#BFARMDIGITALFUTURE GEMEINSAM GESUNDHEIT GESTALTEN: DAS BFARM ALS PARTNER IN DEUTSCHLAND UND EUROPA.
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#bfarmDigitalFuture Gemeinsam Gesundheit gestalten: Das BfArM als Partner in Deutschland und Europa.
#bfarmDigitalFuture Gemeinsam Gesundheit gestalten: Das BfArM als Partner in Deutschland und Europa.
Impressum Herausgeber Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte Kurt-Georg-Kiesinger-Allee 3 D-53175 Bonn Prof. Dr. Karl Broich, Präsident (V.i.S.d.P.) Bezugsquelle / Ansprechpartner Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Kurt-Georg-Kiesinger-Allee 3 D-53175 Bonn presse@bfarm.de www.bfarm.de Tel.: +49 (0)228 99 307-3256 Fax: +49 (0)228 99 307-3195 Stand März 2021 Konzeption / Redaktion Dr. Sabine Cibura Presse- und Öffentlichkeitsarbeit BfArM Design / Layout MedienMélange: Kommunikation!, Hamburg Fotografie Jens Gyarmaty, Berlin Seit dem Jahr 1994 _ 2 _ arbeitet das BfArM daran, die Wirksamkeit und Sicherheit von Arzneimitteln nicht nur in Deutschland, sondern auch in ganz Europa zu
Inhalt Vorwort 4 Digitalisierung gemeinsam gestalten 6 Neue Wege und der Blick in die Zukunft 10 Innovationen unterstützen 14 Das Muster im Chaos erkennen 18 Damit alle wissen, wovon die Rede ist 22 Chance für die Arzneimittelregulierung 26 Klassische Aufgaben mit neuen Themen verbinden 30 u gewährleisten. Das Umfeld, in dem wir dabei tätig sind, wird von hochdynamischen Prozessen geprägt. Wissenschaftliche und techno- _ 3 _ logische Innovationen,
Vo r w o r t Liebe Leserin, lieber Leser, „Nur wenn wir die Chancen der Digitalisierung nutzen, können wir die Patientenversorgung besser machen!“: Schon 2019 hat Bundesgesundheitsminister Jens Spahn mit diesem Satz sehr deutlich skizziert, wohin die Entwicklung des Gesundheitswesens führen muss. Nicht zuletzt durch die Corona-Pandemie hat die Digitalisierung in diesem Bereich zunehmend an Bedeutung gewonnen. Und hier wurde noch einmal deutlich, wie sehr es in Europa darauf ankommt, gemeinsam zu handeln und dazu auch auf gemeinsame Daten und Netzwerke zugreifen zu können. Ein schnelles Zusammenführen von Daten wie aktuell zu Covid-19-Forschungszwecken, unter Beachtung von seman tischer und technischer Interoperabilität, ist hier nur ein Beispiel von vielen, aber auch eines, das zeigt, wie wir mit der Integration dieser Themen nun als „neues BfArM“ stärker sind. Digitale Gesundheitsanwendungen eröffnen vielfältige Möglichkeiten, um beim Erkennen und Behandeln von Krankheiten sowie auf dem Weg zu einer selbstbestimmten gesundheitsförderlichen Lebensführung zu unterstützen. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hat an dieser Strategie der Bundesregierung und des Gesundheits- ministeriums von Anfang an aktiv mitgearbeitet. Mit dem Thema „Digitalisierung“ verbinden wir ganz konkrete Vorstellungen und Visionen, die sich durch all unsere Arbeitsbereiche ziehen. ponentiell zunehmende _ 4 _ Datenmengen („Big Data“, „Real World Data“), Künstliche Intelligenz, neuartige Designs klinischer Studien: Das Gesundheitswesen erlebt
Für die Versorgung aller Patientinnen und Patienten einzutreten, neue Therapieoptionen voranzubringen und die Potenziale der Digitalisierung gemeinsam zu nutzen: diese Kernpunkte bestimmen unser Handeln. Seit dem Jahr 1994 arbeitet das BfArM daran, die Wirksamkeit und Sicherheit von Arzneimitteln nicht nur in Deutschland, sondern auch in ganz Europa zu gewähr leisten. Schon immer war das Umfeld, in dem wir dabei tätig sind, von hochdynamischen Prozessen geprägt. Dabei ist jedoch der Auftrag an uns immer gleich geblieben: Oberstes Ziel all unserer Maßnahmen ist die Erhöhung der Patientensicherheit. Wir nutzen daher die Chancen der Digitalisierung, um unsere Kernaufgaben auch in Zukunft bestmöglich zu erfüllen: die Zulassung und die Verbesserung der Sicherheit von Arzneimitteln, die Risikoerfassung und -bewertung von Medizinprodukten und die Überwachung des Betäubungsmittel- und Grundstoffverkehrs sowie den Umgang mit großen Datenmengen im Hinblick auf Interoperabilität und bessere Versorgung. Mit diesem Bericht möchten wir Ihnen einige dieser Bereiche vorstellen und auf- zeigen, wie das Bundesinstitut diese Entwicklungen der Zukunft heute schon mitgestaltet und auch in Zukunft gemeinsam mit seinen Kooperationspartnern voranbringen will. Prof. Dr. Karl Broich, Präsident des BfArM t einen immer schnelleren Wandel mit entsprechenden Herausforderungen. Lediglich der Auftrag an das BfArM ist dabei jederzeit gleich- _ 5 _ geblieben: Oberstes Ziel
2_ Digital Future Digitalisierung gemeinsam gestalten Die Digitalisierung ist dabei, die Gesundheitsversor- einhergehenden Chancen werden wir nutzen“, erklärt gung von Grund auf zu verändern. Vor allem die rasant dazu Prof. Broich. „Innovationen sollen ohne unnö steigende Menge an Gesundheitsdaten bietet enorme tige Verzögerung bei den Patientinnen und Patienten Chancen: „Wie wir versorgungsnahe Daten aus vielen ankommen.“ unterschiedlichen Quellen aufbereiten und mit den Kenntnissen aus klinischen Studien verbinden, wird Das BfArM agiert dabei als Partner mit einer weltweit unsere Arbeit in Zukunft maßgeblich bestimmen“, führenden Digital-Kompetenz unter den für die Zulas- sagt Prof. Karl Broich, Präsident des Bundesinstituts sung und Überwachung von Arzneimitteln und Medi- für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). zinprodukten zuständigen Institutionen. Dabei spielt die Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Akteuren Als größte europäische Zulassungsbehörde ist das in einem entsprechenden Netzwerk eine entscheiden- BfArM seit jeher in einem Umfeld tätig, das in be- de Rolle. Das Bundesinstitut ist beispielsweise Partner sonderem Maße von hochdynamischen Prozessen des „Health Innovation Hub“, einem vom Bundes geprägt wird: Wissenschaftliche und technologische ministerium für Gesundheit entwickelten Think-Tank Innovationen, exponentiell zunehmende Datenmen- zur Digitalisierung im Gesundheitswesen, gemeinsam gen, Künstliche Intelligenz oder neuartige Designs wurden die Prinzipien und Anforderungen an digitale klinischer Studien sind nur einige der Themen, auf Gesundheitsanwendungen (DiGA) entwickelt. Auch die es dabei zeitnah und effizient reagiert. mit dem Universitätsklinikum Bonn bestehen entspre- chende Verbindungen, hier werden Möglichkeiten der Das BfArM arbeitet intensiv daran, diese Entwicklun- Anwendung neuer Technologien in der medizinischen gen zu nutzen, um seine Kernaufgaben und damit Versorgung evaluiert. Nicht zuletzt ist das BfArM die Versorgung der Patientinnen und Patienten best- im Innovationsprojekt „Giga for Health“ aktiv, wo eine möglich umzusetzen. Die Digitalisierung bietet dabei App zur Meldung von Medizinprodukterisiken ent neue Möglichkeiten zur Entwicklung von Therapien wickelt wird. für eine effiziente Gesundheitsversorgung. Die damit all unserer Maßnahmen _ 6 _ ist die Erhöhung der Patientensicherheit. Das BfArM hat sich dabei nicht nur auf nationaler, sondern auch auf internationaler Ebene zu
„Wir haben jetzt die Chance, die Digitalisierung im Gesundheitswesen in unserem Sinne zu gestalten.“ u einer der führenden Zulassungsbehörden entwickelt. Unser Aufgabenspektrum ist breit gefächert, unsere Expertise und Kompetenz _ 7 _ findet weltweit hohe Aner
„Wir sind Partner der Entwickler und arbeiten gemeinsam mit ihnen daran, die Versorgung der Patientinnen und Patienten Im Mittelpunkt steht dabei immer die intelligente mit den neuen Technologien Nutzung der stetig wachsenden Menge von Gesund- heitsdaten. „Big Data“ ist dabei auch eng mit dem zu ermöglichen.“ Begriff der „Real-World-Daten“ verbunden. Das sind Daten, die statt aus klinischen Studien aus der „realen“, versorgungsnahen Welt stammen, also Dort haben sich die Kommission und der deutsche beispielsweise aus Arztpraxen oder von Krankenkas- EU-Ratsvorsitz, vertreten durch den Bundesgesund- sen. Eine immer größere Rolle spielen auch solche heitsminister Jens Spahn, über die Schaffung eines Daten, die von den Patientinnen und Patienten selbst sicheren europäischen Gesundheitsdatenraums erhoben werden: durch die Nutzung von medizini- ausgetauscht. schen Apps beispielsweise, mit denen Gesundheits daten erfasst und ausgewertet werden. Das BfArM steht in engem Austausch mit den maß- geblichen Akteuren und treibt diese Entwicklung auf Eine große Herausforderung dabei: All diese Daten europäischer Ebene aktiv voran. Das gilt beispielswei- liegen zunächst unstrukturiert vor. Daher müssen se für die „Task Force on Big Data“ 26, die von dem sie aufbereitet werden, damit sie von verschiedenen Zusammenschluss der nationalen Zulassungsbehör Empfängern und in verschiedenen Systemen auf die den und der Europäischen Arzneimittel-Agentur gleiche Weise bearbeitet und interpretiert werden eingerichtet wurde. „Wir wollen hier Vorreiter für können. Nur so wird ein reibungsloser Datenaustausch Europa sein und bei der Entwicklung von Konzepten möglich. „Interoperabilität“ 22 heißt hier das Stich- mitwirken, die – unter Beachtung des Datenschutzes wort, und diese Interoperabilität macht die effektive und der Informationssicherheit – künftig die systema- Nutzung der Daten überhaupt erst möglich. Im BfArM tische Zusammenführung und effiziente Nutzung die- nimmt diese Aufbereitung der Daten daher einen be- ser Daten ermöglichen“, betont der BfArM-Präsident. sonderen Stellenwert ein. So wird hier unter anderem in einer eigenen Stabsstelle „Klassifikationssysteme“ Mit dem Thema „Digitalisierung“ verbindet das BfArM und in einem Semantikzentrum an der Entwicklung ganz konkrete Vorstellungen und Visionen, die sich entsprechender Systeme gearbeitet. „Wir fokussieren durch nahezu alle Arbeitsbereiche des Bundesinsti- uns dabei nicht nur auf die nationale Ebene“, so Prof. tuts ziehen. Beispiel „Künstliche Intelligenz“ (KI) 18, Broich. „Gemeinsam mit unseren Kolleginnen und die eine Schlüsseltechnologie dieser Entwicklung Kollegen aus der EU arbeiten wir daran, dass Gesund- darstellt: Sie ist im BfArM bereits seit vielen Jahren heitsdaten länderübergreifend genutzt werden erfolgreich im Einsatz. Ein KI-Rechner bietet hier können, beispielsweise für die Forschung.“ unterschiedlichen Bereichen die Möglichkeit, große Datenmengen zu analysieren. Die patientenorientierte Nutzung von Gesundheits- daten für Europa in Verbindung mit einer EU-weiten KI und „Big Data“ kommen aber nicht nur mit Blick Kooperation war im November 2020 Thema der auf Arzneimittel zum Einsatz, sondern sollen auch bei Konferenz „Digital Health 2020 – EU on the Move“. der Überwachung von Medizinprodukten 14 helfen. nerkennung. Um dieses _ 8 _ Niveau aufrecht zu erhalten und den damit verbundenen Erwartungen gerecht zu werden, setzen wir uns mit den aktuellen Entwicklungen u
So können Schlagworte, die von Nutzerinnen und Die Nutzung von Daten, die Anwenderinnen und Nutzern in Freitexten verwendet werden, Hinweise Anwender selbst über die Apps erheben, ist dabei ein auf Vorkommnisse bei Medizinprodukten geben. besonders wichtiger Punkt. In den USA haben neben Diese Schlagworte gilt es zu identifizieren und zu der amerikanischen Arzneimittelbehörde Food and analysieren – eine typische Aufgabe für den Bereich Drug Administration (FDA) auch Konzerne erkannt, KI: schnell die wichtigen Details im Gesamtbild zu welchen Wert solche Gesundheitsdaten haben. „In sehen. Nicht zuletzt sollen die Anwenderinnen und Deutschland haben wir jetzt die Chance, die Digita- Anwender in Zukunft Probleme mit einem Medizin- lisierung im Gesundheitswesen in unserem Sinne zu produkt einfacher digital erfassen und melden kön- gestalten und eine eigene, unabhängige Lösung voran- nen. Auch auf diese Weise werden Daten generiert, zutreiben“, betont der BfArM-Präsident. Das Ziel der die im BfArM entsprechend ausgewertet werden. Bundesoberbehörde ist damit eindeutig definiert: „Wir werden uns sowohl in Deutschland als auch in Europa „Bei der Erkennung und Behandlung von Krankheiten weiterhin an die Spitze dieser Entwicklung stellen.“ bieten die Medical Apps Patienten und Ärzten ganz Das BfArM werde dabei stets seine Kernaufgaben neue Möglichkeiten“, erklärt Prof. Broich. „Wir sehen im Blick behalten und alles tun, damit Patientinnen auch hier das große Potenzial und haben die Digita und Patienten einen schnellen Zugang zu wirksamen lisierungsstrategie der Bundesregierung von Anfang und sicheren Innovationen erhalten. an begleitet.“ Auch von der Entwicklung der Gesundheitsversor- Seit dem Inkrafttreten des Digitale-Versorgung- gung hat Prof. Karl Broich ein klares Bild: „Ich kann Gesetzes (DVG) am 19. Dezember 2019 können solche mir sehr gut vorstellen, dass wir in Zukunft viel mehr DiGA von Ärzten und Psychotherapeuten verordnet maßgeschneiderte Therapien für Patienten entwickeln und durch die Krankenkasse erstattet werden. Das werden – und das in einem Ökosystem aus digitalen BfArM ist dabei für die Bewertungsverfahren der An- und klassischen Arzneimittel- und Medizinprodukten, wendungen zuständig, ebenso für das Verzeichnis der in dem die Patienten im Mittelpunkt stehen.“ digitalen Anwendungen, die nach erfolgreicher Prü- fung als erstattungsfähige Gesundheitsanwendungen ______________________________________________________ gelistet werden. „Wir sind dabei Partner der Entwickler Prof. Dr. Karl Broich 10 und arbeiten gemeinsam mit ihnen daran, die Studium der Humanmedizin, Facharzt für Nerven Versorgung der Patientinnen und Patienten mit den heilkunde und Psychotherapie, Dozent und Supervisor neuen Technologien zu ermöglichen“, so Prof. Broich. für Verhaltenstherapie. Seit 2000 im BfArM tätig, zunächst als Fachgebietsleiter Neurologie/Psychiatrie, Als regulatorische Behörde hat das BfArM neben die- dann als Leiter der Abteilung 4 „Zulassung“. Seit 2013 sen Chancen jederzeit die möglichen Risiken im Blick. Honorarprofessor an der Medizinischen Fakultät So adressiert das Institut auch Fragen zu Datenschutz, der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Informationssicherheit und Datennutzung. Von 2009 bis 2014 Vizepräsident und seit 2014 Präsident des BfArM. und Herausforderungen auseinander, die dieses Umfeld mit sich bringt, und nutzen sie bestmöglich für unsere Kernaufgaben: die Zulassung _ 9 _ und die Verbesserung d
3_ Innovation Neue Wege und der Blick in die Zukunft Die Entwicklung von Arzneimitteln und Medizinpro- nicht an fehlender regulatorischer Erfahrung scheitern. dukten ist in besonderem Maße von immer dynami- Start-ups oder kleinere Forschungseinrichtungen verfü- scheren Prozessen und hohem Innovationspotenzial gen eher selten über notwendige Erfahrungen mit den geprägt. Unter anderem bieten digitale Produkte regulatorischen Prozessen. Sie haben dementsprechend völlig neue Möglichkeiten, die es optimal zu erschlie- auch selten umfassende Kenntnisse darüber, welche ßen gilt. Das Innovationsbüro leistet Entwicklern Voraussetzungen sie bei der Zulassung und beim Inver- dabei regulatorische Hilfestellung – und blickt gleich- kehrbringen ihrer Produkte beachten müssen. zeitig in die Zukunft der Gesundheitsversorgung. Um genau diese Anspruchsgruppe optimal abzuholen, Der wissenschaftlich-technische Fortschritt in der wurde am BfArM bereits 2017 das Innovationsbüro Gesundheitsversorgung hat sich in den vergangenen eingerichtet. Die wissenschaftliche und verfahrens- Jahren enorm weiterentwickelt. Produkte wie Gesund- technische Beratung des BfArM wurde damit um ein heits-Apps setzen neue Akzente, der Gesundheitsmarkt orientierendes Informations- und Beratungsangebot wird zunehmend digital vernetzt. Vor allem die Digi- erweitert. Das Innovationsbüro hat sich seitdem als talisierung lässt die Entwicklungszyklen immer kürzer unkomplizierte erste Anlaufstelle für Start-ups, werden. Damit treten auch neue Akteure an das Forscher und Entwickler, die Hilfestellung mit Blick BfArM heran: Start-ups, Forschungseinrichtungen auf die formalen Anforderungen des Gesundheitsmarkts oder Entwickler von digitalen Anwendungen etwa, benötigen, etabliert. „Wir sind für die Entwickler so die ihre Produkte auf den Markt bringen wollen. etwas wie Lotsen, die mit ihnen gemeinsam den Weg bis zur Zulassung oder bis zum Einsatz in der Gesund- Das BfArM hat das Potenzial dieser Entwicklung im heitsversorgung gehen“, erklärt die Leiterin des Inno Blick. Eines der obersten Ziele des Bundesinstituts ist es, vationsbüros, Dr. Wiebke Löbker. „Das Besondere dass vielversprechende neue Arzneimittel und Medizin- ist, dass auch wir dabei am Anfang manchmal noch produkte möglichst schnell den Patientinnen und Pati- keine genaue Vorstellung davon haben, wohin die Reise enten zur Verfügung stehen. Innovationen dürfen dabei am Ende führen wird.“ ng der Sicherheit von _ 10 _ Arzneimitteln, die Risikoerfassung und -bewertung von Medizinprodukten und die Überwachung des Betäubungsmittel- und Grunds
„Wir sind für die Entwickler so etwas wie Lotsen, die mit ihnen gemeinsam den Weg bis zur Zulassung oder bis zum Einsatz in der Gesundheitsversorgung gehen.“ stoffverkehrs. Wohl kaum ein Thema prägt das Gesundheitswesen derzeit so sehr wie die Digitalisierung. Sie birgt enorme Chancen _ 11 _ für die Entwicklung neu
„Die Arbeit im Innovationsbüro ist eine spannende Aufgabe, bei der es insbesondere darauf ankommt, die Trends der Zukunft Denn neue Ideen brauchen oft auch neue Wege bei ein- und abschätzen zu können.“ der Umsetzung, und genau daran arbeitet Dr. Löbker gemeinsam mit den Antragstellern. „Eine spannen- de Aufgabe, bei der es in besonderem Maße darauf möglich macht. „Das Innovationsbüro begreift die ankommt, die Trends der Zukunft ein- und abschätzen Beratung nicht als Einbahnstraße“, betont Dr. Löbker. zu können“, erklärt die Leiterin. „Wir müssen daher „Wir haben von Anfang an auf einen konstruktiven die Entwicklung der Gesundheitsvorsorge im Blick Dialog für beide Seiten gesetzt und aktiv um Feedback haben und die Anfragen auch unter dem Aspekt dieser geworben. Diese Rückmeldungen sind uns wichtig möglichen Veränderungen beurteilen.“ und fließen in unsere Arbeit ein.“ Ein solcher Blick in die Zukunft ist möglich, weil das Ein Beispiel ist die Erstellung des Leitfadens „Das Innovationsbüro früh in den Austausch mit Ent- Fast Track Verfahren für digitale Gesundheitsanwen- wicklern innovativer Ansätze tritt – statt darauf zu dungen (DiGA) nach § 139e SGB V“. Das BfArM hat warten, dass diese mit ihren Fragestellungen in das darin die rechtlichen Vorgaben und Anforderungen BfArM kommen. Die Arbeit ist daher vor allem von des Verfahrens zu den DiGA zusammengefasst und einem umfangreichen Austausch geprägt. Nach dem mit den Bewertungskriterien transparent dargelegt. Start hatte es eine „Roadshow“ zum Innovationsbü- „Um sicherzustellen, dass für unsere Zielgruppen die ro gegeben. Nach wie vor ist Dr. Wiebke Löbker bei Informationen auch tatsächlich verständlich aufbe- zahlreichen Veranstaltungen präsent, trifft dort die reitet wurden, haben wir den Leitfaden in der ersten Zielgruppen des Innovationsbüros, stellt das Angebot Fassung zur Kommentierung freigegeben“, berichtet des BfArM auf Messen, Tagungen und Symposien vor. Dr. Löbker. Das Konzept kam sehr gut an, sodass „Der Dialog mit den Menschen, die dabei zum Beispiel in die Version 1.0 des Leitfadens zahlreiche positive ihre Idee für einen neuen Ansatz in der Versorgung Rückmeldungen und Hinweise einfließen konnten. vorstellen, ist für uns sehr wichtig. So können wir abschätzen, welche Entwicklungen in den nächsten Auch auf europäischer Ebene steht das Innovations- Jahren zu erwarten sind, und uns darauf vorbereiten.“ büro mit Kolleginnen und Kollegen anderer Behörden des regulatorischen Netzwerks im „EU Innovation Horizon Scanning nennt man diesen Prozess, unter Network (EU-IN)“ in engem Austausch, um sich mög- dem man ein systematisches Monitoring von bereits lichst früh über neue Entwicklungen und Trends aus- bestehenden Trends und gleichzeitig die Identifikation zutauschen. Im Rahmen eines von der Europäischen neuer Entwicklungen versteht. Für das BfArM, das Kommission geförderten und vom BfArM koordinier- im hochdynamischen Feld der Gesundheitsversor- ten EU-weiten Projekts wird aktuell zum Beispiel der gung eine besondere Position einnimmt, ist dies eine Fragestellung nachgegangen, wie der Austausch zu wichtige Aufgabe. Sie ist zugleich ein Baustein in dem regulatorischen Aspekten zwischen Zulassungsbe- Prozess, der auch den sogenannten „Mind Change“ hörden und dem akademischen Forschungsumfeld euer Therapien und eine _ 12 _ effiziente Gesundheitsversorgung. Diese Innovationen sollen ohne unnötige Verzögerung bei den Patientinnen und Patienten ankomm
langfristig für eine innovationsfreundliche Entwick- Patienten und Angehörigen wird erleichtert und be- lung verbessert werden kann. schleunigt.“ Apps können die Vorsorge revolutionieren, indem sie beispielsweise durch ein kontinuierlicheres Als regulatorische Behörde innovative Prozesse zu Monitoring frühzeitig informieren, wenn sich wich- begleiten und aktiv mitzugestalten, bedeutet auch, tige Parameter verändern. Per Handy – oder anderer sich auf neue Wege einzulassen sowie kreative „Smart Devices“ der Zukunft – ist es dann ganz Herangehensweisen zu ermöglichen – für die Leiterin leicht und vor allem für jedermann selbstverständlich des Innovationsbüros ist das genau der richtige möglich, sofort entsprechende Handlungsoptionen Weg: „Langsame Prozesse mit hohem bürokratischen abzurufen: Angefangen bei der Erinnerung an regel- Aufwand sind schon jetzt nicht mehr zeitgemäß – mäßige Arzneimitteleinnahme oder bei der Anleitung und erst recht nicht in der Zukunft. Wir tragen Verant- zu bewussterem Umgang mit (Krankheits-)Sympto- wortung gegenüber den Patientinnen und Patienten. men bis hin zur direkten Interaktion mit der Ärztin Sie verlassen sich darauf, dass wir gute und sichere oder dem Arzt. Behandlungsoptionen schnell möglich machen.“ Das Innovationsbüro versteht sich dabei als „Full- „Ich glaube, dass wir in Zukunft die Trennung von Provider“. Die Bereiche Arzneimittelzulassung und digitalen und klassischen Arzneimittel- und Medizin- Medizinprodukte befinden sich im BfArM unter einem produkten so nicht mehr sehen werden“, ist die Lei- Dach. Expertinnen und Experten können so unmittel- terin des Innovationsbüros überzeugt. „Die Produkte bar kontaktiert und zu den Beratungen hinzugezogen werden zu einer Art Baukasten verschmelzen, aus dem werden. „Wir bieten grundsätzlich Lösungen aus einer man sehr individuelle Behandlungsoptionen – digitale Hand an und holen beispielsweise auch die zuständi- oder konventionelle – zusammenstellen kann. Diesen gen Ansprechpartner außerhalb des BfArM an einen Prozess werden wir begleiten und dafür sorgen, dass Tisch“, betont die Leiterin. „Auf diese Weise sorgen wir solche Innovationen möglich werden und schnellst- dafür, dass die Entwicklung ohne unnötige Verzöge- möglich in der Gesundheitsversorgung ankommen.“ rung und unter Einhaltung der regulatorischen Anfor- ______________________________________________________ derungen ablaufen kann — von der Projektidee über Dr. Wiebke Löbker die Verschreibung durch den Arzt bis hin zur sicheren Studium der Pharmazie. Von 2009 bis 2011 wissen- Anwendung.“ schaftliche Mitarbeiterin am Institut für Pharma kologie und Toxikologie der Freien Universität Berlin. Mit Blick auf die zukünftige Ausgestaltung der Von 2011 bis 2016 Referentin und Teamkoordinatorin Gesundheitsversorgung sieht Dr. Wiebke Löbker in der Abteilung „Arzneimittel“ des Gemeinsamen vor allem im Bereich der Medical Apps ein großes Bundesausschusses, Schwerpunkt frühe Nutzen Potenzial: „Die Apps werden eine ganz neue Art von bewertung. Seit 2016 im BfArM als Leiterin der Stabs- medizinischer Versorgung ermöglichen: Die Inter stelle Innovationsbüro/Changemanagement sowie aktion zwischen Arzt und Patient oder auch zwischen als persönliche Referentin des Präsidenten tätig. men. Wir haben Maßnahmen und Ziele formuliert, um zeitnah und effizient auf Innovationen, Herausforderungen und aktuelle Gesund _ 13 _ heitsbedrohungen reagi
4_ Digitale Gesundheitsanwendungen Innovationen unterstützen Die dynamische Entwicklung im Bereich der Medizin- Um die Grenze zwischen Wellnessanwendung und produkte stellt auch in Zukunft besondere Heraus- Medizinprodukt deutlich zu machen, hat das BfArM forderungen an die Regulatoren, denn Innovationen bereits vor mehreren Jahren eine Orientierungshilfe werden hier nicht an Indikations-, Sektoren- und auf seiner Website bereitgestellt, anhand derer Ent- Technologiegrenzen stehenbleiben. Das BfArM wicklerinnen und Entwickler erkennen können, ob ihr übernimmt in diesem Zusammenhang eine wichtige Produkt unter das Medizinproduktegesetz fällt. Die Rolle: Es unterstützt diese Innovationen und sorgt Anforderungen und Aufgaben des BfArM wachsen gleichzeitig dafür, dass im Gesundheitswesen sichere seither stetig weiter: „Wir erleben gerade eine faszi Medizinprodukte zur Verfügung stehen. nierende Fülle neuer Ansätze und Möglichkeiten bei digitalen diagnostischen und therapeutischen Helfen, den Weg zu bahnen, und zugleich Leitplanken Medizinprodukten“, berichtet Dr. Lauer, der seit 2011 setzen: So beschreibt Dr. Wolfgang Lauer die Auf- die Abteilung „Medizinprodukte“ im BfArM leitet. gabe seiner Abteilung „Medizinprodukte“ im BfArM „In diesem Zusammenhang ist ein grundlegender – insbesondere mit Blick auf den Wandel durch die Wandel im Gesundheitswesen zu beobachten, der Digitalisierung, die auf diesen Bereich immer größeren bereits zu vielen gesetzlichen Neuregelungen geführt Einfluss nimmt. Waren mit dem Begriff der Medizin- hat und unsere Arbeit damit maßgeblich beeinflusst.“ produkte bislang vor allem „klassische“ Produkte für diagnostische oder therapeutische Anwendungen Zu aktuellen gesetzlichen Initiativen gehört beispiels- verbunden, ändert sich dieser Markt seit einigen weise das „Digitale-Versorgung-Gesetz“ (DVG), das Jahren rasant. Softwareanwendungen für Smart im Dezember 2019 in Kraft getreten ist. Damit haben phones sowie Tablets, sogenannte „Apps“, sind zu seither rund 73 Millionen Versicherte in der gesetz alltäglichen Begleitern in Beruf und Freizeit geworden. lichen Krankenversicherung einen Anspruch auf eine Sie haben auch im Gesundheitsbereich entsprechend Versorgung mit sogenannten digitalen Gesundheits- Einzug gehalten. anwendungen, die von Ärzten und Psychotherapeuten verordnet werden können und durch die Krankenkasse agieren zu können. Seit _ 14 _ dem Jahr 1994 arbeitet das BfArM daran, die Wirksamkeit und Sicherheit von Arzneimitteln nicht nur in Deutschland, sondern auch in gan
„Wir wollen sichere und innovative Medizinprodukte in der Versorgung.“ nz Europa zu gewährleisten. Das Umfeld, in dem wir dabei tätig sind, wird von hochdynamischen Prozessen geprägt. Wissenschaftliche und _ 15 _ technologische Innovati
„Es ist ein grundlegender Wandel im Gesundheitswesen zu beobachten, der unsere Arbeit maßgeblich beeinflusst. Deshalb entwickeln auch erstattet werden: „Apps auf Rezept“, wie das Bundes- ministerium für Gesundheit diesen Schritt betitelte. wir uns ständig weiter.“ Damit Patientinnen und Patienten gute und sichere innovative Apps schnell nutzen können, wurde für die „In Zukunft könnten aktuelle Informationen zur Hersteller ein neuer Weg in die Erstattung geschaf- eigenen Gesundheit mit Ärztinnen und Ärzten aus- fen. Dabei spielt das BfArM eine Schlüsselrolle, denn getauscht sowie individuelle Hinweise für Diagnose es prüft Sicherheit, Funktionalität, Interoperabilität, und Therapie kommuniziert werden.“ Dabei werde Qualität, Datenschutz und -sicherheit der Produkte. man zunehmend vernetzte Services nutzen, bei denen Zudem hat der Hersteller zu zeigen, dass seine App vielfältige Sensoren mit Medizinproduktefunktionen, bzw. Webanwendung einen Beitrag zur Verbesserung Kommunikation und individuell zugeschnittenen der Versorgung leistet. Deutschland ist hier internatio- medizinischen Dienstleistungen verbunden sein werden. nal Vorreiter und vor allem unsere europäischen Nach- barn verfolgen diese Initiative mit großem Interesse. Hier zeigen sich das weite Feld und die entscheidende Rolle, die den regulatorischen Behörden in Zukunft „Wir haben sehr schnell ein entsprechendes Prüfver- zukommt. Die Aufgabe des BfArM besteht in diesem fahren im BfArM etabliert, sodass die ersten Anwen- Zusammenhang nicht allein darin, die Sicherheit dungen schon ein halbes Jahr später eingereicht der Anwendung für die Patientinnen und Patienten und durch uns begutachtet werden konnten“, erklärt zu überprüfen. Das BfArM ist hier auch intensiv in Dr. Lauer. „Das gesamte Verfahren ist ein entschei- Prozesse eingebunden, die eine sinnvolle – und dender Schritt, um das Innovationspotenzial digitaler sichere – Vernetzung der Daten durch semantische Anwendungen für die Gesundheitsversorgung erschlie- und technische Interoperabilität garantieren 22. „Um ßen zu können.“ Auch das BfArM entwickelt sich mit im Sinne der Patientinnen und Patienten optimal zu diesen Aufgaben in eine neue Richtung. Denn bislang agieren, geht es auch darum, die Versorgung mit neu- war das Bundesinstitut in den sozialrechtlichen Prozess en Technologien überhaupt zu ermöglichen“, erklärt der Entscheidung über die Kostenerstattung von Medi Dr. Lauer. „Wir wollen sichere und innovative Medizin- zinprodukten nicht eingebunden. Dieser Schritt kann produkte in der Versorgung sehen und verstehen uns im Nachgang des sicheren Inverkehrbringens eines dabei ganz klar auch als Partner der Entwicklerinnen Medizinprodukts erfolgen und ist davon unabhängig. und Entwickler“, betont Dr. Lauer. „Wir stehen ihnen von Anfang an zur Seite, damit ihre Ideen nicht an Natürlich werden auch in Zukunft klassische Medizin regulatorischen Hürden scheitern. Gleichzeitig ver- produkte wie künstliche Hüftgelenke, Herzklappen größern auch wir ständig unser Wissen, um die neuen oder Röntgengeräte gebraucht werden, um Krank Fragen, die sich mit der Beurteilung solcher Anwen- heiten zu erkennen, Leiden zu lindern und das Über- dungen ergeben, adäquat zu beantworten.“ leben in Notfallsituationen zu ermöglichen. „Das Beispiel der digitalen Anwendungen zeigt jedoch, dass Auch bei der Bewertung von Medizinprodukten wir hier am Anfang eines grundlegenden Wandels im durch das BfArM sieht Dr. Lauer für die Zukunft Umgang mit der Gesundheit stehen“, so Dr. Lauer. einen eindeutigen Trend zum Einsatz von Künstlicher tionen, exponentiell _ 16 _ zunehmende Datenmengen („Big Data“, „Real World Data“), Künstliche Intelligenz, neuartige Designs klinischer Studien: Das Gesundheitswe
Intelligenz (KI). Denn die Menge und Komplexität von Anwenderinnen und Anwender beeinflussen, um Produkt- und Risikoinformationen nimmt nicht zuletzt daraus Maßnahmen zur verbesserten Unterstützung durch die Nutzung der digitalen Anwendungen, wie des Meldens abzuleiten und für die Praxis zu etablieren. beispielsweise Apps, und die kurzen Innovationszyklen im Medizinproduktebereich stetig zu. Neue Möglich- Im Rahmen des Innovationswettbewerbs „5G.NRW“ keiten zur Risikosignalerkennung und -bewertung sind wird zudem ein entsprechendes Teilprojekt des BfArM angesichts dieser großen Datenmengen zwangsläufig durch das Ministerium für Wirtschaft, Innovation, mit der Nutzung intelligenter IT-Werkzeuge verbun- Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein- den. „Unsere Expertinnen und Experten sollen ihr Westfalen unterstützt. Medizinprodukterisiken sollen Fachwissen konkret für die Bewertung von Hinweisen künftig mit einer App ortsunabhängig, schnell und einsetzen können, nicht für die Suche danach“, erklärt sicher an die Behörde gemeldet werden können. Auch Dr. Lauer. „Um auch in Zukunft Risiken schnell und diese Meldungen sollen als Basis genutzt werden, zuverlässig bewerten zu können, entwickeln wir in um Risiken verbessert bewerten zu können sowie im unserer Forschungsgruppe zur Medizinprodukte Zusammenspiel mit Herstellenden und Landesbe- sicherheit neue Ansätze zur datengestützten Risiko hörden wirkungsvolle Sicherheitsmaßnahmen noch signalerkennung sowie zur besseren Berücksichtigung schneller auf den Weg zu bringen. von menschlichen Faktoren bei der Anwendung digi taler Medizinprodukte. Diese nutzen wir auch unmit- Dr. Wolfgang Lauer sieht das BfArM für die Entwicklung telbar in unserer regulatorischen Risikobewertung.“ gut aufgestellt: „Mit all diesen Themen beschäftigen wir uns im BfArM bereits seit Jahren sehr intensiv. Wie Solche automatisierten Analysewerkzeuge unter stehen im engen Dialog zum Beispiel mit Universitäten Nutzung von KI sollen künftig unter anderem ein- und Start-ups, informieren und beraten zu digitalen gesetzt werden, um beispielsweise Freitexte nach Medizinprodukten, geben wichtige Impulse für politi- Risikohinweisen zu durchsuchen, die Rückschlüsse auf sche Entscheidungen – gemeinsam arbeiten wir daran, das Problem mit dem Produkt erlauben. Die beson dass sich Patientinnen und Patienten auch in Zukunft dere Herausforderung liegt hierbei unter anderem in auf sichere Medizinprodukte verlassen können.“ der Entwicklung von Algorithmen, die es ermöglichen, ______________________________________________________ risikobezogene Informationen innerhalb von Frei- Dr. Wolfgang Lauer texten in strukturierte Daten zu überführen und im Studium des Maschinenbaus und Promotion im Bereich Hinblick auf Risikomuster zu analysieren. der Chirurgierobotik. Von 2008 bis 2011 Oberingenieur und Forschungsgruppenleiter für Risikomanagement Die Patientensicherheit soll auch direkt beim Melden und die Ergonomie/Usability von Medizinprodukten an von Risiken in neue Bahnen gelenkt werden. So unter der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule sucht das BfArM beispielsweise derzeit im Rahmen (RWTH) Aachen. Seit 2011 im BfArM als Leiter der eines vom Bundesministerium für Gesundheit geför Abteilung 9 „Medizinprodukte“ tätig. Seit 2019 Zweiter derten Forschungsprojekts, welche Aspekte das Vorsitzender des europäischen Behördennetzwerks Melden von Vorkommnissen durch professionelle „Competent Authorities for Medical Devices“ (CAMD). esen erlebt einen immer schnelleren Wandel mit entsprechenden Herausforderungen. Lediglich der Auftrag an das BfArM ist dabei jeder- _ 17 _ zeit gleichgeblieben: Obe
5_ Künstliche Intelligenz Das Muster im Chaos erkennen Die Zukunft der Medizin und ihre Fortschritte Fragestellungen beantworten zu können. Die Daten sind untrennbar mit der Auswertung vielfältiger werden anschließend analysiert und statistisch gesundheitsbezogener Daten sowie der Nutzung von ausgewertet, indem man sie beispielsweise nach be- „Künstlicher Intelligenz“ (KI) verbunden. Im BfArM stimmten Mustern durchsucht oder auf Assoziationen findet KI bereits konkrete Anwendung. Ziel des zwischen interessierenden Merkmalsausprägungen Bundesinstituts ist es, bei dem Einsatz dieser Metho- testet. Seit 2019 unterstützt hierbei ein KI-Rechner die den eine Vorreiterrolle für Europa einzunehmen. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in der For- schungsabteilung des BfArM. Auf diesem können sie Welchen Einfluss haben die Gene eines Menschen innovative und rechenintensive Verfahren der Daten- auf die Wirksamkeit von Arzneimitteln? Wie kann man analyse implementieren und ausführen. Dazu gehören für jede Patientin und jeden Patienten die optimale zum Beispiel Methoden des „Maschinellen Lernens“, Therapie finden? Um solche Fragen beantworten zu einem Teilgebiet der KI. Diese Verfahren spielen können, benötigt die medizinische Forschung vor immer dann eine wichtige Rolle, wenn es gilt, komplexe allem eines: Daten. Solche Daten können aus den un- Zusammenhänge in hochdimensionalen und sehr terschiedlichsten Quellen stammen, wie beispielsweise großen Datenmengen zu finden oder zu analysieren. aus Genomdatenbanken, Krankenkassendaten, Neben- wirkungsmeldungen von Arzneimitteln und Vorkomm- Dr. Michael Steffens befasst sich in der Forschungs- nismeldungen zu Medizinprodukten sowie auch von gruppe Pharmakogenomik des BfArM unter anderem digitalen Gesundheitsanwendungen wie Medical Apps. mit der Frage, welchen Einfluss metabolische Profile auf die Arzneimitteltherapiesicherheit in der Routi- Das BfArM hat das Potenzial von „Big Data“ für seine neversorgung haben. Kennt man das Genom einer Arbeit längst erkannt. In seinen wissenschaftlichen Person, kann man aus ihrer genetischen Veranlagung Laboren werden zum Beispiel in pharmakologischen ableiten, wie sie vermutlich auf ein Arzneimittel rea und genetischen Experimenten einige dieser Daten gieren wird. Damit lässt sich vorhersagen, ob bestimm- generiert, um regulatorische und wissenschaftliche te Nebenwirkungen auftreten oder ob überhaupt ein erstes Ziel all unserer _ 18 _ Maßnahmen ist die Erhöhung der Patientensicherheit. Das BfArM hat sich dabei nicht nur auf nationaler, sondern auch auf internationaler E
„Künstliche Intelligenz wird die Medizin in Zukunft maßgeblich unterstützen. Durch die Auswertung immer umfangreicherer und detaillierterer Daten wird es möglich sein, immer besser auf den einzelnen Patienten abgestimmte Prognosen und Therapieentscheidungen zu treffen.“ Ebene zu einer der führenden Zulassungsbehörden entwickelt. Unser Aufgabenspektrum ist breit gefächert, unsere Expertise und Kom- _ 19 _ petenz findet weltweit hohe
„Die eigentliche Kunst ist es, die beste Auswertestrategie und den geeigneten Algorithmus für das therapeutischer Effekt erzielbar ist. Nicht nur für die jeweilige medizinische Problem betroffenen Patientinnen und Patienten ist diese Kenntnis von großem Vorteil, weil dadurch unnötige beziehungsweise die pharma- Verschreibungen und das Auftreten von unerwünsch- kologische Fragestellung zu finden.“ ten Nebenwirkungen bestenfalls vermieden werden können. Auch dem Gesundheitssystem bleiben dadurch Kosten erspart, wie sie etwa durch die Behandlung von Nebenwirkungen entstehen. rungstechnologie hat es in den vergangenen Jahren ermöglicht, große Mengen pharmakogenetisch Als Mediziner, der gleichzeitig ein Studium der In- und -genomisch relevanter Daten zu erzeugen. formatik (IT) absolviert hat, kann Dr. Steffens seine Expertise im Bereich der Bioinformatik im Fachgebiet Das BfArM ist im Bereich der Pharmakogenomik unter der Pharmakogenomik optimal einbringen. „Die anderem mit der sogenannten EMPAR-Studie aktiv. eigentliche Kunst ist es, unter Berücksichtigung der Dabei geht es um die Frage, ob genetische Unterschie- verfügbaren Daten und vorliegenden Datenstruktu- de einen erkennbaren Einfluss auf die Inanspruch- ren die beste Auswertestrategie und den geeigneten nahme von Versorgungsleistungen der Gesetzlichen Algorithmus für das jeweilige medizinische Problem Krankenversicherung haben. Im Rahmen der Studie beziehungsweise die pharmakologische Fragestel- werden in der Forschungsabteilung Gesundheitsdaten lung zu finden“, so der Wissenschaftler. Dabei greifen von mehr als 10.000 Versicherten, die freiwillig an der sowohl medizinisches und statistisches als auch Studie teilnehmen, sowie deren metabolische Profile IT-Fachwissen über KI-Methoden ineinander. Genau mithilfe des KI-Rechners ausgewertet. diese Schnittstelle mache die tägliche Arbeit so inte- ressant. „KI wird meiner Ansicht nach nicht den Arzt Ein weiteres Beispiel für den Einsatzbereich der KI am oder die Ärztin ersetzen können, aber sie wird diese BfArM ist die Analyse potenzieller Fehlerquellen von in Diagnostik und Therapie in Zukunft maßgeblich Medizinprodukten. Dabei werden Meldungen, die das unterstützen. Die Auswertung immer umfangreicherer Auftreten eines solchen sogenannten Vorkommnisses und detaillierterer Daten wird ermöglichen, immer beschreiben, automatisch analysiert. Die entwickelten bessere auf den einzelnen Patienten abgestimmte Programme und Algorithmen ermöglichen es, risiko- Prognose- und Therapieentscheidungen zu treffen.“ bezogene Informationen innerhalb von Freitexten in strukturierte Daten zu überführen und zu untersuchen. Das gilt für viele Gebiete in der Medizin. Die Pharma kogenomik ist nur eines davon, allerdings ein sehr Auch in der regulatorischen Arbeit werden KI- dynamisches. Der rasante Fortschritt der Sequenzie- Anwendungen zunehmend ihren Platz finden, so e Anerkennung. Um die-_ 20 _ses Niveau aufrecht zu erhalten und den damit verbundenen Erwartungen gerecht zu werden, setzen wir uns mit den aktuellen Entwicklungen u
Dr. Steffens. Geplant sei zum Beispiel, ein Modell des Therapien und Arzneimittelgaben hieran auszu- Maschinellen Lernens zu entwickeln, das Meldungen richten“, erklärt Dr. Steffens. „Umgekehrt werden über Nebenwirkungen automatisch bewerten sowie bestimmte Substanzgruppen, wie beispielsweise die Kausalzusammenhänge zwischen Medikament und Psychopharmaka, derzeit meistens noch nach dem Nebenwirkungen erkennen und klassifizieren kann. ‚Trial-and-Error‘-Prinzip verordnet.“ Dabei werde oft Ein solches Modell könne beispielsweise die regulato- wertvolle Zeit verloren, die schwerkranke Patientinnen rische Bewertung in der Pharmakovigilanz unmittelbar und Patienten nicht haben. „Die Entwicklung geht unterstützen. aber dahin, dass in nicht allzu ferner Zukunft das gesamte Genom einer Patientin oder eines Patienten „Künstliche Intelligenz“ und „Deep Learning“ Der Begriff „Künstliche Intelligenz“ (KI) wird in der Öffentlich- bekannt sein wird. Daraus können dann die wichtigs- keit häufig mit intelligenten Sprachassistenten oder Program- ten prognostischen Informationen für verschiedenste men zur Bilderkennung in Zusammenhang gebracht. Dahinter medizinische Fragestellungen abgeleitet werden.“ verbergen sich meistens spezielle maschinelle Lernverfahren auf Basis künstlicher neuronaler Netze, die man unter dem Begriff „Deep Learning“ zusammenfasst. Kennzeichnend für Vor dem Hintergrund, dass das Genom des Menschen diese Netzwerkarchitektur ist, dass sie aus mehreren verbor- rund 25.000 Gene enthält und aus mehr als 3 Milli- genen Schichten – sogenannten „hidden layers“ – besteht, die arden Basenpaaren besteht, wird die Bedeutung der es gestatten, Eigenschaften in zunehmender Komplexität aus Datenanalyse und KI bei dieser Aufgabe besonders den Daten zu extrahieren. Auch der KI-Rechner am BfArM ist für solche Deep-Learning-Anwendungen geeignet. Ein weiterer deutlich. wesentlicher Vorteil der neuronalen Netze ist, dass sie in der Lage sind, einmal erlerntes Wissen wiederzuverwerten, wodurch ______________________________________________________ zukünftige KI-Anwendungen immer „intelligenter“ werden. Dr. Michael Steffens Studium der Humanmedizin und Informatik. Von Daten unter Einsatz von Methoden der KI zu analy- 1999 bis 2001 an der Klinik für Diagnostische und sieren und nutzbar zu machen, verleiht der „Perso- Interventionelle Radiologie an der Universitätsklinik nalisierten Medizin“ derzeit einen enormen Schub. Je Bonn und von 2001 bis 2011 am dortigen Institut mehr und bessere Daten über die individuelle Genetik für Medizinische Biometrie, Informatik und Epidemio- von Patientinnen und Patienten zur Verfügung stehen, logie (IMBIE) tätig. 2010 Forschungsaufenthalt am desto besser kann man in Zukunft die Behandlung Wellcome Trust Centre for Human Genetics in hieran ausrichten. Die Nutzen-Risiko-Bewertung für Oxford. Von 2011 bis 2013 am Institut für Medizini- Therapieverfahren wird somit zunehmend individuali- sche Biometrie, Epidemiologie und Informatik an sierter. „In der Therapie bestimmter Krebserkrankun- der Universitätsklinik Mainz beschäftigt. Seit 2013 gen ist es bereits heute gängige Praxis, ausgewählte im BfArM in der Forschungsabteilung im Bereich genetische Marker im Voraus zu bestimmen, um der Pharmakogenomik tätig. und Herausforderungen auseinander, die dieses Umfeld mit sich bringt, und nutzen sie bestmöglich für unsere Kernaufgaben: die Zulassung _ 21 _ und die Verbesserung de
6_ Semantik Klassifikationen Damit alle wissen, wovon die Rede ist Die Digitalisierung im Gesundheitswesen wäre auch für die Forschung mit den Daten unter Zuhilfe ohne Semantik kaum denkbar. Auf Basis einheitlicher nahme der Künstlichen Intelligenz. Um sehr große Terminologien können Daten automatisch verarbei- Datenmengen nach Mustern zu durchsuchen, müssen tet und beispielsweise gezielt nach Mustern sowie die Rechner auch hier wissen, hinter welcher Bezeich- Informationen durchsucht werden. Im BfArM arbei- nung sich beispielsweise die Varizellen verbergen. Der ten Expertinnen und Experten an entsprechenden erste Schritt zu diesem Ziel ist die Verwendung einer Systemen und kooperieren dabei auch mit der Welt- einheitlichen Terminologie, wenn es etwa um die gesundheitsbehörde (WHO), um die Entwicklung Diagnose einer Erkrankung geht. Dr. Stefanie Weber, weltweit voranzutreiben. Leiterin der Stabsstelle Klassifikationssysteme und des Semantikzentrums am BfArM, beschäftigt sich Der Patient nennt es Windpocken, der Arzt stellt die bereits seit mehr als 15 Jahren mit der Entwicklung Diagnose Varizellen: Für beinahe jede Erkrankung und und Weiterentwicklung entsprechender Systeme. Behandlungsmethode gibt es verschiedene Ausdrücke, „Für die Digitalisierung und ein effizient gesteuertes die inhaltlich zwar gleichbedeutend sind, aber von ver- Gesundheitswesen ist unsere Arbeit eine notwendige schiedenen Personen nicht unbedingt gleich verstan- Voraussetzung“, betont Dr. Weber. Bereits im Deut- den oder interpretiert werden. Im Gesundheitssystem schen Institut für Medizinische Dokumentation und können solche Informationen und damit die Patien- Information (DIMDI) lag ein besonderer Fokus auf tendaten außerdem viele Wege in unterschiedlichen diesem Aufgabengebiet. Systemen nehmen. Aber wenn ein IT-Programm nur den medizinischen Fachbegriff „Varizellen“ kennt, kann Mit Blick auf die Integration des DIMDI in das es keine automatische Verbindung zu der Beschreibung BfArM im Mai 2020 war es ein erklärtes Ziel, diese „Windpocken“ herstellen. Damit also die richtigen Entwicklung verstärkt voranzutreiben, sodass eine Schlussfolgerungen aus vorhandenen Daten gezogen entsprechende Stabsstelle eingerichtet wurde. Es galt, werden können, müssen Systeme die Informationen die Synergieeffekte in den Bereichen Semantik und auf dieselbe Weise interpretieren können. Das gilt Klassifikationssysteme bestmöglich zu nutzen und auf der Sicherheit von Arz-_ 22 _neimitteln, die Risikoerfassung und -bewertung von Medizinprodukten und die Überwachung des Betäubungsmittel- und Grundsto
„Die Anwendungs- felder der ICD-10 sind in kaum einem anderen Land so vielfältig wie in Deutschland.“ offverkehrs. Wohl kaum ein Thema prägt das Gesundheitswesen derzeit so sehr wie die Digitalisierung. Sie birgt enorme Chancen _ 23 _ für die Entwicklung
„Für die Digitalisierung und ein effizient gesteuertes Gesundheits- wesen ist unsere Arbeit eine notwendige Voraussetzung.“ diese Weise beide Fachgebiete zu stärken. Beispiels- Auf diese Weise werden Diagnosen so spezifisch wie weise lässt sich die Arbeit an der Analyse und der möglich und in allen Systemen gleichermaßen ver- Auswertung von Gesundheitsdaten durch die Exper ständlich definiert. tise der Datenanalystinnen und -analysten optimal verbinden. In der neu entstandenen Stabsstelle Diese Interoperabilität wird für die Gesundheits- arbeiten die Expertinnen und Experten unter ande- versorgung immer wichtiger, weil nur so digitale rem an der „International Statistical Classification of Gesundheitsanwendungen, wie beispielsweise Apps, Diseases and Related Health Problems“ (ICD). Mit sinnvoll und effizient genutzt werden können. In diesem System werden in Deutschland Diagnosen in Zukunft sollen die Anwendungen miteinander kom- der ambulanten und stationären Versorgung ver- munizieren und außerdem mit anderen Diensten schlüsselt. Neben der Übersetzung und alljährlichen und Anwendungen auf der nationalen E-Health- Revision dieses Systems spielen auch seine Weiter Infrastruktur zusammenspielen. Auf diese Weise entwicklung und die Suche nach neuen Einsatz lassen sich Mehrwerte für die Versorgung erzielen. möglichkeiten eine wichtige Rolle. Ebenso sind auch Klassifikationen wichtig, um sta- tistische Auswertungen vornehmen zu können. So Die ICD wird von der WHO herausgegeben und ist basieren beispielsweise die Aussagen zur Todesursa- als essenzieller Bestandteil der Dokumentation von chenstatistik für Deutschland auf der ICD. Für den Diagnosen im Gesundheitswesen in Abrechnungs-, wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn steht nicht der Qualitätssicherungs- und anderen Dokumentati- Einzelfall im Fokus, sondern die Aussagen, die sich onssystemen etabliert. Die deutsche Modifikation über eine Gruppe gleicher Fälle treffen lassen. Dazu der ICD wird mit dem Begriff ICD-10-GM („German müssen Einzelfälle in der Klassifikation zu Gruppen Modification“) abgekürzt. Sie wird seit rund 20 Jahren oder Klassen zusammengefasst werden. angewandt und ist eng an die Fassung der WHO angelehnt, um internationale Vergleiche und Studien „Die Anwendungsfelder der ICD-10 sind in kaum zu ermöglichen. „Grundsätzlich kann man unsere einem anderen Land so vielfältig wie in Deutschland“, Arbeit mit der Erstellung eines Wörterbuchs verglei- sagt Dr. Stefanie Weber. Nicht nur für Statistik und chen“, erklärt Dr. Weber. „Wir nehmen Begrifflich- Abrechnung ist die ICD-10-GM relevant. Auch für die keiten für Erkrankungen auf und standardisieren sie. Krankschreibungen, die Verordnung von Heil- und Damit ermöglichen wir den präzisen elektronischen Hilfsmitteln sowie von digitalen Gesundheitsanwen- Austausch zwischen allen Akteuren.“ Man spricht in dungen, die Qualitätssicherung in Krankenhäusern diesem Zusammenhang von der „Semantischen Inter sowie die Meldung von Infektionserkrankungen ver- operabilität“. Die Semantik definiert Begriffe, sodass wendet Deutschland diese Klassifikation. Sie nimmt eine entsprechende Terminologie entstehen kann. also eine zentrale Schlüsselfunktion ein. neuer Therapien und_ 24 _ eine effiziente Gesundheitsversorgung. Diese Innovationen sollen ohne unnötige Verzögerung bei den Patientinnen und Patienten anko
Die Digitalisierung macht dabei nicht an Landesgren- verschiedenste Akteure, wie Wissenschaftler oder zen halt. Klassifikation und Semantik müssen daher Start-ups, an Möglichkeiten zur Erforschung von und so weiterentwickelt werden, dass in Zukunft auch zum Umgang mit Covid-19. Ziel der cocos-Initiative das Potenzial von medizinischen Informationen aus ist es, diese Projekte zusammenzubringen, damit sie der Europäischen Union (EU) sowie der gesamten optimal wirksam werden. Dazu werden einheitliche Welt für deutsche Patientinnen und Patienten ge- Datenformate und Standards zur Interoperabilität für nutzt werden kann. Damit eine grenzübergreifende Covid-bezogene Daten und deren Zusammenführung Versorgung und Forschung innerhalb Europas mög- etabliert. lich wird, ist der Austausch mit den europäischen Partnern wichtig. Hier bestehen enge Kooperationen Das BfArM wird hier auch weiterhin strategische mit internationalen Behörden wie der Europäischen Eckpunkte setzen und an der Entwicklung und Arzneimittel-Agentur und der WHO. „Wir bringen Verbreitung von Klassifikationssystemen und Termi- unsere jahrelange Expertise rund um die medizini- nologien mitwirken. Der langjährige Einsatz für die schen Begriffssysteme ein. Die Erkenntnisse wollen internationale Klassifikationsarbeit wird auch institu- wir mit den Partnerorganisationen anderer EU-Länder tionell gewürdigt: Die vom DIMDI 2003 begonnene teilen, um voneinander zu lernen und die Standardi- Arbeit als WHO-Kooperationszentrum für das System sierung aufeinander abzustimmen“, so die Medizine- Internationaler Klassifikationen wurde nun für weitere rin. So sind die Expertinnen und Experten des BfArM vier Jahre bestätigt. Diese Expertise wird jetzt unter beispielsweise in die Arbeiten zur E-Health Digital dem Dach des BfArM als Teil der Digitalisierungsstra- Service Infrastructure der EU eingebunden. „Darin tegie weiter ausgebaut. geht es um die Erstellung landesübergreifender ______________________________________________________ Gesundheitsdienste wie dem elektronischen Rezept Dr. Stefanie Weber oder der Patientenakte“, erklärt Dr. Weber. Für die Studium der Humanmedizin, Zertifikat Medizin Patientinnen und Patienten soll damit sichergestellt informatik. Ab 2002 wissenschaftliche Mitarbeiterin im werden, dass auch in Gesundheitssystemen anderer Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation Länder ihre Daten präzise interpretiert und verstan- und Information (DIMDI) im Bereich Klassifikationen. den werden können. Seit 2008 Leiterin des „WHO-Kooperationszentrums für die Familie der Internationalen Klassifikationen“, Das BfArM beteiligt sich außerdem an der cocos- von 2010 bis 2020 Leiterin des Referats „Medizinische Initiative, in der sich führende Akteure des Gesund- Begriffssysteme“ im DIMDI, von 2015 bis 2018 Vorsitz heitswesens zusammengeschlossen haben. „cocos“ der WHO-Task Force zur Fertigstellung der ICD-11. steht dabei für „Corona Component Standards“. Seit 2020 im BfArM als Leiterin der Stabsstelle „Klassi- Mit Blick auf die Corona-Pandemie arbeiten derzeit fikationssysteme, Semantikzentrum“ tätig. ommen. Wir haben Maßnahmen und Ziele formuliert, um zeitnah und effizient auf Innovationen, Herausforderungen und aktuelle Ge- _ 25 _ sundheitsbedrohungen
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