Q-Fieber - Eine Infektion mit komplexer Epidemiologie

 
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Q-Fieber - Eine Infektion mit komplexer Epidemiologie
© Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at

                                                                      Q-Fieber – Eine Infektion
                                                                 mit komplexer Epidemiologie

                                                                                                                      Peter KIMMIG

Abstract: Q-fever – An infection with a complex epidemiology. Coxiella burnetii is a small, obligate intracellular bacterium
which has an outer lipopolysaccharide membrane similar to that of gram negative bacteria. This pathogen exists in two phases,
the virulent phase 1 and the avirulent phase 2, both of which are important serologically. Furthermore, C. burnetii has the partic-
ular feature of producing spore-like bodies (SCV-small cell variants) by budding of vegetative cells (LCV-large cell variants). The
SCV are of great importance for the epidemiology of Q-fever since they have a high persistence and are transmitted by the aerosol
route. Infections of humans usually remain asymptomatic or victims experience a flu-like illness. In about 10% of cases, atypical
pneumonia and/or granulomatous hepatitis occurs. In ca. 1% of the infections, a chronic Q-fever with endocarditis develops
which may be lethal. Pregnant women are especially at risk. They are highly susceptible to infection and may experience an abor-
tion during the first trimester. In addition, the percentage of chronification may be higher than 30%. Diagnosis of Q-fever is based
mainly on serological methods, namely KBR, ELISA and IFA with antigens of phase 1 and phase 2. Therapy of acute Q-fever is
easily performed using doxycycline, however, therapy of a chronic infection is problematic on account of the long duration with-
out definite criteria.
The epidemiology of Q-fever is exceedingly complex. It can be transmitted by more than 40 tick species worldwide. In Germany
the sheep tick Dermacentor marginatus is the main vector. Here, the cycle of infection existing between the ticks (in the larval
and nymphal stages) and rodents should form the the basis of natural foci. The infection can be transmitted by adult ticks to larg-
er wild animals, as well as to livestock, mainly sheep. Additional infections may occur by inhalation of dried contaminated ma-
terial such as the parturient fluids of infected sheep or dried tick faeces. Humans are infected almost exclusively by this aerosol
route. Q-fever was imported to Germany by uncontrolled animal imports and is now established in the south. It is a notifiable
disease but usually only outbreaks are registered. However, seroprevalences of 8% in mildly endemic regions and up to 40% in
highly endemic regions show that Q-fever is a common infection. Nevertheless, it was not possible to find natural foci in south-
west Germany by examination of D. marginatus, either engorged ticks taken from sheep or free-living ticks. Thus, it may be as-
sumed that the aerosol route of infection is the most important one. Prophylactic measures should comprise not only the treat-
ment of sheep by acaricides but also vaccination to prevent abortions.

Key words: Q-fever, Coxiella burnetii, disease, infective pathways, epidemiology.

                 Inhaltsübersicht
                 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 594
                 2. Erreger. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 594
                 3. Übertragungswege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 595
                 4. Krankheitsbild beim Menschen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 597
                 5. Diagnostik und Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 598
                 6. Epidemiologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 598
                     6.1. Geographisches Vorkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 598
                     6.2. Zeckenuntersuchungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 599
                 7. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 602                  H. ASPÖCK (Hrsg.):
                                                                                                                                             Krank durch
                 8. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 603                                Arthropoden,
                                                                                                                                       Denisia 30 (2010):
                 9. Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 603                           593–604
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  Abb. 1a, b: Coxiella                                                                 Ehren der Erstbeschreiber COX und BURNET in den
 burnetii: Bildung von                                                                 noch heute gültigen Namen Coxiella burnetii geändert
      sporenähnlichen
        Körperchen am
                                                                                       (zit. nach MAURIN & RAOULT 1999).
           Polende von
   vegetativen Zellen.
     CAP: capping, VZ:                                                                 2. Erreger
   vegetative Zelle Sp:
                                                                                           Coxiella burnetii ist ein kleines, obligat intrazellulä-
       sporenähnliches
     Körperchen. Nach                                                                  res Bakterium und weist als solches durchaus Ähnlich-
    BERGEY´s Manual of                                                                 keiten mit den Rickettsien auf, denen es lange zugeord-
             Systematic                                                                net wurde. Weitere Parallelen bestehen zu gramnegati-
Bacteriology, Williams
                                                                                       ven Bakterien, da Coxiellen ebenfalls eine äußere Lipo-
      & Wilkins, Vol. 1,
verändert Zeichnung:                                                                   polysaccharidmembran besitzen. Coxiellen können –
       C. LÜTTICH, Gera.                                                               vergleichbar dem Rauh-Glatt-Phasenwechsel der Enter-
                                                                                       obacteriaceen – einen Phasenwechsel durchmachen,
                                                                                       der durch Veränderungen dieser Lipopolysaccharid-
                                                                                       Membran (LPS) verursacht wird:
                                                                                           Phase 1 ist durch eine vollständige LPS-Membran
                                                                                       charakterisiert. Sie stellt die natürliche, hochvirulente
                           1. Einleitung                                               Form in Mensch und Tier sowie den Arthropoden-Vek-
                                Im Jahre 1937 beschrieb Edward Holbrook DERRICK        toren dar. Sie entspricht der Glatt-Form der Enterob-
                           eine unklare fieberhafte Erkrankung bei Schlachthofar-      acteriaceen.
                           beitern in Brisbane in Queensland/Australien und                Phase 2 besitzt lediglich eine stammspezifische
                           nannte sie – nicht besonders orginell – query fever, un-    LPS-Membran, der bestimmte Proteindeterminanten
                           klares Fieber, das in der abgekürzten Form als „Q-Fie-      fehlen. Diese wenig virulente Form entwickelt sich
                           ber“ in die Nomenklatur einging (die Interpretation Q-      nach mehrfachen Passagen auf Zellkulturen oder bebrü-
                           Fieber = Queensland-Fieber ist unzutreffend). Eine Dar-     teten Hühnereiern. Sie entspricht der Rauh-Form der
                           stellung des Erregers gelang DERRICK nicht, dies blieb      Enterobacteriaceen (MAURIN & RAOULT 1999).
                           Macfarlane BURNET vorbehalten, dem DERRICK Infekti-
                           onsmaterial hatte zukommen lassen. In damit infizierten         Die beiden Phasen spielen eine große Rolle bei der
                           Meerschweinchen fanden Burnet und sein Mitarbeiter          serologischen Coxiellen-Diagnostik (s.u.). Unter natür-
                           FREEMAN in Milzschnitten Vakuolen mit granulären            lichen Umständen stellt die vollständige LPS-Membran
                           Einschlüssen, die sich in der Giemsa-Färbung stäbchen-      zusammen mit der Azidophilie der Coxiellen einen sehr
                           artig darstellten und als Rickettsien interpretiert wur-    wirksamen Evasionsmechanismus dar, sodass diese in
                           den. Aufgrund epidemiologischer Untersuchungen wur-         den Phagolysosomen der Makrophagen, den beim Men-
                           de schon damals vermutet, dass es sich bei der Infektion    schen alleinigen Zielzellen, nicht nur überleben son-
                           um eine Zoonose mit einen sylvatischen Zyklus und Ze-       dern sich massenhaft vermehren können.
                           cken als Überträgern handeln könnte, und dass Haustie-          Molekularbiologische Analysen haben die mikro-
                           re ein sekundäres Erregerreservoir darstellten.             bielle Taxonomie von Grund auf verändert, so auch die
                               Unabhängig von den Arbeiten in Australien wur-          der Coxiellen. Aufgrund von 16S rDNA-Sequenzierun-
                           den 1935 in den USA ökologische Untersuchungen auf          gen werden Coxiellen heute in die Nähe der Legionel-
                                                                                       len gestellt. Coxiella burnetii stellt die einzige Spezies in
                           das durch Zecken übertragene „Rocky mountain spotted
                                                                                       der Familie der Coxiellaceae dar.
                           fever“ durchgeführt. Die im Bereich Nine Mile/Monta-
                           na gesammelten Zecken wurden an Meerschweinchen                 Ungeachtet der systematischen Zuordnung weist
                           angesetzt; diese entwickelten jedoch nicht die Rickett-     Coxiella burnetii jedoch eine artspezifische Besonderheit
                           sien (Rickettsia rickettsii)-typischen Krankheitserschei-   auf, die weder bei Rickettsien noch bei Legionellen ih-
                           nungen. In der Folge gelang es Herald Lea COX die ver-      re Parallelen findet – die Ausbildung von 2 verschiede-
                           antwortlichen Erreger näher zu charakterisieren und         nen Erscheinungsformen:
                           schließlich in embryonalen Hühnereiern anzuzüchten.
                                                                                           Die „large cell variants“ (LCV) stellen die intrazellu-
                               1938 kam es zu einer Kooperation der Labors in          lären Stadien von Coxiella dar. Sie entsprechen vegetati-
                           Brisbane und Montana. Über Tierversuche und über            ven Bakterienzellen, besitzen eine Peptidoglykanwand
                           Kreuzimmunitäten ließ sich die Identität des Q-Fieber-      sowie die erwähnte Lipopolysaccharid-Membran. Die
                           Erregers und des Nine Mile-Erregers nachweisen. Der         LCV haben nur eine geringe Umwelt-Stabilität und sind
                           ursprüngliche Begriff Rickettsia burnetii wurde 1938 zu     durch gängige Desinfektionsmittel leicht zu inaktivieren.

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Q-Fieber - Eine Infektion mit komplexer Epidemiologie
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    Aufgrund von bisher weitgehend unbekannten Fak-                                                                 Abb. 2:
toren, vermutlich bei sich verschlechternden Ernäh-                                                                 Infektionskreislauf
                                                                                                                    von Coxiella burnetii
rungsbedingen, können die vegetativen Coxiellen am                                                                  über Zecken
Polende intrazellulär sporenähnliche, elektronendichte                                                              (Dermacentor
Körperchen abspalten (Abb. 1), die sich zunächst ihrer-                                                             marginatus) und
                                                                                                                    Reservoirwirte (nach
seits noch weiter teilen können. Diese auch als „small
                                                                                                                    LIEBISCH 1977).
cell variants“ (SCV) bezeichneten Formen haben eine
hohe Widerstandskraft gegenüber Umweltbedingungen
und gängigen antibakteriellen Desinfektionsmitteln.
Sie werden aerogen v.a. über Staub verbreitet und stel-
len die extrazelluläre Form der Coxiellen dar. Ihre In-
fektiosität ist außerordentlich hoch, die minimale In-
fektionsdosis soll bei ca. 10 Erregern liegen.

3. Übertragungswege
    Die beiden morphologischen Erscheinungsformen
von Coxiella burnetii-LCV und SCV sind die Grundlage
der außerordentlich vielfältigen Infektionswege. Wegen
der zahlreichen Vektoren und Reservoirwirte ist die Q-
Fieber-Epidemiologie sehr komplex und lässt sich in ih-
rer Vielfalt nur schwer darstellen (DEDIÉ et al. 1993;
KRAUSS et al. 2004).
    Weltweit können über 40 verschiedene Zeckenar-
ten als Überträger von Coxiellen fungieren darunter die
Gattungen Dermacentor, Rhipicephalus, Amblyomma,
Haemaphysalis und verschiedene Ixodes-Arten. In den
Zecken vermehrt sich Coxiella burnetii in den Zellen des
Mitteldarms und wird mit den Fäces massenhaft ausge-
                                                           den Larven und Nymphen von D. marginatus und deren
schieden. Durch eine Generalisierung über die Hämo-
                                                           Wirtstieren, Nagern, Igeln, Hasen u.a, entwickelt sich
lymphe ist eine transovarielle Infektion zwar möglich,     ein haploxenischer Naturherd, in dem Erreger, Reser-
für den Erhalt eines Naturherdes allein aber offenbar      voir, Überträger und Wirte vorkommen. Dieser „basale“
nicht ausreichend, dies ist nur zusammen mit dem tieri-    Kreislauf erfährt zweimal im Jahr, in Mitteleuropa im
schen Reservoir möglich. Hier kommen die verschie-         März-April sowie August-September, eine Erweiterung.
densten wildlebende Tiere in Frage, in Mitteleuropa        Zu dieser Zeit nämlich treten die adulten Dermacentor-
sind dies z.B. verschiedene Nager, Hasenartige, Igel,      Zecken auf (Abb. 3). und befallen dann ihre Wirte –
Reh- und Rotwild, auch Raubtiere wie Füchse und            größere Wildtiere wie Reh- und Rotwild aber auch
Dachse. Die Rolle der Vögel als Coxiellenüberträger ist    Haustiere wie Schafe, Ziegen und Rinder. Während Lar-
umstritten, sie können jedoch infektiöses Material ver-    ven und Nymphen von Dermacentor in enger Vergesell-
schleppen und so als Verbreiter der Erreger fungieren.     schaftung mit den Nagern im Verborgenen leben, sodass
    Ein entscheidender Faktor für die Epidemiologie des    auch die von ihnen abgegebenen infektiösen Coxiellen-
Q-Fiebers besteht in der Empfänglichkeit von Haustie-      Stadien nur in geringem Umfang frei werden, kommen
ren, in Mitteleuropa sind dies v.a. Schafe, Ziegen und                                                              Abb. 3: Adultes
Rinder (LIEBISCH 1977; DEDIÉ et al. 1993). Durch Haus-                                                              Weibchen von
                                                                                                                    Dermacentor spec. in
tiere werden die Coxiellen nicht nur in die Nähe des
                                                                                                                    typischem Habitat.
Menschen gebracht, Tierhandel und Wanderungen sor-                                                                  Foto: H. MEHLHORN,
gen darüber hinaus auch für eine weiträumige Ver-                                                                   Univ. Düsseldorf.
schleppung.
    Für Mitteleuropa hat LIEBISCH (1977) ein Übertra-
gungsmodell entwickelt, das zwei Infektionszyklen um-
fasst (Abb. 2).
    Als weitaus wichtigster Vektor fungiert in Mitteleu-
ropa die Schafzecke Dermacentor marginatus. Zwischen

                                                                                                                                      595
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                         die Adulten an die Oberfläche, um hier ihre Wirte auf-      dass es zu Verlammungen kommt, wobei die Erreger in
                         zusuchen, sodass die Coxiellen auf diese Weise in die       riesigen Mengen mit dem Fruchtwasser, der Nachgeburt
                         frei zugängliche Umwelt transportiert werden. In dem        und über die Lochialflüssigkeiten ausgeschieden werden.
                         erweiterten Infektionszyklus verläuft die Coxiellenver-
                                                                                         Über die tierischen Ausscheidungen können sich
                         breitung dann ganz überwiegend auf aerogenem Wege.
                                                                                     über Schafe und Ziegen hemixenische Naturherde aus-
                         Ursache sind die sporenähnlichen resistenten Körper-
                                                                                     bilden, die ohne Einschaltung der Vektoren bestehen
                         chen (SCV), die leicht mit dem Wind über größere Ent-
                                                                                     bleiben. Sie können sich daher auch weitab der basalen
                         fernungen verfrachtet werden können. Sie bilden sich
                         in in eingetrocknetem infektiösem Material, das aus 2       Naturherde befinden und zum Auftreten von völlig
                         Quellen stammt:                                             überraschenden Epidemien führen (s.u.).

                             Infektiöser Zeckenkot: Beim Saugen geben die                Der Mensch kann sich somit auf folgenden Wegen
                         adulten Zecken enorme Mengen an infektiösem Kot ab,         mit den Q-Fieber-Erregern infizieren:
                         der bei Schafen zu handtellergroßen schwarzen Flecken           Alimentär: Der Genuss roher, Coxiellen-haltiger
                         führt (Abb. 4), und im Falle einer Infektion massenhaft     Kuhmilch kann zu einer Q-Fieber Infektion führen, dies
                         Erreger enthält.                                            soll jedoch eher in Ländern mit einfacher landwirt-
                             Infiziertes tierisches Material: Die Wirte der adul-    schaftlicher Struktur der Fall sein, weniger in Mitteleu-
                         ten Zecken können durch die Coxiellen erkranken und         ropa. Bei einer serologischen Untersuchung von Land-
                         die Erreger dann selbst aktiv weiterverbreiten. Dabei       wirten in Süddeutschland wiesen indessen 17 % der
                         verlaufen die Infektionen bei den Haustieren Rind so-       „Rohmilchtrinker“ Antikörper gegen Coxiellen auf, ge-
                         wie Schaf/Ziege unterschiedlich.                            genüber nur 7 % von Landwirten, die nur abgekochte
                                                                                     Milch tranken. Zu klinisch manifesten Erkrankungen
                              Bei Rindern verläuft die Q-Fieber-Infektion chro-      kam es jedoch nicht, offenbar verläuft die Infektion hier
                         nisch, die Erreger persistieren hier über Monate bis Jah-   in Form einer stillen Feiung (STING et al. 2002).
                         re. Das wesentliche Manifestationsorgan beim Rind ist
                         das Euter; es kommt hier jedoch zu keinen akuten Mas-           Aerogen: Der aerogene Infektionsweg ist außeror-
                         titiden, mit der Milch werden aber über lange Zeit Co-      dentlich effektiv; in eingetrocknetem Zeckenkot wur-
                         xiellen ausgeschieden. Spätaborte und Fertilitätsstörun-    den pro Gramm über 100 Mio. infektiöse Dosen (für
                         gen, die im späteren Verlauf auftreten können, sind von     Meerschweinchen) bestimmt (zit. nach LIEBISCH 1977),
                         wirtschaftlicher, aber weniger epidemiologischer Bedeu-     die infektiösen Stadien können über 2 Jahre im Zecken-
                         tung.                                                       kot überdauern.

                             Bei Schafen und Ziegen nimmt die Q-Fieber-Infek-            Von größerer Bedeutung scheinen indessen Infek-
                         tion dagegen einen akuten Verlauf, bei der die Erreger      tionen zu sein, die auf die Inhalation von eingetrockne-
                         nur wenige Wochen in den Organen persistieren. Hier         ten, tierischen Ausscheidungsprodukten zurückzuführen
                         sind in erster Linie Uterus und Placenta betroffen, so      sind, in erster Linie von Geburtsflüssigkeiten und Pla-
 Abb. 4: Kotfleck von                                                                centen. Dieser Infektionsweg ist nicht nur außerordent-
        Dermacentor                                                                  lich effektiv, sondern solche Infektionen können, be-
       marginatus im                                                                 dingt z.B. über den Tierhandel, überall auftreten. In den
           Schafvlies.
       Foto: G. STENG,                                                               letzten Jahren ist dies in 2 Epidemien eindrucksvoll do-
        Schafherden-                                                                 kumentiert worden:
gesundheitsdienst BW.
                                                                                         Im Mai und Juni 2003 kam es in Soest, Nordrhein-
                                                                                     westfalen zum größten Q-Fieber-Ausbruch in Deutsch-
                                                                                     land seit 40 Jahren (PORTEN et al. 2006). Die Infekti-
                                                                                     onsquelle war ein Bauernmarkt, auf dem zu Demonstra-
                                                                                     tionszwecken 4 Mutterschafe mit 5 Lämmern, sowie ein
                                                                                     tragendes Schaf in einem Gatter gehalten wurden. Das
                                                                                     tragende Tier brachte am 4. Mai zwei lebende und an-
                                                                                     scheinend gesunde Lämmer zur Welt. Nichtsdestoweni-
                                                                                     ger war das Mutterschaf jedoch mit Coxiellen infiziert;
                                                                                     das Fruchtwasser versickerte in die Strohunterlage und
                                                                                     trocknete hier unter der Bildung von sporenähnlichen
                                                                                     Körperchen ein. 3 Wochen später wurde im lokalen
                                                                                     Krankenhaus in Soest ein Anstieg von Pneumonien re-
                                                                                     gistriert, der den Verdacht auf Q-Fieber lenkte. Insge-

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samt infizierten sich hier 300 Personen, die in die Nähe                     Q-Fieber: Schwangere
                                                                                                                         Abb. 5: Q-Fieber bei
des Schafpferchs gekommen waren.                                                                                         Schwangeren:
                                                              Abort: v.a. 1. Trimenon                                    Infektionsverlauf und
    Eine weitere ungewöhnliche Epidemie fand im               Frühgeburt, geringes Geburtsgewicht                        medizinische
                                                              Entwicklung von chronischem Q-Fieber 30-50%                Probleme.
Raum Jena statt. Hier befindet sich eine größere Plat-
tenbausiedlung, vor der eine Wiese gelegen ist, die als       Hohe Infektionsempfänglichkeit
Schafweide genutzt wird. Unter der hier grasenden Her-
de befand sich ein infiziertes Mutterschaf, das auf dieser    Probleme:
Wiese ablammte, so dass hoch infektiöses Material auf         Hygienische Maßnahmen bei der Geburt,
den Boden gelangte und hier eintrocknete. Eine Periode        in der Wochenbettperiode
heißen und trockenen Wetters und ein aufkommender             Stillen
Wind, der in Richtung dieser Siedlung wehte, löste hier       Therapie der Schwangeren
insgesamt 350 Erkrankungen aus. Die Verbreitung der           Therapie nach der Geburt
Coxiellen ließ sich über rund einen Kilometer verfolgen
(Robert Koch Institut 2005b).
                                                                 Sieht man von dem chronischen Q-Fieber einmal ab,
                                                             so könnte man hier noch von einer zwar unangenehmen,
4. Krankheitsbild beim Menschen                              aber nichtsdestoweniger relativ harmlosen Infektion
    Der Mensch infiziert sich meist aerogen über die Co-     sprechen. Das Bild ändert sich indes, wenn man den In-
xiellen-SCV, möglich ist auch der alimentäre Weg über        fektionsverlauf bei besonders gefährdeten Gruppen be-
den Verzehr roher Milchprodukte. In Abhängigkeit von         trachtet: Schwangere Frauen und Herzklappenpatienten.
der Höhe der Infektionsdosis beträgt die Inkubationszeit         Bei Schwangeren führt eine Q-Fieber-Infektion –
1-3 Wochen. Die Erreger gelangen zunächst über               unabhängig von der Symptomatik – im 1. Trimenon mit
Lymph- und Blutbahnen in das Reticuloendotheliale            hoher Wahrscheinlichkeit über eine Placentitis zum
System, wo es zu einer primären Erregervermehrung            Abort, in der späteren Schwangerschaft kann es zu
kommt. Die sich anschließende Bakteriämie führt in der       Frühgeburten kommen, jedoch offenbar nicht zu Miss-
Folge zur Organmanifestation, speziell von Lunge und         bildungen. Ein weiteres großes Problem besteht im Auf-
Leber, wo sich die Coxiellen in den Alveolarmakropha-        treten eines chronischen Q-Fiebers, das sich bei
gen und den v. Kupfferschen Sternzellen vermehren und        Schwangeren mit einer Wahrscheinlichkeit von ca.
zu einer interstitiellen Pneumonie bzw. zu einer granulo-    30 % entwickelt. Dabei kommt es nicht nur zu den kar-
matösen Hepatitis führen können. Als lebensbedrohen-         dialen Komplikationen sondern auch zu weiteren Fehl-
de Komplikationen können eine Meningoenzephalitis,           geburten, sofern die Frau nicht behandelt wird. Q-Fie-
Myokarditis und Perikarditis auftreten. In der Praxis ver-   ber in der Schwangerschaft ist eine schwerwiegende In-
läuft eine Q-Fieberinfektion jedoch weit weniger drama-      fektion (Abb. 5), die nicht nur therapeutische Schwie-
tisch, als es aufgrund der Pathogenese anzunehmen wä-        rigkeiten sondern auch hygienische Probleme bei der
re: Etwa 60 % der Infektionen verlaufen asymptoma-           Geburt, in der Wochenbettperiode und der Stillzeit mit
tisch, hinterlassen aber eine temporäre Immunität. Ca.       sich bringt (RAOULT et al. 2002). Damit nicht genug,
30 % der Infizierten entwickeln eine symptomatische
                                                             weisen Schwangere gegenüber Coxiellen auch noch ei-
Bakteriämie mit Fieber, Schüttelfrost, Mattigkeit und
                                                             ne extrem hohe Empfänglichkeit auf; dies wurde bei der
Gliederschmerzen. Als pathognomonisch gilt ein – aus-
                                                             Q-Fieber Epidemie in Soest (s.o.) deutlich. Bei einer
gesprochen unangenehmer – Retroorbital-Kopfschmerz.
                                                             Kontrolluntersuchung von Schwangeren, die den Bau-
    Zu einer Organmanifestation kommt es nur in ca. 10       ernmarkt besucht hatten, fanden sich in 4 von 12 Seren
% der Infektionen. An erster Stelle steht hier eine aty-     serologische Marker für eine kürzlich erfolgte Infektion.
pische Pneumonie, eine Hepatitis ist zumindest in Mit-       Alle 4 Frauen hatten keine Symptomatik entwickelt;
teleuropa sehr viel seltener. Dies hängt möglicherweise      dies ist in diesen Fällen indessen eher ein Nachteil, da
mit dem hier sehr viel selteneren alimentären Infekti-       die Gefahr für die Schwangeren dadurch kaschiert wird,
onsweg zusammen, der darüber hinaus in Deutschland           desungeachtet jedoch ebenso besteht wie bei sympto-
auch meistens zu asymptomatischen Infektionen führt.         matischen Infektionen (WAGNER-WIENING et al. 2006).
Die oben genannten Komplikationen stellen eher Aus-
                                                                 Eine zweite Risikogruppe für Q-Fieber sind Patien-
nahmen dar. Die wesentliche Gefahr des Q-Fiebers be-
                                                             ten mit künstlichen Herzklappen. Auch hier besteht die
steht in einer Chronifizierung, die in ca. 1 % der Infek-
                                                             Gefahr einer Chronifizierung, die einen besonders un-
tionen auftritt. Diese äußert sich v.a. in Form einer En-
                                                             günstigen Verlauf nimmt.
dokarditis, die u. U. erst lange Zeit nach der akuten In-
fektion manifest wird und unbehandelt einen lebensbe-           Betrachtet man nicht nur den Infektionsverlauf bei
drohenden Verlauf nehmen kann.                               immunkompetenten Menschen, sondern bezieht die

                                                                                                                                           597
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      beiden Risikogruppen – Schwangere und Herzklappen-           trazellulären pH erhöht. Nichtsdestoweniger ist eine
      patienten – mit ein, so muss man das Q-Fieber als aus-       Behandlungdauer von 1-1,5 Jahren erforderlich (RA-
      gesprochen problematische Infektion bezeichnen. Um-          OULT et al. 2002), Alternativ-Therapien von kürzerer
      so erstaunlicher ist es, dass – speziell in Mitteleuropa –   Dauer sind nicht zuverlässig (RKI 2005a). Angesichts
      bezüglich der Epidemiologie noch große Wissensdefizite       dieser Probleme ist die oft langwierige diagnostische
      bestehen.                                                    Absicherung einer Chronifizierung besonders unbefrie-
                                                                   digend. Schwangere stellen ein besonderes therapeuti-
                                                                   sches Problem beim Q-Fieber dar. Da Doxyclin während
      5. Diagnostik und Therapie
                                                                   der Schwangeschaft kontraindiziert ist, kann man nur
          Die Diagnostik des Q-Fiebers beim Menschen er-           versuchen, mit einer Langzeittherapie mit Trimetho-
      folgt in erster Linie anhand des Nachweises spezifischer     prim/Sulfamethoxazol einen Abort zu verhindern. Dies
      Antikörper. Hierbei werden Antigene der Phase 1 und          hat jedoch keinen Einfluss auf eine mögliche Chronifi-
      der Phase 2 eingesetzt, als Testverfahren finden die         zierung, sodass nach Beendigung der Schwangerschaft
      KBR, neuerdings mehr der ELISA und der IIFT Ver-             anschließend die o.g. Langzeitbehandlung erforderlich
      wendung.                                                     wird (RAOULT et al. 2002).
          Phase 2 Antigene eignen sich zur Diagnostik eines
      akuten Q-Fiebers, als wichtigster Parameter fungieren        6. Epidemiologie
      hierbei Phase 2 IgM-Antikörper. Diese treten indessen
      relativ spät auf. Selbst bei Verwendung der modernsten
                                                                   6.1. Geographisches Vorkommen
      Methoden – ELISA und IIFT – lassen sich diese Anti-              Q-Fieber ist fast aus jeder Region der Erde beschrie-
      körper frühestens 7-15 Tage nach Beginn der Erkran-          ben, die einzige Ausnahme stellt derzeit Neuseeland dar.
      kung nachweisen, Phase 2 IgG-Antikörper treten noch          Für die Bildung von Naturherden sind warme, trockene
      einige Tage später auf. Dies hat zur Folge, dass sich etwa   Klimazonen am günstigsten. In Europa sind demzufolge
      gehäuft auftretende Pneumonien auf serologischem We-         v.a. der Mittelmeerraum und der Balkan betroffen. In
      ge erst spät abklären lassen. Neuerdings wurde indessen      Deutschland war das Q-Fieber nicht immer verbreitet,
      eine hochsensitive PCR entwickelt, mit der sich diese        Kontakt mit dieser Infektion bekamen erstmals deutsche
      diagnostische Lücke auf wenige Tage verkürzen lässt          Soldaten während des Russlandfeldzuges, der Name Balk-
      (FOURNIER & RAOULT 2003).                                    angrippe oder Krimfieber weist noch heute darauf hin.

          Während sich akute Infektionen zwar relativ spät             Eine regelrechte Einschleppung dieser Infektion
      aber doch zuverlässig serologisch nachweisen lassen,         nach Deutschland hat offenbar aber erst in den Kriegs-
      macht die Diagnostik eines chronischen Q-Fiebers u.U.        und Nachkriegsjahren mit unkontrollierten Tiertrans-
      große Schwierigkeiten. Phase 1 Antikörper galten bis-        porten stattgefunden. In der Folge hat sich das Q-Fieber,
      her als Marker für eine Chronifizierung, es hat sich in-     entsprechend seiner Herkunft aus warmen Ländern vor
      dessen bei Untersuchungen der oben genannten Aus-            allem in Süddeutschland etabliert (LIEBISCH 1977). Ei-
      brüche in Soest und Jena gezeigt, dass in der Rekonva-       nen Höhepunkt von Q-Fieber-Fällen gab es zunächst in
      leszenzphase bei allen Patienten Phase 1 Antikörper          den 40er bis 60er Jahren. In dieser Zeit wurden in der
      auftreten, wenn auch in niedrigen Titern. Ein Verdacht       Bundesrepublik fast 4000 Fälle von humanem Q-Fieber
      auf Chronifizierung ergibt sich erst, wenn nach ca.ei-       registriert (HELLENBRAND et al. 2001).
      nem halben Jahr die Phase 2 und Phase 1 Antikörper-              Zwischenzeitlich ist die Zahl der Fälle gesunken,
      Titer nicht auf niedrige Spiegel abfallen, sondern im        möglicherweise ist aber nur die Aufmerksamkeit gerin-
      Gegenteil weiter ansteigen. Dies macht mehrere Folge-        ger geworden, oft wird man erst bei aktiver Suche fün-
      Kontrollen nach einem durchgemachten Q-Fieber er-            dig. So wurden etwa 1998 im Raum Freiburg, wo beim
      forderlich, die zumindest bei Schwangeren unbedingt          Gesundheitsamt sechs Meldungen über Q-Fieber-Er-
      durchgeführt werden sollten (WAGNER-WIENING et al.           krankungen eingegangen waren, im nachhinein über
      2006, KIMMIG & WAGNER-WIENING 2008).                         100 klinische Q-Fieber Fälle aufgespürt (KIMMIG &
                                                                   ZÖLLNER 1998). In der Folge konnten auch Häufungen
           Die Therapie eines akuten Q-Fiebers ist unproble-
                                                                   von atypischen Pneumonien im Bereich Schwäbische
      matisch und mit Doxycyclin über 2 Wochen leicht
                                                                   Alb im nachhinein als Q-Fieber Epidemien identifiziert
      durchzuführen. Dagegen macht die Therapie eines
                                                                   werden.
      chronischen Q-Fiebers enorme Probleme. Da C. burne-
      tii intrazellulär in einer Vakuole mit saurem Milieu lebt        Q-Fieber ist in Deutschland zwar eine meldepflich-
      und so vor bakteriziden Antibiotika geschützt ist,           tige Erkrankung, Einzelfälle werden i.d.R. jedoch nicht
      kommt die bakterizide Wirkung von Doxycylin nur in           erfasst, da nicht an diese Infektion gedacht wird. Das
      Kombination mit Chloroquin zum Tragen, das den in-           Auftreten von Epidemien hängt hinwiederum vom Zu-

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fall ab, sodass die definitive Zunahme der Q-Fieber-In-
fektionen in den letzten Jahren schwer zu beurteilen
und zu werten ist.
     Zur Erfassung der Verbreitung und der Häufigkeit
des Q-Fiebers wären daher seroepidemiologische Unter-
suchungen wertvoll. Dies zeigt eine Studie aus Süd-
frankreich; hier wurde die Landbevölkerung – insgesamt
22.500 Personen – auf Coxiellen-Antikörper untersucht
und hierbei eine Seroprävalenz von bis zu 30 % festge-
stellt (MAURIN & RAOULT 1999)
    In Deutschland hat die Q-Fieber-Infektion weitaus
geringere Aufmerksamkeit gefunden. Hier existierten
bislang nur 2 kleinere Studien in Seebronn/Baden-
Württemberg (n= 715) (HEINRICH et al. 1983) und
Rollshausen/Hessen (n = 200) (LYYTIKAINEN et al.
1998), die im Anschluss an eine lokale Epidemie durch-        Abb. 6: Verbreitung von Dermacentor marginatus in Süddeutschland (nach
geführt wurden und Prävalenzen von 19 % bzw. 23 % er-         LIEBISCH 1977).
gaben. Erst kürzlich wurde eine größere Studie in Leut-
kirch/BW vorgenommen; in einer statistisch abgesi-            von LIEBISCH in den 70er Jahren zurück (LIEBISCH &
cherten Stichprobe von 2500 Personen fand sich eine           RAHMAN 1976, LIEBISCH 1977).
Seroprävalenz von 7,8 %, wobei es sich hier nicht um              D. marginatus ist eine wärmeliebende Zecke, die in
ein bekanntes Q-Fieber-Endemiegebiet handelt, und             zahlreichen südeuropäischen Ländern vorkommt und
der Untersuchung auch kein Ausbruch vorangegangen             auch in Süd- und Mittelrussland heimisch ist (vgl.
war (FRANGOULIDES et al. 2007). In einer Seropräva-           Krimfieber!). Entsprechend ihren ökologischen Bedürf-
lenzstudie in Stetten a.k.M auf der Schwäbischen Alb,         nissen tritt D. marginatus vor allem in Süddeutschland
einem bekannten Q-Fieber-Endemiegebiet, waren die             auf und ist hier speziell in den Regionen der Winterwei-
Seroprävalenzen deutlich höher und wiesen eine Korre-         den der Schafe in der Oberrheinischen Tiefebene sowie
lation mit der Aufenthaltsdauer auf. So lagen bei Rekru-      im Maintal verbreitet. Dagegen kommt Dermacentor auf
ten, die erst kurze Zeit an diesem Standort waren, die        den Schafweiden am Oberlauf der Donau nicht vor, of-
Werte mit 7-10 % in einer Größenordnung wie in dem            fensichtlich ein Effekt der dort herrschenden niederen
„Nichtendemiegebiet“ Leutkirch; bei Bediensteten hin-
                                                              Durchschnittsemperaturen. Auch auf der Schwäbischen
gegen, die bereits seit 3 Jahren in Stetten stationiert wa-
                                                              Alb, die die Schafe von den Winterweiden durch die
ren, betrug die mittlere Seroprävalenz über 40 %! (KILB
                                                              Rhein-Seitentäler wie das Kinzigtal erreichen, ist Der-
2007).
                                                              macentor bisher nicht bekannt (Abb. 6).
     Diese Untersuchungen geben einen Hinweis darauf,
                                                                  Nach den richtungsweisenden Studien von LIE-
dass das Q-Fieber in Mitteleuropa, besonders in Süd-
                                                              BISCH aus den 70er Jahren wurde dieser Thematik in der
deutschland, weitaus häufiger ist, als auf Grund der offi-
                                                              Folgezeit wenig Aufmerksamkeit geschenkt, erst mit der
ziellen Meldungen angenommen werden kann. Es fehlen
                                                              zunehmenden Bedeutung des Q-Fiebers in den letzten
indessen bisher großflächigere Untersuchungen, um eine
                                                              Jahren nimmt das Interesse auch an der Vektorökologie
wirkliche Vorstellung für die Häufigkeit des Q-Fiebers zu
                                                              von Dermacentor wieder zu.
erhalten; als ganz besonders großer Mangel ist das Fehlen
von seroepidemiologischen Studien bei Schwangeren zu              In Baden-Württemberg wurden in einer veterinär-
bezeichnen, um einen Zusammenhang zu Fehl- und                medizinisch-humanmedizinischen Kooperationsstudie
Frühgeburten quantitativ erfassen zu können.                  insgesamt 1066 Dermacentor-Zecken aus 23 Schafher-
                                                              den und 49 Zeckenkotproben aus 18 Herden gesammelt
6.2. Zeckenuntersuchungen                                     und mittels PCR auf Coxiellen untersucht (STING et al.
    Dermacentor marginatus ist ursprünglich nicht in          2004). Obwohl die Zecken und die Kotproben bevor-
Mitteleuropa heimisch. Es ist zu vermuten, dass zusam-        zugt von Schafen aus dem Gebiet der Winterweiden
men mit den unkontrollierten Tiertransporten auch die-        bzw. Dermacentor-Verbreitungsgebieten stammten, ge-
se Zecke nach Deutschland gekommen ist. Kenntnisse            lang ein Coxiellen- Nachweis aus nur einer vollgesoge-
zum Vorkommen und zur Verbreitung von Dermacentor             nen Zecke sowie aus einer Zeckenkotprobe aus dersel-
marginatus in Deutschland gehen v.a. auf die Untersu-         ben Herde (Abb. 7). Interessanterweise stammten diese
chungen von ENIGK in den 50er Jahren und vor allem            positiven Proben von einer Herde im Kreis Lörrach, d.h.

                                                                                                                                   599
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                                                                                                                                                                            einer Region, wo auch LIEBISCH 30 Jahre zuvor aus einer
                                                                                                                                                                            Zecke Coxiellen isolieren konnte.
                                                                                                                                                                                 Der Nachweis eines hier vermuteten Naturherdes
                                                                                                                                                                            durch Untersuchung von ungesogenen Dermacentor-
                                                                                                                                                                            Freilandzecken, die die Coxiellen im Larven- und Nym-
                                                                                                                                                                            phenstadium erworben haben könnten, ließ sich jedoch
                                                                                                                                                                            nicht führen: Bei 664 in den Jahren 2006 und 2007 hier
                                                                                                                                                                            gesammelten Dermacentor fand sich mit der PCR nicht
                                                                                                                                                                            eine Coxiellen-haltige Zecke, ebenso wenig bei 396
                                                                                                                                                                            Dermacentor-Zecken aus dem Kinzigtal, die an den
                                                                                                                                                                            Triebwegen der Wanderschafe gesammelt worden waren
                                                                                                                                                                            (Tab.1) (Eine Differenzierung von Dermacentor spp.
                                                                                                                                                                            wurde nicht von Anbeginn vorgenommen, da sich erst
                                                                                                                                                                            später herausstellte, dass D. marginatus und D. reticula-
                                                                                                                                                                            tus syntop vorkommen. Eine an ca 200 Zecken durchge-
                                                                                                                                                                            führte spätere Differenzierung ergab ein Mengenver-
                                                                                                                                                                            hältnis von D. marginatus zu D. reticulatus von 1:3).
                                                                                                                                                                                Auch bei der Untersuchung von insgesamt 119 Na-
                                                                                                                                                                            gern aus diesen beiden Regionen mittels PCR und ELI-
                                                                                                                                                                            SA waren keine Coxiellen bzw. Anti-Coxiellen-Anti-
                                                                                                                                                                            körper nachweisbar (Tab. 2) (PLUTA et al. 2010).
                                                                                                                                                                                In früheren Untersuchungen gelang es LIEBISCH
                                                                                                                                                                            (1977) zwar an zwei Orten, Coxiellen in ungesogenen
                                                                                                                                                                            Dermacentor-Zecken nachzuweisen, THOMS (1966)
Abb. 7: Sammelorte von Zecken (Dermacentor marginatus) (n = 1066) und                                                                                                       konnte anlässlich eines Q-Fieber Ausbruchs in Ham-
Zeckenkot (n = 49) von Schafen zur Untersuchung auf Coxiella burnetii in                                                                                                    melburg sogar Zeckenbefallsraten von 9 % bestimmen;
Baden-Württemberg.                                                                                                                                                          aus heutiger Sicht waren die seinerzeit verfügbaren
 Q-Fieber Erkrankungsfälle 2001- 2008 (August)                                                                                                                              Techniken jedoch wenig spezifisch, sodass man diese Er-
                                                                                                                                                                            gebnisse kritisch bewerten muss. Die aktuellen Untersu-
 Q-Fieber
 n=422
 Erkrankungen pro Gemeinde
                                                                                                                                                                            chungen weisen eher darauf hin, dass haploxenische
                                                                         Mannheim
 Sporadische Erkrankungen                                                                              Neckar-Odenwald-Kreis         Main-Tauber-Kreis                      Coxiellen-Naturherde, die über Dermacentor marginatus
      1 Erkrankungsfall                                                       Heidelberg, Stadt
 Erkrankungshäufung                                                                                                           Hohenlohekreis                                und Nager aufrechterhalten werden, nur sporadisch vor-
          2 - 9 Erkrankungsfälle                                                    Rhein-Neckar-Kreis
                                                                                                                Heilbronn                                                   kommen und epidemiologisch eher eine untergeordne-
          10- 24 Erkrankungsfälle

          24-50 Erkrankungsfälle
                                                                                                         Heilbronn, Stadt                Schwäbisch Hall                    te Rolle spielen.
                                                                                Karlsruhe
                                                                 Karlsruhe, Stadt
 Dermacentor marginatus                                                                Enzkreis
                                                                                                      Ludwigsburg
                                                                                                                                                                                Schon LIEBISCH (1977) sah in dem Zeckenstich nur
         Verbreitungsgebiet                                  Rastatt           Pforzheim, Stadt                        Rems-Murr-Kreis              Ostalbkreis             eine Bedeutung für die Infektion der Zecken selbst, die
 Schafvorkommen
 im jeweiligen Landkreis                                Baden-Baden
                                                                                                           Stuttgart
                                                                                                                                                                            Übertragung der Coxiellen auf die Wirte hingegen soll-
 Anzahl Schafe pro qkm                                                              Calw
       keine Angaben
                                                                                                  Böblingen       Esslingen        Göppingen        Heidenheim
                                                                                                                                                                            te aerogen über den Kot infizierter Zecken zustande
       1- 6
       >6 - 12
                                                                                                                                       Alb-Donau-Kreis
                                                                                                                                                                            kommen. Dabei müssen die adulten Zecken nicht schon
       >12- 25                                                                                    Tübingen
                                                                       Freudenstadt
                                              Ortenaukreis                                                         Reutlingen                   Ulm
                                                                                                                                                                            über einen Naturherd infiziert sein, um die Infektion
         Landkreise
                                                                                                                                                                            weiterzugeben; auch zunächst nicht infizierte Dermacen-
                                                                         Rottweil          Zollernalbkreis
                                                                                                                                                                            tor-Zecken können für die Epidemiologie des Q-Fiebers
                                       Emmendingen
                                                                                                                                       Biberach                             von Bedeutung sein: Saugt eine adulte Zecke an einem
                                                            Schwarzwald-Baar-Kreis Tuttlingen                 Sigmaringen
                              Freiburg im Breisgau, Stadt                                                                                                                   bakteriämischen Wirt, etwa einem Schaf, kommt es in
                                            Breisgau-Hochschwarzwald
                                                                                                                                                                            der Folge zu einer Massenvermehrung der Coxiellen in
                                                                                                                                     Ravensburg
                                                                                           Konstanz
                                                                                                                 Bodenseekreis
                                                                                                                                                                            ihrem Darm und zu einer Ausscheidung über den Kot
                                    Lörrach            Waldshut
                                                                                                                                                                            (Abb. 4), wo sich beim Eintrocknen die sporenähnli-
                                                                                                                                                                            chen Körperchen (SCV) bilden und verdriftet werden
 Impressum November 2008:                                                                                                                                                   können. Die Effektivität der Coxiellenverbreitung wird
 Kartenegstaltung und -erstellung: A. Ettwein, Regierungspräsidium Stuttgart Ref. 86                                                           0 4,5 9   18   27
 Datenzusammenstellung: S. Brockmann, Landesgesundheitsamt BW, Regierungspräsidium Stuttgart Ref. 95                                                            Kilometer
                                                                                                                                                                            so über Dermacentor um ein Vielfaches höher als durch
Abb. 8: Q-Fieber Erkrankungen in Baden-Württemberg in Beziehung zum                                                                                                         die Ausscheidungen (Kot, Urin) des Wirts allein, sodass
Verbreitungsgebiet von D. marginatus sowie der Schafdichte.                                                                                                                 die Bedeutung von Dermacentor in Mitteleuropa vor al-

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lem in einer Multiplikator-Funktion (KAHL, pers. Mit-
teilung) zu suchen sein dürfte.
                                                                                
                                                                                                                                                         a
     Nach Hinweisen für die Bedeutung von Dermacen-                             

tor marginatus in der Epidemiologie des Q-Fiebers hat
man schon in den 70er Jahren gesucht. So konstatierte                           

LIEBISCH 1976, dass eine Übereinstimmung in der geo-

                                                                
graphischen Verbreitung von Dermacentor marginatus                              

und dem Auftreten von humanen Q-Fieber-Fällen be-

                                                              
stünde (vgl. Abb. 6). Eine genauere Analyse, die nach                           

Einführung des Infektionsschutzgesetzes 2001 bis zum
jetzigen Zeitpunkt (November 2008) vorgenommen
wurde, hat allerdings gezeigt, dass die Verhältnisse we-
sentlich komplizierter sind und die Bedeutung von Der-
                                                                                                                                                  
macentor marginatus für die Epidemiologie des Q-Fiebers                                                         

nur schwer zu quantifizieren ist, da sich hier verschiede-
ne Faktoren überlappen. So ist das Q-Fieber zwar eine                           
                                                                                                                                                         b
meldepflichtige Erkrankung, die meisten Infektionen                             

werden aber im Rahmen von Ausbrüchen erfasst, die                               

eher zufällig auftreten. Die Zahl der aussagekräftigeren
                                                                                
sporadischen Fälle hingegen ist wiederum stark von dem
                                                              

                                                                                
lokalen Bekanntheitsgrad des Q-Fiebers bei diagnosti-
zierenden Ärzten abhängig, der sehr unterschiedlich ist.
                                                                

                                                                                

Der dritte und offenbar wesentlichste Faktor ist die                            

Schafdichte, die eine deutliche Korrelation zu den spo-                             

radischen Erkrankungen zeigt (Abb. 8) (persönl. Mittei-
lung, Brockmann u. Piechotowski, Landesgesundheits-
amt Baden-Württemberg). Auf der Karte von Baden-                                    

Württemberg ist hier auf den ersten Blick kein Zusam-
                                                                                                                                                  
menhang zwischen Dermacentor-Gebieten und dem                                                                   

Auftreten von sporadischen Q-Fieber-Fällen zu erken-         Abb. 9: Gemeldete Q-Fieber Erkrankungen nach Kalendermonat in
nen. Hierbei ist allerdings zu bedenken, dass in der         a) Baden-Württemberg und b) Deutschland (ohne BW), 2001-2007
Rheinebene überwiegend Wanderschafe überwintern,             (Quelle: http://www3.rki.de/SurvStat).
die über Rheinseitentäler wie das Kinzigtal die Schwä-
bische Alb erreichen. Es ist durchaus plausibel, dass die
Infektion der Schafe im Dermacentor-Verbreitungsge-
biet stattgefunden hat, die Ausscheidung von Coxiellen
aber erst an den stationären Standorten auf der Schwä-
bischen Alb etwa beim Ablammen ein so großes Aus-            Tab. 1: Befallsraten von Zecken mit Coxiella burnetii (PLUTA et al. 2010).
maß erreicht, dass sich dies in häufigeren humanen Er-
                                                                                                      Dermacentor spp.*                   PCR positiv
krankungen bemerkbar macht. Dazu würde passen, dass
                                                              Rheintal                                664                                      0
der Höhepunkt der Q-Fieber-Fälle in Baden-Württem-            Kinzigtal                               396                                      0
berg im Frühjahr liegt, wohingegen die Q-Fieber-Fälle         gesamt                                  1060                                     0
im übrigen Deutschland, wo Dermacentor nicht verbrei-
tet ist, ihr Maximum im Sommer haben (Abb. 9a, b).                                                    Ixodes ricinus                      PCR positiv
Für einen Beleg dieser Hypothese und für ein umfassen-        Rheintal                                600                                      0
deres Verständnis der komplexen Q-Fieber Epidemiolo-
                                                             *Dermacentor spp. umfasst die Arten D. marginatus und D. reticulatus im Verhältnis 1:3
gie müssen indessen noch weitere Daten ermittelt wer-
den!                                                         Tab. 2: Befallsraten von Nagern * mit Coxiella burnetii (PLUTA et al. 2010).

    Nicht nur für Coxiellen, sondern auch für andere                                            untersucht            PCR positiv         Serologie positiv
Erreger ist Dermacentor ein potenter Überträger. Bei der      Nager Rheintal                    90                    0                   0
Untersuchung der 664 Dermacentor-Zecken aus der               Nager Kinzigtal                   29                    0                   0
Oberrheinischen Tiefebene bei Lörrach wurde eine Ri-          Nager gesamt                      119                   0                   0

ckettsien-Befallsrate von 31 % nachgewiesen. Durch           *hauptsächlich Feldmäuse (92%), einige Wald- und Gelbhalsmäuse

                                                                                                                                                          601
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      Sequenzierung konnte die Rickettsienart als Rickettsia         hen. Im Falle der Schwäbischen Alb, einem typischen
      raoultii identifiziert werden. Bei einer weiteren Unter-       Gebiet für Schafherden, wäre eine solche Entwicklung
      suchung im Raum Aschaffenburg wurde in 5 von 29 D.             besonders bedenklich, da dann mit einer weiteren Aus-
      marginatus eine zweite Rickettsienart – R. slovaca –           breitung von haploxenischen Naturherden und Häufun-
      identifiziert. Beide Rickettsienarten werden als human-        gen von Q-Fieber-Erkrankungen zu rechnen ist. Hier sind
      pathogen eingestuft; sie sind Erreger der zeckenübertra-       Ermittlungen des status quo dringend erforderlich, um
      genen Lymphadenopathie, einer mild verlaufenden Ri-            diese Entwicklung weiter verfolgen zu können.
      ckettsiose (PLUTA et al. 2009).
                                                                         Solche Untersuchungen verfolgen indessen nicht
           Da wie oben ausgeführt, Q-Fieber-Epidemien auch           nur das Ziel, die Ausbreitung des Q-Fiebers zu kontrol-
      in Regionen auftreten, in denen Dermacentor marginatus         lieren, sie haben einen ganz praktischen Zweck: Nur bei
      nicht vorkommt, hat sich das Interesse naturgemäß              Kenntnis von Infektionswegen und Naturherden ist es
      auch auf die häufigste Zeckenart in Mitteleuropa, Ixodes       auch möglich, konkrete Bekämpfungsmaßnahmen in
      ricinus, als möglichen Q-Fieber-Vektor gerichtet. Zwar         die Wege zu leiten.
      berichten eine Reihe von Autoren über den Nachweis
      von Coxiellen in I. ricinus (zit. bei FRITZ 1994), die Iso-    Beim Q-Fieber sind zwei Ansätze möglich:
      lierung von Coxiellen ist indessen nur einmal durch RE-        • Durch eine gezielte Akarizidbehandlung der Schafe,
      HACEK et al. (1991) gelungen. Auch bei dem Ausbruch              zum Zeitpunkt des Autretens der adulten Zecken,
      in Soest konnten in einer I. ricinus Zecke mittels PCR           ließe sich die Vermehrung und Ausbreitung von
      Coxiellen nachgewiesen werden (Henning, pers. Mit-               Dermacentor marginatus reduzieren, da nicht nur die
      teilung). Dem stehen Untersuchungen mit negativem                vollgesogenen Weibchen für die Reproduktion aus-
      Ergebnis an großen Stichproben entgegen: So konnten              fallen, sondern auch die Schafe als wichtiges Wirts-
      BURGDORFER et al. (1979) bei mehr als 3000 Ixodes rici-          tierreservoir keine Rolle mehr spielen.
      nus, die in Q-Fieber-Endemiegebieten in der Schweiz            • Durch eine Vakzinierung der Schafe bestünde die
      gesammelt worden waren, keine Coxiellen nachweisen;              Möglichkeit, hemixenische Herde, die nur über die
      auch in Hessen, das ein klassisches Q-Fieber-Endemie-            eingetrockneten Ausscheidungen infizierter Tiere
      gebiet ist, fanden sich in 1300 Zecken keine Coxiellen           aufrechterhalten werden, einzudämmen. Es sind Q-
      (FRITZ 1994). Untersuchungen in Baden-Württemberg
                                                                       Fieber Impfstoffe gegen Phase 1 und Phase 2 entwi-
      an 600 I. ricinus aus dem Rheintal ergaben ebenfalls
                                                                       ckelt worden, wobei der Phase 1-Impfstoff eine hö-
      kein positives Resultat (Tab. 1) (DEZFULI 2006). Es ist
                                                                       here Immunogenität aber auch mehr Nebenwirkun-
      somit wahrscheinlich, dass es sich bei den außerhalb der
                                                                       gen aufweist. In Europa wurde bisher bevorzugt der
      Dermacentor-Verbreitungsgebiete auftretenden Q-Fieber
                                                                       Phase 2 Impfstoff eingesetzt, der bei Rindern in
      Ausbrüchen um hemixenische Naturherde handelt, die
                                                                       Deutschland teils eine Immunität hervorrief, teils
      Coxiellen-Einzelnachweise bei I. ricinus dürften am
                                                                       nur die Erregerzahl in den Placenten verminderte.
      ehesten auf das zufällige Saugen dieser Zeckenart an in-
                                                                       Ähnliche Effekte wären demnach auch bei Schafen
      fizierten Tieren zurückzuführen sein. Eine epidemiologi-
                                                                       zu erwarten, zumindest ließen sich Verlammungen
      sche Bedeutung dürfte I. ricinus jedenfalls allein schon
                                                                       verhindern, die eine der wesentlichsten Ursachen
      aufgrund der geringen Kotproduktion nicht zukommen.
                                                                       für Q-Fieber-Ausbrüche darstellen.. Inzwischen ist
                                                                       ein neuer Phase 1 Impfstoff mit weniger Nebenwir-
      7. Ausblick                                                      kungen entwickelt worden, der bei Schafen und Zie-
          Das Fehlen ausreichender Kenntnisse von Infektions-          gen eine schützende Immunität hervorruft; eine
      kreisläufen, Naturherden und Vektorökologie könnte               Unterbrechung der Infektionsketten bei Schafen
      speziell beim Q-Fieber zu Problemen führen. Denn bei             und Ziegen durch Vakzinierung läge demnach
      anhaltender globaler Erwärmung ist mit einer weiteren            durchaus im Bereich des Möglichen (HELLENBRAND
      Ausbreitung von Dermacentor marginatus zu rechnen und            et al. 2005). Darüberhinaus könnte durch diese
      zwar nicht nur weiter nach Norden, sondern auch in hö-           Maßnahme auch die Belastung der Umwelt mit Q-
      her gelegene Gebiete. Ein solcher Prozess ist für Ixodes ri-     Fieber-Erregern drastisch vermindert werden. Auf
      cinus in Schweden bzw. in Tschechien nachgewiesen wor-           jeden Fall aber lässt sich die Zahl der menschlichen
      den, auch für Dermacentor marginatus gibt es diesbezügli-        Infektionen durch Vakzinierung der Schafe deutlich
      che Hinweise. Nach Aussagen von Schäfern ist die                 reduzieren oder ganz verhindern. So sind im Jahr
      Schafzecke jetzt an den Hängen der Schwäbischen Alb zu           2008 bei verschiedenen Ausbrüchen Impfkampa-
      beobachten, wo sie früher unbekannt war. Da es sich hier         gnen bei den betroffenen Schafherden vorgenom-
      nicht um eine Wanderschafherde handelte, ist von einem           men worden, wonach es zu keinen weiteren huma-
      Vorkommen von Dermacentor in diesem Gebiet auszuge-              nen Neuinfektionen mehr kam!

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    Derzeit ist der Druck, diese Maßnahmen zu ergrei-               Das Q-Fieber wurde in der Nachkriegszeit über un-
fen, noch nicht besonders hoch, da der wirtschaftliche          kontrollierte Tiertransporte nach Deutschland impor-
Schaden durch Q-Fieber bei Schafen relativ gering ist.          tiert und ist seither in Süddeutschland heimisch. Es
Umso wichtiger ist es, die medizinische Bedeutung des           handelt sich um eine meldepflichtige Infektion, nichts-
Q-Fiebers für den Menschen genauer herauszuarbeiten,            destoweniger werden im allgemeinen nur Ausbrüche
um jetzt und in Zukunft diese Infektion in den Griff zu         mit mehreren Erkrankten registriert. Seroprävalenzra-
bekommen.                                                       ten von 8 % in „Niedrig-Endemiegebieten“ und Raten
                                                                über 40 % in Hochendemiegebieten geben jedoch ein
                                                                Hinweis auf die Häufigkeit dieser Infektion. Es war in-
8. Zusammenfassung                                              dessen durch Untersuchung gesogener und frei lebender
     Coxiella burnetii ist ein kleines, obligat intrazellulä-   Dermacentor-Zecken auf Coxiellen bisher nicht mög-
res Bakterium, das ähnlich wie gramnegative Bakterien           lich, Naturherde zu lokalisieren, sodass offenbar der ae-
eine äußere Lipopolysaccharidmembran aufweist. Dem-             rogene Infektionsweg von größerer Bedeutung ist. Als
entsprechend tritt auch C. burnetii in verschiedenen            prophylaktische Maßnahmen kommen daher nicht nur
Phasen auf, der virulenten Phase 1 und der avirulenten          die Akarizidbehandlung der Schafe in Betracht, son-
Phase 2, die beide für die serologische Diagnostik von          dern vor allem auch deren Impfung, um Aborte mit
großer Bedeutung sind. Eine Besonderheit von C. bur-            hochkontagiösen Geburtsprodukten zu verhindern.
netii ist die Bildung sporenähnlicher Körperchen (SCV
– small cell variants) die vom Pol der vegetativen Zel-         9. Literatur
len (LCV – large cell variants) abgeknospt werden. Die
                                                                BURGDORFER W., AESCHLIMANN A., PETER O., HAYES S.F. & R.N. PHILIP
SCV spielen eine wichtige Rolle in der Epidemiologie                (1979): Ixodes ricinus vector of a hitherto undiscribed spot-
des Q-Fiebers, da sie eine hohe Tenazität aufweisen und             ted fever group agent in Switzerland. — Acta Tropica 36:
mit dem Wind verdriftet werden können.                              357-367.

                                                                DEZFULI M. (2006): Untersuchungen zur Epidemiologie von Co-
    Die Infektion beim Menschen verläuft zu 90 %                    xiellen und Rickettsien in Dermacentor-Zecken. — Diplom-
asymptomatisch oder in Form einer „Sommergrippe“. In                arbeit im Studiengang Biologie der Eberhard-Karls-Univer-
ca.10 % der Fälle kommt es zu einer atypischen Pneu-                sität Tübingen.

monie und/oder einer granulomatösen Hepatitis. In ca.1          DEDIÉ K., BOCKEMÜHL J., KÜHN H., VOLKMER K-J. & T. WEINKE (1993):
% der Infektionen entwickelt sich ein chronisches Q-                Bakterielle Zoonosen bei Tier und Mensch. — Ferdinand
                                                                    Enke Verlag, Stuttgart.
Fieber, das unbehandelt tödlich endet. Durch Q-Fieber
                                                                FOURNIER P.-E. & D. RAOULT (2003): Comparison of PCR and serol-
besonders gefährdet sind Schwangere: Sie sind hochgra-
                                                                    ogy assays for early diagnosis of acute Q-fever. — Journal
dig empfänglich für die Infektion, die im 1. Trimenon zu            of Clinical Microbiology. 41: 5094-5098.
Fehlgeburten führt. Darüberhinaus liegt die Chronifizie-
                                                                FRANGOULIDIS D., SCHRÖPFER E., PIECHOTOWSKI I., WAGNER-WIENING C.,
rungsrate bei mehr als 30 %.                                        KRATZER W., SPLETTSTÖßER W., KIMMIG P., ZIMMERMANN P., MEYER
                                                                    H. & S.O. BROCKMANN (2007): New data on seroprevalence,
    Die Q-Fieber-Diagnostik erfolgt in erster Linie auf             incidence and risk factors for Q-fever in Germany. — Inter-
serologischem Weg durch KBR, ELISA und IIFT mit                     national Meeting on Emerging Diseases and Surveillance,
Antigenen der Phase 1 und 2. Die Therapie eines aku-                Vienna.

ten Q-Fiebers ist mit Doxycyclin über 2 Wochen ein-             FRITZ E. (1994): Bedeutung einheimischer Schildzeckenarten als
fach durchzuführen, bei chronischen Infektionen wer-                 natürliche Wirte in der Epizootiologie des Q-Fiebers – Qua-
                                                                     litativer und quantitativer Nachweis des Q-Fieber-Erregers
den dagegen Langzeitbehandlungen von bis zu 1,5 Jah-                 in Zecken. — Inaugural Dissertation, Fachbereich Veteri-
ren angegeben.                                                       närmedizin der Justus-Liebig-Universität Gießen.

    Die Epidemiologie des Q-Fiebers ist sehr komplex.           HEINRICH R., NAUJOKS-HEINRICH S., SAEBISCH R., SEUFFER R., GRAUER W.,
                                                                    JACOB R. & H. SCHOMERUS (1983): Seroprävalenz des Q-Fiebers
Weltweit können mehr als 40 Zeckenarten die Infekti-
                                                                    in einem Endemiegebiet Süddeutschlands. — Deutsche
on übertragen, in Deutschland stellt die Schafzecke                 medizinische Wochenschrift 108: 1318-1324.
Dermacentor marginatus den Haupt-Vektor dar. Infekti-           HELLENBRAND W., BREUER T & L. PETERSEN (2001): Changing epidemi-
onskreisläufe zwischen Dermacentor-Larven und -Nym-                 ology of Q fever in Germany, 1947-1999. — Emerging In-
phen und verschiedenen Nagern sind die Basis der soge-              fectious Diseases 7: Nr. 5.

nannten Naturherde. Durch die adulten Zecken erfolgt            HELLENBRAND W., SCHÖNEBERG I., PFAFF G., KRAMER K., STENG G., REINT-
                                                                    JES R. & T. BREUER (2005): Die Relevanz der Coxiellose bei Tie-
die Weiterverbreitung der Infektion auf größere Wild-
                                                                    ren für das Q-Fieber beim Menschen Möglichkeiten der
tiere sowie Haustiere wie Schafe und Ziegen; die Über-              Kontrolle und Prävention. — Tierärztliche Praxis 1: 5-11.
tragung erfolgt dann auf aerogenem Weg durch einge-
                                                                KIMMIG P. & I. ZÖLLNER (1989): Q-Fieber: Epidemie in Freiburg. —
trocketes, kontaminiertes Material wie Zeckenkot und                Jahresbericht Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg:
Geburtsflüssigkeiten.                                               51.

                                                                                                                                        603
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                                                                                närmedizin der Justus-Liebig-Universität Gießen.
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           von Infektionen bei Menschen. — Tierärztliche Wochen-
                                                                                                                      Univ. Hohenheim
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                                                                                                                         Inst. f. Zoologie
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           gen zum Vorkommen von Coxiella burnetii bei Schafen
           und Zecken der Gattung Dermacentor in BW. — Deutsche                                                       Emil-Wolff-Str. 34
           tierärztliche Wochenschrift 111: 381-420.                                                                  D-70599 Stuttgart

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