Hugenotten und Waldenser - Recherche
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Hugenotten und Waldenser Recherche Alle Bestandteile dieses Dokuments sind urheberrechtlich geschützt. Dieses Dokument ist Teil einer Präsentation und ohne die mündlichen Erläuterungen unvollständig. © 2007 PROJECT M GmbH, Lüneburg
Gliederung 1 Geschichte der Hugenotten 1.1 Geschichte 1.2 Flucht 1.3 Hugenottenmuseum- und –symbole 1.4 Hugenotten heute 2 Leben der Hugenotten 2.1 „Die Harlans“ - Beispiel einer hugenottischen Familie 2.2 Bekannte Hugenotten 2.3 Berufe 2.4 Bräuche und Sitten/Veranstaltungen 2.5 Garten- und Gemüseanbau 2.6 Essen und Trinken (Hugenotten und Waldenser) 2.7 Beeinflussung des Lebens der Deutschen durch die Hugenotten 2.8 Sonstiges 3 Sonstiges zum Thema „Hugenotten“ 4 Beispiele einer Umsetzung des Themas „Hugenotten“ 5 Die Waldenser 3.1 Geschichte und allgemeine Informationen 3.2 Waldenser in Deutschland 3.3 Bekannte Waldenser 3.4 Berufe 3.5 Bräuche und Sitten/Veranstaltungen 3.6 Essen und Trinken 3.7 Sonstiges 4 Sonstiges © 2007 PROJECT M GmbH, Lüneburg Datum Projekttitel 2
Hugenotten - Geschichte Hugenotten ist die etwa seit 1560 gebräuchliche Bezeichnung für die französischen Protestanten im vorrevolutionären Frankreich. Ihr Glaube ist stark von der Lehre Johannes Calvins beeinflusst. Ab 1530 wurde die Glaubensausübung der Protestanten durch den katholischen Klerus und den König stark unterdrückt. Mehrere Kirchen und Klöster wurden durch Protestanten zerstört oder geplündert, so die Kathedrale von Soissons im Jahr 1567 und das Kloster Cîteaux 1589. Daraufhin begannen noch stärkere Verfolgungen, die unter Ludwig XIV. ab 1685 einen Höhepunkt Johannes Calvin erreichten und eine Fluchtwelle von einer Viertelmillion Hugenotten in die umliegenden protestantischen Länder auslösten. Nach dem Ende der Verfolgung und dem Inkrafttreten der französischen Verfassung 1791 setzte sich immer mehr die Bezeichnung Protestanten durch. Die Bezeichnung Hugenotten gilt also nur für die calvinistischen Gläubigen zur Zeit ihrer Verfolgung in Frankreich. Die französischen Protestanten stellen im vorwiegend katholischen Frankreich heute eine Minderheit dar, die in der Reformierten Kirche von Frankreich organisiert ist. 1685 flüchteten 44.000 bis 50.000 Hugenotten nach Deutschland. Die Mehrzahl - etwa 20.000 - ließen sich in Brandenburg-Preußen nieder. Jeweils 3000 bis 4000 Hugenotten übersiedelten nach Baden, Franken, Hessen-Kassel, Württemberg, in das Rhein-Main-Gebiet, in das heutige Saarland und nach der Kurpfalz mit Zweibrücken. Die Hansestädte und Niedersachsen wurden für etwa 1500 eine neue Heimat. Die Bartholomäusnacht In Frankreich bildeten einige Zurückgebliebene die Kirche der Wüste, zogen sich in die Cevennen zurück und leisteten dem König zähen Widerstand. Die Ächtung der Hugenotten dauerte noch unter Ludwig XV. (1715-74) an; erst im Jahr 1787 erhielten sie durch das Toleranzedikt von Ludwig XVI. (1774-92) volle bürgerliche Rechte und die Erlaubnis für eine Nationalversammlung, die zwei Jahre später mit der Erklärung der Menschenrechte gehalten wurde. Napoleons Organische Artikel von 1802 stellten die Hugenotten rechtlich den Katholiken gleich Kathedrale von Soissons © 2007 PROJECT M GmbH, Lüneburg Datum Projekttitel 3
Flucht Beispiel einer Flucht aus Frankreich nach Deutschland mündliche Überlieferung zur Emigration von elf Kindern der Familie Privat aus Südfrankreich (u.a. aus E.C. Privat: Hugenottisches Leben. Bilder aus der Friedrichsdorfer Chronik, Friedrichsdorf 1980) Die Mutter der Kinder wurde von den Dragonern getötet, da sie das Versteck des Gatten nicht preisgab. Dennoch fanden ihn die Häscher und er endete im Turm. Die elf Kinder verließen unter Anführung des 16-jährigen Jean ihre Heimat und erreichten nach vier Monaten Frankfurt. Da hier keiner ihre Sprache verstand, holte man einen sprachkundigen Pfarrer und Hofprediger Konrad Bröske aus Offenbach. Dieser nahm die beiden Ältesten, Jean und Anthoine (14 Jahre), mit nach Offenbach. Die neun Mädchen, deren jüngstes noch keine 2 Jahre alt war, fanden Aufnahme bei barmherzigen Frankfurter Familien. Pfarrer Konrad Bröske sorgte dafür, dass Jean und Anthoine Geräte für ihr erlerntes Handwerk, der Strumpfwirkerei, bauen durften und brachte sie wahrscheinlich bei einer Familie Vielles unter. Anthoine blieb in Friedrichsdorf, Jean heiratete die Witwe Vielles, in zweiter Ehe dann René Pomarede, deren Eltern aus der Provinz Dauphiné stammten. Die Mutter von René Pomarede schenkte der Kirche zur Hochzeit von Jean und René zwei Abendmahlskelche, welche heute noch in Offenbach in der französisch-reformierten Gemeinde zu sehen sind Ansiedlung von Hugenotten in D erwünscht, gewerbepolitische Absicht: Hilfe bei der Flucht, Gewährung freien Durchzugs, Fuhrwerke zur Verfügung gestellt © 2007 PROJECT M GmbH, Lüneburg Datum Projekttitel 4
Hugenottenmuseum und -symbole In Bad Karlshafen gibt es ein Hugenotten-Museum, das Deutsche Hugenotten-Zentrum mit einer genealogischen Forschungseinrichtung sowie die Bibliothek und das Bildarchiv der Deutschen Hugenotten-Gesellschaft. Das Hugenottenkreuz ist ein speziell gestaltetes Kreuz, das früher unter den französischen Protestanten, den sogenannten Hugenotten verbreitet war. Auch heute ist es - meist als Anhänger an einer Kette getragen - unter französischen Protestanten sehr geläufig. © 2007 PROJECT M GmbH, Lüneburg Datum Projekttitel 5
Hugenotten - heute Heute existieren hugenottische Gemeinden in folgenden Orten (Aufzählung nicht vollständig): Hessen Bad Karlshafen Oberweser (Waldenserorte Gewissensruh, Gottstreu) Frankenberg (Eder) (Orte Ellershausen, Frankenau, Louisendorf) Schwabendorf Wohratal-Hertingshausen Hanau Friedrichsdorf Hofgeismar (Orte: Carlsdorf, Kelze, Schöneberg, Friedrichsdorf) Immenhausen (Ort: Mariendorf) Wolfhagen (Leckringhausen) Helsa (Ort: St. Ottilien) Kassel Mörfelden-Walldorf (Stadtteil Walldorf) Neu-Isenburg Ober-Ramstadt (Orte Rohrbach und Wembach-Hahn) Offenbach am Main Schwalmstadt (Frankenhain) Ehringshausen (Orte: Daubhausen und Greifenthal) Außerdem gibt es hugenottisch-waldensische Gemeindeneugründungen im Altkreis Frankenberg (heute Kreis Waldeck) und im Landkreis Kassel © 2007 PROJECT M GmbH, Lüneburg Datum Projekttitel 6
Gliederung 1 Geschichte der Hugenotten 1.1 Geschichte 1.2 Flucht 1.3 Hugenottenmuseum- und –symbole 1.4 Hugenotten heute 2 Leben der Hugenotten 2.1 „Die Harlans“ - Beispiel einer hugenottischen Familie 2.2 Bekannte Hugenotten 2.3 Berufe 2.4 Bräuche und Sitten/Veranstaltungen 2.5 Garten- und Gemüseanbau 2.6 Essen und Trinken (Hugenotten und Waldenser) 2.7 Beeinflussung des Lebens der Deutschen durch die Hugenotten 2.8 Sonstiges 3 Sonstiges zum Thema „Hugenotten“ 4 Beispiele einer Umsetzung des Themas „Hugenotten“ 5 Die Waldenser 3.1 Geschichte und allgemeine Informationen 3.2 Waldenser in Deutschland 3.3 Bekannte Waldenser 3.4 Berufe 3.5 Bräuche und Sitten/Veranstaltungen 3.6 Essen und Trinken 3.7 Sonstiges 4 Sonstiges © 2007 PROJECT M GmbH, Lüneburg Datum Projekttitel 7
Beispiel einer hugenottischen Familie Die Harlans – Eine hugenottische Familie Bibliografie einer hugenottischen Familie, die nach Brandenburg- Preußen emigriert ist (Buch liegt uns vor) Aufstieg von einfachen Landwirten zu angesehenen Kaufleuten (Tabak-, Zucker-, Leder-, Bernsteinhandel) gestützt durch ein geschäftliches und familiäres Netzwerk mit den hugenottischen Kaufmannsfamilien Salingre, Cuny, Boccard von Amsterdam bis Königsberg Die Harlans schlugen räumlich, wirtschaftlich und gesellschaftlich sehr unterschiedliche Wege ein Lebten alle in dem Bewusstsein, in einer frz.-hugenottischen Tradition zu stehen Bis zum Beginn des 19. Jhdt. tief verwurzelt in ihrem Glauben, als Kirchenälteste im Dienst der hugenottischen Gemeinden, bewahrt wurde bis heute eine tiefe Religiösität christlicher Prägung, verbunden mit hohen ethischen Wertvorstellungen und großer Offenheit ggü. anderen Bekenntnissen Einige Harlans führte der Weg vom Wirtschafts- zum liberalen Bürgertum – als Juristen in der Funktionselite preußischer Beamter neue gesellsch. Identität, Engagement als Offiziere im Befreiungskrieg gegen Napoleon und im Krieg gegen Frankreich 1870/71 Quelle: Buchloh, Ingrid (2007): Die Harlans – eine hugenottische Familie, Geschichtsblätter der Dt. Hugenottengesellschaft e.V., Band 40, Bad Karlshafen. Ingrid Buchloh ist selbst Mitglied der Familie Harlan © 2007 PROJECT M GmbH, Lüneburg Datum Projekttitel 8
Bekannte Hugenotten Theodor Fontane (1819-1898), deutscher Schriftsteller und Poet Lionel Jospin (* 1937), französischer Politiker Lothar de Maizière (* 1940), deutscher Politiker Thomas de Maizière (* 1954), deutscher Politiker und Chef des Bundeskanzleramtes Theodor Fontane Kylie Minogue (* 1968), australische Sängerin Anton Philipp Reclam (1807-1896), deutscher Verleger John D. Rockefeller (1839-1937), US-amerikanischer Unternehmer Philippe Suchard (1797-1884), Schweizer Schokoladehersteller Lionel Jospin und Unternehmer Wilhelm (1767 – 1835) und Alexander (1769 – 1859) von Humboldt Thomas de Maizière Philippe Suchard John D. Rockefeller Kylie Minogue © 2007 PROJECT M GmbH, Lüneburg Datum Projekttitel 9
Fontane Fontane stammte aus einer alten Hugenotten- Hugenotten-Familie, Familie und immer wenn sein Zorn auf Preußen besonders heftig war, betonte er voller Stolz seine romanische Herkunft. Fontanes Großvater war der Berliner Maler Pierre Barthélemy Fontane und seine Mutter war die Tochter des Berliner Seidenkaufmanns Jean François Labry. 1850 heiratete Theodor Fontane Emilie Rouanet, die ebenfalls französische Vorfahren hatte. Fontane sagte über sich selbst: „ ... ich bin – auch darin meine französische Abstammung verratend – im Sprechen wie im Schreiben ein Causeur (Schwätzer).“ Seine schönsten Reisebücher hat er Frankreich gewidmet: "Kriegsgefangen" und "Aus den Tagen der Okkupation" (beide 1871). Die Bücher schildern die gefährlichste Situation seines Lebens und enthalten die offenherzigsten autobiographischen Bekenntnisse. Aus diesen Werken wie aus Briefen und Äußerungen über französische Autoren und Werke ergibt sich ein facettenreiches Bild. Wider den Zeitgeist bekundet Fontane seine Hochachtung vor dem Nachbarvolk. Er ist fasziniert von den Kathedralen von Reims und Rouen, steht am Grab des liebenswürdigen Alexandre Dumas, dessen erfolgreiche Massenproduktion ihm imponiert, und besucht die Wirkungsstätte Rousseaus. Die Besichtigung der Schlachtfelder des Deutsch-Französischen Krieges veranlasst ihn zur Anerkennung der militärischen Leistungen, aber auch zur Klage über die unermeßlichen Opfer auf beiden Seiten und die Not der leidenden Bevölkerung. Worauf es ihm ankommt, ist die menschliche Dimension des Geschehens. © 2007 PROJECT M GmbH, Lüneburg Datum Projekttitel 10
Wilhelm von Humboldt Wilhelm Humboldt zählt zu den großen, fortwirkend einflussreichen Persönlichkeiten in der deutschen Kulturgeschichte. Mutter: Elisabeth von Holwede, geb. Colomb, Witwe hugenottischer Herkunft (südfranzösischen Hugenotten- und Kaufmannsfamilie) Vater war der adelige Major und Grundbesitzer Alexander Georg von Humboldt Betrachtet man ihn in der Gemeinschaft mit seinem Bruder Alexander, so wird man kaum ein zweites Geschwisterpaar finden, das die eigene geschichtliche Epoche mit solchem Forscherdrang und mit solch universeller Gelehrsamkeit durchdrungen und bereichert hat wie diese beiden. Humboldt beschäftigte sich mit kulturwissenschaftlichen Zusammenhängen wie der Bildungsproblematik, der Staatstheorie, der analytischen Betrachtung von Sprache, Literatur und Kunst sowie in aktiver politischer Mitgestaltung als Reformmotor im Schul- und Hochschulwesen und preußischer Diplomat Als Diplomat, Staatsmann und Bildungsreformer wirkte Wilhelm von Humboldt inmitten der europäischen Wirren der Französischen Revolution, napoleonischen Herrschaft und Restauration Besondere Verdienste erwarb er sich als Staatsmann bei der preußischen Bildungsreform und als Akademiker in der Sprachwissenschaft und Sprachphilosophie ... © 2007 PROJECT M GmbH, Lüneburg Datum Projekttitel 11
Thomas de Mazière Ausbildung und Beruf: Studium der Rechtswissenschaft und der Geschichte in Münster und Freiburg im Breisgau 1990 arbeitete er am Aufbau des Amtes des Ministerpräsidenten der DDR mit und gehörte auch der Verhandlungsdelegation für den deutsch-deutschen Einigungsvertrag an. Er ist seit 2003 Mitglied im Präsidium des Deutschen Evangelischen Kirchentages. Kirchentages Familie: Thomas de Maizière entstammt einer Hugenottenfamilie, Hugenottenfamilie die im 17. Jahrhundert nach Preußen ausgewandert ist. Der Nachname leitet sich vom Herkunftsort der Familie ab, der Gemeinde Maizières bei Metz in Lothringen. Der letzte Ministerpräsident der DDR, Lothar de Maizière, ist sein Cousin. Dieser trat am 17. Dezember 1990 wegen der Veröffentlichungen über seine angebliche Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Staatssicherheit der DDR (StaSi) vom Amt des Bundesministers für besondere Aufgaben in der von Helmut Kohl geführten Bundesregierung zurück. Lothar de Maizière war im Zeitraum 1991/92 außerdem Mitglied des Deutschen Bundestages (MdB) und erster Stellvertretender Vorsitzender der CDU Deutschlands. Sein Onkel Clement de Maizière, der Vater von Lothar de Maizière, war in der DDR einflussreicher Rechtsanwalt und Synodaler der Berlin-Brandenburgischen Kirche. Er war führendes Mitglied der CDU der DDR und wurde nach der Wende als langjähriger Mitarbeiter des Ministerium für Staatssicherheit der DDR (StaSi) enttarnt. © 2007 PROJECT M GmbH, Lüneburg Datum Projekttitel 12
Thomas de Mazière II Thomas de Maizière hat 1990 seinem Cousin Lothar de Maizière, dem ersten frei gewählten Ministerpräsidenten der DDR, nach der Volkskammerwahl empfohlen, Angela Merkel als Presse-Mitarbeiterin in sein Team aufzunehmen, in das er dann ebenfalls als Berater aufgenommen wurde. Nach der Bundestagswahl 2005 wurde de Maizière am 22. November 2005 als Bundesminister für besondere Aufgaben und Chef des Bundeskanzleramtes in die von Bundeskanzlerin Angela Merkel geführte Bundesregierung berufen. In dieser Funktion ist de Maizière auch der Beauftragte der Bundesregierung für die Nachrichtendienste. © 2007 PROJECT M GmbH, Lüneburg Datum Projekttitel 13
Berufe der Hugenotten Wissenschaft, bspw. Mitglieder der Königlichen Akademie der Wissenschaften (der Berliner Chemiker Marggraf und sein Schüler, der Hugenotte Francois-Charles Archard entwickelten die theoretischen Grundlagen der Produktion von Rübenzucker. Die von Archard entwickelte Vorgehensweise wurde umgesetzt und hat sich bis heute bewährt) Schmuck der Hugenotten Im 18. Jahrhundert sollen zeitweise ein Drittel der Mitglieder der Preußischen Akademie der Wissenschaften Hugenotten gewesen sein. Der berühmteste von ihnen ist der Schweizer Mathematiker Leonard Euler ( 1707 – 1783). Er war von 1744 bis 1766 in Berlin und leitete in dieser Zeit die Sternwarte. Auch die berühmten deutschen Wissenschaftler Wilhelm und Alexander von Humboldt hatten eine Hugenottin als Mutter. Professoren Theologen Kaufleute, Export- und Messegeschäft (Messegroßhandel) Wirtschaft Kunst, darstellende Kunst Übersetzer Verlagsinhaber Gold- und Silberschmied – Schmuckherstellung insbes. in Pforzheim Uhrmacher Kunsthandwerk, Stickerei Seidenraupenzucht, Seidenwaren Francois-Charles Archard Färber © 2007 PROJECT M GmbH, Lüneburg Datum Projekttitel 14
Berufe der Hugenotten II Schneider, Hasenhaarschneider Hutmacher, Handschumacher (Lederhandschuhe), Mützenmacher, Strumpfwerkerei Textilindustrie, Bekleidungsgewerbe, Lederwarenindustrie (Grundlage dafür in Offenburg gelegt) Teppichmanufakturen, Wollmanufakturen Tabakanbau (Forcierung des Anbaus in D) Höflinge, Pagen, Ehrendamen, Verantwortliche im Jagd- und Heerwesen, Kammerfrauen, Lakaien, Hofdiener in den Residenzstädten Celle und Hannover Betreiber von Cafégärten, Schankwirte, „cafetiers“, „chocolatiers“, „billardiers“ (Einrichtung von Cafés, Spiel- und einfache Lokale, Billardcafés, Garküchen, Buden) bspw. Konditorei und Café der Familie d‘Heureuse Bierbrauer, im Nebenerwerb auch Schnapsherstellung, Likör und Fusel Zichoriebauer: Anbau von Zichorie (mit der gerösteten und gemahlenen Wurzel der Pflanze wurde Kaffeeersatz hergestellt „mocca faux“ oder Muckefuck) Bäcker, Zuckerbäcker, Konditoren © 2007 PROJECT M GmbH, Lüneburg Datum Projekttitel 15
Bräuche und Sitten der Hugenotten I Das Mayencefest Das festfreudige Hugenottendorf Kelze, nördlich von Kassel gelegen, feiert an jedem ersten Sonntag im Mai das Mayencefest, Mayencefest, ein aus Südfrankreich mitgebrachter Frühlingsbrauch. Ein 3- bis 4-jähriges Mädchen wird als Mayencekönigin von den älteren Mädchen durch das Dorf geführt. Dabei trägt eine Konfirmandin einen bänder- und blumengeschmückten Stab. Andere führen einen Korb mit sich und eine Sparbüchse, in denen Eier und Geld Mayencekönigin gesammelt werden. An jeder Haustür singen die Mädchen (Jungen dürfen nicht dabei sein) das Mayencelied, einen Heischevers in französischer Mundart. Leider ist der genaue Wortsinn nicht mehr zu ermitteln; eine der versuchten Niederschriften lautet wie folgt: „bon jour, wette qui le brümme jour de mai, lolladi, lotzebou per le sess de carline bousse de messe. Donner par notre mayence l'ard, sester, gent." Quelle: Berndt, Gabriele: 300 Jahre Hugenottendorf Kelze 1699 - Silberne Spardose, die das 1999 : ... wie lebten sie damals ... ; ... wie leben wir heute . ... Mayencekind lange Zeit durch das http://www.kelze-online.de/html/mayence.html Dorf trug © 2007 PROJECT M GmbH, Lüneburg Datum Projekttitel 16
Bräuche und Sitten der Hugenotten II Der Kelzer Karneval Die Kelzer Jungen feiern ihr Fest, den Kelzer Karneval, Karneval mit einem Umzug durchs Dorf und Tanz in den Straßen, der von einem verkleideten Bären angeführt wird. Dieses Fest wird am Aschermittwoch gefeiert. Die Kelzer Dorfbewohner behaupten, dieser Termin sei als Affront gegen die katholischen Unterdrücker ausgewählt worden, die diesen Tag in Sack und Asche begingen. Kritik an Katholiken? Was den Ursprung der hugenottischen Fastnachtsbräuche angeht, gibt es zwei Erklärungen: Zum einen wird vermutet, die Religionsflüchtlinge hätten mit ihren Umzügen die Bräuche der ihnen verhassten Katholiken auf die Schippe nehmen wollen. Die Tradition könnte sich aber auch von der alemannischen Fastnacht ableiten, die zum Beispiel in Basel acht Tage nach dem Karneval beginnt. Da die Hugenotten kreuz und quer durch die Schweiz gezogen sind, haben sie den Brauch möglicherweise von dort mitgebracht. © 2007 PROJECT M GmbH, Lüneburg Datum Projekttitel 17
Bräuche und Sitten der Hugenotten III Wofeln (Waffeln) zu Silvester mit einem speziellen Eisen im Kachelofen backen und mit einem Spruch als Neujahrsgruß. Diese Tradition verblasst jedoch, da immer weniger Menschen einen Kachelofen besitzen (dieser Brauch wurde von den Refugiés in D eingeführt) Französische Wurst: Die Flüchtlinge konnten sich aufgrund ihrer Armut keine aufwändigen Speisen leisten und erfanden deswegen dieses stark gewürzte Gericht, das vorwiegend aus Grieben zubereitet wird, die beim Schlachten abfallen. Das Rezept der Wurst verbreitete sich auch in dt. Haushalten und wurde noch bis zur Mitte des 20. Jhdt. benutzt. den Kindern biblische und vor allem alttestamentliche Taufnamen geben und nicht katholische Heiligennamen sichtbarer geistlicher Höhepunkt der reformierten Christen in Frankreich heute ist der alljährliche Gottesdienst in der Wüste (ein Teil der Hugenotten überlebte als Kirche der Wüste im Untergrund), der Zehntausende am ersten Sonntag im September in Mialet in den Cevennen versammelt © 2007 PROJECT M GmbH, Lüneburg Datum Projekttitel 18
Veranstaltungen Hugenotten Dt. Hugenottentag alle 2 Jahre Internationale hugenottische Weltkonferenz (seit 1998 ausgerichtet) Hugenottenfest im Sommer in Bad Karlshafen © 2007 PROJECT M GmbH, Lüneburg Datum Projekttitel 19
Gartenbau und Gemüseanbau Hugenotten ließen Saatgut, Setzlinge und junge Bäume aus ihrer Heimat kommen und veredelten einheimische Pflanzen. Sie bauten Treibhäuser und legten Früh- und Mistbeete an. Die Blumenpracht in den hugenottischen Gärten überraschte die Deutschen. Durch Kreuzen, Pfropfen und veredeln züchteten die französischen Gärtner die herrlichsten Pflanzen Die Gärten wurden zum Ziel sonntäglicher Spaziergänge und dienten mit ihren Früchten gleichzeitig der guten Küche Anbau von Blumenkohl, Spargel, Artischocken, Chicoree, Champignons, Schwarzwurzeln, verschiedene Suppengemüse und –kräuter, grüne frische Erbsen (waren bis dahin nur getrocknet bekannt) Verbreitung der Kartoffel im 18. Jhdt. wurde von den Hugenotten unterstützt, die mit dem Anbau bereits vertraut waren mit den neuen Erzeugnissen wurden oft auch deren Bezeichnungen übernommen: bspw. die gelbschalige Butterbirnensorte „beurré blanc“ wurde im Volksmund zu Bereblanc, die grauschalige Butterbirnensorte „beurré gris“ zu Beregris. Auch die frz. „carottes“ setzten sich im dt. Sprachgebrauch durch Zitat Chronist Bekmann 1751 über den Einfluss der Hugenotten auf den Gartenbau: „In Summa unsere Küchen- und Kräutermärkte, welchen es weder im Winter, noch im Sommer an schönem Vorrat fehlet, sprechen noch immer von der Arbeitsamkeit und Geschicklichkeit dieser Einwohner, auch dann, wann Teutsche selbige besetzen, als welche die bessere Baum- und Kräuterzucht denselben großen Theils zu danken haben...“ © 2007 PROJECT M GmbH, Lüneburg Datum Projekttitel 20
Essen und Trinken der Hugenotten zusammengefasst Hauptspeisen: Gemüsesuppen und Salate Suppen mit Fleischkügelchen, die so genannten „boulettes“. Aus ihnen wurden nach und nach die heutigen „Buletten“. Milchbrot, Zwieback Pasteten, Obst-, Creme-, Spritzkuchen (Eclairs) oder Windbeutel Ragout fin: Gericht aus feinen Fleischstücken in Griebenschmalz Ragout fin (Erfindung der Hugenotten in Berlin, wird heute als Berliner Spezialität angesehen) Brühwürste, möglicherweise Vorläufer der heutigen Berliner Bockwurst Blutwürste, Leberwürste, Kalbswürste (in D auch schon vorher bekannt) Innereien Froschschenkel Waffeln aus Hefeteig mit Butter, Creme, Eiern und Früchten serviert leichtes Bier, als „Champagne du Nord“ (leichter als das damalige deutsche) Berliner Weiße (heute traditionelles Berliner Weizenbier) Champagnerweiße (gut ausgegorenes Weißbier ohne Heferückstände; die Champagnerflaschen, in denen das Bier früher gezogen wurde, gaben ihm seinen Namen) © 2007 PROJECT M GmbH, Lüneburg Datum Projekttitel 21
Essen und Trinken der Hugenotten zusammengefasst Frz. scharf gewürzte Wurst Pasteten, Obst-, Creme-, Spritzkuchen (Eclairs) oder Windbeuteln Verbreitung der Rosine zum Backen Öle (Nussöl, Olivenöl, Leinöl) Verschiedene Gewürze Weizenbrot, Weißbrot, Baguette Bier unter Mitverwendung von Weizenmalz Bonbons, „Berliner Murmeln“, aus Zucker und Kräuterextrakten Speiseeis aus Sahne und Früchten Blumenkohl, Spargel, Artischocken, Chicoree, Champignons, Schwarzwurzeln, verschiedene Suppengemüse und -kräuter, grüne frische Erbsen, Bohnen Div. Obstsorten wie Birnen und Kirschen, Ananas, Melonen © 2007 PROJECT M GmbH, Lüneburg Datum Projekttitel 22
Essen und Trinken der Waldenser zusammengefasst Maultaschen Kochobst Cassoulet: weißer Bohneneintopf Primäre Nahrungsquelle in Italien: Kastanien(-Mehl) piemontesische Küche: (Käse, Wurst, insbes. Mortadella, Trüffel, Nüsse, Grissini, Nudeln, Reis) okzitanische Küche (Südfrankreich, Piemont – Italien) Beispiele für Gerichte: supa mitunà (Suppe aus altem Brot und Zwiebeln) raviolas de Blins (gnocchi aus dem Varaita-Tal à la Bellino) macarons e trofolas (Makkeroni und Kartoffeln mit Pilzen) die crosettin (kleine gnocchi) die polenta de trifolas e fromentin (Kartoffelpolenta mit Buchweizen) © 2007 PROJECT M GmbH, Lüneburg Datum Projekttitel 23
Beeinflussung des Lebens der Deutschen durch die Hugenotten (überwiegend in Preußen-Brandenburg) Durch die Hugenotten wurde der Gebrauch von Wasser-. Wind-, Öl- und Färbemühlen verstärkt bzw. eingeführt. Die Bevölkerung verwendete vor allem tierische Fette wie Rinder- und Schweinetalg und Waltran als Lichtquelle, zur Pflege von Werkzeugen und als Nahrungsmittel. Aus dem Ausland eingeführte Oliven- und Nussöle waren ihres Preises wegen vorwiegend bei Hofe und bei Kaufleuten bekannt. Diese Marktlücke machten sich die Hugenotten zunutze: Sie boten an, Leinsamen, die in D als Schweinefutter verwendet wurden, zu pressen und daraus Öl zu gewinnen (lukrativere Nutzung) Æ Ölproduktion aus Lein- und Rübsamen Leinö Leinöl setzte sich durch; in einigen Regionen ist es ein traditionelles Nahrungsmittel geworden Vorschlag der Hugenotten an den König in Preußen, eine Zuckerraffinerie zu errichten, dadurch Kosteneinsparung, da Zucker nicht mehr importiert werden musste – im 18. Jhdt. entstanden die ersten Raffinerien Einrichtung von Billardcafés: Billardcafés das Spiel und das zugehörige Vokabular waren in D neu. Noch heute spricht man vom Billardstab als dem „Queue“ Durch die Einrichtung von Cafés durch die Hugenotten entstand eine neue Alltagskultur des aufstrebenden Berliner Bürgertums Bier unter Mitverwendung von Weizenmalz ist wahrscheinlich um 1672 durch die ersten frz. Refugiés eingeführt worden nachhaltiger Einfluss auf die Berliner Brauereitradition, insbes. Familie Landré Die Refugiés trugen bedeutend zur Verbreitung der frz. Weine in Brandenburg-Preußen bei – Ausbau des Weinhandels: der frz. Apotheker Antoine Palmié gilt als der Erste, der nebenher einen Weinhandel betrieb Verkauf von Pasteten, Obst-, Creme-, Spritzkuchen (Eclairs) oder Windbeuteln Verbreitung der Rosine zum Backen Gewürzhandel: Verbreitung von Gewürzen. Aus dem Gewürzhandel entwickelten sich Drogerien Die Berliner Schrippen sind wahrscheinlich aus dem weißen frz. Brot hervorgegangen Hinweis: nach Deutschland flohen zu der Zeit nicht nur die Hugenotten sondern auch Franzosen im Zuge der Französischen Revolution, die u.U. auch bestimmte Nahrungsmittel und Begriffe „mitbrachten“. Die recherchierten Informationen stammen aber alle aus der Zeitschrift „Der Hugenotte“. © 2007 PROJECT M GmbH, Lüneburg Datum Projekttitel 24
Beeinflussung des Lebens der Deutschen durch die Hugenotten Zuckerbäckerei: Noch heute verkauft ein Berliner Konditor die „Berliner Murmeln“, die nach einem hugenottischen Rezept aus Zucker und Kräuterextrakten hergestellt werden Verbreitung von Speiseeis aus Sahne und Früchten Beeinflussung der dt. Küche: Speisen in D wurden zunehmend mit Kräutern verfeinert, als Dessert wurden Ananas, Melone oder Kompott aus verschiedenen Birnensorten gereicht mit den Nahrungsmitteln fanden französische Bezeichnungen Eingang in die dt. Sprache, insbes. in Berlin: Püree, Bouillon, Filet, Haschee, Kotelett, Omelett, Roulade, Remouladensoße,... Leipzig ab dem 19. Jhdt. Mekka für den dt. Buchhandel und das Verlagswesen: Verlagswesen Dies ist weitgehend Hugenotten wie Anton Philipp Reclam, Karl Reimer, Salomon Hirzel, Friedrich Volckmar, Jean Jaques Weber, Fritz Baedecker zu verdanken © 2007 PROJECT M GmbH, Lüneburg Datum Projekttitel 25
weitere Informationen über das Leben der Hugenotten Spottname „Bohnenfresser“, da die Flüchtlinge (Refugiés) anderes Gemüse als die Deutschen aßen Der Chronist Muret berichtet 1885, dass der auf Obst- und Frühobstzucht spezialisierte Gärtner Sarre dem König Friedrich II stets die ersten und schönsten seiner Kirschen in einer besonders hierzu bestimmten Schachtel zugehen, die eines seiner zahlreichen Kinder nach Sanssouci zu tragen pflegte und dem diensttuenden Kammerdiener übergab. Der Dank des Königs bei Rückgabe der ihres Inhalts ledigen Schachtel war die beste Anerkennung und die dem König bereitete Tafelfreude der schönste Lohn für den Erfolg, mit dem der brave Kolonist der Gartenkunst oblag Hugenotten brachten Weinreben aus Frankreich nach Südafrika mit und beeinflussten so den Weinanbau am Kap der Guten Hoffnung Hugenotten besiedelten nach 1685 das sumpfige Areal südlich des großen Tiergartens in Berlin, das heute unter der Bezeichnung „Diplomatenviertel“ firmiert. Zwischen Tiergarten und Schafgraben, aus dem der Landwehrkanal entstand, legten sie Gemüsegärten an und versuchten sich in der Seidenraupenzucht. bekannteste Hugenottenfamilien in Hamburg, deren Nachfahren immer noch in Hamburg leben: Godeffroy, Vidal, Boué Ein Enkel von Godeffroy gilt als Gründer von HAPAG Ein Nachfahre von Boué ist heute Peter Boué, Honorarkonsul der Tschechischen Republik .... © 2007 PROJECT M GmbH, Lüneburg Datum Projekttitel 26
Hugenotten in Hessen bestimmendes Merkmal für die Siedlungen in diesem Bereich: Armut Wohlstand zeigte sich nur in den beiden Privatgründungen Frauenberg und Hertingshausen Kassel (adlige Immigranten), Marburg und Hofgeismar zentrale Bedeutung für die Hugenotten Hugenotten brachten einige Gebräuche und Sitten aus Frankreich mit, hielten sich aber in D nicht mehr daran, sondern richteten sich eher nach den üblichen Gewohnheiten der Nachbarorte Kleidung: Übernahme der Mode der hessischen Bauersfamilien. Sie bevorzugten dabei aber noch lange Zeit schlichte Stoffe und Schnitte und gaben damit eines der vielen Beispiele für ihre feste Verbundenheit mit dem Calvinismus Verschwinden des frz. Bewusstseins, schnelle Anpassung an die dt. Gegebenheiten und somit Verschwinden der hugenottischen Kulturen in D Frankfurt war im 17. Jhdt. eines der wichtigsten europäischen Finanz- und Handelsplätze; zum Ansehen der Stadt trugen auch die Nachkommen der Glaubensflüchtlinge bei © 2007 PROJECT M GmbH, Lüneburg Datum Projekttitel 27
Gliederung 1 Geschichte der Hugenotten 1.1 Geschichte 1.2 Flucht 1.3 Hugenottenmuseum- und –symbole 1.4 Hugenotten heute 2 Leben der Hugenotten 2.1 „Die Harlans“ - Beispiel einer hugenottischen Familie 2.2 Bekannte Hugenotten 2.3 Berufe 2.4 Bräuche und Sitten/Veranstaltungen 2.5 Garten- und Gemüseanbau 2.6 Essen und Trinken (Hugenotten und Waldenser) 2.7 Beeinflussung des Lebens der Deutschen durch die Hugenotten 2.8 Sonstiges 3 Sonstiges zum Thema „Hugenotten“ 4 Beispiele einer Umsetzung des Themas „Hugenotten“ 5 Die Waldenser 3.1 Geschichte und allgemeine Informationen 3.2 Waldenser in Deutschland 3.3 Bekannte Waldenser 3.4 Berufe 3.5 Bräuche und Sitten/Veranstaltungen 3.6 Essen und Trinken 3.7 Sonstiges 4 Sonstiges © 2007 PROJECT M GmbH, Lüneburg Datum Projekttitel 28
Baustil hessische Dörfer, die einen planmäßig angelegten Kern aufweisen, kann man heute noch als Hugenottenkolonien identifizieren geometrische Anlage der Siedlungen mit einheitlichen Häusern es wird vermutet, dass dies auf den französischen Baustil zurückzuführen ist Kirche Bad Karlshafen Ingenieur und Architekt Paul dy Ry (entwarf auch Karlskirche in Bad heute Karlshafen und die Kolonie Louisendorf) streng klassizistische und rationalistisch gehaltene Architekturlehre des Barock die geplanten Anlagen bekamen einen einfachen und zweckmäßigen Charakter kreuzformige Grundrisse oder Orientierung an einer Achse, Giebelseite der Häuser meist zur Straße Kirche Bad Karlshafen früher Grundlegender Unterschied der ländlichen Kolonien von den hugenottischen Bürgerhäusern bspw. in Karlshafen oder in der Kasseler Oberneustadt ländliche Kolonien: Fachwerkbauweise kleinbäuerliche, zweigeschossige und unterkellerte Anwesen Stadt: schlichter, gleichförmiger Barockhaustyp In der Architektur hielten die Hugenotten an einer nüchternen klassizistisch- barocken Gestaltungsweise fest. Charakteristische Beispiele für ihre Bauweise finden sich in den Niederlanden und in Deutschland. Bekannt sind etwa die lutherische Kirche in Amsterdam, der Französische Dom in Kolonie Louisendorf Berlin und die Karlskirche in Kassel. Hugenottisch geprägte Stadtviertel gab es u. a. in Kassel (Oberneustadt), wo mit den Entwürfen vor allem J. P. du Ry befasst war, ferner in Erlangen, Hanau, Mannheim und zum Teil in Potsdam und Siegburg. © 2007 PROJECT M GmbH, Lüneburg Datum Projekttitel 29
Anekdoten Erman & Reclam berichteten vom Königshof: Dort hielten sich die Küchenjungen einen Storch zur allgemeinen Ergötzung. Sie fingen Frösche für ihn in der Spree. Einmal soll der Storch eine Bittschrift im Schnabel getragen haben. Er beklagte sich darin beim Kurfürsten, dass die Franzosen ihm die Frösche wegessen würden. deswegen wurden die Hugenotten auch „Paddenschlucker“ – „padde= niederdeutsch für „Frosch“ – genannt Ein Reisender bat in einer Dorfgaststätte um Kaffee ohne Zichorie (Kaffeeersatz). Der erstaunte Wirt fragte, ob er denn reines Wasser trinken wolle (Kaffee war zu dieser Zeit sehr teuer und die Zichorie wurde als Ersatz benutzt, allerdings kaum Kaffeegeschmack. Die Zichorienbauern verdienten sehr gut und erreichten hohe Exportraten) © 2007 PROJECT M GmbH, Lüneburg Datum Projekttitel 30
Zitate im 19. Jhdt. war das frz. Vorbild in Berlin so dominierend, dass ein Berliner Autor sich beschwert: „ In den Berliner Kaffeehäusern mit frz. Titeln isst man Berliner Gerichte unter frz. Namen , und alle Lächerlichkeiten, welche Mode und Nachahmung erzeugen, treten recht lebhaft hervor, wenn man sich französisch boeuf à la mode fordern muss, um seinen deutschen Hunger mit deutschem Rindfleisch zu stillen“ Wir haben ihnen unsere Manufakturen zu danken, und sie gaben uns die erste Idee vom Handel, den wir vorher nicht kannten. Berlin verdankt ihnen seine Polizei, einen Teil seiner gepflasterten Straßen und seine Wochenmärkte. ... Durch sie kam Geschmack an Wissenschaft und Künsten zu uns. Sie milderten unsere rauen Sitten, sie setzten uns in den Stand, uns mit den aufgeklärtesten Nationen zu vergleichen ...”.(Carl Ludwig Freiherr von Pöllnitz, 1692 - 1775, Oberzeremonienmeister am Berliner Hof) Zum 100 - jährigen Bestehen 1990 in Friedrichsdorf hat der damalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker in einem Grußwort über das Wirken der Deutschen Hugenotten-Gesellschaft geschrieben: Es wird auch in Zukunft auf ein nachhaltiges Interesse stoßen, gerade wenn das Zusammenwachsen von Europa und Deutschland uns neue Zugänge zu den gemeinsamen Quellen der Geschichte eröffnet. „Berlin verdankt ihnen seine Polizei, einen Teil seiner gepflasterten Straßen und seine Wochenmärkte. Sie haben Überfluss und Wohlstand eingeführt und diese Stadt zu einer der schönsten Städte Europas gemacht.“ Dies schrieb der Freiherr von Pöllnitz Ende des 18. Jahrhunderts in seinen Memoiren. © 2007 PROJECT M GmbH, Lüneburg Datum Projekttitel 31
Tracht zylinderartiger Hut des Mannes Hugenottenhaube Haube der Frau mit Spitzenrad Halsschmuck mit auffälligen Traubenornamenten, wird "Träubleskette„ (in Schwaben) genannt Hugenottentracht © 2007 PROJECT M GmbH, Lüneburg Datum Projekttitel 32
französisch-reformierte Gemeinden in Deutschland frz.-reformierte Kirche 1699 in Offenbach gegründet, die heute noch „lebt“ Berlin, Potsdam: frz.-reformierte Kirche (mehrere Gemeinden) In Berlin und Brandenburg gehören die Französisch- Reformierten Gemeinden zur Evangelischen Kirche Berlin- Brandenburg-schlesische Oberlausitz und bilden den Reformierten Kirchenkreis. Dieser Kirchenkreis nahm 1997 eine französisch-sprachige Gemeinde auf (Communauté protestante francophone de Berlin et environs). Als letzte norddeutsche Hugenottengemeinde gab 1976 frz-reformierte Kirche Offenbach die Eglise réformée française de Hambourg ihre Selbständigkeit auf. Doch bis auf den heutigen Tag sind die Melodien des Hugenottenpsalters in den Gottesdiensten der evangelisch-reformierten Gemeinden Norddeutschlands ein lebendiges Erbe der französischen Glaubensflüchtlinge © 2007 PROJECT M GmbH, Lüneburg Datum Projekttitel 33
Sonstiges Die Kirche in Bad Karlshafen steht für die Aufnahme der Hugenotten vor 300 Jahren. Am 12. Februar 1710 eingeweiht durch den aus Metz geflohenen Pfarrer Paul Joly, erinnert noch heute ein alljährlicher Festgottesdienst an dieses Ereignis. Bauwerk von hugenottischem Architekt Paul du Ry (1640 – 1714) entworfen, in Anlehnung an die frz. Predigtkirchen. Kirche nach Giacomo Meyerbeer Zerstörung im Krieg baulich verändert Oper: Oper Die Hugenotten von Giacomo Meyerbeer, dt. Komponist und Dirigent (Uraufführung 1836) Inhalt: Glaubenskriege in Frankreich zwischen Hugenotten und Katholiken, Liebesgeschichte zwischen einer Katholikin und einem Hugenotten erregte großes Aufsehen in Europa Vorbild für Komponist Richard Wagner Mit Recht wird gesagt, dass die Hugenotten feiner Umgangsformen in ihrer neuen Heimat Berlin einführten. Das beginnt mit den Tischsitten und Kirche Bad Karlshafen Essgewohnheiten. Deutliche Spuren haben die Hugenotten vor allem in der Sprache der Berliner hinterlassen. Das Ragout in der Kasserolle, der Weißkäse (sonst in Deutschland Quark genannt), sind nur einige Beispiele. Film: Die Bartholomäusnacht © 2007 PROJECT M GmbH, Lüneburg Datum Projekttitel 34
Gliederung 1 Geschichte der Hugenotten 1.1 Geschichte 1.2 Flucht 1.3 Hugenottenmuseum- und –symbole 1.4 Hugenotten heute 2 Leben der Hugenotten 2.1 „Die Harlans“ - Beispiel einer hugenottischen Familie 2.2 Bekannte Hugenotten 2.3 Berufe 2.4 Bräuche und Sitten/Veranstaltungen 2.5 Garten- und Gemüseanbau 2.6 Essen und Trinken (Hugenotten und Waldenser) 2.7 Beeinflussung des Lebens der Deutschen durch die Hugenotten 2.8 Sonstiges 3 Sonstiges zum Thema „Hugenotten“ 4 Beispiele einer Umsetzung des Themas „Hugenotten“ 5 Die Waldenser 3.1 Geschichte und allgemeine Informationen 3.2 Waldenser in Deutschland 3.3 Bekannte Waldenser 3.4 Berufe 3.5 Bräuche und Sitten/Veranstaltungen 3.6 Essen und Trinken 3.7 Sonstiges 4 Sonstiges © 2007 PROJECT M GmbH, Lüneburg Datum Projekttitel 35
Beispiel einer Umsetzung des Themas „Hugenotten“ Der Europäische Hugenottenpark Schwedt I Das Gelände des einstigen Schlossparks zwischen den Uckermärkischen Bühnen und der Hohensaaten, Friedrichsthaler-Wasserstraße wird in den kommenden Jahren zu einem Ort der bildenden und darstellenden Künste, der Geschichtsvermittlung und Naherholung umgestaltet. Inhaltlicher Hintergrund der Parkgestaltung ist die mehr als 300jährige Geschichte der Hugenotten in Brandenburg- Brandenburg-Preußen und die wirtschaftlichen und kulturellen Einflüsse der Einwanderung der Glaubensflüchtlinge auf unsere Region. Die inhaltliche Ausrichtung auf die Geschichte der Hugenotten, Hugenotten die sich in der Gestaltung des Parks, in der künstlerischen Ausgestaltung durch Skulpturen, in begleitenden Informationen (Ausstellungen, Informationstafeln, elektronische Terminals) und im Veranstaltungsprofil niederschlagen wird, richtet sich unter anderem an Hugenottennachfahren und anderen an dieser Geschichte Interessierten. Die Ausrichtung des Veranstaltungsprofils im Rahmen des Projektes "Europäischer Hugenottenpark" wird die Stückauswahl und die Produktion neuer Stücke entsprechend der Thematik genauso beinhalten wie Ausstellungen, Lesungen, Konzerte, Vorträge und Tagungen. Der Ausbau des Veranstaltungskomplexes beinhaltet eine enge Kooperation mit Anbietern mit ähnlich gelagerten inhaltlichen und touristischen Ansatzpunkten, wie dem Nationalpark "Unteres Odertal" mit seinem Besucherzentrum in Criewen, dem Tabakmuseum in Vierraden, verschiedenen Museen, Heimat- und Geschichts- und Tourismusvereinen. Grundlage für den geplanten Umbau sind ein Grundsatz- und Planungsbeschluss der Stadtverordnetenversammlung Schwedt/Oder und eine mit EU- EU-Mitteln finanzierte "Studie zum Projekt Europäischer Hugenottenpark". © 2007 PROJECT M GmbH, Lüneburg Datum Projekttitel 36
Beispiel einer Umsetzung des Themas „Hugenotten“ Der Europäische Hugenottenpark Schwedt II Im Mittelpunkt der künstlerischen Gestaltung steht die Auseinandersetzung mit der Geschichte der Hugenotten, Hugenotten wobei es nicht um eine Nachbildung der Historie geht, sondern um die schöpferische Umsetzung von Themen, die sich aus der Geschichte der Verfolgung, Flucht und schließlich der Ansiedlung der französischen Protestanten in den Zufluchtsländern ergeben. Im Juni 2001 fand dazu ein erstes internationales Bildhauersymposium statt mit Künstlern aus Polen, Frankreich, Schweden und Deutschland, die sich mit der Thematik auseinandergesetzt haben und deren Kunstwerke im Park zu sehen waren. Hauptbestandteil der künstlerischen Gestaltung ist der Bau und die Gestaltung eines "Steinernen Weges", der diagonal durch den Park verlaufen wird und den Weg der Hugenotten nach Brandenburg symbolisieren soll. Verschiedene Steinarten und Muster von Kleinpflastern werden sich aneinander fügen und so im Laufen erlebbar sein. Ein Zeit- und Ereignisstrahl wird dazu parallel die geschichtlichen Hintergründe verdeutlichen. Installation von Sitzskulpturen, die die Idee des Sesshaftwerdens verdeutlichen sollen. Installation von Leuchtskulpturen im Wasser, die symbolhaft für Hoffnung, Liebe und Wärme stehen. Für das Labyrinth im Garten der Fantasie sind auf vorbereiteten Sockelsteinen Skulpturen und Installationen zu besonderen Themen der Hugenotten sowie zu Migrationsthemen unserer Zeit vorgesehen. © 2007 PROJECT M GmbH, Lüneburg Datum Projekttitel 37
Beispiel einer Umsetzung des Themas „Hugenotten“ Der Europäische Hugenottenpark Schwedt III http://www.theater-schwedt.de/idx/page/150/#5 © 2007 PROJECT M GmbH, Lüneburg Datum Projekttitel 38
Beispiel einer Umsetzung des Themas „Hugenotten“ Der Hugenottenweg – Saar-Lor-Lux-Kulturwanderwege Wanderung durchs Lothringer Schichtstufenland Der Hugenottenwanderweg beginnt in Courcelles (Frankreich) und führt über die deutsch-französische Grenze nach Ludweiler (Deutschland) Die Wanderung führt durch kulturhistorisch und industriegeschichtlich bedeutsames Gelände heute ist der Hugenottenweg in beiden Richtungen Toleranz-, Friedens- und Freiheitssymbol Länge: ca. 50 Kilometer (12,0 Std.) Beschaffenheit: befestigte Wege, Kinderwagen möglich Rastmöglichkeiten: Schutzhütte, Gasthaus am Warndtweiher Markierung: Hugenottenkreuz auf weißem Grund Am Weg: Informationstafeln zum Hugenottenweg und zu Wanderwegen im Warndtwald vom Saarwaldverein © 2007 PROJECT M GmbH, Lüneburg Datum Projekttitel 39
Beispiel einer Umsetzung des Themas „Hugenotten“ Die Hugenotten in Nordhessen – Hugenotten- Hugenotten-Erlebnis- Erlebnis-Tour Ausrichter: Kassel Tourist GmbH: http://www.kassel- tourist.de/cms03/highlights/fuehrung/01462/index.php Wussten Sie,... ? dass die zweitgrößte Hugenotten-Siedlung im 18. Jahrhundert in Kassel war? Neugierig geworden? - Dann begleiten Sie uns auf dieser 2-Tages-Reise durch die Geschichte der Hugenotten. Auf den Spuren der Hugenotten besuchen Sie u.a. die Hugenotten-Siedlungen: Mariendorf, Carlsdorf, Schöneberg und Bad Karlshafen Bad Karlshafen © 2007 PROJECT M GmbH, Lüneburg Datum Projekttitel 40
Gliederung 1 Geschichte der Hugenotten 1.1 Geschichte 1.2 Flucht 1.3 Hugenottenmuseum- und –symbole 1.4 Hugenotten heute 2 Leben der Hugenotten 2.1 „Die Harlans“ - Beispiel einer hugenottischen Familie 2.2 Bekannte Hugenotten 2.3 Berufe 2.4 Bräuche und Sitten/Veranstaltungen 2.5 Garten- und Gemüseanbau 2.6 Essen und Trinken (Hugenotten und Waldenser) 2.7 Beeinflussung des Lebens der Deutschen durch die Hugenotten 2.8 Sonstiges 3 Sonstiges zum Thema „Hugenotten“ 4 Beispiele einer Umsetzung des Themas „Hugenotten“ 5 Die Waldenser 3.1 Geschichte und allgemeine Informationen 3.2 Waldenser in Deutschland 3.3 Bekannte Waldenser 3.4 Berufe 3.5 Bräuche und Sitten/Veranstaltungen 3.6 Essen und Trinken 3.7 Sonstiges 4 Sonstiges © 2007 PROJECT M GmbH, Lüneburg Datum Projekttitel 41
Waldenser - Allgemein Die Waldenser sind heute eine protestantische reformierte Kirche mit starker Verbreitung in Italien. Ursprünglich als Gemeinschaft religiöser Laien Ende des 12. Jahrhunderts (1176) durch den Lyoner Kaufmann Petrus Valdes (= Waldenser) in Südfrankreich gegründet und von der Inquisition verfolgt, bildeten die Waldenser während des Mittelalters eine der bedeutendsten Gruppen dissidenter Christen in der abendländischen Geschichte. Weltweit zählen die Waldenser heute etwa 48.000 Mitglieder, davon alleine 27.500 in Italien, wo sie in enger Beziehung zur Evangelisch-methodistischen Kirche stehen. Die Waldenser waren eine vorreformatorische kappelische Laienbewegung. Als die Petrus Valdes "Armen von Lyon" wandten sich die frühen Waldenser predigend und wohltätig den Armen der Gesellschaft zu. Sie verstanden sich zunächst als Glieder der katholischen Kirche, deren Mißstände sie allerdings kritisierten. 1184 werden die Waldenser - speziell wegen der Laienpredigt - auf der Synode von Verona von Papst Lucius III. exkommuniziert. 1252 belegt Papst Innozenz IV. die Waldenser mit der Kirchenstrafe der Infamie. Die Waldenser sind im 14. Jahrhundert in unterschiedlichen, teilweise zerstrittenen Wappen der Waldenser Gruppierungen weit über Europa verbreitet. Sie werden von der Inquisition bedrängt, 1487 erfolgt durch Papst Innozenz VIII. ein Kreuzzug gegen die Waldenser. Einige Gruppierungen schließen sich den Hussiten an - daraus geht die Böhmische Brüdergemeinde hervor (siehe auch Johann Amos Comenius), andere der Reformation von Calvin. Am 17. Februar 1848 wurde den italienischen Waldensern die bürgerliche und Glaubensfreiheit in einem Patent von Karl Albert I., dem König von Piemont- Sardinien, zugestanden. © 2007 PROJECT M GmbH, Lüneburg Datum Projekttitel 42
Waldenser - Allgemein In Hessen wurden die Waldenser sofort anerkannt Völlige Glaubensfreiheit in Piemont erhielten sie im Jahr 1848 durch das Emanzipationsedikt, worauf sich in Italien ein reges Gemeindeleben der Waldenser entwickelte im Vergleich zu den Hugenotten gehörten die Waldenser eher zu den Ärmeren in der Bevölkerung bis tief ins 19. Jhdt. eigene Sprache gesprochen (südfrz. Dialekt – das Piemont gehörte damals noch zu Frankreich) im Laufe des 19. Jhdt. wurden die Waldenser in die evangelischen Landeskirchen integriert und verloren nach und nach ihre religiösen und kulturellen Traditionen Heute zählt die italienische Waldenserkirche rd. 21.000 Mitglieder und ist eine wichtige Stimme innerhalb des europäischen Protestantismus und in der italienischen Gesellschaft © 2007 PROJECT M GmbH, Lüneburg Datum Projekttitel 43
Waldenser – in Deutschland Nach 1698 bildeten sich nach der Vertreibung von Waldensern und Hugenotten aus Piemont auch in Südhessen, in Nassau, in Baden-Durlach und Württemberg waldensische Gemeinden. Herzog Eberhard Ludwig von Württemberg erlaubte den vertriebenen Waldensern die Ansiedlung im Herzogtum Württemberg. Damit besiedelten die Vertriebenen eine abgelegene, menschenarme Gegend im Nordwesten des Herzogtums, Nahe des Ortes Ötisheim im jetzigen Ortsteil Schönenberg, in dem heute im ehemaligen Wohnhaus von Henri Arnaud ein Waldensermuseum beherbergt ist. Waldenserstein in Protektion durch die Niederländer begünstigte die Ansiedlung in D Welschneureut Die Waldenser pflanzten dort bei ihrer Ankunft unter anderem Kartoffeln an, die bis dahin nicht von den Einheimischen genutzt wurden. Somit hängt die Niederlassung der Waldenser in Süddeutschland unmittelbar mit der Verbreitung der Kartoffel zusammen. Das Recht der freien Religionsausübung wurde den reformierten Waldensern ausdrücklich zugesichert. Die Gottesdienste wurden bis ins frühe 19. Jahrhundert in französischem Dialekt gehalten. Zwischen Pforzheim und Stuttgart erinnern heute jedoch noch Ortsnamen wie Pinache, Perouse, Corres, Serres, Groß- und Kleinvillars an die alten Waldenseransiedlungen. Auch im Großraum Karlsruhe finden sich Waldenserkirche mehrere Waldensersiedlungen, wie Welschneureut oder Palmbach. Schon im Ortsbild in Corres mit seinen straßenseitigen Giebeln lässt sich die besondere Siedlungsstruktur der Waldenserdörfer noch heute in diesen Orten erkennen. Auch die französischen Familiennamen vieler Bewohner, wie Durand, Gille, Roux, Granget, Conle, Crocoll oder Clour erinnern noch an die Herkunft aus Savoyen. In Stuttgart existiert zudem eine von der Landeskirche unabhängige italienischsprachige Waldensergemeinde mit 20 Mitgliedern. Waldenser an der Gründung von Carlsdorf, Mariendorf, Schwabendorf, Frauenberg bei Marburg beteiligt Motto der Waldenser: Waldenser: Lux lucet in tenebris (lateinisch für: "Licht leuchtet in der Finsternis") © 2007 PROJECT M GmbH, Lüneburg Datum Projekttitel 44
Berufe der Waldenser hauptsächlich (Berg)bauern, Acker- und Viehwirtschaft im Winter oder nebenberuflich arbeiteten sie als Strumpfwerker Kohlanbau Flachsbearbeitung © 2007 PROJECT M GmbH, Lüneburg Datum Projekttitel 45
„bekannte“ Waldenser Petrus Valdus – Gründer der Waldenser (eher in Italien bekannt) Henry Arnot – deutscher Waldenser (1643-1721) Waldenserpfarrer geboren in Embrun in der Dauphine im Südosten Frankreichs Familie verließ Frankreich um des Glaubens willen und Henry-Arnot-Haus wurde in La Tour (Torre Pellice) im Pellicetal ansässig. Dort besuchte Henri Arnaud die Lateinschule. Zum Studium ging er in die Schweiz und nach Holland. Dann wurde er Pfarrer in den Waldensertälern. Bei der ersten Ausweisung 1685 und auch bei der zweiten Vertreibung 1698 setzte er sich unermüdlich für die Aufnahme der Waldenser in der Schweiz ein Nach der Ansiedlung in Württemberg 1699 wurde Henri Arnaud Pfarrer von Dürrmenz, der schwierigsten Waldenserkolonie, da mehrere Filialorte zu betreuen waren. In Schönenberg bei Mühlacker baute er sich ein Haus, das heute der 1936 gegründeten ,,Deutschen Waldenservereinigung" gehört und als Waldensermuseum eingerichtet wurde. Henry Arnot © 2007 PROJECT M GmbH, Lüneburg Datum Projekttitel 46
„bekannte“ Waldenser II Johann Immanuel Perrot (1835-1898) Gründete 1864 in Calw eine Mechanikerwerkstatt, die sich auf Turmuhren spezialisierte Dieser Betrieb besteht bis zum heutigen Tag Bekannt wurde die Fabrik, weil Hermann Hesse dort einige Monate in der Mechanikerlehre war (Juni 1894 – sept. 1895) Heute sind drei Minister in der Regierung Prodi Waldenser: Paolo Ferrero, Valdo Spini, Lucio Malan © 2007 PROJECT M GmbH, Lüneburg Datum Projekttitel 47
Gerichte der Waldenser Maultaschen Kochobst Primäre Nahrungsquelle in Italien: Kastanien(-Mehl) Cassoulet: weißer Bohneneintopf piemontesische Küche: bodenständig ("Arme-Leute-Zutaten") ausgefallen und ein bisschen französisch (Käse, Wurst, insbes. Mortadella, Trüffel, Nüsse, Grissini, Nudeln, Reis) okzitanische Küche (Südfrankreich, Piemont – Italien) Beispiele für Gerichte: supa mitunà (Suppe aus altem Brot und Zwiebeln) raviolas de Blins (gnocchi aus dem Varaita-Tal à la Bellino) macarons e trofolas (Makkeroni und Kartoffeln mit Pilzen) die crosettin (kleine gnocchi) die polenta de trifolas e fromentin (Kartoffelpolenta mit Buchweizen) In Knittlingen kann man im Gasthaus Kanne-Post (http://www.palmbach.org/walden12.htm) waldensische Gerichte essen © 2007 PROJECT M GmbH, Lüneburg Datum Projekttitel 48
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