Digitaler Wandel in den Hilfen zur Erziehung - Eine Arbeitshilfe für die Praxis - Der ...

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Digitaler Wandel in den Hilfen zur Erziehung - Eine Arbeitshilfe für die Praxis - Der ...
Digitaler Wandel
in den Hilfen zur Erziehung

                    Eine Arbeitshilfe für die Praxis
Digitaler Wandel in den Hilfen zur Erziehung - Eine Arbeitshilfe für die Praxis - Der ...
Titelbild: © kerkezz | stock.adobe.com

                                         *„Gehört werden!“ wird in Kooperation der beiden Landesjugendämter umgesetzt und durch das Landesministerium für
                                         Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration gefördert. Die Fachstelle wird durch die Freie Wohlfahrtspflege NRW und den
                                         VPK-Landesverband NRW in einem Beirat unterstützt.
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Vorwort

Liebe Fachkräfte!
                         Kinder und Jugendli-           gerecht zu werden, müssen Fachkräfte über um-
                         che betrifft der digitale      fassendes Wissen verfügen, das durch Fortbil-
                         Wandel in der Gesell-          dungen regelmäßig aufgefrischt wird.
                         schaft am deutlichsten,
                         dass bestätigen aktuelle       Bei der Frage an junge Menschen, die an einer
                         Studien (vgl. JIM-Studie       Veranstaltung des Projektes „Gehört werden!“* in
                         2019). Er bestimmt ihren       Duisburg teilnahmen, was für sie in ihrer Einrich-
                         Alltag und ihre Identität      tung besonders wichtig sei, wurden u.a. Zugänge
                         und damit auch ihre Kul-       zu digitalen Medien sowie die Bereitschaft der
                         tur- und Gesellschafts-        Fachkräfte zur Fortbildung in diesem Bereich als
bilder. Die Lebenswelt von Jugendlichen kann            unabdingbar benannt. www.gehoert-werden.de.
nicht mehr losgelöst von sozialen Netzwerken
gedacht werden, alleine ihre Peerkommunika-             Das unterstreicht die Wichtigkeit, die die jungen
tion findet mittlerweile fast vollständig dort statt.   Menschen selbst dem Umgang mit digitalen Me-
                                                        dien beimessen. Im Mittelpunkt der Arbeitshilfe
Während der Corona Pandemie zeigte sich sehr            steht die Stärkung der Handlungssicherheit der
deutlich: Schulkinder, die allein und mit digita-       Fachkräfte im Umgang mit den digitalen Medien.
lem Unterrichtsstoff arbeiten sollten, sind dann        Um dies zu ermöglichen, ist es ganz entschei-
benachteiligt, wenn ihre Eltern sie dabei nicht         dend, dass sich die pädagogischen Fachkräfte sel-
unterstützen können. Auch hat nicht jede Fami-          ber mit ihrer Risiko- und Chancen-Wahrnehmung
lie gleichermaßen einen Zugriff auf einen PC und        auseinandersetzen. Mit ihrem eigenen Umgang
Drucker. Damit fallen diejenigen hinten runter,         mit Smartphone, Messenger Diensten und Social
die Unterstützung am Nötigsten haben. Kinder            Media sowie den eigenen Grenzen von Fähig-
und Jugendliche, die aufgrund unterschiedlichs-         keiten und Fertigkeiten im Zusammenhang mit
ter Hintergründe nicht in ihrem Elternhaus leben,       digitalen Medien.
sondern in Einrichtungen der stationären Jugend-
hilfe, sind besonders benachteiligt. Zum einen          Die hier vorliegende Arbeitshilfe, als das Ergebnis
hatten sie häufig in ihrer Herkunftsfamilie keinen      der Arbeitsgruppe „Digitalisierung in den Erzie-
regelmäßigen Zugang zu digitalen Medien, zum            hungshilfen im Paritätischen NRW“, soll die Fach-
anderen sind die wenigsten Einrichtungen der            kräfte der Einrichtungen dabei unterstützen.
stationären Jugendhilfe angemessen digital aus-
gestattet. Neben der fehlenden Ausstattung, be-
steht bei vielen Fachkräften in den Einrichtungen
Handlungsunsicherheit.

Um einer immer stärker werdenden digitalisier-          Elke Schmidt-Sawatzki
ten Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen             Landesvorsitzende des Paritätischen NRW

                                                                                                              1
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Inhalt

Einführung			                                                         4
Digitalisierung und Medienpädagogik in den Hilfen zur Erziehung			    6
Eine Haltung entwickeln								                                       9
Tipps für die Praxis									 12
     Medienkompetenzschulungen							 14
     Rechtliche Grundlagen								 16
     Einbindung der Eltern								 19
     Mediennutzungsverträge und Surfschein						 20
     Sichere Messenger								 22
Tipps für die Konzeptentwicklung							 25
Verzahnung mit anderen Konzepten							 29
Medienpädagogische Linksanmmlung und Quellen					                    31
Anhang – Fragen für ein Gespräch mit Jugendlichen				                35
Impressum										 36

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                                             Einführung

                                             Digitale Medien sind inzwischen allgegenwär-      tag von Kindern und Jugendlichen ausmachen
                                             tig und selbstverständlicher Teil unseres täg-    – werden weitere Fragen aufgeworfen. Und das
                                             lichen Lebens geworden. Sie sind nicht nur in     sowohl hinsichtlich der Handlungsautonomie
                                             bestimmten Bereichen, wie zum Beispiel in der     der Nutzer*innen, als auch auf die Frage von
                                             Arbeitswelt vorherrschend, sondern in sämt-       neuen Verhältnissen von Privatheit und Öffent-
                                             lichen Bereichen des Alltags präsent – von der    lichkeit aufseiten der Adressat*innen, wie auch
                                             Schule bis zur Freizeit. Dabei stellen digitale   der Kinder und Jugendhilfe, wenn sie sich in
                                             Kompetenzen eine unerlässliche Voraussetzung      diese Kontexte begibt. Hier zeigen sich neue He-
                                             für die Bewältigung der beruflichen und priva-    rausforderungen für die freien Träger, die sich
                                             ten Anforderungen in unserer Gesellschaft dar     neben der Frage des Kinder- und Jugendschut-
                                             und werden damit auch zu einer Herausforde-       zes auch eine Haltung und einen entsprechen-
                                             rung für die Kinder- und Jugendhilfe.             den Umgang mit digitalen Medien aneignen
                                                                                               müssen. Ein medienpädagogisches Konzept zu
                                             Mit Blick auf virtuelle soziale Netzwerke und     erarbeiten ist daher für jede Einrichtung sehr zu
                                             Dienste wie Facebook, Youtube oder Instagram      empfehlen.
                                             – die mittlerweile einen zentralen Raum im All-

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Um die freien Träger der Jugendhilfe, die im Pa-     dass jede Einrichtung eine Haltung zur Digitali-
ritätischen NRW organisiert sind und Hilfen zur      sierung und damit zum Umgang mit den digita-
Erziehung anbieten, bei der Erarbeitung eines        len Medien in der Einrichtung entwickeln muss.
Medienpädagogischen Konzeptes für ihre Ein-          Diese Positionierung sollte in der Einrichtung
richtungen zu unterstützen, beschloss der lan-       bekannt sein. Ebenso einig war man sich darin,
desweite Facharbeitskreis Erziehungshilfen in        dass die Fachkräfte Handlungsempfehlungen
2018 die Gründung einer Arbeitsgruppe „Digi-         benötigen, damit ihre Handlungssicherheit in
talisierung in den Erziehungshilfen“.                diesem Bereich gestärkt wird – ein medienpäd-
                                                     agogisches Konzept, das wie andere Konzepte
Zehn Einrichtungen hatten ihre Fach- und Lei-        auch in der Praxis erprobt und stetig weiterent-
tungskräfte entsandt, die aus ihrer Praxis be-       wickelt werden muss.
richteten. Der Paritätische NRW organisierte
fachlichen Input aus dem Projekt PowerUp der
Fachstelle für Jugendmedienkultur NRW (fjmk),
die Mitgliedsorganisation des Verbandes ist.
Schnell wurde deutlich, dass die Vorausset-
zungen, die die Einrichtungen mitbrachten, so
unterschiedlich waren, wie die Einrichtungen
selbst. Einig waren sich alle in der Einschätzung,                        www.projekt-powerup.de

                   Diese Arbeitshilfe
... soll es den Einrichtungen und Fachkräften erleichtern, Kinder und Jugendliche von Anfang an bei
der Mediennutzung zu begleiten und ihre Kompetenzen mit aufzubauen. Wann der richtige Zeitpunkt
ist, kann man pauschal nicht beantworten, da alle Kinder unterschiedlich sind und unterschiedliche
Vorerfahrungen in die Einrichtungen mitbringen. Begleiten heißt auch nicht Kontrolle oder Verbote.
Die Arbeitshilfe gibt Hinweise und Handlungsempfehlungen zur Erstellung eines Medienpädagogi-
schen Konzeptes in der Einrichtung, dass die Handlungssicherheit der Fachkräfte stärkt.

Der digitale Wandel ist ein fortlaufender Prozess, der Ressourcen benötigt. Diese müssen vom Träger
zur Verfügung gestellt werden. Die Fachkräfte sollten weitergebildet werden. Von Bedeutung ist die
Kommunikation beim Träger auf den unterschiedlichen Ebenen. Sowohl die Leitungsebene als auch
die Mitarbeiter*innen der IT sollten von Anfang an mit ins Boot geholt werden. Dass im Prozess auch
Fehler passieren können ist naheliegend. Diese sollten nicht negativ sanktioniert werden, sondern als
Impuls zum weiteren lernen genutzt werden. Als lernende Organisation bleibt das Thema „Digitaler
Wandel“ auch auf der Agenda des Paritätischen NRW. Die Digitalisierung in den Erziehungshilfen wird
vom Fachbereich beratend unterstützt und der fachliche Austausch der Einrichtungen untereinander
forciert und begleitet.

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                                       Digitalisierung und Medienpädagogik
                                          in den Hilfen zur Erziehung

                                       Die Digitalisierung ist in aller Munde, dennoch     licher Ebene. Die Antworten von heute können
                                       bleibt sie für viele ein abstrakter Begriff. Was    sich morgen schon erübrigen, plötzlich stehen
                                       genau meinen wir eigentlich, wenn wir von Di-       bessere Lösungen zur Verfügung oder andere
                                       gitalisierung in den Hilfen zur Erziehung spre-     geraten in die Kritik. Diese Schnelllebigkeit be-
                                       chen? Welche Aspekte des pädagogischen              deutet für die pädagogische Arbeit, die Entwick-
                                       Alltags werden digitalisiert, und welche bleiben    lungen digitaler Lebenswelten stets im Blick zu
                                       davon unberührt? Können wir darüber wirklich        behalten, auf Neues reflektiert zu reagieren und
                                       frei entscheiden? Und gibt es darauf überhaupt      Bewährtes zu hinterfragen. Und genau an die-
                                       eine endgültige Antwort?                            sem Punkt kommen Medienkonzepte mit ihren
                                                                                           Handlungsempfehlungen der Medienpädago-
                                       Was in jedem Fall wichtig ist: Digitalisierung      gik zum Tragen.
                                       ist ein fortlaufender Prozess. Man spricht auch
                                       vom digitalen Wandel in unserer Gesellschaft,       Medienpädagogik navigiert durch die Schnellle-
                                       oder auch von digitaler Transformation der          bigkeit der Digitalisierung. Sie hilft dabei Schritt
                                       Gesellschaft. Dieser Wandel vollzieht sich auf      zu halten. Sie ist Bewältigungsstrategie in Zeiten
                                       individueller, institutioneller und gesellschaft-   der Unsicherheit. Sie schafft Methodenreichtum,

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Selbsterfahrung und Lebensweltorientierung.        vor allem, wenn man sich ihre praktischen Hand-
Die Medienpädagogik hilft uns, Digitalisierungs-   lungsfelder anschaut. Im Rahmen praktischer,
prozesse aktiv, kreativ und gemeinsam mit den      medienpädagogischer Angebote geht es in den
Kindern und Jugendlichen zu gestalten.             meisten Fällen um verschiedene Aspekte des
                                                   Medien- und Technikgebrauchs, um gestalteri-
Medienpädagogik, Medienkompetenz und               sche und kreative Mediennutzung und um die
Medienerziehung                                    Reflexion und kritische Betrachtung der Medien-
Ein ausführlicher theoretischer Einstieg in die    inhalte. Dabei können unterschiedliche Perspek-
Grundbegriffe der Medienpädagogik übersteigt       tiven eingenommen werden:
den kompakten Rahmen einer praxisorientier-        „   die Lehr-Lern-Perspektive = Mediendidaktik
ten Arbeitshilfe wie dieser. Dennoch wollen wir        (zum Beispiel in der Schule)
kurz klären, in welchem Verhältnis Medienpäda-
                                                   „   die Bildungsperspektive = Medienbildung
gogik Medienkompetenz und Medienerziehung
                                                       (zum Beispiel für die außerschulische Bil-
zueinanderstehen.
                                                       dungsarbeit)
                                                   „   die Erziehungsperspektive = Medienerzie-
Die Medienpädagogik versteht sich als Teil-
                                                       hung (zum Beispiel für den Kontext Familie)
disziplin unterschiedlicher Wissenschaften. Sie
weist Schnittmengen mit der Erziehungs- oder       Für den Bereich der Hilfen zur Erziehung ist es
Bildungswissenschaft, der Sozialen Arbeit, aber    also naheliegend, sich vorrangig mit der Per-
auch der Kultur- und Medienwissenschaft auf.       spektive der Medienerziehung zu beschäftigen.
Medienpädagogik ist dabei stark interdisziplinär   Medienerziehung nimmt dabei das Verhältnis
ausgerichtet. Eine Annäherung an die Gegen-        der Kinder und Jugendlichen zu den genutz-
standbereiche der Medienpädagogik gelingt          ten Medien unter die Lupe. Aus diesen Beo-

                                                                                               © ekkaphan | stock.adobe.com

                                                                                                                              7
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bachtungen werden dann medienerzieherische          schiedlich beschrieben wurden. Als besonders
    Handlungsempfehlungen abgeleitet, die sich          praxisnah erweisen sich aber häufig die Dimen-
    individuell und mit einem hohen Alltagsbezug        sionen von Dieter Baacke. Er unterteilt die Me-
    umsetzen lassen. Medienerziehung kompensiert        dienkompetenz in vier Dimensionen:
    dabei vorhandene Defizite in der Mediensoziali-
                                                        „   Medienkunde
    sation von Kindern und Jugendlichen und leis-
                                                        „   Mediennutzung
    tet aktiv Prävention in Hinblick auf verschiedene
    Risiken von Medien. Sie greift aber auch deren      „   Mediengestaltung
    Chancen auf und vermittelt den kompetenten          „   Medienkritik
    Umgang. Als Zielwert des medienerzieherischen       (hierzu näheres unter: www.dieter-baacke-preis.
    Handelns – wie auch der Mediendidaktik und          de/ueber-den-preis/was-ist-medienkompetenz/)
    Medienbildung – lässt sich somit das Fördern
    von Medienkompetenz betrachten.                     Eine Medienerziehung, die sich an diesen Teil-
                                                        bereichen orientiert, kann aktiv zu einer ganz-
    Die Medienkompetenz spaltet sich wiederum in        heitlichen Förderung von Medienkompetenz
    verschiedene Dimensionen auf, die in der Ver-       beitragen.
    gangenheit von Wissenschaftler*innen unter-

                                                                                                                k.adobe.com
                                                                                       © Tom Merton/KOTO | stoc

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© WavebreakMediaMicro | stock.adobe.com
                                             Eine Haltung entwickeln

Wir alle haben im Laufe unserer Kindheit und       diese eher kritisch und sind zögerlich bei der
Jugend unterschiedliche Mediensozialisationen      Übernahme von Software und Geräten.
durchlaufen. Während für manche zum Beispiel
der Fernseher wie selbstverständlich zum Fami-     All diese Erfahrungen, die wir im Laufe unseres
lienleben dazu gehörte, wurde seine Nutzung        Lebens machen, beeinflussen unsere Haltung
für andere stark reglementiert. In einigen Fami-   gegenüber Medien und technologischen Inno-
lien schaffte man neue, technische Geräte ohne     vationen. Unsere persönliche Haltung ist dabei
Vorbehalte an, in anderen betrachtete man die      nie richtig oder falsch – sie ist einfach nur die
Innovationen zunächst aus der Ferne, zog spä-      Summe unserer Meinungen und Erfahrungen,
ter nach oder verweigerte sich ganz. Manche        die wir im Laufe unseres Lebens bezüglich tech-
von uns haben als Jugendliche leidenschaft-        nologischen Fortschritts gesammelt haben.
lich gern Bücher gelesen, andere hörten lieber     Dennoch spielt unsere Haltung eine Rolle dabei,
Radio. Wieder andere verbrachten viel Zeit an      wie aktiv und offen wir uns gegenüber den ak-
der Spielekonsole. Einige von uns sind medien-     tuellen Lebenswelten der Kinder und Jugendli-
und technikaffin und folgen aufmerksam den         chen positionieren und wie wir in der Lage sind,
aktuellen Entwicklungen, einige hinterfragen       medienpädagogisch darauf zu reagieren.

                                                                                                       9
Dadurch, dass sich die Haltungen pädagogischer     „ Wie können wir es schaffen, uns gegensei-
     Fachkräfte innerhalb eines Trägers oder eines      tig in unseren Haltungen ernst zu nehmen, Hal-
     Teams fundamental voneinander unterscheiden        tungen nicht gegeneinander auszuspielen und
     können, ist es sehr wichtig, vor allem während     dadurch im Team eine klare medienpädagogi-
     einer Medienkonzeptentwicklung hierüber in         sche Linie gewinnen?
     den Austausch zu kommen. Die Ungleichheit
                                                        Auf der Homepage von PowerUp finden Sie
     der Haltungen gilt es dabei als Ressource zu be-
                                                        hierzu verschiedene Methoden (www.projekt-
     greifen, um das gemeinsame Handeln aneinan-
                                                        powerup.de/download), von denen zwei an die-
     der anzugleichen.
                                                        ser Stelle besonders empfohlen werden:

     Bei der Haltungsentwicklung geht es also vor
                                                        Bildimpuls-Methode
     allem darum, von der persönlichen, individuel-
                                                        Um die Diskussion über die unterschiedlichen
     len Haltung zu einer gemeinsamen pädagogi-
                                                        Haltungen im Team anzustoßen, bietet sich
     schen Haltung im Team zu gelangen. Dabei gilt
                                                        die Bildimpuls-Methode an. Dabei werden dem
     es folgende Fragen zu klären:
                                                        Team verschiedene Bilder zum Thema digitale
     „ Mit welchem Blick schauen wir auf die di-        Medien bzw. Mediennutzung von Kindern und
     gitalen Lebenswelten der Kinder und Jugend-        Jugendlichen vorgelegt. Die spontanen Gedan-
     lichen? Sind wir offen, kritisch oder wertend,     ken jedes Einzelnen machen die unterschiedli-
     manchmal vielleicht sogar unfair?                  chen Haltungen sichtbar und helfen dabei, die
     „ Wie begründen wir Vorbehalte gegen-              verschiedenen Positionen im Team zu verstehen
     über bestimmten digitalen Medien? Reagieren        und einzuordnen.
     wir eher emotional oder faktenbasiert und wie
     beeinflusst dies unsere medienpädagogische
     Handlungsfähigkeit?

                                                                                                              obe.com
                                                                                      © Jacob Lund | stock.ad

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Was ich mir wünsche ...

                                                    Mehr Verständnis
                                                     der Fachkräfte                              Bereitschaft
                                                                                                der Fachkräfte
                                                                                               zur Fortbildung

Handynutzung

                       Freies W-Lan                         Mehr und bessere Hardware

Aus den Einrichtungen der AG-Teilnehmenden: Vorschläge, Wünsche und Ziele junger Menschen zur Nutzung digitaler Me-
dien in der Einrichtung

Beteiligung von Kindern, Jugendlichen und                   einem Dialog und einer Begegnung auf Augen-
Fachkräften                                                 höhe bei und übt das aktive Fragen nach Me-
Ein weiterer Ansatz eine Haltung zu entwickeln              dieninhalten und Interessen.
und gegenseitiges Verständnis zu schaffen ist
das Sprechen über Mediennutzung anhand                      Die Fachkräfte der AG nahmen abgestimmte
von gezielt durchgeführten Interviews mit den               Interviewbögen mit in ihre Einrichtungen und
Adressat*innen. Diese Methode wurde von                     befragten sowohl junge Menschen als auch
den AG-Teilnehmenden zur Erarbeitung dieser                 Fachkräfte und Kolleg*innen (siehe S. 35, „Fra-
Arbeitshilfe erprobt und als sehr wirksam emp-              gen für ein Gespräch mit Jugendlichen“). Ein Er-
funden, um unterschiedliche Perspektiven und                gebnis war, dass sich das Nutzungsverhalten der
Haltungen offenzulegen und bei der Erarbei-                 jüngeren Fachkräfte nicht groß unterschied vom
tung von Rahmenbedingungen für die Medien-                  Nutzungsverhalten der jungen Menschen in den
nutzung zu berücksichtigen. Das aktive Fragen               Einrichtungen.
der Leitung und Mitarbeitenden fördert den
Austausch auf der Fachkräfte-Ebene. Das Inter-
viewen der Kinder und Jugendlichen trägt zu

                                                                                                                      11
© Daisy Daisy | stock.adobe.com

                                       Tipps für die Praxis

                                       Zeigen Sie als Fachkraft ein professionelles In-   Involvieren Sie auch die Eltern in Ihre medien-
                                       teresse an den digitalen Lebenswelten der Kin-     pädagogischen Ansätze und bemühen Sie sich
                                       der und Jugendlichen und scheuen Sie nicht die     um Aufklärungsarbeit und praktische Tipps für
                                       inhaltliche und manchmal auch experimentelle       die Medienerziehung in Familien.
                                       Auseinandersetzung mit den entsprechenden
                                       Medieninhalten.                                    Erarbeiten Sie gemeinsam mit den Kindern und
                                                                                          Jugendlichen faire und lebensweltorientierte
                                       Nehmen Sie bewusst auch mal die Perspektive        Regeln für den Medienumgang und entwickeln
                                       der Kinder und Jugendlichen ein und erfragen       Sie aufklärende und präventive medienpädago-
                                       Sie auf Augenhöhe deren Meinungen und Posi-        gische Angebote, durch welche die Kinder und
                                       tionen in Bezug auf Mediennutzung und Me-          Jugendlichen ihr Medienwissen vertiefen und
                                       dieninhalte.                                       mehr Sicherheit und Autonomie im Medienum-
                                                                                          gang entwickeln können.
                                       Beachten Sie in der medienerzieherischen Pra-
                                       xis die rechtlichen Grundlagen. Setzen Sie sich    Nehmen Sie die Auseinandersetzung mit me-
                                       aktiv mit Ihrem gesetzlichen Auftrag zur Medien-   dienpädagogischen Themen zum Anlass, Ihre
                                       kompetenzvermittlung auseinander und wägen         eigene Medienkompetenz zu stärken und Ihre
                                       Sie hierbei immer wieder zwischen Befähigung       Handlungsfähigkeiten mit digitalen Medien wei-
                                       und Schutz ab.                                     terzuentwickeln.

                                  12
Medienkompetenzschulungen
Medienkompetenzvermittlung ist ein Bildungs-       wichtig sich medienpädagogisch fortzubilden.
auftrag. Um diesem gerecht zu werden, be-          Dies gilt nicht nur – wie häufig gefordert – für
nötigen pädagogische Fachkräfte selbst ein         diejenigen Mitarbeitenden, die sich bereits
gewisses Maß an Medienkompetenz und grund-         durch eine gewisse Medienaffinität auszeichnen,
legendes Wissen über die medialen Lebenswel-       sondern insbesondere für die skeptischen oder
ten ihrer Klient*innen.                            zögerlichen. Denn das Wissen über alltagsinte-
                                                   grierte Medienpädagogik ist kein Nischenthema.
Durch Selbsterfahrung mit digitalen Medien und     Jede pädagogische Fachkraft, die im direkten
einer aktiven Auseinandersetzung mit den Me-       Austausch mit Kindern und Jugendlichen steht,
dieninhalten werden Fachkräfte befähigt, sich in   sollte eine grundlegende wissensbasierte Hand-
die digitalen Lebenswelten von Kindern und Ju-     lungsfähigkeit rund um Fragestellungen der Me-
gendlichen hineinzuversetzen. Auf Basis dessen     diennutzung aufweisen.
können dann gemeinsam mit den Heranwach-
senden angemessene Regeln und Bedingun-            Schulungen in den folgenden drei Themenbe-
gen für die tägliche Mediennutzung geschaffen      reichen sind zu empfehlen:
werden. Dabei sollten sich Pädagog*innen stets
                                                   „   Social Media und Messenger
ihrer Vorbildfunktion bewusst sein.
                                                   „   Sicheres Surfen und Datenschutz
Um dies zu gewährleisten, ist es auch für päda-    „   Digitale Spiele
gogische Fachkräfte in den Hilfen zur Erziehung

                                                                                                      13
Social Media und Messenger
     Social Media Plattformen sowie Messenger sind      Durch Schulungen rund um Social Media und
     ein wichtiger Bestandteil digitaler Lebenswel-     Messenger bekommen pädagogische Fach-
     ten. Besonders für Jugendliche erfüllen sie un-    kräfte einen Einblick in die Funktionsweisen der
     abdingbare Funktionen wie die Kommunikation        Plattformen, lernen das Nutzungsverhalten der
     mit Freund*innen und Familie, Identitätsbildung    Jugendlichen besser einzuschätzen und erhal-
     oder das Streben nach Unabhängigkeit.              ten genug Wissen, um zwischen den dort auf-
                                                        tretenden Chancen und Risiken abzuwägen.
     Besonders für Jugendliche in den Hilfen zur Er-
     ziehung stellen die Plattformen, die meist via            Führen Sie im Team gemeinsam einen
     Smartphones genutzt werden, ein wichtiges Tor             Social-Media-App-Check durch und
     zur Welt dar. Gleichzeitig sind soziale Medien     schauen Sie sich die wichtigsten Plattformen der
     sehr schnelllebig und die dort entstehenden        Jugendlichen einmal an (zum Beispiel Instag-
     Trends und Dynamiken schwer durchschaubar.         ram, TikTok, Snapchat und YouTube). Diskutie-
     Auch wenn pädagogische Fachkräfte in ihrer         ren Sie gemeinsam: Warum wirken die Plattfor-
     Freizeit selbst auf Instagram oder WhatsApp un-    men auf die Jugendlichen so faszinierend und
     terwegs sind, sind sie nicht automatisch mit den   unterhaltsam? Was können Sie nachvollziehen,
     dort rezipierten Inhalten von Jugendlichen ver-    was erscheint Ihnen fremd? Über welche Risiken
     traut. Diese Undurchschaubarkeit erzeugt eine      sollten die Jugendlichen unbedingt aufgeklärt
     Unsicherheit darüber, welchen Risiken die Ju-      werden?
     gendlichen auf den Plattformen ausgesetzt sind.

     Sicheres Surfen und Datenschutz
     Kinder und Jugendliche sollten dazu befähigt       munikation über digitale Medien? In Medien-
     werden, sich sicher im Netz zu bewegen und         kompetenzschulungen sollten diese und wei-
     dabei die eigenen Daten weitestgehend zu           tere Fragen einerseits aus medienpädagogischer
     schützen. Aber um dieses Wissen vermitteln zu      als auch aus datenschutzrechtlicher Perspektive
     können, müssen sich auch die pädagogischen         geklärt werden.
     Fachkräfte über die hierfür wichtigen Faktoren
     bewusst sein, um ihrer Vorbildfunktion für die              Setzen Sie sich aktiv, aber auch differen-
     Kinder und Jugendlichen gerecht zu werden.                  ziert mit verschieden Kontakt- und Kon-
     Im Fokus stehen dabei Fragestellungen wie: Wie     fliktrisiken, wie beispielsweise Cybermobbing,
     sehen sichere Passwörter aus und wie schütze       Sexting, Hate Speech, Fake News oder Extremis-
     ich meine Accounts? Wie erkenne ich versteckte     mus in sozialen Netzwerken auseinander. Entwi-
     Werbung? Welche Fallstricke erwarten mich          ckeln Sie gezielte Hilfsangebote für Ihre Einrich-
     beim Online-Shopping? Welche Daten sammeln         tung, sollte es zu Vorfällen in diese Kategorien
     Social Media Plattformen und wie kann ich dies     kommen. Auch hierbei unterstützen zahlreiche
     einschränken? Und speziell für Fachkräfte: Wie     Materialien von www.klicksafe.de.
     funktioniert auch im Dienst eine sichere Kom-

14
© Anton | stock.adobe.com
Digitale Spiele
In Deutschland gelten mittlerweile 35 Millio-      legen und im Dialog miteinander erforschen,
nen Menschen als regelmäßige Gamer*innen           was an den beliebtesten Spielen so aufregend
(www.game.de/marktdaten/deutscher-games-           und spannend ist, bestenfalls sogar gemeinsam
markt-2019). Digitale Spiele sind auch bei Kin-    spielen und darüber reflektieren. Andererseits
dern und Jugendlichen äußerst beliebt (siehe       lohnt es sich auch Schulungen zum Thema zu
hierzu auch die JIM-Studie 2019). Pädagogisch      durchlaufen und einen pädagogischen Fahrplan
betrachtet stellt sich bei der Auswahl von Spie-   für die gemeinsame Handhabe von digitalen
len aber häufig die Frage nach altersangemes-      Spielen im Gruppenalltag zu entwickeln.
senen Inhalten und der Spieldauer. Auch das
Themenfeld der Computerspielsucht knüpft                  Auf der Seite www.spieleratgeber.de
hieran an und erfordert Wissen rund um die dif-           finden Sie nicht nur pädagogische Be-
ferenzierte Einschätzung und Beobachtung des       wertungen und Einschätzungen zahlreicher
Spieleverhaltens besonders von Jugendlichen.       digitaler Spiele, sondern auch Tipps und wis-
Pädagogische Fachkräfte sollten einerseits ge-     senswertes speziell für Fachkräfte der Kinder-
meinsam mit den Kindern und Jugendlichen           und Jugendhilfe.
Rahmenbedingungen für digitale Spiele fest-

                                                                                                                          15
Rechtliche Grundlagen
     Der gesetzliche Auftrag zur Medienkompe-            Für das medienpädagogische Handeln bedeutet
     tenzförderung lässt sich indirekt aus der UN-       das, stets zwischen diesen beiden Polen – also
     Kinderrechtskonvention und dem SGB VIII             zwischen Befähigung und Schutz – abzuwägen.
     ableiten. Hierbei kommen verschiedene Artikel       Hilfreich ist es dabei, keine allgemeingültige
     der Konvention und Paragraphen des Kinder-          Position zu Medien im Ganzen zu entwickeln,
     und Jugendhilfegesetz (KJHG) zum Tragen, die        sondern ganz differenziert hinzuschauen, wel-
     einerseits dazu aufrufen, Kinder und Jugendli-      che Chancen ein Gerät, ein Inhalt, eine App, ein
     che zu einem guten Umgang mit Medien zu be-         Spiel, eine Plattform etc. bietet und über welche
     fähigen, aber andererseits auch zum Schutz vor      Risiken es aufzuklären gilt.
     deren missbräuchlicher Nutzung verpflichten.

                        Abwägung anhand beispielhafter Artikel der
                        UN-Kinderrechtskonvention

     Schutz                                               Befähigung
     Artikel 19: Schutz vor Gewalt                        Artikel 17: Informationen, Medien
     Schutz vor jeder Form körperlicher oder geistiger    Wichtige Rolle der Massenmedien wird aner-
     Gewaltanwendung, Schadenszufügung oder               kannt;
     Mißhandlung, Verwahrlosung oder Vernachläs-          Sicherstellung, dass das Kind Zugang zu Informa-
     sigung, vor schlechter Behandlung oder Ausbeu-       tionen und Material hat.
     tung einschließlich des sexuellen Missbrauchs.
                                                          Artikel 12: Meinungsäußerung
     Artikel 3: Wohl des Kindes                           Dem Kind wird das Recht zugesichert, die eigene
     Bei allen Maßnahmen, die Kinder betreffen […],       Meinung frei zu äußern. Diese Meinung wird an-
     ist das Wohl des Kindes ein Gesichtspunkt, der       gemessen und altersentsprechend berücksichtigt.
     vorrangig zu berücksichtigen ist.

                                                  Abwägung
     Einerseits:                                         Andererseits:
     Sichere Rahmenbedingungen für die Medien-           Den Zugang zu Medien ermöglichen und die
     nutzung herstellen, damit das Wohl des Kindes       Chancen von Medien als Sprachrohr hervorhe-
     und Schutz vor Gewalt gewährleistet sind.           ben sowie die kompetente Nutzung fördern.

16
.com
                                                                                                 © mina92 | stock.adobe
Im SGB VIII spiegelt sich der Auftrag zur Medien-   Umgang mit dem jeweiligen Medium zu befä-
kompetenzförderung indirekt im §14 zum Er-          higen. Kreative Medienangebote helfen zusätz-
zieherischen Kinder- und Jugendschutz wider.        lich dabei Medien gestalterisch als Sprachrohr
Auch darin werden Schutz und Befähigung             zu nutzen und die Teilhabe-Chancen mit und
gleichwertig nebeneinander gestellt:                durch Medien zu stärken.

§14 Erzieherischer Kinder- und Jugendschutz         Rechtliche Fragen aus der Praxis
(2) Die Maßnahmen sollen                            Auf Basis dieser eher abstrakten gesetzlichen
1.     Junge Menschen befähigen, sich vor ge-       Verankerung der Medienkompetenzförderung
fährdenden Einflüssen zu schützen und sie zu        begegnen den Fachkräften im pädagogischen
Kritikfähigkeit, Entscheidungsfähigkeit und Ei-     Alltag jedoch zahlreiche konkrete Fragen rund
genverantwortlichkeit sowie zur Verantwortung       um die Mediennutzung der Kinder und Jugend-
gegenüber ihren Mitmenschen führen.                 lichen. Bezüglich der am häufigsten gestellten
2.     Eltern und andere Erziehungsberechtigte      Fragen hat das Projekt PowerUp mit Unterstüt-
besser befähigen, Kinder und Jugendliche vor        zung der Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Ju-
gefährdenden Einflüssen zu schützen.                gendschutz NRW (AJS) eine Fragensammlung
                                                    zusammengestellt, anhand derer zahlreiche
Für die Medienerziehung bedeutet das, dass ins-     alltagsrelevante Fallstricke der Mediennutzung
besondere präventive Angebote zum Thema Cy-         nachvollzogen und rechtlich erklärt werden kön-
bermobbing, Sexting, Datenschutz, Fake News         nen: www.projekt-powerup.de/faq/00208.
usw. den Risiken vorbeugen, um Schutz zu ge-
währleisten, aber gleichzeitig die Kinder und
Jugendlichen auch zum verantwortungsvollen

                                                                                                                              17
Einbindung der Eltern
     Viele pädagogische Fachkräfte stellen sich die     erzieherischen Regelungen in der Gruppe und
     Frage, wie sich auch Eltern in die Medienerzie-    denen in der Familie. Die Eltern können emp-
     hung der Kinder und Jugendlichen einbinden         fohlene Regeln nicht konsequent umsetzen,
     lassen bzw. sich in ihrer eigenen Medienkom-       fühlen sich überfordert mit dem Medienverhal-
     petenz stärken lassen. Ideen rund um Einzel-       ten ihrer Kinder oder nutzen dies sogar, um die
     gespräche, Elternnachmittage/-abende und           Kinder leicht zu beschäftigen und abzulenken. In
     Informationsveranstaltungen stoßen dabei           der Studie „Jung! Sozial! Digital?“ der Vodafone-
     häufig an die Grenzen der Arbeit mit den Eltern    Stiftung zeigt sich aber beispielsweise, dass die
     in den Hilfen zur Erziehung. Wir empfehlen eine    Stärkung einer aktiv-partizipativen Mediener-
     konzeptionelle Weiterentwicklung von Eltern-       ziehung zur Förderung von sozialkompetentem
     arbeit, um auch medienpädagogische Angebote        Medienhandeln beiträgt (www.vodafone-stif­
     erfolgreicher in der Einrichtung zu integrieren.   tung.de/jung-digital-sozial).

     Besonders im Kontext teilstationärer Gruppen
     (Tagesgruppen gem. § 32 SGB VIII) entsteht
     oftmals eine Diskrepanz zwischen den medien-

                      Klicktipps für die medienpädagogische Arbeit mit Eltern
     AJS NRW + Elterntalk NRW                           Eltern+Medien NRW
     Beim Projekt der Arbeitsgemeinschaft Kin-          Die Initiative Eltern+Medien der Landesanstalt
     der- und Jugendschutz NRW geht es vorrangig        für Medien NRW unterstützt Kitas, Schulen, aber
     darum, Gesprächsrunden mit Eltern zu initi-        auch Familienzentren und Elternvereine bei der
     ieren und praktische Hilfestellung bei der All-    Umsetzung von medienpädagogischen Eltern-
     tagsbewältigung von Familien zu leisten. Auf       abenden. Auf der Homepage finden sich neben
     der Homepage finden sich leicht verständliche      den konkreten Angeboten der Initiative aber
     Materialien und Tipps zu den Themen Smart-         auch einige Tipps und Informationsmaterialien
     phones, digitale Spiele und Fernsehen.             zur Unterstützung von Angeboten für Eltern.
     www.elterntalk-nrw.de                              www.elternundmedien.de

     Klicksafe für Eltern                               Internet ABC für Eltern
     Das umfassende medienpädagogische Infor-           Auch die Seite Internet ABC, die sich besonders
     mationsangebot von Klicksafe bietet im Unter-      auf die Umsetzung eines Surfscheins für Kinder
     bereich „Klicksafe für Eltern“ viele Tipps und     im Grundschulalter fokussiert, bietet einen Be-
     Antworten auf medienerzieherische Fragen,          reich für Eltern, in dem zahlreiche praktische
     insbesondere zu Fragestellungen rund um Nut-       Hilfestellungen für die Medienerziehung in der
     zungszeiten und altersgerechte Medieninhalte.      Familie zur Verfügung stehen.
     www.klicksafe.de/eltern                            www.internet-abc.de/eltern

18
k.adobe.com
                                                                                                 © Syda Productions | stoc
Mediennutzungsverträge und Surfschein
Eine der Möglichkeiten im Alltag der Hilfen zur   Das Internet-ABC ist auch dann schon anwend-
Erziehung medienpädagogisch aktiv zu werden,      bar, wenn die Kinder noch keine eigenen digita-
ist die Einführung von Mediennutzungsverträ-      len Endgeräte zur Verfügung haben. Die Kinder
gen und das Anbieten eines Surfscheins. Beide     sollten bereits im Vorfeld über deren Funktions-
Instrumente eignen sich, um mit den Kindern       weisen, Chancen und Risiken aufgeklärt werden.
und Jugendlichen altersgerecht über digitale      Durch eine frühe Medienkompetenzförderung
Medien ins Gespräch zu kommen und der Medi-       wird der Grundstein für eine spätere Medien-
ennutzung einen klaren Rahmen zu geben, ohne      mündigkeit gelegt.
sie zu verteufeln oder komplett zu verbieten.
                                                         Das Absolvieren des Surfscheins lässt sich
Surfschein                                               auch als Voraussetzung für das erste
Der Surfschein auf www.internet-abc.de bietet     eigene Smartphone einführen. Berücksichtigt
sich besonders für die Medienkompetenzför-        werden sollte, die Kinder adäquat auf den Surf-
derung von Kindern im Grundschulalter an. In      schein vorzubereiten und eher den Spaß am Ler-
verschiedenen Lernmodulen kann spielerisch        nen und die spielerische Auseinandersetzung
Grundlagenwissen für die Internetnutzung ein-     mit den Inhalten in den Vordergrund zu stellen.
geübt werden. Wichtig ist es, die Kinder beim
Durchlaufen der Module aktiv zu begleiten und     Mediennutzungsverträge
diese Einheiten fest im pädagogischen Alltag      Nicht selten sind Regeln rund um die Medien-
zu verankern. So lernen die Fachkräfte gemein-    nutzung von Kindern und Jugendlichen Teil
sam mit den Kindern, worauf es beim Surfen        eines Belohnungs- oder Sanktionssystems
ankommt und entdecken Medien zusätzlich in        in der Wohngruppe. Fehlverhalten wird mit
ihrer Funktion als spannendes Lernwerkzeug.       Smartphone-Entzug bestraft oder Positives mit

                                                                                                                                        19
Hinweise

     1
               Überfordern Sie die Kinder und Jugendlichen nicht mit überfrachteten Nutzungsverträgen,
               sondern schauen Sie bei jedem einzelnen Kind/Jugendlichen, was für ihn/sie angemessen
               ist. Individuelle Regelungen sind unabdingbar angesichts der vielfältigen Art und Weise, wie
               Kinder und Jugendlichen Medien nutzen und wie fortgeschritten ihre Medienkompetenz ist.

     2         Fördern Sie die Medienkompetenz zusätzlich mit gezielten Angeboten und Projekten, wie
               sie beispielsweise zahlreich in den Materialien von Klicksafe zu finden sind. Gerade das Nicht-
               Einhalten von Regeln sollte für Sie Anlass sein, ein zusätzliches Bildungsangebot zu initiieren.

     3         Gruppen- oder sogar trägerübergreifende Mediennutzungsregeln sollten nur partizipativ
               gemeinsam mit den Kindern und Jugendlichen entwickelt werden.

     zusätzlicher Nutzungszeit belohnt. Hierbei gilt        Sie auswählen, ob Sie einen „Neuen Vertrag
     es jedoch zu beachten, dass digitale Medien            öffnen“ oder einen „Bestehenden Vertrag öff-
     sich nicht zum Dreh- und Angelpunkt aller Ver-         nen“, also einen Vertrag abrufen, den Sie zuvor
     handlungen rund um die alltäglichen Rechte             schon einmal abgespeichert haben. Öffnen Sie
     und Pflichten der Kinder und Jugendlichen ent-         einen neuen Vertrag, wählen Sie zunächst die
     wickeln. Klare und gleichzeitig individuell fest-      Altersgruppe („6-12“ oder „12+“) und können
     gelegte Regelungen können dabei helfen, nicht          dann in einem ersten Schritt ein Design für den
     jeden Tag aufs Neue bestimmte Nutzungszeiten           Vertrag festlegen sowie den Namen des Kindes
     und -bedingungen zu diskutieren. Bei der Ent-          und Ihren Namen eintragen. Danach kann es
     wicklung solcher Regeln, die sich auch auf ange-       losgehen. Sie wählen in der rechten Spalte der
     messenes und faires Verhalten im Netz beziehen         Seite die verschiedenen Nutzungsregeln aus
     sollten, helfen sogenannte Mediennutzungsver-          und füllen gemeinsam mit dem Kind nach und
     träge.                                                 nach den Vertrag mit den wichtigsten Regeln.
                                                            Sie können den Vertrag abspeichern und später
     Auf der Seite www.mediennutzungsvertrag.de             nochmals bearbeiten oder ausdrucken und ge-
     werden sowohl für Kinder als auch für Jugend-          meinsam unterschreiben.
     liche eine ganze Reihe von verschiedenen Rege-
     lungen vorgeschlagen, die sich gemeinsam über
     die Seite festhalten und letztlich auch als Vertrag
     ausdrucken lassen. Beim Aufrufen der Seite kön-
     nen Sie sich zunächst ein Erklärvideo zum Um-
     gang mit dem Tool anschauen. Dann können

20
Sichere Messenger
Viele Erziehungshilfeträger beschäftigt seit lan-   Barrieren beim Umstieg können sein:
gem die Frage nach einem datensicheren und
                                                    „   die Nutzung ist nicht kostenfrei
gleichzeitig praxistauglichen Messengerdienst.
                                                    „   der Messenger stellt nicht dieselben prak-
Dabei wird zur Kommunikation zwischen den
                                                        tischen Funktionen wie WhatsApp zur Ver-
Fachkräften, mit den Bewohner*innen und El-
                                                        fügung
tern mangels Alternativen häufig auf WhatsApp
zurückgegriffen. WhatsApp weist zahlreiche          „   der Kreis der Nutzer*innen ist zu klein,
Mängel bezüglich des Datenschutzes auf und              Freund*innen verwenden den Messenger
gilt nicht als DSGVO-konform. Warum Whats-              nicht
App besonders auch für den dienstlichen Ein-        „   der Anbieter ist nicht zukunftssicher und
satz unzureichend ist, hat das Internetportal           verschwindet ggf. wieder vom Markt
mobilsicher.de leicht verständlich zusammen-        „   auch alternative Messenger weisen teil-
gefasst: www.mobilsicher.de/ratgeber/was-sie-           weise Mängel im Datenschutz auf
zu-whatsapp-wissen-sollten.
                                                    Dennoch lassen sich besonders drei Messen-
                                                    gerdienste hervorheben, die sowohl in punkto
Mittlerweile sind einige Alternativen zu Whats-
                                                    Datenschutz als auch im funktionalen Vergleich
App auf dem Markt. Der Umstieg auf alternative
                                                    zu WhatsApp gut abschneiden: Signal, Threema
Messenger ist aus verschiedenen Gründen nicht
                                                    und Wire.
so einfach, vor allem, wenn man Jugendliche für
die Nutzung gewinnen möchte.

                                                                                                                             .com
                                                                                                     © carballo | stock.adobe

                                                                                                                                    21
Signal                                              Threema
     Signal ist ein besonders gut verschlüsselter und    Threema ist ein datensparsamer und verschlüs-
     datensicherer Messenger. Dabei handelt es sich      selter Messengerdienst aus der Schweiz. Dort
     um einen US-amerikanischen Anbieter, dessen         stehen auch die Server des Unternehmens.
     Server nicht in Deutschland stehen. Dennoch         Threema ist ohne Telefonnummer und ohne
     haben sich in den letzten Jahren einige Einrich-    Google-Konto nutzbar und greift nicht zwangs-
     tungen in enger Abstimmung mit ihren Daten-         läufig auf die Kontakte im Telefonbuch zu. Vom
     schutzbeauftragten dazu entschlossen Signal zu      Design her unterscheidet sich Threema stärker
     verwenden. Die Nutzung ist in jedem Fall unter      von WhatsApp als Signal, einige Funktionen
     Berücksichtigung der aktuellen Rechtslage ge-       sind nicht allzu intuitiv nutzbar. Größter Nach-
     nauestens zu prüfen. Ein Nachteil bei Signal: Der   teil von Threema ist jedoch, dass der Messenger-
     Dienst ist nur mit Telefonnummer nutzbar (aber      dienst kostenpflichtig ist. Er kostet 3,99 Euro in
     ohne Google-Konto). Außerdem sind in Grup-          den App-Stores von Android und iOs. Dies wird
     pen keine Video- und Audioanrufe möglich. Für       meist als zu große Barriere für den Messenger-
     den Messengerdienst spricht allerdings, dass die    Umstieg empfunden, insbesondere auch, weil
     Nutzer*innenzahlen stark ansteigen, viele neue      den Jugendlichen dadurch keine Kosten entste-
     Funktionen in Planung sind und sich Signal lang-    hen sollen. Für die Nutzung auf Diensthandys
     fristig als die stärkste Konkurrenz zu WhatsApp     ist Threema aber dennoch aufgrund der hohen
     erweisen könnte. Die wachsende Beliebtheit          Datensicherheit klar zu empfehlen.
     und Bekanntheit des Messengers steigert somit
     auch die Erfolgschancen einer nachhaltigen Im-      Eine Zusammenfassung der wichtigsten Vor-
     plementierung beim Träger.                          und Nachteile des Messengers finden Sie hier:
                                                         www.mobilsicher.de/ratgeber/messenger-app-
     Eine Zusammenfassung der wichtigsten Vor-           threema-kurz-vorgestellt-2
     und Nachteile des Messengers finden Sie hier:
     www.mobilsicher.de/ratgeber/messenger-app-
     signal-kurz-vorgestellt
                                                                                                                     obe.com
                                                                                          © leszekglasner | stock.ad

22
Erfahrungen des Vereins SPI Jugendhilfe mit Wire

                                  In den Wohngruppen der SPI Jugendhilfe wird der Messenger
                                  Wire genutzt. Dieser Messenger ist von der Bedienung her ein-
                                  fach und übersichtlich. Die Handhabung der App ist unkompli-
                                  ziert und vom Umfang her vergleichbar mit WhatsApp & Co.

  Die Verbreitung der App ist jedoch nicht so weit fortgeschritten wie
  WhatsApp oder Telegram (unter 1 Mio. Nutzer*innen). Videotele-
  fonie ist problemlos möglich.

                                  In der Praxis bleibt festzuhalten, dass der Messenger für die
                                  Kommunikation zwischen Mitarbeiter*innen und Bewohner*in-
                                  nen genutzt wird. In ihrer Freizeit greifen die meisten Jugend-
                                  lichen und Mitarbeitende allerdings oft weiterhin zu WhatsApp.

Wire
Der Messengerdienst Wire wird in Berlin pro-         hinausgehen (zum Beispiel das Teilen von Do-
grammiert, der Betreiber sitzt in der Schweiz, der   kumenten, Videokonferenzen) und die mit einer
Mutterkonzern in den USA. Hinter diesem kom-         starken Ende-zu-Ende-Verschlüsselung punkten.
plizierten Gebilde steckt aber ein datensicherer
und verschlüsselter Messengerdienst, dessen          Eine Zusammenfassung der wichtigsten Vor-
Server sich DSGVO-konform in Europa befinden.        und Nachteile des Messengers finden Sie hier:
Der Messenger lässt sich ohne Telefonnummer          www.mobilsicher.de/ratgeber/messenger-app-
und ohne Google-Konto nutzen, allerdings ist er      wire-kurz-vorgestellt
nur für Privatkunden kostenfrei. So könnten Ju-
gendliche oder Eltern den Messenger kostenlos
installieren, für die Nutzung auf Diensthandys
fallen für den Träger jedoch Kosten an. Je nach
Lösung bedeutet dies 5 bis 8 Euro pro Nutzer*in.
In diesem Bezahlmodell bietet Wire jedoch wei-
tere Funktionen für die Unternehmenskommu-
nikation, die über gängige Messengerlösungen

                                                                                                     23
Falls sich ein Träger für die Einführung       megespräch deutlich gemacht werden, welche
            eines alternativen Messengers als dienst-      Vorteile der alternative Messengerdienst bringt.
     liches Kommunikationsmittel entscheidet, sollte       Eine Kommunikation über WhatsApp mit den
     beachtet werden, dass die reine Aufforderung          Mitarbeitenden gilt es bestenfalls sogar auszu-
     zur Installation der App nicht ausreicht. Die Fach-   schließen, da dies keine datensichere Kommuni-
     kräfte sollten im Umgang mit dem Messenger            kationsweise darstellt. Sowohl für Eltern als auch
     geschult und unterstützt werden und wichtige          Jugendliche ist es sinnvoll, regelmäßig Work-
     Funktionen wie zum Beispiel Privatsphäre-Ein-         shops oder Beratungsangebote zum Thema
     stellungen und App-Berechtigungen kennen.             Messenger-Kommunikation anzubieten. Hierbei
     Außerdem muss sich der Träger insgesamt darü-         unterstützen auch die Materialien von Klicksafe:
     ber im Klaren sein, welche Kommunikation über         www.klicksafe.de/themen/kommunizieren/ins-
     den Messenger stattfinden darf – und welche es        tant-messenger/sicherer-umgang-mit-instant-
     zu vermeiden gilt. Es sollten daher Regeln zum        messengern
     Verschicken von Fotos und sonstigen sensiblen
     Daten erarbeitet werden und eine Auseinander-         Nicht vergessen: Auch die Einführung eines
     setzung mit dem Verhältnis von privater und           Messengerdienstes sollte mit Angeboten zur
     dienstlicher Kommunikation stattfinden.               Medienkompetenzförderung aller Beteiligten
                                                           einhergehen!
     Sollen auch Jugendliche und Eltern für die Nut-
     zung des Messengers gewonnen werden, gilt es
     besondere Überzeugungsarbeit zu leisten. Den
     Jugendlichen und Eltern kann schon im Aufnah-

                                                                                                                      obe.com
                                                                                            © leszekglasner | stock.ad

24
© luckybusiness | stock.adobe.com
                          Tipps für die Konzeptentwicklung

Um all die bereits genannten Punkte auch nach-        Zur Erarbeitung eines Medienkonzeptes inner-
haltig in der Einrichtung zu verankern, ist die Er-   halb eines Trägers bietet es sich an, eine Arbeits-
arbeitung eines Medienkonzeptes zu empfehlen.         gruppe zu initiieren, die sich möglichst aus Fach-
Das Medienkonzept erfüllt dabei verschiedene          kräften unterschiedlicher Arbeitsebenen und
Funktionen: es enthält einerseits praktische und      -bereiche zusammensetzt. Bestenfalls werden
leicht nachschlagbare Handlungsempfehlungen           auch IT-Mitarbeitende und Datenschutzbeauf-
rund um den medienpädagogischen (Gruppen-)            tragte in die Arbeitsgruppe integriert.
Alltag, gleichzeitig spiegelt es die Haltung des
Trägers wider, vermittelt medienpädagogisches         Zur Vermittlung der medienpädagogischen
Grundlagenwissen und steckt die rechtlichen           Inhalte und Moderation des Arbeitsprozesses
Rahmenbedingungen der Medienpädagogik ab.             lohnt sich zusätzlich das Hinzuziehen einer ex-
                                                      ternen medienpädagogischen Beratung. Aus-
Insgesamt dient das Medienkonzept als Richt-          drücklich empfehlen wir im Laufe des Prozesses
schnur für die Fachkräfte, die dann einheitlich       der Konzeptentwicklung die Perspektive der
und aufeinander abgestimmt medienerzieher-            Kinder und Jugendlichen zu berücksichtigen
isches Handeln in den Alltag integrieren können.      (siehe S. 11).

                                                                                                            25
In acht Schritten zum medienpädagogischen Konzept

                                              Ist-Stand und Bedarfsanalyse
                                              Wo befinden wir uns im Prozess der Digitalisie-
                                              rung? Welche Schritte wurden schon gegangen,
                                              wo besteht Handlungsbedarf? Welche Wünsche
                                              und Bedürfnisse unserer Bewohner*innen begeg-
                                              nen uns in Bezug auf die Mediennutzung? Wie
                                              beschreiben die Kinder und Jugendlichen den Ist-
                                              Stand? Welche offenen Fragestellungen bestehen
                                              bezüglich der Fachkräfte, der Bewohner*innen, der
                                              Eltern, der technischen Infrastruktur und des Trä-
                                              gers/Arbeitsgebers?

      Zielgruppenbewusstsein
      In welchen digitalen Lebenswelten
      bewegen sich „unsere“ Kinder und Ju-
      gendlichen in der Einrichtung? Welche
      Themen und Trends sind aktuell und
      wie begegnen wir diesen mit alters-
      gerechten Angeboten – auch zur Er-
      möglichung von Teilhabe-Chancen?
      Wo besteht Schulungsbedarf bezüg-
      lich dieser Themen? Wie regeln wir
      die Mediennutzungszeiten der Kinder
      und Jugendlichen im Alltag? Welche
      Funktionen erfüllen Medien im Alltag
      und was erzählen die Bewohner*innen
      selbst darüber? Was wünschen sich die
      Kinder und Jugendlichen von den Er-
                                                     Werkzeug- und Methodenkenntnis
      wachsenen/Betreuer*innen/Eltern?
                                                     Wie sehen konkrete und praktische
                                                     Angebote zur Medienkompetenzför-
                                                     derung aus und welche sind unbe-
                                                     dingt zu empfehlen und zu verankern
                                                     (Methodenpool aus z. B. Surfscheinen
                                                     oder Workshops)? Welche Präventi-
                                                     ons- sowie Interventionsmaßnahmen
                                                     werden hinsichtlich bestimmter Risi-
                                                     ken vereinbart? Welche Elternange-
                                                     bote werden initiiert? Und wo können
                                                     sich Fachkräfte selbstständig über Me-
                                                     thoden informieren?

26
Medienpädagogische Haltungsentwicklung
            Wie stehen wir als Einzelne und als Team der Ein-
            richtung zur Digitalisierung? Durch welche Faktoren
            ist unser Blick auf die Mediennutzung von Kindern
            und Jugendlichen geprägt? Wie gelangen wir von
            unseren persönlichen Haltungen zu einer möglichst
            einheitlichen, professionellen Haltung? (siehe S. 9).

                                                                    Begriffsverständnis
                                                                    Was ist Medienpädagogik? Was
                                                                    meint Medienkompetenz und
                                                                    wie lässt sie sich fördern? Wie
                                                                    gelingt eine alltagsintegrierte
                                                                    Medienerziehung?
Auftragsbewusstsein und rechtliche
Grundlagen
Warum ist Medienkompetenzförderung so
wichtig? Wie ist sie gesetzlich verankert?
(siehe S. 16). Welche rechtlichen Rahmen-
bedingungen des medienpädagogischen
Handelns gelten für den Gruppenalltag? Wie
gestaltet sich ein adäquater Jugendmedien-
schutz und Datenschutz?

                                                                     Verankerung und
                                                                     Implementierung
                                                                     Wie wird die Implementie-
                                                                     rung und Anwendung des
 Technische Infrastruktur                                            Konzeptes gewährleistet? Ist
 Sind die technischen Rahmenbedingungen                              eine Verankerung im Quali-
 für eine adäquate Medienkompetenzförde-                             tätsmanagement notwen-
 rung bereits vorhanden? Wo muss nachge-                             dig? Durch wen werden die
 bessert werden? Welche digitalen Endgeräte                          Inhalte weiterentwickelt und
 werden benötigt (auch zur Durchführung von                          – besonders in Bezug auf die
 Workshops und kreativer Medienarbeit) und                           Schnelllebigkeit des Themas
 wie könnte eine Finanzierung aussehen? Wie                          – aktualisiert (zum Beispiel
 lässt sich auch über technische Lösungen ein                        durch Medienbeauftragte
 Kinder- und Jugendmedienschutz gewähr-                              oder eine Projektgruppe beim
 leisten (zum Beispiel über Jugendschutzfilter                       Träger)?
 oder Ticketsysteme)? Welches Wissen benöti-
 gen die Fachkräfte, um diese Regelungen an-
 zuwenden (Fortbildungsbedarfe)?

                                                                                                      27
Wird dieser Fahrplan bei der Bearbeitung be-        An dieser Stelle wird nochmal auf die Wichtigkeit
     rücksichtigt, ergibt sich ein breit angelegtes      einer fortlaufenden Aktualisierung des Medien-
     Medienkonzept, das sowohl Wissen als auch           konzeptes hingewiesen. Themen, Chancen und
     Orientierung vermittelt. Wichtig ist hierbei auch   Risiken tauchen plötzlich auf oder verschwinden
     immer das sorgfältige Abwägen zwischen grup-        wieder und werden irrelevant. Fachkräfte müs-
     penübergreifenden Regelungen bei gleichzei-         sen in der Lage sein, auf diese Entwicklungen
     tiger Ermöglichung individueller Konzepte für       adäquat zu reagieren. Es lohnt sich also, eine
     einzelne Gruppen.                                   langfristige Projekt-/ oder Arbeitsgruppe oder
                                                         Medienbeauftrage zu installieren, die sich auch
     Natürlich sollten sowohl die Gliederung des         nach Abschluss der Konzepterarbeitung mit den
     Konzeptes als auch bestimmte Schwerpunkte           medienpädagogischen Fragestellungen be-
     in Bezug auf Besonderheiten der Bewohner*in-        schäftigen, die Kolleg*innen unterstützen und
     nen individuell erarbeitet werden. Im besten Fall   Neuerung für die tägliche Arbeitspraxis über-
     weist das Konzept eine hohe Anschlussfähigkeit      tragbar machen. Um up to date zu bleiben gilt
     an die jeweiligen Arbeitsweisen des Trägers auf     es aber vor allem, die Kinder und Jugendlichen
     und orientiert sich ganz gezielt an den internen    aktiv in den Prozess zu integrieren und nach ak-
     Fragestellungen der Fachkräfte und den Bedürf-      tuellen Themen und Trends zu befragen.
     nissen der jeweiligen Kinder und Jugendlichen.

                      Beispielkonzepte und Gliederungen aus dem Projekt Power-Up

     Beispiel-Konzept des Jugendhilfezentrums Raphaelshaus in Dormagen:
     www.projekt-powerup.de/wordpress/wp-content/uploads/2017/03/Raphaelshaus-Leitlinien-Medien-
     2017pdf.pdf

     Praxiserprobte Gliederungsvorschläge für ein Medienkonzept:
     Beispiel 1: www.projekt-powerup.de/wordpress/wp-content/uploads/2016/02/Bsp.-Gliederungen_
     Leitlinien-Version-1.pdf

     Beispiel 2: www.projekt-powerup.de/wordpress/wp-content/uploads/2016/02/Bsp.-Gliederungen_
     Leitlinien-Version-2.pdf

     Beispiel 3: www.projekt-powerup.de/wordpress/wp-content/uploads/2016/02/Bsp.-Gliederungen_
     Leitlinien-Version-3.pdf

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                                       Verzahnung mit anderen
                                       Konzepten der Einrichtung

Die Beteiligung junger Menschen in den Hilfen        Wie die Partizipation von Kindern und Jugend-
zur Erziehung an allen sie betreffenden Entschei-    lichen in Einrichtungen der Erziehungshilfen
dungen ist ein wesentlicher Wirkfaktor für den Er-   gelebt wird, ist ein wesentliches Qualitätsmerk-
folg der Hilfe. Keine Jugendhilfeeinrichtung kann    mal der Einrichtungen. Dabei kann und sollte
ohne ein Partizipationskonzept auskommen.            Beteiligung nicht als eine Art „Teilgeschehen“
                                                     innerhalb einer Organisation gesehen werden.
Die Formulierung der Vorstellungen von ge-           Vielmehr ist Beteiligung nur als umfassender
lingender Beteiligung ist seit einigen Jahren        Prozess wirklich wirkungsvoll und dann auch
ein wichtiger Bestandteil für die Erteilung der      erfolgreich. Es geht um eine „Kultur der Beteili-
Betriebserlaubnis für eine Einrichtung und ein       gung“, ein Begriff, der erst seit Kurzem Verwen-
wesentlicher Bestandteil der Kinder- und Ju-         dung findet (vgl. Wolff/ Hartig 2013). Beteiligung
gendrechte (§ 8 SGB VIII fordert die entwick-        als umfassender Prozess ist dann erfolgverspre-
lungsgemäße Beteiligung von Kindern und              chend, wenn in der Einrichtung eine beteili-
Jugendlichen an allen sie betreffenden Entschei-     gungsfördernde Haltung vorherrscht. Auch hier
dungen; international ergänzt durch die UN-Kin-      geht es wieder um die Haltung der Einrichtung
derrechtskonvention, Artikel 12,13).                 zum Thema – ebenso wie bei der Digitalisierung.

                                                                                                          29
In der Arbeitsgruppe wurde deutlich, dass der   einer Einrichtung wird es in der Regel ein Kapi-
     Verzahnung der verschiedenen Konzepte, die      tel zum Umgang mit Social Media geben. Zum
     in Einrichtungen gelebt werden, ein wichtiger   Stichwort ‚Sexting‘ siehe S. 14 unter „Sicheres
     Stellenwert zukommt. So gibt es Schnittmengen   Surfen und Datenschutz“. In einem Konzept zur
     zwischen dem Beteiligungskonzept und dem        Suchtprävention, wird neben Substanzkonsum
     Konzept zur Medienpädagogik. Wie dargestellt,   auch der Konsum von Digitalen Spielen thema-
     ist eine Fortschreibung des Medienkonzeptes     tisiert werden müssen. Computerspielsucht als
     wichtig sowie die aktive Einbindung der Kin-    eine Form der Sucht markiert hier die Schnitt-
     der und Jugendlichen in diesen Prozess – zum    stelle zu einem medienpädagogischen Konzept
     Beispiel indem sie nach aktuellen Themen und    (siehe S. 15, „Digitale Spiele“).
     Trends befragt werden.

     Ebenso gibt es Schnittmengen zu sexualpäda-
     gogischen Konzepten und Konzepten zur Sucht-
     prävention. Im sexualpädagogischen Konzept

                                                                                            © JackF | stock.adobe.com

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Medienpädagogische
Linksammlung und Quellen

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Wichtige medienpädagogische Websites
     www.klicksafe.de                                     www.sogehtmedien.de
     www.handysektor.de                                   www.spieleratgeber-nrw.de
     www.internet-abc.de                                  www.medienanstalt-nrw.de/medienorientierung
     www.mediennutzungsvertrag.de                         www.digitalcheck.nrw

     Studien zur Mediennutzung
     SCHAU HIN! – Studien zur Mediennutzung (Übersicht)
     www.schau-hin.info/studien/studien-zur-mediennutzung

     Medienpädagogischer Forschungsverband Südwest: JIM-, KIM-, FIM-, Mini-KIM-Studien
     www.mpfs.de/startseite/

     Vodafone Stiftung: „Jung! Digital! Sozial?“ (2019)
     www.vodafone-stiftung.de/jung-digital-sozial/

     Game – Verband der deutschen Gamesbranche (Marktdaten)
     www.game.de/marktdaten/

     Material- und Methodentipps sortiert nach Themen
     DIGITALE SPIELE

     Digitale Spiele im Familienalltag – Tipps für Eltern
     PDF   www.klicksafe.de/fileadmin/media/documents/pdf/klicksafe_Materialien/Eltern_Allgemein/
           FN_395_ks_Folder_DigitaleSpieleTippsEltern_Download.pdf

     Computer-Spiele in der Familie – Tipps für Eltern (leichte Sprache)
     PDF
         www.ajs.nrw/wp-content/uploads/2017/02/Ratgeber_Computer-Spiele_Leichte-Sprache.pdf

     Digitale Spiele in der Jugendarbeit – Beispiele aus dem Projekt „Ethik und Games“
     PDF   www.th-koeln.de/mam/bilder/hochschule/fakultaeten/f01/digitale_spiele_in_der_
           jugendarbeit_-_beispiele_aus_dem_projekt__ethik_und_games_.pdf

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Sie können auch lesen