Quick-Alert - Patientensicherheit Schweiz
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Quick-Alert® | Nr. 47 (V1) | 17.01.2019 ® CIRRNET Quick- Alert ® Nr. 47 (V1) «VERANTWORTUNG FÜR DIE KORREKTE HANDHABUNG VON ZENTRALVENÖSEN KATHETERN (ZVK)» Der Stiftung Patientensicherheit Schweiz gemeldete Berichte: Fall 1 von uns Kenntnis im Bezug auf die Hand- zuständigen Pflegefachfrau nach, ob dies habung. Wurde als ganz normaler ZVK ge- so in Ordnung sei und diese schickte sie «Ich hatte am Morgen den 10.10.18 einen handhabt. Es wurden BE über das System wieder zurück um die Infusionen ohne Patienten auf die Abteilung verlegt mit gemacht und Infusionen infundiert. Auf Perfusoren wieder anzuhängen an den einem 3 Lumen ZVK welcher am Vortag Verordnung des AA/OA sollte dann der ZVK. Dies machte sie und zum Glück eingelegt wurde. Dieser Pat. hat eine Volumenkatheter MAC Katheter durch die waren noch alle Lumen durchgängig!» Polytox-Vergangenheit und daher sehr Pflege gezogen werden. Ich habe dies schlechte Venenverhältnisse. Der Pat. ver- dann abgeklärt und von der interdisziplinä- schlechterte sich auf der Abteilung mit den ren Intensivstation erfahren, das diese Art Fall 4 O2-Werten so dass er wieder zu uns kom- von Katheter von einem Arzt mit Erfahrung men musste. Als ich den ZVK ansah, war gezogen werden muss, wegen der hohen «Patientin mit 3-Lumigen zentralen das Mediale Lumen komplett verklebt und Blutungsgefahr. Auf MEHREREN telefoni- Venenkatheter hat am Freitagabend auf zugeknotet. Der CA hat dies auch gleich schen Anfragen AA/ OA/ DA Chirurgie/ Verordnung der Ärztin PALL-Filter am Infu- bemerkt. Wir haben die Pflege von der Anästhesie hat sich niemand zuständig sionsbesteck erhalten. Ärztin «montierte» Abteilung darauf angesprochen, welche gefühlt und niemand sich bereit erklärt den ersten Filter selber und bat dann, dass meinte, wir sollen uns an den AA wenden, den Katheter zu ziehen. Schlussendlich hat die Pflege die restlichen zwei Filter anb- sie habe lediglich die Verordnung ausge- die Anästhesie den Katheter gezogen.» ringt. Die zuständige Pflegende kannte führt. Die Stationsleitung hat die Hygiene- diese Filter nicht und holte eine andere fachfrau informiert welche gleich vorbei Pflegende, welche die Filter dann an- kam. Die Hygiene hat die CIRS-Gruppe Fall 3 brachte. Nach anbringen der Filter hat involviert und der CA hat den AA auf der die Pflegende bei der Ärztin nachgefragt, Abteilung informiert. Der Pat. erhielt am «Bei einer Pat., welche einen dreilumigen wozu die Filter benötigt werden, was nächsten Tag einen 1 Lumen ZVK. Zuvor ZVK hatte, wurde ein MRI geplant. Alle beachtet werden muss und wie oft die wurde er ca. 8x gestochen um einen PVK Lumen des ZVK wurden mittels Perfusoren Filter gewechselt werden müssen. (…)» zu legen.» offen gehalten gemäss Pflegerichtlinie. Die Pat. wurde zum MRI aufgeboten und von der FaGe-Lernenden im 3.Lehrjahr Fall 2 begleitet. Der Mitarbeiter vom MRI sagte er müsse den ZVK für die Untersuchung «Pat. wurde mit einem Volumenkatheter abstöpseln und tat dies auch. Die FaGe- MAC Katheter (als ZVK Funktion) von der Lernende wurde mit dem Infusionsständer interdisziplinären Intensivstation zu uns auf und den drei Perfusoren zurück auf die Ab- die Abteilung verlegt. Leider hatte niemand teilung geschickt. Dort fragte sie bei der Seite 1
® Quick-Alert® | Nr. 47 (V1) | 17.01.2019 CIRRNET EXPERTENKOMMENTAR Zentralvenöse Katheter (ZVK) gelten als unverzichtbar in der Eine fachlich korrekte Handhabung des ZVK erfordert von den modernen Versorgung von Patienten in Akutspitälern. Mit dem Mitgliedern des multiprofessionellen Behandlungsteams ein Einsatz von ein- oder mehrlumigen ZVK ergeben sich für das hohes Mass an theoretischer und praktischer Fachkompetenz. Behandlungsteam und die Patienten diagnostische und thera- Das theoretische Wissen über und der praktische Umgang mit peutische Möglichkeiten, die ein periphervenöser Zugang ZVK wird in den Ausbildungen zu den verschiedenen Gesund- nicht bietet (1). Die Indikation für die Anlage eines ZVK mit heitsberufen in unterschiedlichem Ausmass vermittelt. Folglich Berücksichtigung der Einlagehäufigkeit, dessen Nutzen sowie kann es zu unsicheren und fehlerhaften Handlungen an ZVK die Anzahl der Lumen muss gut gegenüber potentiellen kommen. Erst durch Weiterbildung und regelmässige Betreuung Komplikationen und Risiken abgewogen werden. Neben einer von Patienten mit ZVK erlangen Fachpersonen die erforderliche Paravasation oder einer katheterassoziierten Infektion kann Sicherheit und Routine. Daher ist es nötig, betriebsinterne Schu- es zu mechanischen und/oder thrombotischen Komplikationen lungen anzubieten (6). kommen (1-5). Dies erfordert eine Prüfung der Indikation vor der Einlage sowie täglich während der Anwendung eines ZVK. Um den korrekten Umgang mit ZVK sicherzustellen und zu un- terstützen, bedarf es zwingend spitalinterner evidenzbasierter Die eingangs aufgeführten CIRRNET-Berichte zeigen, dass es Richtlinien sowie einer gezielten Implementierung dieser fachli- bei der Betreuung von Patienten mit ZVK auf Bettenstationen chen Inhalte. Diese Richtlinien beinhalten konkrete Handlungs- und/oder in diagnostischen und therapeutischen Funktions- anweisungen zum Umgang mit einem ZVK sowie Regelungen bereichen (z.B. Radiologie, Endoskopie, Dialyse etc.) zu Proble- der Informationsprozesse und der Verantwortlichkeiten im mul- men kommen kann, welche die Patientensicherheit gefährden. tiprofessionellen Behandlungsteam. Neben fehlendem Wissen und Können im Umgang mit dem ZVK sind nicht klar definierte Zuständigkeiten und unzurei- Gesundheitsinstitutionen sind aufgefordert, sowohl aktuelle und chende Absprachen zwischen behandelnden Berufsgruppen gültige Richtlinien zum Umgang mit ZVK als auch ausreichend mögliche Problemursachen. qualifiziertes, im fachgerechten Umgang mit ZVK geschultes Fachpersonal zur Verfügung zu stellen (7). Seite 2
® Quick-Alert® | Nr. 47 (V1) | 17.01.2019 CIRRNET EMPFEHLUNGEN • Grundsätzlich führt nur entsprechend ausgebildetes und • Die Übergabe bei der Verlegung eines Patienten wird erfahrenes diplomiertes Fachpersonal Handlungen an optimalerweise beim Patienten durchgeführt und enthält zentralvenösen Kathetern (ZVK) aus! die relevanten Informationen bezüglich ZVK. Zu diesem Zweck muss eine lückenlose Dokumentation sichergestellt • Gesundheitsinstitutionen benennen qualifizierte Fach- sein (z.B. Indikation, Einlagedatum, Anzahl Lumen, personen als Ansprechpersonen für Mitarbeitende auf Bestückung der Lumen, Versorgung der Einstichstelle etc.). den Abteilungen bzw. in diagnostischen und therapeutischen Funktionsbereichen (sogenannte Fach-Teams). • Neue Mitarbeitende werden bei Stellenantritt im Umgang mit ZVK anhand der spitalinternen Richtlinien theoretisch • Mitarbeitende müssen alle verwendeten ZVK, auch peripher geschult und praktisch eingeführt. Danach Supervision/ eingeführte zentralvenöse Katheter (PICC), an welchen sie Intervision durch geschulte und erfahrene Mitarbeitende Handlungen vornehmen, kennen. der eigenen Abteilung. • Gesundheitsinstitutionen stellen aktuelle, prozessorientierte • Nachweis von regelmässig stattfindenden Fortbildungen und evidenzbasierte Richtlinien zum Umgang mit ZVK zur für alle Mitarbeitenden, die Handlungen an ZVK vornehmen Verfügung. Diese sollen niederschwellig, optimalerweise (z.B. in Form von interprofessionellen Simulationstrainings elektronisch verfügbar sein. oder Fallbesprechungen). • Bei intravenösen Therapien muss klar kommuniziert werden, • Speak-up: Gegenseitiges, berufs- und hierarchieüber- welches Lumen des ZVK für die Therapie verwendet greifendes Ansprechen, wenn die Sicherheit von Patienten werden darf (z.B. Markierung des Lumens, Dokumentation gefährdet ist. Zudem müssen sich Fachpersonen auch in Patientenakte). getrauen, eigene Unsicherheiten im Umgang mit ZVK anzusprechen. • Kein Einsatz invasiver Instrumente (Katheter, Sonden, Drains), wenn kein Nutzen für den Patienten zu erwarten ist, und tägliche Bewertung ihrer Notwendigkeit (insbesondere vor der Verlegung eines Patienten) mit dem Ziel einer möglichst baldigen Entfernung. • Die Verlegung eines Patienten mit ZVK setzt voraus, dass die weitere fachlich qualifizierte Versorgung gewährleistet ist. Seite 3
® Quick-Alert® | Nr. 47 (V1) | 17.01.2019 CIRRNET Weiterführende Literatur Autoren und an der Entwicklung beteiligte Fachpersonen 1. Bell T, O'Grady NP. Prevention of central line-associated bloodstream infections. Infectious Disease Clinics of North • Kerker-Specker Carmen, MScN, Stiftung Patientensicherheit America 2017;31(3):551-9. Schweiz 2. Templeton A, Schlegel M, Fleisch F, Rettenmund G, Schöbi B, • Frank Olga, Dr., Stiftung Patientensicherheit Schweiz Henz S, et al. Multilumen central venous catheters increase • Bernhart-Just Alexandra, ehemalige Leiterin Klinische risk for catheter-related bloodstream infection: prospective Pflegewissenschaft & Pflegeentwicklung, Bethesda Spital AG; surveillance study. Infection 2008;36(4):322-7. ehemalige Vizepräsidentin Schweizerischer Verein für 3. Zürcher M, Tramèr MR, Walder B. Colonization and blood- Pflegewissenschaft VFP und Präsidentin Akademische stream infection with single- versus multi-lumen central Fachgesellschaft Akutpflege († 2018) venous catheters: a quantitative systematic review. • Bosshart - Baumann Katharina, Klinische Pflegewissen- Anesthesia & Analgesia 2004;99(1):177-82. schaftlerin MScN, Zentrum Klinische Pflegewissenschaft 4. Blot K, Bergs J, Vogelaers D, Blot S, Vandijck D. Prevention (Z-KPW), UniversitätsSpital Zürich of central line-associated bloodstream infections through • Desmedt Mario, Vizepräsident Swiss Nurse Leaders; quality improvement interventions: a systematic review Directeur des soins, Hôpital ophtalmique Jules-Gonin (HOJG) and meta-analysis. Clinical Infectious Diseases 2014 Jul Fondation Asile des aveugles (FAA), Lausanne 1;59(1):96-105. • Dobrowolska Karolina, Leiterin Radiologie Services, 5. Lippuner T, Walder B. Der zentralvenöse Katheter - Nutzen Hirslanden AG versus Risiko. INFO Stiftung für Patientensicherheit in der • Fliedner Monica, wissenschaftliche Mitarbeiterin Direktion Anästhesie 1/05. 2005. Pflege/MTT, InselGruppe Bern 6. Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionspräven- • Friedli-Wüthrich Heidi, Leiterin Pflegeentwicklung, tion (KRINKO) beim Robert Koch-Institut. Prävention von Spital Emmental; Mitglied der Qualitätskommission der Infektionen, die von Gefässkathetern ausgehen. Teil 1 – Schweizerischen Gesellschaft für Intensivmedizin (SGI) Nichtgetunnelte zentralvenöse Katheter. Bundesgesundheits- • Fröhlich Martin Robert, Dipl. PGW, Dipl. Experte Intensiv- blatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz pflege NDS HF, Fachführender Pflegeexperte, Institut für 2017;60(2):171-206. Intensivmedizin am UniversitätsSpital Zürich; Mitglied der 7. O'Grady NP, Alexander M, Burns LA, Dellinger EP, Garland J, Schweizerischen Gesellschaft für Intensivmedizin (SGI) Heard SO, et al. Guidelines for the prevention of intravascular • Herion Christian, PhD, MME Unibe Dipl. Experte Anästhesie- catheter-related infections. American Journal of Infection pflege NDS HF, Kantonsspital Aarau; Schweizerische Control 2011;39(4, Supplement 1):S1-34. Interessengemeinschaft für Anästhesiepflege (SIGA/FSIA) 8. Gehring K, Grande B, Kolbe M, Schwappach D. speak up - • Massebiaux Cécile, Infirmière spécialiste clinique en soins Wenn Schweigen gefährlich ist. Schriftenreihe Nr. 8. Gehring aigus, Hôpitaux universitaires de Genève (HUG) K, Schwappach D, Herausgeber. Zürich, Schweiz: Stiftung • Meier Marie-Theres, Fachexpertin Infektionsprävention, für Patientensicherheit Schweiz; 2016. 1-54 S. UniversitätsSpital Zürich; Präsidentin der fibs (Interessen- gruppe der Fachexperten/-innen für Infektionsprävention und Berater/-innen für Spitalhygiene des Schweizerischen Berufsverbandes für Pflegefachfrauen und Pflegefach- männer SBK) • Moeller Peter, Infermiere esperto clinico, Ospedale Beate Vergine di Mendrisio, Ente Ospedaliero Cantonale (EOC) • Schild Barbara, Caposervizio Anestesiologia, Ente Ospedaliero Cantonale (EOC); Co-Präsidentin Schweizerische Gesellschaft für Notfall- und Rettungsmedizin SGNOR • Schumacher Philippe, Chefarzt Anästhesiologie, Bürgerspital Solothurn; Präsident Stiftung Patientensicherheit in der Anästhesie der Schweizerischen Gesellschaft für Anästhesiologie und Reanimation SGAR/SSAR • Vonmoos Roland, Leiter Pflege Anästhesie, Kantonsspital Aarau; Kommission SIGA/FSIA Management der Schweizerischen Interessengemeinschaft für Anästhesiepflege Seite 4
® Quick-Alert® | Nr. 47 (V1) | 17.01.2019 CIRRNET Verabschiedet durch folgende Hinweis Fachgesellschaften/Gremien Diese Problematik hat eine überregionale Relevanz. Bitte prüfen • Interessengruppe der Fachexperten/-Innen für Infektions- Sie die Bedeutung für Ihren Betrieb und sorgen ggf. in Absprache prävention und Berater/-Innen für Spitalhygiene (fibs) des mit Ihren zuständigen Stellen dafür, dass sie zielgerecht und Schweizerischen Berufsverbandes für Pflegefachfrauen nötigenfalls breit kommuniziert wird. und Pflegefachmänner (SBK) • Onkologiepflege Schweiz Die vorliegenden Empfehlungen bezwecken die Sensibilisierung • Schweizer Berufsverband der Pflegefachfrauen und und Unterstützung von Gesundheitsinstitutionen und in der Ge- Pflegefachmänner (SBK) sundheitsversorgung tätigen Fachpersonen bei der Erstellung • Schweizerische Gesellschaft für Intensivmedizin (SGI) ihrer betriebsinternen Richtlinien. Es ist Sache der Leistungser- • Schweizerische Interessengemeinschaft für Anästhesie- bringer, die Empfehlungen im lokalen Kontext zu prüfen und zu pflege (SIGA/FSIA) entscheiden ob sie verbindlich aufgenommen, verändert oder • Schweizerische Vereinigung der Fachleute für medizinisch- verworfen werden. Die spezifische Ausgestaltung und Anwen- technische Radiologie (SVMTRA) dung entsprechend den jeweils geltenden Sorgfaltspflichten • Schweizerischer Verein für Pflegewissenschaft (VFP) (basierend auf lokalen fachlichen, betrieblichen, rechtlichen, • Stiftung für Patientensicherheit in der Anästhesie der individuellen und situativen Gegebenheiten) liegen in der aus- Schweizerischen Gesellschaft für Anästhesiologie und schliesslichen Eigenverantwortung der hierfür fachlich geeigne- Reanimation (SGAR/SSAR) ten Leistungserbringer. • Swiss Nurse Leaders Stiftung für Patientensicherheit Tel. +41 43 244 14 80 Asylstrasse 77 info@patientensicherheit.ch CH-8032 Zürich www.patientensicherheit.ch Seite 5
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