Rechtliche und vertragliche Grundlagen - Deutscher ...

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 Rechtliche
und vertragliche Grundlagen
 Dr. Timo Kieser, Dr. Stefanie Brune

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1 Regelung der Dienstbereitschaft
 Dr. Timo Kieser, Dr. Stefanie Brune

Krankheiten halten sich nicht an Ladenöffnungszeiten. Krankenhausapotheken sind in die Notdienstversor- 1
Zur Sicherstellung des Arzneimittelversorgungsauftra- gung nicht direkt eingebunden. Der Notdienst betrifft
ges der Apotheke nach § 1 ApoG gehört es deshalb, dass ausschließlich öffentliche Apotheken mit einer Erlaub-
Arzneimittel frühmorgens, spätabends, nachts, an Wo- nis nach § 1 Abs. 1 ApoG. Lediglich bei der Entlassung
chenenden, Feiertagen, Weihnachten oder Ostern ver- von Patienten nach stationärer oder ambulanter Be-
fügbar sind. Praktisch wird dies mit dem Apothekenbe- handlung im Krankenhaus darf eine Krankenhausapo-
reitschaftsdienst, dem Notdienst, der öffentlichen Apo- theke an diese die zur Überbrückung benötigte Menge
theken in Deutschland umgesetzt. Er ist wichtiger an Arzneimitteln abgeben, wenn im unmittelbaren An-
Bestandteil der Arzneimittelversorgung und trägt dem schluss an die Behandlung ein Wochenende oder ein
Umstand Rechnung, dass Ärzte kein Arzneimitteldis­ Feiertag folgt. Ansonsten müssen auch aus dem Kran-
pensierrecht haben. Sie können zwar Arzneimittel an kenhaus entlassene Patienten die von ihnen zur weite-
Patienten anwenden, dürfen aber die für die Eigenein- ren Behandlung benötigten Arzneimittel – auch im
nahme benötigte Arzneimittelmenge nicht an Patienten Rahmen des Entlassmanagements – in öffentlichen
abgeben. Ärzte müssen Patienten eine Verschreibung Apotheken erwerben. Ergänzend sind Krankenhaus-
über ein benötigtes Arzneimittel ausstellen, die der Pa- apotheken regelmäßig in die Organisation der Notfall-
tient dann in einer (Notdienst-)Apotheke einlösen kann. depots eingebunden.
 Der Apothekennotdienst soll aber nicht nur die Ver- Der Apothekernotdienst ist ein erheblicher organi-
sorgung mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln, satorischer, personeller und wirtschaftlicher Aufwand.
die ein notdiensthabender Arzt verschreibt, gewährleis- Er ist eher Last als Freude. Mit seiner Auffassung, dass
ten. Eine nichtverschreibungspflichtige Schmerztab- die Notfallversorgung für die inländischen Apotheken
lette, ein Fieberzäpfchen, eine entzündungshemmende ein Wettbewerbsvorteil gegenüber ausländischen Ver-
Salbe oder ein Wundverband kann Beschwerden und sandapotheken sei, der durch die Zulassung eines Preis-
Verletzungen erheblich lindern, ohne dass zuvor ein wettbewerbs für ausländische Versandapotheken kom-
Arzt konsultiert werden muss; auch einer solchen Ver- pensiert werden müsse, dürfte der Europäische
sorgung dient der Notdienst (vgl. VG Regensburg, ­Gerichtshof weitgehend alleine stehen (Urteil vom 19.
Urteil vom 27. November 2014, Az. RO 5 K 310.1861). Oktober 2016, Az. C-148/15, Rdnr. 24, Rdnr. 38 –Par-
 Dem notdiensthabenden Apotheker kommt also kinson).
eine wichtige Stellung bei der Arzneimittelversorgung So sehen Literatur und Instanzrechtsprechung den
außerhalb der normalen Öffnungszeiten zu. Notdienst der öffentlichen Apotheke nicht als Privileg
 Sinnvoll ist eine intensive Abstimmung zwischen an, sich außerhalb der allgemeinen Ladenöffnungszei-
Ärzten, die Bereitschaftsdienst haben und den not- ten wirtschaftlich betätigen zu dürfen, sondern als
diensthabenden Apothekern. Nur so kann gewährleis- Pflicht, die ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung
tet werden, dass Ärzte Patienten Arzneimittel verschrei- der Bevölkerung im öffentlichen Interesse sicherzustel-
ben, die in der notdiensthabenden Apotheke auch tat- len (vgl. Cyran/Rotta, Apothekenbetriebsordnung, § 23
sächlich vorhanden sind und beispielsweise keine Rdnr. 5; VG Köln, Urteil vom 22. September 1971, Az. 9
aktuellen Lieferengpässe bestehen. Umgekehrt hilft K 1089/69). Kaum ein Apotheker, der statt mit seiner
eine Abstimmung dem Apotheker, seinen Notdienst- Familie unter dem Weihnachtsbaum Heiligabend in der
vorrat so auszurichten, dass er dem bevorzugten Ver- Apotheke beim Notdienst verbringt, eine 24-Stunden-
schreibungsverhalten von Notärzten oder Ärzten im schicht am Wochenende hinter sich hat, von Diskussio-
Bereitschaftsdienst möglichst nachkommen kann. nen mit Kunden über den Erhalt von verschreibungs-
4 1 Regelung der Dienstbereitschaft

 Fragen rund um die Dienstbereitschaft
 Organisation (▸ Kap. 1, ▸ Teil C) Muss für die Sicherheit des Notdienstapothekers
 Wie erfolgt die Einteilung der Apotheken für den ein stiller Alarm in der Apotheke vorhanden sein?
 Notdienst? Hat der Notdienstapotheker Anspruch auf einen
 Wann werden die Termine für den Notdienst Fernseher?
 bekanntgegeben? Personal (▸ Kap. 4; ▸ Teil B)
 Was kann man tun, wenn man an dem Tag, an Muss der Apothekeninhaber für die Versorgung
 dem man von der Kammer für den Notdienst ein- des diensthabenden Apothekers mit Nahrung und
 geteilt wurde, keine Zeit hat oder eine akute Getränken sorgen bzw. aufkommen?
 Erkrankung auftritt, die den Notdienst unmöglich Dürfen schwangere Apothekerinnen Notdienst
 macht? leisten?
 Welche Möglichkeiten hat der Apothekeninhaber, Wie lange darf ein Apotheker inkl. Notdienst am
 wenn er selbst oder der eingeplante Apotheker Stück arbeiten?
 kurzfristig ausfällt und innerhalb des eigenen Ist es strafbar, wenn die Notdienstklingel nicht
 Teams kein Ersatz gefunden wird? gehört wird, weil sie z. B. defekt ist, oder der Apo-
 Räumlichkeiten (▸ Kap. 2, ▸ Kap. 3, ▸ Kap. 19.2) theker sie aus anderen Gründen nicht hört und
 Muss sich das Nachtdienstzimmer in der Apotheke ein Patient dementsprechend nicht mit Arznei-
 befinden? mitteln versorgt wird?
 Kann der Apotheker den Notdienst auch aus Dürfen PTAs im Notdienst hinzugezogen werden?
 Räumlichkeiten außerhalb der Apotheke verrich- Rezeptbelieferung (▸ Teil E)
 ten? Welche Voraussetzungen müssen dafür erfüllt Gelten die gleichen Regelungen bei der Rezept-
 sein? belieferung wie im normalen Apothekenbetrieb?
 Wo müssen Notdienstklingel und -klappe ange- Was tun, wenn Angaben auf dem Rezept fehlen?
 bracht sein? Müssen sie barrierefrei erreichbar Gilt im Notdienst der Kontrahierungszwang?
 sein? Darf im Notdienst ausgeeinzelt oder gestückelt
 Muss eine Gegensprechanlage vorhanden sein werden?
 bzw. muss diese funktionsfähig sein?

 pflichtigen Arzneimitteln ohne vorliegende ärztliche 1.1 Grundproblem
 Verschreibung ermüdet ist, wird den Notdienst als ein
 Wettbewerbsprivileg ansehen. Die maßgeblichen gesetzlichen Regelungen zum Not-
 In Deutschland werden aktuell knapp über 400 000 dienst (Dienstbereitschaft) von Apotheken finden sich
 Notdienste im Jahr geleistet (vgl. Übersichten bei dav- in § 23 ApBetrO.
 notdienstfonds.de). Bei einer Apothekenzahl von weni-
 ger als 19 000 Apotheken bedeutet dies durchschnittlich 1.1.1 Grundsatz der ständigen Dienst-
 etwas mehr als 20 Notdienste im Jahr. Allerdings sind bereitschaft
 die Notdienste höchst unterschiedlich verteilt, was zu Nach § 23 Abs. 1 ApBetrO sind Apotheken zur ständi-
 Unmut, Diskussionen und Rechtsstreitigkeiten führt. gen Dienstbereitschaft verpflichtet. Dieser Grundsatz
 Mit dem Buch Notdienstretter möchten wir den not- der ständigen Dienstbereitschaft wird durch die weite-
 diensthabenden Apothekern und den Apothekeninha- ren Regelungen in § 23 ApBetrO näher ausgestaltet und
 bern eine Übersicht über die einschlägigen rechtlichen eingeschränkt. Die Rechtsgrundlage hierfür ist § 21
 Normen sowie zu beachtende Punkte geben. Gleichzei- Abs. 1 ApoG i. V. m. § 21 Abs. 2 Ziff. 8 ApoG. Diese Nor-
 tig werden möglichst viele praktische Hilfestellungen men lassen Regelungen über die Dienstbereitschaft der
 gegeben zu Problemen, Fragen und Schwierigkeiten, Apotheken in der Apothekenbetriebsordnung zu.
 die immer wieder im Notdienst aufkommen. Nach der bisherigen instanzgerichtlichen Rechtspre-
 In diesem Teil werden rechtliche Grundlagen bzgl. chung verstößt der Grundsatz der allgemeinen Dienst-
 des Apothekennotdienstes erläutert. bereitschaft nicht gegen die Berufsausübungsfreiheit
 der Apotheker nach Art. 12 Abs. 1 GG. Es handelt sich
 um Auflagen bei der Berufsausübung. Solange diese er-
 forderlich, geeignet und verhältnismäßig sind sowie
 keine sachfremden Erwägungen Eingang finden, sind
 solche Auflagen zulässig (vgl. OVG Nordrhein-Westfa-
1.2 Allgemeine Handlungsempfehlungen 5

len, Urteil vom 06. Oktober 1989, Az. 5 A 1371/88; Die Apothekerkammern haben interne Richtlinien auf-
OVG Thüringen, Urteil vom 27. April 2010, Az. 3 KO gestellt, wann, mit wem, in welcher Frequenz ein Tausch
783/07). möglich ist. Diese Richtlinien stellen eine Selbstbin-
 Der Grundsatz der ständigen Dienstpflicht in § 23 dung der Apothekerkammern als Körperschaft des öf-
Abs. 1 Satz 1 ApBetrO führte zu einer Dienstbereit- fentlichen Rechts dar. An diesen muss sich der Apothe-
schaft 24/7 jeder Apotheke. Eine solche Belastung wäre ker, wenn er den Notdienst tauschen will, orientieren.
offensichtlich unverhältnismäßig, insbesondere, wenn Eine besondere tatsächliche Schwierigkeit stellt es dar,
man sich Apothekensituationen in Städten vor Augen wenn eine Apotheke, die mit einem anderen Notdienst-
hält, wo oft eine Vielzahl von Apotheken auf sehr über- kreis verzahnt ist (Apotheke grenzt direkt an einen an-
schaubarem Raum angesiedelt ist. Die zuständige Be- deren Notdienstkreis an, Notdienst dieser Apotheke
hörde befreit deshalb nach § 23 Abs. 1 ApBetrO einen führt dazu, dass Apotheken aus dem anderen Not-
Teil der Apotheken ganz oder teilweise zu bestimmten dienstkreis nicht oder nur eingeschränkt Notdienst
Zeiten von der Pflicht zur Dienstbereitschaft. haben), betroffen ist.
 Die Behörden, die für die Befreiung und auch sons-
tige Themen im Zusammenhang mit § 23 ApBetrO zu- TIPP Möglichst direkt nach Erhalt der Notdienstein-
ständig sind, ergeben sich aus □ Tab. 1.1. Dabei kommt teilung schon über das Jahr prüfen, ob und wann aus 1
es auf den Sitz der betroffenen Apotheke an; bei einem zwingenden Gründen ein Tausch in Betracht kommen
bundeslandübergreifenden Filialapothekenunterneh- kann. Vor einem Tausch sollte immer auch erwogen 2
men können für die einzelnen Apotheken also unter- werden, den Notdienst gegebenenfalls durch ange-
schiedliche Behörden zuständig sein. stelltes approbiertes Personal erbringen zu lassen.
 Es gibt immer wieder Umstände, die dazu führen, Bei einem notwendigen Tausch sind die jeweiligen 3
dass die Dienstbereitschaft nicht wahrgenommen wer- Apothekerkammern und Kollegen frühzeitig zu infor-
den kann. Das kann längerfristig z. B. ein wichtiger Ter- mieren!
min sein oder auch eine kurzfristige akute Erkrankung.
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Am schwierigsten ist es, wenn ein Apotheker innerhalb
eines Notdienstes nicht mehr in der Lage ist, den Not- 1.2.2 Kurzfristige
 Verhinderung der 5
dienst weiter auszuführen. Gründe hierfür könnten ­Notdienstausübung
eine akute Erkrankung wie z. B. ein Magen-Darm-­ Wenn der Apotheker aufgrund kurzfristiger Verpflich-
Infekt oder eine Verletzung sowie technische Defekte tungen oder einer Erkrankung einen bevorstehenden 6
oder ein Stromausfall sein. Lösungen für diese Proble- Notdienst nicht antreten kann und keinen Vertreter in
matiken sind in ▸ Kap. 1.2.1 und ▸ Kap. 1.2.2 dargestellt. seinem Kollegium findet, besteht die Möglichkeit, über 7
 eine von der Apothekerkammer geführte „regionale
 Notfallliste“ kurzfristig eine Vertretung anzufordern.
1.2 Allgemeine Handlungsempfehlungen Da diese Vertreter über die Apothekerkammer vermit- 8
 telt werden, ist dies allerdings nur möglich, wenn die
1.2.1 Tausch von Notdiensten? Apothekerkammer erreichbar ist, d. h. in den Ge-
In beschränktem Umfang tolerieren die Kammern schäftszeiten der jeweils zuständigen Kammer. Es
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einen internen Tausch zwischen notdiensthabenden könnte auch versucht werden, noch einen Vertreter
Kollegen unter Information und Abstimmung der Apo- über eine Vertretungsagentur zu engagieren. 10
thekerkammern. Der Wechsel eines Notdienstes verur- Schwieriger ist es, wenn der Notdienst bereits ange-
sacht hohen administrativen Aufwand: treten wurde bzw. unmittelbar bevorsteht und es durch
 akute Umstände wie z. B. aufgrund akuter Erkrankun- 11
1. Bei einem Tausch muss eine möglichst gerechte Ver-
 gen oder auch technischer Probleme (z. B. Stromaus-
 teilung von Notdiensten auch an Sonn- und Feierta-
 gen berücksichtigt werden.
 fall) dazu kommt, dass der Apotheker den Notdienst 12
 kurzfristig abbrechen muss. Tritt ein solcher Fall tags-
2. Es muss außerdem berücksichtigt werden, dass die
 über ein und die Apotheke verfügt über mehrere Ap-
 zumutbaren Entfernungen der diensthabenden Apo- 13
 probierte, könnte man einen Kollegen fragen, ob dieser
 theken eingehalten werden.
 kurzfristig einspringen kann. Passiert dies allerdings
3. Tools und Medien (Internet, Zeitung) die zur Infor-
 spät abends oder in der Nacht, ist der diensthabende
 mation der Patienten zu den dienstbereiten Apothe-
 Apotheker auf sich allein gestellt. Hier gibt es keinen
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 ken genutzt werden (▸ Kap. 22.2), müssen aktuali-
 einheitlichen Leitfaden, wie er sich in diesem Fall zu
 siert werden.
4. Alle anderen Apotheken, die auf die dienstbereiten
 verhalten hat. Die Handlungsempfehlung der Kammer 15
 lautet, dass sich der Apotheker am nächsten Werktag
 Apotheken hinweisen, müssen Anpassungen vor-
 selbst bei der Kammer meldet und diese über den
 nehmen (▸ Kap. 6).
 ­Umstand informiert. So kann die Kammer bei Be- 16
6 1 Regelung der Dienstbereitschaft

 schwerden von Patienten oder Ärzten entsprechend am 24. und 31. Dezember von 14:00 Uhr bis 24:00
 reagieren. Ist der Ausfall unverschuldet, hat dies regel- Uhr
 mäßig keine Konsequenzen. Im Moment des Ausfalls sonntags und an gesetzlichen Feiertagen.
 kann der Apotheker nur durch einen Aushang die Pa-
 tienten informieren, ggf. eine Ansage auf dem Anruf- Dies bedeutet im Ergebnis, dass Apotheken während
 beantworter einsprechen und die Notfallpraxis in der dieser Zeiten schließen können. § 23 Abs. 1 Satz 2
 Nähe informieren. Dabei sollte er auf die jeweils zwei ­ApBetrO sieht aber nicht vor, dass Apotheken während
 bis drei am nächsten gelegenen Notdienstapotheken dieser Zeiten auch schließen müssen. Sie haben viel-
 hinweisen. mehr grundsätzlich die Möglichkeit, während dieser
 Im Falle eines vergessenen Notdienstes kann es emp- Befreiungszeiten zu öffnen. § 23 ApBetrO verbietet dies
 fehlenswert sein, am nächsten Werktag eine Selbstmel- nicht. § 23 ApBetrO enthält keine Regelung, wonach die
 dung bei der zuständigen Kammer durchzuführen. Bei Behörden eine Schließung anordnen können. Diese
 einem vergessenen Notdienst wird es regelmäßig zu klare und eigentlich einfache apothekenrechtliche, bun-
 einer Sanktion durch die Kammer kommen. Von einer deseinheitliche Regelung wird nun auf Länderebene er-
 Mahnung, einer Geldauflage bis zur Einleitung eines heblich verkompliziert.
 berufsgerichtlichen Verfahrens ist hier alles möglich. Vor der Föderalismusreform (Gesetz vom 28. August
 Einzelheiten hängen vom Einzelfall und auch von der 2006, BGBl I, S. 2034), die zum 01. September 2006 in
 berufsrechtlichen Historie des Apothekers, der den Kraft trat, galt das (Bundes-)Ladenschlussgesetz, das
 Notdienst vergessen hat bzw. der für die Organisation einheitliche Ladenöffnungs- und Ladenschlusszeiten
 verantwortlich war, ab. für alle Bundesländer vorsah. Nach § 4 Abs. 1 Bundes-
 ladenschlussgesetz durften/dürfen Apotheken an allen
 1.2.3 Erreichbarkeit über Klingel/­ Tagen während des ganzen Jahres geöffnet sein. § 4
 Sprechanlage Abs. 1 Satz 2 Bundesladenschlussgesetz beschränkt
 An dem Schalter oder der Notdienstklappe ist eine ­jedoch das Sortiment, das von Apotheken innerhalb der
 Klingel oder eine Sprechanlage anzubringen, durch die allgemeinen Ladenschlusszeiten, die § 3 Bundesladen-
 der Apotheker vom Kunden erreicht werden kann. Die schlussgesetz festlegt, abgegeben werden darf. Während
 Rechtsprechung hat es bisher nicht als ausreichend an- dieser Zeiten ist nur die Abgabe von Arznei-, Kranken-
 gesehen, dass der Apotheker per Telefon herbeigerufen pflege-, Säuglingspflege- und Säuglingsnahrungsmit-
 werden kann (vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 07. März teln, hygienischen Artikeln sowie Desinfektionsmitteln
 1989, Az. 3 K 3352/88). Dieses Urteil verbot einen Ver- gestattet. Das übrige apothekenübliche Randsortiment,
 weis des Apothekers auf öffentliche Fernsprecher, die es wie Körperpflegemittel oder allgemeine Medizinpro-
 heute kaum noch gibt. Heute stellt sich durchaus die dukte, darf während der Ladenschlusszeiten nicht ab-
 Frage, ob in Zeiten der Omnipräsenz von Mobiltelefo- gegeben werden. Eine realitätsferne Rechtsprechung
 nen nicht auch eine telefonische Erstkontaktaufnahme hat dabei auch die Abgabe von Medizinprodukten wie
 ausreichend sein könnte. Schwangerschaftstests im Apothekennotdienst an
 Unzulässig ist es, die Dienstbereitschaft alleine per einem Sonntag mit dem Hinweis verboten, dass ja der
 Bildtelefon via Internet und Steuerung eines Arzneimit- ärztliche Notdienst aufgesucht werden könne (vgl. OLG
 telroboters mit Ausgabeschacht zu erbringen (vgl. Stuttgart, Urteil vom 24. April 2008, Az. 2 U 51/07).
 BVerwG, Urteil vom 24. Juni 2010, Az. 3 C 30.09; vgl. Nach der Föderalismusreform hat das Bundesladen-
 zur Unzulässigkeit solcher Abgabeautomaten als Ein- schlussgesetz nur noch in Bayern Geltung, Art. 125a
 richtung von ausländischen Versandapotheken auch Abs. 1 GG. Alle anderen Bundesländer haben von der
 BGH, Beschluss vom 30. April 2020, Az. I 2 R 123/19. ihnen eingeräumten Möglichkeit, die Ladenschlusszei-
 OLG Karlsruhe, Urteil vom 29. Mai 2019, Az. 6 U 38/18; ten eigenständig zu regeln, Gebrauch gemacht.
 OLG Karlsruhe, Urteil vom 17. Juli 2019, Az. 6 U 16/18; Die föderalistischen Regelungen können aber dazu
 VG Karlsruhe, Urteil vom 04. April 2019, Az. 3 K führen, dass bei einem bundeslandübergreifenden
 5393/17). ­Apothekenunternehmen (z. B. Hauptapotheke in Ba-
 den-Württemberg, Filialapotheke in Bayern) unter-
 1.2.4 Befreiungszeiten schiedliche Vorgaben für Öffnungszeiten, Sortiment
 Die zuständigen Behörden □ Tab. 1.1 können die Apo- und mögliche Schließungen gelten. Bei den apotheken-
 theke von der Dienstbereitschaft befreien. internen Regelungen zum Notdienst sind diese
 Die möglichen Befreiungszeiten sind: ­unterschiedlichen rechtlichen Regelungen zu berück-
 sichtigen.
 montags bis sonnabends von 0:00 Uhr bis 8:00 Uhr
 Die Ladenöffnungsregelungen sind vielfältig; von
 montags bis freitags von 18:30 Uhr bis 24:00 Uhr
 sehr liberal in Niedersachsen mit einer 24/7-Öffnungs-
 sonnabends von 14:00 Uhr bis 24:00 Uhr
 möglichkeit für Apotheken ohne Sortimentsbeschrän-
1.2 Allgemeine Handlungsempfehlungen 7

kung bis zur Sortimentsbeschränkung während norma- 1.2.5 Schließungsrecht und Betriebspflicht
ler Ladenschlusszeiten zwischen 20:00 Uhr abends und Die Befreiung von Apotheken von der Dienstbereit-
6:00 Uhr morgens an Werktagen in Bayern und der schaft erfolgt durch die zuständige Apothekerkammer
Möglichkeit, die Schließung von Apotheken anzuord- (□ Tab. 1.1). Die Befreiung erfolgt in Form von Allge-
nen (vgl. auch Seidel, Freiwilliger Notdienst – geht das?, meinverfügungen. Diese sind über die Kammerwebsei-
Dtsch Apoth Ztg 2019, 874 ff.; Krämer, in: Rixen/­ ten abrufbar und in Sammlungen des Apothekenlan-
Krämer, § 23 ApBetrO Rdnr. 2; Pfeil/Pieck/Blume, Apo- desrechts vorhanden (regelmäßig verschlüsselter Mit-
thekenbetriebsordnung, § 23 Rdnr. 2 ff.; Cyran/Rotta, gliederbereich).
Apothekenbetriebsordnung, § 23 Rdnr. 6 ff.). Apotheken, die während solcher Befreiungszeiten
 In zahlreichen landesrechtlichen Normen sind tatsächlich schließen möchten, benötigen keine sepa-
­Ermächtigungen vorgesehen, wonach die zuständigen rate Erlaubnis. Sie können während dieser Zeit von der
 Behörden – die Apothekerkammern – anordnen kön- Dienstbereitschaft absehen, sofern für sie nicht indivi-
 nen, dass ein Teil der Apotheken zu bestimmten Zeiten duell die Dienstbereitschaft angeordnet ist. Der Apo-
 geschlossen sein muss (vgl. VG München, Beschluss thekeninhaber kann auch während dieser Schließzeiten
 vom 18. Dezember 2018 – M 16 S 18.5013). Gerechtfer- spontan entscheiden, ob er seine Apotheke öffnet oder
 tigt werden solche Schließungsanordnungen damit, nicht. Er muss allerdings den möglichen Unmut von 1
 dass der Notdienstbedarf in bestimmte Apotheken Kunden, die auf einmal vor verschlossenen Türen ste-
 kana­lisiert werden soll. Es bestehen jedoch erhebliche hen, einkalkulieren. 2
 verfassungsrechtliche Zweifel, ob solche landesrechtli-
 chen Normen wirksam sind. Nach zutreffender Auffas- TIPP Vor individueller Schließung der Apotheke die
 sung verstoßen sie gegen Bundesrecht und sind deshalb möglichen Schließzeiten im Kammergebiet auf der 3
 nach Art. 31 GG nichtig. Der Bundesgesetzgeber hat Webseite der Apothekerkammer abgleichen. Zu-
 § 23 ApBetrO und die ständige Dienstbereitschaft gere- gangsdaten und Passwort für den verschlüsselten Be-
 gelt. Nach Bundesrecht gibt es die Möglichkeit, eine reich bereithalten!
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 Apotheke von der Dienstbereitschaft zu befreien, nicht
 aber die Schließung vorzuschreiben. Der Bundes­ Alleine der Umstand, dass die Behörde die betroffene 5
 gesetzgeber hat von seiner konkurrierenden Rege­lungs­ Apotheke von der Dienstbereitschaft für eine be-
 zuständigkeit über Art. 74 Abs. 1 Ziff. 19 GG abschlie- stimmte Zeit nach § 23 Abs. 1 Satz 2 ApBetrO oder § 23
 ßend Gebrauch gemacht. Den Ländern fehlt deshalb die Abs. 2 ApBetrO befreit hat, berechtigt diese noch nicht 6
 Befugnis zur Gesetzgebung (so zutreffend, Cyran/Rotta, sicher zur tatsächlichen Schließung. Denn es können
 Apothekenbetriebsordnung, § 23 Rdnr. 16 f.; Krämer, in: vertragliche Beziehungen bestehen, die eine Schließung 7
 Rixen/Krämer, ApoG, § 23 ApBetrO, Rdnr. 2). verhindern. Solche vertraglichen Verpflichtungen sind
 Zudem sind Schließungsanordnungen nicht verhält- insbesondere Betriebspflichten mit Regelungen von
nismäßig, Art. 12 GG. Die Notdienstpauschale Mindestladenöffnungszeiten, die der Mieter von Apo- 8
(▸ Kap. 7), die jeder Apotheker für seinen zwingenden thekenbetriebsräumen gegenüber seinem Vermieter
 Notdienst erhält, stellt eine ausreichende Entschädi- eingegangen ist. Eine vertraglich vereinbarte Betriebs-
 gung dar, sodass es nicht notwendig ist, potenzielle Um- pflicht ist grundsätzlich wirksam (vgl. Oberlandes­
 9
 sätze am Wochenende oder in der Nachtzeit auf die gericht Koblenz, Urteil vom 27. Juni 2019, Az.: 1 U
 Notdienstapotheke zu kanalisieren. 1471/18). Ist diese Vertragsbestandteil, muss der Apo- 10
 Wenn sich Apotheker also Schließungsanordnungen theker zur Vermeidung von Verstößen gegen den Miet-
 in restriktiveren Bundesländern widersetzen und den vertrag, die zur außerordentlichen Kündigung berechti-
 Notdienst tatsächlich als Kundenchance begreifen, be- gen oder Vertragsstrafen nach sich ziehen können, die 11
 stehen Erfolgsaussichten, Schließungsverfügungen, die Apotheke während der vereinbarten Zeiten betreiben,
 auf grundgesetzwidrigen Ermächtigungsnormen basie- auch wenn für diese Zeiten gegebenenfalls eine Be- 12
 ren, zu Fall zu bringen. freiung von der Dienstbereitschaftspflicht vorliegt.
 Nichts anderes gilt bei einer gepachteten Apotheke.
 TIPP Die Überprüfung der für die Notdienstapotheke Wenn ein umsatz- und/oder gewinnabhängiger Pacht- 13
 geltenden Ladenöffnungsregelungen und Schlie- zins vereinbart wurde, kann eine zu extensive Hand-
 ßungsverfügungen vor einem Entschluss, die Apo- habe der Schließung (z. B. Betriebsferien, Befreiungen
 theke dauerhaft in Abend-/Nachtstunden oder an samstags oder mittwochs) zu einer Minderung der Ein-
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 Sonn- und Feiertagen zu öffnen, erspart Ärger und nahmen des Verpächters führen. Eine Schließung ist
 Geld. Jedenfalls sollte die Entscheidung, Schließungs- deshalb nur zulässig, wenn der Verpächter zugestimmt 15
 anordnungen mangels Kompetenz zu Fall zu bringen, hat. Dies gilt auch dann, wenn es keine ausdrückliche
 durch den Inhaber bewusst getroffen werden. Regelung über Betriebs-/Schließungszeiten der Apo-
 theke gibt. Es handelt sich jedenfalls um eine vertragli- 16
8 1 Regelung der Dienstbereitschaft

 che Nebenpflicht, die Apotheke ordnungsgemäß – ohne ter und ihres Personals bleibt hiervon jedoch unverän-
 Betriebsferien – zu betreiben, wenn der Pachtzins hier- dert.
 von mittelbar abhängt (vgl. in diese Richtung auch
 Pfeil/Pieck/Blume, Apothekenbetriebsordnung, § 23 Notdienstgruppen
 Rdnr. 99 f.). Bei der teilweisen Befreiung von der Dienstbereitschaft
 werden von den zuständigen Behörden verschiedene
 TIPP Vor Schließung in den Befreiungszeiten unbe- Apotheken und Regionen in Gruppen zusammenge-
 dingt individuelle vertragliche Regelungen im Miet- fasst. Dabei kommt es zu Turnusregelungen, die über
 vertrag oder Pachtvertrag prüfen! Verwaltungsbezirke und Bundesländer hinausgehen. In
 der jeweiligen Notdienstgruppe wird dann mindestens
 eine – unter Umständen auch mehrere Apotheken –
 1.2.6 Befreiungeines Teils der Apotheken ­bestimmt, die an einem bestimmten Tag Notdienst hat.
 von der Dienstbereitschaft Wenn eine Gruppe aus 20 Apotheken besteht und
 Die Behörde befreit von der Dienstbereitschaft wäh- immer zwei nicht nebeneinander liegende Apotheken
 rend der Randzeiten einen Teil der Apotheken. Unzu- Notdienst haben, ist jede Apotheke alle 10 Tage mit
 lässig wäre es, alle Apotheken von der Dienstbereit- Notdienst an der Reihe, was zu ca. 35 Notdiensten im
 schaft zu befreien, da dadurch der Notdienst und die Jahr führt. Dabei achtet die Behörde darauf, dass auch
 allgemeine Dienstbereitschaft nicht mehr sichergestellt die jeweiligen Notdiensttage variieren. Dies ist insbe-
 wären. sondere bei einem Siebenerturnus (Notdienst alle sie-
 ben Tage) wichtig.
 Unterschiedliche Notdienstintensität
 Bei der Befreiung muss die Behörde darauf achten, dass 1.2.7 Anforderungen der Rechtsprechung
 die Belastungen zwischen den Apotheken untereinan- an die Notdienstkreise
 der aber auch im Verhältnis zur Bevölkerung einiger- Bei der Frage, welche Apotheken in welcher Gruppe
 maßen gleichmäßig verteilt sind. Grundsätzlich gibt es und in welchen Turnus miteinbezogen werden, hat die
 auf dem Land deutlich mehr Notdienste als in der Stadt. Apothekerkammer ein erhebliches Ermessen. Die Be-
 In sehr ländlichen Regionen oder auf den Inseln kann lastungen der betroffenen Apotheker einerseits sind mit
 es ständige Dienstbereitschaft geben, wenn es in ange- der Notwendigkeit des Notdienstes für die Bevölkerung
 messener Nähe der jeweiligen Apotheke keine weiteren andererseits abzugleichen und abzuwägen. Die Bevöl-
 Apotheken gibt, die Notdienste übernehmen könnten. kerung hat keinen Anspruch darauf, eine in jeder Hin-
 Bei der Notdienstanordnung ist auf eine gerechte sicht möglichst bequeme Arzneimittelversorgung zu
 Verteilung der Belastung des Notdienstes unter den haben (vgl. VG München, Urteil vom 06. Juni 1989, Az.
 Apotheken, die gleichmäßige Verteilung der Notdienst- M 16 K 88.5088).
 apotheken über das Gemeindegebiet und eine mög- Nach der – älteren – Rechtsprechung des Bundesver-
 lichst gleichmäßige Verteilung der Notdienstapotheken waltungsgerichts (Urteil vom 27. Dezember 1985, Az.
 abzustellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Mai 2011, Az. 22 B 81 A. 117) kann es bei einer geringeren Anzahl er-
 3 C 21/10, Juris-Rdnr. 24). Bei der Frage, ob eine neue fassbarer Apotheken zulässig sein, wenn die nächste
 Apotheke gegründet oder übernommen wird, aber dienstbereite Apotheke erheblich mehr als sieben Kilo-
 auch bei der Suche nach angestellten Approbierten, meter entfernt ist und die Inanspruchnahme eines
 spielen die Notdienstturni eine nicht zu unterschät- öffent­lichen Verkehrsmittels mehr als eine Stunde er-
 zende Rolle. Es hat erhebliche Auswirkungen auf die fordert. Grundsätzlich ist jede Situation individuell zu
 Lebensqualität und Planung, ob im Jahr 10 Notdienste betrachten. Es gibt eine Vielzahl von Einzelfallentschei-
 erbracht werden müssen oder ob die Zahl bei 80 Not- dungen, wie weit die vom notdienstsuchenden Kunden
 diensten liegt. zurückzulegenden Entfernungen zur nächsten dienst-
 Zwar muss der Apothekenleiter den Notdienst nicht bereiten Apotheke sein dürfen. Dabei spielen die topo-
 selbst erbringen, sondern kann hierfür approbiertes graphische Lage der Apotheke, Besiedlung, Arztpraxen,
 Personal einsetzen (▸ Kap. 4), dieses muss aber erstens Straßenverhältnisse etc. eine Rolle. Das Abstellen auf
 gefunden und zweitens bezahlt werden. Angestellte den öffentlichen Nahverkehr erscheint dabei schwierig.
 Apotheker werden sich bei der Arbeitsplatzwahl durch- In den Zeiten, in denen der Notdienst meist in An-
 aus davon leiten lassen, ob eine Tätigkeit in Apotheke A spruch genommen wird (spätnachts, Wochenende),
 mit 10 Notdiensten oder in der Apotheke B mit 80 Not- fährt der öffentliche Nahverkehr regelmäßig nicht oder
 diensten verbunden ist. Die wirtschaftliche Belastung ist eingeschränkt. In ländlichen Regionen sind Taktun-
 der Notdienstapotheken ist durch den Notdienstfonds gen von einer Stunde schon an Werktagen eher erfreu-
 (▸ Kap. 7) etwas gemindert worden. Die persönliche lich, sodass es auf die Erreichbarkeit mit öffentlichen
 und zeitliche Belastung der betroffenen Apothekenlei- Verkehrsmitteln kaum ankommen darf.
1.2 Allgemeine Handlungsempfehlungen 9

 Nach der Rechtsprechung soll es zulässig sein, wenn Für Irritationen sorgt es, wenn Apotheken – aus wel-
allgemein auf Kilometerentfernung abgestellt wird und chen Gründen auch immer – überhaupt nicht in den
nicht auf die Frage der tatsächlichen Erreichbarkeit Notdienst einbezogen werden, wie dies bei einer Apo-
(vgl. etwa VG Ansbach, Urteil vom 12. Oktober 2016, theke in Westfalen-Lippe über viele Jahre der Fall war
Az. AN 4 K 16.00120 – einen Turnus, der zu 70 Not- (vgl. DAZ.online vom 07.05.2019 –Apotheke ohne Not-
diensten im Jahr einer Apotheke führt, nicht als ermes- dienste).
sensfehlerhaft ansehend). Die einzelnen Befreiungen und Notdienstverfügun-
 Grundsätzlich ist heute eine Anreiseentfernung des gen werden den betroffenen Apothekern bekannt gege-
potenziellen Kunden von 15 Kilometern nicht zu be- ben. Sie werden auch regelmäßig auf den Kammerweb-
anstanden (vgl. Regensburg, Urteil vom 27. November seiten veröffentlicht, sodass Kunden über die Webseite
2014, Az. RO 5 K 13.1861; VG München, Beschluss in Erfahrung bringen können, welche Apotheke gerade
vom 18. Dezember 2018 – M 16 S 18.5013). Liegt eine Notdienst hat. Regelmäßig halten die Kammern auch
Entfernung von mehr als 21 Kilometern vor, ist dies re- Tools bereit, die es den Apotheken in einer Gruppe er-
gelmäßig keine zumutbare Entfernung für den Kunden möglichen, Ausdrucke für die notwendigen Hinweise
mehr (VG Regensburg, Urteil vom 27. November 2014, auf die jeweilige notdiensthabende Apotheke zu ferti-
Az. RO 5 K 13.186.) Eine Entfernung, die in 20 Minuten gen (▸ Kap. 6). 1
mit dem Auto zurückgelegt werden kann, ist dem Pa-
 1.2.8 Besondere Befreiungsmöglichkeiten
tienten aber ohne Weiteres zumutbar (VG Sigmaringen, 2
Urteil vom 25. Oktober 2005, Az. 9 K 284/04). Neben der allgemeinen Befreiung eines Teils der zur
 Dienstbereitschaft verpflichteten Apotheker von der
 TIPP Wenn die Notdiensteinteilungen mit Not- Pflichtdienstbereitschaft nach § 23 Abs. 1 ApBetrO 3
 dienstgruppen und Turnusregelungen kommen, soll- kann die Apothekerkammer Apotheker für die Dauer
 ten die betroffenen Apotheker prüfen, welche der ortsüblichen Schließzeiten, der Mittwochnachmit-
 zurückzulegenden Entfernungen berücksichtigt wor- tage, Sonnabende oder der Betriebsferien und, sofern
 4
 den sind, wie viele Apotheken im Notdienstkreis ein berechtigter Grund vorliegt, auch außerhalb dieser
 zusammengefasst sind und wie die Regelungen in Zeiten von der Dienstbereitschaft befreien, wenn die 5
 Nachbarnotdienstkreisen sind, ob gegebenenfalls Arzneimittelversorgung in dieser Zeit durch eine an-
 eine Umstrukturierung oder Verzahnung in Betracht dere Apotheke, die sich auch in einer anderen Ge-
 kommen kann, um Belastungen möglichst gleich­ meinde befinden kann, sichergestellt ist. 6
 mäßig zu verteilen. Idealerweise werden Vorschläge
 hierzu schon im vorgeschalteten Anhörungsverfahren Allgemeine Anforderungen 7
 bei der Apothekerkammer platziert. Gegen die Die ortsüblichen Schließzeiten, von denen die Behörde
 Dienstbereitschaftsregelungen kann innerhalb von befreien kann, variieren von Region zu Region. Es kann
 einem Monat nach der Bekanntgabe gerichtliche möglich sein, dass morgens erst später geöffnet wird, 8
 Hilfe in Anspruch genommen werden. dass es Mittagspausen, Mittagszeiten gibt, an be­
 stimmten Wochentagen früher geschlossen wird, in
Beim Wechselmodus ist dann auch zu gewährleisten, ­bestimmten Regionen z. B. der Faschingsdienstag oder
 9
dass die betroffenen Apotheker möglichst gleichmäßig Rosenmontag ein quasi-Feiertag ist, der eine Beschrän-
mit Wochenend-, Nacht- und Feiertagsdiensten belas- kung der Dienstbereitschaft rechtfertigt. In Großstäd- 10
tet werden. Für besonderen Unmut sorgt es, wenn die ten und Einkaufszentren wird es solche ortsübliche
Turni in einander angrenzenden Notdienstbezirken Schließzeiten kaum mehr geben.
sehr unterschiedlich sind. Die Behörde hat auch hier ein Ermessen („kann“). 11
 In der Regel wechselt die Dienstbereitschaft täglich. Die Befreiung kann in Form von Allgemeinverfügun-
Möglich wäre es auch, mit einer wöchentlichen Dienst- gen (z. B. für Mittwochnachmittage) erfolgen oder in 12
bereitschaft zu arbeiten, wobei dann die Arbeitszeitbe- Form von individuellen, begünstigenden Verwaltungs-
lastung für den betroffenen Apotheker (und sein Perso- akten (Betriebsferien, sonstiger berechtigter Grund).
nal) erheblich ist. Voraussetzung ist immer, dass die Arzneimittelver- 13
 Fühlt sich ein Apotheker durch eine Regelung sorgung durch eine andere Apotheke sichergestellt ist.
­benachteiligt, kann er hiergegen verwaltungsgerichtlich Auch wenn die von der Dienstbereitschaft befreite Apo-
 vorgehen. Die Notdienstregelungen stellen einen belas- theke die einzige Apotheke in einem Ort ist, schließt
 14
 tenden Verwaltungsakt in Form einer allgemeinen das eine Befreiung nicht aus. Der Gesetzgeber hat aus-
 ­Verfügung dar, der im Rahmen der gerichtlichen Über- drücklich darauf hingewiesen, dass die Arzneimittel- 15
 prüfung auf Ermessensfehlgebrauch und Ermessens­ versorgung auch durch eine Apotheke in einer anderen
 defizite überprüft werden kann (BVerwG, Urteil vom Gemeinde gewährleistet werden kann.
 18. Mai 1990, Az. 8 C 48/89). 16
10 1 Regelung der Dienstbereitschaft

 Nach überwiegender Auffassung dürfen an die Si- Verkehrsmitteln besser erreichbar ist, an der Haupt-
 cherstellung der Arzneimittelversorgung jedoch nicht straße liegt und gut ausgeleuchtet ist, die Notdienste für
 die Kriterien, die zu § 23 Abs. 1 ApBetrO entwickelt eine andere Filialapotheke, deren Lager nicht so ideal
 worden sind, angesetzt werden. Im Rahmen des § 23 ist, übernimmt, ist aber nicht nachvollziehbar. Das Ar-
 Abs. 2 ApBetrO geht es nicht um eine Notfallversor- gument, dass Einwohner möglichst gleiche Strecken zur
 gung, sondern um die normale Gewährleistung der jeweiligen Notdienstapotheke zurücklegen sollen, greift
 Arzneimittelversorgung. Dies rechtfertige es, bei den jedenfalls bei nahegelegenen Filialen nicht und dürfte
 Entfernungsgrenzen, die im Rahmen der Notdienstver- auch die Interessen der Kunden nicht ausreichend ge-
 sorgung entwickelt worden sind, Abstriche zu machen. wichten. Wenn ein Kunde nachts ein Arzneimittel be-
 Vielmehr sei auf die Entfernungsgrenzen, die zu § 24 nötigt, wird er gerne 200 Meter mehr an Entfernung
 ApBetrO (Rezeptsammelstellen) entwickelt worden zurücklegen, wenn er dann das Arzneimittel durch das
 sind, abzustellen (VGH Baden-Württemberg, Beschluss größere Lager weitgehend sicher erhält.
 vom 28. November 1994, Az. 9 S 423/94; s. auch Cyran/
 Rotta, Apothekenbetriebsordnung, § 23 Rdnr. 94). Eine Keine Befreiung für Ehegattenapotheken
 geöffnete Apotheke muss danach in einer Entfernung Ebenso wenig wie Filialapotheken, die benachbart sind,
 von nicht mehr als fünf bis sechs Kilometern erreichbar nach der – nicht überzeugenden – Rechtsprechung
 sein; bei einer Befreiung von der Dienstbereitschaft aus keine Dauerbefreiung erhalten können, ist dies bei Ehe-
 besonderem Grund muss also die nächste offene Apo- gatten-Apotheken der Fall (OVG Lüneburg, Urteil vom
 theke deutlich näher liegen als im regulären Notdienst, 30. Januar 1987, Az. 8 A 34/85). Auch Art. 6 Abs. 1 GG
 bei dem auch Entfernungen von 15 km zur nächsten führe hier nicht zu einem berechtigten Grund. Es sei die
 dienstbereiten Apotheke gebilligt werden. freie Entscheidung der Ehegatten, eigene Apotheken zu
 Berechtigte Gründe für eine Dienstbefreiung im betreiben. Hierzu gehöre auch die Dienstbereitschaft,
 Einzelfall können kurzfristige Erkrankungen, Familien- von der nicht einige befreit werden können, da ansons-
 feiern, Fortbildungsveranstaltungen, Renovierungs- ten die Versorgungslage der Bevölkerung nachteilig be-
 arbeiten etc. sein. einflusst werden kann.

 TIPP Befinden sich in der Nähe der eigenen Apo- 1.2.9 Sonderfall Krankenhausversorgung
 theke noch andere Apotheken und lässt sich ein Ver- Nach § 23 Abs. 6 ApBetrO haben Apotheken, die Kran-
 treter für eine Urlaubsabwesenheit von zwei Wochen kenhäuser mit Arzneimitteln und apothekenpflichtigen
 im Sommer nicht finden, kann ein Antrag bei der Medizinprodukten versorgen, unbeschadet der weite-
 Apothekerkammer auf eine individuelle Befreiung ren Vorgaben des § 23 ApBetrO mit dem Träger des
 von der Dienstbereitschaft aufgrund von Betriebs­ Krankenhauses eine Dienstbereitschaftsregelung zu
 ferien lohnenswert sein. treffen, die die ordnungsgemäße Arzneimittelversor-
 gung des Krankenhauses und Beratung durch einen
 Apotheker der Apotheke gewährleisten. Für die Versor-
 Keine Verlagerung von Notdiensten auf eine Filial- gung eines Krankenhauses ist nach § 14 ApoG der Ab-
 apotheke schluss eines Vertrages notwendig, der von der zustän-
 Kein berechtigter Grund für eine Befreiung von der digen Behörde genehmigt werden muss. Voraussetzung
 Verpflichtung zur Dienstbereitschaft ist die Verlage- für die Genehmigungsfähigkeit ist die im Notfall unver-
 rung eines Notdienstes innerhalb eines Filialverbundes zügliche persönliche Beratung des Krankenhausperso-
 auf eine bestimmte (Filial-)Apotheke (BVerwG, Urteil nals durch den Leiter der krankenhausversorgenden
 vom 26. Mai 2011, Az. 3 C 21/10). Es soll dadurch ver- Apotheke und die Belieferung mit benötigten Arznei-
 hindert werden, dass sich Schwerpunktapotheken bil- mitteln.
 den. Ob dies im Interesse der Bevölkerung steht, ist hin- Es bietet sich an, die Details der zusätzlichen Dienst-
 gegen mehr als fraglich. Die Erreichbarkeit von Apo- bereitschaft nach § 23 Abs. 6 ApBetrO schon in dem
 theken ist unterschiedlich gut ausgeprägt. Gleiches gilt Krankenhausversorgungsvertrag zu regeln. Umfang
 für Art und Umfang des Warenlagers. Zwar gibt es für und Inhalt richten sich nach Größe, Bettenzahl, Spezia-
 jede Apotheke eine Grundbevorratungspflicht nach lisierung des Krankenhauses und der Häufigkeit von
 § 15 ApBetrO (▸ Kap. 23), ansonsten sind die Apothe- Notfällen. Eine kleine Klinik, die nur ab und zu statio-
 ken bei der Ausgestaltung ihres Warenlagers jedoch näre Patienten hat, ist dabei anders zu behandeln als ein
 weitgehend frei. Weshalb es keinen berechtigten Grund großes Krankenhaus mit einer Vielzahl von Notfällen.
 darstellen soll, wenn zwei nahe beieinander gelegene Nicht notwendig ist es, dass der Leiter der kranken-
 Filialapotheken ihren Notdienst so organisieren wollen, hausversorgenden Apotheke sich während der Dienst-
 dass die Apotheke mit dem größeren Warenlager, die bereitschaft in der Apotheke oder in unmittelbarer
 mit Parkplätzen besser ausgestattet ist, mit öffentlichen Nachbarschaft aufhält, wie dies bei der „normalen“
1.3 Arbeitshilfen 11

Dienstbereitschaft nach § 23 Abs. 3 ApBetrO notwendig einem Altenheim sonntags dringend Arzneimittel be-
ist. Eine Beratung kann fernmündlich oder mit elektro- nötigt, können diese in einer „normalen“ notdienstha-
nischen Informationssystemen, Bildschirmtelefonie benden Apotheke vom Heimpersonal für die Heimbe-
o. Ä. sichergestellt werden. Entscheidend ist, dass im wohner besorgt werden. Sofern der Heimträger mit der
Notfall der krankenhausversorgende Apotheker – oder heimversorgenden Apotheke vertraglich eine beson-
approbiertes Personal von ihm – von dem Krankenhaus dere Versorgung zu Nacht- und Notdienstzeiten verein-
erreicht werden kann. bart, können diese Regelungen den Apotheker zu einer
 Für die Altenheimbelieferung gibt es keine besonde- vertraglichen Dienstbereitschaft verpflichten.
ren rechtlichen Vorgaben für den Notdienst; werden in

1.3 Arbeitshilfen

 □ Tab. 1.1 Zuständige Behörden (Fortsetzung)
 Bundesland Zuständige Behörde i. S. d. § 23 ApBetrO Zuständige Behörde für Anordnungen von 1
 Schließungen nach den Ladenöffnungsgesetzen

 Baden-Württemberg § 6 Abs. 1 Nr.1 HBKG (Heilberufe-Kammergesetz § 6 Abs. 1 Nr. 2 HBKG (Heilberufe-Kammergesetz
 2
 BW): die Landesapothekerkammer BW): die Landesapothekerkammer

 Bayern § 3 Abs. 3 ZustVAMÜB (Arzneimittelüberwa-
 chungszuständigkeitsverordnung): die Landes-
 § 3 Abs. 3 ZustVAMÜB (Arzneimittelüberwachungs-
 zuständigkeitsverordnung): die Landesapotheker-
 3
 apothekerkammer kammer

 Berlin Nr. 32 Abs. 6 zu § 2 Abs. 4 S. 1 ASOG Bln (Allge-
 4
 meines Gesetz zum Schutz der öffentlichen
 Sicherheit und Ordnung in Berlin): das Landes-
 amt für Gesundheit und Soziales
 5
 Brandenburg § 4 Abs. 1 AMZusTV BB (Verordnung über die
 Zuständigkeit im Arzneimittelwesen): die Lan-
 § 6 Abs. 2 BbgLöG Brandenburgisches Ladenöff-
 nungsgesetz: die Landesapothekerkammer
 6
 desapothekerkammer

 Bremen § 2 Abs. 2 BrApoZustBek (Apothekenwesenzu-
 7
 ständigkeitsbekanntmachung): die Apotheker-
 kammer Bremen
 8
 Hamburg § 6 Abs. 2 HmbKGH (Hamburgisches Kammerge-
 setz für die Heilberufe): die Apothekerkammer
 Hamburg
 9
 Hessen § 6 Abs. 1 Nr. 1,2,4 ÄweitBiG HE (Heilberufsge- § 4 Abs. 2 HLöG (Hessisches Ladenöffnungsgesetz):
 setz): die Landesapothekerkammer die Landesapothekerkammer Hessen
 10
 Mecklenburg-­ § 1 der Verordnung zur Übertragung von Aufga- Ziff. II Nr. 2 der Anlage zur LöffGZustVO M-V (Verord-
 Vorpommern ben auf die Apothekerkammer: die Apotheken- nung über die Regelung von Zuständigkeiten nach 11
 kammer Mecklenburg-Vorpommern dem Ladenöffnungsgesetz): die Apothekenkammer
 Mecklenburg-Vorpommern
 12
 Niedersachsen § 1 Ziff. 2d HeiBerKAufgÜtrV: die Apotheker-
 kammer Niedersachsen
 13
 Nordrhein-Westfalen § 9 Abs. 1 Nr. 5 HeilBerG (Heilberufsgesetz): die § 7 Abs. 2 Ladenöffnung: die Apothekerkammer
 Apothekerkammern
 14
 Rheinland-Pfalz § 1 Abs. 2 Nr. 1 ApoGZustV RP (Landesverord- § 5 LadöffnG (Ladenöffnungsgesetz Rheinland-
 nung über die Zuständigkeiten auf dem Gebiet Pfalz): die Landesapothekerkammer
 des Apothekenrechts): die Landesapotheker- 15
 kammer Rheinland-Pfalz

 16
12 1 Regelung der Dienstbereitschaft

 □ Tab. 1.1 Zuständige Behörden (Fortsetzung)
 Bundesland Zuständige Behörde i. S. d. § 23 ApBetrO Zuständige Behörde für Anordnungen von
 Schließungen nach den Ladenöffnungsgesetzen

 Saarland § 3 Nr. 7 AABTHZustV (Verordnung über die § 11 Abs. 3 LÖG (Ladenöffnungsgesetz Saarland): die
 Zuständigkeiten auf dem Gebiet des Arzneimit- Apothekerkammer des Saarlandes
 tel-, des Apotheken-, des Betäubungsmittel-,
 des Transfusions- und des Heilmittelwerbe-
 rechts): die Apothekerkammer des Saarlandes

 Sachsen § 3 Abs. 2 Nr. 1 HeilPharmVO (Verordnung Heil- § 3 Abs. 2 Nr. 2 HeilPharmVO (Verordnung Heil­
 berufe und Pharmazie): die Sächsische Landes- berufe und Pharmazie): die Sächsische Landes­
 apothekerkammer apothekerkammer

 Sachsen-Anhalt § 5 Abs. 6 KGHB-LSA (Gesetz über die Kammern
 für Heilberufe Sachsen-Anhalt): die Apotheker-
 kammer

 Schleswig-Holstein § 6 Abs. 1 Nr. 1 GesRZustV SH (Landesverord- § 6 Abs. 1 Nr. 2 GesRZustV SH (Landesverordnung zur
 nung zur Regelung von Zuständigkeiten nach Regelung von Zuständigkeiten nach gesundheits-
 gesundheits- und tiergesundheitsrechtlichen und tiergesundheitsrechtlichen Vorschriften): der
 Vorschriften): der Vorstand der Apotheker­ Vorstand der Apothekerkammer Schleswig-Holstein
 kammer Schleswig-Holstein

 Thüringen § 6 Abs. 1 Nr. 1–3 ThürHeilBG (Thüringer Heil-
 berufegesetz): die Landesapothekerkammer

 □ Tab. 1.2 Regelungen der Bundesländer in Länder-Ladenschluss/-öffnungs-Gesetzen zu Öffnungszeiten und
 ­Schließzeiten sowie Sortimentsbeschränkungen (Fortsetzung)

 Bundesland Öffnungs-/Schließzeiten Sonderregelung Apotheken Sortimentsbeschränkung bei
 Sonderregelung

 Baden-Württemberg Schließzeiten: § 4 Abs. 1: Apotheken dürfen auch Arznei-, Krankenpflege-,
 § 3: sonn- und feiertags; abweichend von § 3 geöffnet sein; Säuglingspflege- und Säug-
 24.12. falls Werktag ab § 4 Abs. 2: Anordnung durch zustän- lingsnährmittel, Hygienearti-
 14 Uhr dige Behörde, dass abwechselnd Teil kel, Desinfektionsmittel
 der Apotheken geschlossen sein muss

 Bayern (kein eigenes Schließzeiten: § 4 Abs. 1: Apotheken dürfen an allen Arznei-, Krankenpflege-,
 Landesgesetz, es gilt Montag bis Samstag bis 6 Tagen während des ganzen Tages Säuglingspflege- und Säug-
 das Ladenschlussge- Uhr und ab 20 Uhr; sonn- geöffnet sein; lingsnährmittel,
 setz des Bundes fort) und feiertags; 24.12. falls § 4 Abs. 2: nach Landesrecht zustän- hygienische Artikel sowie Des-
 Werktag bis 6 Uhr und ab dige Verwaltungsbehörde hat anzu- infektionsmittel
 14 Uhr ordnen, dass abwechselnd ein Teil
 der Apotheken geschlossen sein muss

 Berlin Schließzeiten: § 5 Ziff. 1: Apotheken dürfen an Sonn- Arzneimittel und apotheken-
 § 3: sonn- und feiertags; und Feiertagen am 24.12. geöffnet übliche Waren
 24.12. falls Werktag ab sein.
 14 Uhr

 Brandenburg Schließzeiten: § 6 Abs. 1: Apotheken dürfen auch Arzneimittel und apotheken-
 § 3: sonn- und feiertags; abweichend von § 3 geöffnet sein; übliche Waren
 24.12. falls Werktag ab § 6 Abs. 2: sofern durch Apotheker-
 14 Uhr kammer Dienstbereitschaft eingerich-
 tet ist, gilt Abs. 1 nur für diese Apo-
 theken
1.3 Arbeitshilfen 13

 □ Tab. 1.2 Regelungen der Bundesländer in Länder-Ladenschluss/-öffnungs-Gesetzen zu Öffnungszeiten und
­Schließzeiten sowie Sortimentsbeschränkungen (Fortsetzung)

 Bundesland Öffnungs-/Schließzeiten Sonderregelung Apotheken Sortimentsbeschränkung bei
 Sonderregelung

 Bremen § 4 Abs. 1: Apotheken dürfen auch Arznei-, Krankenpflege-,
 Schließzeiten: abweichend von § 3 geöffnet sein; Säuglingspflege- und Säug-
 § 3: sonn- und feiertags; § 4 Abs. 2: sofern durch Apotheker- lingsnährmittel, hygienische
 24.12. falls Werktag ab kammer Dienstbereitschaft eingerich- Artikel, Desinfektionsmittel
 14 Uhr tet ist, gilt Abs. 1 nur für diese Apo-
 theken

 Hamburg Schließzeiten: § 6 Abs. 1: Apotheken dürfen auch Arznei-, Krankenpflege-,
 § 3: sonn- und feiertags; abweichend von § 3 geöffnet sein Säuglingspflege- und Säug-
 24.12. falls Werktag ab lingsnährmittel, hygienische
 14 Uhr Artikel, Desinfektionsmittel
 1
 Hessen Schließzeiten: § 4 Abs. 2: Apotheken dürfen auch Arznei-, Krankenpflege-,
 § 3 Abs. 2: sonn- und abweichend von § 3 geöffnet sein; Säuglingspflege- und Säug-
 feiertags; 24.12. falls Landesapothekerkammer hat anzu- lingsnährmittel, hygienische 2
 Werktag ab 14 Uhr; Grün- ordnen, dass abwechselnd ein Teil Artikel, Desinfektionsmittel
 donnerstag ab 20 Uhr, der Apotheken geschlossen sein muss
 31.12. falls Werktag ab 3
 14 Uhr

 Mecklenburg-­ Schließzeiten: § 4 Abs. 1: Apotheken dürfen auch Arznei-, Krankenpflege-, 4
 Vorpommern Grds. samstags 22–24 abweichend von § 3 geöffnet sein; Säuglingspflege- und Säug-
 Uhr; sonn- und feiertags; § 4 Abs. 2: zuständige Behörde kann lingsnährmittel, hygienische
 24.12. falls Werktag ab anordnen, dass abwechselnd ein Teil Artikel, Desinfektionsmittel 5
 14 Uhr der Apotheken geschlossen sein muss

 Niedersachsen Schließzeiten: § 4 Abs. 1 Nr. 1 lit. a: Apotheken dür- Keine Sortimentsbeschränkung 6
 § 3 Abs 2, 3: sonn- und fen auch abweichend von § 3 geöffnet
 feiertags; 24.12. und sein
 31.12. falls Werktage ab 7
 14 Uhr

 Nordrhein-Westfalen Schließzeiten: § 7 Abs. 1: Apotheken dürfen auch an Arznei-, Krankenpflege-, 8
 §§ 4, 5: sonn- und feier- Sonn- und Feiertagen geöffnet sein; Säuglingspflege- und Säug-
 tags; 24.12. falls Werktag § 7 Abs. 2: Apothekerkammer regelt, lingsnährmittel, hygienische
 ab 14 Uhr dass abwechselnd ein Teil der Apo- Artikel, Desinfektionsmittel 9
 theken geschlossen sein muss

 Rheinland-Pfalz Schließzeiten: § 5: Apotheken dürfen an allen Tagen Keine Sortimentsbeschränkung 10
 § 3: Montag bis Samstag ohne zeitliche Begrenzung geöffnet
 bis 6 Uhr und ab 22 Uhr; sein;
 sonn- und feiertags, Landesapothekerkammer kann 11
 24.12. falls Werktag bis 6 regeln, dass abwechselnd ein Teil der
 Uhr und ab 14 Uhr Apotheken geschlossen sein muss
 12
 Saarland Schließzeiten: § 4 Abs. 1: Apotheken dürfen an allen § 4 Abs. 1: Arznei-, Kranken-
 § 3; Montag bis Samstag Tagen ohne zeitliche Begrenzung pflege-, Säuglingspflege- und
 bis 6 Uhr und ab 20 Uhr; geöffnet sein; Säuglingsnährmittel, hygieni-
 13
 24.12. falls Werktag bis 6 § 4 Abs. 2: zuständige Verwaltungsbe- sche Artikel, Desinfektionsmit-
 Uhr und ab 14 Uhr; sonn-
 und feiertags
 hörde hat anzuordnen, dass abwech-
 selnd ein Teil der Apotheken
 tel
 14
 geschlossen sein muss
 15

 16
14 1 Regelung der Dienstbereitschaft

 □ Tab. 1.2 Regelungen der Bundesländer in Länder-Ladenschluss/-öffnungs-Gesetzen zu Öffnungszeiten und
 ­Schließzeiten sowie Sortimentsbeschränkungen (Fortsetzung)

 Bundesland Öffnungs-/Schließzeiten Sonderregelung Apotheken Sortimentsbeschränkung bei
 Sonderregelung

 Sachsen Schließzeiten: § 4: Apotheken dürfen an allen Tagen Keine Sortimentsbeschränkung
 § 3: Montag bis Samstag ganztägig geöffnet sein;
 bis 6 Uhr und ab 22 Uhr; Apothekerkammer hat zu regeln, dass
 24.12. falls Werktag bis 6 abwechselnd ein Teil der Apotheken
 und ab 14 Uhr; sonn- geschlossen sein muss
 und feiertags

 Sachsen-Anhalt Schließzeiten: § 4 Abs. 1: Apotheken dürfen abwei- Keine Sortimentsbeschränkung
 § 3: samstags ab 20 Uhr, chend von § 3 zu Zeiten geöffnet sein,
 24.12. falls Werktag ab für die eine Dienstbereitschaft einge-
 14 Uhr; sonn- und feier- richtet ist
 tags

 Schleswig-Holstein Schließzeiten: § 6 Abs. 1: Apotheken dürfen auch Arznei-, Krankenpflege-,
 § 3 Abs. 2: sonn- und während Ladenschlusszeiten geöffnet Säuglingspflege- und Säug-
 feiertags; 24.12. falls sein; lingsnährmittel, hygienische
 Werktag ab 14 Uhr § 6 Abs. 2: zuständige Behörde hat Artikel, Desinfektionsmittel
 anzuordnen, dass abwechselnd ein
 Teil der Apotheken geschlossen sein
 muss

 Thüringen Schließzeiten: § 5: Apotheken dürfen an Sonn- und Arzneimittel und apotheken-
 § 4: samstags ab 20 Uhr; Feiertagen sowie am 24. und 31.12. übliche Waren
 sonn- und feiertags; ganztägig geöffnet sein;
 24.12. und 31.12. falls ist durch die Landesapothekerkam-
 Werktage ab 14 Uhr mer eine Dienstbereitschaft einge-
 richtet, gilt dies nur für die darin
 bestimmten Apotheken
232 45 Augenerkrankungen

 45 Augenerkrankungen
 Dr. Peter Schürmann, Prof. Dr. Sebastian Baum

 Verschiedene Augenerkrankungen können Menschen wenn Augeninfektionen oder -verletzungen selber sel-
 dazu bewegen, den Apothekennotdienst aufzusuchen. ten zu systemischen und vegetativen Symptomen füh-
 Neben Infektionen wie eine Bindehautentzündung sind ren, ist auch nach Fieber und vegetativen Begleit-
 akute allergische Reaktionen und akute Verletzungen erscheinungen zu fragen. Im Rahmen von Erkältungen
 am oder im Auge die häufigsten Ursachen. Daher ist es treten beispielsweise Bindehautentzündungen häufiger
 wichtig, akute Augenerkrankungen und -verletzungen auf.
 richtig einzuschätzen und entsprechend zu reagieren.
 Häufige akute Augenerkrankungen
 Augeninfektionen (bakteriell, viral)
 45.1 Grundproblem
 Verblitzungen
 Verletzungen durch Fremdkörper
 Die Augen sind ein extrem empfindliches, äußeres Verletzungen durch ätzende Flüssigkeiten und
 Organ, welches neben der Haut sehr anfällig für akute Feststoffe/Stäube
 Beschwerden ist. Häufig sind diese Beschwerden von Einblutungen
 vorübergehender Natur. Zudem entstehen so gut wie Netzhautablösung
 keine lebensbedrohlichen Situationen. Dennoch ist
 sehr häufig selbst bei kleinen Bagatellfällen eine medi-
 zinische Behandlung erforderlich, um dauerhafte Schä- Aus diesem Grund empfiehlt es sich, bei der Anam-
 den am Auge zu vermeiden. Daher sollte auch jedem nese folgende Aspekte abzuklären:
 Patienten mitgeteilt werden, dass vor allem bei Augen-
 Ist die Ursache der Beschwerden im Auge oder im
 verletzungen, Verblitzungen oder bei Verdacht auf In-
 Augenbereich bekannt?
 fektionen immer der Besuch des augenärztlichen Not-
 Ist das Auge vor allem morgens stark verklebt?
 dienstes zu erfolgen hat, um irreversible Beeinträchti-
 Juckt das Auge stark?
 gungen des Auges zu vermeiden. Dennoch bedarf nicht
 Tränt das Auge stark?
 jede Irritation in Form eines geröteten, tränenden und/
 oder juckenden Auges sofort einer medizinischen Be- Ist die Ursache nicht bekannt und/oder ist die Sympto-
 handlung. matik stark ausgeprägt, sollte der augenärztliche Not-
 dienst aufgesucht werden.
 Wenn Fremdkörper der Grund für die Symptome
 45.2 Allgemeine Handlungsempfehlungen sind, ist Folgendes zu erfragen:
 Sind diese vollständig entfernt?
 Wie üblich sind im Rahmen des Patientengesprächs In- Sind die Beschwerden zügig rückläufig?
 formationen über Entstehung, Auftreten und mögli- Wurde das betroffene Auge ausreichend gespült,
 cher Ursachen der Symptomatik einzuholen. In den sofern erforderlich?
 meisten Fällen kann der Patient den Grund für die Be- Können Läsionen am Auge wie an der Hornhaut
 schwerden angeben. Dazu zählen allergisch bedingte ausgeschlossen werden?
 Beschwerden und Augenverletzungen als die am häu- Können Schwindel oder Sehstörungen ausge-
 figsten geschilderten Ursachen. Sollte die Ursache nicht schlossen werden?
 bekannt sein, ist im Rahmen der Anamnese vor allem
 abzuklären, ob eine Augeninfektion vorliegt. Auch
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