausgaben        Artikel
                                                                                                                                                                                                                                          www.uni-kassel.de/go/openaccess
                                           Open-Access-Fonds der Uni Kassel: Geförderte Artikel und Fördersumme. Stand Februar 2019.

10                                                                                                                                                                                                                                                                               11
Publik MAGAZIN DER UNI KASSEL
publik 02 / 19 | International

Die Uni Kassel wird ein Zentrum                                                                                                                                                                     „Name der Uni bekommt einen besonderen Klang“

der Lateinamerika-Forschung                                                                                                                                                                         Der Präsident der Universität Kassel, Prof. Dr. Reiner Finkeldey,
                                                                                                                                                                                                    gratulierte Prof. Burchardt und dem gesamten CALAS-Team zur
                                                                                                                                                                                                    Einwerbung und positiven Evaluierung des Projekts: „Dieser

Unsere Universität koordiniert eines der umfang­                                                                                                                                                    Forschungsverbund leistet einen wichtigen Beitrag zur Verstän­
                                                                                                                                                                                                    digung zwischen Nord und Süd. Durch das CALAS bekommt
reichsten Forschungsprojekte zu Lateinamerika,                                                                                                                                                      der Name der Universität Kassel in der gesellschaftswissen­
                                                                                                                                                                                                    schaftlichen Community Lateinamerikas einen besonderen
die mit Mitteln aus Deutschland gefördert werden.                                                                                                                                                   Klang. Der Austausch in diesem Projekt wird darüber hinaus
                                                                                                                                                                                                    der Internationalisierung unserer Universität weiterhelfen. Aus
                                                                                                                                                                                                    diesem Grund unterstützt die Universität den Forschungsver­
                                                                                                                                   Gruppenbild bei einem CALAS-Vorbereitungs­treffen 2017.          bund mit der Einrichtung des Kasseler Lateinamerikazentrums
                                                                                                                                   Im blauen Sakko Prof. Dr. Hans-Jürgen Burchardt.                 CELA, das die internationalen Aktivitäten des CALAS mit der
                                                                                                                                                                                                    Stadt, der Region und mit ganz Hessen koppeln will.“

                                                                                                                                   Im Fokus steht der Umgang mit sozialen, politischen und          Offizieller Auftakt der Hauptphase des CALAS war der 1. März
                                                                                                                                   ökologischen Krisen. Geforscht wird in den vier Clustern         2019. In der Aufbauphase wurde der Verbund bereits seit 2017
                                                                                                                                   ­„Sozial-ökologische Transformation“, „Soziale Ungleichhei­      gefördert. Neben dem Fachgebiet von Prof. Burchardt sind
                                                                                                                                   ten“, „Gewalt und Konfliktlösung“ sowie „Identität“. Innerhalb   weitere Kasseler Fachgebiete aus den Gesellschaftswissen­
                                                                                                                                   des Forschungsverbundes koordiniert die Universität Kassel       schaften, der Romanistik sowie dem Institut für Berufsbildung
                                                                                                                                   unter anderem ein umfangreiches Forschungsprogramm zu            beteiligt. Knapp 6 der 12 Millionen Euro Förderung gehen
                                                                                                                                   Fragen der sozialen Ungleichheit in den Bereichen Elitenfor­     nach Kassel. Das CALAS wurde innerhalb der BMBF-Förder­
                                                                                                                                   schung, Ungleichheit und Bildung sowie sozial-ökologische        linie „Maria Sibylla Merian Centres“ bewilligt. Mit diesen
                                                                                                                                   Ungleichheiten, forscht zur Zukunft der Arbeit, um langfristig   Forschungsverbünden will das BMBF die Internationalisierung
                                                                                                                                   und in internationaler Perspektive ökonomisch produktive, so­    der Geistes-, Kultur- und Sozialwissenschaften in Deutsch­
                                                                                                                                   zial verträgliche und ökologisch nachhaltige Jobs zu schaffen,   land durch enge bi- und multilaterale Kooperationsprojek­
                                                                                                                                   und erarbeitet mit argentinischen und kuba­nischen Partnern      te an Standorten außerhalb Deutschlands voranbringen.
                                                                                                                                   Lehrmodule für nachhaltige Entwicklung.                          Das CALAS wurde 2017 als zweites Zentrum überhaupt in
                                                                                                                                                                                                    Deutschland innerhalb dieser Förderlinie bewilligt.
                                                                                                                                   „Mit ihnen forschen, nicht über sie“
                                                                                                                                   Der Schwerpunkt des CALAS liegt auf Lösungsstrategien für
                                                                                                                                   gesellschaftspolitische Krisen, betont Prof. Dr. Hans-Jürgen
                                                                                                                                   Burchardt, Leiter des Fachgebiets Internationale und interge­      Das Centro de Estudios Latinoamericanos CELA
                                                                                                                                   sellschaftliche Beziehungen in Kassel und einer der beiden
                                                                                                                                                                                                      Seit seiner Gründung im Jahr 2017 bündelt das „Centro de Estudios
                                                                                                                                   deutschen Direktoren des CALAS: „Wie kaum eine andere              Lantinoamerikanos (CELA)“ die lateinamerikanische Forschung an
                                                                                                                                   Region des globalen Südens zeichnet sich Lateinamerika durch       der Universität Kassel. Das Forschungszentrum bildet eine Dach-
                                                                  Ein Gegner des Präsidenten von Venezuela, Nicolas Maduro,
TEXT Sebastian Mense                                              bei einem Protest im Mai.                                        die kreative Suche nach kulturellen und politischen Strategien     struktur für mehrere Teilbereiche: Ein Schwerpunkt liegt im vom
FOTOS Picture Alliance, AP / Mense                                                                                                 der Bewältigung vielfacher Herausforderungen aus, die gesell­      BMBF geförderten Forschungsverbund CALAS. Einen weiteren
                                                                                                                                                                                                      Teilbereich des CELA bildet das Argentinienforum, welches seit
                                                                                                                                   schaftlichen Wandel begleiten und neue Entwicklungspfade
                                                                                                                                                                                                      einigen Jahren den wissenschaftlichen Austausch der Kasseler
Lateinamerika ist in den Medien: Sei es w
                                        ­ egen der politischen    Universität Kassel koordiniert das „Maria Sibylla Merian Cent­   aufzeigen. Diese wollen wir untersuchen und dabei feststellen,
                                                                                                                                                                                                      Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bündelt, die mit argenti-
Unruhen in Venezuela, der politischen Entwicklung in Brasilien    re for Advanced Latin American Studies in the Humanities and     was auch wir davon lernen können. Im Zentrum steht der wis­        nischen Partneruniversitäten zusammenarbeiten. Das Forum hatte in
oder der Androhung einer Mauer zwischen den USA und Mexi­         Social Sciences“ (CALAS) mit Sitz an der Universität Guadala­    senschaftliche Austausch mit Kolleginnen und Kollegen – wir        den letzten Jahren einen Schwerpunkt im Bereich der Geistes- und
ko. Solche Phänomene lassen vergessen, dass Lateinamerika         jara (Mexiko) gemeinsam mit der Universität Bielefeld. Es ist    wollen mit ihnen forschen, nicht über sie. Ich bin überzeugt,      Kulturwissenschaften, weitete sein Fächerspektrum jedoch in den
nicht nur von Krisen geschüttelt wird, sondern oft kreative Lö­   eines der umfangreichsten Forschungsprojekte zu Lateiname­       dass das CALAS innerhalb der nächsten fünf Jahre einer der         letzten Jahren kontinuierlich aus. An Bedeutung gewinnt der Bereich
                                                                                                                                                                                                      der universitären Bildung und Didaktik, zu nennen sind hier berufliche
sungen entwickelt, die auch für Europa wichtige Anregungen        rika, die mit Mitteln aus Deutschland gefördert werden. Auf      wichtigsten europäischen Forschungsverbünde mit Latein­
                                                                                                                                                                                                      Bildung und Studiengänge, die künftige Lehrer und Lehrerinnen aus-
anbieten. Wie entstehen in Lateinamerika Krisen und wie wer­      der deutschen Seite sind die Universitäten Kassel, Bielefeld,    amerika sein wird, und freue mich, dass mit Kassel auch Hes­
                                                                                                                                                                                                      bilden. Das CELA versteht sich als interdisziplinäres Forschungszen-
den sie gelöst? Zu dieser Frage fördert das Bundesministerium     Hannover und Jena beteiligt. In Lateinamerika sind neben der     sen an der Lösung der Probleme mitarbeitet, die über die Zu­       trum und ist für unterschiedliche Formen der Zusammenarbeit offen.
für Bildung und Forschung (BMBF) das Verbundprojekt CALAS         Universität Guadalajara die Regionalstandorte San José (Costa    kunft der Menschheit entscheiden werden, im Sinne von mehr         Das Direktorium bilden Prof. Burchardt und Prof. Dr. Angela Schrott.
in den kommenden sechs Jahren mit 12 Millionen Euro. Die          Rica), Quito (Ecuador) und Buenos Aires (Argentinien) dabei.     sozialer Gerechtigkeit und mehr nachhaltiger Entwicklung.“

12                                                                                                                                                                                                                                                                       13
Publik MAGAZIN DER UNI KASSEL
publik 02 / 19 | Studium

Ausgezeichnete Lehre                                                                 Der Screenshot zeigt
                                                                                       das P
                                                                                           ­ rojekt aus der
                                                                                   ­Anglistik. Rechts Prof.
                                                                                   Dr. Claudia Finkbeiner.
Virtuelle Realität und „Online ­Educational Initiatives“:
Wieder gehen Hessische Lehrpreise nach Kassel

                                                            TEXT Sebastian Mense
                                                            FOTOS Sebastian Mense

                                                                                                                 Der Hessische Hochschulpreis wird in den Kategorien Arbeitsgruppe
                                                            Erneut hat die Universität Kassel                    (1. bis 3. Preis) und Studentische Initiative (1. Preis) verliehen. Im vergange­
                                                            beim Hessischen Hochschulpreis für                   nen Jahr hatte die Universität Kassel drei von vier Auszeichnungen erhalten,
                                                            Exzellenz in der Lehre hervorragend                  im Jahr davor eine. Insgesamt gingen in zehn Ausschreibungsjahren 15 Lehr­
                                                            abgeschnitten. Zwei der vier Auszeich­               preise nach Kassel. Der Preis wird für herausragende und innovative Lehrleis­
                                                            nungen, die Wissenschaftsministerin                  tungen vergeben und ist mit insgesamt 115.000 Euro dotiert. Er hat bundes­
                                                            Angela Dorn im Mai verlieh, gingen an                weites Renommee. Jede staatliche Hochschule in Hessen kann teilnehmen.
                                                            unsere Universität. Prämiert wurden
                                                            ein internationales Online-Seminar in
                                                            der Anglistik sowie die Rekonstruktion            Den dritten Preis in der Kategorie                 In derselben Kategorie ging der zweite
                                                            historischer Ausstellungen in virtueller          Arbeits­gruppe vergab Ministerin Dorn              Preis an das Projekt „Online ­Educatio­nal
                                                            Realität. Insgesamt gingen damit in bis­          an das Projekt „Die virtuelle Dimension“,          Initiatives“. Dabei verbinden sich Lehr­
                                                            lang zehn Ausschreibungsjahren                    das Forschung und Lehre verbindet. Hier            amtsstudierende sowie Masterstudie­
                                                            15 Lehrpreise nach Nordhessen.                    bauen Studierende der Kunstwissen­                 rende aus Kassel mit jüdischen und
                                                                                                              schaft mit Unterstützung von Informati­            arabischen Studierenden verschiedener
                                                            „Wir wissen, dass die Universität Kas­            kern historische Kunst-Ausstellungen in            Hochschulen in Israel zu gemeinsamen
                                                            sel ein Ort guter Lehre und neuer Ideen           virtueller Realität (VR) nach; so sind sie         virtuellen Seminaren (vgl. auch publik
                                                            ist“, sagte Prof. Dr. René Matzdorf, Vize-­       etwa beteiligt an der Rekonstruktion der           2019/1). Unter Leitung der Anglistin
                                                            Präsident für Studium und Lehre anläss­           ersten documenta 1955 oder der legen­              Prof. Dr. Claudia Finkbeiner arbeiten
                                                            lich der Verleihung. „Es freut uns immer          dären Internationalen Kunstausstellung             sie in internationalen Teams an Fall­
                                                            wieder, wenn wir es auch von außen be­            1926 in Dresden. Dem geht eine inten­              studien, konzipieren Bildungsprojekte
                                                            stätigt bekommen und die Dozentinnen              sive Recherche in Archiven und in der              und entwickeln Webseiten oder Wikis
                                                            und Dozenten eine solch hochkarätige              Literatur voran. So erlernen die Studie­           mit Bildungs­inhalten. Durch dieses
                                                            Auszeichnung für ihren Einsatz erhalten.          renden den Umgang mit der VR-Technik               „­Distance Learning“ erwerben die an­
                                                            Hier wird zudem sichtbar, dass auch die           und die Kooperation mit IT-Spezialisten            gehenden Lehrkräfte neben fachdidak­
                                                            Unterstützung von Lehrangeboten durch             und erforschen zugleich die kuratorische           tischen Fähigkeiten auch interkulturelle
                                                            zentrale Einheiten an unserer Universität         Praxis in Geschichte und Gegenwart.                und sprachliche Kompetenzen und
                                                            fruchtbringend ist.“ Beide Projekte wur­          Federführend sind Dr. Kai-Uwe Hemken,              lernen den Einsatz neuer Medien und
                                                            den durch die Zentrale Lehrförderung              Professor für Kunstgeschichte der Mo­              Lehrformate im Unterricht. Beteiligt
                                                            der Universität finanziell und beratend           derne an der Kunsthochschule Kassel,               sind neben Finkbeiner auch W
                                                                                                                                                                                            ­ iebke
                                                            unterstützt und gefördert.                        sowie Simon-Lennert Raesch, Mitarbei­              ­Sophie Ost (­ Tutorin) und Marcel
                                                                                                              ter am Fachgebiet Software Engineering.            ­Foerster (Tutor). Der zweite Preis ist
                                                                                                              Dieser dritte Preis ist mit 15.000 Euro            mit 30.000 Euro dotiert.
                                                                                                              prämiert.

                                                                                                              Prof. Dr. Kai-Uwe Hemken (Mitte) und                             Schöne Videos von ­
                                                                                                              ­Simon-Lennert Raesch (r.) entwerfen digitale                    beiden Projekten ­unter
                                                                                                               Rekonstruktionen von ­Ausstellungen.                            https://tinyurl.com/y6g4g2n6
                                                                                                               So lässt sich mithilfe einer VR-Brille auch die                 oder über diesen QR-Code.
                                                                                                               documenta von 1955 noch einmal besuchen.

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Publik MAGAZIN DER UNI KASSEL
publik 02 / 19 | Campus

„Mischt Euch ein!“
ARD-Meteorologe Sven Plöger hat eine Botschaft
an alle Wissenschaftlerinnen und ­Wissenschaftler
– beim Campusfest am 6. Juni redet er über die                                                                                                        Vortrag Sven Plöger und
                                                                                                                                                                                              In seinem neuen Buch zur „Großen Transformation“ verwen­
                                                                                                                                                                                              det Schneidewind den Begriff der „Zukunftskunst“. Er solle
                                                                                                                                                      ­anschließende ­Diskussion
­Chancen, die Folgen des Klimawandels zu mindern                                                                                                      mit Uwe Schneidewind (li.):
                                                                                                                                                                                              deutlich machen, so Schneidewind, „dass das Kreative, Un­
                                                                                                                                                                                              konventionelle und Lustvolle wieder stärker in den Diskurs
                                                                                                                                                      6. Juni, 18 Uhr, Hörsaal 1,
                                                                                                                                                                                              einziehen muss. Humor ist ein wichtiger Baustein dabei.“ Für
                                                                                                                                                      Campus Center, Moritzstraße 18
                                                                                                                                                                                              die Wissenschaft sei es eine ganz große Herausforderung,
                                                                                                                                                                                              die Bevölkerung außerhalb akademischer Kreise zu errei­
                                                                                                                                                                                              chen. „Darum sind eloquente Botschafter wie Sven Plöger
                                                                                                                            Plöger spricht über Wetterextreme und Klimawandel und             oder Formate wie das Campusfest von so hoher Bedeutung.“
                                                                                                                            klärt unterhaltsam, aber sachlich auf, was jetzt getan werden
                                                                                                                            muss: Energiewende, Verkehrswende, Kohleausstieg – „wir           Auch Plöger sieht für die Wissenschaft und die Universitä­
                                                                                                                            brauchen auf ganz vielen Gebieten eine Transformation.“           ten eine ganz besondere Rolle: Technische Lösungen zu ent­
                                                                                                                            Deswegen freue er sich besonders auf ein spannendes Ge­           wickeln – etwa für eine nachhaltige Energieversorgung – sei
                                                                                                                            spräch mit Uwe Schneidewind.                                      das eine; mindestens ebenso wichtig aber sei es, zu einer
                                                                                                                                                                                              Änderung im Bewusstsein und Verhalten der Bevölkerung
                                                                                                                            Schneidewind ist Transformationsforscher und Präsident des        beizutragen. „Mischt euch ein!“, appelliert er daher an alle
                                                                                                                            Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt und Energie, das seit       Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, „sachorientiert
                                                                                                                            über 25 Jahren Politik, Gesellschaft und Unternehmen auf dem      und faktenbasiert. Überlasst die politische Diskussion nicht
                                                                                                                            Weg zu einer nachhaltigen Entwicklung berät; er ist Mitglied      Populisten, die sich um Fakten nicht scheren.“
                                                                                                                            des Club of Rome und Mitglied des Hochschulrats der Univer­
                                                                                                                            sität Kassel. Das Magazin „Cicero“ listet ihn als einen der 500
                                                                                                                            einflussreichsten Intellektuellen im deutschsprachigen Raum
                                                                                                                            auf – und er ist ebenfalls Rheinländer. Ob es daran liegt, dass
                                                                                                                            er sein Anliegen – den Umbau der Wirtschaft zu mehr Nach­
                                                                                                                            haltigkeit – ebenso wenig moralinsauer vertritt wie Plöger?

 TEXT Sebastian Mense                                                                                                                                                                          Das Campusfest findet am 6. Juni 2019 von 15 bis 21 Uhr
 FOTOS Sebastian Knoth / Sonja Rode                                                                                                                                                            auf dem Campus Holländischer Platz statt: mit Vorträgen
                                                              „Es hilft ja nichts, nur schwarzzumalen“, findet der beken­                                                                      (z. B. zu Kapitalmärkten und wie sie den Klimawandel
 Die Welt zu retten muss die Laune nicht verderben – diesen   nende Rheinländer Plöger. „Wir können viel mehr schaffen,                                                                        prognostizieren), Gesprächen (z.B. mit D
                                                                                                                                                                                                                                      ­ okumentarfilmer
 Eindruck bekommt schnell, wer Sven Plöger reden hört.        wenn wir uns nicht lähmen, sondern motivieren.“ Daher                                                                            Klaus Stern), Führungen (z. B. in die Mensa-Küche oder in
 Der Meteorologe setzt sich seit langem mit dem Klimawan­     dürfen die Zuhörer in seinem Vortrag auch mal lachen,                                                                            wissenschaftliche Labore), Experimenten zum Mitmachen
 del auseinander und den Möglichkeiten, etwas dagegen zu      kündigt er an. Als Wetterexperte präsentiert er in der                                                                           (z. B. zur Zusammenarbeit mit künstlicher Intelligenz) und
 tun. An der Universität Kassel wird er dazu einen öffent­    ARD die Vorhersage für die nächsten Tage; als Autor (u. a.                                                                       einem mitreißenden Kulturprogramm (z. B. mit Blech-
 lichen Vortrag halten und anschließend mit dem Transfor­     „Gute Aussichten für morgen. Wie wir den Klimawandel                                                                             Blas-Rap von Flooot). Von 16 Uhr bis spät in die Nacht
 mationsforscher Prof. Dr. Uwe Schneidewind diskutieren       bewälti­gen und die Energiewende schaffen können“) und                                                                           veranstaltet der Asta parallel sein Waschbär-Festival.
 – einer der vielen Höhepunkte des Campusfests am 6. Juni.    Vortrags­redner die Aussichten für die kommenden Jahre.
                                                                                                                                                                                                                 Das komplette Programm unter

                                                                                                                                                                                                                 www.uni-kassel.de/go/
                                                                                                                                                                                                                 campusfest

16                                                                                                                                                                                                                                                        17
Publik MAGAZIN DER UNI KASSEL
publik 02 / 19 | Campus

Visionen aus Nordhessen
                                                                                                                                   Von links: Hai Hoang,
                                                                                                                                   Julian Corj und ­
                                                                                                                                   Marvin Hoffmann.

                                                                                                                                   (und auch zu seiner Universität) passt.          Bis zur Konferenz Ende August gibt es
                                                                                                                                   „Wir möchten den Blick in die Zukunft            für das TEDx-Kassel-Team noch viel zu
                                                                                                                                   richten: Wie kann ein nachhaltiges Mor­          tun. Zurzeit sind 14 Menschen hinter
                                                                                                                                   gen aussehen?“ Die Referenten – dar­             den Kulissen tätig. Einer davon ist Ma­
                                                                                                                                   unter einige Menschen aus Nordhes­               schinenbau-Student Marvin Hoffmann,
                                                                                                                                   sen, aber auch internationale Gäste aus          der Julian Corj bereits seit der Schulzeit
                                                                                                                                   Indien und Südafrika – werden jeweils            kennt und die TED Talks seit Jahren
                                                                                                                                   maximal 18 Minuten Zeit haben, ihre              im Internet verfolgt: „Für mich war es
                                                                                                                                   Vorstellungen mit den Zuschauern zu              deshalb selbstverständlich, bei der Kon­
                                                                                                                                   teilen. Namen möchte das Team noch               ferenz mitzuarbeiten.“ Dennoch können        Weitere Informationen zu TEDx K
                                                                                                                                                                                                                                                               ­ assel
                                                                                                                                   nicht nennen. Es soll spannend bleiben.          die Macher noch weitere Unterstützung        in den kommenden Wochen unter
                                                                                                                                                                                    gebrauchen: Insbesondere sind Helfer         ­TEDxKassel.com, fb.com/TEDxKassel
                                                                                                                                   „Natürlich ist die Planung der Konfe­            gefragt, die sich mit Event-Management,      oder instagram.com/TEDxKassel.
                                                                                                                                   renz eine Herausforderung“, sagt Hai             Ton- und Videotechnik auskennen.
                                                                                                                                   Hoang. Aber das gesamte Team stehe
                                                                                                                                   voll und ganz hinter dem Konzept.
                                                                                                                                   Zudem gebe es viel Zuspruch von ver­
                                                                                                                                   schiedenen Seiten. Dr. Oliver Fromm,
                                                                                                                                   Kanzler der Universität Kassel, habe
                                               Hai Hoang, Julian Corj und ­                                                        zum Beispiel ein Empfehlungsschreiben
                                                                                                                                   verfasst. So etwas öffne buchstäblich
                                               Marvin Hoffmann ­organisieren die                                                   Türen. Mit der TEDx-Lizenz sind aller­
TEXT Pamela De Filippo                                                                                                             dings auch einige strenge Auflagen ver­
FOTOS Pamela De Filippo/ Erik Charlton        ­erste ­TEDx-Konferenz in Kassel                                                     bunden: Unter anderem dürfen bei der
                                                                                                                                   Premiere der Konferenz lediglich 100
                                                                                                                                   Zuschauer dabei sein. Nach welchem
TED-Konferenzen verbindet man mit          „Nordhessen hat Potenzial“, findet Ini­     „Tales of Tomorrow“ wird das Motto          System diese ausgewählt werden,
Vancouver, Rio oder Berlin. Dort spre­     tiator Hai Hoang. Als Mitbegründer von      der ersten TEDx-Konferenz in Kassel         stehe noch nicht fest, sagt Julian Corj.
chen Visionäre, die andere mit ihrer       UNIKAT-Lab im Science Park Kassel,          lauten – ein Verweis auf die Brüder         Aber ohnehin gehe es ja auch darum,
Weltsicht inspirieren und gute Ideen       einer Einrichtung, in der Studierende in­   Grimm, die berühmten nordhessischen         was danach geschieht: „Alle Redebei­
verbreiten wollen. Die Videos ihrer        terdisziplinär an innovativen Projekten     Geschichtensammler. „Wir fanden             träge werden anschließend auf dem of­
Redebeiträge, die so genannten TED         arbeiten, habe er viele junge Menschen      das passend. Denn auch bei unserer          fiziellen Youtube-Channel von TEDx zu
Talks, werden im Internet millionenfach    mit tollen Ideen kennen gelernt. TEDx       Konferenz werden großartige Geschich­       sehen sein.“ So werden die Ideen aus
geklickt. Jetzt kommt das Erfolgsformat    sei das ideale Format, um solche Ideen      tenerzähler dabei sein“, sagt Co-Initi­     Nordhessen in alle Welt transportiert.
auch nach Nordhessen: Am 31. August        aus der Region bekannter zu machen:         ator Julian Corj, der an der Uni Kassel     Ein schöner Gedanke.
wird die erste TEDx-Konferenz – ein        „Wir möchten Nordhessen eine Bühne          Wirtschaftswissenschaften studiert.
unabhängig organisierter, lizensierter     geben.“                                     Und wovon werden die Geschichten
Ableger des Originals – in Kassel statt­                                               der Redner handeln? Ein großes Thema               Al Gore auf einer TED Conference 2009.
                                                                                                                                    Die TEDx-Konferenzen, lizensierte Ableger der
finden. Die Idee dazu wurde an der Uni­                                                wird Nachhaltigkeit in all ihren Facetten                TED, folgen ebenfalls dem Motto
versität Kassel geboren.                                                               sein, etwas, das gut zu Nordhessen                                „Ideas worth spreading“.

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„Gleichstellung heißt mehr
als nur Geschlecht “
Seit 30 Jahren gibt es Frauenbeauftragte und
­Gleichstellungarbeit an der Universität Kassel
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                                                  FOTOS Sebastian Mense

                                                  Seit 100 Jahren dürfen Frauen in Deutschland            Die Geschichte der Frauen und der Gleich­s tel­lungs­­
                                                  wählen und fast genauso lange dürfen sie studie­        arbeit an der Gesamthochschule und heutigen Uni­
                                                  ren, habilitieren und Professorin werden. Aber          versität Kassel wurde in einem Forschungsprojekt
                                                  weder in der Politik noch in der Wissenschaft ist       unter der Leitung von Prof. Dr. Mechthild Bereswill
                                                  nach 100 Jahren die Gleichstellung erreicht, trotz      rekonstruiert. Dazu hat Sabine Stange Unterlagen
                                                  zahlreicher und vielfältiger Bemühungen in allen        aus dem Archiv der Universität Kassel in Marburg
                                                  gesellschaftlichen Bereichen seit über 50 Jahren.       ausgewertet und Zeitzeuginnen befragt. Die Ergeb­
                                                  Vor 30 Jahren – am 1. April 1989 – wurde die erste      nisse dieser Forschungsarbeit sind jetzt in der
                                                  Frauenbeauftragte vom Präsidenten der Gesam­            Publi­kation „30 Jahre Frauenbeauftragte – Gleich­
                                                  thochschule Kassel bestellt. Dies geschah, noch         stellungarbeit an der Gesamthochschule /Universität
                                                  bevor das Hessische Gleichberechtigungsgesetz           Kassel“ veröffentlicht, die das ­Frauen- und Gleich­
                                                  Mitte der 90er Jahre in Kraft trat und Frauenbe­        stellungsbüro in einer öffentlichen Jubiläums­ver­
                                                  auftragte für Hochschulen verpflichtend vorsah.         anstaltung am 25. Juni 2019 um 18 Uhr im Gießhaus
                                                  Vor allem Studentinnen und Mitarbeiterinnen aus         vorstellen wird.
                                                  dem wissenschaftlichen Mittelbau hatten sich an
                                                  der Reformhochschule engagiert. Sie hatten sich         „Wir sind noch nicht am Ende“
                                                  für feministische Seminare, für die Beteiligung
                                                  von Dozentinnen an der Lehre, für Professuren           „Es ist eine unglaubliche Entwicklung. Ich bin wirk­
                                                  mit dem Schwerpunkt Frauenforschung und nicht           lich der Meinung, dass sich für Frauen sehr viel ver­
                                                  zuletzt für die Institutionalisierung von Gleichstel­   ändert hat in den Hochschulen. Es gibt inzwischen
                                                  lungsarbeit und Frauenbeauftragten eingesetzt.          so viele Frauen, Studentinnen, Wissenschaftlerin­
                                                  Der lange Atem aller Akteurinnen hat sich gelohnt,      nen, Professorinnen, die so toll und so selbstbe­
                                                  heute ist Gleichstellungsarbeit fester und selbst­      wusst und so hochqualifiziert sind. […] Unsere Ge­
                                                  verständlicher Teil der Hochschule, die Gleich­         neration kämpfte noch für Frauen in der Hochschule.
                                                  stellungsarbeit wird von zahlreichen Frauen- und        Das ist heute selbstverständlich, sie sind eben ein
                                                  Gleichstellungsbeauftragten und Gleichstellungs­        deutlich wahrzunehmender Teil der Hochschule und
                                                  akteuren aus den Fachbereichen getragen und das         der Wissenschaft und da haben sie ihren unverkenn­
                                                  Frauen- und Gleichstellungsbüro der Universität         baren Platz. Mit ihnen hat sich auch die Universität
                                                  Kassel entwickelt die Gleichstellungsstrategien         und die Wissenschaft verändert. Aber wir sind noch
                                                  weiter und bietet ein differenziertes Beratungs-        nicht am Ende.“ So fasst Prof. Dr.      Neusel in der
                                                  und Unterstützungsangebot.                              Publikation rückblickend die Entwicklung zusammen.
                                                                                                          Frau Neusel war als Vizepräsidentin maßgeblich an
                                                                                                          der Gründung des ersten fachübergreifenden Ver­
                                                                                                          bunds mit dem Schwerpunkt Frauenforschung an
                                                                                                          einer hessischen Hochschule im Jahr 1987 beteiligt,
                                                                                                          der Interdisziplinären Arbeitsgruppe Frauen- und
                                                                                                          ­Geschlechterforschung, sowie an der Einrichtung
                                                                                                          der ersten Frauenforschungsprofessur.

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                                                                                                                                   Die Arbeit im Frauen- und Gleichstellungsbüro hat          Einen Kulturwandel vorantreiben
                                                                                                                                   sich über die Jahre gewandelt, das macht die Ju­
                                                                                                                                   biläumspublikation ebenfalls deutlich. Am Anfang           Weiterhin wird es konstruktive Diskussionen, brei­
                                                                                                                                   stand die Frauenförderung im Vordergrund. Und              te Bündnisse und Mut zum Handeln brauchen, um
                                                                                                                                   viele Themen stehen immer noch auf der Agenda,             einen Kulturwandel voranzutreiben und allen Mit­
                                                                                                                                   wie z.B. das Thema Sicherheit, sexuelle Belästi­           gliedern der Universität Kassel die freie Entfaltung
                                                                                                                                   gung oder die Vereinbarkeit von Beruf bzw. Stu­            ihrer Leistungsfähigkeit in einer geschlechterge­
                                                                                                                                   dium mit Familienaufgaben. Selbstverteidigungs­            rechten und diskriminierungsfreien Universität zu
                                                                                                                                   kurse für Frauen gibt es seit 30 Jahren im Weiter­         gewährleisten.
                                                                                                                                   bildungsprogramm der Universität Kassel. Aber
            Dr. Sylke Ernst,
                                                                                                                                   vieles hat sich verändert: Das ehemalige „Büro
       Frauen- und Gleich­
     stellungsbeauftragte.                                                                                                         der Frauenbeauftragten“ heißt heute „Frauen- und
                                                                                                                                   Gleichstellungsbüro“ und ist in den Arbeitsbe­
                                                                                                                                   reichen Geschlechtergleichstellung, Familie und
                                                                                                                                   Diversität aktiv. Die Angebote des Familienservice
                                                                                                                                   richten sich zunehmend auch an Männer und in
 Projekt Gleichstellungsconsulting                                                                                                 den letzten Jahren wird zunehmend Diversität in
                                                                                                                                   den Blick genommen. Denn, wie es die ehemalige
 Im Rahmen einer Forschungskooperation haben Wissen­              Das Projekt ist eine Forschungskooperation zwischen dem          Vizepräsidentin Prof. Dr. Claudia Brinker-von der
 schaftlerinnen in den vergangenen Monaten Gleichstel­            Fachgebiet Soziologie ­sozialer Differenzierung und Soziokul­    Heyde im Gespräch formuliert: „Gleichstellung
 lungsarbeit an der Schnittstelle von Wissenschaft und Ver­       tur unter der Leitung von Prof. Dr. Mechthild Bereswill und      heißt mehr als nur Geschlecht.“
 waltung der Universität Kassel analysiert. Die Ergebnisse        dem zentralen Frauen- und Gleichstellungsbüro der Univer­
 werden Ende des Jahres veröffentlicht.                           sität unter der Leitung von Dr. Sylke Ernst. Wissenschaftli­     Die rekonstruierte Geschichte der Gleichstellungs­
                                                                  che Mitarbeiterinnen des Projekts sind Salome Raczek und         arbeit macht deutlich, dass es mit vielen Hürden
 Mithilfe von qualitativen Methoden der Sozialforschung           Dr. Marie-Theres Modes. Es startete zum Oktober 2017; die        verbunden war, diese Strukturen durchzusetzen.                                                 30 Jahre
 untersucht das Projekt „Gleichstellungsconsulting“ vor
 allem die folgenden Fragen:
                                                                  Finanzierung erfolgte durch das Professorinnenprogramm II.       Und dass sicher geglaubte Ziele immer wieder in
                                                                                                                                   Frage gestellt werden; zum Beispiel durch die ak­
                                                                                                                                                                                                                                  Frauenbeauftragte
                                                                  Die Wissenschaftlerinnen entwickelten ein Forschungs­design      tuellen antifeministischen Debatten in der Wissen­                                             Gleichstellungarbeit
 —— Was bedeutet Gleichstellung in verschiedenen Fach-            mit zwei Bausteinen und adressierten unterschiedliche            schaft und in der gesellschaftlichen Öffentlichkeit.                                           an der Gesamthochschule /
                                                                                                                                                                                                                                  Universität Kassel
       und Forschungsbereichen der ­Universität Kassel?           Gruppen: Durchgeführt wurde eine Studie mit qualitativen,        Auch dies wird in der Publikation deutlich.
                                                                  leitfadengestützten Interviews mit Professorinnen und Pro­                                                                                                                                                                             KA RRIERE –
                                                                                                                                                                                                                                                                Ausbildung Religion
 —— Welche fachspezifischen Bedürfnisse und Ansatzpunkte          fessoren aller Fachbereiche. Darüber hinaus richtete sich eine                                                                                                                             Arbeitsinhalte/-feld                        M E N TO RIN G
                                                                                                                                                                                                                                                                                                         DIVERS
                                                                                                                                                                                                                                                            Persönlichkeit Geschlecht
       existieren in Hinblick auf Gleichstellung in verschiede­   zweiphasige Fragebogenstudie nach der Delphi-Methode an                                                                                                                                   sexuelle Orientierung
                                                                                                                                                                                                                                                         Einkommen Berufserfahrung
                                                                                                                                                                                                                                                        Gewerkschaf tszugehörigkeit Alter
       nen Fächern und Fachbereichen?                             die dezentralen Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten.                                                                                                                                 Diversity soziale Herkunft
                                                                                                                                                                                                                                                            Auftreten Elternschaft
                                                                                                                                                                                                                                                        Gewohnheiten Weltanschauung
                                                                                                                                                                                                                                                         Familienstand gesundheitliche
                                                                                                                                                                                                                                                                                     Identität
 —— Was beurteilen die befragten Frauen- und Gleichstel­          In den nächsten Monaten ist eine multimediale Präsentation                                                                                                                               Beeinträchtigung
                                                                                                                                                                                                                                                                 ethnische Herkunft

       lungsbeauftragten der Fachbereiche als unterstützend       der Projektergebnisse geplant, u.a. in Kooperation mit Joel                                                                       PROGRAMMABLAUF
                                                                                                                                                                                                    •   Infoveranstaltung im März

       oder h
            ­ inderlich für Gleichstellung?                       Baumann, Rektor der Kunsthochschule und Professor für                                                                             •
                                                                                                                                                                                                    •
                                                                                                                                                                                                        Bewerbungsschluss Ende März
                                                                                                                                                                                                        Auftaktveranstaltung im Mai/Juni
                                                                                                                                                                                                    •   Laufzeit des Programms – 1 Jahr                                                                  FÜR STUDENT*INNEN UND
                                                                                                                                                                                                                                                        KONTAKT
                                                                                                                                                                                                    •   Abschlussveranstaltung und Verleihung
                                                                                                                                                                                                                                                                                                         PROMOVEND*INNEN
                                                                  Neue Medien, und Absolventinnen und Absolventen. Bis zum                                  30 Jahre ­Frauenbeauftragte –               der Zertifikate im Mai/Juni
                                                                                                                                                                                                                                                        Projektleitung
                                                                                                                                                                                                    BEWERBUNGSUNTERLAGEN                                Dr. Sylke Ernst
                                                                                                                                                                                                                                                                                                         CHANCENGLEICHHEIT DURCH GEZIELTE
 —— Wie kann man die Wünsche und Ideen der befragten              Ende des Sommersemesters wird außerdem eine Broschüre                                      Gleichstellungs­arbeit an der
                                                                                                                                                                                                    • ausgefüllter Bewerbungsbogen                      Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte
                                                                                                                                                                                                                                                                                                         KARRIEREFÖRDERUNG
                                                                                                                                                                                                    • tabellarischer Lebenslauf                         der Universität Kassel

                                                                                                                                                                                                    Den Bewerbungsbogen, genaue Termine sowie weitere   Frauen- und Gleichstellungsbüro

       ­Personen in ein Beratungskonzept überführen?              mit Ergebnissen und Perspektiven für die Weiterentwicklung                     ­Gesamthochschule / Universität Kassel.            Informationen zum Programm finden Sie auf unserer
                                                                                                                                                                                                    Homepage:
                                                                                                                                                                                                                                                        Mönchebergstraße 19
                                                                                                                                                                                                                                                        34109 Kassel
                                                                                                                                                                                                                                                        mentoring-divers@uni-kassel.de
                                                                                                                                                                                                    WWW.UNI-KASSEL.DE/THEMEN/MENTORING-DIVERS           Telefon: +49 (0) 561 804 77 97

                                                                  der Gleichstellungsarbeit an der Uni Kassel erstellt.   (red)                                  Hrsg: Universität Kassel,          Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung!                  Termine nach Vereinbarung

                                                                                                                                                                                                                                                                                                     G L E I C H
                                                                                                                                                       Frauen- und Gleichstellungsbüro,                                                                                                              S T E L L U N G

                                                                                                                                                     ­kassel university press, K
                                                                                                                                                                               ­ assel 2019

22                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                 23
publik 02 / 19 | Debatte

Jede Region braucht gute Lehrkräfte
Gut vorbereitet auf den gesellschaftlichen und
­technologischen Wandel – ein Essay zur Bedeutung
                                                                                                                                   Eindruck vom Mathe­
                                                                                                                                   matischen Forschertag
                                                                                                                                   mit Grundschülern im

 der Lehrerbildung von Dorit Bosse.                                                                                               ­vergangenen Jahr.

                                                                                                                                  Für eine attraktive und
                                                                                                                                  lebenswerte Region                        Glaubwürdigkeit digitaler Informatio­       auf der Welt entscheiden. Und jene
                                                                                                                                                                            nen, bilden deutsche Lehrerinnen und        jungen Erwachsenen, die nach ihrem
                                                                                                                                  Ein friedliches Miteinander mit guten     Lehrer das traurige Schlusslicht. Auch      Schulabschluss ein Startup-Unterneh­
                                                                                                                                  Bildungsmöglichkeiten und Arbeit für      hier liegt Deutschland weit unter dem       men im IT-Bereich gründen, benötigen
                                                                                                                                  alle ist das, was eine Region attraktiv   internationalen Mittelwert. Es gibt in      Lehrkräfte, die in ihrem Unterricht digi­
                                                                                                                                  und lebenswert macht. Entsprechend        diesem Bereich also kräftigen Nachhol­      tale Innovationsfreude und Experimen­
                                                                                                                                  wichtig ist der Einfluss der Hochschule   bedarf. Entsprechend steht auch die         tiergeist gefördert haben.
                                                                                                                                  auf eine zukunftsweisende Weiter­         Universität Kassel in der Verantwor­
                                                                                                                                  entwicklung der Lehrerbildung. Die        tung, ihren Lehramtsabsolventinnen          Die Beispiele zeigen: Es sind die Lehr­
                                                                                                                                  Universität ­Kassel steht in der Ver-     und -absolventen das Rüstzeug für die       kräfte, die einen entscheidenden Anteil
                                                                                                                                  antwortung, I­mpulse zu setzen, die zu    schulische Bildung im digitalen Zeitalter   daran haben, dass jeder Schüler gebil­
                                                                                                                                  einer bestän­digen Erneuerung dessen      mit auf den Weg zu geben. Reicht es,        det und bestens qualifiziert seinen Platz
                                                                                                                                  führen, was zeitgemäßes Lehren und        Lehramtsstudierende mit Fragen des          in der Gesellschaft findet. Lehrerausbil­
                                                                                                                                  Lernen ausmacht, um Heranwachsen­         Datenschutzes im Internet vertraut zu       dung ist eine Schlüsselaufgabe für jede
                                                                                                                                  den Bildung zu ermöglichen und sie mit    machen oder sie erproben zu lassen,         Hochschule – nicht zuletzt deshalb, weil
                                                                                                                                  ihrem individuellen Potenzial optimal     mit welcher Software sich kooperati­        die Abiturientinnen und Abiturienten
                                                                                                                                  für den globalen Wettbewerb zu fördern.   ves Lernen zeit- und raumunabhängig         von heute die Studierenden von mor­
                                                                                                                                  Das betrifft nicht nur den Umgang mit     neu gestalten lässt? Welche Chancen         gen sein werden.
                                                                                                                                  ­Heterogenität, sondern viele weitere     bieten das fachliche Lernen mit Erweite­
                                                                                                                                  Bereiche. Dies möchte ich an der He­      rungen der Realität oder Simulationen
                                                                                                                                  rausforderung verdeutlichen, die die      durch augmented oder virtual ­reality?
                                                                                                                                  fortschreitende Digitalisierung für den   Ist U
                                                                                                                                                                                ­ nterricht in Form von flipped
TEXT Dorit Bosse                                                                                                                  Bildungssektor mit sich bringt.           ­classroom die zeitgemäße Lösung, um
FOTOS Sebastian Mense                                                                                                                                                       Heranwachsende auf das Arbeiten in
                                                                                                                                                                            der digitalen Welt vorzubereiten?
                                                                                                                                  Es gibt kräftigen Nachholbedarf
Stellen wir uns vor, eine Studentin       schiede bestehen in der Bedeutung von      Für die Universität Kassel ist die Lehrer­                                             Entscheidend wird sein, wie Schüle­
kommt im Schulpraktikum in eine           Bildung und von schulischer Qualifika­     ausbildung mit einer hohen Verantwor­        Die International Computer und Infor-     rinnen und Schüler, die beispielsweise
Klasse von Jugendlichen mit sehr un­      tion, Unterschiede im Verständnis der      tung für die Region verbunden, wobei         mation Literacy Study, kurz ICILS, hat    eine Berufsausbildung in der Autoin­        Rubrik „Debatte“
terschiedlichen sozialen und kulturel­    gesellschaftlichen Rolle von Mann und      ein umsichtiger Umgang mit der Vielfalt      2013 gezeigt, dass deutsche Lehrkräf­     dustrie – sei es in Nordhessen oder         Welche Verantwortung haben Univer­
len Hintergründen. Hoffen wir einmal,     Frau und Unterschiede in der elterlichen   weltanschaulicher Zugänge die Basis          te im internationalen Vergleich am        sonst wo – beginnen, fit werden für die     sitäten und breiter gefasst die Wissen­
dass sich die junge Frau im bisherigen    Prägung des Stellenwerts von Kultur,       für ein demokratisches Zusammenleben         seltensten Computer im Unterricht         digitale Arbeitswelt eines global agie­     schaft? In der Rubrik „Debatte“ bezie-
Studium auf diese Aufgabe gut vor­        Religion und politischem Engagement        bildet, wozu auch gegenseitiger Respekt      verwenden. Der Wert lag weit unter        renden Konzerns. Wichtig wird sein,         hen Wissenschaftlerinnen und Wissen­
bereiten konnte. Vorbereiten auf das      im täglichen Leben.                        und der Abbau von Ausgrenzung ge­            dem OECD-Durchschnitt. Nun könnte         dass sich Abiturientinnen und Abituri­      schaftler Position. Dr. Dorit Bosse ist
Unterrichten in einer Gruppe, in der                                                 hören. Die Schule als Erprobungsraum         man meinen, die Nutzung digitaler         enten kompetent fühlen, wenn sie sich       Professorin für Schulpädagogik mit
möglicherweise so unterschiedliche                                                   eines verträglichen sozialen Gefüges ist     Medien muss nicht zwingend zu einer       etwa für die Aufnahme eines dualen          Schwerpunkt gymnasiale Oberstufe
Wertvorstellungen aufeinandertreffen                                                 für Kinder und Jugendliche gleichsam         hohen Unterrichtsqualität führen. Aber    Studiums in einem vollautomatisiert         und Vorsitzende des Zentrums für
wie in kaum einem anderen Bereich                                                    ein überschaubares System im Kleinen,        auch bei der Förderung IT-bezogener       produzierenden Pharmabedarfsunter­          ­Lehrerbildung.
unserer Gesellschaft. Es könnten Unter­                                              auf das alles Weitere aufbaut.               Fähig­keiten, etwa der Überprüfung der    nehmen in Nordhessen oder irgendwo

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Strategin mit vielfältigen Interessen
Dr. Waltraud Sennebogen leitet seit April
die ­Abteilung Entwicklungsplanung

TEXT Pamela De Filippo
FOTO Pamela De Filippo

Kassel wird unterschätzt: Das ist der Eindruck, den Dr.          Was die Tätigkeit von Waltraud Sennebogen so anspruchs­
Waltraud Sennebogen in ihren ersten Wochen in Nordhessen         voll macht, ist sicher deren Komplexität. Die Abteilung
gewonnen hat. Die Stadt sei mit ihren Grünanlagen und kul­       Entwicklungsplanung treibt die Strukturplanung der Univer­
turellen Einrichtungen sehr attraktiv, werde aber überregio­     sität voran und berät das Präsidium in allen wesentlichen
nal zu wenig wahrgenommen. Viel Zeit, die hiesigen Sehens­       Fragen der strategischen Positionierung und Entwicklung
würdigkeiten zu entdecken, hatte die gebürtige Oberpfälzerin     der Universität. Sie unterstützt bei Planungsprozessen und
bisher noch nicht. Im April hat sie die Leitung der Abteilung    Steuerungsverfahren, stellt zudem alle dafür notwendigen
Entwicklungsplanung an der Universität Kassel übernommen         Zahlen und Fakten zur Verfügung. Abstimmungen mit den
– eine Abteilung, die in der Zentralverwaltung angesiedelt ist   Fachbereichen der Uni gehören ebenso zu den Aufgaben
und eine wichtige Schnittstelle zwischen dem Präsidium und       wie Verhandlungen mit dem Land Hessen – insbesondere,            Dort, so sagt sie, habe ihre Laufbahn als Wissenschaftsma­      Ihr Büro an der Mönchebergstraße sieht Sennebogen als
den Fachbereichen sowie zentralen Einrichtungen darstellt.       wenn es um dessen Mittelzuweisungen geht. Sie habe einen         nagerin begonnen. Eine Tätigkeit, die sie mit Fokus auf die     Basis. Ihre eigentliche Arbeit findet jedoch meist woanders
                                                                 bunten Lebenslauf, sagt Sennebogen. Und tatsächlich fällt        Strukturentwicklung von Fachbereichen an der Technischen        statt. In den ersten Monaten im Amt möchte sie zum Bei­
                                                                                        eines auf: Sich auf ein Themengebiet      Universität Darmstadt weiter vertiefte. Als Referatsleiterin    spiel Kontakte zu allen Fachbereichen der Uni knüpfen und
                                                                                        fest­zulegen, ist nicht ihre Sache.       für Hochschulstrategie war sie dort auch für die Entwicklung    nicht nur anrufen oder gar nur eine E-Mail schreiben. Für die
                                                                                        „Mich haben schon immer v
                                                                                                                ­ iele Din­       des Strategischen Data Warehouse zuständig. Diese digitale      43-Jährige ist klar: „Ich möchte mir vor Ort ein Bild machen.
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                                                                                        dem Abitur an einem mathema­              schulleitung und Fach­bereiche für strategische Entscheidun­    entwickeln und wie gelingt das am besten? Das kann ich nur
                                                                                        tisch-naturwissenschaftlichen             gen nutzen.                                                     in persönlichen Gesprächen herausfinden.“
                                                                                        Gymnasium hat sie sich für ein
                                                                                        geistes­wissenschaftliches Studi­         Die Digitalisierung von Daten auch an der Universität Kassel    Die Wochenenden verbringt Dr. Waltraud Sennebogen in der
                                                                                        um – Germanistik und G
                                                                                                             ­ eschichte          voranzutreiben und den sinnvollen, transparenten Umgang         Oberpfalz, wo sie mit ihrem Partner lebt. Und so oft es geht,
                                                                                        – entschieden. Berufliche Stationen       damit zu fördern sei ein langfristiges Ziel, sagt Sennebogen.   ist sie in der Natur unterwegs. „Für mich ist sie ein guter
                                                                                        waren eine Stiftung im Ruhrgebiet,        Aktuell steht neben der Begleitung der Entwicklung der Fä­      Rückzugsraum und ein Ausgleich zum Arbeitsalltag, der sehr
                                                                                        wo sie unter anderem inter­nationale      cher allerdings ein ganz anderes wichtiges Thema auf der        kommunikationsintensiv ist“, erzählt sie. Auch das alpine
                                                                                        Stipendiatinnen und Stipendiaten          Agenda: „2019 wird geprägt sein von den Verhandlungen           Klettern gehört zu den Hobbys, bei denen sie Kraft sammelt.
                                                                                        betreute, und die Goethe-Universität      über den hessischen Hochschulpakt. Hier will ich die Hoch­      Sich ganz auf eine Sache zu konzentrieren und sich auch mal
                                                                                        in Frankfurt, wo sie als Referentin für   schulleitung mit meinem Team dabei unterstützen, ein opti­      führen zu lassen, sei gerade für Menschen in einer leitenden
                                                                                        Berufungsangelegenheiten tätig war.       males Verhandlungsergebnis für die Universität zu erzielen.“    Position ein wichtiges Training für den Job.

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