Rechtsextreme an - Volksverpetzer

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Rechtsextreme an - Volksverpetzer
Rechtsextreme
Schuldzuweisungen         an
Böhmermann   und   Co:   Nur
Strache allein hat Schuld!

Verantwortung abwälzen
Es gibt Neuwahlen in Österreich. Und daran ist nur eine
einzige Person Schuld: Heinz-Christian Strache (nachfolgend
schlicht: HC). Niemand sonst. Er hat die Regierung gesprengt.
Niemand sonst. Auch wenn nun sowohl in rechtsextremen Gruppen
als   auch    in   den   Kommentarspalten      verschiedene
Argumentationsmuster vorgeschlagen werden, die das Geschehene
anderweitig framen sollen.

 Whataboutismen, Ablenkungen & Schweigen: So reagieren AfD und
 Co auf das Strache Video

Wir brechen das zunächst mal auf den Inhalt des Videos
herunter, das bereits im Juli 2017 auf der Partyinsel Ibiza
aufgenommen wurde. Übrigens drei Monate vor der
Nationalratswahl. Es ist nur eine Spekulation, aber eventuell
hätte eine damalige Veröffentlichung einen Vizekanzler HC
Strache verhindert. Eventuell sogar die ganze Koalition. Aber
wer weiß: Vielleicht wurde das Video auch zurückgehalten, um
Rechtsextreme an - Volksverpetzer
mal abzuwarten, wie sich das Ganze so entwickelt.

Strache und der Rechtsextremismus
Dass HC nach der Wahl mit dem äußersten rechten Rand
gekuschelt hat, wollte er nie zugeben. Mal hat er nur drei
Bier bestellt und hat eben nicht den sogenannten Kühnen-Gruß
gezeigt, eine „abgeschwächte“ Variante des Hitler-Grußes. Mal
wusste er nicht, dass die jungen Burschen an seinem Tisch
Mitglieder der rechtsextremen Identitären Bewegung waren.
Soweit eine kurze Einordnung von HC.

Was sehen wir auf dem Video? Wir sehen einen locker
angezogenen, auf einer Couch lümmelnden HC, einen weiteren
jungen Mann (Johann Gudenus) und eine Blondine, die eine russische
Oligarchin sein soll. Denken jedenfalls HC und J. Gudenus.

Das Video ist über 6 Stunden lang. Bekannt sind bisher nur
einige Ausschnitte, und nein, die können nicht so zusammen
geschnitten worden sein, dass HC da blöd wegkommt. Er sagt es
selbst und unmissverständlich: Die russische Oligarchin
schießt Geld für die Wahlkampfhilfe zu, im Gegenzug erhält sie
Aufträge. Sie müsste nur noch ein Unternehmen in Österreich
gründen. Die Wahlkampfhilfe erhält natürlich nicht die Partei
des HC, die FPÖ, sondern das Geld geht am Rechnungshof vorbei
an einen gemeinnützigen Verein.

Warum ist Strache kein „Volksverräter“?
Halten wir fest: HC gibt Aufträge gegen Schwarzgeld an den
Russen. Aufträge, die auch an Österreicher gehen könnten, an
„sein Volk“. Frage: Ist hier der Begriff „Volksverräter“
angebracht?

Zweite Kernaussage des Videos: Die vermeintliche Oligarchen-
Nichte beteiligt sich an der größten Boulevard-Zeitung
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Österreichs. Der Kronen-Zeitung. Das Ziel: Unliebsame
Journalisten entfernen. Wenn ein Staat dermaßen in die
Freiheit der Presse eingreift, nennt sich das Gleichschaltung.
Man liest es in den Kommentaren häufig, aber: Nein, nur weil
Medien gegen die AfD oder FPÖ schreiben bzw. berichten, sind
sie nicht staatlich gleichgeschaltet. Zumal ich an Kiosken
alle Spektren finde, von ganz links bis ganz rechts.

In der Pressekonferenz von HC gibt es zwei wesentliche Punkte:
Zunächst einmal ist der Alkohol Schuld an diesem „dummen
Fehler“ gewesen. Diese Argumentationshilfe wird in vielen
rechten Gruppen angeboten. Es wird betont, dass er ja auch
viel Gutes getan habe, und man so einen Fehler mal verzeihen
soll. Verglichen wird auch mit Schwarzgeldkassen von Helmut
Kohl oder ergaunerten Doktortiteln. Wenn schon mit
Parteispendenaffären verglichen wird, dann bitte mit denen von
Meuthen und Weidel. Das, was derzeit in Österreich passiert,
ist ein anderes Kaliber!

Cui Bono? Interessant, aber irrelevant
Der zweite Aspekt, der aus der Pressekonferenz nun aber immer
mehr in den Fokus rückt: Wer hat denn diese Aufnahmen gemacht?
Man hört immer den Namen von Jan Böhmermann, der bereits im
April entsprechende Andeutungen gemacht hatte, als er bei der
Verleihung des österreichischen TV-Preises Romy die Übernahme
der Kronen-Zeitung und auch eine „russische Oligarchenvilla“
auf Ibiza erwähnte. Fraglich ist, ob Böhmermann bereits 2017
daran interessiert war, HC zu Fall zu bringen bzw. ob er
überhaupt die Möglichkeiten zur Umsetzung gehabt hätte. Das
Zentrum für Politische Schönheit (ZPS) kommt da laut jüngsten
Berichten schon eher in Betracht:

Aber: Es ist natürlich interessant, wer denn nun konkret
dahintersteckt, und es wird auch Stück für Stück aufbereitet
werden, zum Beispiel hier beim Spiegel.

Interessanter sind und bleiben allerdings die Aussagen aus dem
Rechtsextreme an - Volksverpetzer
Video! Dass nun Politiker wie der AfD-Thüringen-Chef Bernd
Höcke (und weitere) den Skandal darin sehen, DASS ein Video
gemacht wurde, in dem einer aus ihren Reihen die
Gleichschaltung einer Zeitung und ein derart staatsfeindliches
und korruptes Handeln plant, ist absurd. Die Schuld soll nun
bei anderen gesucht werden, wie immer. Bei Böhmermann, dem
ZDF, dem ZPS und wer weiß noch wem. Das führt soweit, dass
DIESE Akteure nun bedroht werden. Aber wo ist denn eigentlich
der „Mut zur Wahrheit“?

Morddrohungen und Täter-Opfer-Umkehr

Screenshot #DieInsider / Das Aufdecken der Wahrheit ist
Rechtsextreme an - Volksverpetzer
„zehnmal so widerlich“? Absurd!

Screenshots #DieInsider / Morddrohungen gegen Jan Böhmermann –
Weil er von der Korruption eines Politikers wusste (und nichts
damit getan hat?)

Die Beobachtungen, die #dieinsider seit Monaten machen, werden
hier nur bestätigt: Wenn Rechtspopulisten und Rechtsextreme
Macht bekommen, dann schrecken sie vor nichts zurück, um ihr
Weltbild durchzusetzen. Höcke selbst stellt klar, dass „wir
leider ein paar Volksteile verlieren werden, die zu schwach
oder nicht willens sind“ (S. 257, „Nie zweimal in denselben
Fluss“, 2018) Mehr dazu hier.

Weder Jan Böhmermann, noch das ZPS tragen die Schuld an dem,
was derzeit in Österreich passiert. Es ist HC Strache selbst.
Diese Opfer-Täter-Umkehr ist wahnwitzig und wird sich nicht
durchsetzen.

Artikelbild: Alexandros Michailidis, shutterstock.com

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Rechtsextreme an - Volksverpetzer
Dieser Satz Gaulands bei
Maischberger könnte das Ende
der AfD bedeuten

Gauland hat zugegeben, dass die AfD
rechtsextrem ist
Versteht mich nicht falsch, ich bin nicht so optimistisch,
dass ich glaube, dass die AfD durch einen Satz zu Fall kommen
könnte. Dann wäre das schon längst geschehen. Auch ist die
Beobachtung durch den Verfassungsschutz weder eine ausgemachte
Sache (obwohl sie es sein sollte), noch bedeutet das
automatisch das Ende der AfD. Doch lasst mich meine
großspurige Proklamation erklären.

Der Verfassungsschutz prüft seit kurzem, ob die „Alternative
für Deutschland“ in Zukunft bundesweit überwacht werden
soll. Die Gesamt-AfD ist bisher nur ein „Prüffall“, was heißt,
dass der Verfassungsschutz bisher tatsächliche Anhaltspunkte
Rechtsextreme an - Volksverpetzer
für verfassungsfeindliche Bestrebungen sieht, aber (zumindest
noch nicht) eindeutige extremistische Tendenzen. Das heißt
aber auch, dass eine endgültige Beobachtung noch nicht
entschieden ist.

Zum „Verdachtsfall“ wurde die „Junge Alternative“, die
Jugendorganisation der AfD (Quelle). Das heißt, eine
Beobachtung ist eingeschränkt möglich. Die Bundesspitze der
Partei hatte ihre Jugend des Öfteren kritisiert und bereits
eine Trennung von ihr angekündigt (Quelle). Der
rechtsnationale „Flügel“ der AfD um Björn Höcke wurde darüber
hinaus ebenfalls zum „Verdachtsfall“ erklärt. Und hier liegt
der Knackpunkt.

Die AfD wird Höcke nicht los
Während sich die „Junge Alternative“ derzeit quasi in
Selbstauflösung befindet und zusätzlich den offiziellen Segen
der Hauptpartei verlieren könnte (Mehr dazu), sieht es beim
anderen „Verdachtsfall“ – dem Höcke-Flügel – anders aus. Nach
zwei (!) gescheiterten Versuchen, Höcke aus der Partei zu
werfen, in denen jeweils der „gemäßigtere“ Flügel der AfD
(zunächst Lucke und danach Petry) die Macht verlor, ist
deutlich: Höcke und seine Ideologie haben einen festen Platz
in der AfD. Und waren treibende Kräfte hinter immer weiteren
Radikalisierungen.

Das ist auch der Grund, warum AfD-Chef Gauland an Höcke und
dessen „Flügel“ festhält, auch wenn dieser die AfD in den
Abgrund reißen könnte. Höcke ist dafür in der AfD viel zu
mächtig und Gauland würde nur seinen eigenen Sturz wie Lucke
und Petry vor ihm herbeiführen. Warum Höcke jedoch für die AfD
und letzten Endes für unsere Demokratie eine so große Gefahr
darstellt, möchte ich zuerst beleuchten. Damit man versteht,
warum Gaulands Aussagen bei Maischberger so wegweisend sind.
Rechtsextreme an - Volksverpetzer
Höcke ist schlicht und ergreifend ein
Faschist und Neonazi
Das ist keine Übertreibung, das ist keine Polemik, das ist
keine „Nazi-Keule“. Nicht einmal mutwilliges Aus-dem-Kontext-
reißen von Einzelaussagen. Das ist ein Fakt. Wer das leugnet
ist entweder blind, naiv oder selbst Faschist. Der
Verfassungsschutz sieht das ähnlich. Und bevor rechte
Verschwörungstheorien auftauchen: Das Bundesamt für
Verfassungsschutz steht nicht gerade in der Tradition,
leichtfertig Rechtsextreme zu verfolgen. Ich möchte nur an den
NSU erinnern.

Dieses Amt sieht im Höcke-Flügel „hinreichend gewichtige
Anhaltspunkte“ dafür, „dass es sich um eine extremistische
Bestrebung handelt“. Ein beträchtlicher Teil des 1000-seitigen
Berichts    des   Verfassungsschutzes,      zusammengestellt
ausschließlich aus öffentlich zugänglichen Quellen, handelt
nur von Höcke. Ganze 400 Seiten (Quelle). Unsere LeserInnen
mögen es verstehen, dass deshalb eine Zusammenfassung von uns
nur die Oberfläche ankratzen kann. Deshalb hier ein kurzer
Umriss.

Er möchte die Zeit des Nationalsozialismus positiv betrachten,
was man aus einer Rede auch einfach herauslesen kann. Der
Geschichtslehrer (!) Höcke wünscht sich eine „tausendjährige
Zukunft“. Ideologisch hat er eindeutig eine Nähe zum
Nationalsozialismus, den er verherrlicht und verharmlost
(Quelle, Quelle). Wir könnten dutzende Aussagen, Zitate und
Forderungen aufzählen, die das belegen. Mehr hier, hier, hier
und hier. Er will das Parteiensystem und die Demokratie
abschaffen.

 Der Abschnitt der Rede von #Höcke ist viel spannender in der
 Rede, welche #Maischberger zeigte. Er will alle Parteien
 abschaffen. Das ist lt. #Gauland eben #Nationalromantik
 #nonazis #noafd #NazisRaus pic.twitter.com/cA5zbNAymK
— Frank Stollberg (@GodCoder) January 23, 2019

Höcke hat dazu aufgerufen, sich auf eine „kommende Revolution
vorzubereiten“, um sich an die Spitze der „Revolution „zu
setzen,    er   möchte   die  NS-Wirtschaftspolitik       auf
rassenbiologischer Grundlage wieder einzuführen und hat 2012
dazu aufgerufen, die NPD zu wählen. Zumindest tat das das
Pseudonym „Landolf Ladig“.

Aber ausführlichste Recherchen von Andreas Kemper zeigen, dass
man sicher sein kann, dass es sich dabei um ein Pseudonym
Höckes handelte. (Hier zu Kempers Ausführungen, hier
zusammengefasste Belege vom Zentrum für politische Schönheit)
In einem Ausschnitt des Berichts vom Verfassungsschutz,
welcher uns vorliegt, geht auch das Amt davon aus, dass es
sich hierbei um die gleiche Person handelt. Höcke ist ein
Faschist, durch und durch.

Die AfD ist die Höcke-Partei
Höcke wurde mit einer großen Mehrheit zum AfD-
Spitzenkandidaten für die Thüringer Landtagswahl 2019 gewählt.
Das jüngste Parteiausschlussverfahren scheiterte, der Vorstand
will oder muss akzeptieren, dass Höckes Ideologie und damit
sein Faschismus und sein Ethnopluralismus (Hier mehr dazu) ein
wesentlicher Teil der AfD sind (Quelle). Und das scheint zum
Glück auch der Verfassungsschutz so zu sehen.

Und deswegen war die Maischberger-Sendung so vielsagend. Nicht
die Phrasendrescherei der meisten Anwesenden, die Gauland nur
Steilvorlagen für seine Opferrolle lieferten. Zitate und
Videoausschnitte gibt es zur Genüge, wie dieser Artikel ja
zeigt, eine Konfrontation damit wäre fruchtbarer gewesen. Auch
sind Aussagen, dass die AfD lediglich „Unsinn“ (Herles)
verbreite, grob fahrlässige Verharmlosungen. Nein, der
spannende Teil kommt, als Maischberger eben auf Höcke und
dessen „Flügel“ zu Sprechen kam.
Gauland besteht zunächst darauf, dass es sich dabei um eine
„Splittergruppe“ handelt. Aber wie ich zuvor schon gezeigt
habe, ist dessen Einfluss doch durchaus viel stärker. Und der
entscheidende Satz, den Gauland sagte, eigentlich als Versuch,
um das Ausmaß des Faschismus in der AfD herunterzuspielen,
war:

 „Den ,Flügel`unterstützen auf Parteitagen allenfalls 40
 Prozent der Delegierten“

Ist der Untergang besiegelt?
Den „Flügel“ unterstützen also ganze 40% aus der AfD? Das mag
durchaus zunächst harmlos erscheinen. Aber erstens: Wer sich
mit Organisationstheorie auskennt, weiß, dass selbst kleinere,
aber gut organisierte Gruppen eine Organisation komplett
dominieren können. Die Unfähigkeit der Spitze, wiederholt
Höcke zu verbannen, ist da ein deutliches Indiz. Und zweitens:

Wie die AfD-Aussteigerin Franziska Schreiber erklärt (Quelle),
teilen sich die restlichen 60% auf drei verschiedene
politische Lager auf. Damit ist der „Höcke“-Flügel der
stärkste Flügel der Partei. Ohne die Unterstützung von Höcke
kann niemand AfD-Vorstand werden. Und deswegen schützt Gauland
ihn. Und er hat das bei Maischberger damit unabsichtlich
zugegeben. Er hat gesagt, dass die stärkste Kraft in der AfD
die Faschisten und Neonazis sind. Er hat zugegeben, dass die
AfD nicht nur einzelne Rechtsextreme hat. Sondern im Kern
selbst rechtsextrem ist.

Wenn der Verfassungsschutz seinem Namen gerecht werden will,
muss er zum Schluss kommen, dass die AfD damit direkt die
deutsche Demokratie und die freiheitlich-demokratische
Grundordnung bedroht und beobachtet werden muss. Mir
widerstrebt es, ausgerechnet im Verfassungsschutz das
vielversprechendste Mittel gegen die AfD zu sehen. Aber wenn
eine Beobachtung die Partei politisch schwächen kann oder gar
zu einer Aufspaltung führt, muss man diesen Weg gehen.

Ich wünschte mir natürlich eine „Entzauberung“ der Lügen und
verzerrten Darstellungen der AfD, dass man ihre Aussagen und
Forderungen als das erkennt, was sie sind. Und am Ende
vielleicht mit einer demokratischen Rest-AfD übrig bleibt, die
„lediglich“ wertekonservativ, marktradikal und regressiv ist.
Was ich immer noch ablehnen würde. Aber dann würde man sich
wenigstens auf einem gemeinsamen demokratischen Boden bewegen.
Doch bisher steht alles offen.

Artikelbild: Paul Velasco, shutterstock.com

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Enthüllt: Soko Chemnitz ist
in Wahrheit eine Falle für
Rechtsextreme gewesen!

ReingefalleN!
Am Montag startete die Künstlergruppe „Zentrum für politische
Schönheit“ (ZpS) vermeintlich den Aufruf, TeilnehmerInnen der
rechtsextremen Demos in Chemnitz Ende August öffentlich zu
machen. Und bei ihren Arbeitgebern zu melden. (Wir
berichteten) Als ich gestern eine lange Liste an Fällen
aufgezählt habe, in der Rechte selbst öffentliche Fahndungen
und Anprangerungen erstellt haben (Artikel hier), um deren
Heuchelei in der Kritik an der Aktion aufzuzeigen, hat sich
jetzt meine dort formulierte Vermutung bestätigt.

Natürlich war das Ganze nicht wirklich ein Aufruf,
Rechtsextreme zu „verpetzen“. Selbstverständlich machten sie
das nicht wirklich. Das ist eine Künstlergruppe, deren
Aktionen nie das waren, was sie zunächst behaupteten zu
sein. Eine Aktion, die mit Crowdfunding eine Brücke als
Fluchtweg über das Mittelmeer errichten sollte, war lediglich
Satire. Auch die vermeintliche Überwachung des Hauses von AfD-
Mann Höcke war letztlich inszeniert.

Honey Pot für Rechte
Ziel der Aktion war natürlich, Aufmerksamkeit zu erregen. In
meinem Artikel vermutete ich Kritik an den Behörden, die wenig
bis gar kein Interesse zeigten, staatsgefährdende Akteure der
rechtsextremen Szene zu belangen, oder Straftaten zu
verfolgen. Oder Satire auf die privaten Anprangerungen der
Rechten, wie auch das Meldeportal der AfD für LehrerInnen.

Wie die Gruppe auf ihrer Seite auflöst, war aber das
eigentliche Ziel, Empörung und Angst bei den Rechtsextremen zu
wecken. Die AfD, die rechtsextreme Gruppe Pro Chemnitz und
andere Gruppierungen echauffierten sich. Sie drohten mit
juristischen Folgen für die Gruppe, viele andere sendeten
Mord- und Gewaltdrohungen. (Quelle)

Rechte haben sich selbst „geoutet“
Warum sollten sie sich empören? Damit sie selbst auf der Seite
nachschauen, ob sie oder ihre Freunde „enttarnt“ wurden. Und
damit unfreiwillig die Datenbank mit ihren eigenen Namen
füllten! Wie die Gruppe mitteilt, haben sie die eingegebenen
Daten gespeichert und gesammelt. Und daraus Profile erstellt,
da die Rechtsextremen im Schnitt neben sich selbst noch 6
Freunde gesucht hatten.

Dadurch erstellten sie eine Liste mit überwiegend
Rechtsextremen und wie diese miteinander verknüpft sind.
Heraus kam eine Netzwerkanalyse und Datenvisualisierung. Jetzt
will die Gruppe die Daten genauer auswählen und Eingaben von
nicht-rechtsextremen Namen herausfiltern.

Also haben sie die Rechtsextremen reingelegt und sie dazu
verlockt, selbst freiwillig alle Daten auszuhändigen! Was
wollen sie jetzt damit machen? Laut eigener Angabe könnte das
ZpS   diese   Daten    dann   an   den   Verfassungsschutz
weiterleiten. Die Kritik daran ist, dass eine private Gruppe
KünstlerInnen in drei Tagen mehr Daten über die rechtsextreme
Szene sammeln konnte als der Verfassungsschutz in drei
Monaten. Über 2,5 Millionen Besucher zählte die Seite.

Sie     wären       froh,       wenn       ihre      Daten
beschlagnahmt werden
Falls die Polizei wieder plötzlich so schnell reagiert wie
Montag und die Daten der Gruppe beschlagnahmt, sind sie darauf
vorbereitet. Nicht nur wurden die Daten bereits anderswo
gesichert, wie uns mitgeteilt wurde. Auch wäre die ZpS
regelrecht froh, wenn man ihre Daten beschlagnahmt. Dann
könnte die Polizei nicht mehr behaupten, sie wüsste nicht
genug über die rechtsextreme Szene.

Und   jetzt?    Die   Gruppe   hat   Medien,    Rechte    und
Sicherheitsbehörden gehörig an der Nase herumgeführt. Sie hat
eine wichtige Debatte über den Rechtsextremismus in
Deutschland angestoßen und aufgezeigt, dass dieser von
Behörden und Medien viel zu sehr ignoriert wird. Stichwort ist
hier die „Hannibal“-Recherche der taz, die ein großes
rechtsextremes    Untergrundnetzwerk    in   Polizei   und
Verfassungsschutz aufdeckte – und für die sich anscheinend
kaum jemand interessiert. (Unser Bericht dazu) Wir berichten
über die weiteren Entwicklungen!

Artikelbild: Screenshot https://soko-chemnitz.de

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Heuchelei:     9      rechte
Fahndungsaufrufe           &
öffentliche Anprangerungen!

Es ist kein echter fahndungsaufruf.
natürlich!
Die für ihre kontroversen Aktionen bekannte Künstlergruppe
„Zentrum für politische Schönheit“ (ZpS) hat mit #SokoChemnitz
für Schlagzeilen gesorgt. In der Aktion tun sie so, als würden
sie eine öffentliche Fahndung nach Teilnehmern der
rechtsextremen Ausschreitungen bei den Demonstrationen in
Chemnitz Ende August fahnden, um diese zu „enttarnen“ und bei
ihren Arbeitgebern anzukreiden.

Selbstverständlich machen sie das nicht wirklich. Das ist eine
Künstlergruppe, deren Aktionen nie das waren, was sie zunächst
behaupteten zu sein. Eine Aktion, die mit Crowdfunding eine
Brücke als Fluchtweg über das Mittelmeer errichten sollte, war
lediglich Satire, auch die vermeintliche Überwachung des
Hauses von AfD-Mann Höcke war letztlich inszeniert.

Bisher veröffentlichte die Gruppe auf Twitter auch
ausschließlich Demo-Fotos, die sowieso öffentlich waren, was
kaum als Anprangerung herhalten kann, schließlich sind die
Fotos bereits im Netz und wurden sowieso auf einer
öffentlichen Veranstaltung geschossen. Auch wurde bisher
niemand „enttarnt“, der nicht sowieso schon mit seiner
Gesinnung öffentlich aufgetreten ist.

Geheuchelte Empörung
Die Aufmerksamkeit erreicht die Gruppe mit ihrer Aktion
natürlich erst dadurch, dass sie so echt wie möglich wirkt.
Das Kapital von Kunst und Satire ist stets Aufmerksamkeit. In
einer Aktion aus dem Jahr 2016 („Not und Spiele“) wurden
schließlich auch nicht wirklich Flüchtlinge von Löwen
gefressen. Zweck der Aktion ist eben darauf hinzuweisen, dass
solche öffentlichen Fahndungsaufrufe und Anprangerungen
moralisch verwerflich sind. Und so haben sie auch die AfD und
andere Rechte dazu gebracht, das einzugestehen.

Denn bisher waren das genau die Methoden, derer sich die
Rechten und die AfD bedient haben. Und das ist keine haltlose
Anschuldigung von mir. Nach nur kurzer Recherche sind mir sehr
viele durchaus sehr bekannte Beispiele eingefallen. Vielleicht
wird die Aktion solchen Aktionen in Zukunft ein Ende setzen.
Zumindest wird sie die Heuchelei der Rechten aufdecken.

1.) AfD-Meldeportale
Das vielleicht bekannteste Beispiel sind selbstverständlich
die AfD-Meldeportale für kritische LehrerInnen. Während die
Listen der verpetzten LehrerInnen inzwischen nicht mehr
öffentlich einsehbar sind, so ist doch das Anlegen von Listen
mit kritischen Personen, um diese bei ihren Arbeitgebern (hier
Schulen) anzuschwärzen genau das Gleiche, was die ZpS vorgibt
zu tun. Wenn die AfD die Aktion ablehnt, müsste sie
konsequenterweise sofort alle Meldeportale abstellen.
„Stasimethoden“: AfD hat Spitzel-Plattform, um kritische
 Lehrer zu melden

2.) Fahndung nach ZDF-KameraMann
Der neue Shootingstar der rechten Szene, Henryk Stöckl, dessen
Lügen wir bereits mehrmals behandelten, ist gleich für mehrere
private Fahndungsaufrufe verantwortlich. So rief er im
September zu Identifizierung eines Kameramannes des ZDF auf.
Zu den Vorwürfen: Anscheinend hatte der Mann nun mal, um Akku
sparen, nicht die gesamte Veranstaltung gefilmt. (Alle
Unkenntlichmachungen von uns)
3.) Öffentliche              Anprangerung           eines
Rappers
Ebenfalls Stöckl war es, der einen Rapper mit AfD-kritischen
Texten öffentlich anprangerte. Er veröffentlichte dessen
Wohnort und dessen private Seite, sowie Fotos von ihm. Was
nützt die Information über dessen Wohnort sonst, außer um ihn
zu bedrohen und einzuschüchtern und nicht sogar persönliche
Konsequenzen zu spüren? Mit „Kritik“ hat das schon lange
nichts mehr zu tun.
4.) Anprangern            von    Vorsitzender          von
Stadtmission
Wieder Stöckl, wieder eine Anprangerung. (Unkenntlichmachung
von uns)
5.) Anprangerung von Jimdo-Chef
Stöckls anscheinend beliebte Methode, um mit nicht genehmen
Personen umzugehen: Öffentliche Anprangerung und Aufruf zu
Shitstorm. Auffällig: Oft veröffentlicht er auch private
Adressen. Will er etwa, dass jemand diesen Personen einen
Besuch abstattet? So auch hier ein persönlichen Angriff auf
den Vorstand des Unternehmens, das seine Website sperrte.
6.) Anprangerung eines Richters
Ein vorletztes Mal noch Stöckl, nur um zu zeigen, wie
regelmäßig und häufig diese Methode von Rechten und speziell
ihm verwendet wird. Wir haben noch viele weitere Beispiele von
ihm gefunden, wie die Fahndung nach einer Person auf der
Chemnitz-Demo, die den Hitlergruß zeigte (den er verdächtigte,
ein Linker zu sein), einem Mann, der ein AfD-Plakat stahl,
oder jüngst eine Aufforderung, dass eine Schulleiterin
entlassen werde solle. Anprangern einer Privatperson mit Foto
und Namen und die Aufforderung, dass diese ihren Job verlieren
soll. Wo ist hier der Unterschied zu der Aktion der ZpS?
Unsere Kollegen von BuzzFeedNews führten vor kurzem auch ein
Interview mit ihm, in dem sie eine weitere Fahndung Stöckls
thematisierten:

 „Journalistin attackiert mich“ schreibt Stöckl in einem Video
 am 3. September. Während einer Demonstration in Chemnitz will
 Stöckl gesehen haben, wie eine Journalistin den Anweisungen
 des Sicherheitspersonal nicht folgt. Er konfrontiert die
 Journalistin der BILD-Zeitung vor laufender Kamera. Diese
 möchte das Gespräch beenden, Stöckl läuft ihr hinterher und
 filmt weiter. Dann drückt sie sein Handy zur Seite. Für ihn
 ist das ein Angriff der Journalistin. Er wird ihr gegenüber
 lauter, droht: „Ich stelle das online. Mein letztes Video
 hatte 400.000 Views. Ich freue mich, wenn Sie dann Ihren Job
 verlieren.“

Das tat er auch. Dazu schrieb er: „TEILT DIESES VIDEO UND
SORGEN WIR DAFÜR, DASS SO JEMAND NICHT LÄNGER ALS JOURNALISTIN
ARBEITEN DARF.“ Er sagte, er mache das nicht, um den Personen
persönlich zu schaden. Karsten Schmehl von BuzzFeed
fragte: „Sie schreiben: ‘Teilt das Video, damit sie nicht mehr
als Journalistin arbeiten darf.’ Das ist nicht persönlich
schaden?“ Und   er   daraufhin:   „Ich   kenne   sie   ja   nicht
persönlich.“

7.) Anprangern der Mitglieder des ZpS
Jetzt wird es völlig ironisch: Stöckl, für den das öffentliche
Anprangern mit Namen und Bild Alltag ist, empört sich jetzt
derart über die Methoden der ZpS, dass er… genau diese
Methoden auch verwendet und prominente Mitglieder der
Künstlergruppe mit Namen und Bild veröffentlicht.
Keine Sorge, Henryk! Wir haben die Liste nicht gemacht, um dir
persönlich zu schaden. Du warst nur ein gutes Beispiel. Wir
möchten lediglich anprangern, wenn etwas nicht in Ordnung ist.
Wir kennen dich ja nicht persönlich. Oh und alles Gute zum
Geburtstag!

8.) Falschbeschuldigung im Mordfall Keira
Pegida-Chef Lutz Bachmann beschuldigte öffentlich auf Twitter
mit Foto und Namen einen unschuldigen Mann des Mordes an Keira
G. Rechte glaubten ihm, dass es sich dabei um den Täter
handelte, es war jedoch ein Mitschüler gewesen. Die Polizei
ermittelte gegen ihn wegen übler Nachrede, falscher
Verdächtigung und Volksverhetzung. (Quelle)

9.) Falschbeschuldigung von Anas
Anas Modamani wurde durch ein Selfie mit Bundeskanzlerin
Merkel berühmt. Nach den Anschlägen von Brüssel wurde sein
Bild und Name von unzähligen Rechten verbreitet mit der
Behauptung, er sei einer der Attentäter gewesen. Also bereits
der zweite Fall von öffentlicher Anprangerung und Hetze gegen
politische Gegner, die nicht einmal das getan haben, was man
ihnen vorwarf. (Quelle)

Und viele mehr
Die Liste könnte man noch fast unendlich weiter fortführen.
Wer sucht, der findet. Ich will auch gar nicht behaupten, dass
nicht auch andere sich dieser Methode bedient haben. Aber
nicht so bekannte Meinungsmacher oder gar eine Partei aus dem
deutschen Bundestag. Und von der G20-Fahndung der BILD wollen
wir gar nicht erst anfangen. Also, wie wollt ihr es haben?
Sind Anprangerungen nicht in Ordnung? Dann hört auf damit.
Oder lebt damit, dass eure Beschwerden niemand ernst nehmen
kann.

Artikelbild: Chanwoot_Boonsuya, shutterstock.com, changes were
made

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#SokoChemnitz: Heuchelei von
Medien & Rechten aufgedeckt?

Soko Chemnitz?
Was ist passiert? Die für ihre kontroversen Aktionen bekannte
Künstlergruppe „Zentrum für politische Schönheit“ (ZpS) hat
heute wieder mit #SokoChemnitz für Schlagzeilen gesorgt:

 NEUE AKTION: Kennen Sie diese Idioten? Wir fahnden ab sofort
nach den Arbeitgebern des braunen Mobs von Chemnitz. Helfen
 Sie        uns!         Erkennen          Sie        Ihren
 Arbeitskollegen?https://t.co/Sv7pG54U7y

 — Zentrum für Politische      Schönheit   (@politicalbeauty)
 December 3, 2018

Auf ihrer Seite soko-chemnitz.de fordern sie die Menschen auf,
mutmaßliche Demo-TeilnehmerInnen der rechtsextremen Chemnitz-
Demos Ende August zu identifizieren und bei deren
ArbeitgeberInnen zu melden. (Wir berichteten hier über die
vielen Lügen, die über die Vorfälle verbreitet wurden) Sie
schreiben dazu:

 „Während normale Menschen arbeiten, treiben tausende
 Arbeitnehmer oder Staatsdiener Ausländer durch Chemnitz,
 attackieren Presse und Polizeibeamte und grüßen Hitler.

 Was würde ihr Chef wohl dazu sagen? Um das herauszufinden,
 haben wir 3    Millionen Bilder von 7.000 Verdächtigen
 ausgewertet    und danach gelöscht. Das Ziel: den
 Rechtsextremismus 2018 systematisch erfassen, identifizieren
 und unschädlich machen.“

Die Reaktionen: Eskalation pur
Erst einmal: Wenn Privatpersonen selbstständig Fahndungsbilder
ins Netz stellen, diese öffentlich als Nazis betiteln und
sogar Kopfgelder für die Identifizierung ausloben, dann ist
das eine Sache, die moralisch verwerflich und vielleicht sogar
strafrechtlich relevant ist. Falls die Bilder echt sind – und
bisher spricht nichts dagegen – ist das zu kritisieren und
kann Konsequenzen haben. Und jetzt kommt das Aber.
Der Aufschrei war groß. Welt-Chefredakteur Ulf Poschardt
nennt die Kunstaktion „Terror“, die verbale Eskalation der
Rechten kann man sich vorstellen. Das sind übrigens die
gleichen, die Spitzelportale für AfD-kritische LehrerInnen,
oder noch besser: Die von der BILD angeleitete, ebenso private
Öffentlichkeitsfahndung zu den G20-Protesten befürworteten.
Die BILD hatte mit G20 genau das gleiche gemacht, oder nicht?

 Wo war eigentlich der Aufschrei von Herrn #Berger
 als das Denunzianten-Portal der #AFD online gegangen ist,
 wo Lehrer denunziert werden sollen? #SokoChemnitz
 @politicalbeauty #Chemnitz pic.twitter.com/iH2WnlYP28

 — Antifa Zeckenbiss (@AZeckenbiss) December 3, 2018

Es ist ja Kunst
Nicht nur das: Direkt als Reaktion wurden die Namen der ZpS-
Mitglieder durch Rechte veröffentlicht. (Quelle) So viel zu
„Nazi-Methoden“. Aber das ZpS ist keine „Antifa“-Organisation,
sondern eine Künstergruppe. Natürlich gibt es einen
Hintergedanken. Die Aktion wird wohl nicht primär zum Zweck
haben, Nazis zu outen, sondern wird wohl als Kritik fungieren.
Als Kritik an AfD-Denunziantenportale, daran, dass es hunderte
Neonazis gibt, die per Haftbefehl gesucht werden (!) und frei
herumlaufen. (Quelle)

Es offenbart die Doppelmoral der Medien und der Behörden und
deren laschen Umgang mit Neonazis. Auch eine Kritik daran,
dass Rechtsextreme schon seit Jahren Listen ihrer politischen
Gegner anlegen und dass diese in Kombination mit
Gesichtserkennungssoftware und immer weiterer Überwachung
höchst gefährlich werden können. Das sagen sie selbst auf
ihrer Website.

Schließlich stehen Mitglieder von ZpS ja auch selbst auf der
Todesliste des Bundeswehrsoldaten Franco A. Dazu kann man auch
feststellen, dass ihre Aktion jetzt schon wahrscheinlich mehr
Aufmerksamkeit erregt hat, als die Aufdeckung des geheimen,
rechtsextremen Untergrundnetzwerks in Bundeswehr und Polizei
durch die taz. Auch das wäre eine Kritik an Verhältnissen, die
die Empörung erst beweist.

Sächsische Behörden
Aber das war noch nicht alles: Nur wenige Stunden nach Beginn
der Aktion #SokoChemnitz rückte bereits die Sächsische Polizei
beim von den KünsterInnen angemieteten Laden an und räumte
diesen (Quelle).

 Die @PolizeiSachsen ist im Laden von @politicalbeauty und hat
 die Plakate im Schaufenster       entfernt.   #SokoChemnitz
 pic.twitter.com/yqojdD5D9a

 — Tim Mönch (@moenchtim) December 3, 2018

Die Polizei begründete ihr (unglaublich schnelles) Eingreifen
so:

 „Da es überdies in sozialen Netzwerken Aufrufe dazu gab,
 u. a. Sachbeschädigungen an den Büroräumen im Rosenhof zu
 verüben, wurde am frühen Nachmittag seitens der Polizei
 entschieden, die Plakate im Sinne der Gefahrenabwehr zu
 entfernen und sicherzustellen.“

Warte, also müssen Rechte nur mal kurz androhen, eine ihnen
unpassende Gruppe mit Gewalt anzugreifen und die Sächsische
Polizei ist sofort zur Stelle um dann selbst einzuschreiten?
Hinzu kommt noch die Verwunderung, wie schnell und konsequent
die Polizei reagieren kann, wenn es nicht um rechte Demo-
Teilnehmer geht, die Journalisten angreifen und Hitlergrüße
zeigen. Die Polizei Sachsen stand hier bereits oft unter
Kritik, zu lasch mit Rechtsextremen umzugehen. (Hier)
Was jetzt?
Wenn die Aktion #SokoChemnitz nichts weiter sein sollte, als
per Privatfahndung Rechtsextreme öffentlich anzuprangern und
bei ihren Arbeitgebern anzuschwärzen, wäre die Aktion
definitiv überzogen und ginge zu weit. Das sind… Nazi-
Methoden. Listen anlegen, Denunzieren. Genau das, was auch wir
kritisieren. Wenn man gegen demokratiefeindliche Ideologien
glaubhaft kämpfen möchte, kann und darf man sich nicht solcher
Methoden bedienen.

Falls die Fotos echt sind, echte Namen gesammelt oder gar
weitergegeben werden, bleibt diese Kritik bestehen. Doch als
Satire und Gesellschaftskritik – und dazu ist diese Aktion
sicherlich gedacht – funktioniert sie hervorragend. Sie hat
eine neue Diskussion um rechtsextreme Angriffe auf
Journalisten und andere in Chemnitz angefacht. Sie hat die
Doppelmoral bei den Petz-Portalen und G20 aufgedeckt. Und die
sächsische Polizei bloßgestellt.

Was es davon ist, werden wir in den kommenden Tagen sehen.
Auch, wie die weiteren Reaktionen aussehen werden. Dass sie
eine Debatte darüber angestoßen haben, ist auf jeden Fall
einmal nützlich, da sie aufzeigt, wer Methoden kritisiert und
wer nur politische Gegner kritisiert. In dieser Hinsicht ist
die Aktion bereits gelungen. Wir dürfen gespannt sein.

Artikelbild: Screenshot twitter.com

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