SACHBERICHT 2020 - Sozius Hilfen Berlin gUG

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SACHBERICHT 2020 - Sozius Hilfen Berlin gUG
SACHBERICHT 2020
                      Interventionsteam der Jugendhilfe
für minderjährige „KOMT, Schwellen- und Intensivtäter*innen“ von 10 bis 17
                                 Jahre
                        Bezirksübergreifend tätig

                   Berichtszeitraum 01.01.2020- 31.12.2020

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SACHBERICHT 2020 - Sozius Hilfen Berlin gUG
Inhaltsverzeichnis

       Allgemeine Angaben zum Angebot ......................................................................................................... 3

       Vorbemerkung ........................................................................................................................................ 4
   2.1.        Berliner Zahlen ..................................................................................................................................... 5
   2.2.        Jugendkriminalität ............................................................................................................................... 6

       Daten und Fakten / Statistische Angaben ............................................................................................... 9
   3.1.        Anfragen .............................................................................................................................................. 9
   3.2.        Fallverteilung und Nutzungsgrad ......................................................................................................... 9
   3.3.        Altersstruktur und Herkunft ............................................................................................................... 11
   3.4.        Anzahl der Straftaten vor Beginn der Betreuung ............................................................................... 13
   3.5.        Umsetzung der Projektziele................................................................................................................ 17

     Erfahrungen und Erkenntnisse in der Arbeit mit unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten - Ursachen
und Bedingungsfaktoren delinquenten Verhaltens ........................................................................................ 23
   4.1.        Fluchtursachen ................................................................................................................................... 23
   4.2.        Rahmenbedingungen der Integration (Rechtsstatus, Bildung, Wohnen) ........................................... 24
   4.3.        Bezüge zur Herkunftsfamilie bzw. Herkunftsland und Kultur ............................................................. 26
   4.4.        Aspekte der Familienzusammenführung/ Familiennachzug .............................................................. 26
   4.5.        Delinquenz/Freundeskreis .................................................................................................................. 27
   4.6.        Wohnperspektive und Betreuungsform ............................................................................................. 28

       Die Folgen der Corona-Pandemie für die Zielgruppe ............................................................................. 29
   5.1.        Psychosoziale Situation ...................................................................................................................... 29
   5.2.        Bildung und Ausbildung ..................................................................................................................... 31
   5.3.        Gewalt und Delinquenz ...................................................................................................................... 33
   5.4.        Zusammenfassung/ Fazit ................................................................................................................... 34

       Schlusswort ........................................................................................................................................... 36

                                                                                                                                         2
SACHBERICHT 2020 - Sozius Hilfen Berlin gUG
Allgemeine Angaben zum Angebot

Träger:                      Sozius Hilfen Berlin gUG
                             Mühlenstr. 8a, 14167 Berlin
Geschäftsführung:            Frau Funda Peker
Rechtsform:                  gUG - Gemeinnützige Unternehmergesellschaft
                             mit beschränkter Haftung
Ansprechpartnerin in         Frau Funda Peker
fachlicher Hinsicht:         Tel.: 030 62900895
                             Email: info@sozius-hilfen-berlin.de
Bürostandort des Angebots:   SToP
                             Mecklenburgische Str. 20
                             10713 Berlin
                             Email : stop@sozius-hilfen-berlin.de

Mitarbeiter*innen:           Frau Funda Peker (Leitung)
                             Herr Mohamed El Ghabra (stellv. Leitung)
                             Frau Ghinwa El Hassan
                             Herr Ahmad Alsheikh
                             Herr Wladimir Polyak
                             Herr Marof Yaghoubi
                             Frau Pinar Can
                             Frau Fatemeh Naderi
                             Frau Valentina Bär
                             Herr Mile Murgoski
                             Herr Ali Yildirim

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SACHBERICHT 2020 - Sozius Hilfen Berlin gUG
Vorbemerkung
Delinquentes und deviantes Verhalten von Jugendlichen mit Migrationshintergrund ist in der
öffentlichen    Diskussion     ein    brisantes       Dauerthema,   das     professionelles      Handeln
gesellschaftlicher Akteure, u.a. Sozialer Arbeit, erfordert. Vor dem Hintergrund andauernder
Jugendkriminalität entstehen im öffentlichen Diskurs viele offene Fragen, zu denen
Antworten in unterschiedlichen Wissenschaften wie der Soziologie, der Psychologie, usw.
gesucht       werden.   Zur     Erklärung       der    Jugendkriminalität     greifen       beispielsweise
Kriminalitätstheorien auf gesellschaftliche Bedingungen zurück und nehmen damit sowohl
das Individuum, als auch die Einflüsse aus der Umwelt in den Blick.

In soziologisch–sozialisatorischer Hinsicht haben wir es mit einer migrationsunspezifischen,
jedoch milieuspezifischen Problematik bestimmter Berliner Bezirke zu tun. Neben einem
bestimmten Erziehungs-Stil (Non-Verbalität, Gewalt als Mittel der Erziehung etc.) wirkt hier
insbesondere ein defizitäres, habituelles Dispositions-System, welches transgenerational
weitergegeben wird. Dieses Dispositions-System beinhaltet u.a.                  gewisse non-urbane,
Temperaments-       und      Charaktereigenschaften        betreffende,     subkulturelle,     emotional-
perzeptive Faktoren, die eine deutliche Diskrepanz zu hiesigen administrativ-pädagogischen,
rational strukturierten gesellschaftlichen Systemen (Schule, Jugendamt, Jobcenter etc.)
darstellen.

Es handelt sich hier um eine unterbewusste Codierung, welche auf Emotionen, persönlichen
Beziehungen       zum     Menschen        und     Flexibilität   basierenden     Herangehens-         und
Rezeptionsweise gründet, welche es den Betroffenen vielfach per se unmöglich macht, sich
auf herkömmliche Weise dem hiesigen Hilfesystem zu nähern und sich in einer existentiell-
perzeptiven Parallelität sozialer Realitäten und Dispositionen offenbart. Desweiteren seien
hier   migrationsspezifische,        transgenerationale     Traumata      (Bürgerkrieg,       Vertreibung,
ethnische Verfolgung etc.) angeführt, welche sich nicht nur psychopathologisch und
erziehungsrelevant im täglichen, häuslichen Miteinander der Familien bemerkbar machen,
sondern ebenfalls in einer nonchalanten, angstfreien Einstellung in Bezug auf das
bundesdeutsche repressive System (Weisungen, Inhaftierung, Polizei-Apparat etc.). dieses
nämlich wird, im Vergleich zum Herkunftsland und in der Rezeption der Betroffenen, als
vergleichbar zivilisiert und erträglich angesehen und nicht unbedingt als Barriere

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wahrgenommen. In diesem Kontext sei das Jugendstrafrecht erwähnt, welches ausdrücklich
kein Strafrecht ist. Im Zentrum steht der Erziehungsgedanke. In ihm geht es darum:
Diskriminierung zu vermeiden, die Kooperation mit den Eltern zu suchen und vor allem
darum, erneuten Straftaten entgegenwirken, ohne eben dabei die jeweiligen konkreten
Lebensverhältnisse aus dem Blick zu verlieren. 1„Denn nicht Sühne der gesellschaftlichen
Schuld, sondern Erziehung ist Absicht der gesetzlichen Intervention im Jugendstrafrecht.“

       2.1. Berliner Zahlen

Der Anteil der nichtdeutschen Tatverdächtigen zu allen Straftaten ohne ausländerrechtliche
Verstöße erhöhte sich von 39,5% auf 39,9%; der Anteil der in Berlin wohnenden
Tatverdächtigen            sank      von     73,7%       auf     73,2%.       Die     Tatverdächtigenbelastungszahl
(Tatverdächtige je 100.000 Einwohner und Einwohnerinnen) sowohl der deutschen, als auch
der nichtdeutschen Tatverdächtigen mit Wohnsitz in Berlin ist die niedrigste im
Zehnjahresvergleich.

Die polizeiliche Kriminalstatistik Berlin 2019 geht von einer „Abnahme der Anzahl der
Tatverdächtigen unter 21 Jahren um 437 auf 24.764 Personen bei rückläufigem Anteil von
18,1%“ aus. Es kann dort festgestellt werden: „Die Tatverdächtigenbelastungszahl junger
Leute verringerte sich.“

Dennoch muss festgestellt werden:

„Leichte Zunahme der Jugendgruppengewalt insgesamt (2.190 Fälle, +32 Fälle, +1,5%),
dabei deutlicher Anstieg der Raubtaten (von 555 auf 709 Fälle, +27,7%) und ebenso
deutlicher Rückgang der Sachbeschädigungen (von 424 auf 309 Fälle, -27,1%). Zunahme
der Anzahl registrierter Opfer um 1.691 auf 82.954 sowie der Bevölkerungsgefährdungszahl
von 2.182 auf 2.210.

In einem Fachvortrag vom Berliner Präventionstag (2014) führte der Soziologe Dr. Dirk Baier
unter dem Stichwort Desorganisation aus: „Die strukturell durch eine hohe Arbeitslosigkeit,
hohe Armut, hohe Bewohnerfluktuation und hohe ethnische Heterogenität gekennzeichneten

1
    vgl. Heinz 1996, S. 101; Walter 2001, S. 38; Walter 1995, S. 25; Rössner 1996, S. 344-348.

                                                                                                   5
Gebiete werden auf Grund der bestehenden Normen- und Werteheterogenität auch als
sozial desorganisiert bezeichnet. Die Überlegungen der Theorie der Desorganisation lassen
sich dementsprechend wie folgt zusammenfassen:

   ▪   Desorganisierte     Stadtteile   sind   durch   Armut,    ethnische    Heterogenität    und
       Bewohnerfluktuation gekennzeichnet.

   ▪   Dies führt dazu, dass keine von allen Bewohnern geteilte Normen und Werte
       existieren. In Subgruppen werden auch abweichende Normen und Werte
       aufrechterhalten.

   ▪   Die Heterogenität führt dazu, dass zwischen den Menschen keine starken Bindungen
       bestehen. Das Interesse am Anderen fällt gering aus, ebenso die Bereitschaft
       intervenierend einzugreifen, wenn es zu delinquentem Verhalten kommt.

   2.2. Jugendkriminalität

Über einen Anstieg der Jugendkriminalität besteht gemessen an unterschiedlichen
Zählweisen nach wie vor keine vollständige Einigkeit, jedoch war seit 1950 phasenweise ein
stetiger Anstieg zu verzeichnen. In diesem Zusammenhang wurde, hinsichtlich unserer
Zielgruppe, vor 10 Jahren in der Studie Jukrim2020 prognostiziert:

„In marginalisierten Multiproblemmilieus könnte der Anteil von hoch kriminalitätsbelasteten
Jugendlichen mit einer Tendenz zu schwerer und biographisch verfestigter Delinquenz
wachsen.    Hier   wird    eine   zentrale     Herausforderung    für   den    polizeilichen   und
gesellschaftlichen Umgang mit Jugendkriminalität gesehen.“

„Jugendkriminalität wird auch im kommenden Jahrzehnt in erster Linie weit verbreitete
Delinquenz geringer Schwere und überwiegend episodischen Charakters sein und sich in
den meisten Fällen nicht zu kriminellen Karrieren verfestigen.“

„Der in Frage stehende Zeitraum bis zum Jahr 2020 wird nach Ansicht der Experten
voraussichtlich durch wachsende soziale Ungleichheit, zurückgehende Finanzmittel der
öffentlichen Haushalte, insbesondere der Kommunen, und abnehmenden privaten
Wohlstand gekennzeichnet sein. In Folge dieser Entwicklungen könnte der Anteil von

                                                                                6
Jugendlichen, die unter ungünstigen Sozialisationsbedingungen aufwachsen, steigen und es
besteht die Gefahr, dass sich insbesondere in Großstädten Tendenzen zu einer
sozialräumlichen       und   ethnischen    Segregation   verstärken.    In   marginalisierten
Multiproblemmilieus könnte der Anteil von hoch kriminalitätsbelasteten Jugendlichen mit
einer Tendenz zu schwerer und biographisch verfestigter Delinquenz wachsen. Hier wird
eine zentrale Herausforderung für den polizeilichen und gesellschaftlichen Umgang mit
Jugendkriminalität gesehen.“ Die bereits 2010 erhobene Prognose war im Rückblick
weitgehend zutreffend.

Soziale Arbeit als ein soziales und funktionierendes System versucht - im Hinblick auf
Theorien und Wissenschaftsforschung - realistische und messbare Handlungsinstrumente
zur Bewältigung der Jugendkriminalität zu entwickeln. Zu diesen Handlungsoptionen leisten
u.a. präventive Unterstützungsmaßnahmen einen wichtigen Beitrag. SToP ist ein
Interventionsangebot der Jugendhilfe mit offensivem Charakter. Es richtet sich an Kinder und
Jugendliche von 10 bis 17 Jahren, deutscher und nichtdeutscher Herkunft und unbegleitete
minderjährige Geflüchtete, die mehrfach strafrechtlich in Erscheinung getreten sind und an
deren Familien. Ziel des Angebots ist es, unter anderem, weitere Straffälligkeit zu verhindern
und eine mögliche kriminelle Laufbahn abzuwenden. Zu diesem Zweck werden die
teilnehmenden Kinder und Jugendlichen bis zu sechs Monate intensiv begleitet und betreut.
Zentrale Interventionen sind aufsuchende Sozialarbeit, die Miteinbeziehung von Eltern und
Familien bzw. Vormündern und die Vermittlung zwischen den am Hilfeprozess beteiligten
Institutionen.

Vor dem Hintergrund unserer langjährigen Erfahrungen in der Arbeit an den Schnittstellen
zwischen    Familie,    Jugendhilfe,   Schule und Polizei   im   Rahmen der       ambulanten
Krisenintervention und der anhaltenden öffentlichen und fachlichen Diskussion über den
Umgang mit minderjährigen Mehrfach-, Schwellen-, und Intensivtäter*innen wurde SToP als
konkreter und innovativer Beitrag der Jugendhilfe von Sozius Hilfen Berlin gUG, in
Zusammenarbeit mit der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie, angeboten.Die
Ursachen für delinquentes Verhalten sind sehr komplexer Natur, letztendlich aber im
„Versagen“ der Sozialisationsinstanzen, in einer mangelhaften Integration und einem
unzureichenden Zugang zu bzw. einer unzureichenden Inanspruchnahme von frühzeitigen
Hilfe- und Unterstützungsmöglichkeiten durch staatliche Institutionen (Schule, Jugendhilfe)

                                                                             7
oder Sozialen Dienstleistern (Beratungsstellen, Förderangebote, Freizeiteinrichtungen etc.)
zu suchen. Delinquente Kinder und Jugendliche haben in der Regel komplexe Probleme. Zur
Überwindung      dieser     benötigen   die   Kinder    und    Jugendlichen       sowie   deren
Eltern/Personensorgeberechtigten komplexe Hilfe- und Unterstützungsangebote seitens der
Jugendhilfe, Schule und des Gemeinwesens. Nur durch ein kooperierendes, vernetztes und
abgestimmtes Handeln können Verzögerungen bei der Implementierung einer notwendigen,
passgenauen Hilfe vermieden werden, so dass die Chance besteht, „kriminelle Karrieren“
von Kindern und Jugendlichen frühzeitig zu stoppen und eine Manifestierung delinquenten
Verhaltens zu verhindern. Sozius Hilfen Berlin gUG möchte mit SToP einen Beitrag dazu
leisten, dass aus den problematischen Kindern und Jugendlichen von heute nicht die
Schwellen- und Intensivtäter*innen von morgen werden.

Die Zielstellungen, die mit SToP realisiert werden sollen, sind:

           ▪   Vermeidung bzw. Minimierung weiterer Straftaten.

           ▪   Aktivierung/Reaktivierung der Verantwortungsübernahme der Eltern/Familien
               für die Erziehung, Bildung und Förderung ihrer Kinder.

           ▪   Zugang zu und Implementierung von Hilfe- und Unterstützungsangeboten im
               sozialen Raum durch die Institutionen Schule, Jugendhilfe, aber auch die
               Community und die Migrationsverbände sowohl für die Kinder und
               Jugendlichen als auch für die Eltern.

           ▪   institutions- und professionsübergreifendes, abgestimmtes Handeln im
               Einzelfall

SToP als Angebot der Jugendhilfe setzt dabei auf eine Gehstruktur als Arbeitsprinzip
(Sofortintervention in der Familie und familiennahem Umfeld), auf einen muttersprachlichen
und interkulturellen Zugang, auf fachliches Know-how und eine institutions- und
professionsübergreifende Zusammenarbeit/Kooperation und Vernetzung. SToP wird mit
Mitteln des Landes Berlin durch eine Zuwendungsfinanzierung gefördert und durch die
Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie fachlich begleitet. SToP wird seit
Dezember 2019 unter neuer Trägerschaft (Sozius Hilfen Berlin gUG) angeboten und ist

                                                                              8
berlinweit tätig. Nun ist es an der Zeit über die bisherigen Erfahrungen, Erkenntnisse und
Ergebnisse unserer Arbeit zu reflektieren, die Hindernisse und Stolpersteine zu benennen,
zu analysieren und daraus Schlussfolgerungen für die weitere Arbeit von SToP zu ziehen.
Mit dem vorliegenden Sachbericht haben wir die wichtigsten Ergebnisse der bisherigen
Arbeit von SToP zusammengefasst.

   Daten und Fakten / Statistische Angaben
Zunächst wollen wir Ihnen einen Überblick über einige Eckdaten, sowie Nutzungsgrad,
Inanspruchnahme durch die Bezirke, Altersstruktur, Herkunft und die Quantität, der von den
Kindern und Jugendlichen begangenen Straftaten geben.

   3.1. Anfragen

Im Zeitraum vom 01.01.2020 bis zum 31.12.2020 gab es insgesamt 59 Aufträge, davon
wurden 59 Kinder und Jugendliche (25 im Modul 1 und 34 im Modul 2) durch das SToP
Angebot aufgenommen und betreut. Der Zugang zu SToP erfolgte, entlang mit den Bezirken
bereits 2009 abgestimmten Verfahren zur Aufnahme, sowie der Absprache vom 20. Januar
2017 mit der Senatsverwaltung Bildung, Jugend und Familie bzgl. der unbegleiteten
Minderjährigen Geflüchteten. Die Mehrheit der Aufträge, bei denen es zu einer erfolgreichen
Betreuung kam, erging im Jahr 2020 mit 10 Fällen über die Sozialpädagogischen Dienste
Neukölln. Darauf folgten 9 Aufträge über die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und
Familie, bei denen es auch zu einer erfolgreichen Betreuung kam. Über Aufträge durch die
Jugendgerichtshilfe und Regionalen Sozialpädagogischen Dienste Friedrichshain-Kreuzberg,
Lichtenberg und Tempelhof-Schöneberg betreuten wir in 22 Fällen Kinder und Jugendliche.
Zudem wurden 18 Jugendliche aus den Bezirken Mitte, Marzahn-Hellersdorf, Pankow,
Steglitz-Zehlendorf und Spandau durch SToP betreut.

   3.2. Fallverteilung und Nutzungsgrad

Die Fallverteilung ergibt eine verstärkte Nutzung des SToP Angebots durch die Regionalen
Sozialpädagogischen Dienste Neukölln, Friedrichshain-Kreuzberg und die Senatsverwaltung
für Jugend, Bildung und Familie.

                                                                          9
Regionale Zuordnung der Jugendlichen
                            12
                                            10
  Anzahl Fälle je Bezirk

                            10       9                               9
                                                                                 8
                             8
                                                                           6
                             6                               5
                                                  4
                             4                                   3
                                                                                                2   2
                             2                                                              1
                             0

           Abbildung 1

Die Abbildung 1 zeigt die Verteilung der Fälle auf die 11 Bezirke Somit befanden sich im Jahr
2020 insgesamt 59 Kinder und Jugendliche in der Betreuung durch SToP.

                                         Geschlechterverteilung der betreuten Jugendlichen
                             70
                                                      59
  Anzahl der Jugendlichen

                             60
                             50
                             40
                             30
                             20
                             10
                                                                                        0
                                 0
                                                  männlich                           weiblich

  Abbildung 2

Wie die Abbildung 2 zeigt, waren 59 der betreuten Kinder und Jugendliche männlich.
Darunter waren insgesamt 30 unbegleitete minderjährige Geflüchtete.

                                                                                        10
3.3. Altersstruktur und Herkunft

Die Altersstruktur der uns zugewiesenen Kinder und Jugendlichen variiert zwischen 7 und 18
Jahren.

 Alter                                 7       8        12     13    14       15        16    17   18
 Anzahl
                                       1       1        2      7     6        12        11    17    2
 Jugendliche
Tabelle 1

Durch SToP wurden 2020 Kinder/Jugendliche im Alter von 7-18 Jahren betreut, wobei die
Mehrheit davon, durch den erheblichen Anstieg der Fallzahlen der unbegleiteten
minderjährigen Geflüchteten, mit insgesamt 30 Fällen in der Altersgruppe 12 -17 Jahre liegt.

                                                             Altersstruktur
                          18                                                                        17

                          16

                          14
  Anzahl der Klienten

                                                                                   12
                          12                                                                 11

                          10

                           8                                   7
                                                                         6
                           6

                           4
                                                   2                                                     2
                           2     1         1

                           0
                                 7         8       12         13      14           15        16     17   18
                                                                     Alter

Abbildung 3

Die Familien der Kinder und Jugendlichen stammen in der Mehrheit aus afrikanischen und
arabischsprachigen Ländern, jedoch auch aus russisch- und Dari/Farsisprachigen Ländern.

                                                                                                   11
Herkunftsländer
                     8                      7
                     7                                         6                                   6                                                                     6
                     6    5                                                                                   5
                     5                                                                                                                                                                                                                 4
  Anzahl der Fälle

                     4                                                                                                       3         3                                                   3
                     3                                                    2                                                                                                                                                                                                                          2
                     2                                1                                  1                                                            1                                                          1                                        1                     1                                      1
                     1
                     0

                                                                                                             Tunesien

                                                                                                                                                                                                              Deutsch/Palästinisch
                         Afghanistan

                                                      Irak
                                           Algerien

                                                              Marokko

                                                                                                                            Ukraine
                                                                                                   Syrien

                                                                                                                                      Deutsch

                                                                                                                                                    Bosnisch/Deutsch

                                                                                                                                                                                                                                                        Deutsch/Kasachisch
                                                                                                                                                                                        Deutsch/Libanesisch
                                                                                        Russland

                                                                                                                                                                                                                                     Türkisch/Deutsch

                                                                                                                                                                                                                                                                             Türkisch/Bulgarisch
                                                                        Vietnamesisch

                                                                                                                                                                       Tschetschenien

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                      Palästina
                                                                                                                                                                                                                                                                                                   Deutsch/Russisch
                                                                                                                                  Nationalitäten

Abbildung 4

30 unbegleitete minderjährige Geflüchtete aus 9 verschiedenen Herkunftsländern:

                                                                 Unbegleitete minderjährige Geflüchtete
                     8
                                                          7
                     7
                                                                             6                                                                                                                                                                                                                     Afghanistan
                     6
                                                                                                   5                                                                                                                                                                                               Algerien
                     5
                                                                                                                                                                                                                                                                                                   Marokko
            Anzahl

                     4
                                       3                                                                                3                                                                                                                                                                          Tunesien
                     3                                                                                                                                                                                                                                                                             Ukraine
                                                                                                                                                                                  2                                 2
                     2                                                                                                                                                                                                                                                                             Russland
                                                                                                                                                1                                                                                                       1
                     1                                                                                                                                                                                                                                                                             Syrien
                     0                                                                                                                                                                                                                                                                             Vietnam
                                                                                                                                                                                                                                                                                                   Palästina

Abbildung 5

Des Weiteren wurden 29 Kinder und Jugendliche betreut, davon 26 mit
Migrationshintergrund.

                                                                                                                                                                                                                                                                   12
Migrationshintergrund

                                           1    2
                                       1                  6                                  Tschechisch
                               3                                                             Syrisch
                          1                                                                  Ukrainisch

                                                                          6                  Algerisch
                      3
                                                                                             Vietnamesisch
                                                                                             Afghanisch
                                                                                             Marrokanisch
              5                                                               3              Türkisch
                                                                                             Bulgarisch
                                                                                             Tunesisch
                  1
                                                                                             Russisch
                      3                                                   7                  Kasachisch
                                                                                             Libanesisch
                                                                                             Bosnisch
                                   6                          2
                                                                                             Irakisch
                                                     5

Abbildung 6

    3.4. Anzahl der Straftaten vor Beginn der Betreuung

Zur Zielgruppe von SToP zählen kiezorientierte Mehrfachtäter ebenso wie Schwellen- und
Intensivtäter*innen und minderjährige, unbegleitete Geflüchtete. Die Anzahl der Straftaten,
die die Kinder und Jugendlichen vor der Betreuung begangen haben schwankt je Fall
zwischen 0 und 30. In der Einzelübersicht sieht dies wie folgt aus:

                              Straftaten vor dem Betreuungszeitraum

Anzahl
                  0       1        2       3     4   5    6       7   8       10   12   15   18    30
Straftaten

Anzahl
                  9       5        1       1     9   9    2       2   5       9    0     5   1     1
Jugendliche

Tabelle 2

                                                                                        13
Anzahl                                                                                                                                                    Anzahl

                                                 0
                                                         2
                                                             4
                                                                     6
                                                                          8
                                                                                  10
                                                                                               12
                                                                                                    14
                                                                                                         16
                                                                                                                                                                                            0
                                                                                                                                                                                                      5
                                                                                                                                                                                                                    10
                                                                                                                                                                                                                                  15
                                                                                                                                                                                                                                            20
                                                                                                                                                                                                                                                 25
                                                                                                                                                                                                                                                      30
                                                                                                                                                                                                                                                                35

     Abbildung
                                                                                                                                             Abbildung 7
                                                                                                                                                                                                      2
                                         F.A.                                                                                                                                      M.R.
                                                                                                                                                                                    B.A.

                                                                                       10 10
                                         Z.N.

                                                                                                                                                                                                0 0
                                                                                                                                                                                     I.B.

                                                                                                         15
                                         G.A.

                                                                                                                                                                                                                                       15
                                                                                                                                                                                   R.M.

                                                                 4
                                                                                                                                                                                                           5
                                          C.S.                                                                                                                                      D.Y.

                                                                              8
                                                                                                                                                                                                                          10
                                         K.W                                                                                                                                        E.H.

                                                                                                                                                                                                 1
                                                                                                                                                                                    S.T.

                                                                                       10
                                         Z.N.

                                                                                                                                                                                                                 7
                                                                                                                                                                                   A.M.

                                                                     5
                                          N.I.

                                                                                                                                                                                                                          10
                                                                                                                                                                                    H.B.

                                                                                                                                                                                                          4

                                                                     5
                                         L.M.                                                                                                                                      G.M.

                                                                                                                                                                                                 1
                                                                                                                                                                                    P.A.

                                                                                                         15
                                         Ö.M.                                                                                                                                                                                               18
                                                                                                                                                                                    E.A.

                                                     0
                                         B.M.

                                                                                                                                                                                                          4
                                                                                                                                                                                   G.A.

                                                                                       10
                                         F.A.                                                                                                                                       S.T.

                                                                              8
                                                                                                                                                                                                                          10 10
                                         K.P.                                                                                                                                       S.T.

                                                                                                                                                                                                 1
                                                                                                                                                                                    S.T.

                                                                                                         15
                                         G.A.
                                                                                                                                                                                    A.F.

                                                                 4
                                         G.A.
                                                                                                                                                                                                                    8 8

                                                                                                                                                                                    A.F.

                                                         1
                                                                                                                                                                                                                                                           30

                                          K.S.                                                                                                                                      A.A.
                                                                                                                                                                                                      3

                                                                                                                                                           Klienten anonymisiert

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                                                                                                                                                                                   H.G.

                                                                     5
                                          K.I.
                                                                                                                                                                                                                6

                                                                                                                                                                                   M.A.

                                                     0
                                         N.N.
                                                                                                                                                                                                           5

                                                                                                                                                                                    S.N.

                                                                 4
                                                                                                                                                                                                                                                                     Straftaten vor der Betreuung

                                                                                                              Straftaten vor der Betreuung
                                         G.A.                                                                                                                                       W.I.
                                                                                                                                                                                                          4 4

                                                         1
                                          K.S.                                                                                                                                      C.S.
                                                                                                                                                                                                           5

                                                                                                                                                                                     I.H.

                                                                 4
                                         K.B.
                                                                                                                                                                                                                    8

                                                                                                                                                                                     I.A.

                                                                          7
                                         H.S.

14
                                                                                                                                                                                                                          10

                                                                                                                                                                                    E.H.
                                                                                                                                                                                                           5

                                                     0
                                         A.R.                                                                                                                                       D.Y.
                                                                                                                                                                                                                6

                                                                                                                                                                                   M.A.

                                                                 4
                                         K.B.
                                                                                                                                                                                     N.I.

                                                     0
                                         N.N.
                                                                                                                                                                                                           5 5

                                                                                                                                                                                   L.M.

                                                     0
                                         A.A.
                                                                                                                                                                                                                                       15

                                                                                                                                                                                   Ö.M.
                                                                                                                                                                                                0

                                                     0
                                         Ö.M.                                                                                                                                      B.M.
Straftaten innerhalb des Betreuungszeitraums
Anhand folgender Auflistung kann man erkennen, dass die Straftaten im Verlauf der
Betreuung erheblich zurückgegangen sind. (75% sind nicht mehr straffällig geworden)

Anzahl
                                                                0                             1                                     2                              3                                4                                       5
Straftaten
Anzahl
                                                            44                                11                                    1                              2                                0                                       1
Jugendliche
Tabelle 3

                                                                    Straftaten während der Betreuung
            6
                                                                                                                                                      5
            5
            4
   Anzahl

            3
            2
                                       1                        1                  1                      1                         1 1 1                              1                                                           1
            1
                0 0 0                         0 0                    0 0                   0 0                   0 0                                           0              0 0 0 0 0 0 0                                               0 0 0 0
            0
                                I.B.

                                              D.Y.

                                                                                                          G.A.

                                                                                                                                                                                                    I.H.

                                                                                                                                                                                                                          D.Y.

                                                                                                                                                                                                                                                L.M.
                                                                                                                                                                                                                                                       Ö.M.
                                                                                                                                                                                                                                                               B.M.
                M.R.

                                       R.M.

                                                                                                                                        A.F.
                                                                                                                                               A.F.
                                                                                                                                                      A.A.

                                                                                                                                                                              S.N.
                                                                                                                                                                                     W.I.
                                                                                           P.A.
                                                                                                   E.A.

                                                                                                                                                              H.G.

                                                                                                                                                                                                            I.A.
                        B.A.

                                                     E.H.

                                                                                                                                                                                                                   E.H.
                                                                    A.M.
                                                                           H.B.
                                                                                   G.M.

                                                                                                                                                                       M.A.

                                                                                                                                                                                             C.S.

                                                                                                                                                                                                                                 M.A.
                                                                                                                                                                                                                                         N.I.
                                                            S.T.

                                                                                                                 S.T.
                                                                                                                         S.T.
                                                                                                                                S.T.

                                                                                                                  Klienten anonymisiert

     Abbildung 9

                                                                    Straftaten während der Betreuung
            3,5
                               3                                    3
                3
            2,5
                                                                                                                                                                                                                    2
   Anzahl

                2
            1,5
                                        1                                                                                               1
                1
            0,5
                    0                           0           0               0          0          0       0        0            0               0         0          0        0        0        0          0                 0          0       0        0        0
                0
                                                                                       L.M.

                                                                                                          B.M.

                                                                                                                            K.P.
                    F.A.

                                       G.A.

                                                                                                  Ö.M.

                                                                                                                  F.A.

                                                                                                                                        G.A.
                                                                                                                                               G.A.

                                                                                                                                                                              N.N.
                                                                                                                                                                                      G.A.

                                                                                                                                                                                                           K.B.

                                                                                                                                                                                                                                        K.B.
                                                                                                                                                                                                                                                N.N.
                                                                                                                                                                                                                                                        A.A.
                                                                                                                                                                                                                                                                  Ö.M.
                                                        K.W

                                                                                                                                                                     K.I.

                                                                                                                                                                                                                            A.R.
                                                                                                                                                                                                                   H.S.
                               Z.N.

                                                C.S.

                                                                    Z.N.
                                                                            N.I.

                                                                                                                                                        K.S.

                                                                                                                                                                                                K.S.

                                                                                                                        Klienten anonymisiert

       Abbildung 10

                                                                                                                                                                                                           15
35
                                                          Straftaten vor und während der Betreuung
                                                                                                                                                 30
                        30
                                                                                                                                                                                            Vor der Betreuung
                                                                                                                                                                                            Während der Betreuung
                        25
Anzahl der Straftaten

                        20                                                                         18
                                              15                                                                                                                                                                                         15
                        15

                                                            10                    10                                10 10                                                                               10
                        10                                                                                                           8 8                                                        8
                                                                          7
                                                                                                                                                                 6                                                      6
                                                      5                                                                                              5                    5                 5                   5               5 5
                         5                                                             4                    4                                                                   4 4
                                                                                                                                                         3
                             2
                                                  1                  11                    1 1                  1                11 1 1                              1                                                      1
                                 0 00 00                  0 0                 0 0                0 0                    0 0                                  0                0 0 0 0 0 0 0                                       0 0 0 00
                         0
                               I.B.

                             Ö.M.
                             R.M.
                              D.Y.

                             G.A.

                               I.H.

                              D.Y.

                             L.M.

                             B.M.
                             M.R.

                              A.F.
                              A.F.
                              A.A.

                              S.N.
                              W.I.
                              B.A.

                              P.A.
                              E.A.

                             H.G.
                              E.H.

                               I.A.
                              E.H.
                             A.M.
                              H.B.
                             G.M.

                             M.A.

                              C.S.

                             M.A.
                               N.I.
                              S.T.

                              S.T.
                              S.T.
                              S.T.

                                                                                                                Klienten anonymisiert
Abbildung 11

                        16
                                                          Straftaten vor und während der Betreuung
                             15                                                   15                                    15
                                                                                                                                                                                    Vor der Betreuung
                                                                                                                                                                                    Während der Betreuung
                        14

                        12
                                                      10                                           10
                        10
Anzahl der Straftaten

                                              8                                                                 8
                        8                                                                                                                                                                       7

                        6                                        5        5                                                                      5
                                      4                                                                                          4                                   4                  4                           4
                        4                                   3
                                                                                                                                                                                                    2
                        2         1                                                                                          1           1                                      1
                                          0       0                  0        0        0 00             0           0                0       0       0 00                  0        0       0           00              0 00 00 00
                        0
                                                                          L.M.
                             G.A.

                                                                                   Ö.M.

                                                                                                                K.P.

                                                                                                                         G.A.

                                                                                                                                 G.A.

                                                                                                                                                             N.N.

                                                                                                                                                                         G.A.

                                                                                                                                                                                        K.B.

                                                                                                                                                                                                                    K.B.

                                                                                                                                                                                                                                N.N.

                                                                                                                                                                                                                                       A.A.

                                                                                                                                                                                                                                              Ö.M.
                                              K.W

                                                                                            B.M.

                                                                                                    F.A.

                                                                                                                                                 K.I.

                                                                                                                                                                                                H.S.

                                                                                                                                                                                                         A.R.
                                      C.S.

                                                                                                                                         K.S.

                                                                                                                                                                                K.S.
                                                          Z.N.

                                                                 N.I.

                                                                                                                Klienten anonymisiert
Abbildung 12

                                                                                                                                                                                                16
3.5. Umsetzung der Projektziele

Ziel 1: Der Jugendliche wird während der Betreuungszeit nicht wieder straffällig bzw. die
Straffälligkeit wird in Quantität, Qualität und Intensität reduziert.

Gemäß den Abfragen bei den zuständigen Sachbearbeitern der Polizei und der
Jugendgerichtshilfen konnten die Zielvorgaben erreicht werden. So wurden 44 von
insgesamt 59 Klienten innerhalb des Betreuungszeitraumes garnicht straffällig (siehe Tabelle
2 und 3 sowie Abbildung 7 bis 12). Somit wurden 75 % der von SToP betreuten Kinder und
Jugendlichen nicht mehr straffällig. Bei den übrigen Jugendlichen war ein starker Rückgang
der Straffälligkeit in Quantität und Qualität zu verzeichnen. Zu Betreuungsbeginn lag die Zahl
der insgesamt begangenen Straftaten bei 385. Während der Betreuungszeit konnte die
Anzahl der Straftaten auf insgesamt 24 reduziert werden. Daraus ergibt sich insgesamt ein
Rückgang der Straftaten um 94%. Zur Förderung der Zusammenarbeit mit der Polizei, gab
es einen Informationsaustausch mit dem täterorientierten Präventionsprojekt der Neuköllner
Polizei. Im Rahmen dieses Polizeiprojektes werden zur Vermeidung von Straftaten Kinder
und Jugendliche mit Gefährdungspotential aus der polizeilichen Datenbank ermittelt und
gemeinsam mit den Sorgeberechtigten bzw. Vormündern zu Gesprächen geladen. Durch
das Gespräch und die folgende erkennungsdienstliche Behandlung sollen die Kinder und
Jugendlichen, die am Anfang einer „Straftäterkarriere“ stehen bzw. stehen könnten, von
weiteren Straftaten abgeschreckt werden.

Ziel 2: Der Jugendliche wird in eigener Sache vereinbarungsfähig.

Die angesetzten Termine wurden zu mindestens 82% eingehalten. Die individuell
vereinbarten Zielsetzungen mit den Jugendlichen und deren Familien in Deutschland wurden
zu mindestens 75% eingehalten und umgesetzt. Im Betreuungsverlauf ist es von Wichtigkeit,
dass die Kinder/Jugendlichen nicht nur die Termine mit den SToP Mitarbeiter*innen
einhalten. Die Kinder/Jugendlichen werden darin unterstützt, ihre Termine selbst zu
managen. Getroffene Absprachen, Termine und Verbindlichkeiten sollen von den
Kindern/Jugendlichen weitestgehend selbstständig eingehalten bzw. wahrgenommen
werden. Hilfreich war hier u.a. die Übung und Nutzung von digitalen Kalendern auf den
Smartphones, in dem die Kinder/Jugendlichen (unter Anleitung) lernen ihre Termine

                                                                            17
selbstständig einzutragen nach Wichtigkeit zu ordnen und bei der Planung von Terminen die
Wegezeiten zu berücksichtigen. Zudem war uns wichtig, dass die Kinder/Jugendlichen
lernen, sich bei notwendigen Terminverschiebungen telefonisch vorab zu entschuldigen und
selbstständig einen neuen Termin zu verabreden.

In Zahlen lässt sich die Vereinbarungsfähigkeit wie folgt ausdrücken: Im Berichtszeitraum
wurden je nach Einzelfall zwischen 2 und 35 Termine vergeben. Dies hing zum einen von
der notwendigen Intensität der Betreuung und zum anderen vom Betreuungszeitraum der
Einzelfälle ab. Von den insgesamt 951 vergebenen Terminen wurden 782 Termine von den
Kindern/Jugendlichen eingehalten. Die Einhaltung der Termine liegt im Einzelfall bei bis zu
100%. Die Anzahl der mit den Klienten getroffen Zielsetzungen lag zwischen 1- 3. Auch hier
ist   die   Zahl     abhängig   vom   Einzelfall.    Insgesamt   wurden     zwischen      den   SToP
Mitarbeiter*innen und den Kindern/Jugendlichen 109 Zielsetzungen vereinbart, von denen 82
umgesetzt wurden. Daraus resultiert eine Quote von 75%. Fasst man die Ergebnisse der
Termineinhaltung und die Umsetzung der getroffenen Zielsetzungen zusammen, ergibt sich
eine Quote von 79% in der Vereinbarungsfähigkeit.

Ziel 3: Es erfolgt eine Elternaktivierung.

Die Eltern(-teile) – sofern vorhanden - werden in jedem Hilfeverlauf/-prozess mit einbezogen.
So wurden in knapp 59 % der Fallverläufe, also in 35 von 59 Fällen, sowohl mündliche als
auch schriftliche Zielvereinbarungen getroffen. Dabei waren von diesen 35 Jugendlichen 6
unbegleitete minderjährige Geflüchtete, deren Familien sich außerhalb von Deutschland
aufhalten. Diese werden von den fallzuständigen Kollegen*innen zeitnah überprüft und ggf.
modifiziert.   Im     Berichtszeitraum   wurden      zwischen    den     Eltern   und     den   SToP
Mitarbeiter*innen zwischen 1-3 Vereinbarungen getroffen. Insgesamt belief sich die Zahl der
getroffenen Vereinbarungen auf 40, von denen 33, also 83%, umgesetzt wurden. Seitens
des Jugendamts wurden den Eltern 40 unterstützende Maßnahmen angeboten, von denen
37    bereitwillig    angenommen      wurden.       Diese   beiden     Indikatoren    ergeben   eine
Elternaktivierungsquote von 93%.

Die Familien nehmen die positiven Veränderungen ihrer Kinder, wie z.B. vermehrte
Reflektion- und Empathiefähigkeit, Einhaltung der mit den Eltern vereinbarten Regeln
(Betreuungsvertrag), regelmäßiger Schulbesuch usw. wahr und unterstützen zunehmend

                                                                                     18
aktiver den Hilfeprozess. Dies führt zu einer verbesserten Zusammenarbeit zwischen den
SToP Mitarbeiter*innen und den Eltern und nicht zuletzt zu einer Wiederübernahme der
Erziehungsverantwortung         für    ihre     Kinder.    Die   meisten   Eltern     wirken      gegenüber
Hilfeangeboten von außen aufgeschlossener. Dies geht einher mit einer sich verändernden
Haltung der Eltern gegenüber staatlichen Institutionen (z.B. Schule, Jugendamt, JGH).

Diese werden nicht mehr als bedrohlich und ausschließlich sanktionierend erlebt, da gewisse
Blockaden    und     Vorurteile       seitens     der     SToP    Mitarbeiter*innen       durch    intensive
Beratungsgespräche beseitigt werden. Die Familien bemühen sich zunehmend aktiver um
eine Veränderung im Erziehungsverhalten durch das Aufstellen klarer Regeln und
Grenzsetzungen. Sie bemühen sich um eine konsequentere Umsetzung. Die meisten Eltern
nehmen die Bedürfnisse ihrer Kinder verbessert wahr, motivieren und unterstützen die
Kinder/Jugendlichen und nutzen die Hilfs- und Unterstützungsangebote, die ihnen angeboten
werden. In 24 Fällen, mit unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten, konnte kein Kontakt
aufgenommen und somit keine Zielsetzungen zu den Eltern außerhalb von Deutschland
vereinbart werden.

Ziel 4: In der Fallarbeit wird das im Stadtteil vorhandene Netzwerk als zusätzliche Ressource
genutzt.

Die regelmäßige Teilnahme in bestehenden Gremien ermöglicht den SToP Mitarbeiter*innen
den Austausch unter dem Kolleg*innen mit ähnlicher Zielgruppe. Die Kinder/Jugendlichen
und deren Familien, werden, unter Berücksichtigung ihrer, jeweils individuellen Bedürfnisse,
an kostenlose Angebote ihres Sozialraums/Stadtteils weitervermittelt. Zum Kennenlerntermin
werden     diese     in   der     Regel       begleitet.         Im   Rahmen        der    Netzwerkarbeit,
Ressourcenerschließung und -aktivierung für die praktische Fallarbeit gab es Kontakte zu
unterschiedlichen Anbietern und Projekten aus den Bereichen:

   ▪   Hausaufgabenhilfe (Kindertreff Dellbrücke e.V.)

   ▪   Deutschkurse (Karame e.V.)

   ▪   Interkulturell – Aktiv e.V.

   ▪   NBB (Jugendberatungshaus Neukölln)

   ▪   ABW (Ausbildungswerk Kreuzberg e.V.)

                                                                                          19
▪    Wohnwerkstatt - Ausbildung e.V.

      ▪    Arrivo Berlin (Internationales JugendKunst- und Kulturhaus Schlesische27)

      ▪    Schildkröte gGmbH (Jugendberufshilfe – Projekt StartpunktB)

      ▪    Beratungsstellen (Beratungszentrum AWO, Südost Europa BBIW, BGI) Asylberatung
           bei LaGeSo, BBZ – KOMMIT e.V.)

      ▪    Beratungsstelle (AWO Berlin Spree – Wuhle e.V. Schuldner und Insolvenz- Beratung)

      ▪    AWO – Vormundschaften

      ▪    Gesundheit (St. Joseph Krankenhaus, Vivantes Klinikum Neukölln und
           Friedrichshain, DRK, Berliner Drogennotdienst und Therapiezentrum „Alte
           Wäscherei“ und Praxen für Kinder und Jugendpsychiatrie)

      ▪    Jugendsozialarbeit (Outreach) „Plantage“, Nachbarschaftshäuser

      ▪    JGG-Träger       (Täter-Opfer-Ausgleich,       Jugendwerkstatt      „Stattknast“
           Nachbarschaftszentrum-Suppenküche      Lichtenrade   e.V.    Abenteuerspielplatz
           Humboldthain)

      ▪    Migration (Projekte, Verbände)

      ▪    SV Stahl Schöneweide e.V. (Boxverein)

      ▪    Vista Integrative Suchberatung

      ▪    Drogennotdienst.

Im gesamten Berichtszeitraum wurden über 79 Kontakte zu verschiedenen Anbietern des
jeweiligen         Sozialraums/Stadtteils   hergestellt,   welche   in   eine Weitervermittlung    der
Kinder/Jugendlichen mündete.

Ziel 5: Jeder Jugendliche wird in ein zusätzliches Angebot der Migrantenorganisationen
eingebunden.

Es gelang uns einen geringen Anteil von 10% der Kinder und Jugendlichen in Angebote der
Migrantenorganisationen zu vermitteln. Was die Kooperation und die Vernetzung mit den
Migrationsverbänden angeht, so lässt sich eine positive, kollegiale Zusammenarbeit mit
SToP feststellen. Jedoch muss eingeräumt werden, dass die Akzeptanz gegenüber den
Angeboten der Verbände auf Seiten der Personensorgeberechtigten größer zu sein scheint
als bei den Jugendlichen (Generationen- Konflikt etc.), so dass sich die Angebote im Bereich
der       Hilfen     für   Familien   gegenüber      den    individualpädagogischen      Hilfen   (z.B.

                                                                                    20
Hausaufgabenhilfe, Jugendfreizeitangeboten etc.) als wirksamer zeigen. Dies liegt zum
großen Teil daran, dass sich die Jugendlichen von den Angeboten nicht angesprochen
fühlen, bzw. sich nicht mit ihnen identifizieren können. Trotz vorhandener Angebote von
sozialen Dienstleistern und Akteuren, werden diese nicht bzw. nicht ausreichend in Anspruch
genommen.

Vorgezogen werden lieber Orte, wo sie sich dem pädagogischen Einfluss entziehen können.
Hier kommen Shisha Cafés, Internet Cafés und Imbissbuden als mögliche Treffpunkte/
Begegnungsorte in Frage. Nicht unüblich sind Straßenzüge, an denen sich mehrere
Betreiber von Spielautomaten und Wettbüros niedergelassen haben und Jugendlichen den
Zugang zu diesen Geräten gewähren. Diese/r Punkt/ Vorgabe der Zielvereinbarung sollte
erneut thematisiert werden. Im Rahmen der Anbindung in ein zusätzliches Angebot der
Migrantenorganisationen gab es Kontakte mit folgenden Einrichtungen:

   ▪   DAUG e.V. (Deutsch-Arabische Unabhängige Gemeinde)

   ▪   Magdalena Caritas Kinder- und Jugendzentrum

   ▪   Karame e.V.

   ▪   Daz (deutsch arabisches Zentrum für Bildung und Integration)

   ▪   Afrika Haus e.V. (Verein der afrikanischen Communities)

   ▪   Joliba- Interkulturelles Netzwerk in Berlin e.V.

   ▪   Türkisch-Deutsches Zentrum e. V.

   ▪   Anne-Frank-Haus

Ziel 6: Das Projekt betreut jährlich 63 Klienten im Modul 1 und Modul 2

Die Zielvorgabe bezogen auf die Quantität der zu betreuenden Klienten (63 Klienten im
Modul 1 und 2) im Jahr konnte nicht erreicht werden. Diese Zielvorgabe wurde bei Modul 1
(25 Fälle) zu ca. 39 % erzielt und bei Modul 2 (34 Fälle) zu ca. 53 %. In qualitativer Hinsicht
wurde hingegen ein ausgesprochen erhöhter Interventionsbedarf festgestellt. Diese ist zum
einen auf die spezifischen Bedarfe der betreuten Kinder und Jugendlichen, und zum anderen
auf die Folgen der Kontaktbeschränkungen zur Eindämmung der Corona-Pandemie
zurückzuführen. Dementsprechend wurde durch die SToP Mitarbeiter*innen eine deutlich

                                                                             21
intensivere Betreuung und Begleitung der Klienten und ihrer Familien gewährleistet, um
insbesondere die psychosozialen Folgen der Kontaktbeschränkungen entsprechend
aufzufangen und ihnen entgegenzuwirken (siehe Punkte 5).

Eine Plattform für eine regelmäßige Öffentlichkeitsarbeit/Werbung, im Sinne einer aktiveren
Nutzung      des   SToP    Angebots,      konnte   aufgrund   der   Kontaktbeschränkungen    zur
Eindämmung der Corona-Pandemie nur bedingt eingerichtet werden:

      ▪   Die regelmäßigen Fallbesprechungen, Fallkonferenzen und Fallabschlussgespräche
          mit dem fallzuständigen Mitarbeiter*innen der Sozialpädagogischen Dienste und der
          Jugendgerichtshilfe im Einzelfall konnten unter Einhaltung der Schutzmaßnahmen
          gewähreistet werden.

      ▪   Die Auswertungsrunde im Rahmen des Qualitätsdialoges konnte allerdings in der
          gewohnten Form nicht stattfinden.

      ▪   Die Vorstellungsrunden in Dienstberatungen der RSD in den einzelnen Regionen
          sowie des Jugendnotdienstes waren nicht möglich.

Aufgrund der Kontaktbeschränkungen mussten wir auf traditionelle bzw. digitale Maßnahmen
zur       Öffentlichkeitsarbeit/Werbung      umstellen.   Die       Mitarbeiter*innen   in   den
Jugendgerichtshilfen und Regionalen Sozialpädagogischen Diensten wurden über das
Weiterbestehen und Fortführung des Angebots postalisch, telefonisch und per E-Mails
regelmäßig informiert. Hierfür wurden Informationen zum Angebot (z.B. Eltern- und
Fachflyer, Auftragsbögen und eine Homepage) zur Verfügung gestellt. Diese Maßnahmen
konnten im Laufe des Jahres zu einer weiteren Nutzung/Inanspruchnahme des Angebots
und somit zu einem relativ kontinuierlichen Anstieg der Fallzahlen führen.

Von den insgesamt 59 Fällen, die im Berichtszeitraum betreut wurden, konnten 57 (97%) mit
Erfolg abgeschlossen werden. In 13 (22%) Fällen wurden keine weiterführenden HZE
Maßnahmen eingeleitet. In 44 (75%) Fällen wurden HZE Maßnahmen installiert. Bei 2 Fällen
(3%) kam es zum Abbruch der Betreuung, aufgrund einer langfristigen Inhaftierung oder
Nichterreichbarkeit.

                                                                                 22
Erfahrungen und Erkenntnisse in der Arbeit mit
   unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten -
   Ursachen und Bedingungsfaktoren delinquenten
   Verhaltens
In der bisherigen Arbeit mit unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten, die vor allem
strafrechtlich in Erscheinung getreten sind, ließen sich in Bezug auf delinquentes Verhalten
einige Erkenntnisse aus der SToP- Arbeit herauskristallisieren. In dieser Darlegung gehen
wir auf die jeweiligen Herkunftsgebiete, deren Lebenswirklichkeit und Bezüge zu Heimatland
und Aufnahmeland, den Rahmenbedingungen und den uns berichteten Lebensumständen,
sowie der Delinquenz der von uns betreuten minderjährigen unbegleiteten Geflüchteten ein.

   4.1. Fluchtursachen

Familiäre und ökonomische Ursachen spielen besonders für unbegleitete minderjährige
Geflüchtete aus Nordafrika eine wichtige Rolle (Armut, innerfamiliäre Gewalt, Scheidung der
Eltern, massiver sozialer Erfolgsdruck, fehlende Zukunftsperspektiven). Oftmals haben sie im
eigenen Land schon auf der Straße gelebt bzw. sind gewissermaßen straßensozialisiert,
haben bereits dort autonome Überlebensstrategien erlernt und waren bereits in anderen
europäischen Ländern, ehe sie nach Deutschland kamen. Ebenso trifft dies für unbegleitete
minderjährige Geflüchtete aus dem Libanon zu. Für unbegleitete minderjährige Geflüchtete
aus Syrien und dem Irak spielen darüber hinaus anhaltende Konflikte und Bürgerkriege die
wesentliche Rolle.

Die Familien leben in Syrien, dem Irak oder in der Türkei. Sie haben das Fluchtbegehren
unterstützt, zum Schutz ihrer Kinder und in der Hoffnung auf Familiennachzug. Unbegleitete
minderjährige aus Russland stammen aus verschiedenen Ecken der ehemaligen
Sowjetunion. Sie kommen überwiegend wegen familiärer Gewalt, Perspektivlosigkeit und
Abenteuerlust nach Deutschland. Bei unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten aus
Vietnam spielt die Perspektivlosigkeit im eigenen Land eine besondere Rolle. Kinder und
Jugendliche aus sozialschwachen Verhältnissen werden nach Deutschland, oft zwecks

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Arbeitsausbeutung, eingeschleust. Meistens handelt es sich um Refinanzierung bzw.
Rückzahlung der Fluchtkosten und finanzielle Unterstützung von Angehörigen.

   4.2. Rahmenbedingungen der Integration (Rechtsstatus, Bildung, Wohnen)

In der Arbeit mit unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten zeigte unsere Erfahrung deutlich,
dass eine unsichere Bleibeperspektive die Entwicklung einer positiven Zukunftsperspektive
erheblich erschwert. Beklagt werden für einige Rechtsvorschriften weitgehend unbestimmte
Rechtsbegriffe die erhebliche Interpretationsspielräume ermöglichen.         Die unsichere
Aufenthaltsperspektive lässt sich vor allem in der Erteilung von Kettenduldungen bzw. lang
andauernden und noch nicht abgeschlossenen aufenthalts- und asylrechtlichen Verfahren
zeigen. Nahezu durchweg treffen die unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten auf
strukturelle Hürden jeweiliger Handlungsmaximen der Behörden. So bedarf es vor einer
Ausbildungsaufnahme einer entsprechenden Genehmigung durch die Ausländerbehörde.
Sie unterliegt anspruchsvollen bzw. für die jungen Menschen restriktiven Anforderungen, die
es für sie zu erfüllen gilt. Ausschlussgründe sind z.B. auch bestimmte Straftaten. Ebenso
unterliegt der Zugang zum Arbeitsmarkt restriktiven Rahmenbedingungen wie z.B.
Beschäftigungsverbot für bestimmte Zielgruppen. Es fehlt weitgehend an individueller
Unterstützung. Damit gehen geringe Chancen des beruflichen Einstiegs und der beruflichen
Perspektive einher. Verbunden mit dem Rechtsstatus bleibt auch die Wohnperspektive
beschränkt. Damit verbunden spielt die Betreuungsform auch keine unwesentliche Rolle.

Die Möglichkeit, am kulturellen und sozialen Leben teilzuhaben, wird ebenso massiv
eingeschränkt, sowie die aktive Teilhabe in der Gesellschaft.           Hierbei zeigen die
Jugendlichen außerdem unterschiedliche Verhaltensauffälligkeiten (fehlende intrinsische
Motivation, Schuldistanz, depressive Stimmungsschwankungen, aggressiv- oppositionelles
Trotzverhalten/dissoziale Verhaltensweisen z.B. Lügen, Diebstähle, gelegentliche körperliche
oder verbale Auseinandersetzungen und delinquentes Verhalten). Gemessen an den
Lebensverhältnissen und Lebenswelten, in denen sich die Minderjährigen befinden, ist die
schulische Lernmotivation und auch der Bildungsgrad bei dieser Zielgruppe begrenzt. Mithin
spielen physische und psychische Krankheiten eine beträchtliche Rolle, was Lern- und
Explorationsverhalten betrifft.

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Auffallend in der Arbeit mit dieser Zielgruppe ist der in vielen Fällen enge Zusammenhang
zwischen dissozial-kriminellem Verhalten (Symptom) und einer psycho-pathologischen
und/oder     medizinischen          Begleitproblematik.          Speziell       zu     benennen         seien      hier
Suchterkrankungen           (größtenteils         Spiel-      und/oder         Cannabissucht),            Psychosen
(Posttraumatische Belastungsstörungen, Schizophrenie, Depressionen etc.) und/oder
neurologische      Erkrankungen.          Auf     der      Grundlage        der      Anomietheorie2         und     der
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Marginalisierungsthese scheinen diese Belastungsfaktoren das Delinquenzsrisiko bei den
Betroffenen zu erhöhen. Betrachtet man deren Deliktstrukturen (Beschaffungskriminalität,
organisierte Kriminalität, Rohheitsdelikte, Drogenkonsum und- Verkauf, Absatzhehlerei usw.)
und den Aspekt der unsicheren Bleibeperspektive, zeigt sich hierbei ein signifikanter
Zusammenhang.

Demzufolge scheint der sozioökonomische Aspekt das Delinquenzsrisiko bei Jugendlichen
ohne Bleibeperspektive erheblich zu erhöhen, da dieser für sie die rechtliche und soziale
Anerkennung impliziert. Viele Jugendliche bemängeln außerdem das Fehlen von
verlässlichen Informationen über den Stand und Aussichten ihres eigenen asyl- und
aufenthaltsrechtlichen Verfahrens. Mit destruktiven Verhaltensmustern versuchen sie dann
ihrem Frust demonstrativ Ausdruck zu verleihen (z.B. Verweigerung des Schulbesuches,
Missachtung des Regelwerkes, aggressives und delinquentes Verhalten).                                        Um die
Wahrscheinlichkeit delinquenten Verhaltens - im Hinblick auf die unsichere Bleibeperspektive
- reduzieren zu können, zeigte sich, dass die intensive pädagogische Reflexion auf das
Verhalten der Jugendlichen eine positive Auswirkung hatte. Durch informativ-transparente
aufenthaltsrechtliche Beratungssettings, das Aufzeigen von Handlungsmöglichkeiten und die
Entwicklung realistischer Zukunftsperspektiven, kann eine vertrauensvolle und tragfähige
Zusammenarbeit mit den Jugendlichen gelingen, auf deren Grundlage bestimmte

   2   „Grundgedanke der Anomietheorie nach Robert K. Merton ist, dass die meisten Menschen nach der Erreichung
       kulturell anerkannter Ziele streben. Ein Zustand der Anomie entwickelt sich demnach, wenn der Zugang zu diesen
       Zielen ganzen Menschengruppen oder Individuen versperrt bleibt. Die Folge ist ein abweichendes Verhalten, welches
       sich durch Rebellion, Rückzug, Fundamentalismus u.ä. auszeichnet. Kriminalität resultiert überwiegend aus diesen
       Intentionen.“ www.Soztheo.de (stand:25.01.2021)
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       „Marginalisierung bezeichnet einen Prozess, durch den Menschen bezüglich zentraler Werte und
       Einflussmöglichkeiten in einer Gesellschaft benachteiligt und so zu so genannt marginalen Personen, zu
       gesellschaftlichen Außenseitern werden. Insbesondere wurde der Begriff für Individuen verwendet, die zwischen
       verschiedenen Kulturen stehen und mit unterschiedlichsten Rollenerwartungen konfrontiert sind, die eine
       Identitätsbildung erschweren und auch zu innerpsychischen Konflikten führen können. Im Vergleich zu neueren
       Begriffen wie Ausschluss oder Exklusion betont der Begriff Marginalisierung graduelle Integrationsunterschiede und
       die Verantwortung des ausschließenden Sozialsystems.“ www.sozialeswissen.de (stand:25.01.2021)

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Veränderungsprozesse     (z.B.   regelmäßiger   Schulbesuch,    Drogen    –    und   straffreie
Lebensführung) erzielt werden können.

   4.3. Bezüge zur Herkunftsfamilie bzw. Herkunftsland und Kultur

Die Erfahrung zeigt, dass der Bindung zu den Herkunftsfamilien eine zentrale Bedeutung
beizumessen ist. Hier wurde beobachtet, dass viele unbegleitete minderjährige Geflüchtete
einen engen Kontakt zu den eigenen Herkunftsfamilien pflegen und dadurch eine starke
familiäre und kulturelle Bindung vorhanden ist. Der Kontakt gestaltet sich vor allem über die
modernen Kommunikationswege (z.B. WhatsApp, Facebook, Skype usw.). Trotz fehlender
familiärer Unterstützung ist die Bindung zu den Herkunftsfamilien von zentraler Bedeutung
und nicht losgelöst von kultureller Bindung. Entsprechend besteht ein mehr oder weniger
enger Kontakt. Gleichzeitig bestehen auch Verpflichtungen gegenüber der Familie, denen
die Minderjährigen in ihrem Bewusstsein nachzukommen haben, so etwa die Familie
finanziell zu unterstützen, die Kosten für die Flucht auszugleichen und Arbeit und Geld zu
erlangen, um den Familiennachzug zu ermöglichen.

Eine große Rolle spielen Loyalitätsverpflichtungen verbunden mit Loyalitätskonflikten und
dem Streben Gesichtsverlust zu vermeiden. Daraus ergeben sich Belastungen, eingebunden
in kulturelle Traditionen und Denkstrukturen (Konsequenzen s.u.). Diese kulturell behafteten
Denkstrukturen führen bei vielen betroffenen Jugendlichen nicht selten zu erheblichen
Verhaltensproblemen (aggressives, delinquentes und dissoziales Verhalten, Depression,
Identitätskonflikte usw.). Um auf diese Problematik adäquat zu reagieren hat es sich als
hilfreich erwiesen, die Belastungsfaktoren zu berücksichtigen, die sich aus dem familiären
Umfeld ergeben und die damit verbundenen kulturellen Aspekte in der pädagogischen Arbeit
mit delinquenten Jugendlichen, von großer Bedeutung sind. Dies trägt demzufolge zu einer
ressourcen- und lösungsorientierten Problembewältigung bei.

   4.4. Aspekte der Familienzusammenführung/ Familiennachzug

Unsere Erfahrung in der Arbeit mit unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten zeigte, dass
sich der Familiennachzug auch als deutlicher Belastungsfaktor herausstellte. Das traf
insbesondere auf unbegleitete minderjährige Geflüchtete zu, denen ein subsidiärer Schutz
und/oder die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wurden. Unsere Erfahrung zeigte in diesem

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Zusammenhang, dass Kinder und Jugendliche mit diesem Aufenthaltsstatus erheblichem
Druck durch die Eltern ausgesetzt waren. Dieser Belastungsfaktor führte bei den Kindern
und    Jugendlichen     zu     unterschiedlichen        weiter      oben        bereits     genannten
Verhaltensauffälligkeiten. Die Berücksichtigung und Bearbeitung dieses Aspektes in der
Arbeit mit dieser Zielgruppe wirkten sich, unseren Erkenntnissen nach, positiv auf ihre
psychische Stabilität aus. Ebenfalls stellten wir fest, dass der gelungene Familiennachzug
eine positive Auswirkung auf die Delinquenz und somit einen gewaltpräventiven Charakter
hat.

   4.5. Delinquenz/Freundeskreis

Bei der Betrachtung der einzelnen Herkunftsgruppen lässt sich die Prävalenzrate der
Delinquenzsbelastung in den verschiedenen Deliktsbereichen maßgeblich variieren.
Schwerpunktmäßig liegen die Delikte im Bereich des Drogenhandelns, verbunden mit
Drogenmissbrauch, Eigentums- und Gewaltdelikten unterschiedlicher Intensität, Art und
Umfang,   sowie   Abhängigkeitsverhältnisse       zum    kriminellen      Milieu.   Es    reicht   vom
Drogenhandel zum Eigenkonsum bis hin zu organisiertem Drogenhandel auf unterer
Vertriebsebene. Einen überproportionalen Anteil im Drogenhandel nehmen Minderjährige
aus dem Libanon ein, gemessen z.B. an Minderjährigen aus Nordafrika und Syrien. Ein
weiterer Deliktschwerpunkt sind bei Minderjährigen aus Nordafrika Eigentumsdelikte,
(Diebstahl begehrter Waren zwischen Kosmetik, Kleidung, Lebensmittel und Handys in
Kaufhäusern, Supermärkten und auf der Straße).

Minderjährige aus dem Libanon geraten ohne Eigenkapital oftmals in die Fänge der
Drogenmafia, kommen gezielt zum Drogenhandel nach Berlin und stehen in mehr oder
weniger enger Verbindung mit der kurdisch-libanesischen Drogenmafia. Sie bewegen sich in
organisierten kriminellen Strukturen kulturellen bzw. familiären Milieus. Bei der Zielgruppe
der minderjährigen unbegleiteten aus Russland herrschen regelrechte Auftragsstrukturen.
Sie handeln im Auftrag, sind bereits im Heimatland angeworben oder werden später in
Deutschland   geworben.      Die   Jugendlichen    werden        direkt   von    dem      Auftraggeber
angesprochen. In der Regel handelt es sich um Erwachsene tschetschenischer
Abstammung, die sich vor allem in Berlin Mitte aufhalten und immer in kleinen Gruppen
auftreten. Inwieweit eine „Arbeitsverpflichtung“ besteht, ggf. unter Androhung von Gewalt,

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darüber kann keine valide Aussage getroffen werden. Auf Grundlage langjähriger
Erfahrungen konnten wir beobachten, dass die Vernetzung und Anbindung in kriminelle
Strukturen, die Anhäufung von Peers mit schlechten Angewohnheiten mit sich bringt.
Konkret bedeutet dies, dass die Jugendlichen aus den betreuten Herkunftsgruppen sich in
delinquenten Freundeskreisen bewegen, welche sich in den kriminellen Handlungen
gegenseitig begünstigen. Im Gegensatz zu gleichaltrigen aus anderen Ländern treten Kinder
und Jugendliche aus dem Vietnam kaum strafrechtlich in Erscheinung. Wahrscheinlich
müssen sie sich an strengere Regeln von Schleusern halten, um die Wahrscheinlichkeit, ins
Visier der Ermittlungsbehörden zu geraten, massiv zu reduzieren. Infolgedessen gelten sie in
ihrem Wohl als besonders gefährdet und bedürfen daher einer besonderen Aufmerksamkeit
der Kinder und Jugendhilfe. Der Freundeskreis scheint im Allgemeinen zwar durchmischt zu
sein, in spezifischen Fällen lässt sich jedoch auch eine einseitige Tendenz beobachten.
Besonders Menschen aus Nordafrika sind mit ihrem kulturellen Milieu stark vernetzt.

Während Jugendliche aus dem Libanon, Syrien und Irak einen multikulturellen
Freundeskreis aufweisen, ist bei Jugendlichen aus dem Vietnam eine Konzentration auf den
eigenen Kulturkreisen zu beobachten. Die delinquenten Jugendlichen aus den betrachteten
Herkunftsländern weisen vor allem eine dysfunktionale Tagesstruktur auf. Sie sind nicht
selten schuldistanziert und gehen kaum einer sinnvollen Freizeitgestaltung nach. Für
pädagogische Freizeitaktivitäten sind sie schwer zu motivieren. Vielmehr treffen sie sich an
Drogenumschlagplätzen wie z.B. Kottbusser Tor, Warschauer Straße, Alexanderplatz,
Hermannplatz usw., um entweder Drogen zu verkaufen, zu konsumieren oder aber auch
gemeinsame Diebstahlsdelikte (z.B. Taschendiebstähle) zu begehen. Insgesamt zeigt
unsere Erfahrung, dass der delinquente Freundeskreis einen erheblichen Einfluss auf das
Verhalten der von uns betreuten Jugendlichen und damit auf die pädagogische Arbeit mit
dieser Zielgruppe hat.

   4.6. Wohnperspektive und Betreuungsform

In der Arbeit mit unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten kommt der Klärung der
Wohnperspektive und der damit verbundenen Betreuungsform eine entscheidende Rolle
zuteil. In unserer Praxis zeigt sich, dass unbegleitete minderjährige Geflüchtete, die aufgrund
spezifischer   migrations-   und   sozialisationsbedingter   Rahmenbedingungen        für   die

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pädagogische Arbeit schwer zugänglich sind, sich mit subjektiv erheblichen Schwierigkeiten
konfrontiert sehen. Oft müssen sie Jugendhilfeeinrichtungen wechseln, da sie dort
pädagogisch nicht erreicht werden können. Diese Situation führt zu einer dauerhaften
Destabilisierung ihrer Lebenssituation, die mit einer äußerst enormen Belastung für die
Betroffenen verbunden ist. Außerdem zeigt unsere Erfahrung, dass delinquente unbegleitete
minderjährige Geflüchtete in Jugendhilfeeinrichtungen untergebracht werden, die oft ihren
individuellen und persönlichen Ressourcen nicht entsprechen bzw. diese nicht berücksichtigt
werden. Dadurch fühlen sich die betroffenen Jugendlichen in ihren Fähigkeiten – z.B.
selbstständige und eigenverantwortliche Lebensführung – massiv eingeschränkt. Dieser
Umstand führt nicht selten zu Interessenkonflikten zwischen den betroffenen Jugendlichen
und dem helfenden System.

   Die Folgen der Corona-Pandemie für die Zielgruppe
Die Corona-Pandemie und die damit verbundenen Einschränkungen stellen für unsere
Zielgruppe eine erhebliche Herausforderung dar. Aufgrund ihrer besonderen Lebenslagen
sind   sie   als   eine   entwicklungsbedingte   vulnerable   Bevölkerungsgruppe   von   den
Eindämmungsmaßnahmen besonders betroffen. In diesem Zusammenhang haben wir in der
Arbeit mit dieser Zielgruppe einige Erkenntnisse gewonnen. Diese werden im Fokus der
Übersichtlichkeit und der Relevanz für die sozialpädagogische Intervention in folgenden
Bereichen eingeteilt:

   5.1. Psychosoziale Situation

Die psychosoziale Situation der Zielgruppe hat sich seit Pandemiebeginn enorm
verschlechtert. Das trifft insbesondere auf Kinder und Jugendliche sowie ihre Eltern aus
sozialschwachen Verhältnissen, darunter auch Geflüchtete, zu. In diesem Zusammenhang
zeigt unsere Erfahrung, dass die Schließung von Betreuungs- und Bildungseinrichtungen für
Eltern und Kinder eine extreme psychische Belastung darstellte. Der Verlust von gewohnten
Tagesstrukturen,      Kontaktabbrüche     zu     außerhäuslichen   Bindungspersonen      und
eigenständiges Lernen Zuhause stellten sie vor neue Herausforderungen.

Mit Blick auf die Unterstützung ihrer Kinder im schulischen Bereich, stoßen sie oft an ihre
Belastungsgrenzen. Außerdem stiegen die emotionalen Anforderungen an die Eltern, ihren

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